~ Caleb & Esra ~
»Ich helfe Euch Esra, aber ich kann sie nicht tragen, wenn das Silberketten sind«, sagte Caleb.
»Ich werde sie tragen«, erwiderte der Bedienstete. Mit diesen Worten hob er die Formwandlerin schon auf die Arme. Caleb und Esra gingen aus dem Keller und hinauf.
»Bitte nehmt diese Ketten ab«, bettelte Emilia dabei.
»Nein, der Befehl des Herrn war eindeutig«, meinte Esra.
Dann liefen sie in den Stall. Esra ächzte unter dem Gewicht der Dame mit den Silberketten. Caleb gab ein Zeichen, dass der Stallbursche zwei Pferde satteln sollte. Der Butler legte Emilia auf den Boden und sie warteten.
~ James ~
James eilte zu Cassandra. Er wollte nach ihr sehen, wissen, ob es ihr gut ging. Vorsichtig betrat er das Schlafgemach und musterte seine schlafende Schönheit. Schließlich setzte er sich auf die Bettkante und streichelte ihr eine der schweißnassen Strähnen aus dem Gesicht. Sie war blass und hatte dunkle Augenringe. Er seufzte.
»Ich hoffe, dass Ihr wieder gesundet«, flüsterte er. Anschließend beugte er sich vor und küsste ihre Stirn. Ihr Herz schlug langsamer, doch immer noch kräftig.
»Ich habe Emilia fortgeschickt. Esra bringt sie weg«, erzählte er.
Cassandra stöhnte und ihre Lider flatterten. James hoffte, dass sie aufwachte. Tatsächlich öffnete sie ihre Lider und sah ihn an. Binnen Sekunden zeichnete sich blanke Angst auf ihrer Miene ab und sie begann zu schreien. Es war so laut, dass es ihm beinahe das empfindliche Trommelfell zerriss. Dann schlug sie um sich.
»Meine Schöne beruhigt Euch bitte«, rief er, aber nichts geschah.
Sie zappelte immer weiter. Seine letzte Möglichkeit sah er darin, sie zu fixieren. Er warf sich auf die Gräfin und hoffte, dass die Kraft sie bald verließ.
»Bitte beruhigt Euch«, flehte er den Tränen nahe. Es schmerzte ihn, sie so zu sehen.
James wusste nicht, wie lange er auf Cassandra gelegen und sie festgehalten hatte. Irgendwann wurde sie ruhig und schloss die Augen wieder. Ihre Atmung beruhigte sich ebenfalls. Er atmete tief durch, küsste ihre Wange und erhob sich.
Dann ging er aus dem Gemach, um ihr die Ruhe zu gewähren, die sie benötigte.
~ Emilia ~
Emilia hatte sich nicht bewegt, bis Caleb und Esra verschwunden waren. Unter Schmerzen stand sie auf und orientierte sich. Nach einer Weile fand sie die Straße und folgte ihr. Als sie eine Kreuzung im Wald erreicht hatte, wandte sie sich nach links und suchte den Unterschlupf ihres Bruders. Mehrere Male hatte sie James und Caleb belauscht, als sie über Cyrus‘ Tod gesprochen hatten. Der Verdacht Merphans hatte sich bestätigt und ihr das Herz zerrissen. Sie hatte diesen Nimrod geliebt, er sie ebenfalls und das trotz ihres Fluches.
Die Sonne neigte sich dem Untergang und sie fand das Refugium der übrigen Jäger endlich. Sie betrat die Höhle, es war dieselbe in der Cyrus die Gräfin gequält hatte, und rief: »Merphan?«
Er kam mit einer Fackel zu ihr und musterte sie.
»Warum kommst du her?«, fragte er.
»Sie haben es herausgefunden. Ich habe versagt«, antwortete sie.
»Sie wissen, dass wir sie jagen?«, wollte er wissen. Es erzürnte ihn, dass seine Schwester gescheitert war. Emilia schüttelte den Kopf.
»Nein, ich verriet bloß, dass ihr Land unseres ist.«
Merphan atmete durch.
»Gut. Was konntest du erfahren?«, wollte er wissen.
»Sie tragen die Schuld an Cyrus‘ Tod. Sie sind mit mehreren Wölfen über ihn hergefallen«, murmelte sie. In Merphan kochte es. Sie als Nimrode der Bruderschaft waren unsterblich, doch auch sie gingen in eine Welt, die dem Jenseits glich, wenn ihre Zeit gekommen war. Er ergriff Emilias Hand und zog sie tiefer in die Höhle.
»Prius, Cauldrin, wir werden Avabruck verlassen«, verkündete er lautstark.
Die Jäger trugen ihre Habe zusammen und löschten die Feuer.
Hinterher brachten sie alles zu den Pferden und sahen Merphan an. »Werden wir zurückkehren?«, fragte Cauldrin.
»Ja, das werden wir und dann wird James von Avabruck meine Rache zu spüren bekommen. Er wird sich wünschen nie geboren zu sein«, antwortete Merphan und stieg auf sein Pferd.