29
Alimo holte Jasha und Ann vom Flughafen ab und fuhr sie durch die sommerliche Hitze zu dem französisch inspirierten Chateau, dem Firmensitz von Wilder Wines. Links und rechts der Landstraße erstreckten sich weitläufige Weinberge und die herrschaftlichen Anwesen der anderen Winzer.
Es war ein Nachmittag mitten in der Urlaubssaison, und als sie über die baumbestandene Allee rollten, stellte Jasha zufrieden fest, dass die Parkplätze gerammelt voll mit Autos und Bussen standen. Etliche Touristen standen Schlange, um an einer Weinprobe teilzunehmen, andere wiederum saßen an zünftigen Holztischen unter schattenspendenden Bäumen, wo sie irgendwelche pikanten Häppchen verdrückten und köstlichen Wein dazu tranken.
Seine Familie mochte zur Hölle und seine Romanze den Bach hinuntergehen - im übertragenen Sinne -, trotzdem boomte das Geschäft.
Im Erdgeschoss des kleinen Palais waren der Probierraum, der Weinverkauf und der Versand untergebracht. Im Keller erklärten die Touristenführer, wie aus Trauben Wein gemacht wurde, denn dort standen die Fässer mit dem jungen Most. In den beiden oberen Etagen befanden sich die Büros. Der Fahrer setzte Jasha und Ann vor dem hinteren Eingang ab. Sie schlüpften durch den eleganten Empfangsbereich zum Aufzug. Weicher Teppichboden schluckte ihre Schritte; beide trugen Geschäftskleidung, Ann hielt eine schlanke Aktenmappe unter den Arm geklemmt, in der sie die erste Ikone aufbewahrte.
Beide schwiegen.
Anfangs war Jasha gar nicht aufgefallen, wie einsilbig Ann reagierte. Nachdem er seinen Bruder für dessen Intuition und Forschungsarbeit überschwänglich beglückwünscht hatte, hatte er Rurik geholfen, ein Flugticket zu organisieren. Dann hatte er ihn zum Flughafen von Seattle gefahren. Nach seiner Rückkehr saß die gesamte Familie im Wohnzimmer und überlegte, was Rurik wohl finden mochte. Gold, einen sagenumwobenen Schatz oder bloß irgendwelchen Schutt und antike Scherben, die Daten und Aufschlüsse über die Frühgeschichte der Menschheit lieferten?
Das wäre zwar einerseits enttäuschend, für Rurik andererseits aber ein Wahnsinnskarriereschub. Damit würde er zusätzliche Forschungsgelder für weitere Grabungen lockermachen können.
Rurik hoffte indes, auf Informationen zu stoßen, wie sich der Pakt mit dem Teufel lösen ließe. Oder vielleicht auch - eine weitere Ikone zu finden.
Den ganzen Abend hatte Ann geredet und die anderen mit Fragen gelöchert. Diese Ausgrabungsgeschichte schien sie brennend zu interessieren. Erst am nächsten Morgen, als sie sich auf die Rückkehr nach Kalifornien vorbereiteten, war Jasha ihre Distanziertheit aufgefallen. Er hatte dies jedoch darauf zurückgeführt, dass Ann sich unterschwellig auf ihren Job einstimmte.
Irgendwann war ihm bitter aufgestoßen, dass sie mit allen sprach, bloß nicht mit ihm.
Und wieso nicht? Er hatte schließlich um ihre Hand angehalten. Hatte ihr seine Liebe geschworen.
Er tippte darauf, dass sie sauer war, weil er dabei nicht vor ihr auf die Knie gefallen war, weil er ihr weder rote Rosen noch einen Verlobungsring geschenkt hatte. Ihr nicht versprochen hatte, dass er sie auf Händen tragen würde. Aber das alles hatte er bei Meghan gemacht, und die war kein bisschen beeindruckt gewesen, zumindest nicht so beeindruckt, dass sie ihm ein fröhlich juchzendes Ja entgegengeschmettert hätte.
