»Wenn sie zu früh kommen, kann ich meine letzten Untersuchungen nicht mehr zu Ende führen«, sagte Mirny auf englisch.
Afriel nahm seine Infrarot-Schutzbrille ab und knotete die Haltebänder ums Genick. »Irgendwo gibt es eine Grenze, Galina«, sagte er gähnend. »Ohne Ausrüstung kann man nur eine bestimmte Zahl von Daten auswendig lernen. Wir können nichts mehr tun als ruhig abzuwarten, bis sie uns holen. Ich hoffe nur, daß die Investierer nicht zu schockiert sind, wenn sie mich sehen. Die Kleidung hat mich ein Vermögen gekostet; jetzt ist alles weg.«
»Es ist so langweilig, seit der Paarungsschwarm weg ist und wir unsere Versuche einstellen mußten, damit Ihre Vene heilen kann. Wenn es nicht diese neuen Wachstumsformen in den Kammern der Flügler gäbe, würde ich mich zu Tode langweilen.« Sie schob sich ihr fettiges Haar aus dem Gesicht. »Wollen Sie schlafen?«
»Ja, wenn ich kann.«
»Haben Sie keine Lust mitzukommen? Ich sage Ihnen doch dauernd, daß diese neuen Formen wichtig sind. Ich glaube, sie sind eine neue Kaste, jedenfalls keine Flügler. Sie haben Augen wie Flügler, kleben aber an den Wänden.«
»Wahrscheinlich gehören sie überhaupt nicht zu den Schwärmern«, sagte er müde. Da er sie aber nicht verletzen wollte, fuhr er fort: »Wahrscheinlich sind es Parasiten, Nachahmungen von Flüglern. Wenn Sie wollen, schauen Sie nach; ich bleibe hier und warte auf Sie.«
Er hörte, wie sie wegglitt. Ohne seine Infrarotbrille war die Dunkelheit doch nicht vollständig undurchdringlich. Aus der Kammer unter ihm glomm ein schwacher Schimmer von den schwankenden, wachsenden Schwämmen herauf. Der vollgestopfte Arbeiter an der Wand bewegte sich raschelnd und glucksend. Afriel schlief ein.
Als er aufwachte, war Mirny immer noch nicht zurückgekehrt. Er war darüber aber nicht beunruhigt, sondern schaute im ersten Luftschleusentunnel nach, bei dem die Investierer ihn zurückgelassen hatten. Eigentlich war das überflüssig – die Investierer hielten ihre Abmachungen immer ein – trotzdem hatte er Angst, daß sie eines Tages landen und ohne ihn wieder abfliegen würden, wenn er nicht pünktlich zur Stelle wäre. Die Investierer mußten zwar etwas warten, weil er nach ihrer Ankunft noch blitzschnell in die Brutkammer flitzen mußte, um dort einem Ei die lebenden Zellen zu entnehmen. Mirny sollte sie die paar Augenblicke lang ablenken; die Eizellen sollten so frisch wie möglich sein.
Später aß er etwas. Während er den Schwamm in einer der äußeren Kammern mampfte, erschienen die beiden Sprungschwänze, die Mirny gezähmt hatte. »Was wollt ihr?« fragte er sie in ihrer Sprache.
»Futter-Mutter nicht gut«, quiekte der Größere und wedelte verstört mit seinen Vorderläufen. »Nicht arbeiten, nicht schlafen.«
»Nicht bewegen«, fügte der andere noch hinzu und fragte hoffnungsvoll: »Gleich essen?«
Afriel gab ihnen etwas von seinem Schwamm. Sie schlangen ihn offensichtlich mehr aus Gewohnheit als aus wirklichem Hunger herunter, was ihn beunruhigte. »Bringt mich zu ihr!« befahl er.
Die beiden Sprungschwänze schwirrten ab; er folgte ihnen, wobei er sich geschickt durch das Gewühl der Arbeiter auf den Gängen schlängelte. Sie führten ihn mehrere Meilen durch das Labyrinth, zur Kammer der Flügler. Dort hielten sie verwirrt an. »Weg!« sagte der Größere.
Die Kammer war leer. Afriel hatte sie noch nie leer gesehen; es war für die Schwärmer äußerst ungewöhnlich, einen so großen Raum ungenutzt zu lassen. Furcht überkam ihn. »Sucht Futter-Mutter! Folgt Geruch!«
Die Sprungschwänze schnüffelten ziemlich lustlos an einer Wand. Sie wußten, daß er kein Futter für sie hatte; und ohne sofortige Belohnung taten sie eigentlich nie etwas. Schließlich nahm einer von ihnen die Duftspur auf, oder tat jedenfalls so, und folgte ihr über die Decke zu einem Seitentunnel.
