Kapitel 1: Geheimnisse entlüftet

Harry hob beim Laufen langsam den Kopf und starrte missmutig, als der vertraute Anblick vom Ligusterweg 4 in Sichtweite kam. Was bereits ein schrecklicher Tag gewesen war, wurde unaufhörlich schlimmer. Er war nicht nur gezwungen, unangekündigt auf der Türschwelle der Dursleys aufzukreuzen (etwas, was ihm deren Ärger einhandeln würde, wie ihm bewusst war), sondern musste ihnen auch noch mitteilen, dass zwei weitere Missgeburten an diesem Nachmittag zu ihm stoßen würden. Seine Mundwinkel zuckten missmutig, während er sich vorstellte, wie sie die Neuigkeiten aufnehmen würden.
Harry hatte sich vor etwa einer Stunde am Bahnhof Kings Cross von Ron und Hermine getrennt. Die beiden wollten einen kurzen Zwischenstopp bei ihren Familien machen, bevor sie zum Ligusterweg apparieren würden. Harry lief unwillkürlich ein Lächeln übers Gesicht, als er an ihren Freundschaftsbeweis dachte. Er war davon ausgegangen, daß er den Dursleys wieder alleine ausgeliefert sein würde, aber obwohl er sich etwas Sorgen machte, wie seine Freunde behandelt würden, musste er zugeben, dass der Gedanke an Unterstützung in der Tat sehr beruhigend war.
Harry hatte überlegt, dass es besser – oder zumindest weniger peinlich – sein würde, wenn er trotzdem zuerst am Ligusterweg anlangte und seine Verwandten auf die Ankunft von Ron und Hermine vorbereitete. Er hatte so schnell wie möglich vom Hogwarts-Express und den anderen Schülern wegkommen wollen ... bevor er noch mit Ginny zusammenstieß.
Ginny.
Harry schüttelte schnell den Kopf – er konnte es sich nicht leisten, an Ginny zu denken. Er war sich noch immer nicht sicher, ob seine Entschlossenheit stark genug war.
Da er noch nicht volljährig war, hatte er sich am Kings Cross schnell davongestohlen, ohne mit irgend jemandem ein Wort zu wechseln, und die Bahn genommen. Die lange heiße Reise hatte ihn reizbar gemacht. Das verhieß nichts Gutes für das anstehende Wiedersehen. Er hatte erwogen, einfach von Hogsmeade zu apparieren, um den Hogwarts-Express zu vermeiden. Was machte es jetzt noch, wenn sie ihn aus Hogwarts hinauswarfen? Er würde ohnehin nicht dorthin zurückkehren.
Hermine, wie immer die Stimme der Vernunft, hatte ihn aber daran erinnert, dass es ihm nichts brachte, wenn er dem Ministerium einen Vorwand lieferte, seinen Zauberstab zu zerbrechen. Und Harry musste zugeben, dass sie Recht hatte.
Rufus Scrimgeour wollte Harry unter seiner Kontrolle wissen und Harry würde dem Mann glatt zutrauen, sein Leben nur deswegen schwerer zu machen, um ihn zum Nachgeben zu zwingen. Harry hatte kein Verständnis für ihn oder sein politisches Kalkül. Dennoch war unbesonnenes Zaubern vor seiner Volljährigkeit aus reiner Bequemlichkeit ein Risiko, das sich nicht einzugehen lohnte.
Harry hasste es, wenn Hermine Recht behielt.
Er hatte mit Ron und Hermine in einem Abteil gesessen und versucht, die Leere in seinem Herzen zu ignorieren, die Ginnys Abwesenheit erzeugt hatte. Er hatte sie die gesamte Reise lang nicht gesehen und fragte sich, in welchem Abteil sie wohl saß. Weder Ron noch Hermine hatten sich danach erkundigt, wo sie war, doch er hatte Hermine dabei ertappt, wie sie ihn mehrmals nachdenklich angeschaut hatte. Harry hatte ihren Blick standfest vermieden und unglücklich aus dem Fenster gestarrt, während seine Gedanken auf glücklichere Tage gerichtet waren...
Ginny.
Die Hände in die Jeanstaschen gesteckt und seine Schultern gestrafft, stapfte Harry über die Straße zum makellos beschnittenen Garten des Ligusterwegs 4. Er hatte Dumbledore versprochen, ein letztes Mal vor seinem Geburtstag zurückzukehren und er hatte vor, dieses Gelöbnis zu halten. Harrys Brust verengte sich, als er an seinen Schulleiter dachte, doch er blinzelte die Feuchtigkeit aus seinen Augen und ging weiter vorwärts. Das war, was Dumbledore gewollt hatte. Das war, was er tun würde.
Trotzdem, das Wissen darum, was er zu tun hatte, machte es nicht gleich einfacher. Er war nicht in der Stimmung, es mit dem Schwachsinn der Dursleys aufzunehmen. Er hatte keine Geduld für ihre kleinliche Engstirnigkeit ... er hatte größere Herausforderungen vor sich. Die Tage, an denen Vernon Dursleys purpurnes Gesicht ihn zusammenschrumpfen lassen konnte, waren längst vorbei. Harry fragte sich, was ihn erwarten würde, wenn sie die Tür öffneten und ihn dort nach seiner letzten ereignisvollen Abfahrt im letzten Sommer stehen sahen.
Alles in allem, nahm er an, dass es schlimmer hätte sein können. Er würde lieber der Wut der Dursleys entgegentreten, als Molly Weasleys Zorn, wenn Ron ihr seine Pläne darlegte, den Fuchsbau in diesem Sommer zu verlassen und direkt in den Krieg einzutreten, von dem sie ihn so eisern abzuschirmen versucht hatte.
Oh nein, dachte Harry, er hatte es viel leichter, indem er es nur mit den Dursleys aufnehmen musste.
Er würde gerne wissen, ob Ron seine kleine Bombe schon am Kings Cross hatte platzen lassen oder ob er gewartet hatte, bis sie zum Fuchsbau gelangt waren. Harry konnte sich lebhaft vorstellen, wie Ron in der Küche versuchte, vernünftig mit seiner Mutter zu reden. Und Ginny würde dort sein...
Ginny.
Harrys Herz verengte sich beim bloßen Gedanken an sie. Er kniff die Augen zusammen, als ob er sie aus seinem Geist herauszwingen wollte. Alles war ihm so einfach und unkompliziert erschienen, als er seinen Entschluss gefasst hatte. Er konnte Ginny nicht der Gefahr aussetzen. Er würde es nicht überleben, wenn sie auch noch verlor.
Doch er hatte eine Aufgabe zu erfüllen und konnte keine Ablenkung gebrauchen, während er nach den Horkruxen suchte. Ihre Beziehung zu beenden war die richtige Entscheidung gewesen. Es gab keinen Grund für sie, ihr Leben aufzugeben, nur weil er es tat. Es könnte ihn Jahre kosten, alle Horkruxe ausfindig zu machen.
Zu jener Zeit war es ihm vollkommen logisch erschienen. Doch nun, da er weg von Hogwarts war und sich dem Unbekannten stellen musste ... nun war nichts mehr klar. Er wusste nicht, wie er mit dem Schmerz, der ein solches Loch in sein Herz riss, noch leben konnte. Er fühlte sich, als ob er beständig aus einer unsichtbaren Wunde blutete.
