8
Am Samstag morgen kletterte Kerr um sieben Uhr dreiunddreißig aus dem Bett. Er gähnte, starrte in dem kleinen, länglichen Zimmer herum und wurde sich plötzlich bewußt, wie trist seine Bude war. Die Vorhänge waren lieblos gemustert und kaum groß genug, die Farbe an den Wänden blätterte ab, der kleine Teppich franste aus, das Eisenbett quietschte, und der Schrank hatte eine nicht schließende Tür. Er mußte an Wellands Haus denken, ein Diensthaus, in dem man ihn eines Abends stolz herumgeführt hatte. Welland und seine Frau hatten keinen überflüssigen Penny, aber ihr Haus war warm und freundlich. Sollte eine Heirat vielleicht doch besser sein?
Er ging über den Flur zum Badezimmer, wo er sich duschte. Nachdem er sich angezogen hatte, ging er hinunter in die Kantine, und auf dem Wege dorthin nahm er einen Brief aus seinem Privatfach mit, der dort hingelegt worden war.
Die Frau hinter der langen Essentheke hatte wieder schlechte Laune. Sie schlug das Ei so hart auf den Teller, daß der Eidotter auseinanderlief, und sie gab ihm ein kleines vertrocknetes Stück Schinken, und als er nach einem zweiten fragte, sagte sie ihm, daß er hier nicht im Riz wäre, und nachdem sie ihm auch noch gesagt hatte, daß es keine Bohnen gäbe, schob sie ihm eine Tasse Kaffee hin, die schon vor einiger Zeit gefüllt worden und fast kalt war. Er trug sein Tablett zu einem der Ecktische und setzte sich P. C. Rice gegenüber.
»Alte Hexe«, sagte er.
»Wer?« fragte Rice.
»Die hinter der Theke.«
»Du kennst doch unsere Maggie – wenn nicht die halbe Welt von irgendwas dahingerafft wird, ist sie unglücklich.«
Er erinnerte sich an den Brief, als er den kalten Kaffee trank. Der Umschlag war mit der Maschine geschrieben, was ihn glauben ließ, daß es sich um eine Rechnung handelte, die die miese Laune dieses Morgens vervollkommnen würde, aber als er den Brief öffnete, stellte er fest, daß er von Helen war. Die Arbeit war interessant, aber sie mochte London nicht sehr, und sie freute sich schon darauf, nach Hause zurückzukommen. Die beiden Mädchen, die mit ihr im Büro waren, waren sehr lustig, eins von ihnen hatte ständig Liebeskummer, aber immer mit einem anderen Mann …
Er zündete sich eine Zigarette an. Der Brief war fröhlich und vergnüglich, aber er endete nicht damit, daß sie sich nach ihm verzehre und sie ihn immer wieder leidenschaftlich im Traum umarme. Er hatte auch nicht wirklich erwartet, daß ein Brief von ihr so aufhören würde. Dafür war sie viel zu ruhig und zurückhaltend von Natur aus. Er glaubte, daß hinter ihrer Zurückhaltung Funken der Leidenschaft glühten, aber sie war zu vorsichtig, um ihm die Chance zu geben, sie zu Flammen aufzublasen. Wie dem auch sei, sie war zweifellos eine gute Köchin, und wenn sie hier für das Frühstück zu sorgen hätte, dann wäre das Ei nicht zu hart gebacken gewesen, der Schinken wäre nicht verbrutzelt, und es wären auch noch Bohnen da, der Toast wäre nicht so steinhart und der Kaffee nicht kalt.
»Wovon träumst du?« fragte Rice.
»Von einem gescheiten Frühstück.«
Ein paar Minuten später fuhr er mit dem Bus zum Polizeirevier und ging sofort zum Mannschaftsraum. Rowan war bereits da und sagte in einer seltsam fröhlichen Weise ›Guten Morgen‹. Vielleicht hatte seine Frau zwei Nächte hintereinander zu Hause verbracht, dachte Kerr.
»Was ist eigentlich in den Alten gefahren, daß er sich so um die ertrunkenen Seeleute kümmert?« fragte Rowan.
