15
Nachdem Detective Constable Walsh aus Bleathers Zimmer und Sergeant Braddon aus Moxons Büro gekommen waren und Fusil berichtete, daß Bleathers Fingerabdrücke nicht festzustellen waren, setzte der D. I. seine Hoffnung auf die wenigen Habseligkeiten, die die Polizei in Gewahrsam genommen hatte, weil Mrs. Sparrow sie aus ihrem Haus hatte haben wollen. Fusil ließ sie ins Labor nach Barstone transportieren.
Sie wurden auf Fingerabdrücke untersucht. Obwohl Bleather sicherlich nicht damit gerechnet hatte, daß seine Besitztümer jemals untersucht werden würden, hatte er doch jeden einzelnen Gegenstand fein säuberlich abgewischt. Jedenfalls fand man keinen einzigen Fingerabdruck.
Die Kleider waren alle in Fortrow gekauft, und zwar in den billigen Läden. In einer Klarsichthülle lagen Gebißreiniger, Waschlappen, Seife und ein ausgefranster Schwamm. Die sechsundzwanzig Bücher huldigten der leichten Unterhaltung und waren bis auf eine Ausnahme Taschenbücher. Sie enthüllten nichts über Bleather. Bis auf seinen schlechten Geschmack, was die Literatur anbetraf.
Der Dienstag brachte einen weiteren plötzlichen Wetterwechsel. Die grauen Wolken und der Regen waren verschwunden. Kumuluswolken trieben am Himmel vor einem starken Südwestwind her, und der Sonnenschein verbreitete einen Hauch von Freundlichkeit.
Fusil fuhr um acht Uhr dreißig von zu Hause ab, sah auf dem Revier die Post durch und die Liste der in der Nacht gemeldeten Verbrechen, redete kurz mit Superintendent Passmore und kehrte dann zu seinem Wagen zurück, um zur Moxon Security Company zu fahren. Ein Detective Sergeant vom Bezirks-H.-Q. hätte ihn dort treffen sollen, war aber nicht da. Fusil ging zum Manager.
Weaver hatte eine Menge um die Ohren. »Ich habe große Schwierigkeiten mit dem Hauptbüro in London. Ich habe die Liste vom vergangenen Freitag nicht mit ihnen abgestimmt, und der Boß hat mich eben angerufen. Er war ungehalten. Ich habe versucht, ihm zu erklären, daß hier alles ein bißchen drunter und drüber gegangen ist, aber er hörte einfach nicht zu. Ich kann wirklich nichts dazu, wirklich nicht.«
Fusil sah in das aufgeschwemmte Gesicht seines Gegenübers. Ein wenig zornig, weil er Schwäche nicht ausstehen konnte, dachte er, daß Weaver zu den Männern gehörte, die sich gegen ihre Vorgesetzten nicht durchsetzen können. »Ich werde Ihren Boß mal anrufen, wenn Sie möchten, dann kann ich ihm ja alles erklären.«
»Würden Sie das tun? Wirklich?« Weaver war überschwenglich dankbar. »Sagen Sie ihm, daß es nicht mein Fehler ist, daß es bei uns drunter und drüber geht.« Er setzte sich langsam hinter seinen papierübersäten Schreibtisch. »Was ist geschehen, Inspektor Fusil? Ich verstehe nicht, warum Sie nochmal gekommen sind.«
»Es handelt sich um ein paar Routinefragen«, erwiderte Fusil. Da ihm kein Platz angeboten wurde, setzte er sich.
