ACHTZEHN
Giordan schaffte es kaum um die Ecke, bevor sein Magen rebellierte.
Bei Gott, er hatte nicht einmal von ihr getrunken, aber das schien keinen Unterschied zu machen. Sein Körper reagierte damit nur auf diese ungewohnte, diese wüste Brutalität und den Hass, den er gerade eben an den Tag – eigentlich die Nacht – gelegt hatte. Als er sich gegen die Backsteine einer Mauer lehnte, seinen Magen entleerte, betete er nur, dass Narcise ihn so nicht sah oder hörte.
Als er endlich fertig war, wobei er immer noch zitterte, angesichts der Gewalt, die sich da offenbart hatte, wischte er sich mit dem Handrücken den Mund ab, bevor er weiterging und die Nacht ihn verschluckte.
Sein rebellierender Magen war nicht der einzige Verursacher seiner Erschöpfung. Giordan war sich auch bewusst, dass Narcise den Biss an seinem Hals nicht ganz bis zu Ende gebracht hatte, und ihm daher noch Blut aus der Wunde rann. So fand er sich schließlich im Rubey’s wieder, wohin er unterwegs gewesen war, als er zufällig Narcise erspähte. Er war an dem Tag schon zuvor kurz dort gewesen, weil er in dem Haus einige private Gemächer angemietet hatte, und Rubey hatte ihm die Neuigkeiten von Woodmore aus Schottland erzählt. Als er später am Abend dann gerade wieder dorthin zurückkehrte, sah er Narcise, wie sie sich aus dem Haus schlich. Er hatte eigentlich gar keine Wahl gehabt, als ihr zu folgen.
„Giordan, bei der Heiligen Jungfrau, was ist geschehen?“, sagte Rubey, als sie in eines der privaten Zimmer stürmte, das er schlicht übernommen hatte und von wo er das anwesende Zimmermädchen kurzerhand hinausbeordert hatte. Als der derzeitige Favorit der Inhaberin, der auch bald schon ein Investor sein würde, durfte er sich das leisten. „Bist du krank?“, fragte sie.
Selbst hier, in diesem Zimmer, konnte er Narcise riechen ... und schon allein der Duft machte, dass es ihm in der Magengegend schwindelte. „Nicht mehr.“
Rubey kam an seine Seite und strich ihm das Haar aus dem Gesicht, das ihm an den heißen, verschwitzten Schläfen klebte. Sie machte nur tsss, als sie seinen Hemdkragen packte, lockerte und die Bisswunden freilegte. „Und so halten Sie es also mit der Wahrheit mir gegenüber, Giordan Cale.“ Sie roch nach Rosen und Gardenien – süß und blumig, ohne süßlich oder gar klebrig zu wirken.
Er schloss die Augen bei ihrer Berührung und versuchte, das scharfe, plötzliche Begehren zu unterdrücken, nach etwas anderem. Nach mehr.
Etwas, was er einmal gehabt hatte.
Er hatte sein eigenes Herz, ja seine Seele selbst, betrogen, als er Narcise dort angefallen hatte. Er hatte ihr wehtun wollen – mit Worten und Taten – selbst noch, als er sie begehrte. Sich nach ihr verzehrte.
Wie beschämend und ironisch zugleich, dass er seinen Ausweg in solcher Raserei gesehen hatte. Er hätte seine Zähne in sie geschlagen, sich gepackt und genommen, was sie ihm anbot ... aber irgendwie, war die Vernunft dann doch wieder zu Wort gekommen und hatte den Sieg davongetragen.
Diese zerstörerische Wut war nicht nur aus Gedanken entsprungen, es war sein Körper selbst. Er hatte solche Wut schon so lange unter Kontrolle gehabt ... was war heute Nacht nur geschehen?“
„Was war los, Giordan? Willst du es mir nicht sagen?“, Rubey, die sich eigentlich gerade dringend um all ihre Mädchen und die Kunden kümmern musste, saß neben ihm, widmete sich voll und ganz ihm.
„Da gibt es nichts zu erzählen“, sagte er, und er fragte sich da auch, warum er eigentlich hierher gekommen war. Er hätte in seine eigene Privatgemächer gehen und nach Kritanu rufen lassen sollen.
Es war dieser sehr alte Mann aus Indien, der ihm geholfen hatte, zu begreifen, was ihm nach jenem entscheidenden, sonnigen Tag in der Gasse widerfahren war, wo sein Mal gebrannt hatte. Drishni, eine der erlesenen Tropfen im Château Riche, hatte ihr Möglichstes getan, um ihm zu helfen, nachdem er zurückkam und alles, was er von anderen trank, wieder von sich gab ... aber es war erst nach einem langen Gespräch mit Kritanu, dass Giordan begriffen hatte, wie er sich verändert hatte.