Eins wusste er mit Sicherheit: Sie konnte ihn mit einem einfachen Lächeln ablenken und er konnte es sich nicht leisten abgelenkt zu werden. Er hatte zu viel zu tun.
Was seine nächsten Planungen betraf ... das war, wo Harry schwankte. Er wusste, was er tun musste, er war sich nur nicht sicher, wie er vorgehen sollte. Wie sollte er die verbleibenden vier Horkruxe ausfindig machen? Wo sollte er anfangen? Und wie sollte er sich selbst – und was noch wichtiger war: Ron und Hermine – davor beschützen, dasselbe Schicksal zu erleiden, das Dumbledore ereilt hatte, als er die anderen beiden Horkruxe geortet hatte? Oder besser gesagt: was er für einen Horkrux gehalten hatte...
R.A.B. Wie konnte er R.A.B. finden? Wo sollte er nur anfangen?
Das Medaillon, der Becher, die Schlange und etwas von Gryffindor oder Ravenclaw.
Es schien hoffnungslos und überwältigend im Ganzen zu sein, so dass er sich stückweise vorarbeiten würde müssen. Harry befingerte das kalte, harte Metall des gefälschten Horkruxes, den er noch immer in seiner Tasche trug. Harry hatte unbewusst angefangen, ihn als eine Art Talisman zu benutzen, an den er sich klammerte, wann immer Stress sich aufzubauen begann. Es musste einen Weg geben. Und er würde ihn finden.
Der erste Schritt würde Godrics Hollow sein. Harry war sich nicht sicher, was er dort zu finden hoffte. Es schien ihm einfach wichtig, dort hinzugehen.
Nein, noch einmal von vorne. Der erste Schritt würde sein, durch seine letzte Gefangenschaft bei den Dursleys hindurchzukommen. Und je eher er es zu ertragen begann, desto schneller könnte er sich vorwärts bewegen.
Während er in Gedanken verloren gewesen war, hatten Harrys Füße ihn zur Vordertür getragen. Einen tiefen Atemzug nehmend, klopfte er dreimal an die Tür.
Es dauerte nur einige Augenblicke, bevor er hörte, wie sich Schritte der Tür näherten. Sie öffnete sich leicht und Tante Petunias Pferdegesicht lugte durch den Spalt. Harry sah, wie sich ihre Augen überrascht weiteten, bevor die Tür aufschwang und sie ihn am Kragen seines T-Shirts hineinzog.
»Was machst du hier?«, verlangte Tante Petunia zu wissen, während sie ihren Hals von Seite zu Seite streckte, um sicherzugehen, dass keiner ihrer Nachbarn draußen war und beobachtete, wie Harry von seiner Tante grob behandelt wurde. »Warum bist du so früh schon zurück? Haben die Missgeburten an deiner Schule endlich entschieden, dass sie dich auch nicht wollen, und dich rausgeworfen? Dachtest du, du könntest einfach unangekündigt hier auftauchen?«
»Hallo, Tante Petunia. Ich freue mich auch, dich zu sehen.«, sagte Harry freundlich, während er sich aus ihrem Griff befreite und seinen Kragen zurechtrückte. Er warf einen schnellen Blick zum Wohnzimmer und bemerkte, dass sich nicht wirklich etwas verändert hatte, obwohl er Wickelpapier von Süßigkeiten auf einem Tisch entdecken konnte, was ungewöhnlich für Tante Petunia war.
»Rede nicht in diesem Tonfall mit mir.«, schnauzte seine Tante und zog seine Aufmerksamkeit wieder zurück in ihr gereiztes Gesicht. »Ich habe dich gefragt, was du hier machst? Das Schuljahr dauert noch einige Wochen.«
Harry zuckte die Achseln und richtete seinen Blick auf den Boden. »Wir sind früher entlassen worden dieses Jahr.«, erwiderte er vage, nicht gewillt, Dumbledores Tod mit ihr zu diskutieren. Er war noch nicht bereit dazu.
Bevor Petunia antworten konnte, schwang die Küchentür auf und Harrys Cousin Dudley walzte ins Zimmer. Er war noch größer, als Harry ihn in Erinnerung hatte. Sein Gesicht wirkte erschöpft und abgehärmt. Geschockt, Harry zu sehen, riss er die Augen auf und gaffte ihn wie ein Fisch an.
»Was macht er denn hier?«, wollte Dudley wissen, während er mit einem dicken Finger auf Harry zeigte. Harry war erfreut, ein leichtes Beben in Dudleys Hand zu bemerken. Nachdem er jahrelang das Opfer von Dudleys Schikanen gewesen war, war es schön zu sehen, dass sich das Blatt endlich gewendet hatte.
»Hey, Duds, «, sagte Harry und grinste breit, »du bist ebenfalls früh von der Schule zurück. Haben sie dich rausgeschmissen?«, warf er Petunias höhnische Bemerkung zurück auf seinen Cousin.
Harry war überrascht, dass Dudley ihn vollkommen ignorierte und sein von Panik erfasstes Gesicht seiner Mutter zuwandte. »Hast dir gedacht, ihn zu holen, damit er mich begutachtet, nicht wahr? Willst versuchen herauszufinden, ob er mich angesteckt hat? Es ist alles seine Schuld. Du weißt das. Seine und die von dem verrückten, alten Mann, der ihn das letzte Mal mitgenommen hat – sie haben mir das angetan. Du weißt, dass sie es waren. Er hat dich bedroht, ich habe es selbst gehört.«
»Aber, aber, Spätzchen, «, beruhigte Tante Petunia, doch Harry konnte ein Beben in ihrer Stimme ausmachen, »reg dich nicht auf. Du weißt, was passiert, wenn du zu nervös bist.«
Dudleys Augen quollen beinahe heraus. Er packte seine Mutter mit solcher Gewalt bei den Armen, dass er rote Abdrücke hinterließ. »Mummy! Lass es nicht noch mal passieren.«, wimmerte er.
Tante Petunia zog ihre Arme aus seinem Griff, tätschelte Dudley auf den Rücken und gurrte besänftigend, während sie ihn ins Wohnzimmer führte. Sobald sie ihn beruhigt hatte, wandte sie sich erneut Harry zu. Ihre Augen waren mit solch tiefer Abscheu gefüllt, dass Harry unwillkürlich einen Schritt zurücktat. Was geschah hier?
»Setz dich und mach das Sofa nicht schmutzig. Ich gehe Duddy eine Limonade holen«, zischte sie und eilte aus dem Zimmer. »Reg ihn nicht auf.«
Harry blickte zu Dudley hinüber und furchte die Augenbrauen. »Was für eine Laus ist dir denn über die Leber gelaufen, Dud?«
»Was machst du hier? Haben sie dich geschickt, um mich zu untersuchen? Ich will nicht, dass du oder irgend jemand deiner beknackten Freunde mich befummelt. Denk nicht, dass ich dir nicht das verdammte Ding wegnehmen kann. Wenn ich das tue...« Dudleys Gesicht reichte beinahe an die purpurne Farbe heran, die Harry üblicherweise mit Onkel Vernon in Verbindung brachte.
»Immer mit der Ruhe, Dud. Du explodierst sonst noch. Warum erzählst du mir nicht, was hier vorgeht? Was soll das alles?«, fragte Harry.
