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VITÓRIA, BRASILIEN
Juan Cabrillo genoss die Einsamkeit, in der
er seine Bahnen schwamm. Sie bot ihm die Gelegenheit, seinen Geist
für eine Weile auszuschalten und sich auf die rhythmischen
Bewegungen seiner Arme und Beine sowie auf seinen Atem zu
konzentrieren, was seine ganz persönliche Form der Meditation
darstellte. Er brauchte keine andere Entscheidung zu treffen, als
welchen Schwimmstils er sich jeweils bediente. In diesem Augenblick
war es der Butterfly-Stil, bei dem er seine breiten Schultern und
die Spannweite seiner Arme nutzte, um seinen Körper aus dem Wasser
zu katapultieren und vorwärts zu ziehen. Während er unter Wasser
einen Salto ausführte und sich mit den Füßen von der Beckenwand
abstieß, zählte er seine neunzehnte olympische Bahn – und
damit fast zweitausend zurückgelegte Schwimmmeter.
Juan trug eine Schwimmbrille, um seine Augen
vor dem Salzwasser zu schützen. Das zwei Bahnen breite Becken
diente als Ballasttank seines Schiffes, der Oregon , daher war es gewöhnlich mit
Seewasser gefüllt. Eine Kombination aus Leuchtstoffröhren und
Glühlampen schuf die Simulation eines sonnigen Tages, und die Wände
und der Boden des Beckens waren mit weißen Marmorfliesen bedeckt,
auf denen sich schnell grüner Algenbewuchs bildete, wenn das
Seewasser bis zu seinem Rand reichte.
An diesem Nachmittag hatte er das Becken für
sich allein. Der größte Teil der Schiffscrew verbrachte die
Freizeit in Vitória, einer vergleichsweise kleinen, aber vor
touristischem Leben sprühenden Stadt, etwa fünfhundertdreißig
Kilometer nordöstlich von Rio de Janeiro. Obgleich die Stadt über
zahlreiche paradiesische Strände verfügte, machte es Juan nichts
aus, an Bord zu bleiben, um sich auszuruhen, ein umfangreiches
Sportprogramm zu absolvieren und einige wichtige Arbeiten zu
erledigen. Außerdem freute er sich schon auf einen Braten aus
bestem brasilianischem Rindfleisch und eine Flasche trockenen
Cabernet Sauvignon später am Abend in einem Jazzclub mit
Zigarren-Bar.
Er und die Mannschaft hatten sich nach ihrer
letzten Mission, einer zwei Wochen dauernden Jagd auf ein Kommando
ISIS -Terroristen, die in den
Vereinigten Staaten eine Serie von Attentaten planten, eine Pause
und ein wenig Zerstreuung verdient. Juan und sein Team hatten die
Truppe auf einem Frachtschiff mit Kurs auf Lateinamerika
geschnappt, von wo aus die Terroristen über die mexikanische Grenze
in die USA eindringen wollten, um
eine blutige Spur quer über den Kontinent zu legen. Vitória war die
nächstliegende Stadt, in der die Oregon die sechs Syrer in die Obhut der
CIA übergeben konnte.
Juan Cabrillo war früher selbst CIA -Agent gewesen. Nachdem er sich vor allem
bei Geheimoperationen hervorgetan hatte, hatte er von der
ausufernden Bürokratie, mit der er sich ständig herumschlagen
musste, die Nase endgültig voll und quittierte trotz
vielversprechender Karriereaussichten den Dienst, um die
Corporation zu gründen. Diese war eine verdeckt arbeitende
Organisation, geschaffen, um Operationen durchzuführen, von denen
die amerikanische Regierung jederzeit überzeugend dementieren
konnte, dass sie sie in Auftrag gegeben oder an ihnen mitgewirkt
hatte. Als Basis für diese Missionen nutzten sie die Oregon , die – in ihrem ersten Leben ein
vernachlässigter Trampdampfer kurz vor seiner letzten Fahrt zur
Abwrackwerft – eigens für diesen Zweck ausgewählt und umgebaut
worden war. Prominente Persönlichkeiten zu befreien, die entführt
wurden, um Lösegelder zu erpressen, terroristische Netzwerke zu
infiltrieren, wichtige Geheiminformationen aus Kriege anzettelnden
Nationen zu beschaffen und Drohungen gegen die Vereinigten Staaten
zu vereiteln, das machte den wesentlichen Teil der Aufgaben aus,
die der Corporation seit ihrer Gründung übertragen wurden.
