Die
Basics
Mein Name ist Sarah Dearly.
Ich bin ein Vampir.
Aber keine Angst. Ich beiße nicht.
Das heißt, streichen wir Letzteres. Neuerdings
beiße ich schon, aber nicht etwa, weil ich es wollte.
Vor drei Monaten bin ich bei einer Verabredung
mit einem attraktiven, törichten und, nicht zu vergessen,
gruseligen Unbekannten in einen Vampir verwandelt worden. Mein Date
hat kurz darauf versucht, mich umzubringen und zu begraben (kein
Kommentar), aber es sind ein paar Vampirjäger vorbeigekommen und
haben ihn erstochen. Sie wollten mich ebenfalls pfählen, aber ich
konnte entkommen und bin einem unglaublich hinreißenden,
selbstmordgefährdeten sechshundert Jahre alten Vampir namens
Thierry de Bennicoeur in die Arme gelaufen. Sein Name ist
französisch, aber er spricht vollkommen akzentfrei. Habe ich schon
erwähnt, dass er umwerfend ist?
Obwohl ich Angst vor ihm hatte, habe ich mich in
ihn verliebt. Bis über beide Ohren.
Seither sind schreckliche Dinge geschehen. Und
schöne Dinge.
Aber die schrecklichen überwiegen.
Ich musste lernen, dass es überall von Jägern
wimmelt,
die sich auf das Töten von Vampiren spezialisiert haben, obwohl
wir gar nicht böse sind. Und auch nicht tot. Oder untot. Wir sind
genau wie Menschen, bis auf diese eine Kleinigkeit: Wir trinken
Blut, um zu überleben. Das ist leider wahr. Und wo wir gerade dabei
sind: Es gibt da noch ein paar andere Unterschiede. Wir sind nicht
in der Lage, feste Nahrung zu uns zu nehmen. Wir sind stärker als
normale Menschen, und unsere Sinne sind schärfer. Wir haben kein
Spiegelbild, was, gelinde gesagt, ziemlich unpraktisch ist. Alkohol
hat keinerlei Wirkung auf uns. Leider. Aber unsere Herzen schlagen,
und wir können tagsüber vor die Tür gehen, auch wenn uns die Sonne
ohne Sonnenbrille ein bisschen in den Augen brennt.
Ach so, das mit der Unsterblichkeit stimmt
übrigens auch. Allerdings nur, wenn uns niemand einen Pflock ins
Herz rammt.
Also, obwohl wir relativ normal sind, wollen die
Jäger uns umbringen. Sie sind die
Bösen.
Als einer der Jäger versucht hat, mich
umzubringen, habe ich ihn in Notwehr erschossen. Ja wirklich, ich
habe ihn mit einer Waffe erschossen. Es
waren keine Reißzähne im Spiel. Aufgrund dieses Vorfalls ist das
Gerücht entstanden, ich hätte eine ganze Horde Jäger
abgeschlachtet, was mir den eingängigen Titel »Schlächterin der
Schlächter« eingebracht hat. Etliche Leute haben Angst vor mir,
einige sind beeindruckt, und andere betrachten es als große
Herausforderung, mich mit einem Pflock aufzuspießen.
Einer dieser Jäger ist Gideon Chase, Milliardär
und Anführer der Vampirjäger. Bevor er einen Dämon abschlachtete
und selbst im Höllenfeuer schmorte, galt er als Frauenschwarm.
Das Höllenfeuer hat bei ihm schreckliche Narben hinterlassen und
zieht quälend langsam seinen Körper und seine Seele in die
Hölle.
Und jetzt will er meine Hilfe.
Denn während einiger Ereignisse, bei denen es um
Leben und Tod ging, musste ich das Blut von zwei Meistervampiren
trinken – einer von ihnen war Thierry -, so dass mein Blut jetzt
irgendwie hochkonzentriert ist. Angeblich sind dadurch alle von mir
gezeugten Vampire besonders stark. Gideon glaubt deshalb, dass ich
ihn heilen könnte, wenn ich ihn in einen Vampir verwandele, ihn
also damit vor der Hölle rette. Das ist aber nur mit Hilfe eines
bestimmten Rituals bei Vollmond möglich.
Wenn ich nicht tue, was er sagt, bringt er jeden
um, den ich liebe.
Es versteht sich wohl von selbst, dass ich mich
bereiterklärt habe, ihm zu helfen.
Gideon hat verlangt, dass ich meine
aussichtsreiche Beziehung zu Thierry beende, weil er befürchtet,
dass ich Thierry in einem intimen Moment seine schändlichen Pläne
verraten könnte. Mein erster Versuch, mit Thierry Schluss zu
machen, ist fehlgeschlagen. Wir sind noch immer zusammen, nur dass
wir es jetzt vor allen geheim halten müssen, selbst vor meinen
engsten Freunden. Wenn Gideon herausfindet, dass ich nicht getan
habe, was er verlangt hat … Nun, er wird es eben nicht
herausfinden.
Dieser Kerl ist böse. Im wahrsten Sinne des
Wortes.
Und nicht zu vergessen, ich habe auch noch mit
einem Fluch zu kämpfen, der mich zu einem Nachtwandler macht, zu
einem widerlichen Mistkerl von einem Vampir,
der Hälse aufreißt und die Sonne meidet (mit anderen Worten: das
Gegenteil von meinem eigentlichen Selbst). Dagegen hilft nur eine
abgrundtief hässliche Goldkette, die mit einem wirkungsvollen
Zauber belegt wurde und die ich ständig tragen muss.
Ich versuche zuversichtlich daran zu glauben,
dass sich am Ende alles zum Guten fügt, aber zurzeit ist es
ziemlich nervig, ich zu sein.