KAPITEL 12

R

enata hörte die Schritte hinter sich. Sie wurden langsamer, wenn sie langsamer ging, und schneller, wenn sie ihre beschleunigte.

Mistkerl.

Molino? Nein, wahrscheinlich nicht. Eher einer von seinen Männern.

Bleib ganz ruhig. Sie war auf diese Eventualität vorbereitet, und sie würde der Gefahr mit derselben Stärke begegnen, die Edmund bewiesen hatte.

Den Teufel würde sie tun. Edmund war ein Märtyrer gewesen. Sie würde sich nicht zu etwas zwingen lassen, was sie nicht tun wollte. Sie war erst dreiundzwanzig und hatte noch ihr ganzes Leben vor sich. Und sie würde leben.

Und ihr Verfolger war allein. Er musste nicht zwangsläufig einer von Molinos Handlangern sein. Vielleicht war er ein Perverser oder ein Dieb. Es war schon nach Mitternacht, und dies war nicht das erste Mal, dass ihr ein Mann die zwei Blocks vom Büro zum Parkplatz hinterhergeschlichen war.

Aber dieser Kerl versuchte nicht, sie einzuholen. Er blieb immer in Sichtweite, machte aber keinerlei Anstalten, ihr näher zu kommen. Das gefiel ihr nicht. Ganz und gar nicht. Okay, lass uns das offen austragen.

An der nächsten Straßenkreuzung ging sie nach rechts und drückte sich in den Eingang eines Ladens.

Wenige Minuten später kam er um die Ecke, ein untersetzter Mann in den Vierzigern mit schütterem braunen Haar. Er blieb unschlüssig stehen und hielt nach ihr Ausschau, spähte die Straße hinauf und hinunter. Dann steckte er die Hand in die Jackentasche. Sie sah Metall aufblitzen.

Ein Revolver.

Sie ließ ihm keine Chance, die Waffe zu ziehen.

Sie stürzte sich auf ihn und schlug mit der Handkante auf seinen Arm. Der Revolver fiel ihm aus der leblosen Hand. Dann landete sie einen kräftigen Magenschwinger.

»Miststück«, keuchte er. »Ich schneide dich in Stücke, du …«

Sie versetzte ihm einen Karateschlag auf den Nacken. Er krümmte sich, aber er hatte ein Messer in der Hand, als er auf dem Asphalt auftraf. Er holte aus.

Sie hasste Messer. Die Vorstellung, dass sich kalter Stahl in ihr Fleisch bohrte, war ihr immer schon zuwider gewesen. Sie wich nach links aus, schlug ihm mit der Handfläche auf die Nase und riss die Hand nach oben. Dieses Mal blieb er liegen.

Tot?

O ja. Das zersplitterte Nasenbein hatte sich in sein Gehirn gedrückt. Renata fiel neben ihm auf die Knie und durchsuchte seine Taschen nach einem Ausweis. Sie fand einen Reisepass – Raoul Falbon.

»Ich habe einen Streifenwagen auf der Straße hinter uns gesehen. Ich denke, wir vergessen die Beute und verschwinden von hier.«

Sie zuckte zusammen, ihr Blick huschte zu dem Mann, der ein paar Meter von ihr entfernt stand. Sie spannte sich an, bereit, ihn anzuspringen, und ihre Hand tastete nach dem Revolver, den Falbon hatte fallen lassen.

»Mann.« Der Fremde zog eine Waffe aus seiner Tasche. »Ich bin keine Bedrohung, aber ich möchte wirklich vermeiden, dieselbe Behandlung zu bekommen wie der arme Tropf hier auf dem Boden, Renata. Sollen wir gehen? Sie haben sicher keine Lust, mit der Polizei zu sprechen, oder? Ich bestimmt nicht.«

»Wer sind Sie?«

»Jed Harley. Und ich habe nichts mit Molino zu tun. Um das zu beweisen, übersehe ich geflissentlich die Tatsache, dass Sie in Erwägung ziehen, den Revolver an sich zu nehmen. Sobald wir ein wenig Zeit haben, uns zu unterhalten, stecke ich meine Waffe weg. Einverstanden?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Klar. Ich wäre dämlich, wenn …« Sie rollte sich ab, knallte ihm die Handkante aufs Knie und schickte ihn zu Boden. Im nächsten Moment saß sie auf ihm.

»Nein, Ma’am.« Er schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht und warf sie ab.

Sie hatte Mühe, die Benommenheit loszuwerden, noch während sie nach Falbons Revolver hechtete.

Harley bekam ihn vor ihr zu fassen und warf ihn auf die Straße.

Sie biss ihm in den Arm und versuchte, ihm die Waffe zu entwinden.

»Au, du kleine Kannibalin.« Er landete einen Hieb mit dem Revolver auf die Schläfe.

Schmerz. Ignorier ihn. Sie griff ihn wieder an und hatte es auf seine Drosselvene abgesehen.