Seine Gedanken rasten in seinem Kopf umher, während er sich an all der Einzelheiten seiner letzen Reise zum Ligusterweg zu erinnern versuchte. Es schien in einem anderen Leben gewesen zu sein. Professor Dumbledore war freundlich gewesen, obwohl Harry erkennen konnte, dass er aufgebracht darüber war, wie die Dursleys Harry behandelten. Dennoch, er war nicht der Meinung, dass die Dursleys das bemerkt hatten. Harrys Annehmlichkeit und Wohlbefinden waren ihnen nie ein Gedanke wert gewesen.
Dudley schien jedoch den Eindruck zu haben, dass Professor Dumbledore sie bedroht hatte. Wie hatte Dudleys Geist diesen Gedanken zustande gebracht? Natürlich nahm Dudley als Tyrann, der er war, wahrscheinlich von jedem an, dass er ihn bedrohte, da er selbst die meiste Zeit damit verbrachte. Trotzdem versuchte Harry sich die Unterhaltung des vorherigen Jahres in Erinnerung zu rufen, um herauszufinden, was seine Verwandten so aufgewühlt hatte.
Das Anstarren von Dudley, wie er auf der Couch zusammengekauert dasaß, brachte Dumbledores Worte wieder zurück. Er hatte etwas darüber verlauten lassen, dass er eine Nachricht für die Dursleys hinterlassen hatte, als er vor all den Jahren Harry auf ihrer Türschwelle abgesetzt hatte.
»Sie haben nicht getan, worum ich Sie gebeten habe. Sie haben Harry nie wie einen Sohn behandelt. Er hat nichts als Vernachlässigung und häufig Grausamkeit von Ihnen erfahren. Das Beste, was man sagen könnte, ist, dass er wenigstens nicht den entsetzlichen Schaden davongetragen hat, den Sie dem unglücklichen Jungen zugefügt haben, der zwischen Ihnen sitzt.«
War es das, was Dudley für eine Drohung hielt? Doch wie könnte er? Eine weitere Erinnerung stieg in Harry auf, bezüglich eines Heulers, den Tante Petunia nach dem Dementorangriff auf Harry und Dudley vor seinem fünften Schuljahr erhalten hatte.
»Denk an meinen letzten.«
Mit dem letzten musste eben dieser Brief gemeint sein. Harry brannte vor Neugier, was der Brief genau beinhaltete. Er machte sich jedoch nur geringe Hoffnungen, dass Tante Petunia es ihm verraten würde. Warum ist sie überhaupt so besorgt darüber, dass Dudley sich aufregen könnte? Nicht dass sie ihr kleines Spätzchen jemals aufgebracht sehen will, dachte Harry mit einer Grimasse.
Es gab dann nur einen Weg, es herauszufinden.
»Also was ist damit, dass Professor Dumbledore dir das letzte Mal etwas getan hat, Duds? Wächst dir etwa wieder ein Schwanz? Ich hab gar nicht gesehen, wie er den Zauber durchgeführt hat. Aber natürlich hat er keine Schwierigkeit mit nicht gesprochenen Zaubersprüchen, so dass man nie wissen kann, was er ausgeheckt haben könnte.«, sagte Harry beiläufig, während er den schmerzhaften Klumpen in seiner Kehle unterdrückte, der sich bildete, wenn er von Professor Dumbledore sprach, als wäre er noch am Leben.
Dudley duckte sich weg und krabbelte schneller von der Couch, als seine Masse es erlauben sollte. Seine Hände suchten instinktiv sein mächtiges Hinterteil. »Bleib weg von mir! Ich meine es ernst... bleib weg!«
Harry stand auf und ging zielstrebig auf Dudley zu. »Was ist los, Dud? Warum bist du plötzlich so lebhaft? Hast deine Nerven verloren, nicht wahr? Ist das der Grund dafür, warum du dich so wie ein kleines Mädchen aufführst?«, fragte Harry, während er seinen Zauberstab aus dem Ärmel zog.
»Steck ihn wieder weg!«, kreischte Dudley und verzog sich in eine Ecke. Harry hätte lachen können, wenn es nicht einfach erbärmlich wäre. Das war also der große Tyrann, der Harry regelmäßig das Leben zur Hölle gemacht hatte, als er noch klein war?
»Ich meine es ernst, Potter, steck das Ding weg.«, knurrte Dudley.
»Oder was, Dud? Was willst du machen?«, Harry kann nicht anders, als sich fasziniert zu fragen, wie weit er gehen konnte, bis Dudley zurückschlug.
Bevor Dudley jedoch antworten konnte, begann die Vase auf dem Tisch neben ihm heftig zu beben. Sie wankte auf dem Tisch hin und her und rückte dabei immer näher zur Tischkante. Harry starrte sie überrascht an. Er war wirklich nicht so aufgebracht, nicht darüber jedenfalls. Warum reagierte seine Magie so stark?
»Oh nein.«, stöhnte Dudley, bevor die Vase vom Tisch flog und auf Harrys Kopf zuraste.
Harry war so erschüttert, dass er nicht schnell genug reagierte. Die schwere Keramikvase krachte in sein Gesicht und warf ihn von den Füßen. Harry landete mit einem schweren Plumps auf dem Boden, während die Vase in einen großen Scherbenhaufen zersprang.
Von dem Geräusch alarmiert, eilte Tante Petunia zurück ins Zimmer und kreischte auf, als sie die Zerstörung erblickte. »Was hast du getan?«, schnauzte sie und stieg über Harry hinweg, um die Bruchstücke ihrer Vase aufzuheben.
»Es ist wieder passiert, Mummy.«, heulte Dudley. »Er war es! Ich weiß, dass er es war.«
Tante Petunia sprang auf die Füße und hastete zu Dudley hinüber. »Aber, aber, Schätzchen. Mummy ist ja da. Alles wird wieder gut. Komm in die Küche. Ich mache dir was Schönes zum Essen und kümmere mich um alles.«
Während sie Dudley aus dem Zimmer führte, wandte sie sich zu Harry, der sich bemühte, auf die Füße zu kommen. »Bleib hier. Ich komme gleich wieder. Ich habe dich doch gewarnt, ihn nicht aufzuregen.«, zischte sie. Ihre Augen funkelten ihn an.
Harry stöhnte, als er eine Hand zu seinem pochenden Wangenknochen führte. Was geschieht hier nur? Er stellte sich wankend auf die Füße und schüttelte den Kopf in dem Versuch, ihn freizubekommen.
Ganz schlechte Idee.
Der gesamte Raum verschwamm vor seinen Augen, so dass er sich auf die Lehne der Couch stützen musste, um aufrecht stehen zu bleiben. Behutsam bewegte er seinen Kiefer von einer Seite auf die andere, um zu prüfen, wieviel Schaden seinem Gesicht zugefügt worden war. Er glaubte nicht, dass etwas gebrochen war, doch der Schmerz war genug, um ihn Sehnsucht nach einem von Madam Pomfreys Heiltränken verspüren zu lassen.
Das würde kein gewöhnlicher Aufenthalt am Ligusterweg sein.
Er hatte schon zuvor unbeabsichtigte Magie vollführt, doch nicht in der letzten Zeit. Er konnte sich nicht entsinnen, sich jemals selbst verletzt zu haben. Etwas stimmte nicht. Er blickte angespannt aus dem Fenster und fragte sich, ob er eine Mahnung vom Ministerium erhalten würde.
