KAPITEL 6

DIE WERKZEUGE DER TRANSFORMATION

3-D-Drucker entwickeln sich zum Traum aller Alchemisten: Alles herstellen können.

»Tee. Earl Grey. Heiß.«

Wenn Captain Jean-Luc Picard in seinem Bereitschaftsraum an Bord des Raumschiffs Enterprise ein heißes Getränk haben will, dann spricht er diese Worte. Der »Replikator« des Schiffs fügt dann die notwendigen Atome zusammen – auch für die Tasse – und gibt das Getränk dann trinkfertig aus. Picard denkt sich nichts weiter dabei. Es ist für ihn so selbstverständlich wie für uns heute eine Mikrowelle. So wie wir heute in der Küche durch Mikrowellen Atome in Schwingungen versetzen und Wärme erzeugen (was in den 1950er-Jahren noch völlig undenkbar war), so bringt Picards Replikator durch eine raffinierte Energietechnik, die in Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert nie näher erläutert wird, die Atome dazu, sich zu Essen und Getränken zusammenzusetzen.

Das ist zwar Science-Fiction, aber nicht unmöglich. Wenn man einem 3-D-Industriedrucker heute bei der Arbeit zusieht, kann man mit ein wenig Fantasie die Anfänge von etwas sehr Ähnlichem erahnen. Eine Wanne mit Flüssigharz bildet die Ursuppe. Ein blitzartiger Laser zeichnet Muster hinein. Eine Gestalt nimmt Form an und erhebt sich aus dem nährenden Bad, wie durch Zauberei aus dem Nichts erschaffen.

Aber zurück zur Realität: Bis sich Moleküle von selbst anordnen, ist es noch ein weiter Weg, oder zumindest, bis sie es auf sinnvolle Weise tun. Ein 3-D-Drucker verarbeitet nur eine Materialsorte pro Druckvorgang, und wenn man Materialien kombinieren will, muss man mit mehreren Druckköpfen arbeiten oder zwischen den verschiedenen Materialien umschalten, ähnlich wie bei den unterschiedlichen Farbpatronen in einem Tintenstrahldrucker. Derzeit ist für uns nur eine maximale Auflösung von etwa 50 Mikrometern (die Dicke eines feinen Haares) möglich, während die Natur tausendmal feinere Details schafft, die nur wenige Zehntelnanometer groß sind. Bei einem 3-D-Druck setzt sich außerdem nichts von selbst zusammen: Der Drucker erledigt das. Durch die schiere Gewalt eines Lasers wird Staub oder Flüssigharz verfestigt oder Plastik geschmolzen und zu einer dünnen Schnur lang gezogen.

Aber das Prinzip wird deutlich: Wir können uns etwas ausdenken, es mit einem Computer zeichnen, und eine Maschine lässt es dann Wirklichkeit werden. Wir drücken auf einen Knopf, und es entsteht (nach einer gewissen Zeit) ein Objekt. Arthur C. Clarke schrieb: »Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.« Diese Technologie ist nahe dran.

Vier Desktop-Fabriken

  1. 3-D-Drucker: Ein 3-D-Drucker und der Papierdrucker, der wahrscheinlich schon auf Ihrem Schreibtisch steht, sind sich sehr ähnlich. Der traditionelle Laser- oder Tintenstrahldrucker ist ein 2-D-Drucker. Er wandelt Pixel auf einem Bildschirm in Punkte aus Tinte oder Toner auf einem 2-D-Medium um, in der Regel Papier. Ein 3-D-Drucker hingegen verwandelt »Geometrien« auf einem Bildschirm (3-D-Objekte, die mit denselben Anwendungen erstellt werden, die Hollywood für CGI-Filme verwendet) in Objekte, die man in die Hand nehmen und verwenden kann. Manche 3-D-Drucker pressen Stränge aus geschmolzenem Kunststoff heraus und bauen die Objekte so schichtweise auf. Andere härten mit einem Laser Flüssigkeiten oder Pulver aus, sodass das Produkt aus einem Rohmaterialbad emporsteigt. Wieder andere stellen Objekte aus jedem beliebigen Material her, von Glas, Stahl und Bronze bis Gold, Titan oder sogar Kuchenglasur. Man kann eine Flöte ausdrucken oder eine Mahlzeit. Man kann sogar menschliche Organe aus lebenden Zellen ausdrucken. Dabei wird eine Lösung mit Stammzellen auf einen Nährboden gespritzt, ähnlich wie ein Tintenstrahldrucker Tinte auf Papier spritzt.
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    MakerBot Thing-O-Matic

  2. CNC-Maschine: Während 3-D-Drucker ein »additives« Verfahren anwenden, um Dinge herzustellen (sie werden schichtweise aufgebaut), stellt eine CNC-Fräsmaschine mit denselben Daten ein ähnliches Produkt her, wendet aber ein »subtraktives« Verfahren an, das heißt, dass die Maschine mit einem Bohrkopf ein Produkt aus einem Kunststoff-, Holz- oder Metallblock schneidet. Es gibt zahllose CNC-Maschinen für Spezialanwendungen: CNC-Quilt- und -Stickmaschinen, CNC-Blech- oder -Folienschneidemaschinen sowie CNC-Papier- und -Stoffschneidemaschinen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Manche CNC-Maschinen sind so groß wie Esstische und stellen Holzmöbel her. (CNC-Industriemaschinen können so groß wie eine Lagerhalle sein und Objekte von der Größe ganzer Flugzeugrümpfe herausfräsen.)
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    MyDIYC

