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»Das ist verrückt!«, sagte Angelito, ohne die Markierung auf dem Bildschirm aus den Augen zu lassen.

»Das ist ein im Wesen unsicherer Beruf, Angel.« Dana gab sich Mühe, nicht nervös zu klingen. Es war nicht nur so, dass die Tür nicht ganz offen war und es daher einiges an Manövrierkunst erforderte, um ins Dunkle hinauszukommen. Sie traute auch Angelitos Künsten am Steuerknüppel nicht ganz. Und in seinem Fall konnte sie ja immerhin noch eingreifen, wenn es ernst wurde. Bei den anderen Einheiten war das nicht der Fall – einer Monkey-Klasse, neun Paw-Schleppern, sechsunddreißig Myrmidons, zwei Defenders, vier Constitutions und sechs aus der Independence-Klasse – die alle in einem dichten Haufen den Tür-Tunnel passierten … ein Rudel.

»Achtung auf … Achtung auf …«

»Ich achte schon auf …«

»Gieren!«, bellte Dana, als Dreiundzwanzig einen Paw-Schlepper streifte. Beide Einheiten waren massiv gebaut und konnten kleine Dellen verkraften, aber die Masse eines Paw-Schleppers war zweimal so groß wie die ihres Shuttle, und deshalb fing der Myrmidon an, hart nach Backbord und unten zu rutschen und gab dabei ein gequältes, metallisches Kreischen von sich. Und bewegte sich auf die Wand der Kammer zu, die der Inbegriff von Robustheit war.

»Wollen Sie …?«, sagte Angelito, der den Shuttle inzwischen wieder in den Griff bekommen hatte.

»Nein.« Dana verschränkte die Arme. »Das ist Ihr Job, Coxswain’s Mate Angelito. Und Sie können das auch. Atmen Sie einfach tief durch.« Sie beugte sich vor und seufzte. »Verdammte Scheiße … außerdem muss ich den Werkzeugkasten rausholen.«

»Ja, ich …«, sagte Angelito, und es klang fast wie ein Wimmern. »Ich denke, ich habe da …«

»Zu wenig Schub an Steuerbord?« Dana holte ihre Werkzeugtasche heraus und riss ein Wandpaneel auf. »Wie gesagt, das ist Ihr Vogel, Coxswain. Aber schalten Sie die Repulsorschirme ein. Dann bekommt der nächste Paw ein Gigawatt böses Kraftfeld zu spüren …«

»Oberst To’Jopeviq an Oberkommando … Oberst To’Jopeviq, Leutnant Beor an Oberkommando …«

»Ich bin mir nicht sicher, was wir im Augenblick bewirken können«, sagte To’Jopeviq und zog sich völlig unnötigerweise die Uniform zurecht. »Ich nehme an, die Auflösungserscheinungen setzen bald ein.«

»Das bezweifle ich.« Beor folgte ihm aus dem Geheimdienstabteil nach draußen. »Wir arbeiten direkt für das Hohe Kommando. General Sho’Duphuder hat nicht die Befugnisse, um uns loszuwerden.«

»Oberst«, sagte General Sho’Duphuder, als sie das Kommandozentrum betraten. »Eine Art Waffenstillstand ist arrangiert worden. Die Menschen bringen ihre leichten Streitkräfte neu in Formation, um uns anzugreifen, aber unterdessen würden sie gerne ihre Diplomaten aus der Kampfzone entfernen.«

»Ich denke, dem haben wir zugestimmt, Sir?«, sagte To’Jopeviq.

»Unter gewissen Bedingungen«, erwiderte der General trocken. »Ich hatte als Bedingung erwogen, beiderseits das Feuer einzustellen und die Genehmigung zu erhalten, alle unsere Streitkräfte zurückzuziehen. Dass die das annehmen würden, war unwahrscheinlich. Die Schlacht ist noch nicht verloren, aber Zahlen lügen nicht. Und die Shuttles von der Thermopylae kehren zur Erde zurück, vermutlich um weitere Marines zu holen.

Ich muss Ihnen ein Kompliment machen, Oberst, und werde das auch in aller Form tun. Ihr Plan hätte funktioniert, wenn wir über die von Ihnen vorgeschlagene Feuerkraft verfügt hätten. Dieses Debakel ist schlicht und einfach ein weiteres Mal dem Umstand zuzuschreiben, dass man die Vorschläge Ihres Teams ignoriert hat. Und aus diesem Grund war eine der Bedingungen, die ich gestellt habe, dass man Ihnen und Ihrer … Assistentin erlaubt, sich mit unserer Diplomatengruppe zurückzuziehen.«

»Ich würde es vorziehen, hierzubleiben«, sagte To’Jopeviq mit gepresster Stimme.