Afriel hatte große Schwierigkeiten in der verlassenen Kammer etwas zu erkennen, weil es nicht ausreichend Infrarotstrahlung gab. Trotzdem stieß er sich ab und folgte den Sprungschwänzen.
Er hörte den Schrei eines Kriegers und das erstickte Quieken des Sprungschwanzes. Aus der Tunnelöffnung flog er ihm entgegen; aus dem zerspaltenen Kopf quoll dicker Schleim. Hilflos rollte er durch den Raum, bis er an der gegenüberliegenden Wand anstieß. Er war bereits tot.
Der zweite Sprungschwanz schrie vor Schmerz und Schrecken auf und machte sich schleunigst aus dem Staub. Afriel landete in der Hocke, als der den Schwung abbremsen mußte. Er konnte den beißenden Gestank eines wütenden Kriegers deutlich wahrnehmen, ein Pheromon, das so stark war, daß es sogar ein Mensch riechen konnte. Innerhalb weniger Minuten oder Sekunden würden hier Dutzende von Kriegern eintreffen. Hinter dem aufgebrachten Krieger konnte er hören, wie Arbeiter und Tunneler Felsstücke herausbrachen und wegschafften.
Einen tobenden Krieger hätte er kontrollieren können, aber niemals zwei oder zwanzig. Er stieß sich von der Wand ab und machte sich auf den Rückweg.
Er suchte nach dem anderen Sprungschwanz – eigentlich hätte er ihn finden müssen, da er so viel größer als die anderen war – aber er konnte ihn nirgendwo entdecken. Mit dem ausgeprägten Geruchssinn konnte dieser sich jederzeit verstecken, wenn er wollte.
Mirny kam nicht zurück. Es vergingen zahllose Stunden. Afriel schlief ein. Danach suchte er nochmals die Kammer der Flügler auf. Jetzt standen Krieger als Wachen davor, die nicht auf Futter aus waren, sondern ihre riesigen, gezackten Fänge aufrissen, als er näherkam. Sie hätten ihn jederzeit zerrissen. Wie ein Nebel hing der leichte Geruch von Aggressionspheromonen über allem. Er sah keinerlei Symbionten an den Körpern der Krieger, nicht einmal die Art, die wie eine Riesenzecke dort zu hängen pflegte.
Wieder kehrte er zu seinen Kammern zurück, um zu warten und nachzudenken. Mirnys Körper war nicht in den Abfallgruben. Es war natürlich auch möglich, daß etwas anderes sie aufgefressen hatte. Sollte er den Rest der Pheromone aus seiner Vene holen und damit versuchen, in die Kammer der Flügler einzudringen? Er war sich ziemlich sicher, daß Mirny – oder was von ihr übrig war – irgendwo in dem Tunnel steckte, in dem der Sprungschwanz getötet worden war. Er hatte diesen Tunnel noch nie selbst erforscht. Es gab Tausende von Tunnels, die er noch nie betreten hatte.
Unentschlossenheit und Angst lähmten ihn. Wenn er sich ganz ruhig verhielt und gar nichts unternahm, bis die Investierer kamen? Er konnte ja dem Ringrat jede beliebige Version von Mirnys Tod auftischen. Solange er die Genproben mitbrachte, würde sich niemand beschweren. Er liebte Mirny auch nicht; er achtete sie zwar, aber nicht genug, um dafür sein Leben oder die Ziele seiner Partei aufs Spiel zu setzen. Er hatte seit längerer Zeit nicht mehr an den Ringrat gedacht; jetzt ernüchterte ihn dieser Gedanke. Er würde seine Entscheidung rechtfertigen müssen …
Während er noch hin und her überlegte, kam ein Luftstrom herein, als seine lebende Luftschleuse sich entleerte. Drei Krieger holten ihn ab. Sie rochen aber nicht wütend. Sie bewegten sich langsam und bedächtig. Er wußte, daß jeder Widerstand zwecklos war. Einer packte ihn vorsichtig mit seinen gewaltigen Fängen und trug ihn fort.