  3. Lasercutter: Der Lasercutter, eigentlich ein 2-D-Gerät, ist eines der beliebtesten neuen Desktop-Werkzeuge. Ein Laser schneidet beliebig komplexe Muster präzise in eingeführte Platten aus jedwedem Material, von Kunststoff und Holz bis zu dünnem Metall. Viele CAD-Programme können ein 3-D-Objekt in 2-D-Bestandteile zerlegen, sodass sie mit dem Lasercutter hergestellt und dann zusammengefügt werden können wie die bekannten Bausätze für Dinosaurier aus Schichtholz.
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    Epilog-Zing-Lasercutter

  4. 3-D-Scanner: Mit diesem Gerät, das nicht größer als ein Brotkasten sein muss, kann man »die Realität einfangen«. Statt ein Objekt komplett neu zu zeichnen, kann man ein existierendes Objekt in den Scanner legen. Mit Laser oder einer anderen Lichtquelle und einer Kamera wird das Objekt von allen Seiten abgebildet und dann in ein 3-D-Bild umgewandelt, das aus Zehn- oder Hunderttausenden von Polygonen besteht, wie eine Figur in einem Videospiel oder einem CGI-Film. Per Software wird das Bild dann vereinfacht, damit man jeden beliebigen Teil verändern kann. Viele Anwender scannen mit dem Gerät als Erstes den eigenen Kopf ein, überzeichnen dann die Gesichtszüge und lassen den 3-D-Drucker eine Wackelfigur mit dem eigenen Kopf ausgeben.
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    Creaform HandyscanTM MaxScan

Heute ist 3-D-Druck noch hochaktuelle Spitzentechnologie, die nur in gehobenen Designerwerkstätten und von Technikfreaks angewendet wird. Aber Sie sind vielleicht schon einmal mit einem 3-D-Drucker in Berührung gekommen, allerdings auf eine so prosaische Weise, dass Sie es nicht bemerkt haben.

In Form von zahnmedizinischen Passkörpern etwa, von der Art, die Zahnstellungen über Monate hinweg durch eine Reihe leicht unterschiedlicher Gebissschienen verändern, die das Gebiss jeweils fast unmerklich in eine neue Position schieben. Dafür scannt ein Zahntechniker die aktuelle Zahnstellung ein. Ein Programm errechnet dann die mathematischen Modelle für alle Zwischenstufen bis zum gewünschten Endpunkt. Am Schluss werden 3-D-Drucke aus Kunststoff von einer Reihe Gebissschienen ausgedruckt, die dann vom Patienten über jeweils zwei oder drei Wochen getragen werden, bis die Zähne die neue Position erreicht haben.

Ähnlich sieht es bei den Prototypen für fast alle Geräte aus, die man kaufen kann, sowie bei den Architekturmodellen für die neueren Gebäude in Ihrer Umgebung. Maßgefertigte Prothesen sind 3-D-Drucke: Wenn Sie zu den Glücklichen gehören, deren Zahnarzt eine Krone bei einer einzigen Sitzung ersetzen kann, wird sie als 3-D-Druck wahrscheinlich in der Praxis hergestellt (und dann eine Keramikschicht aufgetragen). Ärzte haben schon einen kompletten menschlichen Unterkiefer aus Titan gedruckt und eingesetzt.

Heute können Sie als Spezialanfertigung einen 3-D-Druck Ihres Charakters aus World of Warcraft oder Ihres Xbox-Live-Avatars kaufen. In Tokio können Sie Ihren Kopf einscannen lassen und dann eine fotorealistische Figur von sich selbst kaufen (wenn Sie das nicht zu gruselig finden).

Kommerzieller 3-D-Druck funktioniert nur mit ein paar Dutzend verschiedenen Materialien, vor allem verschiedenen Metallen und Kunststoffen, aber mehr sind in Vorbereitung. Forscher experimentieren mit exotischeren Materialien, von Zellstoff bis Kohlenstoffnanoröhrchen, die einem ein Gefühl für die Tragweite dieser Technologie geben. Manche 3-D-Drucker können Schaltplatinen drucken und so komplexe Elektronikteile aus dem Nichts erschaffen. Wieder andere drucken Glasur auf Kuchen und arbeiten mit anderen flüssigen Lebensmitteln, einschließlich geschmolzener Schokolade.

Im größeren Maßstab gibt es bereits 3-D-Drucker, die Beton »ausdrucken« und so ganze mehrstöckige Gebäude herstellen können. Derzeit muss ein solcher Drucker noch so groß sein wie das Gebäude selbst, aber eines Tages kann er vielleicht direkt in einen Betonmischer eingebaut und mit Beton bestückt werden, der über Orientierungssinn verfügt, die CAD-Pläne des Architekten direkt auswertet und entscheidet, wo Beton hingehört und wie viel.

Inzwischen arbeiten Forscher ebenso hart an Fortschritten in der anderen Richtung: 3-D-Druck auf molekularer Ebene. Heute gibt es »Biodrucker«, die Schichten aus körpereigenen Zellen eines Patienten auf ein 3-D-gedrucktes »Gerüst« aus inertem Material aufdrucken. Auf dieser Grundlage wachsen die Zellen zu einem Organ heran. Bei Blasen und Nieren wurde das im Labor bereits erfolgreich durchgeführt. Wenn für den Druck Stammzellen verwendet werden, bildet das Gewebe eigene Blutgefäße und interne Strukturen aus.

Dem 3-D-Druck wird derzeit eine große Zukunft vorhergesagt. Carl Bass, der Chef von Autodesk, einem der führenden Hersteller von CAD-Autorensoftware, sieht den Aufstieg der computergesteuerten Fabrikation als eine umwälzende Veränderung, vergleichbar mit der ursprünglichen Einführung der Massenproduktion. Nicht nur der Herstellungsprozess traditioneller Konsumgüter könnte sich dadurch verändern, denn 3-D-Druck funktioniert auch in ganz unterschiedlichen Größenordnungen, von biologischen Strukturen bis zu Häusern und Brücken.