»Und wenn Sie gestatten, Sir?«, ließ Beor sich vernehmen. »Oberst To’Jopeviq sagt das wirklich nicht nur pro forma.«

»Ich hatte nichts anderes erwartet«, sagte Sho’Duphuder. »Aber der Befehl bleibt bestehen. Ich will unter anderem sicherstellen, dass den Menschen nicht zwei Analysten aus der oberen Kommandostruktur in die Hände fallen. Und vielleicht können Sie das nächste Mal jemanden davon überzeugen, dass Ihre Analysen nicht übertrieben sind. Ich habe einen Shuttle bereitstellen lassen. Und sparen Sie sich die Mühe zu packen.«

»Dreiunddreißig.«

»Dreiunddreißig, sprechen.« Dana versuchte, einen erleichterten Seufzer zu unterdrücken, als sie aus dem Tunnel austraten und die Formation auszuschwärmen begann.

»Zustandsbericht: Temporäre Waffenruhe, um die Diplomaten aller Seiten herauszuholen. Befehle: Zum Ogut-Schiff vorrücken und diplomatisches Personal übernehmen. Feuererlaubnis nur, falls Sie beschossen werden. Maximalgeschwindigkeit genehmigt. Zum Tor zurückkehren und, wenn nötig, einzeln passieren.«

»Diplomaten abholen, aye«, bestätigte Dana. »Nicht auf die Rangora feuern, aye. Tempo, aye. Schleunigst verduften, aye. Angel, Sie haben den Mann gehört.«

»Die direkte Route führt uns dicht an die Rangora-Flotte heran.«

»Hoffentlich hat man denen auch Bescheid gesagt.« Dana zog ihre Sitzgurte straff. »Geben Sie dem Gaul die Sporen, Angel.«

»Oberst, Shuttle-Pilot.«

»Sprechen, Pilot.«

Das Fahrzeug war ein Militär-Shuttle ohne irgendwelchen Komfort. Hoffentlich würden die Gesandten das nicht als Beleidigung auffassen. To’Jopeviq hoffte immer noch, aus diesem Debakel herauszukommen, ohne dass man ihm den Kopf abschlug, und verärgerte Diplomaten waren da nicht hilfreich.

»Menschlicher Shuttle nimmt Vektor in unsere Richtung. Größter Annäherungspunkt wird innerhalb von tausend Kilometern liegen. Erbitte Befehle.«

»Ignorieren«, sagte To’Jopeviq. »Die haben wahrscheinlich denselben Auftrag wie wir. Nicht feuern. Halten Sie sich daran?«

»Halte mich an Anweisung ›Nicht feuern‹, Oberst«, bestätigte der Pilot. »Nicht, dass ich blutdürstig wäre, Oberst. Aber das Versäumnis, den Feind anzugreifen, könnte als Feigheit ausgelegt werden.«

»Verstanden«, sagte To’Jopeviq. »Dies ist eine ›inoffizielle‹ Waffenruhe. Vorausgesetzt, wir würden einen Schusswechsel überleben, würden wir sogar noch größere Schwierigkeiten bekommen, weil wir die Kampfhandlungen wieder begonnen haben, während beide Seiten noch bemüht sind, die Nicht-Kombattanten abzuziehen.«

»Das ist ja beinahe so groß wie eine Fregatte«, sagte Angel. »Sind Sie sicher, dass das ein Shuttle ist?«

»Ubogho-Klasse«, erklärte Dana. »Dabei handelt es sich anscheinend um ein rangoranisches fleischfressendes pseudo-avianisches Xeno-Reptil. So etwas Ähnliches wie ein Wanderfalke.«

»Woher wissen Sie das alles?« Angel schüttelte ungläubig den Kopf.

»Ständiges Studium relevanter Informationen, CM«, sagte Dana. »Und jetzt aufpassen. Wir geraten in Rangora-Raum.«

»Die gehen auf Parallelkurs«, commte der Pilot. »Und setzen sich vor uns. Ihre Beschleunigung beträgt beinahe dreihundertfünfzig Rangora-g.«

»Ich möchte wissen, was die noch alles an neuester Glatun-Technik bekommen haben«, murmelte To’Jopeviq halblaut.

