ZWOA

Unter einem alten BMW 2000, tornadorot, aus den Siebzigern, haben zwei Mechanikerfüße rausgeschaut.

Die Beine hat man schon auch gesehen, in blauen Mechanikerhosen haben die gesteckt. Aber in Bayern heißt alles hüftabwärts Fiaß, also: Füße. Bestenfalls sagt man noch Haxn zu den Beinen, aber nur, wenn man es ein bisschen abwertend meint.

Mit den Füßen war, logisch, nicht zu reden, aber da waren noch zwei andere Mechaniker oder Mechatroniker, wie das inzwischen oft heißt, weil in den Autos heute ja schon mehr Elektronik als Mechanik drinsteckt, das merkst du gar nicht vor lauter Fahrkomfort. Das merkst du erst, wenn was kaputt ist an der Elektronik. Und wenn dann nichts mehr ist mit Fahren.

Die Katharina war da ziemlich fein raus mit ihrem alten Golf aus der ersten Generation. Das war auch schon ein Oldtimer und noch so wunderbar mechanisch und robust. Wenn dann doch mal was hin war – Verschleißteile gibt’s ja überall –, hat der Peter ihr das alles mit ein paar Handgriffen gerichtet. Umsonst, das hat der gerne gemacht.

Der Peter, das war der Sohn von der Katharina ihren Hausleuten, also Vermietern. Die Katharina hat nämlich in einem Austragshäusl auf einem Biohof gewohnt. Der Hof war schon uralt und auch ein bisschen dahaut, also nicht mehr ganz up to date, um es auf Hochdeutsch zu sagen. Aber gepflegt durchaus.

Ihre Hausleute, die Allmandingers, das waren ganz nette, freundliche und rechtschaffene Leut, den ganzen Tag am Arbeiten, aber von außen hätte man sich trotzdem fragen können, wie die ihr Auskommen haben mit ihren fünfzehn Biokühen, wo du pro Liter Biomilch nur 30 Cent kriegst von der Biomolkerei, und den paar Eiern von dem Dutzend Hennen, das Stück haben sie für 20 Cent ab Hof verkauft oder gleich selber gegessen. Aber die Allmandingers haben so viel Grund und Land und Wald und Geld gehabt, da haben sie schon leben können, bescheiden waren sie auch, und so haben sie der Katharina das Austragshäusl für den Spottpreis von 150 Euro vermietet. Warm. Warm war mit Brennholz für den Kachelofen. Eine Zentralheizung suchst du auf so Uralthöfen natürlich vergebens.

Der Peter war der jüngste Sohn von den alten Allmandingers, die drei älteren: studiert, verheiratet, Kinder, weggezogen. Nicht dass der Peter noch so jung gewesen wäre. Er war ja auch schon achtunddreißig, wie die Katharina. Da haben sich die Alten schon ein bisschen eine Hoffnung gemacht für den Peter, als sie der Katharina das Häusl vermietet haben, wie die um Ostern herum von der Stadt, also München, zurück nach Weil gezogen ist. Das hat der Brunner ihr arrangiert gehabt. Der hat sich gerne um die Katharina gekümmert, er hat ja immer noch so eine Art Vormundsgefühl ihr gegenüber gehabt.

Und dann war da noch die Sache mit ihrer Beurlaubung. Wegen dieser Handlung in Notwehr.

Nach mehreren parallelen Ermittlungsverfahren ist zwar festgestellt worden, dass ihre Schussabgabe rechtmäßig gewesen ist, aber ihre Kooperation mit dem Polizeipsychologen hat dann nicht so gut funktioniert; die Selbstvorwürfe und -zweifel hat der ihr halt nicht abnehmen können. Er hat also eine Versetzung vorgeschlagen, weil der Kriminalpolizeidienst sie zu sehr belastet, wie er es ausgedrückt hat.

Und dann hat sie sich, zur Eigentherapie quasi, ein bisschen Trotz war vielleicht auch dabei, erst einmal zu einer alten Freundin nach Italien abgesetzt. Im Frühsommer ist das gewesen. Über zwei Monate ist sie in der Toskana gewesen, und schließlich hat sie den Anruf vom Brunner gekriegt, dass er eine freie Stelle für sie hat, bei der Polizei in Weil, wo sie damals vor zwanzig Jahren angefangen hat.

