18
Wir begannen wie die Wilden auf den Marmorrand des Beckens zuzuschwimmen, aber das Wasser wirbelte und brodelte und drängte uns zurück, als versuchten wir der Kraft eines Wasserfalls zu begegnen.
Ich kam ein wenig voran, aber das Wasser wurde immer heißer, und ich wollte Nath nicht zurücklassen.
Irgend etwas – und hier lag kein Zufall zugrunde – veranlaßte mich, durch den Dampf zu den Türen zu schauen, durch die wir hereingekommen waren. Dort standen Seg, Loriman und der Khibil-Zauberer. Seg schüttelte San Aramplo wie eine Stoffpuppe. Andere Teilnehmer unserer Expedition drängten herbei; ihre Umrisse waren nur undeutlich auszumachen.
Der Zauberer schüttelte den Kopf, seine Handbewegung bekundete Resignation, Abwehr und Verzweiflung.
Ich senkte den Kopf, Dampf wallte, und ich konnte nichts mehr sehen.
Das verflixte Wasser war heiß. Wie die Qualvollen Bäder einer Herrelldrinischen Hölle brannte und biß es. Das Atmen wurde zur Qual, und die ganze Zeit paddelte und quälte ich mich voran, und Nath mühte sich hustend an meiner Seite.
Mit einer abscheulichen Plötzlichkeit, die in ihrer zwingenden Gewalt atemberaubend war, erhob sich das Wasser aus der kochenden Vertiefung.
Ich landete mit den Füßen voraus auf dem marmornen Beckenboden. Nath lag mit ausgebreiteten Armen da und schnappte wie ein gestrandeter Fisch nach Luft. Das Wasser wurde angehoben, kreiselnd, einen schimmernden Ball bildend. Lichter spiegelten sich an der glänzenden Oberfläche. Der Ball geriet ins Kreiseln, und silbern und rot und ockerbraun und grün schimmernde Rinnsale sprühten an der Oberfläche. Als riesige Kugel hing der Beckeninhalt über uns.
Noch immer roch ich die dampfend heiße Luft des brodelnden Teiches. Das Wasser tropfte nicht an mir herunter; Nath und ich waren knochentrocken. Bis auf den letzten Tropfen hatte sich das Wasser zu dem übernatürlichen Rund über unseren Köpfen vereinigt.
Mit erstaunlicher Geschwindigkeit flachte sich die Kugel ab und wurde zu einer Scheibe.
Immer schneller drehte sich die Scheibe wie eine auf die Seite gelegte Kreissäge. Immer heftiger beschleunigte die Erscheinung. Und schließlich ergoß sich die flache Scheibe wie ein Katharinenrad feuchter Zerstörung über die tribünenartigen Sitzreihen und die makabren Zuschauer.
Keckernd und kreischend flohen die gespenstischen Erscheinungen.
Das blasphemische Leben wich aus dem Saal, zurück blieben lediglich die Angehörigen der Expedition, die uns mit lauten Rufen bedachten.
Nath und ich stiegen aus dem Becken und begannen unsere Sachen anzuziehen und die Rüstungen anzuschnallen.
»Jak! Beim Verschleierten Froyvil, mein alter Dom, ich dachte schon, du seist tüchtig durchgekocht und lecker zum Verzehr bereit!«
Inmitten der wirren Begrüßungen versicherte ich Seg, er sei der größte, großartigste, prächtigste Bursche auf ganz Kregen. Dann nahm ich mich zusammen, denn emotional war ich doch etwas aus der Bahn geraten, und fügte hinzu, es sei für mich doch sehr überraschend, daß er einige der Fallen überlebt habe, die man sicher auch mit noch so viel Gold nicht entdecken konnte.
Er zahlte es mir mit gleicher Münze heim, und so priesen wir gutgelaunt die Fähigkeiten des anderen, bis ich darauf kam, wie froh ich darüber war, daß auch der Khibil-Zauberer endlich die erwartete Leistung gebracht hätte.
Dazu schüttelte San Aramplo nur den Kopf. Für einen Khibil, für einen Khibil-Zauberer wirkte er ungemein bedrückt.
»Ich konnte nichts tun. Pantor Seg versuchte mich dazu zu zwingen, aber ich wußte, daß ich es nicht schaffen würde.«
»Aber du hast es geschafft!« rief Loriman.
