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In der Bancroft Road wanderten Männer und Frauen auf dem Bürgersteig vor dem Gerichtsgebäude hin und her und hielten Transparente hoch, auf denen stand: «Polizisten ins Kittchen» oder «Gleiches Recht für Volk und Polizei». Die Passanten reagierten teils belustigt, teils ärgerlich, zumeist jedoch gleichgültig, während die Polizei ihr Mißfallen kaum verhehlte.

Harry parkte seinen Wagen am Ende der Bancroft Road und ging zum Gerichtsgebäude. «Na, wie steht’s, Walter?» fragte er den bärtigen jungen Mann, der die Demonstranten anführte.

Walter Greenfield trocknete sich das Gesicht mit einem Taschentuch ab. «Verdammt heiß heute», brummte er und starrte Harry wütend an. «Wieso machst du nicht mit?»

«Du weißt genau, daß ich die gleichen Ansichten vertrete wie ihr, aber leider hab ich verschlafen und wollte nicht ohne Frühstück los.»

«Feigling.» Greenfield kratzte seinen ungepflegten Bart, der wie von Motten zerfressen aussah.

«Haben die Geschworenen schon ihren Spruch gefällt?»

«Nein, sie haben sich vor einer Stunde in ihre Kemenate zurückgezogen. Was gibt’s noch lange zu diskutieren? Die beiden Polizisten haben Smith verdroschen, also müssen sie schuldig gesprochen werden, und damit basta. Wozu überhaupt noch eine Gerichtsverhandlung? Völlig überflüssig!»

«Wie war denn der Verteidiger?»

«Bertie sagt, dieser Fettwanst von Kronanwalt wäre beinahe in Tränen ausgebrochen, als er von den armen, unschuldigen Kriminalbeamten sprach, die Smith fälschlich der Gewalttätigkeit anklagt. Der gehört auch vor Gericht, der alte Heuchler!»

«Er ist aber ein kluger Kopf.»

«Was hat das mit Klugheit zu tun, wenn er mit einem Haufen Lügen die Haut von zwei Kriminalbeamten zu retten versucht, die mit Prügeln ein falsches Geständnis erzwungen haben?»

«Das ist schließlich sein Beruf.»

«Du mußt es ja wissen. Ich will dir mal was sagen, Harry. Vor ein paar Tagen warst du noch davon überzeugt, daß die Beamten den armen Kerl zusammengeschlagen haben, um ein Geständnis zu erpressen – weshalb machst du dann nicht bei uns mit? Hast wohl Angst davor, daß dich Bekannte sehen könnten? Weißt du, was dir fehlt? Zivilcourage! Du gehörst eben auch zum Establishment.»

Harry lächelte. Für Greenfield existierten nur Schwarz und Weiß, jedoch keinerlei Grautöne. Nach dem veröffentlichten Beweismaterial hatten die beiden Kriminalbeamten höchstwahrscheinlich Gewalt angewandt, um Smith zu einem Geständnis zu zwingen. Smith hatte ein junges Mädchen auf bestialische Weise vergewaltigt, so daß man unmöglich Mitgefühl für ihn aufbringen konnte – trotzdem war Brutalität der Polizei ebenfalls durch nichts zu entschuldigen. Greenfield machte sich nicht klar, daß diese Gerichtsverhandlung der einzig richtige, geeignete Weg war, die beiden Kriminalbeamten zur Verantwortung zu ziehen, und daß die Demonstration das gleiche unvernünftige, blinde Vorurteil bewies wie die Polizisten, nur mit umgekehrten Vorzeichen.

Ein Mädchen in Jeans, Pullover und mit unordentlichen, langen schwarzen Haaren trat zu ihnen und lehnte ihr Transparent gegen die Hausmauer. «Hallo, Harry! Ist das eine Hitze! Warum sind wir nicht lieber baden gegangen?»

«Weil wir hier eine moralische Verpflichtung zu erfüllen haben», entgegnete Greenfield scharf.

«Hätten wir uns dafür nicht einen kühleren Tag aussuchen können?»

«Hast du denn gar kein Verantwortungsgefühl?»