»So ziemlich alles«, meinte Beor. »Und das setzen sie sogar in einem so unwichtigen System ein.«

»Ihre Schilde sichern sie gegen sämtliche beweglichen Systeme, mit Ausnahme eines Penetrators«, sagte To’Jopeviq. »Wie sagen die Menschen da doch? Mehr Waffen sind wichtiger als mehr Soldaten.«

»Besonders die Amerikaner«, pflichtete Beor ihm bei.

»Richtig. Ich erinnere mich, dass die Amerikaner nach ihrem letzten Krieg die Länder ihrer Feinde wieder aufgebaut haben. Ich frage mich, ob ich bei denen nach diesem Krieg einen Job kriegen kann?« Er hielt inne und erstarrte. »Das sollte keine …«

»Ich habe mich dasselbe gefragt«, fiel ihm Beor ins Wort. »Aber wenn man es sich richtig überlegt, haben Sie bessere Chancen als ich.«

»Wanderfalke, dass ich nicht lache«, murmelte Dana und sah zu, wie der Vektor zwischen den beiden Shuttles sich immer weiter öffnete.

Sie grinste kurz und tippte dann auf einen Schalter. Dass sie nicht nur durch das Schussfeld der Rangora flogen, sondern in Sichtweite des Sturmvektors waren, ließ sie einen Augenblick zögern, ehe sie das Kom einschaltete.

»Ubogho, zum Teufel«, sagte sie. »Friss Weltraumstaub, Rangora-Shuttle Sechs-Eins-Vier.«

»Was zum Teufel machen Sie da?«, fragte Angel.

»Was?«, wunderte sich Dana. »Macht man das bei euch Suds nicht?«

»Unverschämtheit«, sagte To’Jopeviq, und seine Schuppen sträubten sich. Der Pilot hatte die Sendung sofort übermittelt, als der menschliche Shuttle den Kanal geöffnet hatte.

»Pilot, Kanal öffnen.«

»Ich nehme an, die nehmen deshalb Frauen, weil die klein genug sind, um in diese lächerlich kleine Schrottsammlerhülle zu passen?«

»Oh«, sagte Angel. »Jetzt braucht er bloß noch etwas über Ihre Mutter … Scheiße, Miss …«

»Kein Problem«, unterbrach ihn Dana. »Und das heißt EM, nicht Miss.«

»… setzt man als Sklaven ein, um die Scheißegruben sauber zu machen.«

»Ihnen ist doch bewusst, dass Sie in Laserschussweite sind«, warnte To’Jopeviq. »Unfälle kann es immer geben.«

»Wie ich höre, taugt bei euch die Qualitätskontrolle nichts.«

»Das haben Sie jetzt herausgefordert …«, bemerkte Beor.

»Das weiß ich …« To’Jopeviq wusste nicht recht, ob er finster blicken oder lachen sollte.

»Wie mir scheint, gibt es bei euch Echsen so etwas wie ›den Feind reizen‹ nicht. Ich darf das vielleicht erklären und benutze dabei die Begriffe Aufgabe, Zustand und Standard. Aufgabe: Den Feind beleidigen. Zustand: Komverbindung zwischen zwei Shuttles während einer recht wackeligen Feuerpause. Standard: Benutze Beleidigungen, die den Gegner maximal ärgern, aber nicht so sehr, dass es zu Beschuss führen würde. Erster Schritt: Bereiche in Fremdperson ermitteln, die sich für Beleidigungen eignen. Zweiter Schritt: Methoden ermitteln, um Standardbeleidigungen zu modifizieren, siehe Anhang, damit sie der fremden Lebensform entsprechen. Extrapunkte für Aktualität. Dritter Schritt: Beleidigung übermitteln. Analyse und Lektion nach Praktikum gelernt.

Praktische Demonstration: Ihre Mutter ist so hässlich, dass sie, als die Götter sie in einen Kordo verwandelten, dachte, ihre Gebete wären erhört worden. Ihre Mutter ist so fett, dass die Troy aus dem Orbit gerät, wenn sie sich daraufsetzt. Ihre SVs sind im Vergleich zu unseren Kampfstationen so winzig, dass die Penisse Ihrer Kommandeure beim bloßen Gedanken daran einschrumpfen. Der Grund, weshalb ihr Typen nicht gerade schießen könnt, sind eure stummeligen, kleinen Echsenarme und eure Knopfaugen, die im strahlenden Licht unserer menschlichen Großartigkeit unbrauchbar sind. Und nach dieser Unterweisung sind Sie jetzt dran, die Aufgabe dem Standard gemäß zu erfüllen.«

To’Jopeviq starrte verblüfft ins Leere. Aber nicht wegen der Beleidigungen.