»Oh, aye, das ist richtig. Aber ich spürte eine fremde Kraft in mir, durch mich, eine Energie, wie ich sie in meinen Jahresperioden als Lehrling und Meister der Thaumaturgen von Thagramond niemals zuvor empfunden habe.«
Ich warf Seg einen Blick zu. Er wußte Bescheid. Es hatte sich also einer unserer Zauberer aus Loh oder unsere Gefährtin, die Hexe aus Loh, mit überlegenem Kharma eingeschaltet und San Aramplo als Werkzeug benutzt, um die widerlichen Zuschauer mit dem Wassertrick hereinzulegen.
»Du hast äußerst gute Arbeit geleistet, San!« rief Kov Hurngal mit seinem typischen kregischen Selbstbewußtsein. »Meine Erwartungen in deinen Ruf haben sich voll bestätigt. Nun ja, das überrascht mich nicht. Ich lasse mich in solchen Dingen nur selten täuschen. Angesicht dieser Macht in unserer Mitte können wir leichteren Herzens weiterziehen.«
Ich ging über die Ironie der Situation hinweg, die irgendwie zu Hurngals Charakter gehörte, und sah gleichwohl den Kern der Wahrheit. Unsere Gruppe konnte sich nun ein wenig sicherer fühlen.
Ich vermutete, daß Deb-Lu durch Aramplo gearbeitet und unserem Gegner den wirksamen Streich gespielt hatte. Obwohl der Khibil eigentlich gar nicht wissen konnte, was hier geschehen war, dankte ich ihm mit freundlichen Worten und gab meiner Überzeugung Ausdruck, daß seine Fähigkeiten wirklich beeindruckend wären.
Er nickte nur kurz zur Bestätigung, in Gedanken versunken, offensichtlich bemüht herauszufinden, was er nur getan hatte, um so etwas zu bewirken.
Nath dankte ihm ebenfalls mit wohlgesetzten Worten, und so sahen wir uns denn ermutigt in dem Saal nach Beute und anderen Dingen um.
»Was hast du erlebt?« fragte ich Seg.
»Gänge, Räume, Fallen und Ungeheuer«, antwortete er. »Ich schwöre dir, in diesem Labyrinth gibt es mehr Wege als in den Grundfesten von Berg Hlabro!«
»Ich habe den Eindruck, wir nähern uns dem Zentrum des Labyrinths.«
»Meinst du? Nun ja, ich gebe dir recht. Aber das sollte Hurngal nicht hören. Er ist fest davon überzeugt, daß wir uns schon auf dem Weg nach draußen befinden.«
»Ja. Auch das paßt zu ihm.«
Wir mußten beide lachen.
Die Sklaven waren ziemlich dezimiert worden; die übriggebliebenen marschierten hinter uns her und schleppten schwer an den Goldsäcken. Ich hoffte nur, daß sie so vernünftig waren, die Säcke von den Schultern zu werfen, sobald das Gold zu schmelzen begann.
Die letzten Vorfälle stärkten mich doch sehr in der Überzeugung, daß wir eine Expedition ohne erfahrene Schatzsucher waren – Seg und Loriman einmal ausgenommen.
Uns fehlten mutige Pachaks, deren Beruf es war, Gräber um ihre alten Schätze zu erleichtern.
Wir wanderten durch eine Folge von gründlich abgeklopften Gängen; dennoch verloren wir einen Mann, der seine zehn Fuß lange Stange so gründlich gegen den Steinboden vor sich drückte, daß er nicht mehr nach oben schaute. Wir hörten die Schreie und das Durcheinander. Als wir die Stelle erreichten, war der arme Bursche bereits von grünem Schleim eingehüllt. Wir übrigen passierten die Stelle mit großer Vorsicht.
Seg gegenüber hatte ich die Abenteuer, die Nath und ich erlebt hatten, ziemlich vereinfacht dargestellt – und umgekehrt galt bestimmt das gleiche –, doch kam ich nicht darum herum, ihm die Riesenkröte zu beschreiben, die sich mit Hilfe einer an einer Angelrute hängenden Lampe aus Glühwürmchen ihr Abendessen fing. Seg war gebannt.
