25. Rennen 

Renndauer: 4 Stunden, 24 Minuten 

Runde: 11 (von 20)

  

 

Kein Rennen war bislang heißer umkämpft gewesen als das 25.

Keiner der Fahrer gab auch nur einen Fingerbreit nach.

Die Fahrer, die sich noch nicht für das Sponsorenrennen qualifiziert hatten, setzten alles auf eine Karte. Aber auch die anderen gaben ihr Bestes - sie wussten ganz genau, dass sie es, wenn ein bereits qualifizierter Fahrer gewann, am Samstag mit einem Gegner weniger zu tun hätten.

Die Anspannung war mörderisch.

Und in der 11. Runde lag Jason noch immer gut im Rennen.

Nachdem er in der zweiten Runde nur knapp einer schweren Karambolage dreier Wagen entgangen war, hatte er Kontakt mit der Führungsgruppe gehalten - mit Xavier, Varishna Krishna (ein begabter junger Rennfahrer aus Indien) und Isaiah Washington -, und jetzt, nach über vier Stunden Renndauer, lag er an vierter Position. Die Rippeistreifen hatten für Chaos gesorgt - wurde man zu weit aus der Kurve getragen, ging den Magnetodrives im Handumdrehen der Saft aus.

Der Unfall in der zweiten Runde war eine unmittelbare Folge der Rippeistreifen gewesen und hatte dafür gesorgt, dass es nun ein paar Gegner weniger gab.

Verursacht hatte ihn Barnaby Becker.

Er war über die Rippeistreifen hinausgeschossen, die die enge Haarnadelkurve in der Nähe der Boxengasse säumten.

Fast fünf Sekunden lang war er über den Entmagnetisierungs-streifen gefahren, sodass alle sechs Magnetodrives nahezu vollständig entladen wurden. Daraufhin verlor er die Kontrolle über den Wagen, geriet ins Schleudern und stieß mit zwei anderen Fahrzeugen zusammen - darunter auch Ariel Pipers Wagen -, womit das Rennen für sie vorzeitig beendet war. Darüber war Ariel gar nicht erfreut.

Jason hatte den Eindruck, dass er mit den Dämonenaugen ganz gut zurechtkam - nicht perfekt, aber immerhin zufriedenstellend. In jeder Runde geriet er mal kurz auf die Rippeistreifen und verlor ein wenig Energie, doch den im gleichen Rhythmus erfolgenden Boxenstopps der anderen nach zu schließen, erging es seinen Konkurrenten nicht besser.

Es ließ tief blicken, dass keiner der Fahrer bislang versucht hatte, die Abkürzung zu nehmen.

Die Führungsfahrer beendeten Runde 11 und schwärmten in die Boxen - auch Jason.

Er fuhr in die Box, und Tarantula, die Arme voller Magnetodrives und Kühlmittelschläuche, senkte sich auf den Argonaut herab.

Schwer atmend stürzte Jason einen Energydrink hinunter. Bislang hatte mit den Boxenstopps alles geklappt. Die Magnetodrives und Computersysteme waren anscheinend okay -

Auf einmal erstarrte Tarantula mitten in der Bewegung - »Nein!«, rief Jason.

Sally McDuff stürzte zu Tarantulas Steuerkonsole und drückte ein paar Tasten. »Bestimmt ist das Betriebssystem schon wieder abgestürzt! Verdammt!«, schrie sie. »Ich muss neu booten!«

In rasendem Tempo tippte sie auf den Tasten herum. Jason fuhr herum - und sah, wie erst Washington und dann Xavier aus ihren Boxen schössen und das Rennen wieder aufnahmen. »Sally! Beeil dich!«

»Bin fast fertig ...!«, rief sie. »Einen Moment noch!« Die Sekunden verstrichen quälend langsam - jede einzelne ein Nagel für Jasons Sarg. 10 Sekunden ... 15 ... 20 ... »Geschafft!«, rief Sally.

Tarantula beendete ihre Arbeit, dann sauste sie an die Decke und Sally schrie: »Los! Los! Los!« Jason gab Vollgas, und der Argonaut schoss wieder auf die Piste -

- wo sich ihm ein erstaunlicher Anblick bot.

Unmittelbar hinter der Boxengasse rutschte Wagen Nr. 1 -Prinz Xaviers schwarzer Lockheed, der Speed Razor - seitlich in die Mitte der Fahrbahn und blieb dann stehen. Xavier schüttelte erbost die Fäuste in Richtung eines orangefarbenen Hovercars, der in der Nähe ins Gebüsch gekracht war.