Mit seinem geschwächten und geschundenen Körper war er in eine Spirale aus Dunkelheit und Verzweiflung gestürzt, aus Gewalt und Zerstörung ... aus Hoffnungslosigkeit ... und da – so hatte Kritanu ihm erzählt – da hatte sich sein Geist dem Mokscha geöffnet. Der Erleuchtung.
Etwas von jener machtvollen Heiterkeit und dem großen Frieden, etwas Starkes davon, hatte den Weg gefunden, die Finsternis des Teufels zu überwinden.
„Und auch wenn du mir hier gerade etwas vorschwindelst, Giordan Cale, so sehe ich doch nicht ein, warum du es dir nicht anders überlegst.“ Rubey bot ihm ihr Handgelenk an, während sie es sich neben ihm auf dem Bett gemütlich machte und sich mit dem anderen Ellbogen abstützte. „Ich sehe auch, dass du mich auf eine ganz andere Weise brauchst.“
Giordan schluckte, zögerte ... aber sie hatte Recht. Sein Körper fühlte sich derart geschunden und zerquält an. Auch er wusste, er brauchte eine Stärkung. Und auch wenn es nicht das war, was er so schrecklich begehrte, war es das was er brauchte. Und so nahm er ihren Arm und ließ seine Zähne hineingleiten, um von ihr zu trinken.
Damals, als er sich von den Ereignissen in jener Gasse erholte, fand Giordan nur durch Zufall heraus, dass er immer noch Blut trinken konnte ... solange er vorsichtig war. Und das kam nach drei Wochen, in denen er seinen Mageninhalt jedes Mal, wenn er Blut trank, sofort und von Krämpfen geschüttelt, wieder nach oben beförderte. Er konnte nichts bei sich behalten – und das Lebensblut, das er getrunken hatte, kam mit solcher Wucht hoch – es ließ ihn erschöpft und ausgelaugt zurück, sein Magen wund und sein Hals und sein Mund völlig ausgetrocknet und rauh.
Sein Körper verweigerte alles, was mit Gewalt zu tun hatte.
Aber dann war endlich Drishni zu ihm gekommen und hatte ihm ihren Arm angeboten. Sie war einer der Neuzugänge unter seinen erlesenen Tropfen. Und als er dann den Strom ihres Lebensblutes in seinem Mund schmeckte, rein und sauber und süß, hatte Giordan vor Erleichterung fast geweint ... denn da wusste er. Er wusste, sie war die Antwort. Warum, das fand er erst später heraus: weil sie sich nur von Pflanzen ernährte, und von Nüssen und Getreide.
Sie aß nichts, was man sich durch Tod oder Gewalt verschafft hatte – und es war jene Sucht nach Tod und Gewalt, die sein Körper jetzt bekämpfte. Jetzt, da ihn das weiße Licht des Friedens gefunden hatte.
Während der Qualen dieser schweren Zeit konnte Giordan die Augen schließen und das Licht wiederfinden. Das gleiche Licht, das in seinem Geiste aufgeblitzt war, als er sich in der Gasse der brennenden Sonne ausgeliefert, nicht mehr widersetzt hatte. Wähle.
Jetzt, da Rubeys warmes, sauberes Blut in seinen Mund strömte, dachte Giordan wieder einmal, wie dankbar er dafür war, dass sie ihm helfen konnte. Und dass sie willens war, es zu tun, und auch intelligent war und die ganze Sache sehr pragmatisch anging.
Es wäre um so vieles leichter gewesen, wenn er sie hätte lieben können.
Er trank ohne Hast, ohne Gier, und es war ihm ein Leichtes, das leichte Kribbeln und die Erregung zu ignorieren, die automatisch mit dem Trinken einsetzte. Obwohl ihr Atem sich veränderte, und er spürte, wie ihr Körper allmählich auf ihn reagierte, machte Rubey keinerlei Anstalten ihn zu berühren, wie sie es sonst tat. Als wüsste sie, dass er es nicht könnte.
„Corvindale ist hier“, sagte sie nach einer kurzen Weile, vielleicht nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass er wieder etwas Farbe in den Wangen hatte. „Er bringt Neuigkeiten.“
Giordan löste sich augenblicklich von ihr und schaute sie überrascht an. „Warum hast du mir das nicht sofort mitgeteilt?“, sagte er, nachdem er den letzten Tropfen geschluckt hatte.
„Ich konnte sehen, dass du keineswegs in der Verfassung dafür warst. Man musste sich erst um dich kümmern.“
„Ich bin keine Mimose“, herrschte er sie an, während er sich aufsetzte.
Rubey streckte ihm den Arm hin, damit er es zu Ende brachte, und tätschelte ihm mit der anderen Hand die Wange. „Wenn du dich selbst gesehen hättest, Giordan, Liebes, würdest du nicht solche dummen Dinge behaupten.“ Sie beendete ihre Liebkosung mit einem kleinen Kneifen an seinem Kinn.