«Bei der Temperatur hab ich ganz andere Gefühle», erklärte sie.

«Deine Gefühle interessieren mich nicht.»

«Pech für dich.»

«Wann machen wir denn endlich Schluß?» fragte ein anderes Mädchen.

«Die Geschworenen sind noch nicht zurück», entgegnete Greenfield wütend.

«Dann sag ihnen doch, daß sie sich beeilen sollen, ich hab nämlich Hunger. Du hast uns kein Wort davon gesagt, daß wir hier den ganzen Morgen schwitzend in der Sonne rumstehen müssen. Weshalb leidest du eigentlich nicht mit uns, Harry?»

«Weil er ein jämmerlicher Feigling ist», meinte Greenfield mit abgrundtiefer Verachtung. «Ein Phrasendrescher, sonst gar nichts. Er hat Angst um seinen guten Ruf.»

Harry sah auf die Uhr. «Im Augenblick hab ich nur Angst, daß ich meine Verabredung mit Mary verpasse.»

«Kommt ihr zu der Party heute abend?» fragte das erste Mädchen.

«Ja.»

Zwei Polizisten näherten sich der Gruppe, ein Chefinspektor und ein Sergeant.

«Bitte weitergehen, meine Damen und Herren», sagte der Chefinspektor.

«Was wollen Sie überhaupt?» fragte Greenfield und musterte die beiden Polizisten kampflustig.

«Bitte gehen Sie weiter, damit es keine Verkehrsstockung gibt.»

«Wie ist das, Harry, behindern wir tatsächlich den Verkehr?»

Harry war durch den eisigen, aufmerksamen Blick des Chefinspektors betroffen. Ein Glück, daß Greenfield sich so gern reden hört, dachte er.

«Wir haben niemand am Benützen des Bürgersteiges gehindert», verkündete Greenfield.

«Bis jetzt nicht», stimmte der Chefinspektor zu.

«Folglich haben wir auch nicht den Verkehr behindert.»

Der Sergeant wischte sich mit der Hand den Schweiß von der Stirn.

«Auf diese Art kommen Sie nicht weiter», sagte Greenfield triumphierend.

«Glauben Sie?» fragte der Chefinspektor. «Das Gesetz bestimmt, daß …»

«Sie können doch nicht einfach hier auftauchen und uns rumkommandieren!»

«Das lohnt sich bei den paar Leuten auch gar nicht.»

Greenfield errötete vor Ärger. Natürlich hätte die Demonstration viel größer sein sollen, aber all seine Bekannten hatten eben weder Mut noch Verantwortungsgefühl.

In diesem Augenblick kam ein junger Mann die Stufen des Gerichtsgebäudes hinuntergelaufen. «Freigesprochen!» rief er schon von weitem.

Greenfield stemmte die Hände in die Hüften und streckte das bärtige Kinn vor. «Freispruch! Das ist ja das letzte! Vermutlich hatte der Richter seine genauen Anweisungen, und die Geschworenen wurden entsprechend ausgesucht.»

«Der Prozeß war einwandfrei», sagte der Chefinspektor.

«Einwandfrei? So nennen Sie die Farce, die sich da eben abgespielt hat?»

«Möchten Sie nicht hineingehen und dem Richter Ihre Meinung über seine Prozeßführung sagen?»

«Worauf Sie sich verlassen können!» erklärte Greenfield, ohne sich vom Fleck zu rühren.

Der Chefinspektor machte kehrt und ging, von seinem Sergeant gefolgt, davon.

Harry verabschiedete sich und bog bei der nächsten Querstraße rechts ein. Greenfield hat es doch tatsächlich wieder geschafft, die Demonstration in einen Zirkus zu verwandeln, dachte er. Ein Jammer, dabei ist er so ein anständiger, ehrlicher Kerl. Nur eben hoffnungslos ungeschickt.