Zum Glück.
Außerdem war Ann eine ungeheuer sensible Frau. Sie konnte bestimmt nachvollziehen, dass seine Familie in diesem Fall Vorrang vor allem anderen hatte.
Für deine Familie würdest du alles tun.
Verdammt, er hätte sich ruhig ein bisschen mehr um Ann kümmern können. Stattdessen hatte er ihr demonstriert, dass er bloß mit dem Finger zu schnippen brauchte, und schon wurde sie schwach. Das war nicht clever gewesen. Aber wenn seine süße, sanfte, sensible Ann eigensinnig ihr Kinn vorschob und ihn eiskalt abservierte, weil sie fand, dass er sie nicht genug liebte, dann sah er rot. Dann war sein Kopf wie leergefegt, und ihm fiel keine bessere Taktik ein, als ihr mit der Glut seiner Leidenschaft zu beweisen, wie er für sie empfand.
Dummerweise schien sie überzeugt, dass er zwischen ihr und anderen Frauen keinen Unterschied machte.
Er schnaubte missmutig.
Fragend spähte Ann zu ihm.
Die Aufzugtüren glitten auf, und er ließ Ann höflich den Vortritt.
Er blieb stehen und beobachtete sie.
Sie bewegte sich anmutig und geschmeidig wie eine spanische Flamencotänzerin.
Gestern hatte sein Vater versucht, ihm Vernunft und Verantwortungsbewusstsein einzuprügeln, gleichwohl wollte Jasha nur eins: ihr nachstellen und sie vernaschen. Sich mit ihr auf dem Boden wälzen, sie küssen, bis sie vor Erregung stöhnte, ihr die Kleider vom Leib reißen und …
Junge, Junge, dich hat es ganz schön erwischt, was? Teufel noch, er hatte Mühe, sich auf seinen Job zu konzentrieren, hinzu kam der Nervenstress, dass ihm da draußen irgendwelche Verrückten auflauerten, die es auf sein Leben abgesehen hatten.
Liebte er Ann?
O ja, seine Gedanken kreisten ständig um sie. Er hatte Ann sogar seinen Eltern vorgestellt, damit sie in seiner Familie die Geborgenheit fand, nach der sie sich immer gesehnt hatte.
»Mr. Wilder! Miss Smith! Wir hatten ja keine Ahnung, dass Sie heute zurückkehren!« Die hübsche junge Rezeptionistin sprang dermaßen ertappt auf, dass Jasha vermutete, sie hätte heimlich einen spannenden Roman in ihrem Schreibtisch verschwinden lassen.
»Überraschung«, antwortete er.
Ann legte ihre Hand auf Nicoles, als diese den Telefonhörer aufnehmen wollte. »Behalten Sie es für sich. Es soll eine Überraschung bleiben.«
Sie durchquerten die Halle, gingen vorbei an den hohen Milchglastüren der Konferenzräume, wo ihre Weinhändler und -lieferanten tagten. Shawn, ihr Topverkäufer, stand mit dem Einkäufer für Austin Liquor zusammen und zeigte ihm die vielen Goldmedaillen, Auszeichnungen für ihre Spitzenweine. Er grüßte die beiden freundlich. Sein gut aussehender Boss und dessen attraktive Assistentin waren die optimalen Repräsentanten für Wilder Wines. Wenn die beiden irgendwann heiraten sollten, dachte Shawn, wäre dies die ultimative Werbung für ihr Weingut.
Ob da irgendwas geplant war?
Ann hatte bislang versucht, ihr Berufsleben strikt von ihrem Privatleben zu trennen.
In diesem Punkt pflichtete Jasha ihr bei. Büroaffären waren das Aus für jede effiziente berufliche Zusammenarbeit. Und er mochte auf die tüchtige Miss Ann Smith nicht verzichten.
Zumindest hatte er ihr bisher beigepflichtet.