In einem Essay in der Washington Post erklärte Bass, was diese Art der Herstellung von anderen unterscheidet:

»Die Möglichkeit, hochwertige Artikel in kleiner Zahl zu produzieren und sie zu vernünftigen Preisen zu verkaufen, bedeutet einen enormen Eingriff in die Wirtschaft. Darin liegt die Zukunft der amerikanischen Industrie.

Bei einem rechnergestützten Herstellungsprozess wie dem 3-D-Druck kostet Komplexität und Qualität nicht extra. … Für einen traditionellen Papierdrucker macht es keinen Unterschied, ob er einen Kreis ausdruckt oder eine Kopie der Mona Lisa. Dasselbe Prinzip gilt auch für einen 3-D-Drucker.«25

Aus konzeptioneller Sicht ist das revolutionär. Die Designer müssen sich nicht länger um den Herstellungsprozess kümmern. Er ist für sie nicht mehr relevant, weil die computergesteuerten Maschinen ihnen die Arbeit abnehmen. Mit demselben Design kann ein Produkt aus Metall, Kunststoff, Pappe oder Kuchenglasur hergestellt werden. (Bei manchen Materialien mag das nicht sinnvoll sein, aber es wäre möglich.) »Erstmals in der Geschichte ist der Entwurf eines Produkts unabhängig vom Herstellungsprozess, weil alle für den Druck des Objekts notwendigen Informationen im Entwurf enthalten sind«, erklärte Bass.

Darüber hinaus finden 3-D-Drucker immer mehr Verbreitung und werden für die Herstellung kleiner Stückzahlen von Maß- oder Spezialanfertigungen eingesetzt, und sie machen die Produktion nachhaltiger. Es fallen keine oder kaum Transportkosten an, weil die Produkte vor Ort gefertigt werden. Es gibt wenig bis gar keinen Abfall, weil nur so viel Rohmaterial eingesetzt wird, wie für das Produkt gebraucht wird. Und weil die Produkte nach Kundenwunsch angefertigt werden, werden sie mehr geschätzt und länger behalten. Personalisierte Produkte werden weniger weggeworfen. Man hängt einfach mehr an ihnen.

Rich Karlgaard, der Herausgeber der Zeitschrift Forbes, glaubt, 3-D-Druck könne »die umwälzende Technologie der Zeit zwischen 2015 und 2025« werden. Er schreibt:

»Dies hat das Potenzial, die Industriewirtschaft umzuformen, weg von der Massenproduktion zurück zum Handwerk bestehend aus kleinen Designerwerkstätten mit Zugang zu 3-D-Druckern. Anders ausgedrückt könnte die Herstellung von realen Gegenständen sich von einer kapitalintensiven Industrie zu etwas entwickeln, das mehr an Kunst und Software erinnert. Der typisch amerikanischen Kreativität käme das sehr entgegen.«26

Man darf dabei aber nicht vergessen, was 3-D-Druck und alle anderen digitalen Produktionstechniken nicht können. Es gibt dabei keine Stückkostendegression: Es ist pro Produktionseinheit nicht günstiger, 1000 Stück herzustellen, als eines. Stattdessen bieten sie in genau gegensätzlicher Hinsicht einen Vorteil: Es entstehen keine Zusatzkosten, wenn jedes Stück anders ist oder jeweils nur kleine Stückzahlen hergestellt werden.

Es handelt sich dabei um das Gegenteil der Massenproduktion, die Wiederholungen und Standardisierung bevorzugt. Stattdessen bevorzugt der 3-D-Druck Individualisierung und Anpassung an Kundenwünsche. Der große Vorteil des digitalen Industriezeitalters ist die Wahlmöglichkeit zwischen diesen beiden Alternativen, ohne dabei auf teure Handarbeit zurückgreifen zu müssen. Sowohl für Massenproduktion als auch für Sonderanfertigungen stehen jetzt rentable automatisierte Produktionsmethoden zur Verfügung.

Wenn Sie eine Million Gummienten herstellen wollen, gibt es nichts Besseres als Spritzguss. Die Gießform für die erste Ente kostet unter Umständen 10000 Dollar, aber mit jeder weiteren Ente amortisieren sich diese Einmalkosten. Wenn Sie dann eine Million davon hergestellt haben, entstehen nur noch wenige Cent an Kosten für die Rohstoffe. Wenn sie hingegen dasselbe Produkt mit einem 3-D-Drucker herstellen, kostet Sie das erste Entchen vielleicht nur 20 Dollar an Zeit und Material, und damit deutlich weniger. Aber leider gibt es auch bei der Millionsten keinen Mengenrabatt.

Wenn man die amortisierten Kosten für die Maschine mit einberechnet, die man braucht, um eine Ente nach der anderen zu drucken (was jeweils bis zu einer Stunde dauern kann), statt sie in Chargen von einem Dutzend oder mehr per Spritzguss herzustellen (was unter einer Minute pro Charge dauert), dann ist der Spritzguss schon ab wenigen Hundert Stück billiger. Bei kleinen Stückzahlen gewinnt die digitale Produktion. Bei großen Stückzahlen ist die alte analoge Methode immer noch der beste Weg (siehe Grafik).

Zwei Herstellungswege für Enten

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Aber bei vielen Produkten sind dreistellige Stückzahlen sinnvoller als Auflagen in Millionenhöhe. Für diesen »Long Tail der Dinge« war noch vor wenigen Jahrzehnten die manuelle Herstellung die einzige Option. Aber heute machen die digitalen Fabrikationsgeräte automatisierte Herstellungsprozesse und höchste Qualität auch bei kleinsten Stückzahlen möglich. All die Nischenprodukte, die entweder gar nicht auf dem Markt waren, weil sie den Wirtschaftlichkeitstest der Massenproduktion nicht bestanden, oder unerschwinglich teuer waren, weil sie von Hand hergestellt werden mussten, sind jetzt erreichbar.