Blitzschnell rekonstruierte Jason das Geschehen.

Als Xavier gerade aus der Box fuhr, war der glücklose Fahrer des orangefarbenen Wagens - ein ewiger Verlierer mit Namen Brent Hurst - vorbeigeschossen, ohne Xavier zu bemerken. Der Speed Razor entging nur knapp dem Zusammenstoß und kam durch wechselseitige Seitenruderbetätigung zum Stehen, während Hurst die nächste Kurve verfehlt hatte, über die Rippeistreifen fuhr und ins Gebüsch raste.

Als Jason kurz darauf aus der Box kam, gab Xavier bereits wieder Gas, und sie schlossen sich beide erneut dem Rennen an, 20 Sekunden hinter der Führungsgruppe und der Speed Razor unmittelbar vor dem Argonaut.

Sosehr Jason sich in den nächsten drei Runden auch bemühte, es gelang ihm nicht, den Abstand auf die beiden Führungswagen zu verkürzen.

Dann kam der nächste Boxenstopp, doch da alle mehr oder weniger gleich gut waren, blieb der Abstand zu den beiden

Fahrern an der Spitze - Krishna und Washington - und dem von Xavier und Jason angeführten Rest des Feldes konstant bei 20 Sekunden.

Zum Ende der 14. Runde wurde Jason klar, dass die Zeit allmählich knapp wurde.

Es waren nur noch sechs Runden zu fahren, die meisten Fahrer würden noch zwei Boxenstopps einlegen, und er holte einfach nicht auf.

Das war niederschmetternd. Einen 20-Sekunden-Abstand konnte er unmöglich aufholen und somit das Rennen auch nicht mehr gewinnen!

Es sei denn ...

»Sally! Bug!«, rief er ins Mikro. »Meinungsumfrage! Sollen wir in der nächsten Runde versuchen, die Abkürzung zu nehmen?«

»Jason, ich weiß nicht«, antwortete Sally. »Wenn du's vermasselst, haben wir endgültig verloren

»Wir verlieren auch so!«, sagte Jason. »Es sei denn, wir haben galaktisches Glück. Bug?«

Der Bug flüsterte etwas.

»Sieht es tatsächlich so schlecht aus? Und gibt es eigentlich eine Statistik, die du nicht kennst, kleiner Bruder?«

Die Analyse des Bugs war nicht dazu angetan, ihn aufzumuntern. Tatsächlich hatte bislang nur ein einziger Profifahrer gewonnen, nachdem er erfolgreich ein Abkürzungslabyrinth durchfahren hatte - und zwar von insgesamt 165 Abkürzungsrennen. Die Chancen standen schlecht.

»Wir sind erledigt«, stöhnte Jason.

Die Runden verstrichen: Runde 15, Runde 16 ...

Der Abstand blieb unverändert bei 20 Sekunden.

Verdammt, dachte Jason. Am Schwarzen Prinzen kam er einfach nicht vorbei.

In der 16. Runde gab es weitere Boxenstopps.

Krishna und Washington kamen in dem Moment aus der Box, als Xavier und Jason hineinfuhren.

Während Tarantula sich an die Arbeit machte, blickte Jason zu Xaviers geschäftiger Box hinüber.

Trotz der hektischen Betriebsamkeit, die sich um den Speed Razor herum entfaltete, plauderte Xavier angeregt mit Oliver Koch, seinem Mechaniker. Und ganz hinten in der Box bemerkte Jason eine weitere Person, einen jungen Mann, der nicht die pechschwarze Montur des Speed-Razor-Teams trug - Jason stutzte.

Der junge Mann in Xaviers Box war Wernold Smythe.

»Hey, Sally«, sagte Jason. »Seit wann hält sich Werny Smythe schon in Xaviers Box auf?«

»Ist erst vor ein paar Runden aufgetaucht. Hat mit Koch geredet.«

Jason sah hinüber zur Box des Speed Razor: Xavier und Koch unterhielten sich. Koch gestikulierte, als würde er Xavier detaillierte Anweisungen erteilen.

Jason überlegte. Wernold Smythe hatte er erst vor zwei Tagen gesehen, am Straßenrand, bedeckt mit grauem Staub; auch das Hoverbike war grau eingestaubt gewesen.