Verdammt, jetzt hätte er eine Menge dafür gegeben, wenn sie sich ihm an den Hals geworfen hätte wie damals im Wald. Wenn sie ihm wenigstens ein ganz klein wenig entgegengekommen wäre. Aber nein, stattdessen versuchte sie dauernd, ihn abzuwimmeln.
Er nahm sich fest vor, ihr immer einen Schritt voraus zu sein. Inzwischen kannte er sie ziemlich gut, und wenn er es geschickt anstellte, konnte er sie dermaßen mit Arbeit zuschütten, dass sie gar nicht merkte, wie er heimlich die Strippen zog und ihr Leben bestimmte.
Celia Kim, Jashas Produktionsmanagerin, kam aus dem Kopierraum. Sie hielt den Kopf über einen Stapel Charts gebeugt und hätte die beiden fast angerempelt. Sie stutzte. Ein warmes Lächeln überkam ihr Gesicht. »Sie sind zurück! Haben Sie … äh … konnten Sie alles klären?« Sie blickte bedeutungsvoll von Jasha zu Ann.
Diesen speziellen Code kannte Jasha.
»Es ist alles okay«, meinte Ann kurz angebunden.
»Wir konnten eine Menge klären.« Er lächelte charmant, der kompetente Geschäftsmann - und Gentleman. »Es war sehr nett von Ann, dass sie mich besuchte. Ich hab sie nachher noch meinen Eltern vorgestellt.«
»Ach ja, wirklich?«, meinte Celia gedehnt.
Zwischen Anns Brauen schob sich eine steile Falte.
»Ja«, sagte er. »Um alles Weitere zu klären, werden wir in den nächsten Wochen eine Menge Überstunden machen müssen.«
Über Celias Gesicht glitt ein Strahlen. »Das freut mich für Sie.«
Ann lief schweigend weiter.
»Obwohl die Stimmung heute ein bisschen frostig ist«, raunte er Celia zu.
»Das erstaunt mich«, antwortete sie. »Sonst himmelt sie Sie an.«
»Es kam alles ein bisschen überraschend für sie.«
Celia blickte von ihm zu Ann. »Ich hoffe doch, im positiven Sinne.«
»Wir sind auf einem guten Weg.« Wenn er ehrlich mit sich selbst war, hatte er es sich mit seinem leidenschaftlichen Überfall bei Ann gehörig vermasselt. Hoffentlich fiel ihm schleunigst etwas ein, um die Geschichte wieder geradezubiegen.
Als Ann ihre Bürosuite erreichte, stellte Celia sich kurz entschlossen vor die Tür. »Wenn ich Sie wäre, würde ich da nicht reingehen.«
Ann drückte die Klinke hinunter. Die Tür war verschlossen. Sie blickte fragend von einem zum anderen.
Celias Lippen formten lautlos: »Jordan und Sophia.«
Der Chefwinzer und eine der Damen vom Empfang.
Jasha wurde zornesrot im Gesicht. »Ist das wahr?« In seiner Büroetage, wo Ann ihr Vorzimmer hatte und ihn gelegentlich vor der Außenwelt abschottete, wo sie lange Gespräche geführt und viele Abende länger gearbeitet hatten? Er drängte zur Tür, schloss auf und erwischte das Pärchen in einer heißen Umarmung, die nichts der Vorstellung überließ.
Die beiden stoben auseinander, und Jordan stammelte mit hochrotem Kopf: »Hören Sie, Jasha, ich kann Ihnen alles erklären.«
»Nicht, wenn ich Ihnen nicht zuhöre. Ihr zwei zieht euch schleunigst an und verschwindet. Ihr könnt euch in der Buchhaltung die Papiere abholen. In der Zwischenzeit ruf ich die Putzfrau an, damit sie auf Anns Schreibtisch sauber macht.« Jasha knallte wütend die Tür zu.
»Ich wusste, dass es irgendwann passieren würde.« Ann lehnte sich an die Längswand des Korridors. »Ich hätte nicht fahren dürfen.«
»Sie haben sich absolut nichts vorzuwerfen«, versetzte Celia scharf.
