1984
März
Am Unabhängigkeitstag schaltete Maya den Fernseher an und sah den Diktator, wie er am Shahid Minar, dem Denkmal der Märtyrer, Kränze niederlegte. Er hatte einen kleinen Kopf und breite, von militärischen Abzeichen geschmückte Schultern. Im Vormonat hatte er versucht, das Land in Islamische Republik Bangladesch umzubenennen. Davor hatte er zwei Rolls-Royce gekauft, einen für sich und einen für seine Mätresse.
Jetzt, am Jahrestag des Einfalls der pakistanischen Armee, dem Tag, an dem sie mit ihren Panzern Dhaka niedergewalzt hatte, hielt er eine Rede über den Krieg. Weil er sich beim früheren Feind einschmeicheln wollte, sagte er nichts über die Massenmorde. Er pries die Bedeutung der regionalen Einheit. Alle Muslime sind Brüder, wiederholte er. Sie konnte es nicht mehr ertragen. Sie schaltete den Fernseher aus und ging ihre Mutter suchen, die in der Küche Parathas briet. Zwischen ihren von der Butter fettigen Händen klopfte Sufia vorsichtig die Teigscheiben flach.
In der Abenddämmerung lief Maya barfuß von der Elephant Road zum Shahid Minar. Sie trat auf Zeitungen und Plastiktüten, fühlte zwischen den Zehen angenehm Sandkörner hindurchrieseln, doch auf dem heißen Asphalt mußte sie ihr Tempo verlangsamen, bis sie sich nur noch auf Zehenspitzen fortbewegte und kaum vorankam. Eine leichte Brise kitzelte sie unterm Kinn, sie hielt die Riemen ihrer Sandalen in der Hand und nickte lächelnd den kleinen Gruppen zu, die genau wie sie auf der Straße unterwegs waren.
Während der ganzen Zeit der Freiheitsbewegung waren sie barfuß in rotweißen Saris von der Elephant Road zum Shahid Minar gelaufen und hatten sich den revolutionären Gruß zugerufen: Joy Bangla. Sieg Bangladesch.
Heute war nur eine Handvoll Fußgänger auf der Straße, die sich langsam einen Weg durch den dichten Verkehr bahnten. Hinter ihnen wurde ungeduldig gehupt. An der Ecke Zia Sarani mußte Maya einen Bogen um eine zerbrochene Flasche schlagen und überlegte, ob sie die Sandalen wieder anziehen sollte. Der Gedanke ärgerte sie. Die Straße müßte gesperrt, der Bürgersteig gekehrt sein, und es müßten auch viel mehr Menschen kommen, Tausende, mit Kindern auf dem Rücken, die das Gefühl einte, daß sie einmal, vor vielen Jahren, etwas Bedeutsames vollbracht hatten.
Sie sah einem Mann mit langen Haaren und Wollschal in die Augen. Der Mann schüttelte den Kopf, als wisse er, was sie gerade dachte, und wolle ihr bedeuten, es sich nicht so sehr zu Herzen zu nehmen.
Doch sie wollte es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Sie ließ die Wut in sich hochkochen und ballte die Hand um die Blumen, die sie im Garten gepflückt hatte. Warum waren Ammu und Sohail nicht mitgekommen? Warum, wenn sie doch jeden Augenblick der Revolution zusammen durchgestanden hatten, war sie jetzt ganz alleine hier, allein zwischen dem dunkelblauen Himmel und einer Straße voller Dreck?
Das Denkmal wurde von Kerzen erleuchtet. Die breite Treppe führte hinauf zu drei schlanken Betonstreben, die grazil in die Höhe ragten. Die mittlere der fünf torartigen Betonstrukturen ragte vor, als wollte sie ihren Besuchern Schutz bieten. Eine große rote Papiersonne ging dahinter auf. Der Wind nahm zu, ließ die kleinen Kerzenflammen flackern und rüttelte an dem Weidenbaum, dessen Blätter zitterten und schließlich davonflogen.
Das Shahid Minar war das erste gewesen, was die pakistanische Armee im Krieg zerstört hatte. Es war hinterher auch als erstes wieder aufgebaut worden, größer und breiter, aber Maya wünschte, sie hätten das Denkmal als Ruine stehenlassen: Jetzt, glänzend und frisch gestrichen, trug es keine Zeichen der überstandenen Kämpfe mehr.
Maya setzte sich auf die oberste Treppenstufe, die Blumen auf dem Schoß, und sah den Leuten zu, die Blumen niederlegten oder mit gesenktem Kopf vor den Betonstreben knieten. Niemand sprach. In der Ecke eines der fünf eckigen Torbögen sah sie einen Mann leise weinen. Er wischte sich die Tränen ungeduldig mit dem Handrücken aus dem Gesicht. Dann wandte er den Kopf und sah sie geradewegs an. Er stand auf und streckte den Kopf vor, als versuche er, sie im letzten Licht zu erkennen. Sie sprang auf, die Blumen fielen ihr vom Schoß. Im nächsten Augenblick war er schon bei ihr.
»Maya.«
»Joy – bist du das?«
Er hob ihre Blumen auf und hielt sie ihr hin, und die jetzt fast zehn Jahre alten Erinnerungen an ihn überwältigten sie. Joy. Der kleine Bruder von Sohails bestem Freund. Während des Krieges war er oft bei ihnen im Bungalow gewesen, weil er als Botenjunge für die Freiheitskämpfer gearbeitet und Ausrüstung ins Kampfgebiet und aus Indien über die Grenze geschafft hatte. Er hatte Bruder, Vater und ein Stück seiner rechten Hand im Krieg verloren. Außerdem hatte er früher einen Spitznamen für sie gehabt, wie hatte der nur gelautet?
Sie sahen einander lange an. Er war größer, als sie ihn in Erinnerung hatte. Er trat auf sie zu, und sie wich unwillkürlich einen Schritt zurück. »Ich dachte, du bist in Amerika«, sagte sie, als sie an ihr letztes Zusammentreffen dachte, bei dem er ihr erzählt hatte, er würde nach New York gehen. Sie hatte es ihm übelgenommen, daß er ihrer Heimat so schnell nach der Staatsgründung den Rücken kehrte.
»War ich auch.«
»Aber jetzt bist du hier.«
»Ich bin schon vor fast einem Jahr wieder zurückgekommen. Und du? Ich habe gehört, du wärst irgendwo im Norden.«
»Ich bin auch wieder zurück.« Sie wußte nicht, wie sie die vielen Dinge zusammenfassen sollte, die in der Zwischenzeit geschehen waren.
»Und wie geht es Sohail?« Sein Gesicht war dunkel im flackernden Kerzenlicht, rot im Schatten der roten Papiersonne hinter dem Shahid Minar, doch seine breite Stirn, sein kantiges Kinn konnte sie gut sehen.
»Seine Frau ist gestorben«, antwortete Maya.
