Der April war der grausamste Monat, nie hörte er auf, den Mai anzukündigen. Georges Frau verlor an Kräften. Ständig hustete sie. Das warme, ebenholzschwarze Blut wich aus ihrem Gesicht, bis es kalkigtrocken wirkte. Ihre Haare wurden brüchig. Aus ihrem Innern drangen absonderliche, leise Laute, Zisch- und Knirschtöne, auch Geräusche, als ob Zellophan verbrennte.

Gelegentlich traf George sie im Periskopraum an, wo sie eines der Geräte umschlungen hielt, sich mit voller Länge ihres Körpers dagegenpreßte, bis ihr Zittern nachließ. Immer öfter blieb sie den ganzen Tag im Bett, ihre Atmung röchelte, sie spuckte tintenschwarzes Blut.

»Ich möchte mit dir sprechen«, sagte sie.

»Über was?«

»Mein Leben.«

»Wird dich das nicht traurig machen?« George schob ein zweites Kissen unter den ihr schwergewordenen Kopf; ihm entgingen nicht der Guiligeruch, der mit dem Atem aus ihrem Mund quoll.

»Doch.« In Mornings Augen pulsten schwarze Venen.

George küßte seine Frau. »Wenn du’s unbedingt willst, reden wir darüber.«

»Ich muß immer an Blätter denken, an Herbstlaub, Blätter aller Art, rote und gelbe. Ich glaube, eine Zeitlang hätte ich in Vermont gelebt. Primitive Kunst hätte mir gefallen, soviel ist ziemlich klar, ich wäre in die Bibliotheken gegangen und hätte die Bücher reihenweise gelesen, in Mengen, berühmte und unbekannte Bücher, alles quer Beet. Und ich hätt’s mir nie abgewöhnt, Stofftiere zu sammeln.«

Sachlich schilderte sie ihre während der ›Schlacht‹ um Corpus Christi im Vorschulalter vorzeitig ums Leben gekommenen Eltern. Helen wäre Angestellte einer Bowlinghalle geworden, eine gefühlskalte, unglückliche Frau, hätte in armutsähnlichen Verhältnissen und einer pathologisch mißratenen Ehe festgesessen. Hugh wäre Schlosser und ein von Selbstmitleid zerquälter Tölpel geworden, der lieber einen Sohn gehabt hätte, einen zweiten Flegel, mit dem er hätte Tiere schießen gehen können.

Danach konnte Morning Erfreulicheres erzählen. Als nachdenkliches, schwärmerisches Schulmädchen hätte Morning tiefsinnige Gedichte über tote Vögel verfaßt und in Parson’s Creek Langustenzucht betrieben, Stipendien wären ihr gewährt, der Jacob-Bronowski-Preis für wissenschaftlichen Nachwuchs sowie andere Preise mit ähnlich merkwürdigen Bezeichnungen verliehen worden, und alles wäre ihres gewesen – ihres! –, Hugh hätte ihr nichts fortnehmen können. An der Universität wäre sie erst recht aufgeblüht, das Studium in der Abteilung für klinische Psychologie hätte sie im Blitztempo absolviert und anschließend ihren Doktor der Philosophie für die Gründung einer lukrativen Praxis genutzt. Sie hätte sich auf Schuldbewältigung spezialisiert.

Sie beschrieb George ihre Fälle, alle verbunden mit Erfolgen, Besserung, Mißlingen. Phillip Cassady wäre bis ans Lebensende von sieben Persönlichkeiten besessen gewesen. Marcie Cremo hätte sich mit dem eigenen Revolver das Hirn aus dem Schädel geballert. (»Und deine Bestleistungen?« fragte George. »Da hätte ich eine ganze Reihe vorzuweisen gehabt«, antwortete Morning. »Weißt du, der wichtigste Kniff war, ihr Freund zu sein, auch wenn man uns das an der Uni nicht gelehrt hat.«) Janet Hodges wäre fett und voller Selbsthaß gewesen, aber nach der Therapie ein Rubens-Modell mit ihrer eigenen Art korpulent-opulenter Erotik und immerhin dazu fähig, unglückliche Liebesbeziehungen wie jeder andere auch einzugehen. Willie Howard wäre, weil er mit sechs Jahren noch kein Wort gesprochen hätte, als hirngeschädigt abgestempelt worden, aber Morning hätte ihm die Puppe mit den drei Augen vorgestellt, und die Puppe hätte ihm das Neptunische, Willie ihr englisch beigebracht.