Die digitale Fabrikation stellt die Wirtschaftlichkeitsrechnung der herkömmlichen Massenproduktion auf den Kopf. Bei der Massenproduktion entstehen die meisten Kosten am Anfang für die Umrüstung der Werkzeuge, und je komplexer ein Produkt ist und je mehr Veränderungen man vornimmt, umso mehr kostet es. Bei der digitalen Fabrikation ist es genau andersherum: Hier gibt es kostenlos, was bei der herkömmlichen Produktion am teuersten ist:

  1. Vielfalt ist kostenlos: Es kostet genauso viel, jedes Produkt anders zu machen wie immer das Gleiche herzustellen.
  2. Komplexität ist kostenlos: Ein minutiös beschriebenes Produkt mit vielen kniffligen Details kann genauso günstig 3-D-gedruckt werden wie ein Kunststoffklotz. Dem Computer ist es egal, wie viele Berechnungen er durchführen muss.
  3. Flexibilität ist kostenlos: Um ein Produkt nach Produktionsbeginn zu verändern, muss nur der Befehlscode geändert werden. Die Maschinen bleiben unverändert.

Aber es braucht gar keinen 3-D-Druck, um dies in der Praxis zu beobachten, denn das gibt es schon bei einer kleinen Gruppe »standardisierter Plattformen«, die nach Kundenwunsch angepasst werden: T-Shirts und andere einfache Kleidungsstücke, Kaffeebecher, Sticker und Ähnliches. Firmen wie Threadless, CafePress und andere bieten individuelle Drucke auf solchen Produkten an und machen damit sehr gute Geschäfte. In diesem Fall ist die zugrunde liegende Technologie zwar nicht der 3-D-, sondern nur der 2-D-Druck auf komplexe Formen und Materialien, aber der Effekt ist derselbe: ein florierender Markt mit Produkten, die bei reiner Massenproduktion keinen Sinn machen würden.

Üblicherweise liegen Bestellmengen pro Produkt bei Threadless und CafePress bei Dutzenden, nicht bei eins, aber auch nicht im vierstelligen Bereich. Insgesamt aber kommt beim Long Tail einiges zusammen. CafePress hat über zwei Millionen Kunden und erwirtschaftete im Jahr 2011 Einnahmen von 175 Millionen Dollar.27 Anteile der Firma werden öffentlich gehandelt, und bei Drucklegung dieses Buches war sie 1,25 Milliarden Dollar wert. Das nur mit individuell bedruckten T-Shirts und Tassen zu schaffen ist beeindruckend.

Einfach nur XYZ

Wie aber funktioniert ein 3-D-Drucker, diese wundersame Maschine, die die Fantasie von Futuristen und Werkstattbetreibern gleichermaßen beflügelt?

Im Kern ist ein 3-D-Drucker nichts anderes als eine Dreiachsen-CNC-Maschine. Zwei rechnergesteuerte Motoren bewegen einen Druckkopf nach links und rechts, nach vorn und hinten (die x- und y-Achse), während ein zweiter Motor das Druckfach oder eine Hebebühne mit dem Druckobjekt nach oben und unten (entlang der z-Achse) bewegt.

Wenn Sie beim Patronenwechsel jemals einen Blick in das Innere Ihres Tintenstrahldruckers geworfen haben, werden Sie viele Teile wiedererkennen. Ein Tintenstrahldrucker ist ein 2-D-Drucker, das heißt, er arbeitet nur auf den x- und y-Achsen. Der Motor, der den Druckkopf hin und her bewegt, ist genau der gleiche, der auch im 3-D-Drucker zum Einsatz kommt. Nur benutzt der Tintenstrahldrucker eine Walze, um das Papier entlang der dritten Achse zu bewegen. Aber das Prinzip ist dasselbe: Ein Computer übersetzt den Entwurf in Motoranweisungen und platziert das jeweilige Material sehr schnell an genau der richtigen Stelle. Der 3-D-Drucker macht das nur mit mehr Motoren und druckt nicht nur mit Tinte.

Manche 3-D-Drucker, wie der MakerBot, pressen geschmolzenen ABS-Kunststoff aus einem winzigen Loch und bilden so Schichten aus Material. Dieser Prozess wird als Fused Deposition Modeling (FDM) bezeichnet. Andere High-End-Geräte nutzen einen Laser, entweder um Flüssigharz in einem Behälter auszuhärten (die sogenannte Stereolithografie oder SLA), oder um Schichten aus Kunststoff, Metall oder Porzellan in Pulverform auszuhärten (selektives Lasersintern oder SLS). Die laserbasierten Geräte verarbeiten mehr verschiedene Materialien und erreichen höhere Auflösungen, aber sie sind meist teurer als die Kunststoff druckenden 3-D-Drucker, die man auch in Privathaushalten findet. Es ist ähnlich wie bei den Papierdruckern. Dort stehen Laserdrucker auch eher in Büros und Tintenstrahldrucker eher zu Hause.

3-D-Drucker gehören zur »additiven« Technik: Sie bauen Objekte Schicht für Schicht auf, von unten nach oben. Im Gegensatz dazu sind andere rechnergesteuerte Maschinen, CNC-Router und CNC-Fräsen »subtraktiv«: Sie schneiden oder schleifen Material mit einem rotierenden Werkzeug weg. Beim additiven Verfahren wird also Material angelagert, wo ein Objekt »ist«; beim subtraktiven Verfahren wird Material entfernt, wo ein Objekt »nicht ist«.