»Ja, das habe ich gehört. Ich – ich wollte ihn eigentlich anrufen, aber …«
»Er hat kein Telefon.« Sie gingen in Richtung Universität. Maya unterdrückte das Bedürfnis, Joy nach früher zu fragen, wie ihr Bruder gewesen war, auf dem Schlachtfeld, im Krieg, als revolutionär gesinnter Student, damit sie ihm von der Tragödie seiner Verwandlung berichten konnte. »Erzähl mir von New York. Wie hoch sind die Wolkenkratzer denn nun wirklich?«
»Noch höher als im Film.«
»Noch höher? Da mußt du dich ja sehr klein gefühlt haben.«
»Ja, man fühlt sich klein, aber nicht wegen der Hochhäuser.«
»Was hast du da gemacht?«
»Ich habe als Taxifahrer gearbeitet«, antwortete er. Er sah sie an, und sie lächelte ein klein wenig zurück, als wollte sie sagen, daß Taxifahren nichts Schlimmes oder Peinliches war. »Und ich habe geheiratet.«
»Geheiratet!« Sie blieb wie angewurzelt stehen. »Das ist ja unglaublich! Du hast geheiratet und keinem was davon gesagt?«
Sie waren jetzt an dem riesigen Banyanbaum vor der Kunsthochschule angekommen, unter dem sie vor dem Krieg so viele Nachmittage verbracht hatten. Er drückte die Hand an die Rinde und lehnte sich an den Baum. »Es war nicht diese Art von Ehe.«
»Was für eine denn dann?« Sie ließ es sich kurz durch den Kopf gehen, dann platzte sie schon mit der einzigen Erklärung heraus, die ihr einfiel: »Schwanger?«
Er lachte. »Die Biene Maya. Sticht wie eine Biene. Wie Muhammad Ali.«
Das war der Spitzname gewesen. Die Biene Maya.
Er erzählte weiter. »Ich habe sie geheiratet, damit ich in den USA bleiben durfte. Mein Studentenvisum war abgelaufen, und ich wollte nicht zurückkommen.«
»Wie er sein Herz ans Ausland gehängt hat«, stichelte sie.
»Ich weiß, was du davon hältst – du hast es bei unserem letzten Treffen ziemlich deutlich gemacht.« Er zog ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche und hielt es ihr hin.
»Eine Zigarette aus New York? Da kann ich ja nicht nein sagen.«
Er steckte sich zwei Zigaretten in den Mund, zündete beide an und gab dann eine an Maya weiter.
»Das hab ich schon mal in einem Film gesehen«, sagte sie.
»Ich auch.«
»Ich dachte, du gehst nicht gern ins Kino.« Sie wollte ihn an früher erinnern, an sein Leben als Soldat, als er noch gefürchtet hatte, verweichlicht zu scheinen.
»Ich bin nicht mehr derselbe wie früher.«
»Das glaube ich dir nicht.«
Er wechselte das Thema. »Aber ich habe gehört, daß du dich kein bißchen verändert hast. Immer noch derselbe Kampfgeist wie eh und je.«
Sie errötete. Sie erzählte ihm von Rajshahi, wie sie Landärztin geworden war, ließ aber den Grund ihres überstürzten Umzugs weg. Und sie sah Joy wieder vor sich, wie er geweint und sich die Tränen aus dem Gesicht gewischt hatte. Sie wollte etwas über seinen Bruder sagen. Aref war Sohails bester Freund an der Uni: Die beiden waren unzertrennlich gewesen, seit Sohail herausgefunden hatte, daß Arefs Vater genau wie Ammu Urdu sprach, sie beide Verwandte in Pakistan hatten und ihre politische Überzeugung mit ihrer Familiengeschichte in Einklang bringen mußten.
Sie hielt immer noch die Sandalen in der Hand. Als sie sich vorbeugte, um sie wieder anzuziehen, sah sie, daß er ebenfalls barfuß war und die Hosenbeine hochgekrempelt hatte. »Wo sind deine Schuhe?«
»Die hab ich zu Hause gelassen.«
»In New York?«
Beide lachten. Er winkte eine Fahrradrikscha heran und hielt ihr die Hand hin, um ihr hineinzuhelfen. Als sie ihm schon zum Abschied winken wollte, schlüpfte er neben sie auf den Sitz. »Ich will Sohail sehen«, sagte er.
Sie fragte sich, wieviel er wohl wußte – und ob sie ihm von der Dachsiedlung und den vielen Besuchern und dem Anblick der Tschadors erzählen sollte, die dick und schwarz auf der Leine hingen, und wie sie vor vielen Jahren sämtliche Glühbirnen weggeworfen hatten und die Dunkelheit jetzt nur noch vereinzelt vom gelben Schein kleiner Petroleumlämpchen unterbrochen wurde.
»Es paßt gerade nicht so gut«, sagte sie. »Er ist verreist.«
Er stieg wieder aus der Rikscha aus. »Dann ein anderes Mal«, sagte er und zog einen unsichtbaren Hut vor ihr. Dann sagte er: »Nächsten Freitag machen Chottu und Saima eine Party. Komm doch mit.«
Sie hatte schon gehört, daß Chottu und Saima reich geworden waren, was für ein großes Haus sie in Gulshan besaßen. Ein bißchen neugierig war sie schon. Und zu wissen, wann sie Joy wiedersehen würde, war auch nicht verkehrt. »Vielleicht. Ich ruf dich an, ja?«
Auf dem Heimweg dachte Maya an ihr letztes Zusammentreffen mit Joy. Sheikh Mujib war gerade in Pakistan aus dem Gefängnis freigelassen worden und sollte an jenem Morgen in Dhaka eintreffen. Die Menschen standen am Straßenrand Spalier, vom Flughafen bis zur Road 32 in Dhanmondi, wo er wohnte. Maya hatte sich mit Chottu und Saima an der Mirpur Road verabredet. Chottu hatte sich eine grünrote Flagge auf die Wange gemalt. Maya hatte ihm gesagt, er sähe wie ein Clown aus. »Mir doch egal«, hatte er erwidert. »Joy Bangla!« Von allen Seiten kamen Menschen herbeigeströmt. Sie traten aus den Häusern und Läden, ließen ihre Autos mitten auf der Straße stehen und sprangen aus Rikschas. Kinder wurden auf Schultern gehoben. Als Maya sich umsah, war die Straße verschwunden und von einem Meer aus Leibern geschluckt worden. Endlich hatten sie es zu der Straße geschafft, an der Mujib vorbeikommen würde, und hatten sich ein Fleckchen auf dem Gehweg erkämpft. Der Gesang schwoll an. »Er kommt«, verkündete Chottu, der auf Zehenspitzen stand. »Ich seh ihn schon!«
Der Aufschrei pflanzte sich durch die Straße fort. Mujib stand auf der offenen, mit Blumen bestreuten Ladefläche eines ganz gewöhnlichen Kleinlasters, mit dem sonst vermutlich Ziegelsteine oder Obstkisten befördert wurden. Als Mujib an Maya vorbeikam, blickte er gerade in die andere Richtung, und sie sah ihn nur von hinten, seinen Mantel, die weiße Kurta. Der Konvoi mußte sehr langsam vorangekommen sein, aber Maya schien es, als ob er in Sekundenschnelle vorbei war, und sie reihte sich dahinter ein und schwamm in der Masse mit. Sie hakte sich bei Saima unter, und sie schoben sich voran. Vor ihnen waren die Rücken der vielen Männer, die endlich aus dem Krieg zurück waren, aus deren Sieg eine eigene Regierung entstanden war, die eine Verfassung für sie schreiben und ihnen eine Nationalhymne und Reisepässe geben würden.