Danach plauderte Morning kaleidoskopische Erinnerungen aus, Erinnerungsfetzen ihrer Jugend, persönlich heilige Banalitäten: Einen Plüschkraken hätte sie gehabt, ein rotes Fahrrad, ein fleckiges Keramik-Teekännchen, eine Uhr in Form einer Katze. Geruch des Regens. Koffeinluft des Herbsts. »Meine beste Freundin hätte Sylvia geheißen, glaube ich. Ich hätte mich sehr für Oberliga-Baseball interessiert. Ja, ich wäre ein Baseball-Fan gewesen, kannst du dir so was vorstellen? Meine erste Menses hätte ich bei einem Spiel der Houstoner Astros gekriegt. Rotes Blut hätte ich für die Astros vergossen.«

Sie gab George Beschreibungen von Astro-Spielern, die nie gelebt hatten. 2003 wäre ihr großes Jahr gewesen. Endspiel um die Weltspitze. Neunte Spielzeit. Einen Lauf Rückstand. Cristobal kommt… Robin Arcadia greift ein und… Paff!

»Vielen Dank fürs Zuhören«, sagte Morning.

»Du hattest ein echt bemerkenswertes Leben«, meinte George.

»Das darfst du mir glauben.«

*

George legte sich an ihre Seite, die Eisigkeit, die von Mornings Körper ausging, und der Gedanke daran, was diese Kälte bedeutete, verursachten ihm ein Schaudern. Trotzdem schlief er sofort ein. Im Traum befand er sich in einem von Moosbewuchs gedämpften Wald, alle wichtigen Frauen seines Lebens waren ebenfalls dort, Justine, Morning, seine Mutter (SIE WAR BESSER, ALS SIE ES AHNTE), sie errichteten zu viert ein Haus (eigentlich nur eine Hütte, ein Holzhaus auf Pfählen an einem See), und danach kamen die Kinder, Holly, Aubrey und ein drittes Kind, mit dem Justine während des Kriegs schwanger gewesen und das sie später geboren hatte, ein Junge.

Beim Erwachen gewahrte er, daß seine Lider zusammenklebten, und befürchtete, daß darunter, wenn er sie aufgemacht hatte, noch zwei Paar und unter ihnen abermals zwei Paar Lider sein könnten, und immer so weiter. Meine Frau liegt im Sterben. Und ich kann dagegen nichts tun. Er hörte die winzigen Muskeln schnalzen, als er die Augen aufschlug. Die Deckenlampen glommen auf ihn herab. Er drehte sich seitwärts, sah Mornings Platz leer, den Abdruck im Bettzeug, und ihm war, als schöbe sich alles Eis der Antarktis in sein Herz.

Aber da schleppte sich Morning in die Kabine; sie zitterte wie im Fieber. Schnee schimmerte in den Falten ihrer ARES-MONTUR. An den Resten ihres Haars hingen Eiszäpfchen.

»Du hast mich erschreckt«, sagte George. »Ich dachte schon…«

»Nein. Erst am zweiten Mai. Ich bin am zweiten Mai auf den Kontinent gelangt.«

»Bist du draußen gewesen? Dich im Freien rumzutreiben, ist Wahnsinn.«

»Ich habe eine Abmachung getroffen.«

»Was?«

»Nimm mich in die Arme.«

Er tat es.

»Ich sage dir jetzt etwas Seltsames«, schnaufte sie mit kratziger Stimme. »Aber du darfst mich trotzdem nicht loslassen.«

»Ich versprech’s«, sagte George.

»Du wirst deine Tochter wiedersehen. Holly.«

George drückte Morning fester an sich. »Holly ist tot.«

»Ich habe eine Abmachung getroffen«, wiederholte Morning. »In einer Woche ist es soweit. Am Sonntag. Sei drauf gefaßt.«

»Ich kapier nicht, was du meinst«, gestand George.

