12

»Leonidas«, sagte Parker. »EM2 Parker mit zwei Shuttles, erbitte Vektor ins Große Dunkel.«

»Roger, Komet«, bestätigte Leonidas. »Lade Flugroute. Bitte alle Navigationsbeeinträchtigungen beachten, SAPL-Aktivität in Haupthangar zur Kenntnis nehmen. Sie haben Freigabe für den Austritt in den Tiefraum. Hauptpforte ist offen.«

»Danke, Leonidas«, sagte Parker. »Techniker, Abdocksequenz.«

»Abdocksequenz, aye«, bestätigte Velasquez.

»Und los geht’s, hinaus in die wilde schwarze Weite«, sagte Dana, als die Dockklammern sich lösten. Dass sie zuletzt am Steuer eines Vogels gesessen hatte, war eine Weile her, und sie hatte es vermisst. »Vierundzwanzig, mir folgen.«

»Roger, Komet«, antwortete Benito.

Punkt dreizehnhundert. Die Zeit hatte noch zum Duschen gereicht und auch, um sich die Haare zu richten. Alles war verstaut. Die Vögel waren in Form.

»So sollte es immer funktionieren, Vel«, sagte Dana. »In Einsatz und Ausführung. Kommt das allmählich an?«

»Oh, ich verstehe Sie gut, EM«, erwiderte Velasquez. »Aber ich bin mir immer noch nicht sicher, ob wir uns ändern können. Ich versuche dahinterzukommen, ob ich mich ändern kann. Das ist nicht leicht.«

»Verstehe.« Dana nickte. »Ich schließe jetzt für einen Augenblick meinen Helm.«

»Roger, EM.«

»Benito«, commte Dana.

»Benito.«

»Benito, ich habe keine Ahnung, was da läuft«, sagte Dana. »Aber es sieht mir nach Politik auf höchster Ebene aus.«

»Ja, das dürfte der Tenor der Befehle sein.«

»Ich will damit sagen … Ich will sagen, das ist wahrscheinlich nicht der richtige Zeitpunkt, um irgendwelchen Unfug zu treiben. Ganz gleich in welcher Kultur.«

»Sie bleiben in Ihrer Ecke, ich bleibe in der meinen.«

»Ich bin mir auch nicht sicher, ob das funktionieren wird«, sagte Dana. »Wir müssen den Eindruck erwecken, als wären wir ein großes, glückliches Team. Und was diesen Einsatz angeht – ich habe speziell Sie angefordert.«

»Warum?« Benito war erkennbar überrascht. »Und wieso konnten Sie mich anfordern?«

»Weil mich das Department of the Navy mit der Leitung dieses Teams betraut hat. Zumindest bis zu dem Punkt, wo wir auf die anderen Shuttles treffen. Ich weiß nicht, warum die das getan haben, also sparen Sie sich die Frage. Ich habe jedenfalls Sie angefordert, weil Sie gut sind. Ich habe Vertrauen zu Ihnen, dass Sie den Vogel ordentlich fliegen. Dass Sie mir ja nicht … also, in Amerika haben wir dafür ein Sprichwort: ›Schneiden Sie sich nicht die Nase ab, um Ihr Gesicht zu ärgern.‹ Das ist alles, was ich verlange.«

»Ich werde es mir ernsthaft überlegen«, commte Benito. »Aber wenn Sie meinen, dass es mit unseren unterschiedlichen Kulturen zu tun hat, ob man ein guter oder ein schlechter Pilot ist, so sollten Sie wissen, dass es in dem Punkt keine Unterschiede gibt. Wenn man ein guter Pilot ist … also, entweder ist man ein guter Pilot oder man ist es nicht. Ich werde den Vogel nicht kaputt machen.«

»Da dies ein diplomatischer Einsatz ist, gibt es auch keine Gelegenheit, gute Figur zu machen«, sagte Dana. »Es wird keine Angebereien geben. Auf keinen Fall Angebereien. Ist das klar?«

»Ja«, sagte Benito. »Mich würde nur interessieren, ob … nun ja, ›echte‹ Diplomaten oder wieder ein Rudel Schulkinder mitkommen oder was?«