Bei einem 3-D-Drucker überprüft ein Programm zunächst die CAD-Daten für ein Objekt und berechnet dann, wie es mit einem minimalen Aufwand an Material und Zeit gedruckt werden kann. Ein Beispiel: Die Außenwände einer Büste müssen gedruckt werden, aber die Wanddicke ist unter Umständen nicht festgelegt und hängt von dem verwendeten Material ab. Das Programm berechnet die besten Werte, damit so wenig wie möglich gedruckt werden muss, die Wände aber stabil sind.

Die Innenseite der Büste ist in der Regel nicht sichtbar und muss somit nicht gedruckt werden. Aber ohne jegliche innere Struktur könnte die Büste zu instabil und zerbrechlich werden. Normalerweise erstellt das Programm eine Wabenstruktur im Innern der Büste, um maximale Stabilität bei minimalem Materialeinsatz zu erreichen. (Wenn man ein Objekt bei einem 3-D-Druckservice hochlädt, bezahlt man in der Regel für die Menge an verbrauchtem Material oder die Zeit, die die Maschine für die Durchführung des Auftrags benötigt.)

Die Software »zerlegt« dann das Objekt in so dünne horizontale Schichten, wie der Drucker sie gerade noch verarbeiten kann. Jede Schicht besteht aus einem Satz Anweisungen an den Druckerkopf, wie er sich entlang der x- und y-Achse bewegen muss, während er Material herauspresst oder den Laser auf das Pulver oder Flüssigharz richtet. Der Kopf bewegt sich über die Baufläche und zeichnet so die komplette Schicht des Objekts ein. Den optimalen Pfad, damit der Druckerkopf so wenig Strecke zurücklegen muss wie möglich, hat das Programm vorher berechnet.

Das Verfahren erinnert an die ursprüngliche Postscript-Druckersprache, mit der die Desktop-Publishing-Bewegung vor fast 30 Jahren begann. In beiden Fällen wird eine für Menschen verständliche Bildsprache (damals Worte und Schrift, heute 3-D-Objekte auf einem Bildschirm) in eine für Computer verständliche Maschinensprache übersetzt. Die Fertigungssprache heute heißt »G-Code«. Wie Postscript ursprünglich dafür konzipiert wurde, große Industriedrucker anzutreiben, inzwischen aber auf dem Schreibtisch angekommen ist, so wurde G-Code für Werkhallen entwickelt und wird jetzt in Kellerräumen benutzt.

Wenn der 3-D-Drucker eine Schicht beendet hat, befiehlt G-Code dem z-Motor, den Druckkopf ein winziges Stück nach oben zu rücken, und der Kopf fährt die nächste Schicht ab und baut so eine weitere Lage mit Material auf. Und so geht es weiter, Schicht für Schicht immer weiter hinauf, bis das Objekt fertig ist.

In manchen 3-D-Druckern, etwa solchen, die Flüssigharz aushärten, bewegt sich das Objekt während der Herstellung im Flüssigharzbad nach unten, sodass immer eine neue Schicht Flüssigkeit über die vorhergehende Schicht fließt und dann mit dem Laser ausgehärtet wird. So sind Auflösungen von bis zu wenigen Nanometern möglich, und Strukturen von der Größe menschlicher Zellen können gedruckt werden. Wieder andere Drucker schichten sehr dünne Plastikfolien aufeinander mit Klebstoff zwischen den einzelnen Lagen, und der Druckkopf schneidet die Form in jede Schicht. Aber die Grundidee ist immer dieselbe: Ein Objekt wird aus einzelnen Schichten aufgebaut, die so dünn sind, wie physikalisch möglich ist. Bei einem hochwertigen Drucker sind sie praktisch unsichtbar.

Ein Vorteil der 3-D-Drucker, die mit einem Laser Pulver aushärten, besteht darin, dass das nicht ausgehärtete Pulver, das die Objekte noch dicht umgibt, als Stütze für überhängende Teile des Objekts fungiert, die sonst im noch warmen Zustand herunterhängen würden. Am Ende des Produktionsvorgangs nehmen die Bediener das Objekt heraus und bürsten überschüssiges Pulver weg. Mit einem 3-D-Drucker, der mit geschmolzenem Kunststoff arbeitet, kann man dasselbe erreichen. Allerdings wird dazu idealerweise ein zweiter Druckkopf benötigt, der eine Pulverschicht oder andere Materialreste dort ablagert, wo überhängende Teile in einer höheren Schicht gestützt werden müssen.

Diese ganzen Berechnungen, die für die Produktion notwendig sind, wirken sehr knifflig, aber alles geschieht automatisch. Es wirkt tatsächlich fast wie Zauberei. Das ist das Schöne an der digitalen Fabrikation: Man muss gar nicht wissen, wie die Maschinen ihre Arbeit erledigen oder wie man ihre Arbeitswege optimieren kann. Das wird alles über die Software geregelt. Der CAD-Entwurf des Objekts enthält alle Informationen, die der 3-D-Drucker braucht, um es herzustellen.

Der Homebrew Printing Club

Alles begann in den 1980er-Jahren in Firmen der Werkzeugindustrie, aber im vergangenen Jahrzehnt hat die Technologie auch die normalen Leute erreicht, wie der PC vor ihr. Wenn man sehen will, wie alles anfing, nimmt man am besten die U-Bahn zu einem ansonsten wenig bemerkenswerten Teil der Third Avenue in Brooklyn und klopft an eine Metalltür mit einem großen für Handys lesbaren QR-Code darauf. Irgendwann wird die Tür von einem stilvoll zerzausten jungen Mann geöffnet, und man wird hereingelassen.

Willkommen im Botcave.

In dieser umgebauten Brauerei arbeiten Bre Pettis, Zach Smith und ihr Team von Hardwareingenieuren von MakerBot Industries am ersten Mainstream-3-D-Drucker für 1000 Dollar. Der MakerBot Thing-O-Matic benutzt keinen Laser, sondern er baut die Objekte aus einer 0,33 Millimeter dicken Schnur aus geschmolzenem ABS-Kunststoff auf, der auf verschiedenfarbigen Spulen liegt.