Er runzelte die Stirn, aber versorgte ihre Wunde mit seinen Lippen und seiner Zunge. Sie erschauerte leicht bei der weichen Berührung, und ihre Augenlider senkten sich lustvoll. Er konnte den intensiveren Moschusduft wahrnehmen, den ihr Körper jetzt verströmte, und sein eigener Körper erbebte leicht zur Erwiderung.
„Bei der Jungfrau, wenn dich eine andere nicht auf alle Zeit für den Rest ruiniert hätte, würde ich meinen Handschuh für dich in den Ring werfen, Giordan, reich und schön und liebenswürdig und freundlich, welche Frau will das nicht“, sagte sie, ihre Stimme rauchig und voller weicher, halb gesungener irischer Laute. „Aber du bist ruiniert“, sagte sie und setzte sich auf und ließ dann ihre Beine vom Bett gleiten. „Und so werde ich dir jetzt die schlechte Nachricht überbringen. Corvindales Neuigkeiten betreffen Narcise.“
*
„Wo warst du?“, fragte Chas aufgebracht, als er in das Zimmer stürmte, in dem Narcise gerade saß.
Er war außer sich gewesen, hatte zuerst das gesamte Freudenhaus von oben bis unten nach ihr abgesucht und sich dann in den nahe gelegenen Straßen nach ihr umgesehen, hatte Diener und Passanten befragt, ob sie ihnen vielleicht aufgefallen sei. Keiner hatte sie bemerkt, und er war sich schon so gut wie sicher, dass Cezar es geschafft hatte, sie ihm unter der Nase wegzuschnappen.
Narcise schaute ihm gelassen direkt in die Augen. „Ich bin spazieren gegangen.“
Da war etwas in ihren Augen, etwas anderes.
„Du bist spazieren gegangen, ohne irgendjemanden darüber zu unterrichten, wohin du gehst? Ist es dir nicht in den Sinn gekommen, ich könnte besorgt sein, dass dir etwas geschehen sei?“
„Was kann mir in London schon geschehen? Ich bin eine Drakule und kann besser mit dem Schwert umgehen als jeder Mann, der mir bislang begegnet ist“, erwiderte sie, immer noch ruhig und nüchtern. „Niemand kann mir ein Leid tun. Und ich muss auch niemandem mehr Rede und Antwort stehen.“
„Was, wenn Cezar hier wäre? Was, wenn er seine Gemachten auf dich angesetzt hat?“, fuhr Chas fort, den es jetzt überhaupt nicht mehr bekümmerte, dass er fast so schrill und herrschsüchtig wie seine despotische Schwester Maia klang.
Narcise – Gott im Himmel, wie konnte jemand nur so absolut atemberaubend sein? – fixierte ihn nur mit diesen blauvioletten Augen, mit diesem schwarzen Kreis um die Iris, ein einziger, dicker Zopf über der Schulter vorne. Er wusste, er würde immer noch glatt und gerade wie eine Rolle Seide sein, wie ein schwarzblauer Wasserfall schimmern, wenn der Zopf gelöst war. Das Herz schlug ihm heiß in der Brust, schwoll an, bei dem Gedanken, was sie beide nachher noch gemeinsam erleben könnten, wenn er den Zopf löste.
Ihre Wangen waren gerötet und ein bisschen dunkler als sonst, und der Saum ihres Kleides war schmutzig und nass. Die dreckige Spitze eines arg mitgenommenen Schühchens lugte darunter hervor, und in ihrem Gesicht war ein Streifen von Schmutz – und ... Blut? Auch an ihren Lippen. Als ob sie sich geschnitten hätte.
„Was hat Sonia dir erzählt?“, fragte sie.
Rubey. Verflucht und verdammt. Chas setzte sich in einen Sessel neben dem Sofa, auf dem Narcise saß. Er wusste, irgendwann musste er es ihr erzählen ... er war nur nicht darauf vorbereitet gewesen, es so bald schon zu tun. Er brauchte Zeit, um über alles nachzudenken.
Und wie er hier so saß, wusste er , dass sich alles jetzt ändern würde.
„Als du ihr den Knopf von Cezars Mantel gegeben hast, was hat Sonia da gesagt?“, fragte Narcise noch einmal. „Mir hast du erzählt, sie habe nichts klar erkennen können.“
Wieder schien es ihm, als wäre etwas an ihr anders ... sie strahlte mehr Selbstsicherheit aus, sogar etwas mehr inneren Frieden, irgendwie ... und dann lauerte da aber auch noch etwas Dunkles und Unruhiges in ihren Augen. Als hätte sie große Schmerzen.
Hatte er ihr das angetan?
Er senkte den Kopf, und dann sah er sie direkt an. „Sie hat etwas gesehen ... ich wollte es dir nicht erzählen, Narcise. Ich wusste nicht, was es bedeutet, und ich wusste nicht, wie du dich dabei fühlen würdest, oder wie du reagieren würdest.“
„Was hat sie gesehen?“, ihre Stimme war angespannt und wütend.