Und so ist sie zurückgekommen nach Weil, in ihr Austragshäusl, und den alten zinnoberroten Golf, den die Kathi noch von ihrem Vater übernommen gehabt hat, hat ihr der Brunner auch schon vor die Tür gestellt gehabt. Der Peter hat ihn durchgecheckt und ein bisschen was ausgewechselt, Glühkerzen, Bremsbeläge und so Verschleißteile halt, und vollgetankt. So kann man freilich entspannt in die Heimat zurückkehren.

Gewusst haben die Allmandingers ja schon viel von der Katharina, weil der Vater Polizist gewesen ist in Weil und der Peter und die Kathi schon miteinander in der Volksschule in einer Klasse gewesen sind, und ganz aus den Augen verlierst du dich nie am Land. Die Geschichte von der Rückkehr von der Berger Kathi in ihren alten Heimatort hat dort um Ostern herum auch recht schnell die Runde gemacht. Warum sie zurückkommt, haben sie nicht gefragt. Mit vierzig rum kommen sie alle zurück – Ruf der Heimat wahrscheinlich.

Aber alles haben die alten Allmandingers dann doch nicht gewusst. Zum Beispiel nicht, dass die Kathi inzwischen mit einem Commissario aus der Toskana liiert war. Da hat auch der Peter keine Ahnung gehabt. Und er hat die Kathi sehr gern gemocht, immer noch, nach all den Jahren, deswegen hat er ihr auch alles umsonst gemacht, Möbel räumen oder Auto reparieren zum Beispiel. Das hat der können, weil er vor zwanzig Jahren einmal in einer Autowerkstatt seinen Mechaniker gemacht hat, zur gleichen Zeit, wie die Kathi bei der Polizei gelernt hat, das war, bevor er den Eltern den Hof geschmissen hat, und zwar in der Werkstatt vom Tandler. Die ist damals grad im Aufbau gewesen. Weil das vorher, als dem Tandler seine Eltern noch gelebt haben, der zweite von zwei Biohöfen in der Gegend gewesen ist, der erste war der Allmandinger-Hof.

Aber heute nur noch Autos, wohin du auch schaust.

Und die Katharina ist jetzt, nachdem sie geschaut hat, zu den zwei Mechanikern gegangen, die mit ihren Oberkörpern ganz tief im Motorraum von einem alten Ford Taunus gesteckt und irgendetwas mit irgendeinem Gerät ausgemessen haben, was, das erfährst du als Laie ja nicht.

Ein Alter und ein Junger waren das, so wie die diskutiert haben und sich uneins waren, das hast du schon merken können, bevor sie sich aufgerichtet und zur Katharina hergeschaut haben, als die sie begrüßt hat.

»Servus, i bin die Katharina Berger, Polizeiinspektion Weil. I suachad den Tand… Ich such euern Chef.«

Und als die beiden aus dem Motorraum aufgetaucht sind, hat die Katharina an ihren wunderschönen blauen Augen gesehen, dass sie nicht nur jung und alt waren, sondern auch Vater und Sohn.

»Polizei? Is was passiert?«, hat der Sohn ein bisschen erschrocken gefragt.

»Naa, ned wirklich. Reine Routine.«

Der Junge hat sich seine langen dunklen Haare mit dem Unterarm aus dem Gesicht gestrichen, weil seine Hände ganz ölig waren. »Der Hafner is grad furt, duad ma leid. Aber miassat glei wieder kema.«

Die Katharina hat solch präzise Aussagen ja geradezu geliebt. Und auf irgendwelche Chefs warten fast genauso sehr. Aber der Junge hat schon gemerkt, dass sie genervt schaut, und dann ist er hinter dem Taunus hervorgekommen.

»I bin der Jakob Fichtner.« Mit seiner schmutzigen Mechanikerhand hat er der Katharina ihre saubere Polizistenhand geschüttelt, dass gleich ein Haufen Altöl und Schmiere an ihr pappen geblieben ist.