Während 3-D-Industriedrucker meist aussehen wie medizinisches Gerät, werden MakerBots von ihren Besitzern meist an den eigenen Geschmack angepasst, mit Neonbuchstaben beklebt und mit elterlicher Liebe überschüttet. Meiner ist schwarz mit orangefarbenen Buchstaben und blauen LEDs. Es sieht richtig cool aus, wenn er in einem dunklen Raum bei der Arbeit ist.

In der Standardausführung ist der MakerBot ein ganz normaler 3-D-Drucker: Er erstellt Kunststoffteile nach digitalen Vorlagen. Sie brauchen sofort ein bestimmtes Teil? Laden Sie den Entwurf herunter und drucken Sie es aus. Sie wollen ein Objekt verändern, das Sie schon haben? Scannen Sie es ein, verändern Sie, was Sie wollen, mit der kostenlosen SketchUp-Software von Google, und laden Sie die Daten in die ReplicatorG-App. Nach wenigen Minuten ist ein völlig neues materielles Objekt fertig: Rippen, mixen und brennen für Atome.

Der MakerBot ist einer der einfachsten 3-D-Drucker und hat nur vier Motoren: den x-, y- und z-Motor und einen vierten Motor, der die ABS-Kunststoffschnüre zum Schmelzen durch eine Wärmeeinheit bewegt und dann auf die Bauplattform, um das Objekt aufzuschichten.

Das Rahmengestell des MakerBot besteht aus Sperrholz, das per Laser zugeschnitten wurde, und einige Bestandteile aus Kunststoff wurden von anderen MakerBots hergestellt. Die Elektronik basiert auf dem Prozessorboard von Arduino.

Am Gerät gibt es sehr viel mehr blinkende LED-Lichter als nötig. Wenn Sie noch fragen müssen, warum, dann haben Sie etwas nicht verstanden: Der MakerBot ist kein reines Werkzeug. Er ist auch ein Spielzeug. Er ist eine revolutionäre Leistung. Er ist eine kinetische Skulptur. Er ist ein politisches Statement. Er ist einfach wahnsinnig cool.

Jede Wette, dass Sie das über Ihren Tintenstrahldrucker nicht sagen.

Darin besteht der Unterschied zwischen kommerziellen Industriewerkzeugen und den Produkten der DIY-Bewegung. Bei den Maker-Sachen ist der Entstehungsprozess genauso wichtig wie das eigentliche Produkt. Die Tatsache, dass ein MakerBot von einer Gemeinschaft entworfen und von Menschen hergestellt wurde, deren Namen Sie kennen und deren Weitblick Sie bewundern, und dass er Persönlichkeit hat, macht ihn zu etwas Besonderem. Man kauft mit einem MakerBot nicht nur einen Drucker; man sichert sich damit einen Platz in der ersten Reihe bei einer kulturellen Transformation. Open Source ist mehr als eine effiziente Innovationsmethode. Es ist für die Anhänger ein ebenso machtvolles Glaubenssystem wie die Demokratie oder der Kapitalismus.

Der MakerBot ist durchdrungen von dieser Philosophie. Er baut auf mehreren vorhergehenden Open-Source-Projekten auf, unter ihnen der RepRap-3-D-Drucker (eine clevere, aber klapprigere Konstruktion), die Arduino-Mikroprozessorboards und verschiedene Softwarepakete, die aus CAD-Daten Anweisungen für die Motoren des 3-D-Druckers berechnen. In diesem Fall ist nicht nur die Software Open Source, sondern alles: Elektronik, Software, physische Konstruktion, Dokumentation, sogar das Logo. Praktisch alles am MakerBot wurde entweder in Gemeinschaftsarbeit entwickelt oder an eine Gemeinschaft übergeben, die damit machen konnte, was sie wollte. Wenn man den Schutz am geistigen Eigentum aufgibt, hat man am Ende womöglich mehr Schutz in Form von gemeinschaftlicher Unterstützung und Vertrauen. Der MakerBot ist das beste Beispiel dafür.

Ich besuchte das Botcave 2009, nur wenige Monate nach der Markteinführung des MakerBot. In dem langen gemauerten Raum standen 100 Kartons mit der neunten Auflage des MakerBot nebeneinander und wurden allmählich mit Bauteilen gefüllt. (Als Kunde war es für mich ein aufregender Gedanke, dass eines der Geräte – mit der Seriennummer 400 – für mich bestimmt war. Es hat mir lange gute Dienste geleistet, bis ich es durch ein Gerät der zweiten Generation ersetzte, den »Thing-O-Matic«.) Auf den Regalen lagen die Einzelteile für die nächste Ladung breit, und Lasercutter arbeiteten sich durch Stapel von dünnem Sperrholz für das Rahmengestell.

Die Hersteller erlebten die raue Wirklichkeit des Supply-Chain-Managements am eigenen Leib: Die Kisten konnten nicht verschickt werden, solange nicht alle Teile drin waren. Aber einige Bauteile waren nicht rechtzeitig angekommen, und andere waren defekt geliefert worden. Ein MakerBot besteht aus Hunderten von Einzelteilen, und wenn nur eines von ihnen fehlt, kann nicht ausgeliefert werden.