Maya merkte, daß jemand sie am Sari zog; sie versuchte, schneller zu gehen, und drängte sich gegen die Person vor ihr. Saimas Arm rutschte aus ihrem, als sie sich vorzudrängeln versuchte. Dann tippte ihr jemand auf die Schulter. Verärgert drehte sie sich um und sah einen Mann, der mit lachendem Blick den Arm über die Menschen hinweg nach ihr ausstreckte. Sie blieb stehen. Er blieb stehen. Sie standen still, wie Felsen in einem Fluß, und sahen einander an, während die Menschen um sie herum- und zwischen ihnen hindurchflossen. Sie faßte nach seiner Hand, der Hand, die ihr am nächsten war, aber er hielt ihr die andere hin, und sie begrüßten sich richtig. »Hallo, Joy.« Ihr fiel nichts Besseres ein.
»Die Biene Maya.« Sticht wie eine Biene, sagte er immer zu ihr. Es war unmöglich, so stehenzubleiben, sich gegen den Strom zu stellen, deswegen drehte sie sich um und ging weiter. Er folgte ihr. Manchmal gab es Gedränge, und er wurde von hinten gegen sie gedrückt. Sie fing an, ein Revolutionslied zu summen, und hörte, daß er mitsang. Bewegt faßte sie wieder nach seiner Hand.
Da fand Maya sie, die Lücke, wo sein Finger hätte sein sollen. Die Hand in einem dicken Verband. Langsam bewegte sie ihre Fingerspitze über den Knubbel, der jetzt seine Fingerspitze war. Der Verband spannte sich straff darüber. Sie ließ Joys Hand los, drehte sich wieder zu ihm um und starrte ihm ins Gesicht. »Wo ist dein Finger?« fragte sie.
»Den hat die Armee.«
Sie faßte wieder nach der Hand, während von hinten ungeduldig gedrängelt wurde, und brachte die unvollständige Hand an die Lippen. »Lebwohl, du Finger.«
»Lebwohl, Maya«, erwiderte Joy. »Ich gehe weg.«
»Nein, nein, das ist ein Mißverständnis«, sagte sie, »wir müssen ein anständiges Begräbnis für deinen Finger veranstalten.«
»Ich gehe nach Amerika.«
Unmöglich. Sie riß ihre Hand weg. »Jetzt, jetzt willst du weggehen?«
»Übermorgen.«
Sie redete sich ein, daß er einen groben Charakter hatte. Daß er sich mit Flüchen und ungehobelten Sprüchen im Krieg durchgeschlagen hatte. Daß er einfach ein Kino geplündert und ein Filmvorführgerät gestohlen hatte, das immer noch in der Gartenhütte ihrer Mutter stand und einstaubte. Sie klammerte sich an diesen Beweis seines schlechten Charakters. »Na dann«, sagte sie. »Mach’s gut.« Und sie schüttelte ihm die Hand, die unversehrte, als wollte sie sagen: Geh nur, du kaputter Kerl, ich brauche dich nicht.
Maya überlegte, wieviel Joy verloren hatte, im Vergleich zu ihr. Er hatte seinen Bruder an der Front verloren, und als er dann aus der pakistanischen Kriegsgefangenschaft heimgekehrt war, erfuhr er, daß auch sein Vater tot war. Die Nähe zu diesem Mann tröstete sie, einem Mann, der sehr viel Schlimmeres überlebt hatte als sie.
*
In der Gartenhütte mit dem Wellblechdach stand ein Stapel eingestaubter, mit Spinnweben bedeckter Kartons. Als Maya sie durchwühlte, stieß sie auf ihr Zeugnis aus der sechsten Klasse. Durchschnittliche Noten und eine Beschwerde der Lehrerin, sie würde zuviel reden und ständig den Unterricht stören.
Ein kleiner Schatten in der offenen Tür: Zaid.
»Na, da bist du ja. Ich habe gestern nach dir gerufen – wo warst du denn?«
»Ich war in der Schule.«
»In der Schule? Was hast du denn gelernt?«
»Französisch.«
»Französisch. Das ist ja eine tolle Schule. Und du warst ganz sicher nicht bei einer von den Französinnen von oben?«
»Nein«. Zaid schüttelte den Kopf. »Das war eine richtige Schule.«
»Und du hast Hemd und Hose angehabt?«
Er hielt etwas hinter dem Rücken versteckt, das er jetzt hervorzog, einen in braunes Papier verpackten Gegenstand. »Für dich«, sagte er.
Maya riß es auf. Es war ein brandneues Ludo-Brett mit bunten Spielsteinen und zwei Würfeln. »Für mich?« fragte sie. »Von wem hast du das denn?«
»Mär-sie«, sagte Zaid. »Das heißt danke schön auf französisch.«
Maya wiederholte das Wort. »Danke schön.« Sie gab das Spiel an Zaid zurück. »Warum bewahrst du es nicht auf, und wenn du Lust zum Spielen hast, dann bringst du es einfach mit nach unten?«
»Jetzt kann Dadu auch mitspielen«, sagte er lächelnd und schlüpfte mit dem Brett auf dem Kopf zur Tür hinaus. Maya stöberte weiter in alten Zeitungen, Farbeimern, einem Sack übriggebliebenem Zement, bis sie schließlich das fand, was sie gesucht hatte: den gestohlenen Filmprojektor in seinem Kasten, dessen Scharniere rot eingerostet waren.
*
Am Freitag kam Joy, um Maya zu der Party abzuholen. Lächelnd und nach Seife riechend klopfte er an die Tür. Ammu begrüßte ihn herzlich, als er sich bückte, um ihre Füße zu berühren; sie ließ sich sogar von Dallas weglocken, um sich nach seiner Mutter zu erkundigen. Sein Auto roch nach Leder und Rasierwasser. Joy ließ das Fenster herunter und streckte den Ellbogen hinaus, die andere Hand lag entspannt am Lenkrad. »Warum bist du denn eigentlich damals aufs Land gezogen?« fragte er, während sie durch die Stadt Richtung Gulshan fuhren. Maya rutschte auf dem Sitz herum. Sie hatte sich für einen einfachen Baumwollsari entschieden, was sie angesichts der warmen Luft, die durch das Auto blies, und der ersten Knitterfalten jetzt schon anfing zu bereuen. Sie hätte auf ihre Mutter hören und sich ein bißchen hübsch machen, vielleicht einen Seiden- oder Chiffonsari anziehen sollen. »Dhaka hat sich so rasend schnell verändert damals«, sagte sie. »Ich hab’s hier nicht mehr ausgehalten.« Wie hart das klang.