Harley packte sie, wirbelte sie herum, legte ihr den Arm um den Hals und riss den Kopf nach hinten. »Hören Sie zu. Ich könnte Ihnen ohne weiteres das Genick brechen. Das will ich aber nicht.«

»Weil ich Ihnen dann nicht mehr von Nutzen wäre«, gab sie wütend zurück. »Ich könnte Ihnen nicht mehr sagen, was Sie wissen wollen.«

»Nein, weil ich Order habe, Sie zu finden und vor Molino und seinen Männern zu schützen, bis Sie mit Neal Grady gesprochen haben. Grady wäre es gar nicht recht, wenn ich Ihnen das Genick breche.« Und beinahe wehmütig fügte er hinzu: »Obwohl es mir die Sache beinahe wert wäre.« Wenn sie nach hinten trat, könnte sie ihn überrumpeln. Sein Griff hatte sich nur ein bisschen gelockert, und sie …

Er seufzte. »Sie geben wohl nie auf, was? Ich schätze, dann muss ich wohl oder übel zu drastischeren Mitteln greifen.« Er packte ihre Hand. »Hören Sie auf, sich zu wehren. Sie bekommen, was Sie wollen.« Sie spürte, dass er ihr etwas Hartes, Metallenes in die Hand drückte. Dann ließ er sie los und trat ein paar Schritte zurück. »Okay, tun Sie, was Sie nicht lassen können.«

Sie starrte auf den Revolver in ihrer Hand. »Was haben Sie vor?«

»Offensichtlich müssen Sie die Oberhand haben, sonst hören Sie mir nicht zu.« Er breitete die Arme aus. »Ich bin Ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, Renata Wilger.«

Renata runzelte die Stirn. »Ist der Revolver nicht geladen?«

Harley lächelte. »Mein Gott, ich glaube fast, Sie sind enttäuscht. Ist das zu leicht für Sie? Nein, er ist geladen, die Kammer ist voll. Was wollen Sie jetzt tun?«

Sie war sich nicht sicher. Diese letzte Aktion hatte sie überrascht. Offensichtlich hatte er im Sinn, sie zu überrumpeln und mental zu entwaffnen, wenn schon nicht körperlich. Aber sie hatte noch nie von einem Mann gehört, der freiwillig ein solches Risiko einging.

»Darf ich einen Vorschlag machen? Ich habe Sie unterbrochen, als Sie die Brieftasche des Dahingeschiedenen durchsuchten. Wieso nehmen Sie sich nicht, was Sie wollen?«

»Ich habe seinen Pass – sein Name ist Falbon. Mehr brauche ich nicht.«

»Dann sollten wir den Ort des Verbrechens verlassen. Wie wär’s, wenn Sie mit mir ins Sheraton kommen, um mit Neal Grady und Megan Blair zu sprechen?«

»Ich betrachte es nicht als Verbrechen, wenn man einen von Molinos Männern tötet.« Plötzlich weiteten sich ihre Augen. »Megan Blair? Sie ist hier – in München?«

»Im Hotel.« Er musterte sie eingehend. »Woher kennen Sie Megan? Ändert das Ihre Meinung?«

Sie beantwortete seine Fragen nicht. »Verdammt, sie sollte sich nicht in meiner Nähe aufhalten. Möglicherweise hat sie Molino zu mir geführt.«

»Sagen Sie ihr das selbst. Auf mich wird sie nicht hören. Ich rufe sie an.« Er holte bedächtig das Handy aus der Tasche und stellte sicher, dass sie es sah und nicht fürchten musste, dass er eine zweite Waffe ins Spiel brachte. »Okay?«

Renata zögerte, dann nickte sie. »Aber ich gehe nicht ins Hotel. Sagen Sie ihr, dass wir uns auf der anderen Straßenseite im Park treffen.«

»Sehr klug. Dann können Sie sie checken und gleichzeitig sicherstellen, dass ich Sie nicht den Gartenweg hinunterführe.« Er wählte die Nummer. »Grady, hallo, ich brauche dich und Megan. Wir treffen uns in ungefähr einer Stunde im Park auf der gegenüberliegenden Straßenseite vom Hotel. Ich bringe Renata Wilger mit.« Er hörte eine Weile zu und lächelte. Sein Blick wanderte von Renata, die immer noch mit der Waffe auf ihn zielte, zu dem Toten, der verkrümmt auf der Straße lag. »O ja, ich bin überzeugt, dass sie die richtige Renata Wilger ist.«

 

Harley wartete unter einer Straßenlaterne neben einer Parkbank, als Grady und Megan in den Park kamen. Er war allein.

Enttäuschung keimte in Megan auf. »Wo ist sie, Harley? Hast du sie verloren?«

»Nein, und sie hat mich nicht verloren.« Er nahm Megans Arm und zog sie ins Licht. »Heben Sie Ihren Kopf.«

»Was machst du da?« Grady trat einen Schritt vor.