Wir machten einen Bogen um die grüne Masse, wobei wir uns über die philosophische Seinsberechtigung einer solchen Wesenheit im kregischen Weltengefüge unterhielten. Durch das offene Gespräch über irdische abstrakte Dinge lenkten wir uns von unseren unmittelbaren Aufgaben hier im Labyrinth ab. Für mich war klar, daß es Deb-Lu, Khe-Hi und Ling-Li gelungen war, Seg und mich mit einem Mantel der Verborgenheit zu umgeben – so gründlich, wie Zauberer aus Loh arbeiteten, gehörte wohl auch Nath noch in seinen Schutz.
Ebenso unzweifelhaft stand fest, daß ein einfacher Kämpfer mit Schwert bei einer Konfrontation mit einer übernatürlich mächtigen Hexe aus Loh wenig ausrichten konnte, es sei denn, er verfügte über die aktive Unterstützung befreundeter Zauberer aus Loh.
So würde denn die Zauberei durch uns ihren Ausfluß finden. Dieser Gedanke gefiel mir nicht sonderlich, aber die Sache mußte getan werden, und damit basta.
»Bei den kranken, blasenschlagenden Ausscheidungen unter Dame Dulshinis Armen!« entfuhr es mir, denn die liebe Dame Dulshini mußte in dieser Gegend anstelle von Makki-Grodno herhalten. »Wir müssen an die verflixte Frau und ihre Göre heran!«
»Das schaffen wir, mein alter Dom, das schaffen wir, wenn es soweit ist«, sagte Seg auf seine aufreizend fröhliche Art; er wußte genau, wie er mich packen konnte, bei Zair! Aber Seg Segutorio ist nun mal der beste Gefährte, den sich ein Mann auf zwei Welten nur wünschen kann!
Jeder Mensch hat Zwiespältiges in sich. Er ist Dunkelheit und Licht. Ich verabscheute Csitra und fürchtete und ekelte mich vor ihrem Uhu Phunik. Würde ich aber in der Lage sein, sie kaltblütig zu töten? Sie gab sich dem Wahn hin, ich müsse die Zuneigung, die sie zu mir empfand, erwidern. Mit diesem Wahn hatte sie in Vallia schon großen Schaden angerichtet – sie hatte mich den Völkern des Inselreiches entfremden wollen, indem sie ihre Neun Unsäglichen Flüche gegen das vallianische Land aussprach.
Doch konnte man ihren Standpunkt irgendwie ahnen, konnte man die arme irregeleitete Seele, wenn nicht verstehen, so doch versuchen, ihre Motive zu erfassen. Wie sehr stand sie doch noch unter dem schlechten Einfluß ihres wahnsinnigen Mannes Phu-Si-Yantong, der zum Glück längst tot war und in der verdienten Hölle schmorte!
Konnte ich gelassen hineinmarschieren und im Schutz von befreundeten Zauberern aus Loh das Schwert gegen sie erheben?
Ich begann mir einzubilden, ich würde der Aufgabe aus dem Weg gehen. Seg würde nicht zögern, aber schließlich war er mein Klingengefährte, der beste Bogenschütze auf zwei Welten, und er würde für mich jeden umbringen, der mir gefährlich werden konnte. Mir ging es sehr darum, Seg aus dieser verfahrenen Angelegenheit herauszuhalten.
Schließlich, und das war irgendwie verdammt selbstverständlich, hing alles doch nur wieder an mir, dem einfachen Dray Prescot, der – Zair sei Dank! – nicht mehr Herrscher von Vallia war.
Immer mal wieder wechselten wir uns in der Spitze ab, und als Nath das nächste Mal neben mir erschien, bemerkte er, Hurngal sei überzeugt, wir würden das Labyrinth bald wieder verlassen.
Ich schaute durch den Gang über die Köpfe der Wächter und der Sklaven mit ihren Goldsäcken; ich sah die Fackeln flackern. Irgendwo dort vorn würde Hurngal seine Leute antreiben, halb wahnsinnig vor Aufregung wegen der kostbaren Schätze. Csitras raffinierte Pläne lockten den armen Kerl in ein Schicksal, das er trotz Lorimans Anschuldigungen wohl doch nicht verdient hatte.
»Jak«, sagte Nath, »soweit ich mich erinnere, habe ich dir einiges über meine Vergangenheit erzählt.«
»Aye.«
»Das bleibt natürlich vertraulich zwischen uns?«
»Natürlich!«
Dann aber konnte ich nicht den Mund halten, denn ich wollte wissen, was es mit seinem Kriegsgerichtsverfahren auf sich hatte, um ihm Hoffnung machen zu können. »Vielleicht«, sagte ich, »kann ich dir irgendwie helfen ...«
»Danke, Dom; aber das ist sehr unwahrscheinlich. Ich weiß, wie die hochgestellten Persönlichkeiten dieser Welt vorgehen.«
Vorn ertönte ein Schrei; aber wir konnten uns nicht aufhalten. Nach einiger Zeit kamen wir an einem Rapa vorbei, der den Säure-Atem einer Marmorstatue abbekommen hatte.