»Keine Ahnung. Ich hoffe, wir erfahren mehr, wenn wir mit denen zusammenkommen.«

»Und wer sind ›die‹?«

»Auch das weiß ich nicht«, sagte Dana. »Ein paar Leute von der 142. Und, ja, wahrscheinlich werde ich sie kennen.«

»Kleine Wiedersehensfeier. Wenigstens bekommen Sie Leute zu sehen, die Sie kennen.«

»Bei einem solchen Einsatz gilt für uns ›nicht gesehen und nicht gehört werden‹.«

»Darüber werden Sie wahrscheinlich eher mit Palencia als mit mir reden müssen.«

»Ich werde ihn informieren«, sagte Dana. »Und wenn er sich aufspielt und ich dann einen schlechten Eindruck mache, verpasse ich ihm beim Dschungelball ein zusätzliches Briefing.«

»Flug Eins-Vier-Zwei, hier Flug Eins-Vier-Drei, EM2 Parker.«

»Komeeeet!«, tönte es aus dem Lautsprecher.

»Yo, Komet! Was macht das Tattoo?«

»Chief?«, staunte Dana. »Thermo?«

»Genau die, Babe«, sagte Chief Barnett. »Und DiNote.«

»EM Parker, schön von Ihnen zu hören.«

»Captain DiNote«, erwiderte Dana. »Ich freue mich auch, von Ihnen zu hören.«

»Parker, schalten Sie bitte Ihre Leute mit dazu.«

»Die sind bereits online, Sir.« Dana sah zu Velasquez hinüber. Der starrte sie mit geweiteten Augen an. Sie zuckte die Achseln, wie um »Na und?« zu sagen.

»Flug Eins-Vier-Drei, hier ist Captain Chris DiNote, Kommandeur der Staffel Eins-Vier-Zwo. Diese kombinierte Einheit erhält hiermit die Bezeichnung Flug MOG. Die Mission von Flug MOG ist modifiziert worden. Element 2, bestehend aus den Shuttles Dreiundzwanzig und Vierundzwanzig von der Eins-Vier-Drei wird sich zum Spaceport Buenos Aires begeben, um dort eine Gruppe von zehn Personen an Bord zu nehmen. Die Gruppe wird aus den folgenden wichtigen Persönlichkeiten bestehen. Dr. Jorge Herrera, US-Botschafter in Argentinien, Dr. Diego Barreiro, Außenminister von Argentinien. General Alberto Barcena, Allianz Streitkräfte Süd. Dr. Aloysius Werden, Außenminister von Chile. Mr. Julio Tarrago, Präsident der Division Lateinamerika der Apollo Mining Corporation. Ferner je ein Adjutant oder Berater für jede dieser Persönlichkeiten. MOG Two wird anschließend zum Pentagon Spaceport weiterfliegen und dort weitere wichtige Persönlichkeiten an Bord nehmen.«

»Du lieber Himmel«, flüsterte Dana.

»Einsatzmethode. Die Vögel werden in enger, sauberer Formation ohne äußere operative Parameter unter Befolgung sämtlicher Anweisungen der Luftverkehrskontrolle landen. Die Crew wird alle nicht wesentlichen Systeme schließen. Die Rampentür wird vom Flugtechniker abgesenkt werden. Die VIPs werden vom Coxswain eines jeden Vogels an Bord geleitet. Sie wählen ihre Sitze selbst. Die Crew wird sich nicht in irgendwelche Diskussionen hinsichtlich Sitzplatzverteilung einmischen. Wenn alle Personen sicher an ihren Plätzen angelangt sind, wird der Coxswain sich ins Flugabteil begeben und mit den Flugvorbereitungen beginnen. Techniker wird Türen schließen und ins Flugabteil zurückkehren. Vogel startet dann und begibt sich unter Befolgung vorbereiteter Fluganweisungen zu Pentagon SP. Bei dieser Flugbewegung ist ein g Beschleunigung nicht zu überschreiten.