Großartig. Genau das, was er brauchte.
Doch er hatte auch nie eine erhalten, als er jünger war. Vielleicht würde er auch dem auch diesmal entgehen können. Er konnte nichts dran ändern; er würde wohl oder übel abwarten müssen.
Die dringendere Angelegenheit war, was mit Dudley los war. Er hatte sich so verhalten, als ob er gewusst hätte, was passieren würde. Beinahe als ob...
Tante Petunia kam in diesem Augenblick wieder ins Zimmer und setzte sich steif, Harry die ganze Zeit über anstarrend. Harry war sich nicht sicher, was sie von ihm erwartete, folgte jedoch ihrem Beispiel und ließ sich auf dem anderen Ende der Couch nieder. Nach einigen Augenblicken in Schweigen hielt Harry es nicht länger aus.
»Was passiert hier, Tante Petunia?«, fragte er leise. »Ich glaube nicht, dass ich das war. Ich denke, Dudley hat es getan. Wie ist das möglich?«
»Natürlich hat mein Dudley das nicht getan. Du bist doch die Missgeburt, nicht er.«, schnappte sie. Doch gleich darauf sackte ihr Gesicht zusammen und sie legte ihren Kopf in die Hände.
Harry war wie von Donner gerührt und wusste nicht, was er tun sollte. In all den Jahren, die Harry mit den Dursleys verbracht hatte, hatte sie ihm nicht ein Mal ein wenig Trost zuteil werden lassen. Nun fand er es seltsam, dass er das Bedürfnis verspürte, sie zu trösten.
Zögernd hob er seine Hand und bewegte sie langsam zu ihr, bevor er sie schnell wieder zurückzog. Zwei weitere Male kämpfte er mit dem Drang, ihr eine Hand auf den Rücken zu legen und sie so zu besänftigen. Sie hatte eine Berührung von seiner Seite vorher nie gut aufgenommen und er fürchtete nun, dass seine Handlungen sie vom Weitersprechen abschrecken würden. Sein Verlangen nach Antworten besiegte schließlich den Willen, ihr Trost zu schenken, so dass er seine Fäuste zusammenballte und sich zwang, auf seinem Platz zu bleiben.
Endlich hob Tante Petunia den Kopf und begann trotz zitternder Unterlippe zu sprechen: »Nachdem du und dein Schulleiter von hier aufgebrochen seid, sind komische Dinge geschehen. Diese Ereignisse häuften sich, bis Dudley schließlich gebeten wurde, die Schule zu verlassen. Sie haben ihm vorgeschlagen, eine Beratung aufzusuchen. Als ob er jemals darüber sprechen könnte. Sie dachten, dass er sich nur aufspielen will und mit Absicht zerstörerisch ist. Was für eine Frechheit.«
In Harry Kopf schwirrten unzählige Fragen umher, doch er befürchtete, dass sie sich wieder nach innen kehren würde, wenn er sie unterbrach. Deshalb ließ er sie weiterplappern.
»Was hat dein Schulleiter getan?«, fragte Petunia mit verengten Augen. »Er hat den Schutz entfernt, oder? Er sagte doch, dass wir unseren Teil der Vereinbarung nicht eingehalten haben, indem wir dich vernachlässigt haben. Aber wir haben dir all diese Jahre lang aus reiner Barmherzigkeit Essen und Unterkunft geboten. Was erwartet er denn mehr?
Er wollte, dass wir dich wie unseren eigenen Sohn lieben. Du bist aber nicht unser Kind! Du bist nur die Erinnerung an eine Schwester, von der ich wünschte, dass ich sie nie gehabt hätte. Wir gaben dir ein Dach überm Kopf und das soll dich doch die ganze Zeit am Leben gehalten haben. Das sollte doch etwas bedeuten. Wir hätten dich schließlich einfach in ein Waisenheim stecken können, so wie Vernon es gewollt hatte. Manchmal denke ich, wir wären alle besser dran gewesen, hätten wir es wirklich getan.«
Harry hatte schon lange aufgehört, nach Billigung von den Dursleys zu streben. Dennoch schmerzte ihn die Kälte in ihren Worten.
»Was meist du mit: den Schutz entfernt?«, fragte er, um ihr nicht die Befriedigung zu gewähren, dass ihre Worte ihn verletzt hatten. »Der Schutz durch das Blut von meiner Mutter hält so lange an, wie ich dieses Haus mein Zuhause nennen kann ... zumindest bis zu meinem Geburtstag. Er hat euch doch gesagt, dass ich noch ein Mal zurückkommen würde.«
»Nicht der Blutschutz für dich.«, keifte Tante Petunia. »Es geht nicht um dich. Mir ist es egal, was mit dir oder den anderen deiner Missgeburtenwelt passiert. Soweit es mich betrifft, wären wir alle besser dran, wenn ihr euch gegenseitig umbringt. Ich meine den Schutz für Dudley. Dumbledore hat seinen Teil der Vereinbarung zurückgezogen, nicht wahr?«
Harry blinzelte verblüfft. »Wovon redest du?«, fragte er kalt.
»Oh, du meine Güte, du warst nie besonders helle, oder? Der Zauber, den er auf Dudley gelegt hat. Er funktioniert ganz offensichtlich nicht mehr, da immer wieder diese verrückten Dinge passieren.«
»Dudley ist ein Zauberer?«, stieß Harry ungläubig hervor, als alle Teile des Puzzles sich zusammenfügten. Er fühlte sich, als ob das Zimmer sich um ihn drehte, und war sich sicher, dass es nicht auf seine pochende Schläfe zurückzuführen war. Er wusste, dass Magie sich vorzüglich in bestimmten Familien fand – die Creevey-Brüder bewiesen es zur Genüge. Sie waren Muggelgeborene und doch beide Zauberer... Aber Dudley. Wie konnte das geschehen sein?
»Natürlich ist er kein Zau... kein Zau... Er ist keine Missgeburt.«, schnauzte Tante Petunia, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. »Ich hatte eine Vereinbarung mit deinem Schulleiter. Er würde diese Unnatürlichkeit Duddydums vom Leib halten und ich würde dich aufnehmen. Es war alles abgesprochen. Dann, nach dem letzten Jahr, hat, was auch immer er gemacht hat, aufgehört und Dudley fing an, alle paar Tage Momente dieser Merkwürdigkeiten zu haben. Und ich kann es nicht stoppen. Ich verlange, dass du das behebst. Mach, was auch immer vorher gemacht worden ist. Du kannst es beheben und du schuldest uns das.«
Harry Gedanken rasten. Wie konnte das sein? Hatte Dumbledore Dudleys Magie wirklich all diese Jahre lang unterdrückt? Es schien nicht zu ihm zu passen. Es ergab keinen Sinn.
Wie aus einem Nebel rief Harry sich ins Gedächtnis, wie Tante Petunia jeder Laune Dudleys stets nachgegeben hatte. Wie sie sich so verhalten hatte, als ob sich die gesamte Welt darum drehte, ihn ruhigzuhalten. Harrys schlimmste Bestrafungen waren immer direkt einem Ausbruch von Dudley gefolgt. Er fragte sich, ob Petunias zwanghaftes Bedürfnis, sauberzumachen, ein Nebenprodukt ihrer Sorge darüber war, dieses riesige Schlamassel zu beseitigen.