»Ja, ich weiß«, fuhr der Verstockte fort. »Meine älteste Schwester Lelia, ein hübsches Mädchen, das sich jeden Mann hätte aussuchen können, ist den Jikai-Vuvushis beigetreten. Dann gab es interne politische Probleme – mit solchen Bezeichnungen versucht man die Streitereien unter den Adligen schönzufärben –, und die Schwestern des Schwertes teilten sich. Lelia schloß sich den Schwestern von Voxyra an, jener Splittergruppe, die die gemeinen Umtriebe der hochmütigen Damen der Schwesternschaft nicht mehr ertragen konnten.«
»Eine kleine Schwesternschaft«, bemerkte ich, »die aber wirkungsvolle Regimenter in den Kampf schickt.«
»Meine Schwester wurde Zan-Deldar und dann Ob-Hikdar, und ich kann im Lichte Opaz' nur hoffen, daß sie noch am Leben ist und Erfolg hat und den Jiktar schafft.«
»Ein hohes Ziel.«
»Die Javed-Familie kämpft für Vallia!«
So hieß er also – Nath Javed!
»Mit Ausnahme«, fuhr er verbittert fort, »der armen, süßen, unschuldigen Francine, die von ihrem elenden, wertlosen, leem-liebenden Ehemann Fortro auf den falschen Weg geführt wurde!«
Interessant war für mich in diesem Zusammenhang, daß Naths Widerwillen gegen Herrscher und Aristokratie ihn nicht davon abhielt, für Vallia zu kämpfen. Ich wollte mehr Einzelheiten wissen, aber da eilte Loriman herbei und verhinderte, daß wir uns weiter über vallianische Angelegenheiten unterhielten.
»Ich schwöre euch, wenn das so weitergeht, tue ich dem Mann noch etwas an!« tobte der Jagd-Kov. »Ich ertrage es bald nicht mehr!«
»Was ist denn los, Kov?«
»Alle sind überzeugt, daß wir bald den Ausgang des Labyrinths erreichen. Ich bin mir dessen nicht so sicher. Aber wenn der Cramph noch einmal so mit mir redet, vergesse ich meinen Schwur, ihm nichts anzutun! Dame Hebe hilft mir gerade nicht dabei, mein Wort zu halten! Bei Hito dem Jäger! Ich schwöre euch, sie führt uns beide an der Nase herum!«
Plötzlich begriff ich, warum dieser cholerische, muskulöse, temperamentvolle Jagd-Kov nicht längst mit der Klinge auf Hurngal losgegangen war.
Ich machte gerade einige nichtssagend-beruhigende Bemerkungen, als wir eine Riesenhöhle erreichten, die von hohen Säulen gesäumt war; in dem grünlichen Licht verlor sich das Dach inmitten Myriaden von raschelnden Fledermausflügeln, und die Wände waren auf dramatische Weise abwechselnd blau und golden verhängt. Der Raum war vollgestellt mit Mobiliar. Bestimmt würden sich hier Schätze finden lassen!
Auf halber Höhe der Wand zu unserer Linken verlief ein Balkon mit Geländer; er führte um die Ecke auch über die Tür, durch die wir eingetreten waren. In den Seitenwänden waren keine Ausgänge sichtbar. Uns gegenüber, etwa ein Drittel der Saallänge entfernt, befanden sich auf einer Art Podest bequem aussehende Sitzgelegenheiten. Seg, Nath und ich begaben uns sehr vorsichtig dorthin und machten es uns in den Sesseln bequem – die sich nicht veränderten und uns etwa mit dornbesetzten Armen umhüllten. Auf den niedrigen Tischen erwartete uns eine reiche Auswahl an Weinen, Miscils und Palines, angenehm leichte Kost, die wir genossen, während die Wächter und Sklaven den Saal nach Kostbarkeiten absuchten.
Ich rang mich dazu durch, Nath einen Rat zu geben.