»Weiß ich nicht, vielleicht glaubt er, daß was dahintersteckt.«
»Das muß er wohl schon, wenn er dafür so viele andere Fälle liegenläßt.« Rowan kam herüber und setzte sich auf den Rand von Kerrs Schreibtisch. »Er hat mich von der Fahrerflucht abgezogen, damit ich was über Feltham und Botnam herauskriege.«
»Was will er denn wissen?«
»Welche Häfen sie auf der letzten Fahrt angelaufen sind und wieviel Geld sie ausbezahlt bekommen haben. Du hast doch schon mit dem Job zu tun gehabt, worum geht es da eigentlich?«
»Das kann man noch nicht sagen, im Augenblick sieht es so aus, als ob eine Frau dahintersteckt.«
»Dann bearbeitet ja der richtige Mann den Fall.«
»Ich kann nichts dafür, wenn mir die Frauen nachlaufen.«
»Nachlaufen?«
»Okay, dann hör’ mal zu. Ich mußte zu einer dieser phantastischen Wohnungen auf den Heights, und eine Frau, die wie die schöne Helena aussah, öffnete mir die Tür und blinzelte mir verführerisch zu, bevor ich ›hallo‹ sagen konnte.«
»Du bist ein Lügner«, sagte Rowan.
Welland kam gerade rechtzeitig herein, um Rowans Anschuldigung zu hören. Er grinste. »Was erzählt er schon wieder?«
»Er sagt, daß er auf den Heights war, wo ihm eine herrliche Puppe die Tür aufgemacht hat, ihn angesehen hat und schon so gut wie weg war.«
»Lacht ihr nur!« schnarrte Kerr. »Aber hier gebe ich euch was zu beißen. Der Alte hat mir den Auftrag gegeben, zurückzugehen und mit der Frau auszugehen, alles auf Spesen. Während ihr euch hier zu Tode schwitzt, werde ich mich mit ihr zum Strand begeben und versuchen, ihren amourösen Annäherungsversuchen zu widerstehen.«
Welland brüllte vor Lachen, aber Rowan stand plötzlich auf und ging mit einem verbissenen Gesichtsausdruck weg, als ob das Bild, das Kerr gezeichnet hätte, weh täte.
Kerr ging durch das Zimmer von Detective Sergeant Braddon, um eine Anweisung über fünf Pfund Spesen zu bekommen. Mit der Anweisung ging er zur Kasse, wo eine ältere, essigsaure Jungfer saß, die über jeden Betrag nörgelte, den sie auszuzahlen hatte.
Daß der Hillman auf dem Hof stand, nahm er als gutes Omen. Auf den Heights parkte er neben dem rasantesten Auto, das er je gesehen hatte. Es war ein Lamborghini. Der Mann, dem dieser Schlitten gehörte, konnte wirklich die Nase hochtragen und auf den Plebs herunterspucken. Wenn er jemals im Toto gewann, würde er zwei Lamborghinis haben, einen für sonntags.
Jane Waynet öffnete die Tür. Als sie ihn sah, lächelte sie. »Guten Morgen.«
Sie konnte tatsächlich einen Mann von einem Mitternachtsball in Wien, Reifröcken und mondbeschienenen Terrassen träumen lassen, dachte er.
»Auch Ihnen einen ›Guten Morgen‹. Ist Miss Preston zurückgekommen?«
»Sie mußte heute morgen sehr früh weggehen, und ich weiß leider nicht, wann sie zurück sein wird.« Wie unbeabsichtigt ließ sie die Tür ganz aufschwingen.
Er wußte, daß es keine Einladung war, einzutreten, aber nur ein törichter Mann hätte diese Gelegenheit nicht wahrgenommen. Er ging hinein. »Sie haben wirklich keine Ahnung, wann sie wiederkommen wird?«
Sie hob die Hände. »Leider nicht, es tut mir leid.«
»Es ist sehr wichtig, daß ich sie sehe, Miss …?«
»Jane Waynet. Und ich glaube gern, daß es wichtig ist, Mr. Kerr.«
Sie erinnerte sich sogar noch an seinen Namen! Aus so kleinen Nichtigkeiten wurden große Romanzen. »Glauben Sie, daß ich hier auf sie warten könnte?«
»Nun, eigentlich nicht.«
»Ich verspreche auch, mich ruhig zu verhalten.«
Sie lächelte, und auf ihren Wangen formten sich Grübchen. »Aber das kann lange dauern.«
»Darauf hoffe ich ja.« Der Wirt vom Mariner hatte ja so recht gehabt, dachte er. Als er sie betrachtete, wie sie so gerührt und naiv und schön vor ihm stand, da tat ihm fast der Gedanke weh, diese vollkommene Anmut wieder verlassen zu müssen. In ihren Augen lag ein Ausdruck, und ihre Lippen hatten so eine Tiefe, daß man sofort wußte, daß Leidenschaft ihr Leben war. »Ich muß auch gehen, weil ich in der Stadt noch einzukaufen habe«, sagte sie.