Um den Zustand zu vermeiden, dessen Zeuge ich wurde – Dutzende von Kisten, die wochenlang auf die letzten Teile warten –, und sicherzustellen, dass alle Einzelteile immer auf Lager waren, hätten die Betreiber von allem mehr bestellen müssen, als sie brauchten. Diese Art der Versicherung ist sehr teuer: Bei meinem Besuch waren bereits Einzelteile für den MakerBot im Wert von 300000 Dollar auf Lager, und trotzdem fehlte es an wichtigen Teilen. Totes Kapital in Form von Lagerbeständen eingefroren zu haben tut weh, besonders bei Start-up-Unternehmen. Das MakerBot-Team hatte sich nur auf Forschung und Entwicklung konzentriert. Jetzt mussten sich die Unternehmer mit den trockeneren, aber ebenso wichtigen Problemen beschäftigen, wie man eine zuverlässige Versorgung mit Einzelteilen sicherstellt und Nachfrage prognostiziert. Das kennt wohl jeder, der im letzten Jahrhundert in der Industrie gearbeitet hat, aber für diese Open-Source-Hardware-Hacker war es völlig neu. Revolutionen entstehen nicht im Establishment.

Während ich dies schreibe, sind mehr als 5200 MakerBots verkauft (im Wert von über fünf Millionen Dollar), und mit jedem einzelnen wird die Gemeinschaft erweitert durch neue Anwendungsmöglichkeiten und neue Tools, die sie noch besser machen. Der neueste Druckkopf schafft zum Beispiel eine Auflösung von 0,2 Millimetern. In einem anderen Druckkopf ist ein rotierendes Messer eingebaut, das aus dem Drucker einen CNC-Router macht. Andere Drucker wurden vergrößert, sodass sie doppelt so große Objekte herstellen können wie ursprünglich vorgesehen.

Bis heute haben Investoren, unter ihnen der Amazon-Gründer Jeff Bezos, über zehn Millionen Dollar in den Ausbau von MakerBot investiert. Die Firma wird das Geld brauchen und noch mehr, denn die Konkurrenz unter den Herstellern von günstigen 3-D-Druckern, auch chinesischen, ist groß. Im Moment werden noch Bausätze verkauft (die man aber auch vormontiert kaufen kann), aber bald werden diese Drucker in Serie hergestellt, von MakerBot und anderen Firmen, und noch billiger werden. Die Benutzung wird insgesamt einfacher werden. Der Markt wird von den ersten 5000 auf die nächsten 50000 anwachsen, von den technisch versierten Pionierkunden auf Menschen, die einfach etwas Cooles ausdrucken wollen.

Gleichzeitig stehen große Druckerhersteller wie Hewlett-Packard schon in den Startlöchern. Bisher verkaufen sie nur teure 3-D-Drucker an Industriekunden. Aber irgendwann in den nächsten Jahren wird es einen Markt für Millionen von Mainstream-3-D-Druckern geben, die dann bei Wal-Mart und Costco verkauft werden. Dann werden die enormen Größenvorteile, mit denen HP oder Epson aufwarten können, ihre volle Wirkung entfalten. Ein 3-D-Drucker wird 99 Dollar kosten, und jeder wird einen haben.

Die Einstiegsdroge

3-D-Drucker sind schon richtig irre, aber noch sind sie keine echten Materie-Compiler. Bis es so weit ist, ist der einfache Lasercutter das eigentliche Arbeitspferd der Maker-Bewegung. In jedem Makerspace sind die Lasercutter den ganzen Tag in Betrieb, und trotzdem bilden sich Warteschlangen vor ihnen. Sie sind das digitale Werkzeug, das jeder als erstes benutzt, weil sie so einfach und idiotensicher sind. Maker nennen sie die »Einstiegsdroge« zur digitalen Fabrikation.

Wie alle numerisch gesteuerten Maschinen ist auch der Lasercutter eine CNC-Maschine. In diesem Fall steuert der Computer Motoren, die einen Hochleistungslaser über die xy-Ebene bewegen. Der Laser kann entweder eine dünne Linie durch eine Materialplatte brennen (die aus allem bestehen kann, von Sperrholz und Kunststoff bis zu dünnem Metall), oder er kann etwas eingravieren, indem man die Intensität des Lasers variiert, damit er die Materialplatte nicht vollständig durchdringt.

Lasercutter sind so beliebt, weil sie einfach zu benutzen sind. Man muss dafür kein 3-D-Objekt entwerfen, sondern kann einfach ein Bild in einem 2-D-Zeichenprogramm wie Adobe Illustrator erstellen. Jeder kann in 2-D zeichnen – das ist, wie auf Papier zu zeichnen. Und wenn man es zeichnen kann, dann kann der Lasercutter es auch ausschneiden. Lasercutter eignen sich besonders gut für alles, wofür man sonst eine Stichsäge benutzen würde. Sie sind schnell, billig und leise – das ideale Anfängerwerkzeug für die Herstellung von Prototypen.

Dass ein Lasercutter im zweidimensionalen Bereich arbeitet, heißt aber nicht, dass man damit keine 3-D-Objekte herstellen kann. Spezielle Softwarepakete können ein 3-D-Objekt in 2-D-Schichten zerlegen, die einzeln ausgeschnitten werden können, und fügen sogar noch kleine Nut-Feder-Verbindungen ein, damit die einzelnen Schichten zusammengesteckt werden können und einen stabilen und einfach zu montierenden Bausatz ergeben. Die Bausätze für Dinosaurierskelette aus Holz sind Beispiele für die Arbeit eines Lasercutters.

Dutzende von Dienstleistern, wie Ponoko oder Polulu, bieten Nutzern die Möglichkeit an, 2-D-Daten bei ihnen hochzuladen, die automatisch auf Fehler überprüft werden, bevor der Nutzer dann mit Beratung ein geeignetes Material auswählt. Alle Teile, die man aus einem 30 mal 30 Zentimeter großen Stück Sperrholz oder Kunststofffolie herausbekommt, kosten insgesamt 15 Dollar. Eine Woche später werden die Teile ins Haus geliefert.