„Sie sieht immer das, was eine Person am meisten fürchtet, vor allem anderen. Und als sie Cezars Knopf hielt, sah sie dich, Narcise.“
„Mich?“ Narcises Augen waren nicht länger kühl und wütend, sondern weit aufgerissen und schockiert. „Sie hat mich gesehen?“
Chas nickte. Sonia hatte die Vision als Narcise beschrieben, die sie kurz vorher in der Kutsche gesehen hatte, wie diese mit ihrem Fächer spielte. Die einzelnen Stäbe aus Elfenbein waren nur halb aufgezogen und bedeckten den unteren Teil ihres Kinns und einen Teil ihrer Wangen, während sie Sonia betrachtete. Verbarg sich hinter der Tatsache, dass ihr Gesicht halb verdeckt war, eine besondere Bedeutung?
„Wie kann das sein? Was kann das nur bedeuten?“, sagte Narcise, aber noch während sie sprach, konnte er sehen, wie ihr Gesicht sich veränderte: sie dachte nach, erwog vorsichtig alle Informationen ... was genau seine Befürchtung gewesen war.
Es würde seiner schönen und mutigen Narcise nur zu ähnlich sehen, sofort nach Paris zu eilen und sich selber zu benutzen, um wieder an Cezar heranzukommen. Er hingegen hatte vorgehabt, sie irgendwo erst sicher unterzubringen und dann selber nach Frankreich zurückzugehen und Cezar Moldavi endlich in Jenseits zu befördern.
Und dann wäre er zu Narcise zurückgekehrt, und sie würden einen Weg finden, wie sie zusammenbleiben könnten.
Denn jetzt, da Chas die Nachricht von Dimitris großer Verwandlung erhalten hatte, waren seine eigenen Hoffnungen noch größer geworden. Vor nur drei Tagen, während er und Narcise sich auf der Rückreise von Schottland befanden, hatte Dimitri eine Prüfung der Höllenqualen auf sich genommen, um Maias Leben zu retten ... und jetzt hatte auch er, wie durch ein Wunder, seinen Pakt mit dem Teufel gelöst. Ob es nun daran lag, dass er durch seine Studien einen Weg entdeckt hatte, oder aus irgendeinem anderen Grund, da war Chas sich nicht sicher. Aber die unumstößliche Wahrheit war, dass Dimitri wieder sterblich geworden war – das Zeichen Luzifers war von seiner Schulter verschwunden.
Und man hatte den finsteren, strengen Earl doch tatsächlich lächeln sehen.
Genau da flog die Tür auf, und Rubey trat herein, die keinerlei Skrupel hatte, in egal welches Zimmer ihres Etablissements hineinzuplatzen – ohne anzuklopfen. „Ah, ja. Ich dachte, ich hätte dich zurückkommen hören. Dimitri ist eingetroffen“, sagte sie zu Chas. „Er möchte auf der Stelle mit dir reden, Chas. Voss ist ebenfalls hier.“
Er erhob sich, wobei die Unterbrechung ihm zwar nicht unwillkommen war, aber auch beunruhigte.
„Wenn du gestattest, Narcise.“ Er blickte kurz zu ihr und wurde mit einem kühlen Blick belohnt, der ihm verriet, sie hatte ihm immer noch nicht verziehen. Zum Henker, Frauen regten sich ständig über irgendetwas auf. Zumindest verhielt es sich bei seinen Schwestern so. Er verbeugte sich in aller Form und folgte Rubey aus dem Zimmer.
Eines war sicher. Chas würde Narcise – oder sonst irgendjemandem, und ganz besonders nicht Rubey – nicht erzählen, was Sonia noch gesehen hatte ... als er ihr ein Taschentuch gegeben hatte, das Giordan Cale gehörte.
Laut Sonia, war Cales größte Furcht Narcise. Tot.
*
Narcise starrte hinter ihnen her, nachdem sich die Tür geschlossen hatte, und fühlte sich plötzlich zornig und zugleich irgendwie im Stich gelassen.
Rubey war hereingerannt, und Narcise hatte ihn auf der Stelle gerochen: elegant, maskulin, vertraut. Giordan. An ihr.
Es schnürte ihr den Hals zu, schmerzhaft und bitter, und Narcise konnte der Unterhaltung die sich danach entspann, kaum folgen, denn ihr ganzer Körper bestand nur noch aus schäumender Wut. Sie konnte es nicht fassen. Beim Schicksal selbst, Giordan musste hierher zurückgeflogen sein, und noch vor ihr beim Rubeys angelangt sein, ohne dass Narcise ihn gesehen hatte.
Und dann war er direkt von ihr zu Rubey gewechselt.
Von ihren Küssen, er, der sie fast verschlungen hatte, gierig, unbändig, und seine Hände überall an ihr gehabt hatte ... zu Rubey, der Dirnenmeisterin.
Zorn ergriff von ihr Besitz, und zum ersten Mal seit Wochen schmerzte ihr Mal nicht mehr. Narcise schloss die Augen und gab dem Luziferzeichen noch mehr Grund zu frohlocken, indem sie sich restlos diesem Zorn überließ.