»Wenn ich schon nicht bleiben kann, dann darf ich Sie aber doch mit in die Stadt nehmen, ja?«
Sie zögerte.
»Ich habe keinen Rolls, aber der Schlitten fährt. Manchmal wenigstens.«
Sie lächelte. »Nun, es ist schon eine ziemlich lange Fahrt, wenn man kein Auto hat.«
»Erlauben Sie mir, Sie auf meinen vier Rädern zu begleiten.«
»Das ist schrecklich nett von Ihnen.«
»Ich wurde schon nett geboren und bin seither für meine Menschenfreundlichkeit bekannt.«
»Sie sehen gar nicht wie ein Menschenfreund aus.«
»Aussehen kann täuschen.«
»Nicht so sehr, hoffe ich.«
Er übersetzte das, was sie gesagt hatte, so: Er war groß, gut aussehend und aufregend.
»Ich muß mich nur noch eben umziehen. Kommen Sie doch herein und warten Sie im Wohnzimmer.«
Das Wohnzimmer war eines der luxuriösesten, das er je gesehen hatte, und die Aussicht allein war schon eine Menge wert. Sie hatten Geld wie Heu, dachte er. Wo kam das her? Von der blonden Gertie? Warum hatte Jane Waynet etwas mit dieser alten Schachtel zu tun?
Sie verließ ihn. Er ging zu einem kleinen Basttisch, auf dem eine Reihe Frauenzeitschriften lag. Er blätterte sie durch, fand aber keine Pin-ups, sondern nur Miederanzeigen. Er dürstete nach einer Zigarette und suchte in seinen Taschen, stellte aber fest, daß er keine hatte. Auf einem anderen Tisch sah er eine silberne Zigarettendose liegen, und er ging hinüber und öffnete sie. Sie war mit langen Filterzigaretten gefüllt, und er war sicher, daß sie nichts dagegen hatte, daß er eine nahm. Als er eine Zigarette herausholte, sah er die goldenen Initialen. R.F. Vermutlich stand R.F. für Ray Fraser.
Er zündete sich die Zigarette an und nahm nach kurzem Zögern noch ein paar aus der Dose und steckte sie in seine Tasche. Seltsamerweise kam es ihm so vor, als hätte er etwas sehr Unerhörtes getan.
Die Tür öffnete sich, und er drehte sich um, ein Begrüßungslächeln auf dem Gesicht – was aber schnell wieder verschwand, als er sah, daß eine grobknochige, hartgesichtige massive Blondine in der Tür stand. Sie betrachteten sich gegenseitig.
»Was wollen Sie?« fragte sie rauh.
»Wenn Sie Miss Preston sind, will ich mit Ihnen reden.«
»Sie wissen doch, wer ich bin. Und Sie sind ein Bulle.«
»Stimmt.«
»Dann verduften Sie.«
»Erinnern Sie sich an einen Seemann namens Feltham?«
»Nein.«
»Und Sie sind nicht mit ihm in einer Kneipe am Dock gewesen, die Cockpit heißt?«
»Ich war schon seit Jahren nicht mehr in einer Kneipe an den Docks.«
»Sind Sie sicher?«
»Ja.«
»Wann haben Sie denn Ihr Revier gewechselt?«
Sie deckte ihn mit einem Hagel von Flüchen ein und ging wieder, und die Tür krachte hinter ihr zu.
Er schnippte die Asche von seiner Zigarette in einen Aschenbecher. Wenn man eine solche Schachtel bei hellem Tageslicht sah, dann fragte man sich, wie irgendein Mann so verzweifelt sein konnte, mit so einer was zu wollen. Die Statistik bewies, daß ein Teil der Männer, die zu solchen Schachteln gingen, verheiratet waren: Das mußte doch irgendwas beweisen.