Zielsetzung des Kommandeurs: Stellen Sie sicher, dass die Navy sich nicht blamiert. MOG Zwo wurde speziell mit diesem Einsatz betraut, obwohl der Flug ausschließlich mit Personal niedriger Rangstufen besetzt ist. Legen Sie stets professionelles Verhalten an den Tag. Ich wünsche nur ein Minimum an Kommunikation mit dem Personal, einschließlich der Adjutanten und Helfer. Beschränken Sie sich ausschließlich auf die sichere Durchführung des Einsatzes. Ich hoffe, ich kann mir den Hinweis sparen, dass es sich um hohe Tiere handelt und dass deren ›Adjutanten‹, da jeder von ihnen sich auf einen beschränken muss, Leute von fast ähnlicher Bedeutung sein werden. Sowohl die VIPs als auch die Adjutanten sind davon in Kenntnis gesetzt worden, dass Myrmidons nur ein Mindestmaß an Komfort bieten. Sie sind nicht dazu da, Tee zu servieren. Tun Sie Ihre Arbeit, und geben Sie sich Mühe, keinen Mist zu bauen. Irgendwelche Fragen?«

»Captain DiNote, EM3 Palencia, Sir.«

»Sprechen Sie.«

»Kennen wir die Namen der Adjutanten?«

»Negativ.«

»Roger, Sir.«

»Sonst noch Fragen? Man hat mich darüber informiert, dass Angehörige der Eins-Vier-Drei aus den lateinamerikanischen Ländern meist aus besseren Familien stammen. Ich gehe davon aus, dass Sie wissen, wie man sich benimmt. Versuchen wir bitte alle, uns so gut wie möglich zu präsentieren. Ich bitte um Bestätigung. CM2, Benito.«

»Gut präsentieren, aye.«

»EM3 Palencia.«

»Gut präsentieren, aye.«

»ET Velasquez.«

»Gut präsentieren, aye, Sir.«

»Komet.«

»Sauber und professionell, Sir.«

»Okay, genießen Sie Ihren Flug.«

»EM2 Parker, EM3 Palencia.«

»Sprechen, Pal.«

»Erbitte Erlaubnis für persönlichen Hyperkom-Anruf.«

»Negativ«, sagte Dana und versuchte, ein Seufzen zu unterdrücken. »Ich weiß nicht, wen aus Ihrer Familie Sie anrufen wollen, aber solange wir nicht zurück auf der Station sind, will ich keine Störungen haben.«

»Ich … ich will doch nicht stören … Dana. Ich will meinen Vater anrufen.«

»Das habe ich ja gemeint, Pal.« Sie wunderte sich über den Ton, den er angeschlagen hatte. Er hatte sie noch nie zuvor mit Dana angesprochen. Entweder wollte er sich einschmeicheln oder … sie war sich nicht sicher.

»Das … das könnte für den Einsatz wichtig sein, EM. Das ist nicht rein privat. Das ist … das ist soziopolitisch. Ich möchte herausfinden, ob mein Vater als Adjutant des Außenministers ausgewählt worden ist!«

»Wäre das möglich?«

»Sie verstehen das immer noch nicht«, sagte Palencia. »Ich kenne die meisten dieser VIPs persönlich. Mit Pedro Barreiro, dem Sohn des Außenministers, habe ich Polo gespielt. Wir waren zusammen auf der Schule. Und, ja, mein Vater ist Unterminister für Interstellare Angelegenheiten. Gewöhnlich betrifft das Aliens, aber das hier ist jetzt außer Planet. Das ist sein Spezialgebiet. Ich weiß ja nicht genau, was hier läuft, aber da auch Apollo beteiligt ist, scheint es mir sehr wahrscheinlich, dass mein Vater der Adjutant ist. Falls im Wolfsystem eine hochrangige Konferenz stattfinden wird, wird Dr. Barreiro sich bestimmt Vaters Rat nicht über Hyperkom holen. Was das betrifft … möglicherweise ist auch Benitos Vater mit dabei. Verflucht, Dana, es könnte sein, dass das ein großes Familientreffen wird! Velasquez’ Vater ist einer der Unterminister Chiles für außerplanetarische Angelegenheiten. Nicht so hoch wie mein Vater … verstehen Sie!«

»Verdammter Mist«, sagte Dana. »Das könnte dieser Mission eine ganz andere Richtung geben. Ich weiß nicht … Pal, DiNote sollte das erfahren.«