Und dann – ebenso schnell, wie es gekommen war – verwandelte sich der Zorn in etwas noch Schrecklicheres. In Schmerz.
Ich habe dich geliebt.
Hatte er das wirklich? Sie schnaubte, nur zu sich selbst, versuchte, die Erinnerung an sein Gesicht von sich wegzuschieben ... das von heute Abend und dann auch das von jenem schrecklichen Tag, als er zu ihr gekommen war – danach. Und nach Cezar roch.
Die Starre in seinen Augen war damals die gleiche wie heute gewesen: grausig und gnadenlos. Zerquält.
Abrupt erhob Narcise sich und begann im Zimmer unruhig auf und ab zu laufen, angetrieben von Furcht und Kränkung. Wenn er sie liebte, warum, warum hatte er das getan, was er getan hatte? Wie konnte er nur?
Wie konnte er nur annehmen, sie würde ihn akzeptieren, nachdem er sie derart betrogen hatte? Jeder Verrat hätte sie getötet, nach all dem, was sie schon durchgemacht hatte ... aber dass es mit einem Mann sein musste ... und dann noch mit ihrem Bruder ... wie? Wie stellte er sich vor, dass sie so etwas jemals vergessen könnte?
War es nur sein Naturell als Drakule? Sich sein Vergnügen dort zu suchen, wo auch immer es sich darbot? Sich nur um sich selbst zu kümmern, und nichts anderes?
Natürlich war es so.
Sie war doch genauso gemacht. So wie Luzifer sie eben geschaffen hatte.
Sie konnte hier nicht länger bleiben. Sie brauchte frische Luft – saubere Luft, nicht eine Luft einatmen, die von seinem Duft verschmutzt wurde. Sie wollte wieder draußen sein, unter offenem Himmel, unter den Sternen und dem Mond, hinter seinen Wolken. Sie wollte wieder diese Kraft spüren, dieses Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl wie nur wenige Stunden zuvor, bevor Giordan es ihr wieder zerstört hatte.
Sie beachtete ihre etwas mitgenommene und schmutzige Aufmachung gar nicht, als sie rasch und geräuschlos zur Zimmertür schritt und dann in den Flur hinausspähte. Er war leer, und zum zweiten Mal in dieser Nacht schlüpfte sie hinaus und schloss die Tür hinter sich. Als sie den Flur hinunterlief, schlug sie, wie sie glaubte, die Richtung zur Eingangstür ein. Giordans Essenz hing immer noch in der Luft, zusammen mit der von Chas und Dimitri und sogar der von Voss. Das vermeinte sie alles zu riechen, aber beachtete es gar nicht, sondern ging einfach weiter.
Chas würde sich Sorgen machen, aber er würde auch lernen müssen, dass sie sich gut um sich selbst kümmern konnte. Und sie war auch wütend auf ihn, weil er sie angelogen hatte. Weil er ihr Informationen verschwiegen hatte.
Weil er sie partout beschützen wollte.
Sie war Cezars größte Furcht? Wie hatte sie da nicht von selbst drauf kommen können?
Was mochte das nur bedeuten?
Sonia Woodmore musste sich geirrt haben. Mit ihrem Zweiten Gesicht konnte etwas nicht stimmen.
Wie konnte Cezar Angst vor ihr haben, wo er sie doch die ganze Zeit unter seiner Kontrolle gehabt hatte.
Narcise kam gerade an der Tür zu einem Salon oder Empfangszimmer vorbei, als sie Stimme von Chas hörte. „Und wir werden Narcise hierüber selbstverständlich nichts erzählen. Sie könnte dem zustimmen.“
Sie erstarrte.
„Hältst du das für klug?“, fragte eine wohlklingende Stimme, von der sie sicher war, dass sie zu Voss gehörte. Offensichtlich hatten Chas und er das Kriegsbeil begraben. „Vielleicht könnte sie–“
„Ihr wolltet mir was genau nicht erzählen?“, fragte sie fordernd, als die Tür hinter ihr krachend gegen die Wand schlug. „Hast du denn gar nichts dazugelernt?“, fügte sie hinzu und starrte Chas eisig an.
Von den fünf Leuten im Zimmer wandten vier ihr das Gesicht zu, und sie durchzuckte dann die schreckliche Erkenntnis, dass die fünfte Person sie nicht anstarrte, weil es sich um Giordan handelte. Er schaute zu Boden, selbst als alle anderen Leute im Zimmer betreten dreinschauten und schwiegen.
Und sie wagte ebenso wenig, ihn anzuschauen, nicht wenn sie daran dachte, wo er gewesen war und was er gerade getan hatte ... nicht, wenn sein Blutduft noch in der Luft hing. Nicht, wenn ihr das Wasser im Mund beim Riechen dieses Aromas zusammenlief und wenn sie sich noch an das Gefühl erinnerte, wie sein Körper sich gegen ihren gepresst hatte ... nur wenige Stunden zuvor.