Auf einmal wurde ihm alles klar.

»Bug! Die Abkürzung liegt bei Dunalley. Das ist ein stillgelegter Bergwerksstollen, nicht wahr?« Der Bug bestätigte. »Was ist das für ein Bergwerk?«

Der Bug meinte, es handle sich um ein Kohlebergwerk. »Ein Kohlebergwerk«, murmelte Jason. »Kalksteinpulver ...«

»Jason? Was redest du da?«, fragte Sally.

Jason antwortete: »Mit Kalksteinpulver verhindert man, dass sich die aus den Stollenwänden sickernden brennbaren Gase entzünden. Das ist ein graues Pulver, das die Bergleute an die Wände klatschen. Es bedeckt alles. Das hab ich mal in einem Thriller gelesen.«

»Und?«

»Als ich Dienstagabend Werny an der Straße nach Port Arthur stehen sah, war er von Kopf bis Fuß mit grauem Staub bedeckt.«

Auf einmal stand Jason das Bild wieder klar und deutlich vor Augen.

»Also dafür haben Koch und Xavier Werny bezahlt!«, rief er aus. »Nicht, damit er uns fehlerhafte Teile gibt. Koch und Xavier haben Werny damit beauftragt, die Abkürzung für sie auszukundschaften und den Ausgang zu finden! Heiliger Strohsack, Leute, wir haben einfach galaktisches Glück!«

Wrommm!

Der Speed Razor schoss aus der Box - in dem Moment, als Tarantula emporstieg und den Argonaut freigab.

Mit entschlossener Miene gab Jason Vollgas und jagte Xavier hinterher, als gelte es sein Leben.

Dicht gefolgt vom Argonaut, schoss Prinz Xaviers Speed Razor aus der Boxengasse.

Die Boxen lagen rechts von der Mündung des Derwent River, mitten im schwierigsten Abschnitt voller Haarnadelkurven, die jeweils von entmagnetisierenden Rippeistreifen gesäumt waren.

Dicht gefolgt vom Argonaut, schoss Xavier in starker Schräglage durch die erste Kurve, eine scharfe Linkskurve.

Dann folgte eine enge Rechtskurve - und die Stelle, an der sich die Fahrer entscheiden mussten, ob sie an der Dunalley-Landenge den Absatz der Port-Arthur-Halbinsel abkürzen wollten.

Wie aufs Stichwort bog Prinz Xavier vom Hauptkurs auf die Alternativroute ab und wandte sich nach links zur Abkürzung.

Den Zuschauern auf den mobilen Schwebetribünen stockte der Atem.

Der Umstand, dass die beiden Führungswagen sich für die längere und sicherere Route entschieden hatten, ließ diesen Schritt noch tollkühner erscheinen. Dass ausgerechnet Prinz Xavier Xonora - der elegante, hinreißende Anführer der Rangliste - das Wagnis unternahm, steigerte die Spannung noch mehr.

Dann aber passierte etwas noch Erstaunlicheres. Der Argonaut raste hinter dem Speed Razor auf die Abkürzung zu.

Mit einem Wahnsinnstempo näherten sich die beiden Wagen der Dunalley-Landenge. Hinter dem schmalen Landstreifen sah Jason das weite blaue Meer.

Im Vordergrund aber, wie eine Geschützstellung in die Vorderseite der Landenge hineingebaut, gähnte die Betonmündung des Tunnels, der ins Bergwerk hineinführte. Ohne zu zögern schoss der Speed Razor mit 300 km/h in den Tunnel hinein.

Jason schluckte. Er musste dicht hinter Xavier bleiben -denn nur er kannte den Weg. Die schwarze Tunnelmündung raste ihm entgegen wie das offene Maul eines hungrigen Riesen. Jason atmete scharf ein.

»Festhalten, Bug! Es geht los!«

Dann schoss der Argonaut unter die Erde und verschwand in die Schwärze des Bergwerks.

 

 

 

Das Abkürzungslabyrinth 

Runde: 17 (von 20)

  

 

Sie rasten durch die Dunkelheit.

Die Wände des stillgelegten Bergwerks jagten in wahnwitzigem Tempo an Jason vorbei. Erhellt wurde die Dunkelheit allein von den Kegeln der Frontscheinwerfer. Die Stollen hatten ungefähr die Breite und Höhe eines Eisenbahntunnels.

