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»Ähm, Mr Teifert? Da ist jemand, der Sie sprechen möchte.« Spider quiekt, während sie den Kopf in das Büro des Vizepräsidenten streckt. Ich stehe geduldig hinter ihr und lasse sie machen. Das Büro ist immer noch ein bisschen chaoti sch - vermutlich wegen des Kampfes meiner Schwester mit Bertha vor zwei Nächten - und ich frage mich, wie er es schafft, in so einer Unordnung zu arbeiten.

»Ich dachte, ich hätte dir gesagt, dass ich nicht gestört werden will, Spider«, weist er sie zurecht, ohne von seinem Papierkram aufzuschauen.

»Ich weiß, aber . . .« Spider sieht mich hilflos an, dann dreht sie sich wieder zu ihrem Boss. »Sie sagt, es ginge um Leben und Tod.«

Mr Teifert seufzt und lässt den fraglichen Papierkram mit einer unnötig theatralischen Geste auf seinen chaotischen Schreibtisch fallen.

»Also schön. Bring sie herein.«

»Hey, Teif!«, rufe ich, springe ins Büro und werfe mich in einen der bequemen Sessel, die gegenüber von seinem Schreibtisch stehen.

»Wie läuft's denn so?«

Er zieht seine buschigen Augenbrauen hoch und mustert mich. »Was machst du denn hier?«

»Na ja, ich bin eigentlich hier, um mich für den Jägerinnenjob zu bewerben - ich habe gehört, dass Bertha nicht mehr im Dienst ist...«

»Ja, dank deiner kleinen Freunde. . . «

»...und ich war mir ziemlich sicher, dass ich als Nächste an der Reihe war. Bis Spider mir eben gesagt, Sie hätten ihr den Job angeboten.« Ich runzle die Stirn. »Also, was ist hier los? Steh ich nicht mehr auf der Liste oder was?«

»Was hier los ist?«, entgegnet Mr Teifert steif und immer noch ohne aufzublicken. »Du hast beschlossen, einen Vampir aus dem Gefängnis zu befreien, und ihm damit ermöglicht, eine unserer Topagentinnen auszuschalten. Verzeih mir, wenn ich das so sage, aber ich habe angenommen dass deine offenkundige Missachtung der Interessen von Slayer Inc.

bedeutet, dass du nicht allzu interessiert daran bist, für uns zu arbeiten.«

»Ach, das.« Ich nicke. »Ja, das war mein Fehler.

Aber Sie müssen verstehen, ich dachte, Sie würden Lucifent umbringen, weil er ein Kindvampir ist. Ich hatte ja keine Ahnung, dass er vorhatte, eine Armee von Zombies auf die menschliche Gattung loszulassen.« Ich zucke die Achseln. »Wenn ich das gewusst hätte, das schwöre ich Ihnen, hätte ich ihn getötet, als ich die Gelegenheit dazu hatte.«

Das erregt seine Aufmerksamkeit. Er schaut zum ersten Mal auf. »Wie bitte?«, sagt er. »Was hast du gerade gesagt?«

»Keine Spielchen mit mir«, erwidere ich. »Ich weiß, dass Sie etwas über Projekt Z wissen müssen. Sonst hätten Sie nicht befohlen, Lucifent zu töten.«

»Wir wussten, dass er etwas plante. Aber wir hatten keine konkreten Details ...«

»Okay. Dann haben Sie sie eben jetzt. Es geht dabei um Zombies. Unmengen unheimlicher, untoter, schleimiger Zombies. Lucifent braucht sie nur, um seinen Boss zu beeindrucken. Pyrus wird sich auf die Idee stürzen und sie umsetzen.

Und das bedeutet: Auf Wiedersehen, Slayer Inc.

Auf Wiedersehen, menschliche Gattung.«

Teifert kratzt sich am Kopf. »Und woher weißt du das alles?«

Ich halte inne. Ja, das ist die Frage, nicht wahr?

Aber mir wird klar, dass ich irgendjemandem reinen Wein einschenken muss. Und hey, das konnte genauso gut jemand sein, der mir vielleicht wirklich glaubt. »Okay, es klingt bestimmt total unheimlich«, erkläre ich ihm.

»Aber ich bin aus der Zukunft zurückgekommen.«

Er zieht eine Augenbraue hoch. »Ich verstehe.«

Neben mir stößt Spider ein Kreischen aus.

»Deshalb hast du also gewusst, was alles im nächsten Update anders sein würde! Oh Mann!

Ich habe mich echt gefragt...« Dann runzelt sie die Stirn. »Und deshalb hast du auch gewusst, wer das Hockeyspiel gewinnen würde. Mann, das ist Betrug! Ich will meine fünf Dollar zurück!«

»Ruhe«, befiehlt Teifert. Er dreht sich zu mir um.

»Also, in der Zukunft, von der du redest, werden wir von Zombies überrannt?«

»Ähm, na ja, nicht direkt.« Ich gebe ihm die kürzestmögliche Version (die sich am Ende doch noch als ziemlich lang entpuppt), was die bisherigen Abenteuer von mir und meiner Schwester betrifft.

»Also ich gebe zu, wir haben es irgendwie verbockt, indem wir Lucifent gerettet haben«, beende ich meinen Bericht. »Aber jetzt wollen wir helfen, alles wiedergutzumachen. Ihm umbringen, bevor er Pyrus sein kleines Projekt vorstellen kann.«

Vizepräsident Teifert holt eine Zigarre aus seiner Schreibtichschublade und zündet sie an. Dann nimmt er einen Zug. Ich überlege, ob ich ihn an das Gesetz zum Schutz der Nichtraucher am Arbeitsplatz erinnern soll, komme dann aber zu dem Schluss, dass meine Lungen im Moment einfach damit fertig werden müssen. Es ist nicht nötig, ihn wütend zu machen, da wir doch seine Hilfe brauchen.