Letztlich war die Corporation nichts anderes
als ein seegestütztes Söldnerunternehmen, das für seine weltweiten
Einsätze entsprechende Honorare berechnete, mit denen es sich
finanzierte und sich den Luxus einer vollständigen Unabhängigkeit
leisten konnte. Allerdings ließ sich Juan Cabrillo bei der Auswahl
und Annahme von Aufträgen aus dem privatwirtschaftlichen Bereich
ausschließlich von der Maxime leiten, dass stets die Interessen
Amerikas gewahrt wurden. Für feindlich gesonnene ausländische
Mächte tätig zu werden, war für Juan und seine Truppe absolut
undenkbar. Es war eine gefährliche Arbeit, und im Laufe der Jahre
hatten sie auch schon den Verlust einiger Mitglieder ihres Teams zu
beklagen. Die Arbeit war aber auch sehr profitabel. Jedes
Teammitglied war an der Corporation finanziell beteiligt und konnte
damit rechnen, sich mit einem dicken finanziellen Polster im Rücken
zur Ruhe setzen zu können. Und das nicht erst im Rentenalter,
sondern erheblich früher.
Als er für den nächsten Atemzug auftauchte,
hörte Juan, wie sein Name von den weißen Fliesen widerhallte. Die
Stimme, die ihn rief, befand sich am anderen Ende des Beckens,
daher wendete er, schaltete auf den schnelleren Freistil um und
steigerte schlagartig das Tempo. Er wusste, wenn jemand sein
Schwimmtraining unterbrach, dann musste er einen dringenden Grund
haben.
Als Juan das Ende der Bahn erreichte,
schnellte er aus dem Wasser fast in die Arme Max Hanleys, der am
Beckenrand bereitstand und ihm ein Badetuch reichte.
»Du weißt, das Schwimmen wäre einfacher,
wenn du diese Dinger nicht tragen würdest«, sagte Max und deutete
auf die Gewichtsgurte an Juans Handgelenken und auf die Badehose
aus grobem Gewebe, die er trug, um den Widerstand im Wasser zu
erhöhen.
Juan streifte die Bleigurte ab und ergriff
das Badetuch. »In meinem Alter muss ich mir das Steak, das ich mir
zum Dinner leiste, redlich verdienen«, sagte er, während er sich
abtrocknete.
Max Hanley, der mehr als dreißig Jahre älter
war als Juan, betrachtete Juans schlanke, athletische Gestalt mit
einer Mischung aus Neid und gelindem Spott. »Hätte ich solche
Bauchmuskeln gehabt, als ich in deinem Alter war, hätte mich meine
zweite Frau vielleicht gar nicht verlassen.«
»Es hat dich jedenfalls nicht daran
gehindert, eine neue Frau zu finden und ein drittes Mal zu
heiraten.«
Max zuckte die Achseln und tätschelte seine
beachtliche Leibesfülle. »Diese Ex legt bei ihren Männern mehr Wert
auf komfortable Rundungen als auf Windschnittigkeit. Glaub mir, ich
habe Fotos von ihrem Neuen gesehen.«
Während Juan – hochgewachsen, blond und
von einem Leben in der Sonne und im Wasser braun gebrannt –
der Inbegriff des kalifornischen Surfers war, hatte sich bei Max,
einem Vietnamveteran, der blassgraue Teint seiner irischen
Vorfahren erhalten. Die helle Deckenbeleuchtung spiegelte sich in
dem kahlen Fleck inmitten eines Rings rötlich grauen Haars auf
seinem Scheitel, und seine roten Wangen waren von einem Muster aus
Falten gezeichnet, die Zeit, raue Witterung und ein stets zu einem
freundlichen Lächeln aufgelegtes Gemüt in ihnen hinterlassen
hatten.
Das Einzige, worum Juan seinen Freund und
Mitstreiter beneidete, war die Tatsache, dass er noch beide Beine
besaß. Juan wischte mit dem Badetuch über seinen rechten
Oberschenkel und weiter hinab über die Titanprothese, die dicht
unter dem Knie begann. Der Unterschenkel, den sie ersetzte, war von
dem Geschütz eines schon vor längerer Zeit versunkenen chinesischen
Zerstörers abgerissen worden. Mittlerweile hatte sich Juan an
diesen künstlichen Beinersatz derart gewöhnt, dass er sich in
seiner Bewegungsfreiheit so gut wie gar nicht mehr von ihm
eingeschränkt fühlte. Aber der ständig unterschwellig pochende
Phantomschmerz im Beinstumpf sorgte dafür, dass er den Tag, an dem
er sein Bein verlor, niemals vergaß.