Vor sich sah Jason die roten Heckleuchten des Speed Razor, der durch den steilen Eingangstunnel ins Innere des Bergwerks hinabraste. Als er das Ende des Tunnels erreichte, schwenkten die roten Lichter unvermittelt nach links.

Jason jagte ihnen hinterher. Er musste unbedingt Sichtkontakt halten - Der Bug sagte etwas.

»Ich weiß! Ich weiß!«, rief Jason. »Ich bemüh mich ja, an ihm dranzubleiben!«

Für einen Moment verschwand der Speed Razor, dann hatte Jason auf einmal eine Gabelung vor sich ... und keine Heckleuchten in Sicht.

Jason lief es eiskalt über den Rücken.

Nein...

Als er die Heckleuchten in der rechten Gabelung bemerkte, nahm er erleichtert die Verfolgung auf.

Das Gefälle nahm ab, und der Speed Razor jagte wie eine Rakete durch den Tunnel, legte sich geschickt in die Kurven, ein scharfer Linksschwenk hier, ein Rechtsschwenk da, mit dem Argonaut dicht auf den Fersen.

Dann bemerkte Jason auf einmal, dass der Boden leicht anstieg. Sie näherten sich wieder der Erdoberfläche. Dicht hinter dem Speed Razor bog er um die letzte Kurve -

- und wurde jäh geblendet.

Sie waren draußen!

Sie hatten das Abkürzungslabyrinth gemeistert.

Zu seiner Linken erstreckte sich die prachtvolle Küste Tasmaniens, und Prinz Xaviers Speed Razor raste daran entlang.

Dann schoss der Argonaut in halber Höhe der Klippen aus der trapezförmigen Tunnelmündung hervor und schwenkte abrupt zur Seite, um den am Kreuzungspunkt der Abkürzung und des regulären Kurses platzierten Rippeistreifen auszuweichen, während rechts und links von ihm - Schuummm! Schuumm! - zwei Wagen vorbeizischten.

Varishna Krishna und Isaiah Washington!

Die ehemaligen Führungswagen!

Und dann weiteten sich Jasons Augen.

Dank des Schwarzen Prinzen war der Argonaut wieder im Rennen.

Die nächsten anderthalb Runden waren das Nervenaufreibendste, was Jason je auf der Rennstrecke erlebt hatte.

Durch die S-Kurven hoch zur nördlichen rechten Ecke von Tasmanien, ein Entlang schlängeln zwischen Cape Barren Island und Flinders Island, stets auf der Hut vor den Entmagnetisierungsstreifen und bemüht, seine Gegner zu überholen.

Und dann versuchte Varishna Krishna in der Haarnadelkurve in der Nähe der Boxengasse an Xavier vorbeizukommen. Der aber bremste ihn brutal aus und zwang den Inder, die Rippeistreifen zu überfahren.

Krishna geriet ins Schleudern und kam vom Kurs ab, sodass Washington sich an ihm vorbei an die zweite Position vorschieben konnte. Auch Jason versuchte die Gelegenheit zu nutzen, doch Krishna bekam seinen Wagen genau zum falschen Zeitpunkt wieder in die Gewalt und vereitelte nicht nur den Überholversuch, sondern zwang seinen Gegner auch, kurz auf die Bremse zu tippen. Jason fluchte.

In Runde 18, also nur zwei Runden vor dem Ziel, lag er immer noch an vierter Position hinter Xavier, Washington und Krishna, den drei besten Fahrern der Schule.

Da das Rennen bereits acht Stunden währte, hatten inzwischen alle mit abgenutzten Mags, zerrütteten Nerven und erschöpften Energievorräten zu kämpfen. Die brutale Anspannung des Kampfes hatte dazu geführt, dass alle vier Fahrer während der letzten paar Runden mit den Rippeistreifen in Berührung gekommen waren und daher mit verminderter Bodenhaftung zu kämpfen hatten.

Folglich würden ihre Magnetodrives im Verlauf der letzten beiden Runden schlappmachen und sie zu einem letzten Boxenstopp zwingen.

Mitten in Runde 18 meldete sich Sally McDuff über Kopfhörer.

»Jason! Die anderen Crews bereiten sich auf den letzten Boxenstopp vor. Willst du gleichzeitig mit ihnen vorfahren oder lieber bis zur nächsten Runde warten?«

Jason spitzte die Lippen und überlegte.