Aber die Katharina war sich da auch nicht zu fein, außerdem hat ihr der Jakob gleich irgendwie gefallen, wie er sich bewegt hat, wie er ausgesehen hat, ganz durchtrainiert. Da hat sie sofort gewusst, der macht irgendeinen Kraftsport.

Am Händedruck hat sie es auch gemerkt.

»Gfreit mi.« Freut mich ist also alles, was der Katharina jetzt eingefallen ist.

»Magst an Kaffee?«, hat der Jakob lächelnd gefragt, und da hat sie natürlich gleich Ja gesagt.

Auf der einen Werkbank ist eine Kaffeemaschine rumgestanden, eine Filtermaschine, wo die braune Brühe immer recht greislig schmeckt, auch wenn sie ganz frisch durchgelaufen ist. Immerhin war der Kaffee durch die Warmhalteplatte so weit eingedickt, dass er wenigstens so ausgesehen hat wie ein Espresso. Trinken hat man ihn eigentlich nicht mehr können, aber manchmal zählt die Geste mehr als der gute Geschmack.

Dann ist der Jakob mit der Katharina auf den Hof hinausgegangen, froh, einen Grund zu haben, von seinem besserwisserischen Alten wegzukommen.

»Is des dein Golf da?«, hat der Jakob gefragt und zu ihrem Auto hin so eine lässige Kopfbewegung gemacht.

»Ja.«

»Schee! Is ja no super beianand!«

Die Katharina war gleich ganz stolz auf den alten Golf und darauf, dass er dem Jakob gefallen hat.

»Aber wiaso kimmt a junge Polizistin in Uniform in ihrem Privatwagen?«

Jetzt ist die Katharina ein bisschen rot geworden, wegen dem Kompliment betreffs ihrem Alter, aber der Jakob hat sich nichts anmerken lassen, außerdem hat er sich den Golf gerade näher angeschaut, da hat er es wahrscheinlich gar nicht gesehen.

»Weil der Einsatzwagen bei eich steht«, ist es ihr eingefallen.

»Ja, stimmt ja.« Der Jakob hat gelacht und sich wieder dem Golf zugewandt. Das Zinnoberrot war noch eins a, weil der Katharina ihr Vater den Golf immer in der Garage stehen gehabt hat, gefahren ist der meistens mit einem Einsatzwagen der Polizei.

»Wann warad der denn fertig?«, hat die Katharina es mit vorsichtigem Druck probiert.

»Mach i dir glei nach dem Ford.«

»Was so vui hoaßt wia …?«

»Heit auf’d Nacht is er fertig. Aber du, Katharina, Privatwagen hin oder her … Warum liegt’n da a Pistoin aufm Sitz?«

Jetzt ist die Katharina doch noch richtig rot geworden. Ist ja schon peinlich, wenn einem ein Zivilist so eine grobe Fahrlässigkeit vor Augen hält. Sie ist auch gleich hin zum Auto, Tür auf, P7 raus und in die hintere rechte Hosentasche rein.

»A bleede Angewohnheit, sonst nix.«

»Dann daad i aber absperrn«, hat der Jakob ganz nüchtern bemerkt und genauso nüchtern hinzugesetzt: »Da kimmt der Chef.«

Da hat die Katharina auch schon gehört, wie ein Transporter die Auffahrt hochkommt, und bei dem schweren Motorengeräusch gleich gewusst, dass ihr Golf da blöd parkt und ein großes Auto da nicht vorbeikommt. Und so war’s dann auch. Der Transporter hat eine Vollbremsung gemacht, weil so ein schwerer Motor ja recht zieht, wenn die Steigung erst einmal vorbei ist. Wenn man schwungvoll auf seinen Hof brettern will mit ordentlich PS, und da steht dann ein Hindernis, das da vorher noch nicht gestanden ist, das dabremst man dann gar nicht mehr gscheid.

Daran hat es auch gelegen, dass der Tandler mit seinem Transporter den Golf von der Katharina gestreift hat bei seinem Versuch, im letzten Moment doch noch eine Vollbremsung hinzulegen. Ein Knirschen und die schöne alte Kunststoffstoßstange vom Golf ist schief gehangen, aber sonst war nichts.