»Ich sage nicht, dass ich dir glaube«, erklärt er schließlich. »Aber selbst wenn ich es täte, bleibt das Problem dasselbe: Lucifent allein zu erwischen. Dank der Einmischung eurer kleinen Scooby-Doo-Gang ist das Überraschungsmo-ment weg. Er wird ab jetzt ständig auf der Hut sein.« Teifert schnippt die Asche in ein leeres Whiskyglas auf seinem Schreibtisch. »Hinzu kommt noch, dass wir derzeit eine ausgebildete Jägerin weniger haben, ebenfalls dank eures Beitrags zu unserer Sache.«

»Nichts für ungut, aber Sie wollten Bertha sowieso nicht auf der Lohnliste«, bemerke ich.

»Sie hatte einen Haufen Probleme mit zu hohem Blutdruck. Ganz zu schweigen davon, dass sie Sie am Ende verrät und in der Zukunft für Pyrus arbeitet. Und dann erst ihre Essstörungen ...«

»Jedenfalls«, unterbricht Teifert mich, »sind die meisten unserer ansässigen Agenten mit anderen Fällen beschäftigt. Und wir haben gerade erst angefangen, Spider auszubilden.

Sie macht ihre Sache zwar sehr gut, ist aber sicher noch nicht so weit, ganz allein gegen irgendeine größere Bedrohung vorzugehen.«

»Tja, sie braucht noch ein bisschen Feinschliff«, stimme ich ihm mit einem leisen Kichern zu und erinnere mich an ihre Vorstellung auf der Veranda.

Teifert klopft mit dem Zeigefinger auf seinen Schreibtisch, während er nachdenkt. »Ich nehme an, wir könnten uns an Achental wenden, unsere Schwesterakademie in Europa ...«

»Oh nein!«, rufe ich schnell. »Das werden Sie bestimmt nicht wollen. Sie werden sich als böse entpuppen.« Teifert wirft mir einen scharfen Blick zu. Ich zucke die Achseln. »Lange Geschichte.

Aber mit denen können wir uns später beschäftigen. Die Zombieapokalypse ist dringender.«

»Einverstanden. Aber du hörst nicht richtig zu, Rayne. Wir haben keine verfügbare Jägerin, um Lucifent und Pyrus kurzfristig aufzuhalten. Uns sind die Hände gebunden.«

Ich lächle selbstgefällig. »In diesem Punkt irren Sie sich. Sie haben sehr wohl eine Jägerin. Sie haben mich. Ausgebildet von Ihren höchst eigenen zukünftigen Händen. Ich habe böse Vampire gepfählt und mit Werwölfen gekämpft.

Sogar mit Tinkerbell habe ich es aufgenommen.«

Ich beschließe, die Tatsache unerwähnt zu lassen, dass ich technisch gesehen diesen letzteren speziellen Kampf verloren habe. Viel zu peinlich. »Fazit: Ich bin eine Superjägerin.

Und mit den richtigen Waffen, da bin ich mir ganz sicher, werde ich auch einhändig mit ein paar Zombies fertig.«

»Du wirst vielleicht beide Hände benutzen wollen«, erwidert Teifert trocken. »Wenn man bedenkt, dass man es bei Zombies kaum jemals nur mit ein paar wenigen zu tun hat.«

»Richtig.« Ich denke darüber nach. »Also, es ist vielleicht am besten, wenn wir uns zuerst ihre Königin vornehmen. Ich meine, wenn wir Lucifent selbst nicht erwischen können, sollten wir versuchen, ihn von der Quelle abzuschneiden.

Keine Voodoo-Königin, die Zombies von den Toten auferwecken kann, bedeutet, keine Zombies für Pyrus, mit denen er spielen kann.

Und wir alle leben glücklich bis ans Ende unserer Tage.« Ganz zu schweigen davon, dass ich als zusätzlichen Bonus die Gelegenheit bekomme, Jareth' nervige kleine falsche Freundin loszuwerden. Ein Sieg für alle.

Teifert drückt seine nur halb gerauchte Zigarre aus. »Ich nehme an, das wäre die beste Taktik angesichts dieser Bedrohung«, überlegt er laut.

»Also schön. Ich werde dich mit allem ausstatten, was du für deine Mission brauchst. Unter einer Bedingung.«

Ich ziehe eine Augenbraue hoch. »Und die wäre?«

»Du nimmst Spider mit. Sie mag keine voll ausgebildete Jägerin sein, aber sie hat großes Potenzial. Sie könnte in einer Zwangslage nützlich für dich sein.«

Oder als Spionin dienen, um sicherzustellen, dass ich auch tue, was ich gesagt habe. Aber was soll's. Ich habe nichts dagegen, sie und ihren kleinen Feuerstock mitzunehmen.

Schließlich haben wir im Laufe der Jahre viele virtuelle Schlachten ausgefochten. Warum also nicht eine im echten Leben?

»Abgemacht«, sage ich und stehe auf. »Dann lassen Sie uns jetzt mal Ihr Arsenal begutachten.

Wenn ich irgendwelchen Zombies gegenübertrete, brauche ich einen guten altmodischenSchießprügel.«