»Und was führt dich hierher?«, fragte Juan,
während er sich ein T-Shirt über den Kopf zog und in eine
Trainingshose schlüpfte. »Ich weiß ziemlich sicher, dass es nicht
die Absicht gewesen sein wird, eine Runde zu schwimmen.«
Max fand diese Vorstellung so lustig, dass
er lachte und den Kopf schüttelte. »Ich habe mir mein Steak bereits
damit verdient, dass ich die Treppe nach hier unten genommen habe.«
Dann verflog das Lachen. »Leider bin ich mir ziemlich sicher, dass
keiner von uns beiden heute Abend etwas essen wird. Wir haben
gerade eine dringende Nachricht aus der CIA -Zentrale erhalten. Wir beide müssen sofort
zurückrufen.«
»Das klingt nach Ärger.«
»Ich tippe eher auf einen neuen Job.«
Juan Cabrillo – von den jüngeren
Mitgliedern seines Teams »Chairman« genannt – bekleidete die
Position des Vorstands der Corporation und war zugleich Kapitän der
Oregon . Max war der Präsident
und Juans Stellvertreter. Gemeinsam hatten sie die Organisation
gegründet, und Max war als leitender Ingenieur für den Bau und die
Einrichtung der Oregon
verantwortlich. Außerdem erfüllte er die Funktion eines
Resonanzbodens für Juans Ideen und taktische Überlegungen. Sie
waren die besten Freunde, wenn der Altersunterschied auch eher auf
ein Verhältnis von Vater und Sohn schließen lassen konnte.
Nachdem sie den Ballasttank verlassen
hatten, schloss und verriegelte Juan die wasserdichte Tür hinter
sich. »Wir telefonieren aus meiner Kabine.« Diese erreichten sie
eine Minute später.
Da alle Mannschaftsmitglieder auf der
Oregon wohnten, stand jedem von
ihnen eine Kabine sowie ein großzügiger Etat zu, um sie nach
eigenem Geschmack einzurichten. Juan hatte sich für den klassischen
1940er-Stil von Rick’s Café Américain aus Casablanca entschieden. Im Vorraum, den er
für Besprechungen im kleinen Kreis benutzte, standen ein Esstisch
für vier Personen, ein Sofa und ein Sessel, während der Schlafraum
unter anderem mit einem antiken Eichenschreibtisch und einem großen
altertümlichen Safe möbliert war. Er enthielt die offiziellen
Schiffsdokumente der Oregon
inklusive Juans persönliche Waffen, einen Bargeldvorrat und
Goldmünzen sowie ungeschliffene Diamanten als überall auf der Welt
gültiges und nicht zurückverfolgbares Zahlungsmittel für
unerwartete Ausgaben.
Die Einrichtung war absolut authentisch bis
hin zu den altmodischen schwarzen Telefonen. Ein echter Picasso an
der Wand des Vorraums war eines der Kunstwerke, die die Corporation
im Lauf der Jahre als Kapitalanlage erworben hatte. Einige dieser
Kunstwerke verschönten das Innere der Oregon , doch die meisten wurden zur
Sicherheit in einem Banksafe aufbewahrt.
Juan und Max nahmen am Esstisch Platz, und
Juan schaltete ein Tablet ein, um seinen CIA -Kontaktmann anzurufen. Was wie ein Fenster
aussah, das eine ganze Wand des Vorraums einnahm, war in
Wirklichkeit ein HD -Videoschirm.
Auf ihm verblasste gerade das Stadtpanorama von Vitória und wurde
durch Langston Overholt IV ersetzt,
Juans ehemaligen Chef bei der CIA .
Er war derjenige, der damals als Erster die Idee geäußert hatte,
man sollte doch so etwas wie die Corporation gründen.