Jane kam zurück, und der Kontrast zwischen ihr und der blonden Gertie war der Kontrast zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Er fragte sich, welch seltsames Band der Freundschaft Jane blind gemacht hatte. Sie mußte blind sein, sonst hätte sie mit Gertie nicht leben können.
Sie fuhren mit dem Lift hinab und gingen hinaus, kamen an einem Triumph 2000 vorbei, einem Cadillac, einem Mercedes Benz, einem Rover 2000, einem Jensen, und dem Lamborghini, bevor sie zu dem verrosteten, verbeulten Hillman kamen.
»In einem concours d’élégance hätte er keine Chance, zu gewinnen«, sagte er, als er die Tür zum Beifahrersitz öffnete, »aber er ist besser als gar keiner.«
»Man hat mir einmal gesagt, daß ich ja zu Fuß gehen kann, wenn mir das Transportmittel nicht gefällt.«
Er ging um den Kühler herum, setzte sich hinters Steuer und startete. Als sie ins Zentrum von Fortrow kamen, wurde die Hitze, die zwischen den Gebäuden hing, größer, und obwohl die Scheiben heruntergedreht waren, schwitzte er unaufhörlich.
Vor einer Ampel blieb er stehen. »Sie können das Einkaufen nicht ein bißchen verschieben, was?« fragte er.
»Warum?«
»Es würde doch Spaß machen, ein bißchen zum Strand zu gehen, um sich abzukühlen.«
»Das wäre wirklich fein … aber heute ist Samstag, und am Strand wird es unheimlich voll sein.«
»Nicht da, wohin wir gehen könnten. Dieses Stück gehört zum Einzugsbereich der Armee, aber manchmal geht die Armee an den Wochenenden nicht hin – und nur die Leute von hier kennen diese Stelle, so daß sie fast immer leer ist.« Falls die Armee an diesem Samstag doch da sein sollte, würde er den erstbesten General anrufen und sofortige Manöver in Wales befehlen. Er brauchte ein Stück Strand für sie beide ganz allein. Es gab nichts Besseres als einen verlassenen Strand an einem heißen sonnigen Tag, um eine Freundschaft zu beschleunigen.
Die Ampel wurde grün. Sie fuhren in die High Street und dann die neue Dock-Straße entlang. Als er am letzten Dock vorbeikam, erinnerte er sich plötzlich, daß diese Fahrt nicht ausschließlich Vergnügen sein sollte. Er sagte ihr, er müßte schnell einmal telefonieren und stoppte an der nächsten Telefonzelle.
Er mußte lange warten, bevor er zu Fusil durchgestellt wurde. Die Begrüßung des D. I. war typisch. »Wo haben Sie nur schon wieder gesteckt? Ich warte seit zwei Stunden auf Ihren Bericht.«
»So eine Sache kann man nicht überstürzen, Sir.«
»Kommen Sir mir nicht damit.«
»Aber sie ist nicht so ein Mädchen …«
»Wo sind Sie?«
»Auf dem Weg zum Strand, Sir.«
»Was, zum Teufel, soll das heißen?«
»Strand, Sir, hinten an der See …«
»Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen?«
Kurzes, anstrengendes Schweigen.
»Ich habe Ihnen nicht erlaubt, heute Urlaub zu machen«, bellte Fusil.
»Ich habe gedacht, daß der Strand sich am besten dafür eignet, Sir, ein Foto zu machen, ohne groß aufzufallen.«
»Und zu welchem Strand fahren Sie?«
»Zum Armee-Strand.«
»Um Himmels willen, Mann, warum fahren Sie nicht gleich nach Cornwall? Da könnten Sie wenigstens noch Wellenreiten.«
Im Hörer machte es tüt-tüt. Kerr legte auf und ging zum Auto zurück.
Der Armee-Strand zog sich drei Meilen von der Mündung des Flusses hin. Alle Versuche der lokalen Behörden, diesen Strand wieder für die Öffentlichkeit freizugeben, waren gescheitert.
Sie fuhren über eine sehr schlechte Straße direkt bis zum Strand. Nur vier Leute waren in der näheren Umgebung zu sehen, und das nächste Paar war weit über zweihundert Meter entfernt.