Stattdessen konzentrierte sie sich auf Chas, dessen bestürztes Gesicht seine Anspannung verriet. Er erhob sich von seinem Sessel. „Komm herein, Narcise. Es hat den Anschein, als würde man dich jetzt doch noch in die Neuigkeiten einweihen.“
Abgesehen von Chas und Giordan, befand sich im Zimmer natürlich noch Dimitri, und dann auch noch Voss. Und auch Maia Woodmore saß neben Dimitri auf einem Sofa, was Narcise ein wenig verwunderte. Denn sie saß ihm viel näher, als es für ein Mündel eigentlich schicklich war.
Im Gegensatz zum Betragen ihrer jüngeren Schwester Angelica an jenem Abend, an dem sie sich einige Monate zuvor in Dimitris Arbeitszimmer alle begegnet waren, war Maias Gesichtsausdruck, wenn sie Narcise betrachtete nicht anklagend oder angeekelt. Sie sah nur leicht neugierig aus, mit einem bisschen Sorge hineingemischt.
„Und so seid ihr alle dabei, über mich zu diskutieren, und ich habe keine Einladung zu dieser Zusammenkunft erhalten?“, sagte Narcise, während sie sich nach einer sicheren Sitzgelegenheit umsah. Chas wies sie auf den Sessel hin, von dem er gerade eben aufgestanden war, aber sie ignorierte ihn.
Giordan saß rechterhand auf einem anderen Sessel, und Voss saß auf einem Stuhl neben Dimitri. Neben Maia war noch ein Platz auf dem Sofa frei, und letztendlich erkor Narcise sich diesen Platz. Sie setzte sich, ihr Rücken kerzengerade und steif, während sie noch versuchte, das Durcheinander ihrer Gedanken unter Kontrolle zu bringen, und ihren Kopf klar zu kriegen.
„Wir haben eine Botschaft von deinem Bruder erhalten“, sagte Dimitri. „Ich hielt es für das Beste, Chas umgehend davon in Kenntnis zu setzen.“
„Ich war sofort der Meinung, man sollte auch dich informieren“, sprach Maia zu Narcise. „Ich würde es wissen wollen, wenn mein eigener Bruder etwas Derartiges tun würde.“ Sie warf Chas einen warnenden Blick von der Seite her zu und rümpfte die Nase.
„Maia“, wand Dimitri ein, wobei er ihr einen leicht gereizten Blick zuwarf – der eigentlich nur leicht gereizt zu nennen war, wenn man bedachte er kam von Dimitri – und dann zu Narcise sagte, „die Nachricht traf per Bluttaube heute Nachmittag in Blackmont Hall ein.“
Während sie sorgsam darauf achtete, nicht zu Giordan zu blicken, der genau hinter Dimitri saß, widmete Narcise dem imposanten Earl ihre volle Aufmerksamkeit. Aber aus den Augenwinkeln sah sie die Blutflecken an Giordans weißem Hemd, und sein elegant geformtes Handgelenk, wie es entspannt auf der Armlehne seines Sessels ruhte. „Wirst du mir auch verraten, was in der Nachricht stand?“
„In drei Tagen wird Napoleon Bonaparte in England einfallen“, beantwortete er mit seiner üblichen Direktheit ihre Frage. „Und dein Bruder kündigte ebenfalls an, er werde zusammen mit den kaiserlichen Soldaten auch seine eigene Armee gemachter Vampire entsenden, um dieses Land hier zu verwüsten.“
„Er sagte, sie würden die Kinder finden“, fügte Maia Woodmore noch hinzu, ihr zart geformtes Gesicht jetzt sehr ernst. „Und sie mitnehmen.“
„Maia“, entfuhr es Dimitri wütend. „Verdammt noch mal, ich hätte dich zu Hause lassen sollen.“
„Dann hätte ich den Weg hierher eben selber finden müssen, Gavril“, erwiderte sie. „So mussten wir wenigstens nur eine Kutsche in Anspruch nehmen.“
„Du hast versprochen, dich nicht einzumischen“, sagte er zwischen zusammengebissenen Zähnen.
„Ich habe nichts dergleichen getan. Du hast verlangt, dass ich es verspreche, aber ich habe dem gewiss nicht Folge geleistet. Wenn ich nicht hier wäre, hätte keiner von euch Narcise die ganze Geschichte erzählt“, schoss die Frau ebenso schnell zurück. „Wie soll sie denn eine Entscheidung treffen, wenn sie nicht über alles Bescheid weiß?“
„Eine Entscheidung?“, sagte Narcise. „Was für eine Entscheidung denn?“ Das Herz hämmerte ihr jetzt in der Brust, und sie konnte ein unangenehmes Ziehen in ihrer Magengrube spüren.
„Ob du zu ihm zurückgehst. Oder nicht“, unterbrach Giordan sein Schweigen.
