Der Panzer
«Da hab ich eine Sache...!» rief nochmals der alte Dorini und schlug sich mit der Faust auf die Brust.
Don Camillo verlor die Geduld. «Hören Sie einmal, seit einer halben Stunde wiederholen Sie diese idiotischen Worte wie eine Maschine. Entweder leeren Sie den Sack aus und sagen, was Ihnen im Magen liegt, oder ich schmeiße Sie hinaus und gehe schlafen.»
«Hochwürdcn, es handelt sich um eine große Sache», sagte jammernd der alte Dorini.
«Sie werden doch keinen Ochsen in der Brust haben!» ärgerte sich Don Camillo.
«Schlimmer», stöhnte Dorini. «Wenn es nur ein Ochse wäre, dann wäre es nur ein Spaß.»
Don Camillo erhob sich hinter dem Tisch und stemmte die Fäuste in die Hüften und stellte sich vor den Alten.
«Darf man also wissen, was es ist?» schrie er.
«Ich weiß es nicht genau, weil ich von solchem Zeug nichts verstehe», stotterte der Mann. «Es ist eines jener Dinger aus Eisen mit Raupenketten.»
«Ein Traktor?»
«Ja, eine Art, er hat aber eine Kanone drauf.»
Don Camillo schaute ihn fassungslos an und dachte, daß es nur zwei Möglichkeiten gäbe: entweder war der alte Dorini betrunken, oder er war verrückt geworden.
«Ein Panzer?» fragte er.
«Ein Panzer oder so etwas. Ich habe ihn schon seit fünf Jahren und kann seither nicht mehr schlafen.»
Wenn der alte Dorini einen Panzer im Magen hatte, war es natürlich, daß er nicht schlafen konnte. Aber nicht ebenso natür-lieh schien es Don Camillo, daß der alte Dorini in eine Sache mit Panzern verwickelt sein könnte, nachdem er doch seit Jahrzehnten seinen Hof nicht verlassen hatte.
«Eine alte Sache, aus dem April 1945, als sich die Deutschen zurückzogen», setzte der Alte auseinander. «So ein Ding fuhr über meine Felder zur Straße. Nicht weit von meinem Hof blieb er stehen, weil darin etwas kaputt war. Dann öffnete sich der Deckel, drei Deutsche sprangen heraus und begannen in ihrer Sprache zu fluchen. Sie gingen immer wieder um diesen Koloß herum, dann ging einer weg, vielleicht weil er Hilfe holen wollte. Die beiden anderen warteten. Nach einer Weile kam einer auf meinen Hof und bedeutete mir, daß er Durst habe. Wir hätten ihm den ganzen Keller gegeben, wenn er wieder gegangen wäre. Dann kam auch der andere, und sie gurgelten ganze Flaschen hinunter. Ich habe nie in meinem Leben Leute mit so einem Magen gesehen. Der dritte aber, der losgezogen war, um Hilfe zu holen, kam nicht, und die beiden Kerle fuhren fort, den Wein zu saufen, als ob es Zuckerwasser gewesen wäre. Wir haben alte Weine, die in den Kopf steigen; nach einer halben Stunde oder etwas mehr hätte man die beiden wie Säcke herumtragen können... Dann haben wir eine Gemeinheit begangen!»
Der alte Dorini stockte und ließ einen Seufzer los.
«Was habt ihr, zum Teufel, gemacht?» rief Don Camillo entsetzt. «Umgebracht?»
Jetzt war der Alte entsetzt.
«Um Gottes willen, Hochwürden! Sehen wir so aus, als ob wir fähig wären, Christenmenschen umzubringen, die uns nichts getan haben? Nein. Auf der Straße waren andere Deutsche. Wir hielten einen Lastwagen an und brachten ihnen bei, daß bei uns zwei Besoffene liegen. Da sprang ein Feldwebel ab, groß wie ein Elefant, packte die beiden Unglücklichen am Kragen und warf sie auf den Lastwagen, als ob sie zwei Säcke voll Lumpen wären. Und weg waren sie!»
Don Camillo war immer noch fassungslos.
«Und das ist die ganze Gemeinheit?»
«Nein, nur der erste Teil», erklärte der Alte. «Das war nämlich so: Als meine Söhne sahen, daß sich nichts mehr rührte, warfen sie Stroh über den Panzer. Als in der Nacht der dritte Kerl, der losgezogen war, um Hilfe zu holen, mit einem Reparaturwagen zurückkehrte, erzählten wir ihm und den andern, daß die beiden den Panzer in Ordnung gebracht hätten und vor einer halben Stunde davongefahren seien.»