Wie der Tandler aus dem Transporter gestiegen ist, hat die Katharina ein Fluchen erwartet, aber nichts dergleichen. Ein kurzer Blick auf den Golf hinten, auf den Jakob und dann auf die Polizistin in Uniform.

»Ah, die Polizei.« Der Tandler hat gegrinst, der Katharina ihre Hand geschüttelt und gesagt: »Wenn i ned davo ausgeh kannt, dass des Eana Ihr Wagen is, daad i sagn: aufschreiben und abschleppen, bitte.«

Bei so viel Frechheit hat sich die Katharina sofort wieder erholt und gleich eine Retourkutsche hervorgezaubert, weil wenn du auf dem Land aufwächst und ein bisschen einen Dialekt verstehst, bringen sie dir das schon in der Volksschule bei, wie man mit den Leuten redet.

»Wenn i ned davo ausgeh kannt, dass Sie mir den Schaden unbürokratisch reparieren –«, hat die Katharina angesetzt, aber der Tandler hat sie gleich unterbrochen mit einem versöhnlichen »Freilich, machma. Des is bloß die Aufhängung, des hamma glei. Jakob, geh, fahr den Golf amoi nei und biag des wieder z’recht«, und ohne Atempause und mit Blick auf die Katharina: »Was verschafft mir die Ehre?«

Jetzt hat die Katharina nicht recht gewusst, wie sie anfangen soll. Weil vor Zeugen spricht eine Polizistin eher ungern, der Jakob ist ja noch dabeigestanden. Da ist es unkomplizierter, die Situation erst einmal mit einer Vorstellungsrunde zu lockern.

»Katharina Berger.«

»Andreas Hafner.«

»I kimm wegen …«, hat die Katharina angefangen, während sie gleichzeitig dem Jakob ihren Schlüsselbund in die Hand gedrückt hat. Und der Jakob war ja nicht blöd. Obwohl, neugierig wäre er schon gewesen, und das nach dem wegen hätte er schon noch gerne gehört. Aber ihren Wink hat er auch verstanden. Also ist er in den Golf gestiegen und hat den Wagen in die Werkstatt reingestellt.

»Sie keman wegen …?«

»Wegen Eana Ihrem Gespräch mit dem Polizeichef von Mujdorf, der daraufhie den Ersten Polizeihauptkommissar von Weil ogruafa hat, meinen Chef. Es geht um a Kundschaft vo Eana und a paar Jaguars, uns is gsagt worn –«

Das war jetzt schon zu viel Text für den Hafner, weil der war einer, der lieber selber redet, als dass er andere aussprechen lässt respektive anderen zuhört.

»Ja, der Altmann! I sag’s Eana, des is scho komisch. I misch mi ja ungern in die Angelegenheitn vo andere Leit ei, aber i kenn den Thomas ja scho so lang, und jetz mach i mir hoit Sorgn«, hat der Hafner die Katharina unterbrochen.

Sie hat gleich kapiert, dass der Hafner, au contraire quasi, sich andauernd und nur zu gerne in die Angelegenheiten anderer einmischt.

»Daadn S’ mir die Gschicht no amoi ganz von vorn verzojn?«, hat die Katharina gefragt und gewusst: grünes Licht für den Hafner, da hat der nur drauf gewartet.

Zwischen Transporter, Werkstatt und Autofriedhof hat sich die Katharina dann den Monolog vom Autotandler angehört.

»Der Altmann Thomas, des is a ganz a oide Kundschaft vo mir«, hat der Tandler jetzt ausschweifend zu erzählen angefangen.