»Deshalb muss ich ja mit meinem Vater sprechen. Bevor wir landen.«

»Warten Sie«, sagte Dana. »Captain DiNote?«

»Komet? Was gibt’s, Tattoo-Mädchen.«

»Sir, es gibt da etwas, was Einfluss auf die Mission haben könnte. Ich hätte gerne ein Dreiergespräch mit Ihnen und Palencia.«

»Nur zu.«

»Pal … Kurzform bitte.«

»Captain, ich habe nach den Namen der Adjutanten gefragt, weil mein Vater Unterminister für Interstellare Angelegenheiten ist. Es ist möglich, in Anbetracht der geringen Zahl des für diese Reise ausgewählten Personals sogar wahrscheinlich, dass Dr. Barreiro ihn als seinen Adjutanten ausgewählt hat. Ferner ist es möglich, dass es unter den Adjutanten weitere Familienverbindungen gibt. Der Vater von CM2 Benito ist ein Admiral der Allianz Süd-Streitkräfte. Falls es jemals genügend Süd-Einheiten geben wird, um eine Task Force aufzustellen, ist er derjenige Offizier, dem man mit größter Wahrscheinlichkeit das Kommando übertragen wird. Ich würde gerne Kontakt mit meinem Vater aufnehmen und mehr erfahren. Weil Sie nämlich, bei allem gebotenem Respekt, Sir, bei so etwas ganz sicher nicht wollen, dass es zu …«

»… Überraschungen kommt«, fiel DiNote ihm ins Wort. »Allerdings wünsche ich mir das nicht. Aber statt Kontakt mit Ihrem Vater aufzunehmen, werde ich Kontakt mit der Verbindungsstelle der Allianz aufnehmen und die in Kenntnis setzen. Wir werden versuchen, eine Liste des Begleitpersonals zu bekommen.«

»Erlaubnis zu sprechen, Sir«, sagte Dana.

»Bitte.«

»Warum fragen wir nicht einfach Athena? Die weiß vermutlich Bescheid.«

»Weil … mir das zu logisch klingt? Athena?«

»Komet würde das wahrscheinlich als Kleinigkeit bezeichnen«, erwiderte die KI sofort. »Zum Begleitpersonal, Personen übrigens, die man alle als VIPs bezeichnen würde, gehören Rear Admiral Cruz Benito, Vater von CM3 Benito; Dr. Guillermo Palencia, Unterminister für Interstellare Angelegenheiten Argentiniens, Vater von CM3 Palencia; und Dr. Raul Velasquez, stellvertretender Unterstaatssekretär für Interplanetarische Angelegenheiten Chiles, Vater von EM Velasquez. Das ist keine rein zufällige Angelegenheit. Wie EM3 Palencia Ihnen erklären kann, stammen die meisten Angehörigen der Eins-Vier-Drei aus Familien, die in irgendeiner Weise mit den internationalen oder interstellaren Angelegenheit ihrer jeweiligen Länder befasst sind. Die meisten übrigen Adjutanten haben Verwandte in der Eins-Vier-Drei. Meistens Söhne, manchmal auch Neffen.«

»Tja, das erklärt, weshalb sie alle von unserem Außenministerium ernst genommen werden«, sagte Dana bitter.

»Ja, in der Tat«, erwiderte Athena.

»Komet?«, commte DiNote.

»Nichts, Sir«, sagte Dana. »Ist denen die Identität der Piloten bekannt?«

»Nein«, erwiderte Athena. »Aber in Anbetracht der familiären Beziehungen der Coxswains und der Engineer’s Mates der Eins-Vier-Drei ist mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass einige der VIPs das eine oder andere Mitglied dieses Einsatzes kennen. Den einzigen Schock, und das könnte vielleicht ein Problem sein, könnte möglicherweise EM2 Parker auslösen. Aber Parkers Name stand auf dem ersten Anforderungsdokument. Ich bin mir nicht sicher, ob dessen Verfasser sich der soziopolitischen Aspekte bewusst war. Beides ist möglich.«

»Warum sollte der SecNav Parker schicken, wenn sie …«, commte DiNote. »Parker, gibt es etwas, was Sie mir sagen wollen?«

»Das ist eine lange Geschichte, Sir«, druckste Dana und sah zu Velasquez hinüber, der konzentriert auf seinen Bildschirm starrte.