»Was ist Ihr Rang?«, fragte er.

»Warum, wollen Sie mir eine Aufforderung zur Stellungnahme schicken, weil ich Sie beleidigt habe? Ich glaube nicht, dass das geheim ist. Engineer’s Mate Second Class Parker. Und Sie?«

»Oberst To’Jopeviq«, erwiderte der Rangora. »Ich nehme an, das haben Sie sich jetzt einfach einfallen lassen, dieses … Aufgabe, Zustand und Standard? Oder ist das etwas, was Sie schon einmal gehört haben?«

»Wollen Sie Aufgabe, Zustand und Standard betreffend des Öffnens einer Dose frischen Skuls hören, Sir? Nein, ich habe mir das gerade einfallen lassen. Warum?«

»Ich ziehe mich zurück und betrachte mich als besiegt, Engineer’s Mate«, sagte To’Jopeviq, und seine Schuppen vibrierten. »Pilot, Komverbindung abbrechen.«

»Loser«, sagte Dana und malte sich mit dem Zeigefinger ein L auf ihre Stirn. Das kostete sie einige Mühe. Sie flogen immer noch mit drei g.

»Ich glaube, Sie sind nicht ganz bei Trost«, sagte Angelito.

»Aber genug bei Trost, um darauf hinzuweisen, dass wir gleich wenden müssen«, sagte Dana. »Sie sollten also versuchen, das Manöver sauber hinzukriegen. Und eigentlich übernehme ich jetzt den Vogel. Ich möchte, dass das auch richtig gut aussieht.«

»Aber …«

»Ich nehm Sie mir beim Dschungelball vor …«

»Ihr Vogel, Coxswain.«

»Sie hatten nicht den Wunsch, diese Aufgabe zu erfüllen«, meinte Beor leicht amüsiert.

»Überlegen Sie doch, Leutnant«, brauste To’Jopeviq auf. »Das war ein Unteroffiziersdienstgrad. Inmitten einer Schlacht. Und mit einer komplizierten Aufgabe beschäftigt. Und trotzdem hatte sie die Geistesgegenwart, nicht nur Beleidigungen auszuteilen – was leicht ist –, sondern auch eine Dienstanweisung dafür zu entwickeln.«

»Ich fand auch, dass sie einen sehr niedrigen Rang für einen solchen Einsatz hatte«, sagte Beor. »Unser Pilot ist Hauptmann.«

»Ich glaube, Sie wissen immer noch nicht, was ich meine«, sagte der Oberst ruhig. »Haben Sie je in einem subalternen Bereich gearbeitet, ganz unten, meine ich?«

»Nur bei der Kazi.«

»Und dort ist alles ganz anders als in den regulären Streitkräften«, sagte To’Jopeviq trocken. »Ein Schiff oder eine Einheit oder auch eine Kampfgruppe besteht immer aus vielen Komponenten. Das gilt ebenso für das Gerät wie für das Personal. So, wie jeder einzelne Bestandteil eines Schiffes korrekt funktionieren muss, muss auch die Besatzung im Schiff … korrekt arbeiten. Synchronisiert sozusagen. Die Besatzung ist in gewisser Weise Teil der Maschine und muss den Tanz der Maschine mitmachen.«

»Sich im Korridor zur Seite drehen?«, fragte Beor.

»Es ist wesentlich komplizierter«, sagte To’Jopeviq. »Bei meinem ersten Einsatz war ich Offizier an einem Lasergeschütz. Ich war für die Wartung des Geräts und für die Ausbildung der Untergebenen in Schadensbekämpfung zuständig. Um ein Beispiel zu nennen, es gab da einen ganz bestimmten Kollimator, der bei längerem Einsatz immer wieder ausfiel. Ich war für mehrere Systeme zuständig. Beim Training erhielt ich häufig die Meldung, einer der Laser sei ausgefallen. Und zwar fast jedes Mal wegen eines Kollimators. Aber bis ich an Ort und Stelle war und Anweisung gab, ihn zu reparieren, einen Kollimator aus dem Lager zu holen und den Einbau zu überwachen, geschah häufig gar nichts. Wenigstens anfänglich. Ich bin einigermaßen stolz darauf, dass meine Männer, als ich schließlich versetzt wurde, immer sofort und intelligent an die Reparatur gingen, wenn ein System ausfiel.«

»Warum?«, fragte Beor. »Und wie?«

»Das hing von der einzelnen Person ab«, erklärte To’Jopeviq. »Manche taten es, weil sie die Folgen eines Versagens fürchteten. Falls ich aufgetaucht wäre und mich hätte einschalten müssen, wäre ihnen das übel bekommen, das wussten sie. Manche, weil sie mich als Vaterfigur betrachteten und es mir recht machen wollten. Und keiner, denke ich, weil es ihm wirklich wichtig war, ob das System repariert wurde oder nicht.