Don Camillo schaute noch immer fassungslos den alten Dorini an. Eine so unglaubliche Sache hielt er nicht für möglich.
«Wissen Sie, Hochwürden, sie hatten alle eine so verdammte Eile, abzuhauen», erklärte in aller Einfachheit der Alte. «Wenn man abhaut, dann nimmt man nicht alles so genau. Und Sie wissen, die Deutschen haben damals viel zurückgelassen. Man hat viele Panzer und Lastwagen in den Kanal geschmissen, damit sie nicht die Straße versperren.»
«Jetzt verstehe ich», erwiderte Don Camillo. «Ich verstehe aber nicht, warum ihr dieses Zeug noch immer im Magen habt!» Der Alte breitete die Arme aus.
«Hochwürden, wir waren scharf auf diese Maschine! Wir hatten gedacht, daraus einen Traktor zum Pflügen machen zu können. Und so haben wir in der Nacht das Stroh entfernt und das Fahrzeug mit Zeltplanen gut bedeckt. Dann bauten wir über dem Panzer den Schindelhaufen auf, der etwa zwanzig Meter davon entfernt gewesen war. Eine harte Arbeit, Hochwürden! Aber heute würden Sie, auch wenn Sie es wüßten, niemals glauben, daß unter dem Holz ein Panzer steckt. In diesen fünf Jahren haben wir das Holz nach und nach erneuert, damit es nicht morsch wird. Eine nette Sache, wie es sich gehört.»
Don Camillo schaute den Alten herausfordernd an. «Ausgezeichnet!» schrie er. «Warum kommt Ihr aber zu mir und erzählt mir diese Geschichte? Darf ich wissen, was ich mit Euren Dummheiten zu tun habe?»
«Hochwürden!» jammerte der Alte. «Wem sollte ich es sonst erzählen? Nur Sie können mich von diesem Alpdruck befreien. Ich will dieses verfluchte Zeug nicht mehr im Haus haben! Wenn man es entdeckt, wird man sich weiß Gott was denken.»
«Und mit Recht, weil Ihr nach dem Abzug der Deutschen den Panzer sofort der Behörde hättet melden müssen!»
«Hochwürden, wir dachten, einen Traktor aus ihm zu machen! Zu dieser Zeit war alles möglich. Was haben wir denn im Grunde genommen Schlechtes getan? Der Panzer ist einfach dort geblieben, und niemand konnte etwas mit ihm anfangen. Jetzt möchten wir, daß ihn die Behörde findet. Aber nicht unter unserm Holz und auf unsern Feldern. Es würde genügen, ihn fortzuschaffen und einige Kilometer entfernt auf der Straße stehenzulassen.»
Das war ein verrückter Gedanke, und Don Camillo setzte das dem Alten auseinander.
«Aber gewiß: Man schleppt ihn einige Kilometer weg und läßt ihn dann im Straßengraben liegen. Kommt einer vorbei, so sagt er: (Schau, schau, da hat jemand einen Panzer verloren; man muß ihn auf das Fundamt bringen.) Und damit wäre alles erledigt! Donnerwetter, versteht Ihr nicht, daß es Nachforschungen über Nachforschungen geben würde? Versteht Ihr nicht, daß die Carabinieri das letzte Kalb in der Gegend einem Verhör unterziehen würden? Versteht Ihr nicht, daß die Wahrheit herauskommen würde? Und wer sollte übrigens den Panzer von Eurem Hof wegschleppen?»
Der Alte begann zu schluchzen, und als ihn Don Camillo so verzweifelt sah, beruhigte er ihn.
«Ihr könnt jetzt gehen; laßt mich überlegen, was man da machen könnte - und wer für die Hilfe in Frage käme.»
«Tun Sie es nur, Hochwürden!»
Der Alte ging, und Don Camillo, anstatt sich ins Bett zu legen, dachte über diese merkwürdige Geschichte mit dem Panzer nach.
Nach der Frühmesse lief Don Camillo zu Peppone und fand ihn in der Werkstatt. Als er ihn erblickte, machte Peppone das Gesicht eines Menschen, der plötzlich von furchtbaren Zahnschmerzen befallen wird.
«Peppone», sagte Don Camillo, «könntest du einen Panzer brauchen?»
Peppone schaute ihn finster an.
«Wenn es ein schwerer Panzer wäre und Sie sich verpflichten, ruhig zu liegen, wenn ich mit ihm über Sie rolle, dann schon.»
«Ich weiß nicht genau, um welche Panzertype es sich handelt», erklärte ruhig Don Camillo. «Ich weiß, daß es ein deutscher Panzer ist und demnach eine massive Sache. Man müßte ihn an einem bestimmten Ort abholen und einige Kilometer weiter wegschleppen.»