Er wurde in die Kammer der Flügler gebracht und dann in den bewachten Tunnel. Am Ende dieses Tunnels war eine neue, sehr große Kammer gegraben worden. Sie war bis zum Bersten mit einem weißen Fleischklumpen mit schwarzen Punkten gefüllt. Im Zentrum dieser weichen, gesprenkelten Masse befanden sich ein Maul und zwei feuchte, glänzende Stielaugen. Aus einem dicken Wulst über den Augen hingen lange Fühler wie dicke Kabel heraus. Diese Fühler trugen am Ende rosa Fleischstöpsel.
Ein Fühler hatte sich in Mirnys Schädel hineingebohrt. Ihr Körper hing schlaff wie eine Stoffpuppe mitten in der Luft. Ihre Augen standen offen, waren aber ausdruckslos.
Ein anderer Fühler war in die Gehirnschale eines mutierten Arbeiters eingesteckt. Der Arbeiter hatte die blasse Farbe einer Larve; er war verkümmert und deformiert; sein Maul sah wie der greisenhafte faltige Mund eines Menschen aus. In diesem Mund lag ein Klumpen wie eine Zunge, umgeben von weißen Zahnreihen. Er hatte keine Augen.
Mit Mirnys Stimme sprach er Afriel an. »Hauptmann Afriel …«
»Galina.«
»Ich trage keinen solchen Namen. Nennen Sie mich Schwärmer.«
Afriel mußte sich übergeben. Der weiße Fleischberg vor ihm war ein riesiger Kopf. Sein Gehirn füllte beinahe den gesamten Raum aus.
Er wartete höflich, bis Afriel fertig war.
»Wieder einmal wache ich auf«, sagte Schwärmer verträumt. »Ich bin froh, daß es sich nicht um einen Notfall handelt. Statt dessen ist es lediglich eine Bedrohung, die schon zur Routine geworden ist.« Zartfühlend brach er ab, als sich Mirnys Körper in der Luft bewegte. Ihr Atem war so regelmäßig wie der einer Maschine. Die Augen öffneten sich und schlossen sich wieder. »Nur eine neue, junge Rasse.«
»Wer oder was bist du?«
»Ich bin Schwärmer; das heißt, einer seiner Ausformungen. Ich bin ein Werkzeug, ein Mittel zum Zweck; meine Spezialität ist die Intelligenz. Ich werde nicht oft gebraucht. Was für ein schönes Gefühl, jetzt wieder gebraucht zu werden.«
»Bist du hier die ganze Zeit über gewesen? Warum hast du uns nicht begrüßt? Wir hätten uns sicher mit dir einigen können; schließlich führten wir nichts Böses im Schild.«
Aus dem feuchten Maul am anderen Ende der Leitungen kam Gelächter. »Ich habe ebensoviel Sinn für Humor wie Sie«, sagte er. »Sie sitzen ganz schön in der Falle, mein lieber Hauptmann und Doktor. Sie hatten die Absicht, die Schwärmer für sich und Ihre Rasse arbeiten zu lassen. Sie wollten uns beobachten, züchten und ausbeuten. Ein ausgezeichneter Plan! Leider hatten wir ihn schon, ehe Ihre Rasse entstanden war.«
Afriel geriet in Panik. Seine Gedanken überschlugen sich. »Sie sind doch ein intelligentes Wesen«, sagte er. »Warum wollen Sie uns umbringen? Sprechen wir lieber über alles. Wir können Ihnen helfen.«
»Allerdings«, meinte Schwärmer. »Sie werden uns eine Hilfe sein. Dem Gedächtnis Ihrer Partnerin entnehme ich, daß wir uns wieder in einer dieser scheußlichen Perioden befinden, in denen die Intelligenz in der Galaxis überhand nimmt. Intelligenz ist eine große Plage. Wir haben immer nur Ärger damit.«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie sind eine junge Rasse und verlassen sich ganz auf Ihre eigene Klugheit. Dabei übersehen Sie – wie üblich –, daß Intelligenz kein Überlebensmerkmal ist.«
Afriel wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Bisher sind wir damit gut gefahren«, sagte er. »Wir sind hierher in friedlicher Absicht gekommen. Sie sind nicht zu uns gekommen.«