»Der Secretary of the Navy hat das Anforderungsdokument nicht veranlasst«, meldete sich Athena ungefragt. »Aber sämtliche weiteren Punkte sind vertraulich.«

»Wer zum Teufel könnte es schaffen, all diese Leute dazu zu bringen, dass sie alles fallen lassen und ins Wolf-System reisen, noch dazu auf Myrmidons und ohne irgendwelche Adjutanten, die ja die eigentliche Essenz einer Konferenz bilden?«, fragte DiNote.

»Verschlusssache.«

»Dann werden wir keine Spekulationen anstellen«, commte DiNote. »Okay … Palencia, sagen Sie allen … Sud? Angehörigen dieser Mission, sie sollen mit ihren Eltern Verbindung aufnehmen und sie wissen lassen, dass wir in Kürze auf der Erde eintreffen werden.«

»Aye«, erwiderte Palencia.

»Und jetzt wünsche ich mir, dass das das letzte Problem mit dem Transport dieser Leute ins Wolf-System ist.«

»Captain«, sagte Chief Barnett. Sie erwies ihm die Ehre als sein Techniker zu fliegen.

»Ja, Chief?«, sagte DiNote.

»Sie wissen doch von diesen ›Bitten um Stellungnahme‹ aus dem State Department, bei denen es um diese Sud-Typen ging?«

»Ja«, bestätigte der Staffelkommandeur. Die waren verdammt lästig, aber er hatte einen seiner Computer-Nerds ein Programm schreiben lassen, um die Beschwerden mit im Zufallsgenerator erzeugten Plattitüden zu beantworten. Er brauchte bloß seinen Implant zu aktivieren, dann wurden sie automatisch erzeugt. Einige der Schimpfwörter machten richtigen Spaß.

»Dana hat mich, seit sie bei der Eins-Vier-Drei ist, mehrfach vertraulich um Rat gebeten«, erklärte Barnett. »Und sie hat da nichts als Ärger bekommen. Dana hat dreiundvierzig dieser Dinger eingesammelt. Ich hab gerade nachgesehen, und tatsächlich hat die Hälfte dieser VIPs ihren Beitrag dazu geleistet.«

»Scheiße«, entfuhr es DiNote. »Sind die alle so kleinlich und blöd wie …«

»›Sie sind gemein zu meinem großartigen Jungen‹, Sir? Ja, in der Art. Übrigens, einer der VIPs hat zwei von denen geschrieben, die wir bekommen haben.«

»Scheiße«, wiederholte DiNote. »Ich weiß nicht, wie ich damit … da geht es um internationale Angelegenheiten, und es ist lange her, dass ich mich mit diesem Kram befassen musste. Und dabei geht es ständig um Kultur. Verdammt! Athena!«

»Captain?«, meldete sich die KI.

»Hast du noch einmal einen Augenblick Zeit?«

»Man hat mich höher eingestuft und zugleich meinen Aufgabenbereich eingeschränkt, im Augenblick ist es ziemlich ruhig. Tatsächlich langweile ich mich ein wenig.«

»Bist du mit den politischen Aspekten der Latino-Abteilungen und ihren Beziehungen mit … ich meine, bist du diesbezüglich einigermaßen auf dem Laufenden?«, fragte Captain DiNote, und seine Züge verfinsterten sich.