»Aber einer Ihrer Männer hat mich nach einem Foto von George Bleather gefragt.«
»Ja, das ist richtig.«
»Unsere Firma verlangt von den Bewerbern keine Fotos. Warum sollte sie auch?«
»Das spielt keine Rolle. Ich wollte nur sichergehen, ob Sie wirklich keine Möglichkeit sehen, ein Foto von George Bleather aufzutreiben.«
»Nein, wirklich nicht.«
Weaver nahm seine Brille ab und polierte sie mit einem Taschentuch, das an einer Stelle ausgefranst war. »Wir haben von jedem Mann eine Akte, aber mit Fotos geben wir uns nicht ab.«
»Ist es möglich, daß in Ihrer Akte über Bleather noch etwas steht, was meine Beamten noch nicht wissen?«
»Das ist völlig unmöglich. Bitte, können Sie mir nicht sagen, um was es eigentlich geht?«
Fusil dachte: Er sieht so aus wie ein ängstliches Hündchen. Er weiß nicht, ob ich ihn jetzt streichle oder trete. »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Wir versuchen nur herauszufinden, wer Bleather wirklich war.«
»Wer er wirklich war?«
»Ja.«
»Aber … war er nicht George Bleather?«
»Nein.«
»O mein Gott!« Weaver setzte die Brille wieder auf. »Ich habe seine Referenzen nicht nachgeprüft. Das können Sie mir nicht anhängen. Ich muß dem Boß sagen …«
»Ich möchte im Augenblick nicht, daß Sie irgendeinem irgend etwas sagen. Die ganze Angelegenheit ist streng vertraulich.«
»Aber wenn das Hauptbüro in London erfährt …«
»Dann soll das Hauptbüro mit mir sprechen. Können Sie mir vielleicht noch einmal sagen, wie eine Referenz bei Ihnen überprüft wird?«
»Jemand vom Hauptbüro oder ein Filialleiter besucht den Mann, der die Referenz geschrieben hat, und fragt ihn, ob sie tatsächlich von ihm stammt. Es würde Sie überraschen, wie viele Zeugnisse, Berichte, Referenzen gefälscht sind. In diesem Gespräch versucht man auch herauszufinden, ob die Referenz ernst zu nehmen ist. Manchmal schreiben Arbeitgeber deshalb gute Referenzen, weil sie den Mann los sein wollen.«
»In dem Fall von Bleather muß also ein Mann von Ihnen bei der Polizei in Rickstone nachgefragt haben?«
»Ja, denn bevor Bleather zu uns kam, war er Polizist in Rickstone.«
»Ist denn anzunehmen, daß der Mann, der sich Gewißheit über die Referenz beschafft hat, auch Bleather gekannt hat?«
»Sehr wahrscheinlich nicht. Rickstone liegt im Norden, deshalb hat wahrscheinlich ein Leiter einer nördlichen Filiale die Bestätigung der Referenz eingeholt. Seinen Bericht wird er dann schriftlich hereingegeben haben.«
Es klopfte an die Tür, und der Detective Sergeant vom Hauptquartier kam herein. »Entschuldigen Sie, daß ich mich verspätet habe, Sir«, sagte er zu Fusil. »Es war viel Verkehr.«
Fusil blickte auf die Uhr. Soviel Verkehr konnte es auch nicht gewesen sein.
Der Detective Sergeant trug einen Koffer, in dem das Identi-Kit verstaut war. Nachdem Fusil erklärte, auf was es ihm ankam, versuchte Weaver, seinen früheren Angestellten Bleather zu beschreiben. Nach diesen Beschreibungen suchte der Detective Sergeant die wesentlichen Merkmale der Gesichtszüge aus den vorgegebenen Einzelstücken.
Das Gesicht nahm Form an, aber als Fusil es Weaver zeigte, schüttelte er den Kopf. Geduldig tauschte der Detektiv Einzelteile aus, ersetzte sie durch andere. Er probierte ein anderes Kinn, verlängerte die Gesichtsfalten und probierte es mit einem anderen Schnurrbart. Wieder schüttelte Weaver den Kopf.
»Er war mehr … mehr …« Weaver ruckte an seiner Brille. »Er sah lebendiger aus.«
Fusil fluchte.
Der Detektiv begann von vorne. Er änderte die Stirnfalten, gab dem Haar einen anderen Schwung und setzte dem Bild eine markantere Nase auf.
Schließlich sagte Weaver: »Ja, das ist er eher. Ja, das ist er.«
»Das?« fragte Fish, als er einen Blick auf das Identi-Kit-Bild geworfen hatte, das Fusil ihm in seinem Büro vorgelegt hatte, das direkt hinter Weavers Büro lag. »Das soll George sein? Nein, Sir.«
Das kann ja heiter werden, dachte Fusil.
»Der Alte oben meinte, so hätte Bleather ausgesehen«, sagte der Detective Sergeant.
Wegwerfend sagte Fish: »Das sieht ihm ähnlich.«
»Und Sie meinen, er hat anders ausgesehen?« vergewisserte sich Fusil.
»Ja, Sir. George hatte ein viel runderes Gesicht. Sein Schnurrbart stand an beiden Seiten hoch, und er sah nicht so weich aus wie auf diesem Bild … Er war ein Mann, der sich nichts gefallen ließ.«
Der Detective Sergeant änderte die entsprechenden Gesichtspartien und warf zwischendurch immer wieder einen Blick auf Fish. »Was halten Sie davon?«
Fish legte den Kopf ein wenig zur Seite und betrachtete das Bild. »Schon besser. Aber versuchen Sie es mal mit einer breiteren Nase.«
Der Detective Sergeant nahm eine breitere Nase aus einem Vorrat.
»Das ist gut. Und vergessen Sie nicht, daß er sehr blasse blaue Augen hatte. Die sind mir sofort aufgefallen. Blaßblaue Augen habe ich noch nie gemocht.«
»Dieser Kerl soll wie George aussehen?« lästerte Young.
»Fish sagt das jedenfalls«, sagte Fusil. Er stand in der Mitte von Youngs Wohnzimmer.