»Und da hast du einfach dein Studium und alles aufgegeben?«
»Nein, ich hatte ja nur noch ein Jahr. Ich habe meine Zeit als Assistenzärztin am Rajshahi Medical abgeschlossen. Und dann bin ich einfache Landärztin geworden. Aber genau das brauchen die Leute da auf dem Dorf, jemanden, der ihnen hilft, Kinder auf die Welt zu bringen.« Zu gern hätte sie ihm mehr erzählt, von den Abtreibungen, die sie nach dem Krieg durchgeführt hatte, und daß ihr erst später, viel später klargeworden war, was für eine Schuld sie damit auf sich geladen hatte, eine Schuld, die sie immer noch abzutragen versuchte. Woher sollte er das alles wissen – er war ein einfacher Soldat und das Töten seine Aufgabe gewesen, aber die Kriegsbälger, die Kinder der Vergewaltigungen, waren dem niederen medizinischen Personal überlassen worden, den freiwilligen Helferinnen in den zerlumpten Zelten am Rand der Stadt.
Sie fuhren jetzt auf der Road 27 am Abahani Field vorbei. Maya wußte noch, daß sie auf diesem Sportplatz früher mit Sohail Cricket gespielt hatte und im Salwar Kamiz zwischen den Wickets hin- und hergerannt war.
»Und dann warst du sieben Jahre in Rajshahi?«
»Erst war ich in Tangail, aber das war zu nah.« Sie fuhren jetzt sehr schnell über eine breite Prachtstraße mit einem Springbrunnen am einen und einer abstrakten Skulptur am anderen Ende. Maya wollte lieber das Thema wechseln. »Und was gibt es Neues in Dhaka?«
»Ich bin ja auch noch nicht so lange wieder da. Hat sich ganz schön verändert, was?«
»Und wie.«
»Die Straßen sind neu durchnumeriert worden – aber das hast du ja sicher schon mitbekommen.«
Hatte sie. Ganz Dhanmondi war neu durchnumeriert. Niemand wußte, ob er seine Straße beim alten oder beim neuen Namen nennen sollte. Ehemals 13, sagten sie, jetzt 6A. Es war wie eine halb heruntergeschluckte Pille, die einem in der Kehle feststeckte. Vielleicht hofften die Machthaber, daß die Leute vergessen würden, was die Straßen ihnen früher bedeutet hatten: Die Straßen, auf denen sie marschiert, auf denen sie zum Wählen gegangen waren. Road 27 war nicht mehr die Hauptstraße, durch welche die Panzer gerollt waren. Und Road 32 war nicht mehr die Straße, an der Mujib ermordet worden war, wo er auf der Treppe seines Hauses tot umgefallen war, seine Pfeife auf den gefliesten Boden geklappert war, die Blume aus Blut ein Teich, der seine Haare rot färbte. Nein, man konnte nicht mehr sagen: Es ist an der Bottrish Nombor geschehen, man mußte sagen an der 26A – eine neue Straße, an der niemand ermordet worden war, kein Mann und seine Frau, Söhne, Schwiegertöchter, sein Bruder, Neffe, Leibwächter, Fahrer, Torwächter. Und 26A, eine mit einem westlichen Buchstaben verbundene Zahl, war nicht die Art von Zahl, die zu diesen Mordopfern gepaßt hätte. Ja, Maya wußte genau, warum alles neu durchnumeriert worden war.
Den Rest der Fahrt schwiegen sie, Mayas Blick war auf die Straße gerichtet, als sie am alten Flughafen vorbeifuhren, der Kaserne, Mohakhali mit den neuen Bürogebäuden und Fabriken. Schließlich hatten sie Gulshan erreicht, wo alle Grundstücke doppelt so groß und die Straßen voller Autos waren und sogar der Diktator weit weg zu sein schien.
Chottus Wangen glänzten rosa. »Gott, ich sehe Gespenster!« Er schlug Joy kräftig mit einer Hand auf den Rücken. »Wo hast du denn Maya aufgetrieben?«
»Am Shahid Minar«, sagte Joy. »Wir haben Kerzen angezündet.«
Chottu brach in ein tief grollendes Lachen wie ein alter Dieselmotor aus. »Junge, Junge, wo du dich immer rumtreibst! Komm, Maya, komm doch rein. Saima bringt mich um, wenn ich dich zu lange mit Beschlag belege.« Er führte sie durchs Haus und den mit Lichterketten geschmückten Garten zu einem großen, gelben Zelt.
Eine Frau in einem blauen Chiffonsari reichte Chottu ein Glas. »Alle herhören, das ist Maya, unsere alte Freundin aus dem Widerstand.« Er machte eine Bewegung mit dem Glas in Richtung der anderen Gäste. Ein paar Leute drehten sich um und winkten ihr zu. »Was willst du trinken, Maya? Cola? Ein Schlückchen Vino?« Er senkte die Stimme. »Whisky? Bei Paul bekommst du alles, was du willst.« Ein Mann mit Anzug und weißen Handschuhen tauchte neben Chottu auf.
»Saft?« fragte Maya.
Chottu schüttelte enttäuscht den Kopf und zeigte auf Joy. Joy sah Maya an, räusperte sich und sagte: »Ich nehme auch einen Saft, bitte.«
»Alter Mistkerl«, sagte Chottu. »Nur, damit ich schlecht dastehe.«
»Ananas, Mango, Tomate, Orange«, sagte der Kellner. Maya hörte ein Kreischen hinter sich, fuhr herum und sah Saima auf sich zustürzen, im Arm einen drallen Säugling.
»Ich bring dich um! Wie kannst du mir das antun! Du bist wieder da und hast mich nicht angerufen?! Joy, du Unmensch, warum hast du mir nicht verraten, daß du sie mitbringst, wolltest mich wohl überraschen, o mein Gott, ich glaub’s ja nicht!« Sie drückte dem Kellner das Baby in den Arm und legte ihre Hände um Mayas Gesicht. »Laß dich mal richtig anschauen. Alhamdulillah, du bist ja kein bißchen älter geworden, du grausame, grausame Frau! Jetzt guck mich bloß an, ich sehe neben dir wie eine verschrumpelte alte Hexe aus!«
Maya schüttelte den Kopf und machte Saima ebenfalls Komplimente, bemerkte den glänzenden Sari, den sie trug, und die sorgfältig um ihr Gesicht drapierten Lockensträhnchen. Mittlerweile starrten die Leute sie an. Saima nahm Maya bei der Hand und stellte sie den anderen Gästen vor. Die Dame im blauen Chiffon hieß Lovely. Ihr Mann Pintu war ein schwitzender Zwerg im weißen T-Shirt. »Das sind Khaled und Minny von gegenüber, und Khaleds Bruder Sobhan, das ist seine Frau, Dora. Dora backt göttliche Kuchen: Schokolade, Vanille, Zitrone – ihr Zitronenkuchen ist absolut köstlich.« Dora hakte sich bei ihrem Mann unter und bedachte Maya mit einem halbherzigen Lächeln. Maya fragte sich, was aus ihren Freundinnen von früher geworden sein mochte, den nicht ganz so schicken, mit denen sie zur Schule gegangen und sich im Widerstand organisiert hatten. Da schilt aber ein Esel den anderen, dachte sie: Du hast ja wohl auch keinen Kontakt zu ihnen gehalten. Saimas Hand war weich und schwitzig, als sie Maya von Gast zu Gast führte. Saima lächelte und lächelte, bis ein bißchen Lippenstift auf einem ihrer Schneidezähne klebte. »Ich will alles hören«, sagte sie, »und damit meine ich alles! Ich muß nur mal gerade nach dem Essen gucken, aber ich bin gleich wieder da. Wenn ich nicht aufpasse, machen die in der Küche bloß wieder alles falsch.«
Maya setzte sich auf die Kante eines straff gepolsterten Stuhls. Saimas »Alhamdulillah« war ihr übel aufgestoßen – früher hatten sie über Leute gelacht, die sich mit jedem zweiten Satz auf Allah bezogen. Aber mittlerweile machte das jeder; sie war am Morgen beim Gemüsemann gewesen, und als sie bezahlt hatte, hatte er sich mit »Allah hafez« von ihr verabschiedet. »Was soll mit unserem alten Gruß nicht stimmen?« hatte sie aufgebracht erwidert. »Khodahafez ist wohl nicht fromm genug, oder wie?« Die freundliche Miene war aus dem Gesicht des Mannes verschwunden, und er hatte ihr das Geld zurückgegeben. »Bitte kaufen Sie Ihr Gemüse woanders«, hatte er leise gesagt.
