Kunst- und Kulturgeschichte
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Seit dem hohen Mittelalter kamen Baumeister und Bildhauer, Maler und Musiker, Dichter und Denker aus ganz Europa nach Wien, um im Auftrag von Kaiser und Klerus, Adel und Bürgertum ihr schöpferisches Potential zu entfalten. Ihre Anwesenheit schuf ein kreatives Klima, in dem spätestens seit dem ausgehenden 17. Jh. auch viele einheimische Talente gediehen, die ihrerseits ästhetische Maßstäbe setzten und internationale Sogwirkung auf Künstlerkollegen und Bewunderer ausüb(t)en.
Das gilt in besonderem Maße für die sozioökonomische und politische Umbruchphase zwischen 1870 und 1930, die zur Zeit des viel gerühmten (Wiener) Fin de Siècle ihren glanzvollen kulturellen Kulminationspunkt erreichte.
Vor dem Hintergrund der rasanten Industrialisierung, dem Aufkommen des europäischen Nationalismus und dem Entstehen von Massenparteien startete die dem Untergang geweihte Habsburgermonarchie gemeinsam mit dem zu Wohlstand gelangten liberalen Bürgertum an der vorletzten Jahrhundertwende ihre letzte städtebauliche Offensive. Die monumentalen Ringstraßenbauten stimulierten ihrerseits die Gründung eines avantgardistischen Künstlerzirkels namens Secession, der wiederum die ästhetische Brücke zur Moderne schlug. Kommentiert wurden diese Prozesse von der schöngeistigen und gesellschaftskritischen Konversation in den legendären Wiener Kaffeehäusern, die auch das sozialdemokratisch regierte „Rote Wien“ begleitete, bis „Austrofaschismus“, „Anschluss an Hitler-Deutschland“ und Zweiter Weltkrieg das bis dahin von Künstlern und Wissenschaftlern aus allen Teilen der aufgelösten Donaumonarchie beatmete Kultur- und Geistesleben zeitweilig erstickten.
Doch bereits 1949 schrieb die Stadt wieder europäische Kulturgeschichte. Während das zerbombte Nachkriegswien die Kulisse für Orson Welles’ Filmklassiker „Der dritte Mann“ abgab, formierten sich in seinen Ruinen die ersten Künstler- und Literatenzirkel der Zweiten Republik. Mitte der 1950er Jahre waren Staatsoper und Burgtheater wieder aufgebaut, sodass Wien seinen Ruf als Kulturmetropole bald erneuerte und bis heute behauptet, zumal im Zuge der EU-Erweiterungen wieder frischer kultureller Ostwind in die österreichische Hauptstadt weht.