Peppone schob den Hut in den Nacken.
«Hochwürden, haben Sie heute nacht viel geträumt?» erkundigte er sich.
«Ich habe überhaupt nicht geschlafen», antwortete Don Camillo. «Es geht darum, einen armen Teufel, der auf seinem Hof den Panzer versteckt hält, von diesem Alpdruck zu befreien. Die Deutschen haben ihn auf seinem Feld stehengelassen, als sie abzogen. Er hatte sofort gedacht, der Widerstandsbewegung einen Dienst erweisen zu können, wenn er dieses kriegerische Zeug verstecke. Dann war aber der Krieg aus, und er hatte keinen Schneid mehr, den Panzer bei der Behörde zu melden. Er hatte ihn inzwischen liebgewonnen. Jetzt hegt er ihm aber im Magen. Jetzt ist er zu mir gekommen, nicht um seine Sünde vor Gott zu beichten, sondern meine tatkräftige Hilfe zu erbitten. Ich kann aber nicht mit Panzern umgehen - und wenn du mir nicht hilfst, gibt es einen Krach.»
Peppone war nicht überzeugt, daß Don Camillo im Ernst redete.
«Solche Geschichten interessieren mich nicht», erwiderte er. «Das können Sie im Vatikan erzählen. Dort gibt es Leute, die sich auf Panzer verstehen.»
Don Camillo ließ sich nicht aus der Fassung bringen.
«Nehmen wir aber jetzt an, daß der wackere Mann, dem der Panzer im Magen liegt, auch Söhne hat, die bei einer Partei eingeschrieben sind, sagen wir - von der äußersten Linken. Soviel ich weiß, wurde der Panzer nicht in der Erwartung der Revolution des Proletariats versteckt. Wenn aber die Polizei den Panzer jetzt dort entdeckt, wer würde verhindern können, daß die üblichen böswilligen Leute den versteckten Panzer mit der Revolution des Proletariats in Verbindung bringen?»
Peppone zuckte mit den Achseln.
«Machen Sie, was Sie wollen, Hochwürden; meine Papiere sind vollkommen in Ordnung, und ich weiß nichts von Panzern.»
«Jetzt weißt du davon, weil ich es dir gesagt habe», erwiderte ruhig Don Camillo. «Hätte ich die Sache politisch ausnützen wollen, dann wäre ich anstatt zu dir direkt zu den Carabinieri gegangen. Ich will zwar, daß der Panzer der Behörde angezeigt wird, möchte aber niemandem Unannehmlichkeiten bereiten. Darum schau dir den Panzer an, vielleicht kannst du ihn zum
Fahren bringen. Man wartet am besten einen günstigen Augenblick ab, bringt ihn bis zum Kanal am Waldrand und läßt ihn dort liegen. Dann verständigt man die zuständige Stelle, so daß ihn die Behörde finden kann.»
Peppone schlug mit dem Hammer auf den Amboß. «Phantastisch! Unwahrscheinlich sogar! Die Sache wird noch vollendeter, wenn man Peppone hinschickt und die zuständige Stelle im richtigen Augenblick verständigt, so daß Peppone erwischt wird, wenn er mit dem Panzer spazierenfährt. So bekommt man den Panzer und wird Peppone los, der ins Zuchthaus wandert.»
Don Camillo schüttelte den Kopf.
«Ausgezeichnete Idee, aber sie paßt mir nicht. Wenn nämlich Peppone tut, wie ich ihm sage, werde ich im Panzer zusammen mit Peppone sein.»
Peppone betrachtete ihn lange, ohne ein Wort zu sagen. Dieses Schweigen bedeutete so viel wie eine lange Rede.
In derselben Nacht standen sie beim Schindelhaufen. Der alte Dorini hatte den Befehl erhalten, nicht einmal seine Nase aus dem Fenster zu stecken. Sie trugen einige Lagen Schindeln ab und legten den Turmdeckel frei. Peppone hatte die Taschenlampe mitgenommen und verschwand im Rumpf aus Stahl. Er war eine Weile unten, und als er wieder erschien, war er naß vor Schweiß.
«Man muß die Batterie wieder aufladen», erläuterte er. «Dann werden wir sehen. Der Motor scheint in Ordnung zu sein.»
Sie bauten den Schindelhaufen wieder auf und entfernten sich.