»Du kannst einen halben Tag lang mit ihr zusammen sein. Zwölf Stunden. Das ist wenig. Noch kannst du nein sagen.«

»Natürlich will ich’s gern… Es ist mir lieber als sonst was…«

»Also gut. Dann geht die Sache klar. Sonntag. Ein zwölfstündiger Besuch. Von mittags an. Denk dran, sei drauf gefaßt.«

»Ich versteh’s aber nicht.«

»Ich habe eine Abmachung vereinbart.« Eiswasser troff von Mornings Gestalt auf den Teppichboden.

»Die Kleine auf Leonardos Glasmalerei, war sie nicht Aubrey?«

»Es gibt keine Aubrey. Es war…«

»Holly?«

»Ja.«

»Sie sah auch genauso aus«, sagte George versonnen. »Sie mußte es sein.«

»Das Bild hat die Zukunft gezeigt«, versicherte ihm Morning. »Nostradamus’ Prophezeiung stimmte. Küß mich.«

*

Den ganzen Weg zum Periskopraum ging Morning voraus. Periskop Nummer I bot, als gäbe es keinen Grund zum Grausen, einen detailreichen Überblick des Kontinents. Überall längs des Transantarktischen Gebirges forderte die McMurdo-Sund-Konvention ihren Tribut, Millionen Annullierte zerfielen, Geist und Körper ließen sie im Stich, statt Leichen blieben ARES-Monturen zurück.

»Ich mag das nicht sehen«, sagte George.

»Du hast schon Schlimmeres mitangeschaut«, entgegnete ihm Morning.

Sein Blick schweifte über das Ross-Eisschelf. Im Vergleich zu der Eiskluft in dessen Mitte war der durch die Schlacht um Wildgrove aufgerissene Krater lediglich ein Mauseloch. Stolzen Schritts wanderten sie darauf zu, alle jene, die den freien Willen der McMurdo-Sund-Konvention vorzogen, Befreundete hielten sich an den Händen, Liebende in den Armen, Frauen umfingen Kinder, Kinder umschlangen aus Schnee gepreßte Teddybären. Als riesige weiße Flutwelle wälzten sie sich über die unregelmäßige Kante des Abgrunds, ungelebtes Leben kehrte in Scharen zurück zum Muttergestein, Generation um Generation nahm vom Kontinent Abschied.

»Sie sind im Recht gewesen«, murmelte George, »als sie mich verurteilt haben.«

Unweit davon loderte auf einem Nunatak ein großes Feuer, vor der Schneelandschaft lohten Flammen, leuchtendrot wie ein Auge der Midgardschlange, empor an den Himmel. Unter der Anleitung Mutter Maria Catherines näherten sich hundert Schwarz-blutige, von denen jeder eine Statuette aus Eis trug, dem Feuer. Sprengkopf um Sprengkopf, Trägersystem um Trägersystem schmolzen sie das Eis-Arsenal der Staatsanwaltschaft. Der Marschflugkörper Trauerschwan zerfloß augenblicklich. Dann taute die Interkontinentalrakete Schutzengel. Als nächstes zertroff die MultiAttack-Rakete, danach waren die Nordlicht III, der schwere Fernbomber W-13 Walküre sowie die diversen Atombomben, Atom-Minen, Atomgranaten und Atom-Wasserbomben an der Reihe. Lautstarker Jubel hallte über den Gletscher, und zum Abschluß gab es Tanz. Kakao erwärmte die ausgekühlten Kehlen, Lächeln machte müde Gesichter froh, und George sah, es eignete sich nichts besser als eine kalte, klare Nacht der Abschreckungsmittelbeseitigung, um ein Annulliertenherz mit Freude zu erfüllen.

»Unbewaffnete Abschreckung«, sagte George.

»Was?« fragte Morning.