Schweigen fiel über das Zimmer.
„Narcise“, sagte Chas nach einem Moment. „Du begreifst hoffentlich, warum wir es für besser hielten, dir nichts zu erzählen.“
„Nein“, sagte sie, ihre Lippen wie erfroren. Giordan hatte sich in seinem Stuhl zurechtgesetzt und blickte jetzt zu Chas. „Nein, das tue ich nicht. Was wolltet ihr denn dagegen unternehmen, wenn ihr mir schon nichts davon erzählen wolltet?“
„Wir waren gerade dabei, das zu erörtern, als du hier so dramatisch aufgetaucht bist“, erwiderte Voss mit einem entspannten Lächeln. „Ich kenne Cezar recht gut, aber da du ihn von uns allen hier wahrscheinlich am besten kennst, hast du vielleicht eine Idee oder einen Vorschlag hier beizutragen. Er hat versprochen, die Invasion des Kaisers abzublasen, wenn du zu ihm zurückkehrst.“
Narcise schüttelte ihren Kopf, Gedanken wirbelten in ihrem Kopf wild durcheinander. Zurückgehen? Zu Cezar zurückkehren? Niemals. Aber das Herz drohte ihr den Brustkorb zu zersprengen, und ihr Magen verdrehte sich derart, sie empfand nur noch Übelkeit. Die Invasion von Frankreich in England ging sie – oder jeden anderen Drakule – eigentlich nichts an, zumindest, was die Verteilung der Machtverhältnisse betraf.
Aber es ging hier auch um Vampyre, und Cezar würde sicherstellen, dass Kinder hier die Leidtragenden wären ... neben vielen anderen natürlich. Kinder. Wenn sie einer Rückkehr zustimmte, würden sie verschont werden. Und sie glaubte Cezar, glaubte, dass er Wort halten würde. Er hatte auch in der Vergangenheit stets Wort gehalten, denn er wusste, darauf gründete seine Macht über sie.
Aber zurückzukehren... Sie erschauerte. Nein.
„Ich werde nach Paris gehen“, sagte Chas knapp. „Es wird mir gelingen, ihn zu sehen–“
„Nein, Chas“, unterbrach Maia ihn. „Es ist zu gefährlich.“
„Sei still, Maia“, herrschte er sie an, was ihm einen warnenden Blick von Dimitri eintrug.
„Und dein Versuch, Moldavi zu töten, würde nicht notwendigerweise die Invasion von Napoleon verhindern“. Fügte Voss hinzu. „Obwohl–“
„Mein Versuch, ihn zu töten?“ Chas war zum Echo von Voss geworden. Seine Stimme war schneidend. „Eine schlechte Wortwahl–“
„Cezar könnte ihn aufhalten, wenn es in seinem Interesse läge“, sprach Narcise langsam. „Er hat den neuen Kaiser mit seinem Bann belegt.“
„Es scheint mir eine bisschen zu opportun, dass Bonaparte bereits seit Monaten mit seiner Armee in Bereitschaft dort sitzt, und in jedem Moment nach England übersetzen kann ... und jetzt behauptet Cezar, dass er die Invasion beschlossen hat“, sprach Dimitri nachdenklich. „Ich bin geneigt zu glauben, dass dein Bruder“, sagte er und blickte Narcise an, „tatsächlich hinter all dem hier steckt.“
„Und wenn er Napoleon dazu benutzt, in England einzufallen, dann kann er ihn auch ebenso gut davon abbringen“, sagte Narcise. Und ihr Teufelsmal zog sich jäh schmerzhaft zusammen ... weil sie daran dachte, wie es sein würde, wieder zu Cezar zurückzukehren. Sich wieder seiner Gewalt auszuliefern.
Ein kleiner Schauer überrumpelte sie – ein leichtes Schauern von Furcht und Beklemmung. Aber dann kam ihr wieder Sonias Prophezeiung in den Sinn. Ich bin seine größte Furcht. Wie kann das sein? Und wie könnte ich das nutzen?
Es gab ihr Kraft. Mit diesem Wissen bewaffnet, könnte sie zu Cezar gehen. Und wenn er sie fürchtete, dann gab es ihr wiederum die Gelegenheit, ihn zu töten.
Wenn es zu ihren Bedingungen geschah...
Narcises Herz hämmerte jetzt noch stärker. Würde sie es ertragen, dorthin zurückzukehren? Sie erinnerte sich an das tröstliche Gefühl von ihrer Klinge ... die Art und Weise, wie Cezars Augen aufleuchteten, wenn er sie anschaute, mit Entzücken und zugleich voller Hass.
In ihrem Magen spürte sie ein weiteres Ziehen. Es könnte wahr sein. Sie könnte in der Tat seine größte Furcht sein.
„Du ziehst es nicht wirklich in Betracht zu gehen“, sagte Chas und unterbrach damit das Schweigen. „Narcise.“ Seine Stimme war halb erstickt, heiser, und sie sah die Angst in seinen Augen.