Zwei Nächte später kamen sie mit der aufgeladenen Batterie wieder. Es war eine stürmische Nacht, mit Wind und Donner, wie geschaffen für ein solches Abenteuer. Peppone arbeitete einige Stunden im Rumpf, dann erschien er einen Augenblick und sagte:
«Ich versuche, den Motor anzulassen; wenn Sie glauben, daß Gefahr besteht, geben Sie mir ein Zeichen, und ich hör dann sofort auf.»
Es war aber nichts zu befürchten. Peppone versuchte immer wieder anzulassen und gab erst auf, als die Batterie wieder entladen war.
Peppone kam aus diesem Sarg heraus und fluchte auf die Deutschen und alle ihre Fahrzeuge. Zwei Nächte später kam er aber wieder, und nach zwei Stunden Arbeit gelang es ihm, den mächtigen Motor anzulassen.
Die Schindeln wurden wieder über dem Panzer aufgeschichtet.
«In der ersten Gewitternacht führen wir den Streich aus», erklärte Peppone.
Dann dachten sie nach und beschlossen schließlich, daß es besser sein würde, eine ganz gewöhnliche Nacht zu wählen; es war nämlich die Zeit des Pflügens, und ab zwei Uhr nachts ratterten so gut wie überall auf den Feldern die Motoren, und die Dunkelheit war hier wie dort von den Scheinwerfern der Traktoren durchbrochen. Wenn man zum Waldrand am Kanal kommen wollte, mußte man die Straße nicht überqueren. Es genügte, die Karrenwege zu kennen. Die Gefahr war nicht allzu groß.
Im letzten Augenblick beschloß Peppone, daß Don Camillo den Panzer nicht besteigen sollte. Don Camillo mochte bei Tag die Strecke untersuchen und in der festgesetzten Nacht als Führer vorangehen.
«Und wenn Sie mir einen Priesterstreich spielen, schieße ich mit der Kanone nach Ihnen», warnte ihn Peppone.
Don Camillo studierte mit größter Sorgfalt die Strecke, und es kam die bewußte Nacht. Die Dorini lagen mit Herzklopfen in den Betten und steckten den Kopf unter das Kissen. Peppone entfernte nicht mehr Schindeln, als notwendig war, um den Panzer zu besteigen, ließ den Motor an und schaltete entschlossen den Gang ein, während Don Camillo sich in aller Eile bekreuzigte und seine Seele Gott empfahl.
Der Schindelhaufen wankte. Die Panzerketten gruben sich zuerst ein wenig in den weichen Boden, dann setzte sich der ganze Stapel in Bewegung, um nach und nach auseinanderzufallen, während das Ungeheuer aus Stahl davonfuhr.
Schließlich war der Panzer frei. Er war nicht einer von den allergrößten Ungeheuern, aber immerhin ein ganz anständiger Kerl. Don Camillo rannte mit geraffter Soutane, wie von einem Monstrum verfolgt.
Es gab ein Kettengerassel, daß man davon eine Gänsehaut bekam; die Motoren der Pflüge ratterten aber in der Nacht, und die Geräusche gingen ineinander über. Der Tanz hatte begonnen, und man mußte tanzen.
Peppone verstand sein Geschäft. Im Krieg hatte er viele Panzer repariert, und nun fuhr er ruhig und sicher. Es machte ihm Spaß.
Es war keine abenteuerliche Reise. Beim Kanal angelangt, der fast ausgetrocknet war, fuhr der Panzer in das Kanalbett und setzte die Fahrt mitten im Schotter fort. Das war vorgesehen, um keine Spuren zu hinterlassen. Da hielt aber Don Camillo die Maschine an und bestieg ebenfalls den Panzer. Er war müde und wollte sich an dem Spaß beteiligen.
Sie fuhren bis Pioppe, dort erklommen sie das andere Ufer, und da war schon der Waldrand. Unter Gestrüpp und Astwerk stellten sie den Motor ab und warteten eine Weile, um zu horchen. Ihr Herz schien sechs Zylinder zu haben, die auf vollen Touren liefen.
Sie hörten die Motoren der Traktoren rattern. Alles schlief, mit Ausnahme der Traktorenfahrer. Und diese konnten wegen des Lärms ihrer eigenen Motoren nichts gehört haben.
«Mit Gottes Hilfe scheint alles in Ordnung zu sein», flüsterte Don Camillo.
«Mit der Hilfe Gottes und der des verfluchten Peppone», ergänzte Peppone.
Sie warteten noch eine Weile schweigend und blieben im Panzerturm sitzen.
«Eigentlich ist es schade, eine so schöne Maschine wegzuschmeißen», seufzte Peppone.
«Sie ist nicht weggeschmissen», antwortete Don Camillo. «Sie wird noch ihren Dienst leisten.»