Harrys Geist fuhr fort, sich kleine Augenblicke in Erinnerung zu rufen, in denen Dudley aufgebracht gewesen war. Seine Gedanken drifteten wieder zu der Nacht, in der die Dementoren sie angegriffen hatten und Dudley sich vor Angst niedergekauert hatte. Harry hatte sich gefragt, woran Dudley sich wohl erinnert haben könnte? Könnte es irgendeine ungeklärte Art von Magie gewesen sein, die Dudley zu unterdrücken versucht hatte? Als Harry Dudley in der Dunkelheit gefunden hatte, hatte dieser seine Hände über seinen Mund gestülpt. Harry hatte ihm gesagt, seinen Mund nicht zu öffnen, aber wann hörte Dudley schon auf Harry? Könnte Dudley die Dementoren tatsächlich gesehen haben?
Harry war, als ob seine Welt gerade wieder vollkommen außer Kontrolle geraten war.
»Warum sollte Dumbledore zustimmen, Dudleys Magie zu verstecken? Es klingt überhaupt nicht nach Dumbledore.«, sagte er langsam, während sein Blick sich in die Augen seiner Tante bohrten.
»Er wollte es zuerst nicht. Wir haben einige Zeit darüber diskutiert. Ich habe die seltsamen Dinge gesehen, die geschehen sind, seit mein Dudley in seinem Kinderbett lag. Ich wusste, was es bedeutete; ich kannte es schon von Lily. Auf keinen Fall hätte ich es noch einmal zugelassen, nicht nachdem ich so hart daran gearbeitet habe, für meine Familie ein normales Leben zu schaffen.
Es war die einzige Möglichkeit mich dazu zu bringen, dich aufzunehmen, und er wünschte es sich inständig. Ich habe ihm gesagt, dass er sowieso nicht Hand an Dudley anlegen könnte. Vernon und ich würden ihm nie erlauben, zu dieser Missgeburtenschule zu gehen. Wir haben ihn zu einer gesunden Abneigung gegenüber allem erzogen, was nicht normal ist. Dudley ist ein guter Junge.«, sagte Tante Petunia und kreuzte trotzig ihre Arme vor der Brust.
Harry verdrehte die Augen. Das alles ergab tatsächlich einen Sinn. Sicherlich hätten die Dursleys Dudley nicht erlaubt, Hogwarts zu besuchen. Und Harry wusste aus Dudleys Reaktion vor einem Augenblick, dass er ohnehin niemals hätte gehen wollen.
»Also, was genau hat Professor Dumbledore gemacht?«, fragte Harry, unfähig seine Neugier zu bezähmen. Tante Petunia hatte ihm noch nie freiwillig von der Vergangenheit erzählt. Stell keine Fragen war stets ihre Antwort gewesen.
»Wie soll ich denn wissen, wie all euer Schwachsinn funktioniert?«, keifte Tante Petunia. »Wir haben dich aufgenommen und er hat etwas getan, um Dudleys Namen von einer Liste oder so was Ähnlichem zu nehmen. Eine Zeitlang hat Dudley auch aufgehört, seltsame Dinge geschehen zu lassen. Das einzige, wo etwas Unnormales passierte, war, wenn Dudley aufgebracht war und ich konnte das leicht auf dich abwälzen, so dass Vernon es nie erfahren musste.«
»Onkel Vernon weiß nicht, dass sein Sohn ein Zauberer ist?«, fragte Harry, insgeheim die Ironie in dieser Aussage begreifend.
»Natürlich weiß er es nicht. Und Dudley ist NICHT einer von euch. Dein Schulleiter hat es unter Kontrolle gehalten und ich will, dass du das Gleiche machst«, sagte Tante Petunia.
»Ich weiß noch nicht einmal, dass er so etwas getan haben kann, geschweige denn, wie man es macht«, erwiderte Harry entsetzt.
»Nun, wenn du hier bleiben willst, solltest du dir besser etwas einfallen lassen.«, schnauzte sie.
Harrys Geist bemühte sich, einen Weg zu finden, der zu seinem Vorteil ausfiel. »Also gut. Ich werde es versuchen. Aber ich werde einige Hilfe dabei brauchen.«, schaltete er schnell um.
»Was meinst du mit Hilfe?«, fragte sie misstrauisch.
»Meine Freunde, Ron und Hermine – sie sind genial bei so etwas. Ich werde sie bitten zu kommen und mir zu helfen. Sie werden aber eine Weile hier bleiben müssen – während wir nach korrekten Zaubern forschen. Ich bin sicher, es ist sehr komplexe Magie, wenn Professor Dumbledore es angewandt hat.«, sagte Harry, während er in seinem Geist bereits vorausplante.
Tante Petunia runzelte in Missbilligung die Stirn. »Ich weiß nicht.«
»Na gut ... ich kann es nicht alleine machen. Also denke ich, gehe ich dann mal.«, sagte er und ging so weit, aufzustehen und in Richtung Tür zu gehen.
»Nein!«, kreischte Tante Petunia. »Also schön... Dein Freund kann in deinem Zimmer schlafen und das Mädchen belegt das Gästezimmer. Ich will keine seltsamen Angelegenheiten unter meinem Dach haben.«
Harry grinste, als er sich ausmalte, welche Farbe Rons Ohren wohl annehmen würde, wenn er diese Bemerkung vernommen hätte. Die Sache schien besser auszugehen, als er gehofft hatte. »In Ordnung.«
»Du musst aber versprechen, dass ihr alle Vernon und Dudley aus dem Weg gehen werdet. Wenn Vernon zu Hause ist, müsst ihr in deinem Zimmer bleiben. Und ich will das möglichst schnell fertig haben.«
»Da sind wir uns einig.«, murmelte Harry.
»Oh, und noch etwas. Deine Freunde werden ihr eigenes Essen mitbringen müssen. Ich füttere ganz sicher nicht noch zusätzlich deine verrückten Freunde. Vernon würde es niemals erlauben. Sie können ihr eigenes Essen mitbringen oder mit dir deine Portion teilen, aber ich bin nicht verantwortlich für sie.«, sagte Tante Petunia mit zurückgekehrtem Hochmut.
Harry hatte keine andere Wahl, als zuzustimmen. Er hatte nicht wirklich bedacht, wie sie essen würden. Er konnte nur hoffen, dass Hermine sich darauf einstellen würde. Sie war sicherlich vertraut genug mit der Neigung der Dursleys zu Vorenthaltung von Nahrung. Sie würden sich einfach etwas einfallen lassen müssen. Vielleicht würde Mrs. Weasley ihnen etwas schicken, wenn sie nicht zu verärgert war, oder vielleicht würde Ginny ihnen helfen...
Ginny.
Nach reiflicher Überlegung entschied Harry, dass sie in keiner Weise darin verwickelt werden konnte. Es war ihr gegenüber nicht fair. Und er glaubte nicht, dass er es aushalten könnte, sie so nahe und doch so fern zu wissen. Sie würden sich etwas anderes ausdenken müssen.
Aber ihre Anwesenheit wäre mit Sicherheit eine willkommene Abwechslung zu Tante Petunia, betrog ihn sein Geist.
Hör damit auf, befahl er sich fest. Ginny würde nicht hineingezogen werden.
»Ich werde ihnen eine Eule schicken. Ich bin sicher, dass sie in Kürze eintreffen werden – sie sind beide volljährig.«, sagte Harry und beobachtete, wie in Tante Petunias Augen erneut Panik aufflackerte.