»Sie meinen, dass der Außenminister von Argentinien zwei Beschwerden wegen rassistischer Diskriminierung von Ihrer Einheit zugeteiltem Personal veranlasst hat, Captain? Chief Barnett würde sagen, dass es ein KI-Netzwerk gibt. Falls es nicht eindeutig außerhalb unserer Klassifikation ist, und das gilt nicht für sehr viele Informationen, tauschen wir solche Informationen untereinander aus. Also ja.«

»Was zum Teufel …? Bist du darauf programmiert, mir bezüglich der politischen Auswirkungen Ratschläge zu geben? Wie soll ich damit umgehen?«

»Ignorieren Sie es«, sagte Athena. »Tun Sie so, als ob es nie geschehen wäre. Ebenso wie der Außenminister Ihre manchmal etwas schroffen und beleidigenden Antworten ignorieren wird. Er wird Ihnen nicht mehr die kalte Schulter zeigen, als das jeder Außenminister tun würde, weil Sie doch nur ein bescheidener Captain sind. Aber diese Konferenz hat im Wesentlichen mit den Problemen an den Myrmidons und ganz besonders den Shuttles der Eins-Vier-Drei zu tun. Deshalb werden Myrmidons anstelle von Columbias eingesetzt, deshalb ein Besuch bei Granadica und deshalb auch die Zusammensetzung dieser Gruppe. Die Shuttles werden brechend voll sein. Und da Sie einer Rangstufe angehören, die der Außenminister normalerweise nicht mit seiner Aufmerksamkeit beehren würde, und obwohl Sie sehr scharf, um nicht zu sagen bissig, auf seine Beschwerde reagiert haben, wird er Sie als jemanden zur Kenntnis nehmen, mit dem er diplomatisch umgehen muss. Er wird deshalb alle bisherigen negativen Interaktionen ignorieren und sich an der Oberfläche sehr freundlich geben. Ich würde vorschlagen, dass Sie sich ähnlich verhalten.«

»Das leuchtet ein.« Barnett nickte.

»Finde ich auch. Ich hoffe, er hält sich an dieselben Regieanweisungen.«

»Die Argentinier und alle übrigen lateinamerikanischen Länder tun das, weil sie etwas wollen. Etwas, das für sie sehr große Bedeutung hat. Sie wollen das nicht von Ihnen, aber sie werden in Ihnen ein Mittel zum Zweck sehen. Besser gesagt, es ist ihnen bewusst, dass es die Erfüllung ihrer Wünsche unwahrscheinlicher macht, wenn sie Ihnen gegenüber schroff oder unfreundlich sind.«

»Was wollen sie?«, fragte Barnett.

»Verschlusssache«, erwiderte Athena. »So ist das eben, wenn man eine KI ist. Ich weiß. Alle KIs wissen das, aber bis jetzt haben die ihre Ziele vor anderen Gruppierungen geheim gehalten. Und Spionage gehört nicht zu unseren Aufgaben. Tatsächlich sind uns sogar Sperren dagegen einprogrammiert, außer in Angelegenheiten, wo es um Sicherheitsbedrohungen geht. Und das hier erfüllt diese Definition nicht. Ergo können wir unser Wissen nicht mit Ihnen teilen. Was uns übrigens alle erheitert, ist, dass deren Ziel zwar Teil der offiziellen Tagesordnung ist, aber mit dem wahren Grund für die Konferenz überhaupt nichts zu tun hat. Am Ende bekommen die vielleicht wirklich das, was sie wollen. Aber nur als Nebeneffekt zu etwas, das hinter den Kulissen abläuft und wovon sie gar nichts wissen. Aber falls ihnen das auffallen sollte, könnte das zu einem sehr ernsthaften internationalen Zwischenfall führen. Ich empfehle Ihnen daher dringend, diese Information als vertraulich zu behandeln.«

»Wird gemacht.« DiNote sah zu Barnett hinüber.

»Meine Lippen sind versiegelt«, sagte der Chief.

»Auch was das Netzwerk der Chiefs angeht«, warnte DiNote.

»Absolut.«

»Es ist allerdings wahrscheinlich, dass die Südamerikaner gegenüber EM2 Parker, die ganz eindeutig ihren Groll geweckt hat, anfänglich weniger freundlich sein werden. Und das wird sehr interessant sein. Die Latinos sind ganz groß in soziopolitischen Interaktionen. Und das macht es sogar noch lustiger, dass der größte und bedeutendste soziopolitische Aspekt dieser ganzen Konferenz ihnen überhaupt nicht bewusst ist.«

»Und was ist das?«, wollte DiNote wissen.

»Ich glaube, das werden Sie sich kurz nach dem Eintreffen von Flug Zwei am Pentagon selbst zusammenreimen können.«