Der Gedanke daran trieb Maya immer noch die Röte ins Gesicht. Jetzt mußte sie sehr viel weiter gehen, wenn sie etwas brauchten, bis zur Mirpur Road. Sie sah sich in dem Zelt um. Lovely schaute in ihre Richtung und winkte ihr zu. Maya winkte zurück. Wo war Joy? Ihr Sari war mittlerweile mehr als nur ein bißchen zerknittert und stand an der Hüfte unansehnlich ab. Sie sollte das Bad suchen gehen und sich ein wenig hübsch machen. Sie ging zurück zum Haus und trat in einen breiten Flur mit Gemälden an den Wänden. Jedes Bild wurde einzeln von einem kleinen Deckenstrahler beleuchtet. Maya stand vor dem Ölgemälde einer ländlichen Szene: leuchtend gelbe Reispflanzen und Bauern, die bis zu den Knöcheln in der Erde versanken und mit prallen, runden Muskeln das Feld bearbeiteten. Das Gemälde hatte nichts mit dem Landleben gemeinsam, das sie die letzten Jahre über erlebt hatte. Da waren die Männer im Reisfeld eher mager als rund gewesen, ausgezehrt von Hunger und harter Arbeit.
Sie sah eine Frau in Jeans und knallbunter Kurta vor einem anderen Gemälde von Chottu stehen. »Hallo«, sagte Maya und versuchte, freundlich zu klingen.
Die Frau musterte sie von Kopf bis Fuß, Mayas schmucklosen Sari, ihre nervös gefalteten Hände. »Ich habe den Eindruck, das ausgelassene Fest sagt Ihnen nicht so recht zu.«
»Ich bin nicht so ein ausgelassener Mensch, ehrlich gesagt.«
»Ich auch nicht. Aber mein Mann wollte unbedingt, daß wir kommen.«
»Ich bin eine alte Freundin von Saima. Maya Haque.«
»Ich heiße Aditi. Richtig, ich habe schon von Ihnen gehört. Die sozial bewegte Ärztin.«
Das gefiel Maya. Sie lächelte. »Und so läuft es immer, alle ausgelassen und heiter?«
»Meistens schon. Waren Sie weg?«
»Ja, so kann man es sagen.«
»Man kann ja niemandem einen Vorwurf daraus machen. Warum soll man sich nicht amüsieren? Wer will schon ständig den Gedanken an die alten Zeiten nachhängen?«
Sie bewegten sich gemeinsam zurück in Richtung Party.
Mittlerweile lief Musik, und ein paar Leute hatten angefangen zu tanzen und wackelten mit den Hinterteilen, daß die Getränke in ihren Händen nur so schwappten. Sie berührten sich an den Fingerspitzen und ließen die Hüften aneinanderprallen. Maya fand Joy und Chottu in einer Gartenecke, wo sie über Geschäftliches redeten. »Und was meinst du, Bruder, willst du bei uns einsteigen?«
»Ich habe mich noch nicht entschieden.«
»Keine Bange.« Chottu beugte sich zu Joy vor und tippte ihn an die Brust. »Alle möglichen Leute in unserm Land verdienen mit dem letzten Quatsch Geld. Warum solltest du nicht auch den großen Reibach machen. Findest du nicht auch, Maya?«
»Ja, warum nicht.« Sie sah Joy, der den Kopf zu ihr umgedreht hatte, kurz in die Augen. Jetzt fiel ihr auch wieder ein, daß sein Vater Besitzer von Jutewebereien in Khulna gewesen war. »Du kannst soviel Geld verdienen, wie du willst. Bloß dem Land hilfst du damit nicht.«
»Das überlassen wir den Ärzten. Und den Politikern.«
»Ach, Maya.« Chottu schüttelte den Kopf. »Du nimmst immer alles zu ernst. Wir werden alle älter, also warum nicht ein bißchen Spaß haben, bevor wir ins Gras beißen? Das ist mein Motto.« Er hob das Glas, das bis auf ein paar Eiswürfel leer war. Maya warf Joy einen entsetzten Blick zu und erwartete, daß er ihr beipflichten und die Augen verdrehen würde, aber er blickte nur stur geradeaus. Eine von Saimas Freundinnen – Molly oder Dolly oder so ähnlich – tippte Maya auf den Arm. »Hallo!« sagte sie.
Die in eine hautenge ärmellose Bluse eingeschnürte Frau erinnerte Maya an einen Stapel aufgepumpter Fahrradschläuche. »Hallo«, sagte Maya und versuchte, nicht die Wülste an ihrem Hals anzustarren.
»Sie sind also eine Freundin von Saima?«
»Genau, aus der Schule.«
Die Frau starrte Maya forschend ins Gesicht. Maya starrte zurück.
»Sie sind nicht verheiratet?«
»Nein.«
»Und Sie wollen auch nicht heiraten?«
»Ich glaube nicht. Ich meine, ich weiß es nicht, ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht.«
Der Blick der Frau bohrte sich in Mayas Augen. »Kommen Sie doch mal mit«, sagte sie und nahm Maya am Arm. »Sie müssen meinen Bruder kennenlernen, Saadiq. Er ist Wirtschaftsprüfer.«
Maya wich zurück. »Oh, nein danke.«
Die Frau ließ nicht so schnell locker. »Er ist eine sehr, sehr gute Partie. Die Mädchen sind von ihm begeistert. Aber ich hätte gern jemand Einfachen, Bodenständigen – wissen Sie, was ich meine? Die Frauen von heute. Kommen Sie, kommen Sie, das kann doch nichts schaden.«
Saima trat zu ihnen und legte Maya den Arm um die Schultern. »Du hast also meine alte Freundin kennengelernt. Sie ist etwas ganz Besonders, weißt du. Sie ist nicht nur Ärztin, sie kann auch noch singen – süßer als jede Nachtigall, ungelogen! Ach, Maya, magst du uns denn nicht etwas vorsingen, nur ein kleines Lied?«
Die pummelige Frau strahlte sie an. Maya schüttelte den Kopf. »Bitte nehmen Sie’s mir nicht übel.«
Saima bemerkte ihren Blick. »Es tut mir leid, aber ich muß Maya leider entführen.« Sie lachte und führte Maya zum Büffet. »Mach dir nichts draus, sie ist völlig harmlos.« Entlang der hinteren Gartenmauer war ein langer Tisch aufgebaut worden. Männer in weißen Jacketts servierten frisch gerollte Rotis und Kebabs. Am anderen Ende der Tafel vervollständigten Biryani, Hammelcurry, Fischbouletten und Salat das Festmahl.