»Celia hat Recht.« Jasha fasste Anns Hand und zog sie durch den Gang zur Cafeteria. Celia folgte ihnen. »Ich kann so was zwar nachvollziehen« - er küsste Anns Finger - »aber die zwei sollen ihre erotischen Anwandlungen gefälligst woanders austoben und schon gar nicht während der Arbeitszeit.«
»Er ist ein widerlicher Anmachertyp, und sie ist« - Celia spähte zu Ann - »ein kleines unverschämtes Flittchen.«
Das war ihm schon aufgefallen. Wenn Ann zugegen war, hielten sich seine Mitarbeiter meist mit derart krassem Vokabular zurück. Für gewöhnlich hatte Ann diesen Effekt auf Menschen - in ihrer Gegenwart zeigten sie sich von der besten Seite.
»Hier sieht es aus wie in einem Saustall. Und wir waren gerade mal sechs Tage weg!«
»Ann sorgt hier sonst für Ordnung«, rückte Celia spontan heraus. »Sie kümmert sich um alles. Sie hat den Blick für das Wesentliche und ist unermüdlich im Einsatz.«
»Ann, ich glaube, ich geb dir eine Gehaltserhöhung.« Er lächelte sein hinreißendes Womanizer-Lächeln.
Aber das hätte er sich sparen können, denn Ann würdigte ihn keines Blickes. »Das bleibt dir überlassen.«
Sie hatte keine Lust, einzulenken oder über stürmische Leidenschaft zu diskutieren.
»Komm, ich hol uns was zu trinken.« Ann bekam ihre Hand frei. Nach einem Blick durch die leere Cafeteria legte sie ihre Aktenmappe auf den Stuhl neben Jasha und lief zum Kaffeeautomaten.
Celias Blick schwenkte vielsagend von Ann zu ihm.
Er zuckte wegwerfend mit den Schultern und grinste verkrampft wie ein ertappter Schuljunge. Wenn Celia merkte, dass da etwas im Busch war, würden seine Angestellten es über kurz oder lang auch mitbekommen. Dann würde das ganze Unternehmen gespannt mitverfolgen, wie es zwischen ihm und Ann so lief.
Scheißzivilisation. Scheiß auf den Dresscode und exzellente Umgangsformen am Arbeitsplatz. Er wollte zurück in den Wald, mit Ann, und mit ihr die Freiheit der Wildnis genießen.
Letztlich war das jedoch keine Lösung. Er hatte Verpflichtungen, musste sich um das Weingut kümmern und um seine Eltern. Und die wollten, dass er Nägel mit Köpfen machte. Sie drängten darauf, dass Ann seinen Ring an ihrem Finger trug und nachts mit ihm in einem Bett schlief.
Er deutete auf den Stuhl, der seinem gegenüberstand. Als Celia sich gesetzt hatte, beugte er sich verschwörerisch über den Tisch. »Wissen Sie, Celia, wir waren schließlich nicht im Büro. Als sie völlig unerwartet in meinem Wochenendhaus auftauchte, fand ihr Besuch eben irgendwie auf einer privaten Ebene statt. Und da konnte ich ihr unmöglich widerstehen. Ann trug dieses Wahnsinnskleid …«
»Ich hab ihr beim Aussuchen geholfen.«
»Sie haben einen fabelhaften Geschmack.« Er erinnerte sich automatisch wieder an das Kleid. Schwarzweiß mit einem einzigen großen Knopf in der Taille - er hatte beobachtet, wie Ann die Treppe hinuntergeschwebt kam, und bei jedem Schritt ihre olympisch langen Beine bewundern können.
»Und?«, bohrte Celia.
»Sie war schüchtern und süß - oh, ich mag nicht darüber reden. Der Gentleman genießt und schweigt.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Es war jedenfalls wundervoll.«
»Bis auf den Umstand, dass dieser Weindeal geplatzt ist.«
»Der war eher nebensächlich.« Er grinste zu Ann, die eben eine Tasse vor ihn stellte.