»Ich tue ihr nicht weh.« In die Dunkelheit hinein rief er: »Da ist sie. Abgeliefert, wie versprochen. Kommen Sie raus … Kommen Sie raus, wo immer Sie stecken.«

»Das klingt nach einem Kinderspiel«, stellte Grady fest.

»Verstecken.« Harley nickte. »Das Suchen ist jetzt hoffentlich vorbei, und Renata versteckt sich auch nicht. Sie traut uns nur nicht über den Weg. Deshalb hat sie auch eine Waffe auf mich gerichtet. Meinen Revolver.«

»Deinen Revolver?«

»Das ist eine lange Geschichte.« Harley drehte sich wieder um und rief: »Renata, Sie hatten Zeit, sich Megan genau anzusehen. Heißt es jetzt ja oder nein?«

»Wie sollte sie mich erkennen?«, wollte Megan wissen.

Harley zuckte mit den Schultern. »Fragen Sie sie.« Er spähte in die Büsche. »Mein liebes Mädchen, ich habe Verständnis, aber es ist wirklich nicht höflich, fremde Menschen mit einer Waffe zu bedrohen. Das macht sie nervös.«

»Ich richte die Waffe nicht auf sie«, sagte die Frau, die auf sie zukam, »ich bin nur vorsichtig. Woher soll ich wissen, dass Molino sie nicht observieren lässt?«

Renata Wilger war jünger, als Megan vermutet hätte. Sie war Anfang zwanzig, klein, schlank, rothaarig und hatte Sommersprossen auf der Nase. Ihre braunen Augen blitzten, als sie Megan in Augenschein nahm. »Und wenn Sie nicht als Lockvogel benutzt werden, dann sind Sie entweder dumm oder kriminell fahrlässig, weil Sie hergekommen sind. Verschwinden Sie so schnell wie möglich aus München, und halten Sie sich fern von mir.«

Was für eine kleine Tigerin. »Sie wären nicht aus den Büschen gekommen, wenn Sie wirklich fürchten würden, dass Molino mich benutzt, um Ihnen eine Falle zu stellen. Und ich gehe nirgendwohin, bevor ich bekomme, was ich haben will.« Megan warf einen Blick auf die Waffe, die Renata in der Hand hielt und auf den Boden gerichtet hatte. »Geben Sie Harley seinen Revolver zurück, und lassen Sie uns reden.«

»Warum sollte ich mit Ihnen reden wollen? Wahrscheinlich haben Sie mir hier ohnehin schon alles verdorben. Ich werde die Flucht ergreifen müssen.«

»Vielleicht nicht.«

»Renata hat recht«, mischte sich Harley ein. »Sie hatte vorhin außer mir noch einen anderen Verfolger. Sie war bereits mit ihm fertig geworden, als ich in Erscheinung trat – sein Pass ist auf den Namen Raoul Falbon ausgestellt. Ich habe ein Handyfoto von ihm an Venable geschickt – das ist Gradys Freund bei der CIA, und er hat sich gerade bei mir gemeldet. Falbon lässt sich vom Meistbietenden anheuern, doch er arbeitet hauptsächlich für Molino.«

»Mit ihm fertig geworden?«, hakte Megan nach.

»Ich habe den Mistkerl getötet«, erklärte Renata unumwunden. »Was denken Sie denn? Dass ich ihm einen Klaps gebe, damit er sich morgen wieder an meine Fersen heftet? Das wäre nicht besonders schlau gewesen.«

»Das stimmt«, pflichtete Grady ihr bei. »Und jetzt muss Molino einen anderen schicken. Das verschafft uns ein wenig Zeit.«

»Das verschafft mir ein wenig Zeit«, korrigierte Renata. »Dank Ihnen brauche ich diese Zeit auch.«

»Wir haben Molino nicht zu Ihnen geführt«, erwiderte Megan. »Er konnte unmöglich den Namen der Person kennen, nach der wir gesucht haben. Ich kannte ihn bis vor kurzem selbst nicht.«

»Dann hat er ihn von derselben Quelle wie Sie erfahren.«

Megan schüttelte den Kopf. »Unmöglich.«

»Erzählen Sie mir nichts. Sie haben ja keine Ahnung, wozu er fähig ist, wenn er etwas haben will.«

»Das weiß ich, glauben Sie mir.« Megan sah ihr unverwandt in die Augen. »Ich war dabei.«

»Blödsinn. Sie waren all die Jahre in Ihrem sicheren Versteck in Georgia. Sie haben ja keinen Schimmer.«

»Woher wollen Sie das wissen?« Sie erinnerte sich an etwas. »Und woher wussten Sie, wie ich aussehe?«

»Aus der Chronik.«

»Was?«

»Fotos. Berichte. Ihre Mutter wurde gefunden und in die Chronik aufgenommen, als sie ein Teenager war. Danach haben wir Sie beide im Auge behalten, bis Sie mit fünfzehn von der Bildfläche verschwanden. Es hat lange gedauert, aber Edmund ist es schließlich gelungen, Sie in Ihrem zweiten Studienjahr ausfindig zu machen.«