»Sie ist wirklich eine gute Methode, um Atomwaffenarsenale abzuschaffen. Anstatt Rakete gegen Rakete setzt man Fabrik gegen Fabrik. Die russischen und amerikanischen Strategen hätten gewußt, daß jede Wiederaufrüstungsmaßnahme durch eine gleichartige Vorkehrung der Gegenseite beantwortet worden wäre, bis die Welt wieder vor dem Patt der garantierten gegenseitigen Vernichtung gestanden hätte. Also hätte niemand wiederaufgerüstet.«

»Ich weiß nicht, wovon du redest.«

»Das Wissen, wie man Atomwaffen herstellt, das ist die wahre Abschreckung. Es sind nicht die Waffen selbst.«

»Hört sich nicht nach einer allzu stabilen politischen Situation an.«

»Kann sein.«

»Habe ich dir mal von meiner besten Freundin erzählt, von Sylvia? Sie hätte das komischste Lachen gehabt, das dir je zu Ohren gekommen wär.«

Stunde um Stunde beobachteten sie das überwiegend anonyme Sterben, nur wenige Betroffene kannten sie mit Namen. Shawna Queen Jefferson verflüchtigte sich, während sie den Innenhof des Eispalast-Gerichtsgebäudes durchquerte, ihr Talar flatterte wie eine große, schwarze Schwinge im Wind. Alexander Aquinas erwischte es bei dem Bemühen, in einem Loch eines Nunataks ein Exemplar des Gerichtsurteils der Nachwelt zu bewahren. Als der Verfall Gila Guizot packte, nahm sie ihr Gewehr und schoß sich ins Herz; flüssige Schatten verdunkelten ihr Gardekorps-Abzeichen. Jared Seldin, der Möchtegern-Sternenreisende, zerfiel zu nichts, während er auf dem Binnenhochland umherkroch, um einen Jungpinguin zu fangen und zu zähmen.

Und überall verstreut: ARES-Monturen. In den Straßen der Südpol-Gehennas lagen Monturen wie niedergemetzelte Armenier, Monturen bedeckten wie abgeschlachtete Hugenotten die Nunataks, in Trockentälern häuften Monturen sich wie Säuberungen zum Opfer gefallene Kulaken, Schneehügel waren übersät mit ARES-Monturen, den reinlichen, weißen Fossilien einer Rasse, die keinen einzigen warmen Tag gekannt hatte.

Auf einem an der Ross-Barriere gekalbten Eisberg stand eine junge Frau. Sie stapfte hin und her, schüttelte eine zittrige Faust gegen den Himmel. George hatte sie schon während des Gerichtsverfahrens bemerkt, sie hatte im Publikum gesessen, zumeist sehnsüchtig Aquinas angestarrt. Ein antarktischer Sturmwind heulte übers Meer, so daß unter null Grad kaltes Wasser am weißen Gefährt der Gescheiterten emporgischtete, ihre Wangen peitschte, Salzwasser in ihre Augen spritzte. Selbst bei seinen therapeutischen Sitzungen hatte George nicht soviel geballtes Leid in einem einzigen Gesicht gesehen. Fast empfand er es als Segen, als die McMurdo-Sund-Konvention das einsame, liebeskranke Mädchen schließlich einholte.

*

»Ich habe noch nie getanzt«, sagte Morning zwei Tage später.

»Das müssen wir ändern«, antwortete George.

»Walzer soll schön sein, hab ich gehört.«

»Walzer kann ich nicht tanzen.«

»Ich auch nicht.«

»Dann zieh dein Walzerkleid an.«

Er ging hinaus. Ein bestimmtes Vorhaben hatte er noch nicht im Sinn, aber er war ein guter Ehemann und wollte sich etwas einfallen lassen.

In dem Mini-Kino herrschte seit längerem Stille, haftete an den Wänden, war in die Sitze gesickert. Er betrat den Vorführraum. Die Blechbehälter mit den 16-mm-Filmrollen waren zu drei wackeligen Stapeln aufgetürmt. In der Mitte des höchsten Stapels fand er zwischen Panik im Jahre Null und Ende August im Hotel Ozon, was er suchte, die englischsprachige Fassung von Sergej Bondartschuks Krieg und Frieden, alle acht Rollen. Er legte eine der mittleren Rollen ein, schaltete den Tonverstärker ein und kippte am Filmprojektor die AN-Taste. Der Projektor brummte und quietschte. »Wenn sich die verderbten und schlechten Menschen zusammentun und zu einer Macht werden«, erscholl im Zuschauerraum die Stimme des Off-Sprechers im Tonfall eines Arztes, der noch jeden Patienten geheilt hatte – Norman Rose, der Mann mit der Goldkehle, betätigte sich als Erzähler –, »so müssen die ehrlichen Menschen das gleiche tun«. George hockte sich ans Schaltbrett der Lautsprecheranlage und experimentierte so lange herum, stöpselte ein und aus, bis die Krieg-und-Frieden-Tonspur aus sämtlichen Lautsprechern des U-Boots dröhnte.