Kurz nach dem Krieg hatte es einen Tag gegeben, an dem Maya mit einer Rikscha auf einer der vielen neuen Straßen durch Dhanmondi gefahren war. Der See lag still da, der Tag war wolkenlos, die Sonne brannte. 1972 war dieser Stadtteil noch spärlich besiedelt gewesen; die Häuser waren durch große Rasenflächen und unbebaute Grundstücke voneinander getrennt. Als die Rikscha in die Road 13 einbog, sah Maya eine Frau, die auf einem Stück Rasen kauerte. Die Frau riß ein Büschel Gras aus und stopfte es sich schnell in den Mund, während ihr Blick ängstlich herumhuschte. Maya hatte damals, während des Krieges und im Sommer danach, als der Reis auf den Feldern verkümmerte und eine Flut von Menschen mit salzverkrusteten Mündern in die Stadt geströmt war, zwar schon Elend aller Art erlebt, doch es war diese schutzlos der grellen Sommerhitze ausgelieferte Frau, deren Sari herunterhing wie die Flügel eines seit langem ausgestorbenen Wesens, die ihr nie aus dem Kopf gegangen war. Sie war das Gefühl nie losgeworden, daß sie alle nur um Haaresbreite davon entfernt waren, auf einem Rasen zu kauern und die nackte Erde zu essen.
»Du solltest mal kommen und dir Rajshahi angucken«, sagte Maya zu Saima, »ein bißchen was vom Land sehen.«
Saima seufzte. »Oh, wie gern würde ich das machen. Was mußt du da für ein Leben geführt haben. Mein Leben ist so hektisch, viel zu hektisch. Es gibt immer so schrecklich viel zu tun. Das Haus ist noch nicht fertig – oben muß noch gestrichen werden. Und die Toiletten sind die reinste Katastrophe. Ständig muß man die Handwerker beaufsichtigen.«
Maya nickte, abgelenkt davon, wie Saima das Essen auf ihrem Teller herumschob, aber nichts davon in den Mund zu stecken schien. »Man findet nicht mal mehr gute Hausangestellte, die Kinder können das Kindermädchen nicht leiden, aber wenigstens stiehlt sie nicht, wie die letzte. Aber genug von mir. Jetzt erzähl schon: Wie ist es, nach so langer Zeit wieder nach Hause zu kommen?«
»Die Zeit ist so schnell vergangen«, antwortete Maya. »Sohails Frau ist gestorben, weißt du.«
»Nein, das wußte ich nicht. Inna li-llahi. Wir haben ihn seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Es war, als ob ihr beide gleichzeitig verschwunden wärt.«
Es behagte Maya nicht, mit ihrem Bruder über einen Kamm geschoren zu werden. »Er wohnt oben und hat einen Sohn.«
»Was ist aus ihm geworden?«
Maya suchte nach den richtigen Worten, konnte sie aber nicht finden. Sie wußte nie so recht, wie sie von Sohails Bekehrung erzählen sollte, wie er sich von einem normalen in einen heiligen Mann verwandelt hatte. Sie wünschte, sie könnte aufrichtiger gegenüber dieser Frau sein, die einmal ihre Freundin gewesen war. Früher hätte sie Saima anvertrauen können, wie sie das alles hier anwiderte – die Gemälde vom Landleben, der Tisch, der sich unter dem vielen Essen bog, die Art und Weise, wie Madame blauer Chiffon Chottu die Hand auf den Arm legte. Aber jetzt ging das nicht mehr.
Joy kam auf sie zu und wischte sich die Hände an einer Serviette ab. »Köstliches Essen, Saima. Du bist nicht nur hübsch, sondern auch eine tolle Köchin.«
»Flirtest du etwa mit meiner Frau?« dröhnte Chottu und schlug Joy wieder auf den Rücken. »Irgend jemand muß es ja machen, ich hab keine Zeit mehr, der Frau Honig um den Bart zu schmieren – ich muß ständig arbeiten, um sie mit Saris und Ohrringen auszustatten.«
Saima hatte das Gesicht zu einem angespannten Lächeln verzogen.
»Da sei mal besser vorsichtig«, entgegnete Joy. »Du hast eine schöne Frau, und du selbst wirst nur jeden Tag fetter.«
»Ich sage, was ich will, mein Freund. Meine Zunge ist keiner Frau untertan.«
Als der Nachtisch gereicht wurde – eine Götterspeise mit Ananas und Pfirsichen aus der Dose, Pudding und Sahne – kam die Frau, die sich als Aditi vorgestellt hatte, wieder auf Maya zu. »Satt?«
»Ja, es war köstlich.«
»Saima kocht immer genug, um eine ganze Armee zu verköstigen.« Aditi senkte die Stimme. »Wenn ich ganz ehrlich bin, dann esse ich viel lieber was Einfaches wie Reis mit Dal, lieber als das ganze Biryani-Zeug.«
»Ja, ich auch«, sagte Maya.
»Vielleicht hätten Sie ja Lust, ein paar andere Reis-mit-Dal-Leute kennenzulernen.«
»Andere Dinosaurier, die in der Vergangenheit leben wie ich?«
»Journalisten.«
Maya war skeptisch. »Sie meinen die Leute, die uns mitteilen, was für ein großartiger Staatsführer der Diktator ist?«
»Wir sind nicht alle gleich.« Sie schrieb eine Adresse auf ein Stück Papier. »Kommen Sie uns doch mal besuchen.«
Sie drückte Maya den zusammengefalteten Zettel in die Hand – ein kleiner Widerstand gegen Saimas Biryani, ihr Alhamdulillah.
»Ruf mich an«, sagte Saima und umarmte sie sehr herzlich. »Ach, was sag ich, du machst dich ja so rar. Ich rufe dich an. Ich ruf dich morgen an. Laß uns Mittagessen gehen. Und bitte vergiß nicht, deiner Mutter viele Grüße auszurichten. Morgen, ja? Nicht vergessen.«
Maya hoffte, daß Joy auf der Heimfahrt nicht reden würde. Ihr Sari war völlig zerknittert, und sie hatte es aufgegeben, sich noch weiter darüber aufzuregen, zog ein Bein an sich und ließ die Falten auf ihrem Schoß auseinanderfallen. Ihr war etwas übel von dem Abend. Sie dachte daran, wie begeistert Saima gewesen war, sie wiederzusehen – und wie begeistert die Dorfbewohner in Rajshahi gewesen waren, sie loszuwerden. Sie hing irgendwo dazwischen im Nichts. Sie fühlte sich zu alt und zu jung zugleich. Häßlich. Häßliche alte Jungfer in einem häßlichen Sari. Und trotzdem wäre es einfach, wieder hineinzukommen. Alle würden den peinlichen Abend einfach vergessen, und es würde Nachmittage mit Chottu und Saima geben, an denen sie die Beine über die Sessellehne baumeln ließ. Vielleicht würden sie ihr zuliebe von früher reden, aber wahrscheinlich würden sie hauptsächlich über sich selbst und ihre Bekannten sprechen, Klatsch und Tratsch austauschen und über die Hitze klagen. Ein Teil von ihr wollte das, aber sie wußte, daß sie es nicht tun würde. Dachte Joy dasselbe, als er sie schweigend heimfuhr? Es war ihr egal. Er hatte sich nicht gerade sehr ritterlich ihr gegenüber benommen. Die ganze Party war ein Fehler gewesen – es war ein Fehler gewesen zu glauben, daß sie einfach nach Hause kommen könnte, und alles wäre wieder wie vorher.