»Edmund …«

»Edmund Gillem.« Renata schwieg einen Moment. »Er lebt nicht mehr.«

Ihre Stimme klang gefasst, aber Megan war erschüttert, wie viel Schmerz in diesen Worten lag. Am liebsten hätte sie die Arme nach Renata ausgestreckt, aber das wäre, als würde man versuchen, ein wildes Tier zu trösten. »Nein, er ist nicht mehr am Leben; er starb in seinem Wohnwagen in Rom. Er war sehr tapfer.«

»Er war ein Narr. Ich habe ihm gesagt, er soll fliehen.« Renata holte bebend Luft. »Wie ich es jetzt tun werde.«

»Zu viele Menschen haben schon vor Molino die Flucht ergriffen.«

»Glauben Sie, mir wäre es nicht lieber, wenn ich bleiben und versuchen könnte, dem Hurensohn den Garaus zu machen? Aber das geht nicht. Nicht jetzt.«

»Weil Sie die Chronik haben«, warf Grady ein.

»Das hab ich nicht gesagt.«

»Nein, das stimmt«, gab ihr Megan recht, »aber Edmund hat es gesagt.«

Renata erstarrte. »Sie lügen. Edmund hätte das niemals jemandem erzählt. Lieber wäre er gestorben.«

»Sie haben recht; er ist gestorben, um das Geheimnis zu bewahren und Sie nicht zu verraten.« Und leise fuhr Megan fort: »Und als er starb, hat er für Sie gebetet, Renata.«

Renata starrte sie lange an. »O Scheiße.« Sie wirbelte herum. »Kommen Sie, Megan, lassen Sie uns ein Stückchen gehen.«

»Verstehe ich das richtig – Grady und ich sind nicht eingeladen?«, fragte Harley. »Dann bleiben Sie wenigstens auf dem Weg, dass wir Sie im Auge behalten können.«

Renata gab keine Antwort, und Megan musste sich beeilen, um sie einzuholen.

Renata hatte die Hände in den Taschen vergraben und schaute starr vor sich hin. Ein paar Minuten sagte sie gar nichts, und als sie das Wort ergriff, klang ihre Stimme unsicher. »Sie sind eine Lauscherin?«

»Ja.«

»In der Chronik stand, dass Sie eine werden könnten, aber wir waren nicht sicher.« Sie blinzelte, um die Tränen zurückzuhalten. »Edmund hat darauf gewettet, dass Sie das Talent im Laufe der Jahre entwickeln.« Sie schluckte. »Ich habe ihn für verrückt erklärt und dagegengehalten, dass Sie bis jetzt keinerlei Anzeichen gezeigt haben und die Fähigkeit eine Generation überspringen kann.«

»Ich wünschte, es wäre so.«

»Aber dann könnten Sie mir jetzt nicht von Edmund erzählen, stimmt’s? Wann war es?«

»Vor drei Tagen. In seinem Wohnwagen außerhalb von Paris.«

Wieder schwieg Renata, dann fragte sie zaghaft: »War es … schlimm für ihn?«

Megan wollte nicht lügen. »Schrecklich.«

»Mein Gott.« Renata blieb stehen und schloss die Augen. »Ich wusste es. Aber ich musste es hören.«

»Er war sehr tapfer und fest entschlossen zu verhindern, dass Molino noch jemandem etwas antun kann.«

»Er war ein solcher Narr. Er war mit mir übereingekommen, dass er schon beim kleinsten Hinweis darauf, dass jemand hinter ihm her ist, fliehen würde. Das hat er nicht getan. Als er vor drei Monaten hier war, sagte er, er hätte nur so ein Gefühl, und er hatte nicht die Gabe, in die Zukunft zu sehen. Er hat darüber gelacht.«

»Aber er hat sich immerhin so unwohl gefühlt, dass er die Chronik an Sie weitergegeben hat.«

»Ja.«

»Werden Sie sie mir geben? Ich verspreche, dass Molino sie nicht in die Hände bekommt.«

Renata starrte sie erstaunt an. »Guter Gott, nein! Edmund ist für diese Chronik gestorben, und er hat sie mir zur Aufbewahrung gegeben. Ich werde sie nie aus der Hand geben.« In ihrer Stimme schwangen Entschlossenheit und Leidenschaft mit. »Was glauben Sie, wer Sie sind? Sie wissen gar nichts.«

»Ich bemühe mich zu lernen, Renata. Unterrichten Sie mich.«

»Ich habe keine Zeit. Bleiben Sie einfach weg von mir. Sie ziehen das Unglück an.«

»Das kann ich nicht. Ich muss Molino ein für alle Mal aufhalten – er ist auf die Chronik aus. Grady sagte, dass Molino immer im Verborgenen bleibt, und wir müssen ihn aus seinem Versteck locken. Die Chronik bietet uns vielleicht die einzige Möglichkeit, ihn zu stoppen.«