»Genau darauf beziehe ich mich«, sagte Schwärmer liebenswürdig. »Dieser Drang zur Ausbreitung, zur Erforschung, zur Erschließung ist es, der euch auslöschen wird. Sie gehen ganz naiv davon aus, daß Sie Ihre Neugier unendlich lange stillen können. Immer dieselbe Geschichte! Schon unzählige Rassen vor Ihnen haben diesen Wahn gehabt. Innerhalb von tausend Jahren – vielleicht ein bißchen mehr – wird ihre Art verschwinden.«
»Haben Sie vor, uns zu vernichten? Ich warne Sie. Das wird keine leichte Aufgabe …«
»Sie haben immer noch nicht kapiert. Wissen ist Macht! Glauben Sie wirklich, daß Ihre zerbrechliche Lebensform – diese primitiven Beine, diese lächerlichen Ärmchen und Hände, Ihr winziges, kaum gewundenes Gehirn – eine solche Macht aushalten kann? Mit Sicherheit nicht! Ihre Rasse geht doch jetzt schon durch das Fachwissen Ihrer eigenen Leute zu Bruch. Die ursprüngliche menschliche Gestalt ist überflüssig geworden. Ihre Gene sind manipuliert worden. Sie, Doktor, sind ein undurchdachtes Experiment. In hundert Jahren werden Sie wieder Neandertaler sein; in tausend Jahren wird nicht einmal mehr die Erinnerung an Sie vorhanden sein. Ihre Rasse wird den gleichen Weg gehen wie schon Tausende vor ihr.«
»Und was für ein Weg ist das?«
»Das weiß ich nicht.« Das Ding am Ende des Fühlers gab glucksende Laute von sich. »Ich habe sie aus dem Auge verloren. Sie haben alle etwas entdeckt oder entwickelt, wodurch sie über meinen Horizont hinausgegangen sind. Vielleicht sind sie sogar über ihr Sein hinausgegangen. Wie dem auch sei; ich kann ihre Gegenwart nicht mehr spüren. Offensichtlich tun sie nichts mehr, mischen sich nirgends mehr ein, sind also praktisch tot. Verschwunden. Vielleicht sind sie Götter oder Geister geworden? Ich habe jedenfalls nicht den Wunsch, ihr Schicksal zu teilen.«
»Also dann – dann haben Sie …«
»Intelligenz ist ein sehr zweischneidiges Schwert, Doktor. Sie hilft nur bis zu einem bestimmten Punkt. Sie ist für das Leben sehr hinderlich. Leben und Intelligenz sind nicht miteinander vereinbar. Sie gehören überhaupt nicht zusammen, wie Sie in Ihrem naiven Kinderglauben annehmen.«
»Aber, Sie – Sie sind ein vernünftiges Wesen!«
»Ich bin ein Werkzeug, wie ich schon sagte.« Das mutierte Etwas am Ende des Fühlers seufzte laut. »Als Sie mit Ihren Pheromon-Experimenten begonnen haben, stellte die Königin sehr schnell die chemische Störung fest. Sie löste bestimmte genetische Reflexe in ihrem Körper aus, worauf ich geboren wurde. Mit dem Problem der chemischen Sabotage kann Intelligenz am besten fertig werden. Ich bestehe fast nur aus Gehirn, wie Sie sehen können, und bin dazu bestimmt, sehr viel intelligenter als irgendeine junge Rasse zu sein. Nach drei Tagen hatte ich bereits meinen vollen Verstand; nach fünf Tagen hatte ich diese Zeichen auf meinem Körper zu deuten gelernt. Sie sind die genetisch codierte Geschichte meiner Rasse … nach fünf Tagen und zwei Stunden hatte ich das anstehende Problem analysiert und eine Lösung gefunden. Diese führe ich nun durch. Ich bin sechs Tage alt.«
»Was haben Sie vor?«
»Ihre Rasse ist recht kräftig und unternehmungslustig. Ich nehme daher an, daß sie in den nächsten fünfhundert Jahren hier eintreffen wird, um mit uns zu konkurrieren. Vielleicht auch schon früher. Da es notwendig ist, einen solchen Rivalen genau zu kennen, lade ich Sie ein, Doktor, sich für immer in unserer Gemeinde niederzulassen.«
»Wie bitte?«
»Ich biete Ihnen an, ein Symbiont zu werden. Ich habe hier ein Männchen und ein Weibchen, deren Gene verändert und daher ohne jeden Fehler sind. Sie sind ein hervorragendes Zuchtpaar. Ich erspare mir dadurch einen Haufen Arbeit mit dem Klonen.«
»Glauben Sie wirklich, daß ich mein Volk verrate und Ihnen eine Sklavenrasse in die Hände liefere?«