Die Wartung der Systeme erforderte ständige Überwachung durch Offiziere wie mich. Und die Astronauten in den mittleren Rängen waren nicht viel besser. Was hätte ich doch für nur einen Unteroffizier mit so viel Verstand wie diese Frau da gegeben. So jemand wäre mit Sicherheit zur Abwehr oder zu einem anderen intellektuellen Job eingezogen worden. Und sie sind motiviert, ihre Pflichten zu erfüllen. Sie halten maximale Beschleunigung. Sie hätten sich dieser Pflicht in mehrfacher Weise entziehen können. Einfach, indem sie langsamer werden oder sich weiter von unserer Flotte entfernen. Aber sie fliegen nicht nur furchtlos in Sichtweite unserer SVs, sie teilen sogar noch Beleidigungen aus und entwickeln währenddessen Standards dafür.«

»Sie wollen damit sagen, dass deren einfache Soldaten und Unteroffiziere gut sind?«, fragte Beor. »Ist das wichtig?«

»Ob das wichtig ist?«, erregte sich To’Jopeviq. »Ob das wichtig ist? Ist es wichtig, ob sämtliche Zeilen eines Codes korrekt geschrieben sind? Ist es wichtig, ob die Luftschleusen dicht sind? Wer schreibt den Code? Wer sorgt dafür, dass die Luftschleusen funktionieren? Ja, es ist wichtig! Das ist nützliche Intelligenz. Sogar entscheidend wichtige Intelligenz. Das ist ein weiterer Grund, weshalb die Menschen im Krieg so effizient und leistungsfähig sind. Und ich bin sicher, dass das Hohe Kommando dieselbe Frage stellen würde. Ist es wichtig …«

»Ich glaube wirklich nicht, dass es wichtig ist, ob wir ein paar Sekunden zu spät kommen«, meinte Angelito. »Entscheidend ist doch, dass wir überhaupt hinkommen.«

»Weichei«, sagte Dana, als sich das Kom des Ogut-Schiffs vernehmen ließ.

»Terranischer Shuttle Eins-Vier-Drei Bravo, Zwei-Drei, Schiff Vezhzhiboujivvumae-Tharrezhaocuchuzhoph-Mezhuquybighulhij ATC, Sie nähern sich uns mit den äußersten Parametern Ihrer Systemfähigkeit. Bitte um weniger aggressiven Anflug.«

»Vezhzhibou … äh … Ogut-Schiff, Dreiundzwanzig. Anweisung lautete, Maximalbeschleunigung. Minimierter Anflug außerhalb derzeitiger Parameter. Sorgen Sie einfach dafür, dass unsere Leute an der Tür warten, Ende.«

»Ihr Anflug enthält eine hohe Wahrscheinlichkeit von Beschädigungen Ihres Fahrzeugs, Dreiundzwanzig.«

»Sorgen Sie einfach dafür, dass Ihre Andockklammern bereit sind«, sagte Dana.

Der Anflug war heiß. Heißer als ihr lieb war. Sie beschleunigte mit den maximal möglichen vierhundert g, und der Computer konstatierte in Bezug auf den Orbit des Ogut-Schiffs bei sechs Zentimetern Distanz »stabil«. Was ein Stück zu dicht war. Ihre Plauderei mit den Rangora hatte dazu geführt, dass sie das Wendemanöver einen Tick zu spät eingeleitet hatte. Das zum Thema zwei Dinge gleichzeitig tun. Okay, und dann hatte sie natürlich überlegt, wann die Rangora und die Thermopylae wieder anfangen würden, sich gegenseitig zu beschießen. Sie wusste wirklich nicht, ob sie mehr Angst vor den Rangora oder der Wolke von Lenkwaffen hatte, die die leichten Einheiten der Erde mitbrachten.