Er eilte zurück zu Morning. »Darf ich um diesen Tanz bitten?« fragte er.

»Mit Vergnügen«, antwortete sie und hustete. Der weiße Seidenkimono umschlotterte ihre gebrechliche Gestalt.

Sie suchten zum Tanzen das Offizierskasino auf. Die Stimmen und Geräusche von Krieg und Frieden hallten von den Marmorsäulen wider, klirrten in den Kristallleuchtern. George setzte Morning auf ein mit Samt bezogenes Sofa, rückte Tische beiseite, stellte Stühle fort, rollte den Teppich ein.

Jetzt tanzten Natascha Rostowa und Fürst Andrej Bolkonski Walzer, Ludmilla Saweljewa spielte Natascha, Wjatscheslaw Tichonow den Fürsten, die Originalfilmmusik, aufgenommen mit dem Moskauer Sinfonieorchester, stammte von Wjatscheslaw Owtschinnikow.

George hob seine Frau vom Sofa, streckte ihre Arme. Und dann tanzten sie. Es schien, als ginge ein weiser, wohltätiger Gott in ihrer beider Blut ein und gäbe ihnen Tanzunterricht. Gelehrig drehten sie sich umeinander, kreisten durch das russische Palais, rund- und rund- und rundherum, immerzu eins-zwei-drei, eins-zwei-drei, Owtschinnikows Melodie durchströmte sie, eins-zwei-drei, Klänge schwollen, Halbtöne klimperten, Vierteltöne flirrten, dann folgte das Gesirre silberheller Sechzehnteltöne, als ob zierliche Nadeln in der Luft unsichtbare Teppiche wöben, eins-zwei-drei, und Morning lächelte, warm war es im Saal, und nun lachte sie sogar, man hätte meinen können, ihr Haar glänzte wieder in der Farbe herbstroten Laubs.

»Ich bin so froh«, sagte sie, »daß ich dich geheiratet habe.«

»Ob wir zusammen geblieben wären?« fragte George.

»O ja«, meinte Morning. »Für immer.«

Der Walzer beschleunigte. Zwischen Natascha und Andrej keimte Liebe.

»Du tanzt gut«, sagte Morning.

»Du auch«, antwortete George.

»Das Sexuelle hat bei uns auch gut geklappt.«

»Erstklassig, fand ich.«

Das Orchester steigerte das Tempo zu voller Beschwingtheit. Die Töne schienen geradezu durch die Luft zu flimmern.

»Ich habe mal gehört, es wäre prächtig, wenn morgens ein Hund ins Bett gesprungen kommt und einem das Gesicht leckt«, sagte Morning.

»Das stimmt«, bestätigte George.

Eine punktierte Halbnote schwirrte vorüber, jagte glutvoll vorbei wie eine Rakete.

»Lebwohl, George«, sagte Morning.

»Du wirst mir fehlen«, flüsterte George.

Mornings Knochen verwandelten sich in Balsaholz, und sie wendete alles auf, was sie an Stofflichkeit noch hatte, um ihm einen letzten Kuß zu geben. Schmerzfrei verließ sie die Welt, wurde zu Staub, dann weniger als Staub, einem unterschwelligen Nachhall, einem nie gezeugten oder empfangenen, nie geborenen, nie getauften Etwas, das nur als Erinnerung im hinfälligen Gedächtnis eines Mannes fortlebte, der durch das Offizierskasino eines im Eis festgefrorenen Atom-U-Boots wankte, in den Händen einen Seidenkimono, und weinte wie eine Waise.