EPILOG

Voi che sapete

Che cosa è amor

Donne, vedete

S’io l’ho nel cor.

… Sospiro e gemo

Senza voler,

Palpito e tremo

Senza saper.

Non trovo pace

Notte né di,

Ma pur mi piace

Languir così 

(Le Nozze di Figaro | W. A. Mozart)

Den ganzen Herbst ist der Matteo zwischen der Toskana und dem bayerischen Rosenheim hin- und hergependelt, jedes Wochenende, um die Katharina in der Reha-Klinik zu besuchen. Die Parktickets und Strafzettel hat er alle aufgehoben, als stumme Zeugen seiner Auslandsaufenthalte.

Ein verregneter kalter Herbst, und anstrengend für beide, für den einen, der unter der Woche Chef des Kommissariats in Massa Marittima war und samstags und sonntags psychische Stütze in Rosenheim für die andere, die langsam wieder zurückfinden hat müssen in ihren Alltag, nach ihrer überstandenen OP.

Der Kopfschuss, der keiner war, sondern die unglückliche Folge eines verdorbenen Fleischsalats, hat etwas verändert in ihrem Leben. Weil wurscht, ob du nur für ein paar Tage oder wochenlang im Krankenhaus bist, es reißt dich raus aus deinem Alltag.

Die Katharina hat trotzdem ihren Fall gelöst. Hat einem Menschen sein Leben zurückgegeben. Ist selbst gerettet worden. Operiert worden. Nach elend langen Wochen als geheilt aus der Reha zurück in ihr altes, neues Leben entlassen worden.

 

Der eine fällt auf den Kopf, und der andere ist wochenlang im Keller eingesperrt und anschließend wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis, da fragst du dich durchaus, warum gerade ich?

Aber was soll die ganze Fragerei.

Das Beste draus machen. Mehr Sinn gibt es nicht.

So einfach ist das.

 

Draußen vor der Windschutzscheibe hat es Bindfäden geregnet, dass die Scheibenwischer kaum dagegen angekommen sind. Aber der Matteo hat den Weg von Rosenheim nach Weil schon gut genug gekannt, und außerdem wäre er auch bis ans Ende der Welt gefahren, im Auto war es warm, und wegen dem ganzen Hin- und Hergefahre ist der BMW sowieso schon sein zweites Zuhause geworden.

Die Katharina ist neben ihm gesessen und hat in die Nacht hinausgeschaut, und in den Regen, der die Mozart-Arie akustisch untermalt hat. So haben beide schweigend vor sich hin gedacht.

Der Matteo hat den dreibeinigen Dinosaurier, den die Clara und der Django Altmann der Katharina in die Reha-Klinik mitgebracht hatten, zwischen Armaturenbrett und Windschutzscheibe geklemmt, wie ein Fernfahrer, der die Erinnerungsstücke seines Lebens vor sich aufreiht, wo sie ihm Glück bringen sollen. Und ihn beschützen auf seiner Fahrt.

Und dieser Glücksbringer war der Beste, wie der Django es gesagt hatte, auch wenn ihm ein Bein gefehlt hat und auch wenn die Katharina ihn nicht hat ansehen und sich nicht hat erinnern wollen.

Es geht nicht ums Erinnern. Es geht darum, weiterzugehen. Weiterzufahren, durch den Regen und die Nacht. Durch das Leben und seine Schläge.

Ob ein Bein ab ist oder ob dich ein Schicksalsschlag getroffen hat oder jemanden, der dir nahesteht. Wir kommen nie irgendwo heil heraus, wir werden immer Narben davontragen.

 

Und der Matteo hat gewusst, mit all den Narben, die die Katharina davontragen würde, mit denen, die man sieht, und denen, die man nicht sieht, weil sie zu tief sitzen, war sie die Beste.