Seit zwanzig Jahren kennen er und der Altmann sich, seit einem Oldtimertreffen, das sie mit ihren Wagen bestritten haben. »I mit meim oidn Ford Capri und der Altmann mit seim Jaguar E-Type. A wahnsinns Auto. So was gibt’s in ganz Deitschland vielleicht fünfmoi in so am perfekten Zuastand – und oaner davo, der ghert am Altmann.« Ein ganz ein Geldiger ist der Altmann, geerbt hat er, was ihm die lästige Arbeiterei erspart. Also hat er seit eh und je seine Passionen ausleben können, Autos und Frauen. »Wobei, des mit de Weiber, des hätt i persönlich mir gspart«, hat der Hafner gesagt und dann eine ganz eine bedeutungsschwere Pause gemacht, da hat die Katharina sich im Stillen gefragt, warum der sich das mit den Frauen gespart hätte. Weil Mann + Auto + Frau mit einem Summenzeichen dahinter eigentlich allerlei interessante Kombinationen und Möglichkeiten ergeben kann. Laut fragen hat sie das dann gar nicht mehr müssen, für die Antwort hat der Hafner nach seinem kurzen Luftholen schon selber gesorgt.

»Die Weiber, i sag’s Eana. Alle nur an dem Oana intressiert! Wia s’ ans Gojd vo am Mo keman, ohne dass s’ arbeiten miassn.«

Dann hat der Tandler gemeint, dass das schon immer dem Altmann sein Verhängnis gewesen ist. Zu jedem Auto hat der eine neue Freundin gehabt. Und jedem Auto hat er einen Frauennamen gegeben, konsequenterweise immer den von der aktuellen Frau.

In der zweiten Atempause hat der Hafner jetzt so eine ausladende Handbewegung über seinen Autofriedhof rüber zu den drei Jaguars gemacht, die ganz im Eck unter einer Hollerstauden gestanden sind. Und auf den weißen waren schon so viele halbreife Holunderbeeren draufgefallen, dass er richtig viele dunkelrote Sprenkler gehabt hat. Das hat die Katharina wieder an was erinnert, aber leider ist sie nicht draufgekommen, an was, die zweite Atempause vom Hafner war nämlich auch schon wieder vorbei.

»Jetzt war des in der letzten Zeit a so«, hat der Hafner weitergeredet und der Katharina das mit den Weibern und dem Geld erklärt.

Dem Altmann seine Ex versucht alles, um an sein Geld heranzukommen. Das gemeinsame Haus, das gemeinsame Kind und den gemeinsamen Hund hat sie sich schon unter den Nagel gerissen, aber das reicht so einer natürlich nicht, hat der Tandler gemeint. Das gemeinsame Auto hat der Altmann dann heimlich beim Hafner untergestellt, um es hinter dem Rücken der Exfrau zu verkaufen.

Der Hafner hat unterm Erzählen auf den goldenen Jaguar gedeutet, und die Katharina hat, obwohl sie Laie war, gleich gesehen, dass so was einen Batzen Geld einbringt.

Der Schwarze daneben ist dem Altmann sein Urlaubsauto, 300 PS, hat der Hafner jetzt geschwärmt, für manche ist es eben Urlaub, wenn sie auf der Autobahn mal so richtig Gas geben können. Der weiße Jaguar, der der Katharina noch am besten gefallen hätte, ist das reinste Montagsauto, so der Tandler, und Dauergast bei ihm am Hof, weil eben ständig etwas hin ist an dem Wagen. Als Letztes, vor dreieinhalb Wochen, der Vergaser, und das beim Altmann seinem Alltagswagen. »Und deswegen is’s ja so komisch. Er hat mir ja no an so an Druck gmacht, dass i eam des glei richt. Für den übernächsten Tag hab i eam versprocha, dass er fertig is, und so war’s aa. Der Altmann is mit am Taxi hoam, und seitdem: Funkstille. An sei Handy geht er aa nimmer, ewig nur sei Mobilbox. Für oan, den wo du normalerweis zu jeder Tages- und Nachtzeit daglangst, scho sejtsam, oder?«

An seiner Pause hat die Katharina gemerkt, dass hier ihre Zustimmung gefragt ist. Also hat sie genickt und dann das Einzige gefragt, was an der ganzen Geschichte auch nur annähernd ihre Aufmerksamkeit erregt hat.