»Was heißt das? Sie dürfen ihre ... ihre ... ihre Dinger benutzen? Ich werde es in diesem Haus nicht dulden. Du hast gesagt, dass sie herkommen, um mit dir zu forschen.«, sagte sie mit einem flehenden Unterton.
»Tante Petunia, sie kommen her, um einen Zauber herauszufinden, den du mich gebeten hast zu vollführen. Willst du mir sagen, dass sie dabei keine Magie benutzen dürfen?«, fragte Harry.
Tante Petunias Lippen pressten sich zu einem dünnen Strich zusammen. »Nur ein Mal, ein einziges Mal. Du schuldest es mir. Ihr müsst deinem Cousin helfen und dann von hier verschwinden. Ich will nichts mehr mit dir und deiner Sorte zu tun haben. Vernon darf nichts Ungewöhnliches sehen – er ist so schon unglücklich genug.«
»Und was ist neu daran?«, murmelte Harry.
»Er hat gemurrt darüber, dass du eine Erbschaft bekommen hast und es uns nicht mitgeteilt hast.«, sagte Tante Petunia mit offensichtlicher Missbilligung. »Wir haben dir ein Dach und ein Bett für sechzehn Jahre zur Verfügung gestellt. Sicherlich verdienen wir etwas für die Umstände, die du uns bereitet hast, wenn du ein eigenes Haus bekommen hast.«
»Ihr bekommt nichts, was Sirius gehört hat.«, erwiderte Harry erhitzt. Er mochte vielleicht ebenfalls nichts mir dem Grimmauldplatz zu tun haben wollen, aber er würde mit Sicherheit nicht zulassen, dass sie ihre dreckigen Hände daran anlegten. Er war es Sirius schuldig. Nachdem er einen tiefen Atem eingezogen hatte, um sein Temperament zu zügeln, sagte er zähneknirschend: »Es würde dir sowieso nichts bringen. Es ist ein Zaubererhaus – Muggel können es nicht sehen. Obwohl ich vermute, dass Dudley es sehen kann...«
Tante Petunias Augen weiteten sich panisch. »Genug. Diddyums wird ganz sicher nichts von eurer Unnatürlichkeit sehen können. Geh deinen Brief verschicken ... und sag ihnen, dass sie ihr eigenes Essen mitbringen sollen.«, schnappte sie, bevor sie aus dem Zimmer stürzte.
Harry lächelte grimmig. Wann auch immer der Zeitpunkt kommen würde, da er dieses Haus verließ, um seine Suche nach den Horkruxen zu beginnen, konnte nicht bald genug ankommen.

Das Schrillen der Türklingel riss Harry aus seinen Gedanken. Er war in seinem Zimmer, wo er seine mageren Habseligkeiten aus dem Schulkoffer packte. Er schätzte, dass er und Ron ziemlich eingeengt sein würden in seinem kleinen Schlafzimmer, so dass ein wenig Aufräumen nicht schaden konnte. Er wollte es hinter sich bringen, bevor Hermine ankam und ihm dabei zusah. Es brachte nichts, sie glauben zu lassen, dass sie irgendeinen Einfluss auf ihn hatte. Sonst würde sie nie wieder davon aufhören.
Er blickte auf die Uhr und war erleichtert zu bemerken, dass sie noch immer eine halbe Stunde vor Onkel Vernons Rückkehr hatten. Das sollte genug Zeit für sie bedeuten, sich einzurichten und Tante Petunia die Gelegenheit zu geben, ihm ihre Anwesenheit zu erklären. Selbst wenn sie sich die meiste Zeit in Harrys Zimmer aufhielten, war es unmöglich, dass Onkel Vernon nicht bemerkte, wie drei zusätzliche Menschen das Badezimmer benutzten.
Hoffentlich würde Tante Petunia etwas Besänftigendes einfallen. Dann könnten Harry, Ron und Hermine ihm einfach aus dem Weg gehen. Es wäre das Beste für alle, eine Konfrontation zu vermeiden. Natürlich würde der Versuch, Ron dazu zu bringen, wie ein Muggel zu leben, eine Aufgabe sein, die die Aufnahme in das Trimagische Turnier verdiente, dachte Harry mit einem Glucksen.
Er war erfüllt von Vorfreude und stellte belustigt fest, dass er noch nie zuvor irgendetwas, das mit dem Dursleys zu hatte, so eifrig erwartet hatte, wie jetzt Rons Anwesenheit in ihrem so geordneten Leben. Es würde in der Tat einige Standpauken wert sein.
Er schloss die Tür zu seinem Schlafzimmer und eilte die Treppe hinunter, wobei er bemerkte, dass Tante Petunia ihren Hals aus der Küchentür steckte. Dudley war nirgendwo in Sicht.
Harry schwang die Tür weit auf, gerade als die Klingel erneut schrillte.
»...du weißt, dass irgend jemand es das erste Mal gehört hat?«, hörte er Ron fragen.
Hermine verdrehte die Augen. »Hallo, Harry.«, begrüßte sie ihn strahlend, bevor sie ein entsetztes Keuchen ausstieß. »Harry! Was ist mit deinem Gesicht passiert?«
Harry legte eine Hand auf seine Wange und zuckte zusammen, als er die Prellung berührte. Er war so in Gedanken verloren gewesen, dass er sie schon völlig vergessen hatte. »Lange Geschichte. Ich habe euch viel zu erzählen.«
Hermine blickte zweifelhaft drein. »Ist alles ausgemacht?«
»Natürlich.«, sagte Ron und schob Hermine ins Haus. Er hatte anscheinend nicht im Geringsten vor, irgendwelche Ausreden von den Dursleys zu akzeptieren. »Hör einfach für eine Minute auf zu reden und lass ihm Zeit, uns zu erzählen, was passiert ist ... dann können wir entscheiden, was wir nun machen.«
Harry trat grinsend zurück und ließ sie eintreten. »Es ist alles in Ordnung, Hermine. Kommt nach oben. Da sind wir unter uns.«
Weder Ron noch Hermine rührten sich. Beide standen sie im Flur und blickten sich um. Harry sah, wie Hermine wegen der Fülle der Fotos von Dudley an den Wänden und auf jeder noch so kleinen freien Oberfläche im Wohnzimmer die Stirn runzelte. Harry bemerkte belustigt, dass auf dem Tisch, der noch vor kurzer Zeit von der zerbrochenen Vase geschmückt gewesen war, nun ein neues Bild thronte.
Ron brummte missmutig, während Hermines Augenbrauen sich zusammenzogen. Harry konnte es ihnen nicht verdenken. Dudley war nicht besonders ansehnlich, soviel stand fest. Harry war sehr darum bemüht, sie aus dem Wohnzimmer und fern von Tante Petunias scharfen Augen zu bekommen, bevor deren Neugierde sie etwas erfahren ließ, das er ihr vorenthalten wollte.
»Onkel Vernon kommt bald nach Hause, deshalb ist es besser, wenn wir nach oben gehen. Ich habe euch viel zu erzählen.«, sagte Harry, während er seine Freunde zur Treppe zu steuern versuchte.
Hermine jedoch blickte interessiert über seine Schulter.
»Sie müssen Harrys Tante Petunia sein.«, sagte sie. »Ich heiße Hermine Granger. Sie haben vielleicht schon von mir gehört. Harry und ich sind seit unserem ersten Jahr befreundet.«
Harry stöhnte innerlich auf. Zu spät.