»Dann sollten Sie lieber über eine andere nachdenken. Ich setze die Chronik nicht aufs Spiel.«

»Es besteht keine Gefahr. Wir würden Sie niemals …«

»Nein«, wehrte Renata ab. »Hören Sie auf damit.«

Megan fügte sich kopfschüttelnd. »Okay, dann behalten Sie die Chronik. Aber laufen Sie nicht vor uns davon. Wir werden Sie beschützen. Wir wollen weiß Gott nicht, dass Ihnen etwas zustößt.«

»Weil Sie Angst haben, dass dann die Chronik für immer in der Versenkung verschwinden könnte.«

Ärger loderte in Megan auf. »Zum Teufel mit Ihnen. Ist es zu viel verlangt, wenn ich Sie bitte, mir zu glauben, dass ich Sie nicht tot sehen möchte? Edmund muss Sie gern gehabt haben. Er hat für Sie gebetet. Und er hat mich dazu gebracht, Sie zu mögen. Sie haben ihn gefoltert und fürchterliche Dinge mit ihm gemacht, ehe sie ihn in den Tod getrieben haben. Ich würde nicht zulassen, dass man ihm noch etwas nimmt. Er wollte, dass Sie leben, und, bei Gott, Sie werden leben. Wenn Sie weglaufen, werde ich Ihnen folgen. Wenn Sie sich verstecken, werde ich Sie finden.«

Renata sah sie erstaunt an. »Ich wollte nicht … Oh, vielleicht wollte ich es doch.« Sie reckte trotzig ihr Kinn. »Ich habe Grund, an Ihnen zu zweifeln. Für mich sind Sie eine Fremde.«

»Sie wissen nur das über mich, was Sie in der Chronik gelesen haben.«

»Das waren sehr spärliche Informationen. Edmund konnte kein detailliertes Profil von allen erstellen. Wir sind zu viele.«

»Dann fülle ich die Lücken. Weil Sie mich kennenlernen müssen. Sie müssen mir vertrauen.« Megan ging weiter. »Etwas anderes lasse ich nicht zu. Ich möchte nicht, dass Sie in Panik geraten und vor mir davonlaufen, wenn ein Verdacht bleibt. Was wissen Sie über Neal Grady?«

»Er versucht schon Jahre, Familienmitglieder zu finden. Er war bei der CIA und hat ein Talent. Edmund hielt es für eine gute Idee, auf ihn zuzugehen, bevor er jemanden von uns aufspürt. Er glaubte, mit Grady reden zu können. Ihm gefiel, was er über ihn herausgefunden hatte.«

»Aber er hat es nicht getan.«

»Wir sind vorsichtig, handeln nicht spontan. Edmund wollte weitere sechs Monate warten, ehe er etwas unternahm.«

Was für eine Tragödie, dachte Megan. Die beiden Männer waren langsam aufeinander zugegangen. Hätte Grady Edmund zwei Tage früher gefunden, und wäre Edmund nicht so vorsichtig gewesen, dann hätte das Grauen im Wohnwagen verhindert werden können. »Aber ihm sind diese sechs Monate nicht mehr geblieben«, sagte Megan. »Ich wünschte wirklich, er hätte Verbindung zu Grady aufgenommen.«

»Er musste sichergehen. Grady war nicht der Einzige, der hinter ihm oder uns her war.« Sie presste die Lippen zusammen und fuhr dann fort: »Und schließlich ist Molino erst durch Ihre Mutter auf uns aufmerksam geworden. Dieses Tribunal-Protokoll wäre für ihn bedeutungslos gewesen, wenn es nichts mit Sarah zu tun gehabt hätte.«

»Erwarten Sie, dass ich mich entschuldige?«, wollte Megan wissen. »Vergessen Sie’s. Meine Mutter hat nie etwas von der Familie Devanez gehört. Sie wollte nur überleben und dafür sorgen, dass Molino nicht noch mehr unschuldige Kinder in seine dreckigen Hände fallen. Dabei ist sie durch die Hölle gegangen. Versuchen Sie nicht, mir Schuldgefühle wegen Ihrer kostbaren Chronik einzureden.«

Renata überlegte eine Weile, dann sagte sie nachdenklich und mit einem kleinen Lächeln: »Sie ist kostbar. Genau wie die Kinder. Und Sie haben recht – es kann sein, dass ich Ihnen Schuldgefühle einreden wollte. Ich fühle mich in die Defensive gedrängt.«

»Niemand greift Sie an. Sie brauchen sich nicht zu verteidigen.«

»O doch«, erwiderte sie. »Das gehört zu meinem Leben.«

In letzter Zeit gehörte das auch zu Megans Leben. Allmählich spürte sie eine echte Verbundenheit mit Renata Wilger. Die junge Frau war impulsiv, misstrauisch und, nach allem, was Harley gesagt hatte, gewalttätig, aber sie hatte Edmund gern gehabt und war bereit, dafür zu kämpfen, dass die Chronik nicht gefunden würde. Die letzte Aussage barg eine Bitterkeit, die Megan ans Herz ging. »Dann seien Sie auf der Hut vor Molino. Sie sind hier unter Freunden.«