Overholt saß an seinem Büroschreibtisch vor
Fenstern mit herabgelassenen Jalousien. Der CIA -Administrator hatte die Siebzig bereits
deutlich überschritten, besetzte seinen Posten nach wie vor mit der
patrizierhaften Würde eines Bankiers und erschien regelmäßig in
einem dreiteiligen Anzug im Büro. Er stammte aus einer Familie, die
zum alten Geldadel gehörte und deren Vorfahren seinerzeit
Neuengland besiedelt hatten. Er war schon so lange für die
CIA tätig, dass er genau wusste, in
welchen Kellern die Leichen begraben waren, und zwar sowohl die
echten als auch die sprichwörtlichen. Ihn geräuschlos seines Amtes
zu entheben, war für seine politischen Gegner unmöglich, daher
wurde ihm gestattet, weit über die Altersgrenze hinaus in
beratender Funktion tätig zu sein. Wie üblich erschien Overholt
hellwach, konzentriert und dank regelmäßiger Dauerläufe und Besuche
in einem Racketball-Zentrum körperlich durch und durch fit.
Aber seine Miene war sorgenvoll.
»Es tut mir leid, Sie in Ihrem
wohlverdienten Urlaub zu stören«, sagte er in seinem
charakteristisch rauen Bariton. »Mir ist bewusst, dass Sie erst vor
zwei Tagen von einer Mission zurückgekehrt sind, die Sie für uns
erfolgreich abgeschlossen haben. Aber ich wusste auch, dass Sie
sich zurzeit in dieser Gegend aufhalten, und dazu kommt noch, dass
es nicht viele Leute gibt, denen ich im Augenblick trauen
kann.«
Juan wechselte einen alarmierten Blick mit
Max. Normalerweise hätte Overholt irgendeine launige Bemerkung über
Juans nasse Haare und seine lässige Kleidung fallen lassen. Dieser
Ernst, mit dem er sich jetzt präsentierte, passte nicht zu
ihm.
»Gab es mit den Terroristen, die wir
geschnappt haben, irgendwelche Probleme?«, fragte Juan.
Overholt schüttelte den Kopf. »Es ist viel
schlimmer. So wie es sich momentan darstellt, haben wir im
Direktorat für den operativen Bereich entweder eine undichte Stelle
oder sogar einen Maulwurf.«
»Wie kommen Sie darauf?«, wollte Max
wissen.
»Nicht weit von der Position im Atlantik
entfernt, an der Sie Ihre Operation durchgeführt hatten, ging vor
drei Tagen ein Schiff namens Manticora verloren. Ein Rettungsboot mit
Überlebenden wurde heute Morgen von einem Flugzeug gesichtet, und
ein Schiff ist schon unterwegs, um sie aufzufischen. Wir wissen
noch nicht, wie sie versunken ist, aber die Manticora hatte bislang nicht gemeldet, dass
ein mit ihr geplantes Rendezvous stattgefunden hat. Außerdem wird
eine umfangreiche Schiffsladung an Waffen vermisst.«
Juan beugte sich vor. »Und Sie glauben, dies
alles sei auf eine undichte Stelle in Langley
zurückzuführen?«
»Wir werden die Überlebenden ausfragen,
sobald sie geborgen wurden, aber es kann kein Zufall sein, dass
während der vergangenen beiden Tage in derselben Gegend eine
weitere Schiffskatastrophe stattgefunden haben muss.«
»Eine zweite?«, fragte Max.
»Es wurde noch nicht öffentlich gemeldet
oder in den Nachrichten erwähnt, aber die Kansas City , ein Atom-U-Boot der
Los-Angeles-Klasse, ist offenbar mit Mann und Maus gesunken. Sie
operierte vor der brasilianischen Küste und hatte ein
Navy-SEAL -Kommando an Bord, das
eine als Navy-Übung getarnte CIA
-Mission durchführen sollte. Wir suchen noch immer nach Hinweisen
auf eine Havarie und wissen bisher nur, dass der Notfall-Peilsender
nicht aktiviert wurde.«
»Es könnte doch eine Kommunikationspanne
gewesen sein«, äußerte Juan eine Vermutung.
Overholt schüttelte den Kopf. »Das
bezweifeln wir. Die verdeckte Operation sollte vor vierundzwanzig
Stunden stattfinden. Unnötig zu erwähnen, dass es dazu nicht kam.