»Könnt ihr es schaffen? Könnt ihr meinem Dudley helfen?«, fragte Tante Petunia, Hermines ausgestreckte Hand ignorierend.
»Ihm wobei helfen?«, wollte Hermine verblüfft wissen.
Tante Petunia wirbelte zu Harry. »Ich dachte, sie wüssten, was zu tun ist.«, zischte sie. »Ich habe ihnen erlaubt herzukommen, weil du gesagt hast, sie könnten ihm helfen. Sie sind in deinem Jahrgang ... warum wissen sie es, wenn du es nicht tust?« Sie deutete missbilligend mit ihrem knochigen Finger auf Ron. »Ich erkenne den hier von dieser Familie, die dich abgeholt und unser Wohnzimmer zerstört hat.«
»Ich habe gesagt, dass ich Hilfe brauche. Und dazu sind sie hier.«, besänftigte Harry. »Anders als ich, sind beide schon volljährig. Ich hatte nur die Zeit, ihnen zu erzählen, dass ich Hilfe brauche – die Einzelheiten kennen sie noch nicht. Gib uns einfach ein bisschen Zeit und wir bringen alles wieder in Ordnung.«
»Was ist denn los, Harry?«, fragte Ron, während seine Augen zwischen Harry und Tante Petunia hin und her schweiften.
»Nicht jetzt, Ron.«, sagte Harry.
»Wie lange wird es dauern?«, verlangte Tante Petunia zu wissen. »Ich kann deinen Onkel nur für eine Weile beschwichtigen. Ich will, dass ihr es so schnell wie möglich in Ordnung bringt und aus diesem Haus verschwindet.«
»Nichts könnte mich zufriedener stimmen, «, knirschte Harry. »gib uns zwei Wochen und wir werden uns nie wieder sehen müssen.«
»Mrs. Dursley...« sagte Hermine mit weit aufgerissenen Augen.
»Zwei Wochen? So lange? Erwartest du wirklich, dass ich euch so lange hier dulde?«, kreischte Tante Petunia.
»Ich nehme an, du willst es richtig in Ordnung haben, ohne irgendwelche Nebenwirkungen, die Dudley schädigen könnten?«, fragte Harry.
Tante Petunia erbleichte. »Ihr solltet besser nichts tun, das meinem Dudley wehtut. Das würde dir ähnlich sehen, nicht wahr? Ich weiß nicht, warum ich es Leuten wie dir anvertraue. Du warst schon immer eifersüchtig auf Dudley, weil du nie so sein konntest wie er.«
»Jetzt warten Sie mal kurz, Mrs. Dursley...« versuchte Hermine nochmals, gänzlich verdattert.
Weder Harry noch seine Tante beachtete sie.
Harry verdrehte die Augen. »Das ist genau das, was ich immer gewollt habe – mehr wie Diddydinkums zu sein. Du vertraust es mir an, weil du wirklich keine andere Wahl hast, nicht wahr? Natürlich, wenn du uns lieber aus dem Haus haben willst...«
Tante Petunia starrte ihn einige Sekunden lang an, bevor ihre Schultern als Zeichen der Niederlage herabsackten. »Geht nach oben und seid still, bis ich mit deinem Onkel gesprochen habe. Unter keinen Umständen dürft ihr Dudley aufregen.«
Bevor die Worte vollständig verklangen waren, schwang der Haustür auf und gab den Blick auf das verblüffte Gesicht von Vernon Dursley frei. Er hielt im Schritt inne und blickte verwirrt in die Gesichter, die ihn zugewandt waren.
Langsam nahm sein Gesicht einen dunklen Rotton an, bevor er ausstieß. »Du! Was zur Hölle machst du denn hier? Was hat das alles zu bedeuten?« Seine Augen verengten sich misstrauisch. »Was hast du meiner Familie diesmal angetan, Junge?«
»Hallo, Onkel Vernon.«, erwiderte Harry trocken.
»Sprich nicht in diesem Ton mit mir. Du bist hier nicht länger willkommen – nicht dass du es jemals warst. Verschwinde und nimm deine verdammten Freunde mit!«, schnauzte Vernon.
Harry feixte. »Ich glaube, Tante Petunia könnte Einwände dagegen haben.«
Petunia funkelte ihn böse an.
Onkel Vernon wandte sich mit einem wütenden Gesichtsausdruck von Harry zu Tante Petunia, schien jedoch unter ihrem forschenden Blick in sich zusammenzusinken. »Petunia?«, wimmerte er.
»Sie müssen bleiben, Vernon. Sie werden nicht lange hier sein. Und wenn sie wieder gehen, sind wir ihn für immer los.«, sagte sie und deutete in Harrys Richtung.
»Aber... aber...«, stotterte Vernon.
»Ich bin darüber nicht glücklicher als du, Vernon, aber so wird es geschehen.«, sagte sie fest.
Onkel Vernons Schultern sackten für einen Moment hinab, bevor er sich wieder Harry zuwandte. »Ich werde für nichts von deinen seltsamen Geschäften eintreten, Junge, und ich will mich mit dir über die Erbschaft unterhalten, die du letzten Sommer so sorgfältig vergessen hast zu erwähnen. Was war es doch gleich? Ein Haus, das dir dein Sträfling von Pate hinterlassen hat. Dachtest wohl, du könntest uns diese Information vorenthalten, was?«
Harrys Gesichtsausdruck blieb ungerührt.
»Es wird uns nichts bringen, Vernon. Es ist ein... ein... unnatürliches Haus. Wir würden es nicht einmal sehen können und es ist voll von verrückten Sachen.«, wandte Tante Petunia schaudernd ein. Sie drehte sich zu Harry. »Geht nach oben und richtet euch für die Nacht ein. Ihr werdet euch selbst versorgen müssen. Wir gehen auswärts essen.«
Harry wandte sich zu seinen Freunden, die ihn in benommenem Schweigen anstarrten. »Die Treppe hoch, erste Tür rechts.«, sagte er mit einer Geste zur Treppe.
Ron und Hermine eilten ohne ein weiteres Wort hinauf.

Als Harry in dieser Nacht in seinem Bett lag und sich älter als seine sechzehn Jahre fühlte, wünschte er sich, sein Geist wäre so müde wie sein Körper. Er hatte Ron und Hermine alles, was mit Dudley geschehen war, und die Erklärungen seiner Tante dafür berichtet. Er musste sich eingestehen, dass er genoss zuzuhören, wie Ron und Hermine sich über die Art und Weise, in der Harrys Verwandte mit ihm sprachen, empörten.
Ron fielen immer wieder Erfindungen der Zwillinge ein, die auf die Dursleys verwendet werden konnten, und sogar Hermine hatte den einen oder anderen Fluch vorgeschlagen. Es wärmte Harry das Herz, das alles zu hören, selbst wenn er es nie zulassen würde, dass sie wegen der Dursleys in Schwierigkeiten gerieten. Aber er hatte eben trotzdem Spaß daran, sich solche Situationen auszumalen.
Hermines Eltern hatten sie nicht gehen lassen wollen – sie hatten sie nur einmal im gesamten Schuljahr zu Weihnachten gesehen – doch Hermine hatte darauf bestanden, dass sie nun in der Zaubererwelt als erwachsen galt und dass sie dies unbedingt tun musste.