»Bin ich das?« Renata wandte sich ab. »Vertrauen Sie Grady?«

»Ja.«

»Und Harley?«

»Auch. Obwohl ich ihn nicht so gut kenne.«

»Ich traue keinem von Ihnen. Also können Sie aufhören, mich zu bedrängen.«

»So funktioniert das nicht. Sie werden mir vertrauen. Schön, wir beginnen mit Schritt eins. Sie können jemandem, den Sie nicht kennen, kein Vertrauen entgegenbringen. Sie sagten, Sie wüssten nur dürre Fakten über mich? Mir widerstrebt es, mich Fremden gegenüber zu öffnen. Das verletzt meine Privatsphäre. Aber Sie werden bald so viel über mich erfahren wie sonst nur eine Schwester.« Sie holte tief Luft. »Und ich werde mit meiner Mutter anfangen. Sie war lieb und witzig und gab mir immer das Gefühl, geborgen zu sein. Das war ihr wichtig, aber den Grund dafür erkannte ich erst, als …«

 

»Gütiger Gott, die reden schon über eine Stunde.« Grady richtete den Blick auf Megan und Renata, die ein paar Meter von ihnen entfernt auf einer Parkbank saßen. »Was, zum Teufel, haben sie sich zu sagen?«

»In diesem Punkt möchte ich keine Vermutungen anstellen«, erwiderte Harley. »Und ich bin kein bisschen neugierig.« Er sah Grady verschlagen an. »Aber dich macht es sicherlich wahnsinnig, die Situation nicht unter Kontrolle zu haben. Für dich ist es nicht leicht, wenn du ins Abseits gestellt wirst. Wie auch immer – ich möchte wetten, dass Renata Wilger eine harte Nuss ist. Wahrscheinlich würde sie am liebsten weglaufen, und Megan hat alle Hände voll zu tun, sie davon abzuhalten. Erstaunlich, dass sie so viel Geduld aufbringt.«

Grady überraschte das nicht. Megan war in mancher Hinsicht flatterhaft, aber sie konnte sich auch auf ein Ziel konzentrieren. »Sie will die Chronik, und Renata ist der Schlüssel dazu. Megan würde sie nie weglassen. Was wissen wir über Renatas Hintergrund?«

»Ihre Eltern sind beide tot. Ihr Vater war Deutscher, ihre Mutter amerikanische Staatsbürgerin. Den größten Teil ihrer Kindheit verbrachte sie in Boston bei ihrer Mutter. Keine Geschwister. Seit ihrem dreizehnten Lebensjahr ist sie so ziemlich allein – sie hat nur noch einen entfernten Cousin – Mark Altmann –, der sie in den Ferien, wenn das Internat geschlossen war, zu sich nahm. Offenbar ist sie hochbegabt; sie hatte Stipendien für die Schule und fürs Studium. Vor zwei Jahren hat sie in Harvard ihren Doktor in Betriebswirtschaft gemacht und eine Anstellung bei einer Investmentfirma angenommen, für die sie gejobbt hat, seit sie sechzehn war. Sie ist total auf ihre Arbeit fixiert und immer auf der Überholspur.« Harley holte Luft. »Es wird schwer für sie, wenn sie ihren Job aufgeben und von hier wegmuss.«

»Schlimmer wäre, wenn sie Molino in die Hände fiele«, meinte Grady. »Was ist mit diesem Cousin? Kann Molino über ihn an Renata herankommen?«

»Er hat einiges erlebt. Er war Agent beim Mossad, dem israelischen Geheimdienst, bevor er in den Ruhestand gegangen ist.« Harley wiegte betrübt den Kopf. »Und ich kann mir vorstellen, er hat Renata einige Dinge beigebracht, die man nicht aus Büchern lernen kann. Sie ist ein giftiger kleiner Skorpion.«

»Ich schätze, diese Lektionen könnten das Wertvollste sein, was sie je gelernt hat. War ihr Vater Jude?«

»Ja. Seine Großeltern waren in Auschwitz, und die meisten Verwandten sind nach dem Krieg nach Israel ausgewandert. Er blieb in München, hielt aber engen Kontakt zu seiner Familie dort.«

»Besteht eine Verwandtschaft zu Edmund Gillem?«

»Soweit ich weiß, nicht. Lass mir ein bisschen Zeit. Ich hatte bisher noch keine Gelegenheit, mich eingehender mit Renata Wilger zu befassen.« Sein Blick schweifte zu den Frauen. »Aber vielleicht übernimmt das Megan für mich.«

»Verlass dich nicht zu sehr drauf. Im Augenblick scheint Megan das Reden übernommen zu haben.« Noch ehe er das letzte Wort ausgesprochen hatte, erhoben sich Megan und Renata und kamen auf sie zu. »Wenigstens läuft dein Skorpion nicht in die andere Richtung.«

Die Gesichter der beiden Frauen drückten Argwohn aus. Keine Feindseligkeit, keine Freundschaft – Argwohn.