Sämtliche Versuche, mit dem U-Boot Kontakt aufzunehmen, sind bisher
gescheitert.«
»Ich weiß nicht, ob wir da eine große Hilfe
sein können«, sagte Max. »Die Navy und die NUMA sind bei weitem besser ausgerüstet als
wir, um den Meeresgrund abzusuchen.«
Overholt seufzte. »Leider habe ich mich bei
Ihnen gemeldet, weil sich für uns heute noch eine dritte kritische
Situation ergab. Sie ist der Grund, weshalb ich überzeugt bin, dass
die beiden soeben geschilderten Vorfälle die Folge einer undichten
Stelle sind.«
Juan und Max enthielten sich eines
Kommentars, während Overholt seine Gedanken ordnete.
»Wir mussten feststellen, dass eine wichtige
Datei aus unserer Datenbank gestohlen wurde. Sie enthält die Namen
von drei Agenten, die zurzeit mit dem Auftrag im verdeckten Einsatz
sind, einige sehr hässliche kriminelle Gruppierungen in Latein- und
in Südamerika zu infiltrieren. Soweit wir rekonstruieren konnten,
wurde die verschlüsselte Datei nicht von dem Dieb gelesen, sondern
auf einen Stick kopiert und per Post versendet. Wir glauben auch,
den Empfänger identifiziert zu haben. Es ist ein Mann namens
Ricardo Ferreira, ein Brasilianer, der Firmen und Organisationen in
ganz Südamerika mit hochentwickelter Technologie beliefert. Viele
arbeiten auf legaler Basis, aber er macht auch mit jedem anderen
Geschäfte, der genug Geld hat, um seine teils üblen Produkte zu
erwerben, ganz gleich, welches Unheil man damit anrichten kann. Zu
seinen Kunden gehören Drogenkartelle, Rebellengruppen und korrupte
Regierungen. Einer der enttarnten Agenten, Luis Machado, liefert
zurzeit regelmäßig Informationen aus Ferreiras Firma.«
»Wollen Sie also, dass wir das Päckchen
abfangen?«, fragte Max.
»Das ist gar nicht möglich«, erwiderte
Overholt. »Wir wissen zwar, dass es in achtundvierzig Stunden an
seinem Bestimmungsort eintreffen wird, aber wir kennen den Ort
nicht. Wenn das Päckchen in Empfang genommen wurde, wird es nicht
sehr lange dauern, die Datei zu entschlüsseln und die Agenten zu
entlarven. Machado und die anderen werden dann sicher gnadenlos
gefoltert, um weitere Informationen aus ihnen herauszuholen.«
»Ich nehme an, dass man sie nicht warnen
kann, sich zurückzuziehen«, sagte Juan.
»Jeder Versuch unsererseits, mit ihnen
Kontakt aufzunehmen, könnte dem Maulwurf ihre wahren Identitäten
enthüllen.«
»Wo befinden sie sich?«
»Durch einen glücklichen Zufall wissen wir
dank verschlüsselter Hinweise in ihren letzten Berichten, wo sie in
zwei Tagen anzutreffen sind. Alle drei werden anlässlich der Copa
América, der südamerikanischen Fußballmeisterschaft, die alle vier
Jahre stattfindet, nach Rio kommen. Deshalb habe ich mich auch bei
Ihnen gemeldet. Sie sollen die drei herausholen. Sie sind die
Einzigen, die eine solche Operation mit Aussicht auf Erfolg
durchziehen können.«
Juan machte einen tiefen Atemzug, dann sagte
er zu Max: »Sieht so aus, als müssten wir unser Erholungsprogramm
abbrechen und die gesamte Truppe zwecks einer ausführlichen
Planungsrunde auf die Oregon
zurückholen.« Er wandte sich wieder zu Overholt um. »Wo genau
finden wir die Agenten?«
»An diesem Punkt wird die Geschichte richtig
heikel«, sagte Overholt. »Luis Machado wird sich auf Ferreiras
Jacht in der Guanabara-Bucht aufhalten. Diego Lopez wird einem
Fußballmatch im Maracanã-Stadion beiwohnen. Und Jessica Belasco
soll aus dem Besucherzentrum auf der Spitze des Zuckerhuts gestürzt
werden. Ich schicke Ihnen eine Datei mit sämtlichen Informationen
und Fotos.«
Max stieß einen Pfiff aus. »Mal sehen, ob
ich das Ganze richtig verstanden habe. Wir brauchen also drei
verschiedene Extraktionskommandos an drei verschiedenen Orten in
einer der größten Städte der Welt.«
Overholt nickte mit ernster Miene. »Sonst
sind alle drei Agenten dem sicheren Tod geweiht.«