In einer Konditorei kaufte er selbstgemachte Pralinen für Mrs. Keighley, die Süßigkeiten über alles liebte. Nicht zum ersten Male fragte er sich, ob nicht doch ein Stück Wahrheit in dem alten bissigen Sprichwort steckte, man solle sich die Mutter genau ansehen, wenn man die Tochter heiraten wolle. Mrs. Keighley besaß jenen harten, gedankenlosen Hochmut mancher Menschen, die vor dem Zweiten Weltkrieg in den Kolonien gelebt und ihre farbigen Diener entweder als Dummköpfe oder als Verbrecher behandelt hatten.

Die Verkäuferin überreichte ihm die bunte Pralinenschachtel. Er zahlte und ging zu seinem Wagen, einem Triumph Spitfire, zurück. Er stieg ein, ließ aber den Motor noch nicht an, sondern zündete sich eine Zigarette an. Seit sechs Monaten waren er und Mary verlobt, und in drei Monaten wollten sie heiraten. Viele seiner Bekannten fanden diese Verbindung ideal. Mary würde ihm dank ihrer Herkunft gesellschaftlich und beruflich immer nützlich sein. Sie war gebildet und vermögend. Sie kleidete sich modisch, aber nie extravagant. Sie wußte, wie man Gäste empfing, wie man freundlich mit «einfachen Leuten» sprach, wie man trank, ohne je betrunken zu werden, wie man Mitgefühl zeigte, ohne innerlich wirklich berührt zu sein, wie man zwar konservativ wählte, jedoch gleichzeitig betonte, daß auch der Sozialismus seine guten Seiten habe. Für einen Mann, der eine juristische Karriere machen und Richter werden wollte, war sie die vollkommene Ehefrau – und trotzdem …

Wenn sie doch nur einmal kräftig fluchen oder zuviel trinken oder sich gehen lassen würde. Aber nein, sie war immer untadelig. Manche Dinge waren richtig und daher gut, andere waren nicht richtig und daher schlecht. Das war Marys simple Werteinteilung. So absurd das klingen mochte – sie hatte vieles mit Greenfield gemeinsam.

Aber wenn er eine Wunschliste mit den Eigenschaften seiner zukünftigen Frau aufstellen sollte, würde es auf eine Schilderung Marys hinauslaufen. Immerhin kam es bei einer Ehe ja nicht nur auf Leidenschaft an, sondern vor allem auf Partnerschaft.

Er parkte aus und fädelte sich in den Verkehr ein, mußte aber gleich wieder halten. Das Zentrum von Reppleton bestand aus einem Gewirr von engen Straßen und Gäßchen, die dem immer dichter werdenden Verkehr nicht mehr gewachsen waren.

Die Ampel war ausgefallen, deshalb winkte ein Polizist die Nord-Süd-Fahrzeuge ein. Kurze Zeit hielt es Harry auf der Hauptstraße noch aus, dann bog er ab und schlängelte sich durch die Vororte. Einen halben Kilometer vor Marys Haus stoppte er vor einem Blumenladen und holte das kleine Orchideengesteck ab, das er tags zuvor telefonisch bestellt hatte.

Er verließ den Laden und ging gerade um den Kühler herum, als er sah, wie ein alter Hillman von der Fahrbahn abkam und direkt auf ihn zuraste. Er sprang auf den Bürgersteig zurück, stieß dabei gegen den Kotflügel und wäre fast gestürzt. Im letzten Augenblick hatte der Fahrer des Hillman seinen Wagen wieder in der Gewalt und konnte den Zusammenstoß vermeiden.

Harry, der sich immer noch auf den Triumph stützte, konnte einen kurzen Blick auf das Gesicht des Fahrers werfen und sah für den Bruchteil einer Sekunde das Profil des Beifahrers, dann war der Wagen vorbei. Er richtete sich auf und starrte hinter dem Hillman her. Der Fahrer war entweder betrunken oder krank.

Eine Frau ging vom Bürgersteig herunter und stand wartend vor einem geparkten Wagen, um den Hillman vorbeizulassen, bevor sie selbst die Straße überquerte. Der Hillman schoß auf sie zu, aber sie rührte sich nicht. Entweder war sie vor Angst gelähmt oder fest davon überzeugt, daß der Wagen ausweichen würde. Doch sie wurde vom linken Kotflügel ergriffen und mit dem Kopf gegen den Betonsockel einer Straßenlaterne geschleudert. Ihre Einkaufstasche fiel auf die Straße. Äpfel und Zitronen rollten heraus.