»Das ist ja phantastisch«, sagte sie, als sie auf einer kleinen Sanddüne stand und aufs Meer hinausblickte. Der Wind fing sich in ihrem Kleid und drückte es gegen ihren Körper. »Ich wünschte, wir hätten unsere Badesachen mitgebracht.« Sie lachte. »Wenn wir genau wüßten, allein hier zu sein, dann könnte ich in BH und Höschen herumlaufen, aber sie sind ein wenig zu durchsichtig, um in aller Öffentlichkeit gezeigt zu werden.«
Sie gingen zusammen über den warmen Sand und setzten sich unten an den Strand, wo die Wellen kurz vor ihnen ausliefen. Sie zog ihren Rock hoch, um ihre Beine der Sonne auszusetzen. Himmel, dachte er, man brauchte gar keine Palmen und keinen tropischen Mond. Es war sagenhaft, so eine Unschuld zu treffen, die nicht wußte, was sie bei einem Mann auslöste, wenn sie ihren Rock hochzog. Der Wind verfing sich in ihrem Kleid und lupfte es ein wenig höher, er zündete sich schnell eine Zigarette an.
»Ich bin wirklich froh, daß Sie zu Gertrud gekommen sind«, sagte sie. »Stellen Sie sich nur einmal vor, wenn Sie nicht gekommen wären, dann wäre ich jetzt in der Stadt und müßte einkaufen, in dieser schrecklichen Hitze.«
Und jetzt waren sie am Strand und nicht in der Stadt, und er spürte diese Hitze, aber schrecklich war sie nicht.
»Kennen Sie Gertrud sehr gut?« fragte sie.
»Ich habe sie noch nie gesehen.«
»Nein? Und ich dachte … ich nehme an, ich sollte nicht so neugierig sein.«
»Ich bin Kriminalbeamter und möchte nur ein paar Worte mit ihr wechseln.«
»Ach, wie aufregend!« Sie blickte ihn mit großen Augen an.
»Sie müssen ja ein phantastisches Leben führen.«
Der Wind spielte einen Augenblick lang mit ihrem Kleid. Sein Leben war im Augenblick aufregend, dachte er. Er hätte weiß Gott was für einen Hurrikan gegeben!
»Hat Gertrud was angestellt?«
»Nein, damit hat es nichts zu tun. Es ist eine reine Routinesache.«
»Was für eine Routinesache? Das müssen Sie mir sagen, es ist so aufregend, einen richtigen Kriminalbeamten kennenzulernen.«
Als sie ihn anblickte, ihre blauen Augen wie Vorboten unschuldiger Begierde, sah er sich in eine Schießerei gegen eine zwölfköpfige Bande verstrickt, und gerade legte er den letzten um und empfing ihren leidenschaftlichen Dank, daß er sie gerettet hatte.
»Sind Sie an einem ernsten Fall dran?«
»Das kann man im Augenblick noch nicht sagen.«
»Ich glaube, Sie sind zu bescheiden. Wahrscheinlich ist er ungeheuer gefährlich.« Sie lehnte sich zu ihm herüber. »Kommen Sie schon, gestehen Sie.«
Wenn sie noch etwas näher kommt, dachte er, dann werden wir beide eine Menge zu gestehen haben. »Wir wollen nur herausfinden, ob sie zu einer bestimmten Zeit mit einem bestimmten Mann zusammen war.«
Sie legte sich auf den Sand. Der leichte Wind tänzelte auf ihrem Körper rauf und runter. Er fragte sich, ob ihre Freundschaft schon soweit fortgeschritten war, daß er etwas unternehmen konnte. Dann erinnerte er sich daran, daß er ja im Dienst war. »Sind Sie schon lange in Fortrow?« fragte er.
»Noch nicht sehr lange.« Sie schloß die Augen.
»Es ist schon ein bißchen komisch, wissen Sie.«
»Was ist komisch?«
»Das Sie bei ihr sind.«
»Warum?«
»Nun, sie ist so … so anders als Sie. Völlig anders.«
»Aber wir sind doch alle anders.«
»Vielleicht. Sie teilen sich die Wohnung, nicht wahr?«
»Ja.«
»Eine herrliche Wohnung. Muß ’ne Stange Geld kosten, was?«
»Es ist viel zu heiß zum Reden. Kommen Sie, legen Sie sich hin.« Sie wies auf den Sand neben sich. Und zwar ganz dicht neben sich. Er legte sich hin, wo sie angegeben hatte. Wer war er schon, daß er das ablehnen sollte, was die Götter ihm anboten?