»Wir werden aufprallen«, quiekte Angelito. »Ist das eine kriegerische Handlung?«

»Nur, wenn wir es überleben«, sagte Dana. »Und wir werden nicht ›aufprallen‹.« Bitte lass mich nicht aufprallen … »Und jetzt halten Sie die Klappe …«

Den Andockring zu treffen machte immer Spaß, selbst am Haupthangar der Troy, wenn man mit ein paar Zentimeter pro Sekunde flog. Ins Schwarze zu treffen, wenn beide Fahrzeug sich in drei Dimensionen in unterschiedlichen Richtungen bewegten, machte dreimal so viel Spaß. Heiß ankommen, immer noch mit dreihundert Metern pro Sekunde, auf weniger als hundert Meter Abstand, war so, als würde man bei einem Zugunfall zusehen. Aber man hatte nicht genug Zeit, um zusammenzuzucken.

In den wenigen Augenblicken, in denen sie in den Haupthangar der Troy gerast war und sich den Spitznamen »Komet« verdient hatte, hatte Dana eine wichtige Lektion gelernt: Menschen besitzen nicht die Fähigkeit, per Bauchgefühl zu begreifen, was »vierhundert g Beschleunigung« wirklich bedeuten. Zwei Rennwagen, die aufeinanderprallen, setzen die Leichen der Fahrer nicht vierhundert g Beschleunigung aus. Vor dem Erstkontakt hatte es kein menschliches System gegeben, das imstande war, vierhundert g Beschleunigung zu erzeugen. Es also aus dem Stegreif zu machen, war so, als würde ein Affe versuchen, eine F-16 zu fliegen. Blind in einem Gewitter. Ein Myrmidon, das unter voller Energie manövrierte, ging nicht einfach in »Querlage«. Oder genauer gesagt, die »Querlage« stellte sich so schnell ein, dass das menschliche Auge sie nicht wahrnehmen konnte.

Und während jenes Einflugs in den Haupthangar, war Dana auch nicht zusammengezuckt und hatte einfach gehofft, dass sie überleben würde. Sie war nicht einmal auf geradem Kurs eingeflogen. Sie hatte ständig manövrieren müssen. Und dabei hatte sie festgestellt, dass Myrmidons so manövrierfähig waren, dass ein Kolibri dagegen geradezu schwerfällig wirkte.

Der Shuttle hatte die letzten hundert Meter buchstäblich im Zeitraum eines Lidschlags hinter sich gebracht, hatte von über zweihundert Meter pro Sekunden relativ zum Ogut-Schiff, schneller als die Spitzengeschwindigkeit einer SR-71, auf praktisch null relative Geschwindigkeit abgebremst und traf jetzt mit einem satten »Plopp« auf den Andockring.

»Sauber angedockt«, konstatierte Dana und unterdrückte ein erleichtertes Seufzen. »Sind unsere Leute bereit?«

In der Andockbucht gab es einen Sichtschirm, und die Ogut waren so höflich gewesen, die Menschen beim Anflug ihres Shuttles zusehen zu lassen.

Dr. Palencia war sich bewusst, dass es wenig Sinn hatte, beim Anblick eines menschlichen Shuttles, der gleich gegen das Ogut-Schiff prallen würde, die Hände zu heben und zusammenzuzucken. Und für einen Diplomaten war es auch definitiv unprofessionell, Entsetzenslaute von sich zu geben. Andererseits war er nicht der Einzige. Nur der Chefgesandte und die seltsame hawaiianische Sicherheitschefin hatten nicht reagiert.

»Sauber angedockt«, tönte die Pilotin über die Lautsprecher. »Sind unsere Leute bereit?«

»Die Stimme kenne ich«, sagte Dr. Velasquez staunend. »Kein Wunder, dass Mister Vernon sie gern als Pilotin hätte.«

»Dichtes Andocken bestätigt, Gentlemen«, sagte Security Chief Corrigan mit ihrer wie immer sanften Stimme. »Und ich habe einen bestätigten Sicherheitscode. Das Boarding erfolgt in umgekehrter Reihenfolge des Ranges, nur dass sämtliches Sicherheitspersonal, mit Ausnahme meiner Person, zuerst an Bord gehen wird, und ich dann nach dem Chefgesandten folgen werde.«

Die Luke öffnete sich, und ein Crewmitglied im Raumanzug winkte.

»Herrschaften, Shuttle Dreiundzwanzig zu Ihren Diensten. Wenn es möglich wäre, mit dem Boarding zu beginnen? Bald?«

»Und wenn wir jetzt bitte mit dem Boarding beginnen könnten …«