Wenn man etwas Dickeres, Größeres oder weniger Flaches ausschneiden will, braucht man einen CNC-Router oder eine Fräsmaschine. Sie ähneln 3-D-Druckern insofern, als sie auf der x-, y- und z-Achse operieren. Aber statt Material anzulagern, schneiden sie Material weg. Im Gegensatz zu Lasercuttern schneiden CNC-Router auch in die Tiefe präzise, sodass man in einem Arbeitsgang ein echtes 3-D-Objekt erstellen kann. Technisch anspruchsvollere »Fünf-Achsen«-Industriegeräte können den Schneidekopf drehen und wenden wie eine menschliche Hand und so auch schräge Kanten schneiden oder Metall bearbeiten wie die besten Bildhauer, aber in übermenschlicher Geschwindigkeit.

Ich besitze eine Desktop-Version namens MyDIYCNC, die 500 Dollar kostet und als Schneidekopf ein billiges handgeführtes Multifunktionswerkzeug der Marke Dremel benutzt. Wir verwenden das Gerät, um mit den Kindern Modelllandschaften für Strategiespiele aus Styropor auszuschneiden. Die Idee haben wir von einem Unternehmer, der anhand der »Karte« eines Videospiels eine maßstabsgetreue Modelllandschaft unter Glas anfertigt. (Die Landschaften aus den Spielen der Halo-Serie sind besonders beliebt.) Wir machen das nicht sehr oft, aber die Kinder lernen einiges dabei. Und wir können das Dremel-Werkzeug sogar durch einen Laser ersetzen und haben dann praktisch einen Lasercutter.

Wenn Sie in letzter Zeit Ihre Küche von einem Möbelschreiner renovieren ließen, dann hat er wahrscheinlich einen größeren CNC-Router namens ShopBot dafür benutzt. Die Möbelteile, die sie bei IKEA im Paket kaufen können, wurden in der Fabrik mit einer CNC-Maschine hergestellt. Der Prototyp Ihres Autos wurde wahrscheinlich mit einer zimmergroßen CNC-Maschine hergestellt, die die Karosserieform aus Schaumstoff ausschnitt. Und noch größere CNC-Maschinen mit den Ausmaßen eines Lagerhauses können einen ganzen Flugzeugrumpf aus Schaumstoff ausschneiden, der dann als Grundlage für einen Rumpf aus Fiberglas dient.

Reality Capture

All diese digitalen Werkzeuge verwandeln auf unterschiedliche Arten Bits in Atome. Aber wie sieht es in der entgegengesetzten Richtung aus? Wie werden Atome in Bits verwandelt? 3-D-Objekte komplett am Bildschirm zu zeichnen ist schwierig. Mit etwas zu beginnen, das schon existiert und dem ähnelt, was man will, und es dann abzuändern, ist viel einfacher.

Dieser Vorgang nennt sich Reality Capture. Die Idee dahinter ist, dass man jedes Objekt nehmen kann (auch wenn fast alle aus irgendeinem Grund mit ihren eigenen Köpfen beginnen), es scannen und eine Punktwolke daraus erstellen kann, die die Oberfläche definiert. Ein anderes Programm berechnet dann aus dieser Punktwolke ein Polygongitter, ähnlich den »Drahtmodellen«, aus denen die Figuren in computeranimierten Filmen bestehen, die dann am Bildschirm manipuliert und modifiziert werden können.

Inzwischen sind im Handel 3-D-Drucker erhältlich, bei denen ein Laser das Objekt abtastet und Kameras die Positionen der Laserpunkte an der Oberfläche aufzeichnen, aber es gibt auch billigere Alternativen. Von Autodesk gibt es einen kostenlosen Online-Service namens 123D Catch, bei dem man normale Fotos von einem Objekt hochladen kann (die von allen Seiten aufgenommen wurden). Eine Cloud-basierte Software erzeugt dann daraus ein 3-D-Objekt, das man verändern und auf einem 3-D-Drucker ausdrucken kann. Es gibt davon sogar eine Version fürs iPad.

Oder man baut sich einen eigenen 3-D-Scanner aus einem Taschenprojektor, der ein Lichtgitter (»strukturiertes Licht«) auf ein Objekt projiziert, das mit einer hochauflösenden Webcam aufgenommen wird. Das Objekt wird gedreht, und die Webcam erfasst alle Seiten und Dimensionen. Die Geometrien werden daraus berechnet, wie das bekannte Lichtmuster beim Auftreffen auf die Oberfläche des Objekts verzerrt wird.

In Forschungsprojekten wird daran gearbeitet, wie dies mit der Webcam eines Laptops oder Smartphones bewerkstelligt werden kann. Ein Programm auf Ihrem PC kann Ihnen dabei helfen, das Objekt zu drehen und es von verschiedenen Seiten zu zeigen, damit fehlende Teile des Objekts im internen Programmmodell ergänzt werden. Dieses »geführte Scannen« könnte dazu führen, dass Sie eines Tages, wenn Sie ein Objekt kopieren wollen, nur Ihr Telefon vor das Objekt halten und den Anweisungen des Telefons folgen müssen, wie Sie das Objekt drehen und welche Bereiche herangezoomt werden sollen. Am Ende drücken Sie dann einfach auf »Drucken«, und eine möglicherweise sogar farbige Kopie wird in Ihrem Desktop-3-D-Drucker erscheinen.

Die Möglichkeiten, die sich dadurch bieten, sind offensichtlich: Wir können die Realität kopieren, zumindest in der Qualität einer Filmrequisite aus Hollywood. Die Auflösung wird sich zunehmend verbessern. Aus Low Fidelity wird High Fidelity werden. Der nächste Schritt wird dann unter die Oberfläche führen: Es wird nicht mehr nur die Form kopiert, sondern auch die Funktion. Die Tasse für den Earl Grey können wir schon herstellen. Wie lange wird es wohl noch dauern, bis wir auch den Tee herstellen können?

Der Replikator ist bereits in Sicht.