Harrys Schock war so heftig, daß er ein paar Sekunden lang wie gelähmt dastand und auf die Frau starrte. Dann erwachte er aus seiner Betäubung und drehte sich um. Der Hillman hatte gehalten, doch als Harry ihm nachsah, holperte er davon, kam wieder in Fahrt und gewann an Geschwindigkeit. Harry versuchte das Nummernschild zu lesen und entzifferte eine 5. Die letzte der drei Zahlen war seiner Meinung nach ebenfalls eine 5. Der erste Buchstabe war ein P, die letzten beiden waren nur undeutlich zu erkennen, doch schien der dritte ein M zu sein. Aber jetzt war der Wagen schon zu weit entfernt, um noch etwas unterscheiden zu können. Harry nahm seine Brieftasche und einen Füller heraus und notierte sich die Zahlen und Buchstaben. Erst als er die Brieftasche wieder einsteckte, wurde ihm bewußt, daß jemand schrie. Widerstrebend blickte er hinüber zu der Frau, die vor dem Sockel der Straßenlaterne lag. Ihr Rock war hochgerutscht, und Blut strömte aus einer Kopfwunde und dem einen Bein.

 

Zwei Kilometer weiter brachte Simon den Wagen zum Stehen. Er zitterte. «Mein Gott!» flüsterte er immer wieder vor sich hin. Plötzlich wurde ihm übel, und er erbrach sich.

Weldun zündete sich eine Zigarette an. Verbissen versuchte er seinen benebelten Verstand zum Arbeiten zu zwingen.

«Ich hab sie angefahren», jammerte Simon, «ich hab sie angefahren.»

Weldun machte tiefe Lungenzüge. Der Rauch verschaffte ihm eine gewisse Beruhigung.

«Glaubst du … glaubst du, daß sie schwer verletzt ist?»

«Sie ist tot.» Zwar hatte Weldun keinen Beweis für seine Behauptung und auch keinerlei Vorstellung von dem Ausmaß ihrer Verletzungen, trotzdem war er fest davon überzeugt, daß die Frau tot war.

«Sie darf nicht tot sein, Charlie, sie darf einfach nicht!»

«Halt’s Maul.»

«Ich konnte doch überhaupt nichts dafür. Es war nicht meine Schuld. Du mußt das verstehen. Ich möchte …» Seine Stimme erstickte.

Weldun war verzweifelt. Wenn Simon jetzt erwischt wurde, war es aus. Er war betrunken gewesen, war es immer noch. Man würde ihn einlochen, und damit wäre auch der Bankjob ins Wasser gefallen.

«Ich wollte sie ja nicht anfahren, bestimmt nicht. Du hast doch gesehen, wie sie vom Bürgersteig runterlief und mir direkt in den Wagen. Es war ihre Schuld.»

«Sie hat sich die ganze Zeit überhaupt nicht von der Stelle gerührt.» Er mußte Ray Kirkland benachrichtigen, aber was sollte er inzwischen mit dem betrunkenen Simon anfangen? Weldun spähte durch das Rückfenster und stellte erleichtert fest, daß kein Polizist in Sicht war. Die Polizei durfte Simon erst finden, wenn er wieder nüchtern war, und der Wagen mußte verschwinden – dann bestand vielleicht eine Chance. Womöglich hatte sogar niemand die Wagennummer erkannt, und die Polizei konnte nichts weiter unternehmen …

«Kannst du weiterfahren?»

«Ich hab sie überfahren … Sie ist nicht tot, Charlie … Sie ist ganz bestimmt nicht tot, das darf nicht sein.»

«Fahr sofort nach Hause, bring den Wagen in die Garage, schließ sie ab und verschwinde, verstanden?»

«Ich kann nicht fahren.»

«Wenn du nicht abhaust, schnappt dich die Polente und locht dich ein. Du mußt verschwinden, bis du wieder nüchtern bist.»

«Nach dem, was passiert ist, kann ich einfach nicht mehr fahren.»