Seine Magnetodrives wiesen noch 39 % Restladung auf. Zwei Runden auf diesem Kurs verbrauchten etwa 30 %: 15 % pro Runde. Mit den restlichen 9 % könnte er sich etwa drei Berührungen mit den Rippeistreifen leisten.

Du musst gewinnen. Der zweite Platz reicht heute nicht.

Als hätte der Bug seine Gedanken gelesen, sagte er genau das.

»39 %. Wir könnten es schaffen«, erwiderte Jason.

Der Bug meldete Zweifel an.

Sally, die über Funk mithörte, sagte: »Jason, tu's nicht. Nicht schon wieder. Du darfst nicht mal dran denken.« »Damit rechnen sie bestimmt nicht«, erwiderte Jason. »Jason, es hat schon beim Trainingsrennen mit Wong und Washington nicht geklappt. Du erinnerst dich bestimmt auch noch an Syracuse' Bemerkungen. Wenn du den letzten Boxenstopp auslässt, beträgt die Erfolgsaussicht 0,5 Prozent.«

In diesem Moment rief der Bug Jason einen weiteren von Syracuses Aussprüchen ins Gedächtnis: Irren ist menschlich, aber denselben Fehler zweimal machen ist dumm.

Jason kniff die Augen zusammen.

»Wir probieren es.«

Und während die drei ersten Fahrer abbremsten und in die Boxengasse einbogen, um ihre Wagen ein letztes Mal warten zu lassen, sauste der Argonaut zur Verblüffung der Zuschauer am Boxeneingang vorbei, raste weiter die Piste entlang und versuchte, einen möglichst großen Vorsprung herauszuholen, bevor die Gegner wieder aus der Box kamen, um die Verfolgung aufzunehmen.

Jason bog erneut in den Abkürzungstunnel ein und fuhr, geleitet vom photographischen Gedächtnis des Bugs, dieselbe Route wie zuvor.

Als sie an der anderen Seite herauskamen, hatten sie zu viel Schwung, sodass Jason die Entmagnetisierungsstreifen am Pistenrand berührte und die Magnetodrives weitere 3 % Ladung verloren.

»Die anderen sind gerade aus der Box gekommen, Jason!«, warnte ihn Sally. »Sie jagen dir nach!« Der Argonaut schoss die Piste entlang. Jason konzentrierte sich. Die Maganzeige sank stetig.

Die anderen drei Wagen schössen auf neuen Magnetodrives über den Rundkurs und holten allmählich auf. Washington und Krishna aber wagten es nicht, Xavier durch den Abkürzungstunnel zu folgen, und hielten sich an den längeren Kurs, sodass sie zurückfielen und keine Konkurrenten mehr darstellten.

Der Schwarze Prinz aber raste unerschrocken durch die Tunnel und kam dem Argonaut daher immer näher.

Auf der anderen Seite des Kurses geriet Jason dann auf die Entmagnetisierungsstreifen, die die Haarnadelkurve des Cradle Mountain säumten, zwar nur für einen winzigen Moment, doch es reichte aus, um die Anzeige des Magmeters um weitere 3 % absinken zu lassen.

Der Speed Razor kam näher. Auf der langen Geraden sah Jason ihn im Rückspiegel. Maganzeige: 18 %.

Der Argonaut erreichte die engen Haarnadelkurven in der Nähe der Boxen. Obwohl Jason sie besonders vorsichtig nahm, streifte er zu seinem Entsetzen kurz vor der Start-Ziel-Linie den rechten Rippeistreifen, und auf einmal zeigte das Magmeter nur noch knapp 15 % an.

Jason wusste, was das bedeutete.

Verfolgt von einem unerbittlichen Gegner, der über einen neuen Satz Magnetodrives verfügte, durfte er sich in der letzten Runde keinen einzigen Schnitzer mehr erlauben.

 

 

 

Runde; 20 (von 20)

 

Der Argonaut schwenkte nach links zur Abkürzungslandenge ab und begann die letzte Runde.

Die Zuschauer auf den Tribünen hielt es kaum mehr auf den Sitzen. Henry Chaser hatte die Hände vor den Mund geschlagen. Martha Chaser hatte den Kopf gesenkt und beschäftigte sich stillvergnügt mit einer Näharbeit.

Zum letzten Mal schoss der Argonaut in den Abkürzungstunnel.

Der Speed Razor schwenkte ebenfalls nach links zur Landenge und begann die letzte Runde.