«Ja, vielleicht für euren Saukrieg?» brüllte Peppone.
«Besser für unsern Krieg als für euren Frieden!» erwiderte Don Camillo. «Eigentlich müßtest du stolz sein, zum Wiederaufbau der Armee deines Vaterlandes ein wenig beigetragen zu haben.»
Peppone verlor seine Ruhe und bewegte sich hin und her. Er wetzte unruhig auf dem Sitz herum und berührte dabei mit seinen Pranken einen Haufen Dinge, die er besser nicht hätte berühren sollen.
Die Kanone des Panzers war geladen, und dank der Vorzüglichkeit der deutschen Munition ging ein Schuß los.
Es war furchtbar; ein Kanonenschuß um diese Stunde und in dieser Situation machte tausendmal mehr Eindruck als die Explosion einer Atombombe.
Don Camillo und Peppone verließen nicht den Panzer, sie stürzten aus dem Turm hinaus und liefen, was die Beine hergeben wollten, und blieben erst dann stehen, als ihnen der Atem ausging.
Sie waren an den Fuß des Dammes am großen Fluß gelangt und blieben dort sitzen und konnten an nichts denken. Schließlich stotterte Peppone:
«Wenn ich nur wüßte, wo es hingegangen ist?»
«Was?»
«Das Geschoß, zum Teufel!»
«Das Geschoß?»
«Sicher! Sie glauben doch nicht, daß die Deutschen mit Kanonen losgezogen sind, die mit Wurst geladen waren.»
Sie dachten eine Weile nach, wohin dieser Schuß, zum Teufel, gegangen sein könnte, kamen aber zu keinem Ergebnis.
Sie gingen über die Felder heim und fanden im Dorf auf dem Platz einen heillosen Wirbel vor.
Sie wuschen sich im Pfarrhof Gesicht und Hände und mischten sich dann unter die Menge.
«Was ist los?» fragte Peppone gebieterisch.
«Jemand hat mit einer Bombe die Friedenstaube in die Luft gesprengt!» erklärte Smilzo außer sich.
Und in der Tat, die riesige Friedenstaube aus lackiertem Holz, die Peppone auf dem Dach des Hauses des Volkes hatte errichten lassen, war in Stücke geflogen.
«Wir lassen uns diese Herausforderung nicht gefallen, auch wenn Blut fließen sollte!» schrie Peppone. «Die spontane Empörung des Volkes wird ausreichen, um diese verbrecherische Tat der Feinde des Volkes zu brandmarken. Es lebe der Friede!»
«Er lebe!» schrien die anderen und gingen nach Hause schlafen. Sie waren alle schläfrig. Wenn nämlich die Reaktion die Anwendung von Bomben zur Sprache bringt, fühlen sich die revolutionären Elemente mehr denn je von der gutbürgerlichen Behaglichkeit angezogen.
Niemand hatte an jener Stelle des Waldrandes, wo der Panzer stand, etwas zu suchen, und so konnte auch der Panzer ruhig schlafen. Die Dorini hatten also genügend Zeit, um alle Felder zu pflügen, über die der Panzer gefahren war, und um den Panzer selbst unter einem dichten Gestrüpphaufen zu verstecken.
Als alles in Ordnung war, unterhielt sich Don Camillo eines Tages mit dem Wachtmeister und sagte ihm so nebenbei, daß es nicht schlecht wäre, ein gewisses Loch am Waldrand einmal zu untersuchen.
«Ich glaube, Sie werden dort einen vollständigen und fahrbereiten deutschen Panzer finden», sagte er ihm im Vertrauen.
Der Wachtmeister begab sich an den Waldrand und kam zurück.
«Alles in Ordnung?» fragte Don Camillo.
«Alles in Ordnung», antwortete der Wachtmeister. «Ich habe einen vollständigen und fahrbereiten Panzer vorgefunden. Es ist aber kein deutscher, sondern ein amerikanischer Panzer.»
Don Camillo breitete die Arme aus.
«Die Einzelheiten sind von zweitrangiger Bedeutung, nur die Hauptsache zählt.»
Als er dann einige Zeit später dem alten Dorini begegnete, sagte er:
«Du Unglückseliger! Das waren nicht Deutsche auf der Flucht, sondern Amerikaner im Anmarsch gewesen.»
Der Alte zuckte mit den Achseln.
«Hochwürden, Italien ist wie ein Seehafen, Leute kommen und gehen. Wie soll man wissen, wer geht und wer kommt? Man versteht ja keinen!»
Der arme Teufel hatte nicht ganz unrecht.