«Verdammter Idiot, der Wagen muß weg!»

Weldun stieg aus und knallte die Tür hinter sich zu. Er beobachtete die Straße und die Passanten, aber niemand schien von dem verrosteten Hillman Notiz zu nehmen. Er machte einen Schritt nach vorn und merkte plötzlich, daß er nur mit Mühe gerade gehen konnte.

Simon warf ihm einen verzweifelten Blick zu, ließ den Motor an und legte den Gang ein. Der Wagen machte einen Satz nach rückwärts. Weldun fluchte. Simon schaltete wieder, und diesmal fuhr der Wagen ruhig an. Weldun wartete, bis er außer Sicht war, und ging dann die Straße entlang bis zu einer Telefonzelle. Ray meldete sich sofort.

«Charlie. Es ist was passiert.»

«Was denn?»

«Wir sind gerade aus ’ner Kneipe gekommen. Er machte nämlich Sperenzchen, und da hab ich ihm ein paar Drinks spendiert. Er war blau, aber ich wußte nicht, daß er so blau war.» Seine Stimme wurde unsicher. «Wenn ich das geahnt hätte …»

«Komm endlich zur Sache.»

«Er saß am Steuer und fuhr ’ne Frau an. Glaub mir, er machte wirklich Sperenzchen, und da hab ich ihm ein paar Whiskys spendiert, und er mir ’n paar. Aber ich hatte ja keine Ahnung, daß er so blau war …»

«Weil du genauso blau warst. Hat die Polizei ihn erwischt?»

«Die weiß noch gar nichts. Ich hab ihn überredet, abzuhauen.»

«Hat euch jemand gesehen?»

«Es … es ist in der Clairmont Road passiert, bei den vielen Läden.»

Kirkland stieß einen Fluch aus.

«Ich hab ihn dazu gebracht, daß er nach Hause fährt und seinen Rausch ausschläft. Hör zu, Ray, jetzt haben wir ihn in der Zange. Wenn er nicht mitmacht, verpfeifen wir ihn.»

Schweigen. Weldun zog ein Taschentuch heraus und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er zündete sich eine Zigarette an, aber seine Hände zitterten so heftig, daß es ihm kaum gelang.

«Du besoffener Idiot», sagte Kirkland plötzlich.

«Aber Ray, ich hab doch alles getan, was ich konnte. Ich hab ihm gesagt, daß er verschwinden soll …»

«Und was nützt das, wenn jemand die Wagennummer aufgeschrieben hat? Sperr deine Ohren auf und tu, was ich dir sage, sonst liegst du nämlich morgen im Leichenschauhaus. Du fährst den Wagen irgendwohin und läßt ihn stehen. Dann kommst du wieder in die Stadt und rufst die Polizei an. Du meldest dich mit Simon und sagst, daß man deinen Wagen geklaut hat. Simon selbst ziehst du aus dem Verkehr, bis er wieder stocknüchtern ist. Dann knöpfe ich ihn mir vor, er kann sich den Wagen wieder holen, nach Hause fahren und die Polizei benachrichtigen, daß er ihn gefunden hat. Verstanden?»

«Klar, Ray.»

«So, und jetzt kümmerst du dich um Simon. Ich schicke inzwischen jemand zu dem Unfallort, um herauszukriegen, was da los ist.»

Weldun hängte ein und verließ die Telefonzelle. Wenn Simon nun bereits zu Hause gewesen war, den Wagen in die Garage geschafft hatte und in die Stadt gewankt war, um in der Menge unterzutauchen? Wann dann? Ray würde in die Luft gehen, wenn Simon eingesperrt würde. Ray hatte neuntausend für die Ladenmiete ausgegeben, außerdem noch ein paar Tausender für die Ausrüstung und das Team. Das Geld hatte er sich zum großen Teil geliehen und mußte dreißig Prozent monatlich an Zinsen zahlen. Wenn der Bankeinbruch ins Wasser fiel, würde Ray so viel Schulden haben, daß er sich eine Falschgeldpresse zulegen mußte. Sollte das passieren, wäre Charlie Weldun am besten nie geboren worden …