»Wenn er den ganzen Autos die Nama von den Frauen gebn hat, mit dene er zu dera Zeit, wo er s’ kafft hat, beianander war, wia hoaßen die drei Schönheiten da drübn nachert?« Da hat die Katharina jetzt freilich einen Trick benutzt, weil sie hat längst kapiert, dass Autos dem Hafner seine größte, wenn nicht einzige Passion waren. Und wenn du dann Schönheiten sagst, dann weiß so ein Autotandler, du liegst mit ihm auf derselben Wellenlänge.

»Der Gojdene, der hoaßt Clara, wie dem Altmann sei Ex, die eam jetz so übers Ohr haut. Der Schwarze hoaßt Anna, aber die kenn i persönlich ned, des war a äjtere Gschicht. Und der Weiße hoaßt Sabine. Aber bittschee fragn S’ mi ned nach der

Das hat der Hafner so entnervt gesagt, dass die Katharina sofort gemerkt hat, der bettelt geradezu, sie möge fragen, damit er noch eine Anekdote loswerden kann. Den Gefallen hat sie ihm gern getan.

»Wiaso? Was is mit der Sabine?«

Der Hafner hat gehässig gelacht.

»A so a Gschtörte, des habn Sie no nia dalebt! Und i aa ned. A Stalkerin, daad ma heitz’dog sagn. Dabei hätt s’ as gar ned notwendig. Sejber reich wia d’ Sau und attraktiv und ojs. An Doktor hat s’ aa no. In Tiermedizin. Und weil die aa in Süchting lebt, wia der Altmann friara, is er extra wegzogn. Oiso die Weiber, I sag’s Eana. Alle gschtört.« Er hat den Kopf geschüttelt, als der Jakob gerade wieder mit dem Golf aus der Werkstatt gekommen ist.

»Und? Was macht a Polizistin wia Sie ansonsten a so, wenn’s koane Verbrecha zum Aufklärn gibt?«, hat der Hafner schnell noch geradezu intim gefragt. Die Katharina hat nicht gleich geschalten, weil sie gerade überlegt hat, ob sie auch ein gschtörtes Weib ist.

»I moan, in ihrer Freizeit. Heit auf d’ Nacht zum Beispuj.«

»Heit auf d’ Nacht? Den Polizeibericht tippen, weil Sie heut Nachmittag bei uns in der Dienststelle in Weil offiziell Vermisstenanzeige erstatten werden«, hat die Katharina darauf recht lässig geantwortet.

Der Jakob ist ausgestiegen und auf sie zugekommen, und das war’s dann mit intim. Der Hafner hat es auch plötzlich ganz wichtig gehabt zu schauen, wie weit seine Mechaniker mit der Arbeit sind. Ein »Oiso dann, pfiat Eana«, und er ist in seine Werkstatt rein.

»Da, dein Schlüssel«, hat der Jakob gesagt, und »Ojs wieder festgschraubt. Hoist du den Einsatzwagen dann heit Nachmittag?«

»Schaung mar amoi.«

»I hab di no nia gseng da bei uns.«

»I hab z’ Minga gwohnt, vorher. Aber jetz bin i wieder dahoam, in Weil, bei der Polizei.«

Da hat der Jakob ganz verständnisvoll genickt. »Und was macht a Polizistin wia du so auf d’ Nacht? Gehst du aa amoi furt?«

Jetzt hat die Katharina grinsen müssen, weil erstens kommt es ja schon selten vor, dass du als fast Vierzigjährige innerhalb von drei Minuten zwei Interessenten triffst. Und zweitens, weil der Jakob als Junger das Ganze auf eine recht nette Art gesagt hat, da kannst du dich nur geschmeichelt fühlen als Frau, geht gar nicht anders. Aber Polizei ist Polizei und Dienst ist Dienst, und da heißt es unbestechlich bleiben.

»Schaung mar amoi.«

Der Jakob hat zurückgegrinst und »Ciao« gesagt, weil schaung mar amoi ist keine Abfuhr, sondern mehr so die bayerische Umschreibung für Ich tät schon gern, aber anstandshalber verschieben wir das noch ein wenig mit dem Date.

Und die Katharina ist in ihren Golf gestiegen, haarscharf zwischen Haus und Transporter durchgestartet und zurück zur Polizeidienststelle nach Weil gefahren.