»Sie können wählen, Doktor. Entweder Sie bleiben ein intelligentes Lebewesen, oder Sie werden zu einer Marionette ohne jeden Verstand wie Ihre Partnerin. Ich habe alle Funktionen ihres Nervensystems übernommen; das kann ich bei Ihnen auch tun.«
»Ich kann mich umbringen.«
»Damit machen Sie die Sache nur ein bißchen umständlicher. Ich müßte dann erst eine Klontechnik erfinden. Obwohl mir keine Technologie Schwierigkeiten bereitet, wäre es mir äußerst lästig. Ich bin ein genetisches Kunstwerk. In mir sind Sperren eingebaut, die mich davor zurückhalten, das Nest für meine eigenen Zwecke zu übernehmen. Damit würde ich in die gleiche Falle des Fortschritts wie andere intelligente Rassen gehen. Aus ähnlichen Gründen ist auch meine Lebenszeit begrenzt. Ich werde nur tausend Jahre leben, bis das kurze Aufflackern der Energie Ihrer Rasse vorbei ist und wieder Frieden herrscht.«
»Nur tausend Jahre?« Afriel lachte zynisch. »Und was kommt danach? Sie werden dann doch sicher meine Nachkommen umbringen, da Sie keinen Wert mehr für sie besitzen?«
»Nein. Wir haben keine der fünfzehn anderen Rassen, die wir für Verteidigungszwecke studiert und hierbehalten haben, umgebracht. Das war nicht nötig. Schauen Sie sich doch den kleinen Aasfresser an, der um Ihren Kopf schwimmt und das Erbrochene auffrißt, Doktor. Seine Vorfahren ließen vor fünfhundert Millionen Jahren die Galaxie erzittern. Als sie uns angriffen, hetzten wir ihre eigenen Leute auf sie. Wir hatten natürlich unsere Exemplare etwas verändert, so daß sie intelligenter, zäher – und selbstverständlich uns treu ergeben waren. Sie kannten ja keine andere Welt als unser Nest. Sie kämpften mit soviel Tapferkeit und Erfindungsreichtum, wie wir sie nie aufgebracht hätten … Sollte es also Ihrer Rasse einfallen, uns auszuplündern, würden wir das gleiche tun.«
»Wir Menschen sind aber anders.«
»Natürlich.«
»Wir werden uns auch in tausend Jahren nicht verändern. Dann werden Sie sterben und unsere Nachkommen werden das Nest übernehmen. In ein paar Generationen werden wir die Leitung hier übernehmen; da können Sie nichts machen. Auch die Dunkelheit wird daran nichts ändern.«
»Natürlich nicht. Sie brauchen hier keine Augen. Sie brauchen gar nichts.«
»Dann lassen Sie mich leben, damit ich den Bewohnern des Nestes alles beibringen kann, was ich will?«
»Sicherlich, Doktor. Ganz ehrlich, wir tun Ihnen den Gefallen. In tausend Jahren werden Ihre Nachkommen nur noch Überbleibsel der menschlichen Rasse sein. Wir sind in bezug auf Ihre Unsterblichkeit sehr großzügig und werden es selbst übernehmen, Sie zu erhalten.«
»Sie irren sich, Schwärmer. Sie irren sich, was Intelligenz betrifft, und Sie irren sich in allem anderen. Andere Rassen verkümmern vielleicht zu Parasiten; aber wir Menschen sind anders.«
»Sicherlich. Sie sind also einverstanden?«
»Ja. Ich nehme Ihre Herausforderung an. Ich werde Sie besiegen.«
»Ausgezeichnet. Wenn die Investierer zurückkommen, werden die Sprungschwänze ihnen ausrichten, daß sie Sie getötet haben, und sie auffordern, niemals wiederzukommen. Sie werden nicht wiederkommen. Als nächste dürften dann die Menschen auftauchen.«
»Wenn ich Sie nicht besiege, werden sie das.«
»Vielleicht.« Wieder seufzte der Schwärmer. »Ich bin richtig froh, daß ich Sie nicht absorbieren mußte. Mir hätte die Unterhaltung mit Ihnen doch sehr gefehlt.«
Originaltitel: ›Swarm‹
Copyright © 1982 by Mercury Press, Inc.
(aus ›Fantasy and Science Fiction‹ April 1982);
mit freundlicher Genehmigung des Autors
Copyright © 1985 der deutschen
Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Edda Petri