Der Argonaut jagte an der Küste entlang.

Der Speed Razor fuhr ins Bergwerk ein.

Der Argonaut beschrieb einen Zickzackkurs zwischen den Inseln im Norden.

Der Speed Razor preschte die Küste entlang.

Vor der Kurve am Cradle Mountain, die Jason in der vorherigen Runde einen Teil seiner Magladung gekostet hatte, wurde er beträchtlich langsamer. Der Argonaut geriet mittlerweile ständig ins Schleudern, war so schwer zu steuern, als führe er auf einer Eisbahn, und die Geschwindigkeit war auf quälend langsame 450 km/h gesunken.

Der Speed Razor fuhr 600 km/h und beschleunigte weiter.

Nach der ersten Hälfte der Runde zeigte das Magmeter nur noch 7,5 Prozent an. Gerade genug, um ins Ziel zu kommen -falls er denn keine Rippeistreifen mehr berührte.

Nun ging es die wilde Westküste von Tasmanien entlang -während der Speed Razor im Rückspiegel immer größer wurde.

Xavier steuerte seinen Wagen mit sicherer Hand und holte stetig auf, während der Argonaut sich schlingernd und rutschend dem Ziel entgegen schleppte.

Jedermann sah, worauf das hinauslief.

Wenn er das Tempo beibehielt, würde der Speed Razor den Argonaut unmittelbar im Ziel einholen.

Maganzeige: 3 %.

Jason steuerte mit Vollgas die letzte weite Kurve an und bereitete sich innerlich auf die mörderisch engen Haarnadelkurven vor, von denen die Zielgerade bewacht wurde - Kurven, bei denen er sich keinen Fehler erlauben durfte. Schon bei der kleinsten Berührung mit den Rippeistreifen wäre das Rennen für ihn gelaufen.

Maganzeige: 2 %.

»Komm schon«, spornte er sich an. »Komm schon!« Prinz Xaviers schwarzer Lockheed füllte mittlerweile den ganzen Rückspiegel aus.

Der Argonaut nahm die Linkskurve an der Storm Bay mit kläglichen 325 km/h. Zu beiden Seiten huschten rot glühende Entmagnetisierungslichter vorbei.

Einen Sekundenbruchteil später nahm der Speed Razor dieselbe Kurve mit 450 km/h. Der Argonaut schoss an den Boxen vorbei und nahm im Schneckentempo die erste enge Rechtskurve.

Der Speed Razor fuhr in dieselbe Kurve ein.

Die beiden Wagen waren fast gleichauf. Maganzeige: 1 %.

Jason schwenkte nach links in die zweitletzte Kurve des Rennens ein - eine Haarnadelkurve gegen den Uhrzeigersinn -, als der Speed Razor zu seinem Heck aufschloss.

Dann noch die letzte Kurve des Rennens, eine enge Rechtskurve, da griff Xavier auf einmal an und versuchte, Jason an der Außenseite zu überholen!

Die beiden Rennwagen kamen Seite an Seite durch die letzte Kurve.

Henry Chaser sprang vom Sitz hoch. Sally McDuff sandte vor dem Monitor ein Stoßgebet gen Himmel.

Die Zuschauer auf den Tribünen erhoben sich wie ein Mann.

Und dann schössen die beiden Hovercars - der blauweißsilbern lackierte Wagen mit der Nr. 55 und der schwarze Wagen mit der Nr. 1 - aus der letzten Kurve hervor, jagten die Gerade entlang und überquerten die Ziellinie.

 

 

 

Runde: 20 (von 20)

   

Für das bloße Auge sah es so aus, als wären beide Wagen genau gleichzeitig über die Ziellinie gefahren, doch die Auswertung des offiziellen Laserfotos vom Finish des 25. Rennens würde später zeigen, dass am Ende des achtstündigen Rennens, nach 20 hart umkämpften Runden, der Wagen Nr. 1, der Speed Razor, gesteuert von Xonora X., mit 365 Stundenkilometern und weiter beschleunigend die Ziellinie 4,2 Zentimeter hinter dem 320 Stundenkilometer schnellen, von Chaser J. gesteuerten Argonaut überquert hatte.

Nach einer perfekten Runde des wagemutigen Fahrers hatte sich der Argonaut mit einem Vorsprung von der Dicke der Frontflügellackierung für das Sponsorenrennen qualifiziert.