»Was ist während unserer Abwesenheit gelaufen?«, fragte Ann in geschäftsmäßigem Ton.
»Der Auftragsdeal mit den Ukrainern ist definitiv geplatzt. Sie haben uns mit einer Flut wütender Faxe überschüttet, aber nachdem wir euch nicht erreichen konnten, wussten wir nicht, wie wir reagieren sollten.« Man hörte Celia an, dass sie ziemlich viel Stress gehabt hatte.
»Die schaue ich mir nachher mal an«, sagte Jasha.
»Es war definitiv das falsche Unternehmen für eine internationale Kooperation.« Ann schob Celia eine Tasse zu. Sie stellte die Aktenmappe auf den Boden zwischen sich und Jasha und setzte sich auf den Stuhl.
»Stimmt.« Jasha starrte versunken in seinen Milchkaffee, bevor er den Blick auf Celia richtete. »Ich mochte die Typen, weil sie Russisch sprachen und ich keinen Dolmetscher brauchte, aber letztlich sind Dolmetscher preiswerter als Geschäftspartner, die sich wie Primadonnen aufführen.«
Ein erleichtertes Grinsen erhellte Celias umwölkte Miene, ihre Anspannung verlor sich allmählich. »Ja, das hab ich auch gedacht.«
»Ich wünschte, ich hätte das gewusst, bevor ich dich an der Küste ausfindig machen musste, Jasha«, versetzte Ann bissig.
Eine ganz neue Entwicklung bei ihr.
Aber immerhin redete sie wieder mit ihm.
»Na und? So hatten wir ein paar schöne Tage.« Jasha umschloss mit beiden Händen seinen Kaffeebecher. »Ich hab Ann meiner Familie vorgestellt. Wir haben lange über das Weingeschäft diskutiert und uns vorgenommen, innerhalb der USA zu expandieren. Wie finden Sie das, Celia?«
Seine Managerin lehnte sich zurück und lächelte entspannt. »Ich finde das genial. Ich hatte diese Strategie schon im letzten Jahr empfohlen und stehe weiterhin dazu. Diese Form der unternehmerischen Entscheidung birgt kaum Risiken, dafür aber ein großes Erfolgspotenzial.«
»Ah ja, ich erinnere mich an Ihren Bericht.« Seinerzeit hatte er die Idee verworfen. »Wenn Ann und ich wieder auf dem Laufenden sind, möchte ich, dass wir Ihre Strategie gemeinsam durchsprechen.«
»Selbstverständlich!« Celia warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Mist, ich hab gleich eine Telefonkonferenz. Schön, dass Sie wieder da sind …«
Mit dem Gefühl, seine Sache gut gemacht zu haben, beobachtete er, wie Celia durch den Gang verschwand. Sie war von Anns Seite auf seine übergewechselt, und vielleicht war das unfair gegenüber Ann, aber in diesem Coup d’Amour musste er jedes Geschütz auffahren, dessen er sich bedienen konnte. Folglich hatte er Anns Kollegin für seine Zwecke instrumentalisiert und damit brillant gekontert.
Er wandte sich erneut Ann zu. »Ich hoffe, in deinem Büro ist inzwischen sauber gemacht worden. Wenn nicht, kannst du so lange auf mein Büro ausweichen und mir bei der Durchsicht der Post assistieren.« Wenn sie allein in seinem Büro wären, konnte er die Tür abschließen. Und sich so lange mit ihr dahinter verschanzen, bis sie ihm ihre Liebe eingestand und in eine Heirat einwilligte. Bis sie sich endlich zu ihm bekannte.