Ron war sehr viel weniger mitteilsam darüber gewesen, wie seine große Enthüllung im Fuchsbau abgelaufen war. Nach langem Bohren und Schmeicheln von Harry und Hermines Seite hatte Ron endlich gestanden, dass er seiner Mum nur erzählt hatte, dass er Harry Gesellschaft leisten wollte, und verschwiegen hatte, dass er überhaupt nicht vorhatte, im September zurück zur Schule zu gehen. Hermine hatte deutlich ihre Missbilligung zum Ausdruck gebracht und etwas vor sich hin gemurmelt, das verdächtig nach Feigling klang.
Sie hatten sehr viel mehr über Dudley gesprochen und darüber, was Dumbledore zum Verbergen von Dudleys Magie getan haben konnte. Harry fiel es noch immer schwer, sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass Dudley ein Zauberer war. Es war einfach verrückt. Schließlich hatte Hermine versprochen, sich während ihres Aufenthaltes im Ligusterweg darum zu kümmern. Es würde ihr die Zeit vertreiben. Und wenn alle Stricke reißen sollten, konnte sie Dudley immer noch einen Aufmunterungszauber verpassen, bevor sie aufbrachen. Das würde ihn zumindest eine Weile lang glücklich machen.
Es war schon sehr spät gewesen, als sie endlich in ihre Betten krochen. Harry hatte Hermine das Gästezimmer gezeigt und ihr geraten, ein Schloss an der Tür anzubringen. Ron hatte sie nicht allein lassen wollen, doch schnell den Mund gehalten, nachdem Harry vorgeschlagen hatte, dass er mit ihr in dem Zimmer schlafen könnte. Harry musste fast lachen, als er sich an Rons Gesichtausdruck erinnerte. Hermine hatte Harrys Schreibtisch in ein Bett verwandelt und versprochen, am nächsten Morgen einige Veränderungen in Harrys Zimmer vorzunehmen.
Harry hatte sich weder bei Ron noch bei Hermine nach Ginny erkundigt und es hatte auch keiner von ihnen das Thema angeschnitten. Er war sich nicht sicher, ob das gut war oder nicht. Er wusste, dass er sie einfach loslassen sollte, doch niemals hätte er erwartet, dass es so schwer sein würde. Er tat das Richtige ... oder nicht? Er wollte sie um keinen Preis in Gefahr bringen. Wenn ihr seinetwillen irgendetwas passierte ... Harry glaubte nicht, dass er es überleben könnte.
Als er die vergangenen Wochen mit ihr zusammen gewesen war, hatte er sich für einen winzigen strahlenden Augenblick in seinem Leben wie ein normaler Junge gefühlt. Nichts anderes war von Bedeutung gewesen. Weder Voldemort noch Horkruxe noch die Prophezeiung. Er war einfach nur Harry Potter gewesen, ein sechzehnjähriger Zauberer, der sich in eine wunderschöne, rothaarige Hexe verliebt hatte.
Sich verliebt hatte?
Moment mal... Wo ist dieser Gedanke hergekommen? Harry wusste nicht, ob er Ginny liebte oder nicht – er hatte vorher nicht einmal darüber nachgedacht. Wie sollte er wissen, was Liebe war? Alles, was ihm bewusst war, war das Gefühl, das sie in ihm auslöste – er fühlte sich so lebendig. Sie gab ihm ein Gefühl der Allmächtigkeit.
Mit Ginny zusammen zu sein, ließ ihn mehr vom Leben wollen.
Harry wusste, was die Prophezeiung besagte. Und etwas in seinem Inneren hatte schon immer befürchtet, dass er sterben würde. Er hoffte nur, dass er Voldemort mit in den Tod reißen würde. Doch sie ließ ihn mehr wollen. Sie hatte ihm die Möglichkeit aufgezeigt, wie das Leben sein konnte, und, verdammt, er wollte mehr.
Harry stöhnte und schlug mit der Faust auf das Kopfkissen.
»Harry.«, ertönte Rons schläfrige Stimme.
Harry erstarrte. Er hatte vergessen, dass Ron da war.
»Ja?«
»Alles in Ordnung?«
»Ja.«
Ron schwieg einen Moment lang und Harry glaubte schon, dass er wieder eingeschlafen war, bis Ron wieder anfing zu sprechen. »Ginny schien nicht sehr erfreut, dass ich hierher zu dir komme.«, sagte er in einem Tonfall, der zu beiläufig klang, um natürlich zu wirken.
Harry kam es vor, als ob jegliche Luft aus seinen Lungen gepresst worden war. »Oh.«, antwortete er mit gebrochener Stimme.
Ron verfiel erneut in Schweigen, als ob er auf eine weitere Erwiderung Harrys wartete. Als Harry nicht antwortete, fuhr er fort: »Du hast mit ihr Schluss gemacht, oder?«
Harry zog einen tiefen, zittrigen Atem ein. »Ja.«, bestätigte er und machte sich darauf gefasst, dass Ron sich auf ihn stürzen würde.
Ron seufzte schwer. »Ich denke, du hast die richtige Entscheidung getroffen.«, sagte er. »Es würde zu gefährlich für sie sein, mit uns mitzukommen. Du wirst aber ganz schön viel gutzumachen haben, wenn es vorbei ist.«
Zu sagen, dass Harry überrascht war, wäre eine gewaltige Untertreibung. Er härtete sich für seine nächste Erwiderung. »Ich habe sie nicht gebeten, auf mich zu warten, Ron. Wir wissen nicht, wie lange es dauern wird oder ob ich überhaupt noch da bin, wenn es zu Ende ist.«
»Sag das nicht, Harry.«, sagte Ron heftig. »Natürlich wirst du da sein. Und sie wird warten.«
Ron schwieg wieder und diesmal war es Harry, der auf eine weitere Antwort wartete. Schließlich verstand er, dass Ron nicht vorhatte, etwas Weiteres hinzuzufügen und konnte seine Neugier nicht mehr zurückhalten. Er wünschte, dass er die Hoffnung kontrollieren könnte, die in seinem Herzen aufflammte, doch er schaffte es nicht. Er wusste nicht einmal, wie er es versuchen sollte.
»Woher weißt du das?«, fragte er vorsichtig.
»Sie hat mir aufgetragen, auf dich aufzupassen.«, sagte Ron. »Als ob ich das sonst nicht tun würde.«, fügte er schnaubend hinzu.
Harry fuhr sich hastig mit seinem Handrücken über die Augen. Sie sorgte sich doch um ihn.
»Danke, Ron.«, sagte er, sich dafür verfluchtend, wie grob seine Stimme klang. Er rollte sich auf die Seite und lauschte den Geräuschen von den vor den Fenstern umher fliegenden Insekten, während seine Gedanken sich angenehmen Erinnerungen von der allzu kurzen Zeit, die er mit Ginny verbracht hatte, hingaben.
Rons Stimme brach erneut das Schweigen des Raumes.
»Natürlich, wenn das alles vorbei ist, werde ich dir die Seele aus dem Leib prügeln, wenn du ihr jemals wieder das Herz brichst.«
Harry grinste in sein Kissen hinein. »Du könntest es ja mal versuchen.«
»Glaub nicht, dass ich es nicht tun werde.«
»Nacht, Ron.«
»Nacht, Harry.«