»Sie überlässt uns die Chronik nicht«, verkündete Megan. »Aber sie hat freundlicherweise erlaubt, dass wir ihr den Hals retten.«

»Ich kann selbst auf mich aufpassen«, sagte Renata. »Aber Megan meinte, dass ihr hinter Molino her seid. Ich kann ihn nicht allein zur Strecke bringen.« Sie starrte Grady an. »Ich will Molinos Tod. Er muss sterben. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um das herbeizuführen. Wenn ich jedoch das Gefühl habe, dass die Chronik in Gefahr ist, bin ich weg.«

»Mieten Sie sich im Hotel ein, damit wir ein Auge auf Sie haben können?«, erkundigte sich Harley.

Sie verneinte. »Aber ich melde mich.«

»Haben Sie Freunde, bei denen Sie bleiben können, Renata?«

»Machen Sie Witze? Wenn ich mich bei ihnen verkriechen würde, wäre ich eine miserable Freundin. Edmund hat mir schon vor Jahren eröffnet, dass er mir die Chronik in Verwahrung gibt, wenn die Dinge für ihn schieflaufen. Er hat mich beobachtet, seit ich ein kleines Mädchen war. Er wohnte bei uns, wann immer er in München war, und er war wie ein Bruder für mich. Ich dachte, er wäre nur Marks Freund, aber dann sagte er mir, dass er mich als Bewahrerin auserwählt hätte. Er fand, ich sei perfekt für diese Aufgabe geeignet. Ich hatte bis auf Mark keine Familie und war ein solcher Bücherwurm, dass mir keine Zeit blieb, viele Freundschaften zu schließen. Und nachdem er mir gesagt hatte, dass er mir die Chronik übergeben würde, habe ich die wenigen Freunde, die ich hatte, aufgegeben.« Sie wandte sich ab. »Keine Angst, ich habe mich lange Zeit darauf vorbereitet. Ich rufe Sie morgen an, wenn ich irgendwo untergekommen bin.« Sie wartete eine Antwort gar nicht erst ab, sondern steuerte den Ausgang des Parks an.

»Was soll das heißen?«, murmelte Megan, während Renata außer Sicht war. »Sie hat ihre Freunde aufgegeben, weil sie wusste, dass sie eines Tages die Verantwortung für die Chronik tragen würde? Damals musste sie noch ein halbes Kind gewesen sein.«

»Offenbar hat Gillem Gehirnwäsche betrieben«, meinte Harley.

Megan wirbelte zu ihm herum. »Das hat er nicht getan. So etwas hätte er niemals gemacht. Er hatte sie gern, das weiß ich.«

»Okay, okay.« Harley hob abwehrend die Hände. »War nur so ein Gedanke.«

»Sie will die Chronik genauso beschützen wie er. Und es muss ihm schwergefallen sein, sie in eine solche Gefahr zu bringen.« Megan ging los. »Anscheinend hat sich ihre ganze Welt nur um diese verdammte Chronik gedreht.«

»Und das tut sie noch«, ergänzte Grady, der ihr folgte. »Und unsere Welt scheint ein Spiegelbild der ihren zu werden. Kommst du, Harley?«

»Noch nicht. Ich gebe Renata noch ein paar Minuten, dann gehe ich ihr nach.«

»Was?«

»Ich habe auf dem Weg hierher einen Sender in ihre Jacke gesteckt.« Er holte einen Mini-Empfänger aus der Tasche. »Ursprünglich hatte ich vor, die Wanze in ihrer Wohnung zu installieren, aber dann wollte ich verhindern, dass sie einfach so in der Versenkung verschwindet. Ich traue ihr nicht.«

»Ich habe lange Zeit gebraucht, um sie davon zu überzeugen, dass sie von uns nichts zu befürchten hat. Falls sie die Wanze findet und sauer wird, bekommen Sie was von mir zu hören.«

»Ihnen würde noch weniger gefallen, wenn sie abhaut und wir nicht wissen, wo sie steckt.« Harley machte sich auch auf den Weg. »Vertrauen Sie mir. Ich bin vorsichtig.«

 

Renata klappte ihr Handy auf, sobald sie in ihrem Wagen saß. Sie erreichte Mark in Berlin. »Ich musste heute Nacht einen Mann töten. Molino weiß, dass ich die Chronik habe. Megan Blair ist hergekommen und hat ihn auf meine Fährte gebracht. Ich bin auf der Flucht.«

»Megan Blair …«, wiederholte Mark nachdenklich. »Du hast vorausgesehen, dass sie auf dich zukommen könnte.«