Ihre Miene ernst und unbewegt, stand Ann auf und schnappte sich ihre Aktenmappe. »Selbstverständlich, Jasha.«
Er stand ebenfalls auf und fasste sie am Arm. »Ich möchte, dass du jemanden in deinen Job einweist, jemand, der vorübergehend deine Arbeit macht.«
Sie musterte ihn abschätzig kühl. »Weshalb?«
»Weil ich will, dass du dich voll und ganz darauf konzentrierst, herauszufinden, wer der Typ ist, der hinter dem ukrainischen Weinhandel steht.«
»Ich dachte, du bist dir so sicher, dass es einer von Olegs Söhnen ist?«
»Ja, aber ich will Genaueres wissen. Wie er mich gefunden hat, wie viel er über mich weiß … und was mit den Varinskis los ist. Ihre Schwachpunkte, die Größe ihrer Organisation. Ich will Namen wissen und, noch wichtiger, die entsprechenden Gesichter dazu. Es war ein gravierender Fehler von mir, dass ich die Varinskis als ernsthafte Bedrohung unterschätzt habe.«
»Was du sagst, stimmt. Und wie stellst du dir das weitere Vorgehen vor?«
»Sie dürfen auf gar keinen Fall merken, dass wir den Spieß umdrehen und uns auf ihre Fährte setzen.«
»Okay.« Ihre Augen wurden schmal, ihre Schritte energischer. »Ich werde Geekette bitten, während meiner Internetrecherchen die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen zu erhöhen. Wo soll er meinen Computer aufstellen?«
»In meinem Büro.«
Sie blieb abrupt stehen.
Er lief weiter. »Mein Büro ist das einzige im gesamten Gebäude, das sicher genug für so was ist.« Da sie nicht zu ihm aufschloss, drehte er sich zu Ann um.
Sie fixierte ihn aus zusammengekniffenen Lidern, als überlegte sie fieberhaft, wie sich ein Ausweg aus ihrem Dilemma finden ließe.
Jasha probierte es mit einer Überrumpelungstaktik. »Ann, wenn du mich nicht heiraten willst, ist das auch okay für mich. Mein Ego kommt damit klar.« Der Wink mit dem Zaunpfahl, dass sie ihm noch eine Antwort schuldig war. »Du weißt, du bist die Einzige, auf die ich mich bei dieser Recherche verlassen kann. Du bist intelligent und mit der speziellen Brisanz der Sache vertraut, dass du die Gefahren erkennst.« Mann, er trug ganz schön dick auf.
Sie nickte bedächtig und wartete.
Wartete, dass er auf den Punkt kam. Kluges Mädchen. »Und da du sowieso zu mir ziehen wirst …«
»Von wegen.«
»… damit du in Sicherheit bist …«
»Ich werde nicht bei dir einziehen!«
»… denn was du in Erfahrung bringst, unterliegt zwangsläufig strengster Geheimhaltung.«
Sie atmete mehrmals tief durch. Hörte er ihr überhaupt zu? Nicht wirklich.
»Wenn du nicht zu mir umziehen magst, dann überlass mir wenigstens die Ikone. Ich schließ sie so lange in meinen Safe.«
Ann drückte das Rückgrat durch und marschierte an ihm vorbei, als hätte sie einen Stock verschluckt. Wenn er sie angestupst hätte, wäre sie vermutlich der Länge nach hingeknallt. »Du bist ein Schuft, Jasha Wilder.«
Er sah ihr nach, wie sie mit arrogant gerecktem Kinn durch den Korridor verschwand, und grinste breit.
Er hatte eine Strategie, und Ann hatte keine Chance.
Nachtschwarze Küsse - Scent of Darkness
dodd_9783641034445_oeb_cover_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_toc_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_fm1_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_ata_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_fm2_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_fm3_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_ded_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_fm4_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c01_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c02_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c03_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c04_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c05_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c06_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c07_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c08_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c09_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c10_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c11_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c12_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c13_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c14_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c15_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c16_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c17_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c18_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c19_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c20_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c21_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c22_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c23_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c24_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c25_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c26_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c27_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c28_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c29_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c30_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c31_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c32_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c33_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c34_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_c35_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_bm1_r1.html
dodd_9783641034445_oeb_cop_r1.html