Aber es war der Blick von Giordan, der am schwersten auf ihr lastete. Schwer, schweigend, unergründlich ... wie ein Felsklotz lag er auf ihr.
„Er fürchtet mich“, sagte sie, indem sie ihre Gedanken laut aussprach. „Er fürchtet mich mehr als alles andere auf der Welt.“
Das Zwicken an ihrer Schulter hatte etwas nachgelassen. Sie hatte Macht.
„Aber wie wird dir das von Nutzen sein?“, sagte Chas mit leiser Stimme, als ob er verzweifelt darum kämpfte, sie auch ja leise zu halten. „Wenn du erst einmal wieder bei ihm bist, bist du in seiner Gewalt. An jenem Ort. Er hat Federn, verdammte Federn, überall, Narcise.“
„Da wäre noch etwas“, sagte Miss Woodmore leise.
„Maia, nein“, sagte Dimitri, seine Stimme sauste wie ein Peitschenschlag nieder. „Ich verbiete es dir.“
Sie schaute zu ihm hoch, ein entschlossener, ein eiserner Ausdruck lag ihr auf dem Gesicht, und sie hob ihr Kinn an. „Du würdest es wissen wollen.“
Wütend starrte er sie aus seinen sterblichen Augen an, das Brennen darin war nun nicht mehr ein echtes Glühen, aber seine Augen waren dennoch von Wut entbrannt. „Maia, du verstehst nicht.“
„Gestattet mir“, ergriff Giordan wieder das Wort. Er setzte sich erneut zurecht, und zog damit unerbittlich Narcises Blick auf ihn. Seine Bewegungen waren so einstudiert und zufällig, dass ihre Lässigkeit nur gespielt sein konnte. „Ich vermute, dass Narcise nicht die einzige ist, die Cezar wiederhaben möchte.“
Dimitri stieß einen kurzen, wüsten Fluch aus – leise, aber doch hörbar – und wandte sich seinem Freund zu. „Das versteht sich von selbst“, fügte er dem soeben Gesagtem zu.
„Nur um es klarzustellen“, unterbrach Maia die beiden mit ihrer befehlsgewohnten Stimme, „Moldavi verspricht, die Invasion abzublasen, wenn Narcise oder Mr. Cale zu ihm zurückkehrt. Er braucht nicht notwendigerweise beide–“
„Ich werde gehen.“
Narcise stockte der Atem, als sie das nunmehr völlig ausdruckslose Gesicht von Cale erblickte, kaum hatte er die Worte gesprochen. Wie eine Maske. Leer, bar jeden Gefühls. Sie erkannte ihn ... und doch war es nicht wirklich und wahrhaftig er. Seine Augen ... sie erschienen wie tot. Und er blickte sie an.
Das Herz schlug ihr wieder wild in der Brust, und sie vermochte den Grund dafür nicht zu nennen. Das Bild von Cezar und Giordan zusammen stieg wieder vor ihrem inneren Auge hoch, und selbst die Erinnerung an das schreckliche Gebräu von Gerüchen an ihm, kam ihr da wieder. Ihr Magen hievte kurz, und sie biss sich auf die Lippen, verweigerte sich diesen Gedanken.
Dimitri wollte etwas sagen, aber Giordan schnitt ihm grob das Wort ab. „Sei kein Narr. Du kannst mich nicht davon abhalten.“
„Cale, es gibt sicher noch andere Mittel und Wege“, warf Voss ein. „Moldavi ist sicherlich noch nicht von unserer Verwandlung unterrichtet worden – wie Dimitri und ich uns verändert haben. Wir können Woodmore begleiten und uns ein für allemal um Moldavi kümmern.
„Nein“, sagte Narcise leise. „Nein, ich werde gehen müssen.“ Ihr Mal pulsierte jetzt wütend, eine einzige Pein, aber sie achtete nicht darauf. „Aber ihr werdet mir folgen. Wenn es sicher ist. Wenn ich sicher bin, dass er die Invasion abgeblasen hat. Ihr könnt–“
„Narcise“, wand Chas ein.
„Hör auf“, befahl sie ihm und hielt die Hand hoch. „Hast du es bereits vergessen? Ich bin eine Drakule. Ich denke nur an mich selbst. Und letztendlich wird mir das hier von großem Nutzen sein. Mit dem Wissen, über das ich jetzt verfüge, was meinen Bruder betrifft, habe ich mehr Macht über ihn, als ihm selber bewusst ist.“
„Aber wenn du erst einmal wieder dort drin bist“, setzte Chas erneut an. „Narcise, du weißt nicht, was dann alles geschehen kann.“
Sie schaute ihn unverwandt an. „Er wird mich nicht töten. Und alles andere kann ich ertragen.“ Und zumindest werden die Kinder verschont bleiben. Und der Krieg wird verhindert.
Und vielleicht ging es auch nicht mehr nur um sie.