»Das war eins von drei möglichen Szenarien. Es hing davon ab, ob sie mit Grady zusammenkommt. Das ist sie. Sie möchte Molino mit der Chronik eine Falle stellen.«

Mark lachte leise. »Unglaublich. Aber wenigstens hat sie die richtigen Ziele. Findest du eine Möglichkeit, sie für dich einzusetzen?«

»Kann sein.« Sie schwieg einen Moment. »Sie ist eine Lauscherin, Mark. Sie hat Edmunds Ende erlebt. Es war … schlimm.«

»Das hatten wir bereits vermutet.«

»Aber ich wusste es nicht.« Sie bemühte sich um einen ruhigen Tonfall. »Sie sagte … er hat für mich gebetet.«

»Er hat gebetet, dass du stark genug bist, die Chronik sicher zu verwahren.«

»Das glaube ich nicht.«

»Renata!«

»Mir geht’s gut. Es war nur ein Schock für mich.« Sie räusperte sich. »Und du weißt, dass ich auf die Chronik aufpasse.«

»Dann finde einen Weg, Megan Blair für deine Zwecke auszunützen. Molino kommt dir allmählich zu nahe.«

»Sie gehört zur Familie, Mark.«

»Und es geht um Molino, Renata.«

Natürlich hatte er recht. Megan Blair hatte, indem sie nach München gekommen war, nicht nur ihre Sicherheit gefährdet, sondern auch die der Chronik. Sie musste den Instinkt, die Familienmitglieder zu schützen, ignorieren. Opfer waren manchmal unvermeidlich. »Ich weiß, dass wir ihn ausschalten müssen. Ich werde dich nicht enttäuschen.«

»Hier geht es nicht um mich, sondern um die Familie. Ich bin überzeugt, dass du nicht scheitern wirst. Melde dich, wenn du Hilfe brauchst. Ich werde Himmel und Hölle in Bewegung setzen.« Damit unterbrach er die Verbindung.

Ja, ich weiß, dass Mark immer für mich da ist und mir auf jede nur erdenkliche Weise helfen würde, dachte sie, als sie das Handy zuklappte. Aber seine Problemlösungen waren manchmal ziemlich hastig und tödlich. Ihr widerstrebte es, ihn auf Megan Blair loszulassen.

Erst würde sie versuchen, die Sache allein zu regeln.

 

Es war kurz vor vier Uhr morgens, als Megan und Grady ins Hotel zurückkamen.

»Dir bleiben nur noch ein paar Stunden Schlaf«, sagte Grady, als sie das Wohnzimmer durchquerte und zu ihrer Zimmertür ging. »Renata hat uns ein bisschen Luft verschafft, indem sie diesen Falbon ausgeschaltet hat, aber wir wissen nicht, wie viele Informationen er an Molino weitergegeben hat. Falls Molino weiß, dass wir in München sind, sollten wir lieber aus der Stadt verschwinden.«

»Nicht ohne Renata Wilger«, erklärte Megan. »Ich lasse sie nicht allein. Wir können uns hier in München ein anderes Quartier suchen.« Sie öffnete die Tür. »Du willst die Chronik? Wir werden sie bekommen.«

»Und du willst Edmund Gillems kleinen Protegé beschützen.«

»Er hat für sie gebetet«, erwiderte sie. »Seine Gebete werden erhört.« Sie machte die Tür hinter sich zu.

Mein Gott, bin ich müde, dachte sie auf dem Weg ins Badezimmer. Harleys Anruf hatte sie aus dem Tiefschlaf geweckt, und jetzt war sie erschöpfter als zuvor. Die Chronik wurde allmählich zum Mittelpunkt, um den all ihre Gedanken kreisten und auch die der Leute um sie herum. Sie nahm mythische Proportionen an, dabei war es nur ein Buch, verdammt noch mal. Kein Mensch sollte bereit sein, für ein Buch sein Leben zu opfern.

Und niemand sollte bereit sein, für ein Buch zu töten, wie es Molino tat.

Was ging ihr da durch den Kopf? Gleichgültig, wie klein sie die Chronik redete, sie hatte offensichtlich Auswirkung auf das Leben Tausender, sonst wäre Edmund nie freiwillig dafür gestorben.

Sie wusch sich das Gesicht und zog sich aus. Hör endlich auf zu grübeln. Gönn dir ein bisschen Schlaf, damit du morgen neu durchstarten kannst.

Nein, bevor sie zurück ins Bett ging, würde sie Dr. Gardner anrufen und sich nach Phillip erkundigen. Wahrscheinlich war es dumm zu hoffen, dass sich an seinem Zustand etwas ändern würde, aber sie wollte ihn nicht aufgeben.

Pandora ließ die Hoffnung in der Büchse, als sie all die anderen Geister befreite.

Nun, sie war nicht Pandora, sie würde keine sein, stattdessen wollte sie sich mit aller Macht an die Hoffnung für Phillip klammern.