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Martin Fellows nahm ein Messer aus der Schublade und ließ die Klinge über die Mitte des Apfels gleiten. Als die beiden Hälften auseinanderfielen, zuckte er erschrocken zusammen. Er sah sich im Labor um. Hatte ihn jemand beobachtet? Nummer 3 befand sich am anderen Ende des Raums. Harriet war an ihrem Schreibtisch mit Papieren beschäftigt.

Sein Blick wanderte wieder zu der Frucht, und während er daraufstarrte, breitete sich ein Zittern in seinem Körper aus.

Das Fruchtfleisch des Apfels war schwarz. Hellgelbe Kristalle klebten an den Kernen. Als Fellow ein Hauch von Schwefelgeruch in die Nase stieg, steckte er den Apfel rasch in einen Plastikbeutel, warf ihn in den Papierkorb und riss die Tür des Gewächshauses auf.

Verflixt und zugenäht! Sein Experiment war kolossal gescheitert.

Warum?

Fellows hastete den Mittelgang des Gewächshauses entlang zu dem Baum, von dem er den Apfel gepflückt hatte. Er gehörte zu einer Partie, die vor drei Jahren gezüchtet worden war. Einer von sechs Bäumen, die nun die Grundlage seiner Experimente bildeten. Seine Gedanken überschlugen sich, und er hatte ein Klingeln in den Ohren. Alle sechs Bäume bogen sich unter reifen Früchten und machten einen gesunden Eindruck.

»Totes Obst«, hörte er sich flüstern. »Leckereien des Teufels.«

Fellows betastete die Erde und schnappte erschrocken nach Luft. Sie war knochentrocken! Dabei ging es in diesem Experiment hauptsächlich darum, tropische Verhältnisse zu simulieren, um Äpfel anzubauen, wo bis jetzt noch nie welche gewachsen waren. Fellows zog die Bewässerungsschläuche aus dem Boden und stellte fest, dass die Ventile schon wieder verstopft waren. Billiger Kram, gewartet von einem Subunternehmer, der in seinen Augen ein Pfuscher war. Beim letzten Patzer hatte er der Vertreterin dieser Firma mächtig die Hölle heiß gemacht. Doch sie hatte nur erwidert, er sei so niedlich, wenn er sich aufrege. Darauf hatte er zwar aufgehört, sie anzubrüllen, aber sein Zorn hatte sich nicht gelegt. Seine Pflanzen brauchten Wasser. Und diese dumme Kuh mit ihren Rohrzangen war zu blöd, um es zu liefern.

Kochend vor Wut pflückte Fellows von jedem Baum einen Apfel und eilte zurück ins Labor, wo er sie aufschnitt und die aus ihnen aufsteigenden Dämpfe schnupperte. Das Fruchtfleisch aller drei Äpfel war schwarz.

Fellows schlug sein Notizbuch auf. Am ganzen Leibe bebend, ging er die Berechnungen noch einmal durch. Jeden Arbeitsschritt. Schwarz stand nirgendwo auf dem Programm.

Dann wanderte sein Blick durch den Raum zu Harriets Schreibtisch. Sie tuschelte mit jemandem am Mobiltelefon, wischte sich die Augen ab und versuchte, ihr Gesicht hinter dem schimmernden blonden Haar zu verbergen. Er wusste, dass sie gerade die Todesnachricht erhielt. Dass sie es zum ersten Mal hörte. Nun war es offiziell. Sie hatten das Dreckschwein gefunden. Charles Burell war unterwegs ins Leichenschauhaus.

Die Augen weiter auf Harriet gerichtet, griff er nach einem Blatt kariertem Papier und begann, alles aufzuschreiben. Uhrzeit und Ort. Was er gehört oder zu hören geglaubt hatte. Sie telefonierte mit einer Freundin, so viel stand fest. Offenbar kannte diese Freundin ihre Büronummer nicht und hatte sie deshalb mobil angerufen. Vermutlich war auch sie Teil ihres Doppellebens. Ein weiteres Opfer des verblichenen Widerlings Charles Burell.

Plötzlich fiel Fellows ein, dass er sich darauf vorbereiten musste, Harriet zu trösten, wenn sie zu Ende telefoniert hatte. Gewiss brauchte sie jetzt eine Schulter zum Ausweinen. Jemanden, der sich ihre Sorgen anhörte oder sie sogar in den Arm nahm. Und da Burell nun im Kühlhaus lag und Nummer 3 nach Tacos mit Fisch roch, würde sie sich sicher an ihn, Fellows, wenden.

Er betrachtete die sechs schwarzen Äpfel auf seinem Labortisch und überlegte, ob er das Mittagessen mit Finn im Pink Canary verschieben sollte. Vielleicht wollte Harriet ja mit ihm irgendwo hingehen, um zu reden.

Fellows steckte die Äpfel in einen Plastikbeutel und warf sie weg. Dann rückte er die Papiere auf dem Labortisch gerade und schlenderte zu seinem Schreibtisch hinüber. Er hatte genau den richtigen Zeitpunkt gewählt. Denn Harriet hatte gerade ihr Telefon abgeschaltet und verstaute es nun in ihrer Tasche. Er sah sie an. Sanft. Ruhig. Mit einem Blick, der Ich bin bereit, wenn du es bist besagen sollte. Außerdem: Obwohl ich deinem Liebhaber den Schwanz abgeschnitten habe, bin ich ein wahrer Freund. Er merkte ihr an, wie es in ihr arbeitete, als sie sich zu ihm umwandte.

»Ich fühle mich nicht wohl«, begann sie.

Er wartete darauf, dass sie den nächsten Schritt machte. Kaffeetrinken im Ivy. Fellows trank zwar keinen Kaffee, weil Kaffee ein Flüssigkeitsräuber war, doch unter den gegebenen Umständen war er bereit, eine Ausnahme zu machen und wenigstens ein halbes Tässchen zu riskieren, bevor er zu Mineralwasser wechselte.

»Ich gehe nach Hause«, fuhr sie fort. »Bis morgen, Martin.«

Als er etwas erwidern wollte, fehlten ihm die Worte. Er sah zu, wie sie ihre Sachen zusammensuchte, aufstand und hinausrannte. Nachdem die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war, stellte er fest, dass Nummer 3 ihn anstarrte.

»Was ist passiert?«, fragte der kleine Götzenanbeter. »Fehlt ihr etwas?«

Fellows zuckte die Achseln und versuchte, seine Gefühle in den Griff zu bekommen und nicht auf den Geruch nach Fischtacos und Schwefel zu achten, der im Raum hing. Auf das tiefsitzende Gefühl, dass er ein Verlierer war. Der größte Vollidiot der Welt.

Sie war nicht zu ihm gekommen. Sondern davongelaufen.

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