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Am frühen Montagmorgen flog Carver nach England zurück. Bevor er Genf verließ, stand er an seiner Kücheninsel und griff in das Weinregal, das an einer Seite eingebaut war. In der zweiten Reihe von oben, im dritten Fach befand sich ein versteckter Schalter. Den drückte er und wartete, während sich die Mitte der Granitarbeitsplatte langsam hob und ein Metallgestell mit sechs unterschiedlich hohen Schubladen herausfuhr.

Carver überging die unterste, die seine Schusswaffen enthielt. Da er bis zur Erledigung des Gushungo-Auftrags ein paar Mal würde fliegen müssen, hatte es keinen Zweck, sie mitzunehmen. Er hatte sowieso nicht vor, auf jemanden zu schießen. Er zog eine der flacheren Schubladen auf und nahm eine scheinbar zusammenhanglose Auswahl von Dingen heraus: ein Stück Holz mit einigen Löchern darin, einen Satz AA-Batterien, diverse Muttern, Schrauben, Unterlegscheiben und Drähte mit Krokodilklemmen.

Von der Küche ging er zu seinem Schlafzimmerschrank, holte einen Koffer aus dem obersten Fach und nahm zwei Dinge an sich, die er für nützlich hielt: eine Hornbrille mit Fensterglas und eine kurze graue Perücke. Aus seiner Zeit beim Special Boat Service kannte er einen Offizier, der kaum älter war als er und schon mit Anfang dreißig grau geworden war. Gewissermaßen zum Ausgleich war sein Gesicht ungewöhnlich jugendlich und faltenlos geblieben. Diese widersprechenden Merkmale machten es schwer, sein Alter richtig zu schätzen. Carver zielte auf eine ähnliche Wirkung ab.

Alles, was er nun noch brauchte, waren einige Pässe, Führerscheine, Kreditkarten und SIM-Karten. Dann war er reisefertig.

Diesmal landete er in Gatwick, mietete einen Wagen und fuhr die acht Kilometer nach Crawley. In einem Industriegebiet unweit des Bahnhofs fand er einen Fachhändler namens Vanpoulles und erklärte einem Verkäufer, was er benötigte. Der freute sich, Carvers Liste durchzugehen und Empfehlungen zu geben, für welche Variante er sich entscheiden sollte. Aber weder ein Messgewand noch eine Patene seien notwendig, klärte er ihn auf.

Carver erwähnte auch, dass er nach einem sehr speziellen Behältnis suche, um die Gegenstände zu transportieren, vorzugsweise aus zweiter Hand und gut abgenutzt. Der Verkäufer beriet sich mit einem Kollegen und nannte ihm dann einen alten Kunden, der sich kürzlich zur Ruhe gesetzt habe und ihm das Gesuchte vielleicht zur Verfügung stellen könne. Er wohne in Kent, nicht weit von Tunbridge Wells.

Die Fahrt hin und zurück dauerte fast drei Stunden, hatte sich aber gelohnt. Während Carver einmal dort war, machte er sich zunutze, dass in Tunbridge Wells hauptsächlich ältere, konservative, vornehme Leute lebten. Er ging in einen Wohltätigkeitsladen und fand einen leichten dunkelgrauen Anzug, der maßgeschneidert war, aber an Ellbogen, Knien und Rücken diese glänzenden Stellen hatte, die vom langjährigen Tragen kommen. Er hatte einem Mann gehört, der mehr aß und weniger Sport trieb als Carver, doch ein halbwegs guter Hongkonger Schneider würde den Anzug leicht ändern können.

Am späten Nachmittag schlug sich Carver unterwegs nach Campden Hall durch den Feierabendverkehr auf der M25. Das Kriechtempo auf der östlichen Umgehung Londons war selbst für einen Heiligen eine Geduldsprobe. Aber alles in allem fand Carver, dass er den Tag gut genutzt hatte.

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