»Edelsteine, Nath – das solltest du anstelle von Gold mitnehmen. Ich hoffe, du findest eine ganze Truhe voll.«
»Ich auch.« Er schien mißtrauisch zu sein. »Aber werden die Steine auch schmelzen – wie das Gold?«
»Risiko, Nath, Risiko!« rief Seg amüsiert.
Der Verstockte zog los, und wir verloren ihn zwischen den Glasschränken und Truhen und Tischen aus den Augen. Obwohl grundverschieden, hatte dieser Ort doch eine gewisse Ähnlichkeit mit einem bestimmten Raum im Moder, und ich fragte mich, ob Csitra sich womöglich der Dienste eines Mörder-Lords bedient hatte, um ihrem Coup-Blad-Labyrinth frische Attraktionen hinzuzufügen.
Seg schluckte seinen Wein und sagte: »Interessant, wie Hurngal seine ›Rückweg‹-Theorie erklärt. So groß diese Anlage auch sein mag, sie hat nur die eine Tür. Er würde auf dem gleichen Weg zurückkehren müssen.«
»Er wird sich mit Bluffen und Tricksen schon irgendwie durchmogeln. Der Verstockte hat da so seine Ansichten über Edelleute.«
»Tolle Edelleute.«
»Sieht so aus, als wäre Nath bisher nur der falschen Sorte über den Weg gelaufen.«
Strom Tothor kam die flache Treppe zu unserem Podest herauf und röhrte auf seine Löwenart, daß er ausgedörrt und hungrig sei. Sofort stürzte er sich auf die Flaschen. Einige seiner Leute ließen unten ihre Lasten stehen und wählten Sitze in einiger Entfernung von ihrem Herrn. Auch sie griffen begeistert zu.
Kov Lorimans Chulik-Gardisten, ausnahmslos Paktuns, vergaßen über dem vielen Gold ihre Mägen nicht. Sie schlossen sich Tothors Gefolgsleuten an, so daß wir schließlich von einer Art Klub-Atmosphäre ergriffen wurden, wie wir da essend und trinkend auf dem von einem Geländer eingefaßten Podest saßen. Die ganze absonderliche Situation war um so faszinierender, als wir uns eigentlich ganz normal verhielten.
Loriman gesellte sich von der gegenüberliegenden Seite des Podests zu uns; er kaute an einem Hühnerbein.
»Ich schau mich mal ein bißchen um«, sagte Seg.
Die Fledermauswesen hingen unter der Decke. Der Saal erstreckte sich mitsamt seinem Säulenwald noch ein gutes Stück zum anderen Ende. Wir sahen Nath und den Rapa-Zhan-Paktun näher kommen; beide trugen ziemlich schwere Säcke auf dem Rücken. Ich lächelte.
Ein Silbertablett mit beiden Händen haltend, kehrte Seg an unseren Tisch zurück. Das Tablett war mit Leckereien gefüllt.
»Da hinten gibt es noch jede Menge. Genug für eine Armee.«
Und so aßen wir soviel wir konnten.
Zwischen den dichtstehenden Möbeln und Schatztruhen unterhalb des Podests waren nur wenige Sklaven oder Wächter zu sehen. Ich vermochte weder den Zauberer noch Dame Hebe auszumachen; zwischen zwei Glasschränken entdeckte ich aber Hurngal, der in unsere Richtung schaute. Er machte kehrt und begab sich zum Ende des Saales.
Kurze Zeit später näherte sich der Gardehauptmann von Dame Hebe. Der Cadade kam energisch die Stufen herauf, grüßte Loriman vorschriftsmäßig und wartete dann darauf, bemerkt zu werden.
»Ja, Scancho?« fragte Loriman schließlich und nahm das Weinglas von den Lippen.
»Pantor! Kov Hurngal bittet dich zu sich an die Tür.«
»Ach wirklich?«
Die Formulierung der Bitte war dazu angetan, den Jagd-Kov in Rage zu versetzen.
Im nächsten Augenblick tauchte einer von Rogarshs Rapas zwischen den Möbeln auf; mit gesträubten Federn und aufgerissenem Schnabel eilte er herbei und schwenkte die Arme wie ein Verrückter. Er vergaß jede protokollarische Rücksicht.
»Wir sind verraten!« kreischte er. »Kov Hurngal hat seine Leute hinausgeführt und die Tür hinter sich verriegelt! Sie ist unüberwindlich. Wir sind eingeschlossen. Wir sitzen im Labyrinth fest!«