Spaziergang 3: Nordwestliches
Stadtzentrum – auf den Spuren der frühen Stadtgeschichte
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Zwischen Graben, Rotenturmstraße, Donaukanal und Tiefer Graben dehnte sich einst das römische Legionärslager Vindobona aus, auf dessen Boden sich der Babenberger Heinrich II. einige Jahrhunderte später zum Regieren niederließ und damit die Stadtwerdung Wiens einleitete. Deshalb sind die Spuren der spätantiken und hochmittelalterlichen Stadtgeschichte im nordwestlichen Teil des 1. Bezirks am deutlichsten zu lesen.
Außer den steinernen Fußabdrücken der römischen Kolonisatoren (Hoher Markt, Am Hof) sind dort mit Ruprechtskirche, St. Maria am Gestade und Schottenkloster die ältesten christlichen Kirchen sowie die Ruinen einer der ersten Synagogen der Stadt zu sehen. Letztere wurden erst Mitte der 1990er Jahre bei der Fundamentierung von Rachel Whitereads Mahnmal für die Opfer des Holocaust am heutigen Judenplatz entdeckt.
Während diese Synagoge in den Wirren eines spätmittelalterlichen Judenpogroms niedergebrannt worden war, blieb der Jahrhunderte später ganz in der Nähe erbaute Stadttempel an der Seitenstettengasse als einzige jüdische Gebetsstätte der Stadt von der antisemitischen Zerstörungswut der Nationalsozialisten verschont.
Rund um den Stadttempel begann in den 1980er
Jahren der „Beisl-Boom“ bzw. die
Verdichtung und Verjüngung der Wiener Gastronomieszene, weshalb das
Gassengewirr um das historisch älteste Wiener Judenviertel im
Wiener Volksmund auch Bermudadreieck genannt wird.
Genau wie die römischen Ruinen und die Überreste der mittelalterlichen Synagoge sind auch die kunsthistorisch spektakulären Neidhartfresken aus dem 14. Jh. hinter historisch jüngerem Mauerwerk versteckt. Nicht zu übersehen sind dagegen die reich verzierte Ankeruhr, die repräsentative Börse oder die ansehnlichen Stadtpalais Harrach, Kinsky und Ferstel, die weitere Stationen des Spaziergangs markieren.