*
Maya versuchte, die Party zu vergessen. Sie beschäftigte sich mit dem Kommen und Gehen oben. Die untersetzte Frau hieß Khadija und war die Tochter eines reichen Bauern aus Sylhet. Sie übernahm Silvis Predigtamt; zweimal am Tag kamen Horden von Frauen und drängelten sich oben in den Räumen. Es hieß, sogar Gruppen aus Italien und Kuba wären dabei.
Jeden Nachmittag um vier Uhr klingelte im Bungalow das Telefon, und eine junge Frau von oben saß schon da und wartete. Sie kam immer ein paar Minuten vorher, zog die Schuhe aus und krallte sich mit den Zehen nervös an der Türschwelle fest, an der sie sich herumdrückte.
Wenn das Telefon dann endlich klingelte, wäre sie am liebsten sofort hingesprungen, aber sie wartete immer ab, daß jemand aus der Küche kam und dranging, und wenn Maya oder Rehana ihr dann den Hörer hinstreckten, nahm sie ihn mit beiden Händen in Empfang. Dann ging sie damit in die Hocke und flüsterte hinein. Die Gespräche dauerten nur wenige Minuten, bis sie aufhängte und zurück nach oben huschte.
Maya sammelte diese Eindrücke. Ein Mädchen, das ins Telefon flüsterte, ein Junge, der Wasser in einem Eimer schleppte.
Sie gruben das leere Fleckchen an der Westseite des Gartens um. Es war die perfekte Stelle, weil sie dem Südwind ausgesetzt, aber durch die hoch darüber aufragende Kokospalme vor der Sonne geschützt war. Ammu beugte sich über das Loch, das Maya ausgehoben hatte, zog den Jutesack vom Ballen und fuhr mit den Fingern über die zarten Wurzeln des Bäumchens. Sie flüsterte ein Gebet und blies langsam ihren Atem auf den Baum. Mögest du lange Früchte tragen, sagte sie. Maya half ihr, das Loch im Boden wieder zu schließen, und beide gossen mehrere Becher Wasser auf den Hügel.
»Ma«, sagte Maya, »ich glaube, Sufia beklaut mich.«
Ammu fuhr herum. »Wie kommst du denn auf die Idee?«
»In meinem Geldbeutel fehlen ein paar Scheine.«
Ammu legte den Finger an die Lippen. »Psst. Nicht daß sie aus der Küche kommt und dich hört!«
»Wenn sie stiehlt, dann brauche ich ja wohl nicht zu flüstern.«
»Sie ist jetzt seit sechs Jahren bei mir und hat sich noch nie auch nur ein Stück Kuchen genommen.«
»Tja, vielleicht hat sie was gegen mich.«
»Jetzt sei doch nicht albern. Guck lieber noch mal nach. Vielleicht hast du dich verzählt.«
Ammu schien sich absolut sicher zu sein. »Na gut. Kann ja sein.«
Maya entdeckte im Schuppen eine ihrer alten medizinischen Fachzeitschriften, ein Lancet aus dem Jahr 1960 – sie erinnerte sich, wie sie das Heft nach dem Krieg an einem Stand mit antiquarischen Büchern in Nilkhet entdeckt hatte. »Häufige Ursachen für Augenverletzungen bei Kindern«, las sie. Auf einmal hörte sie ein Handgemenge und die Stimme ihrer Mutter, die sehr ernst sagte: »Das ist nicht das erste Mal, Freundchen.« Maya klappte die Zeitschrift zu und schlich auf Zehenspitzen zur Küche. Ein lautes Krachen. Maya sah Ammu mit erhobener Hand vor Zaid stehen.
Ammu drehte sich um und bemerkte sie. »Geh weg, Maya.« Zaid hielt einen Teller in der Hand; vor seinen Füßen lagen die Scherben eines weiteren. Er hielt den Kopf gesenkt und wollte Maya nicht ansehen. »Maya, ich sagte: Geh bitte, ich hab das hier im Griff.«
Maya ging hinaus. Später lief Ammu in Plastikschlappen auf der Veranda auf und ab; ihre Schritte klatschten wie Ohrfeigen.
»Er war es«, sagte Ammu. »Er hat dein Geld gemopst.« Sie hielt Maya ein paar Scheine hin. »Hier, nimm.« Ammus Hand zitterte, und an ihrem Haaransatz stand eine Reihe kleiner Schweißperlen.
»Ich bitte dich, Ma, es ist doch nicht wichtig.«
»Er stiehlt, er lügt! Ich weiß nicht, was ich mit ihm machen soll.«
Maya dachte an das verdächtig neue Ludo-Brett. »Er hat gerade seine Mutter verloren und muß den Schock irgendwie verarbeiten.«
Ammu schüttelte den Kopf. »Nein, das ist es nicht.«
»Hast du ihn geschlagen?«
Ammu schüttelte den Kopf. »Er ist sehr jähzornig. Vor ein paar Monaten hat er die Gardine angezündet. Ich dachte, das ganze Haus würde abbrennen.«
In der Woche danach rollte Rehana Rotis aus. Maya und Zaid hockten auf niedrigen Schemeln und warteten, bis das Fladenbrot gebraten war und heiß an sie weitergereicht wurde. Auf der Mauer vor dem Küchenfenster hüpfte eine Krähe seitwärts.
»Warum hat die keine Schuhe?« fragte Zaid.
»Die Krähe?« fragte Rehana.
»Weil sie Krallen an den Füßen hat«, antwortete Maya. »Außerdem brauchen Vögel keine Schuhe, sie haben ja Flügel.« Du hättest bestimmt auch gern ein paar Flügel, dachte sie. Dann fragte sie: »Kannst du eigentlich das Alphabet?«
»Alif, Ba, Ta, Tha«, murmelte er, während er ganz ins Kauen seines Rotis vertieft war.
»Nein, nicht auf arabisch, auf bengalisch! Kennst du das Ko-Kho?«
Er riß sich noch ein Stück Brot ab. »Nein.«
»So viele Sprachen, und du kannst nicht mal dein eigenes Alphabet! Ich bring’s dir bei.«
»Ich muß weg.« Er raste aus der Küche und machte dabei einen Satz über die Trockenfische, die ausgenommen mit glasigen Augen auf dem Boden ausgebreitet lagen.
Zaid füllte seinen Wassereimer, und Maya half ihm, ihn die Treppe hochzuwuchten. Oben sah sie, daß heute Waschtag war, drei schwarze Burkas hingen auf der Leine, dazwischen wie eine Friedensfahne eine weiße Djellaba. Rehana hatte ihr verraten, daß die Frauen von oben ihre Unterwäsche nachts aufhängten und vor dem Fadschr-Gebet bei Tagesanbruch von der Leine nahmen. Das klappte jetzt in den heißen Frühjahrsnächten natürlich gut, war im Winter aber vermutlich nicht sehr effektiv. Ein ganzer Saal voll kalter Hinterteile – bei der Vorstellung mußte sie laut loslachen.
»Komm morgen zu mir«, sagte sie zu Zaid, »dann lernen wir zusammen das Ko-Kho.«
Er sah sie mit gerunzelten Brauen an.
Als er sich am nächsten Tag immer noch weigerte, ihr die Buchstaben auf bengalisch nachzusprechen, sagte sie zu ihm: »Ich habe vorher in einem Dorf gewohnt, weißt du, und da kenne ich viele Jungen, die das Ko-Kho auch noch nicht können.«
»Große Jungs wie ich?«
»Noch viel größer.«
Er war ständig in Bewegung, kratzte sich am Ohr, bohrte mit dem Finger erst im einen, dann im anderen Nasenloch, schlug mit der flachen Hand auf eine rote Ameisenstraße im Garten. »Ich will in die Schule gehen.«
»Komm, versuch’s noch einmal«, forderte sie ihn ungeduldig auf. »Ko.«
Er reagierte überhaupt nicht auf sie, sondern vernichtete systematisch eine Ameise nach der anderen mit dem Daumen.
Sie versuchte es mit einer anderen Strategie. »Weißt du noch, die Krähe, die wir gestern gesehen haben?«
»Mm-hm.« Daumen, drück, Daumen, drück. »Die ohne Schuhe?« Er fand eine Ameise, die über seinen Arm marschierte, und zerquetschte sie zwischen den Fingern.
»Die ohne Schuhe. Willst du denn gar nicht wissen, wie man ›Krähe‹ buchstabiert? Dann kannst du ihr einen Brief schreiben und sie nach ihren Schuhen fragen.«
»Krähen können keine Briefe lesen.«
Sie gab sich geschlagen und ließ sich ins Gras fallen. »Du hast recht, ich geb’s ja zu.«
»Ich will in die Schule gehen«, wiederholte er.
Der Eimer war voll. Diesmal half sie ihm nicht beim Hochschleppen und tat so, als würde sie nicht die langen Minuten zählen, die er brauchte, um die Treppe hochzukommen, oder die dicken Platscher, die unterwegs herausschwappten und Flecken im Staub der Einfahrt bildeten.
Sie spielten fast jeden Nachmittag Ludo. »Ich hab gesehen, daß du geschummelt hast«, sagte Maya eines Tages und hielt den roten Stein hoch. »Ammu, hast du das gerade gesehen, was er gemacht hat?«
»Ja«, sagte Rehana. »Du hast eins zu weit gezogen, Beta.«
»Da, deine Dadu hat’s auch gesehen.«
»Von mir aus«, sagte er und verschränkte die Arme vor der Brust, »dann rück ihn halt eins zurück.«
»Und was ist mit dem Alphabet?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich muß gehen.« Er hob das Ludo-Brett hoch und ließ die Ludo-Steinchen auf den Boden regnen.
»Ma«, sagte Maya beim Aufheben der runden Steine, als er weg war, »ich wollte dich etwas fragen.«
»Schieß los, Beta.«
»Ich habe über Zaid nachgedacht. An dem Tag, weißt du, an dem wir zusammen zum Gemüsemann gegangen sind und er sich so seltsam verhalten hat. Und die Klauerei. Mir fällt nur eine Sache ein, die da Abhilfe schaffen könnte. Ich bin davon überzeugt, daß es funktionieren würde. Ich will ihn in der Schule anmelden.«
Ammu nickte, als hätte sie nichts anderes erwartet. »Es stimmt, er redet öfter von der Schule.«
»Ich habe einen Termin mit der Direktorin an der Schule ein Stück die Straße herunter vereinbart. Sie meint, er müßte eine Aufnahmeprüfung ablegen, und wenn er besteht, könnte er nächsten Januar anfangen.«
Ammu klappte das Ludo-Brett zusammen und gab es an Maya weiter. »Ich habe dieses Gespräch schon mehrmals mit deinem Bruder geführt, Maya.«
»Aber er ist doch nie da, er merkt das gar nicht.«
»Das siehst du falsch. Du meinst, Zaid könnte tun und lassen, was er will. Aber er wird jede Minute mit Adleraugen bewacht, von oben.«
»Wenn Sohail es herausbekommt, sage ich, daß es alles meine Idee war.«
»Er wird es trotzdem an dem Kleinen auslassen.«
Maya winkte ab. »Ach was. Ich lass’ es mir nicht verbieten, auf gar keinen Fall.« Sie würde eine Möglichkeit finden, Zaid auf die Schule zu schicken.
Ende März, als die kühlen Abende der staubschweren Hitze wichen, erwischte sie ihn mit der Hand tief in ihrer Handtasche. Er wirkte erstaunt, aber er stand nur da und starrte seine eigene Hand an, als könnte die ihm verraten, was er sagen sollte.
Sie machte ein paar schnelle Schritte auf ihn zu und riß ihm die Tasche weg. Schon lag er auf den Knien, seine Haare strichen über ihre Füße, als er schluchzend hervorbrachte: »Es tut mir leid, das wollte ich nicht.«
Sie kniete sich hin und zog ihn an den Achseln hoch, bis sie einander in die Augen sahen.
»Ich bin kein Dieb«, sagte er und schüttelte den Kopf.
Sie glaubte ihm. »Dann verhalt dich auch nicht so, als ob du einer wärst.« Ein erneuter Tränenguß rann ihm übers Gesicht, als sie ihn aufs Sofa setzte. »Brauchst du Geld?« fragte sie.
»Nein«, antwortete er. Dann: »Doch.«
Sie versuchte, ihm etwas Geld in die Hand zu drücken, aber er zitterte am ganzen Körper und konnte es nicht annehmen. »Bitte sag’s nicht Dadu«, bettelte er, »bitte bitte bitte.«
Sie dachte daran, was sein Vater dazu sagen würde. Lügen, Schummeln beim Spielen, der Tante Geld stehlen. Sie wollte ihm den Unterschied zwischen richtig und falsch beibringen. Aber was wäre dieser kleine Knirps, wenn er nicht so tun würde, als könnte er Französisch sprechen? Gott sieht alles, würde sein Vater zu ihm sagen, aber seine Mutter brachte das auch nicht wieder zurück.
Wenn sie von nun an bemerkte, daß Geldscheine aus ihrer Handtasche fehlten, ging sie davon aus, daß Zaid sich das Geld genommen hatte. Es machte ihr nichts aus; sie war sogar ein bißchen stolz auf ihn. Sie stellte sich vor, daß er eine Frucht oder ein gekochtes Ei in der Hand hielt und seinen Hunger damit stillte, daß er ein bißchen Glück verspürte, ihretwegen, weil sie weggeguckt hatte.