»Dann ist dieser alte Narr noch schwachsinniger, als ich schon immer vermutet habe.«
Der Detective Sergeant erwies sich als ein Mann mit außergewöhnlicher Geduld. Selbst am Abend dieses Tages behielt er seine gute Laune. »Wo, glauben Sie denn, paßt es nicht?«
Young stemmte die Arme in die Hüften und starrte wegwerfend auf das Bild. »Ich glaube, es wäre einfacher, wenn ich Ihnen sagte, wo es richtig ist. Sein Gesicht war nicht so rund, der Schnurrbart war nach unten gezwirbelt, und die Nase war eckiger.«
Der Detective Sergeant tauschte die entsprechenden Karten aus und legte nach wenigen Minuten ein neues Bild vor.
»Das ist er«, sagte Young.
Die beiden Detektive verabschiedeten sich. Bevor Fusil in sein Auto stieg, sagte er: »Nehmen Sie alle drei Gesichter auf und vervielfältigen Sie sie.«
»Geht klar, Sir.«
»Es sieht ein bißchen hoffnungslos aus, nicht wahr?«
»Ja, es sieht so aus. Aber ich wette, daß der Alte am ehesten wußte, was er sagte.«
»Fish? Da könnten Sie recht haben. Machen Sie die Bilder so schnell wie möglich.«
Fusil stieg in seinen Wagen und fuhr zurück zur Station. Als er in seinem Büro war, rief er Braddon zu sich und sagte, daß er am späten Nachmittag nach Rickstone fahren würde.
»Und was ist, wenn Mr. Kywood Sie sprechen will, Sir?« fragte Braddon.
»Sagen Sie ihm, ich wäre verschwunden.«
»Mehr nicht?«
»Mehr nicht.«
Fusil hatte den Nachtzug genommen und fühlte sich so ungewaschen und unrasiert, wie er war. Er starrte in der Dämmerung aus dem Fenster auf die Gegend, die an ihm vorbeiflog. Es blieb nur diese eine Spur. Der Mann, der sich für Bleather ausgab, mußte den richtigen Bleather gekannt haben. Woher hätte er sonst wissen können, daß Bleathers Frau gestorben war, daß Bleather aus der Polizei ausgetreten und aus Rickstone weggezogen war?
Da der falsche Bleather ein Verbrecher war, lag es nahe, daß er den richtigen Bleather dienstlich kennengelernt hatte. Wenn man also alle Gesetzesbrecher überprüfte, mit denen die Polizei in Rickstone kurz vor Bleathers Abschied zu tun gehabt hatte, bestand die Möglichkeit, auf die Identität des sechsten Londoner Lohngeldräubers zu stoßen.
Bevor Fusil zum Revier in Rickstone ging, ließ er sich beim Bahnhofsfriseur rasieren. Im Waschraum machte er sich frisch. Als er sich beim Kämmen im Spiegel betrachtete, kam er sich schon wieder menschlicher vor.
Der Inspektor vom Dienst begrüßte Fusil im Mannschaftsraum.
»Guten Morgen. Wie war die Reise?«
»Lausig«, antwortete Fusil. »Ich mußte die ganze Nacht sitzen. Die Betten waren alle belegt.«
»Das sind sie meistens. Die Behörden haben viele dauergemietet für den Fall, daß einer der Beamten mal nach London muß. Die meiste Zeit bleiben die Betten leer, aber sie können nicht mehr vermietet werden.«
»Und die Öffentlichkeit kann sehen, wo sie bleibt, was?«
»Wie gewöhnlich«, sagte der Inspektor und hob die Achseln.
»Wollen wir in mein Büro gehen?«
Er ging voran, wies Fusil den Platz vor dem Schreibtisch an und setzte sich dann dahinter. Mitten auf der Schreibtischunterlage lag eine Akte. »Ich habe seit Ihrem Telefonanruf so viel zusammengestellt, wie möglich war«, sagte er. »Ein paar meiner Leute suchen immer noch die Karteien durch.«
»Vielen Dank.«
»George Bleather ist vor drei Jahren und fünf Monaten bei uns ausgeschieden, einen Monat vorher war seine Frau an Krebs gestorben. Er hatte einen guten Ruf und wäre bald befördert worden.«
»Hat man Referenzen über ihn angefordert?«
»Darauf wollte ich gerade zu sprechen kommen. Es waren zwei innerhalb eines Monats von zwei Firmen in zwei weit voneinander entfernten Gegenden.«
»Das ist ja wunderbar!« rief Fusil erregt aus.
»Glauben Sie nicht an die Möglichkeit, daß es bei dem einen Job nicht geklappt hat, und daß er es dann bei einem zweiten versucht hat?«
Fusil wischte den Einwand weg. Eine Referenznachfrage kam vom richtigen, die andere vom falschen Bleather. »Haben Sie schon die Fälle zusammenstellen können, die Bleather bei Ihnen bearbeitet hat?«
»Einiges haben wir schon, der Rest ist noch in Arbeit.«
»Fein, daß Sie sich all die Mühe machen.«
»Ja, es war ’ne Menge Arbeit.« Der Inspektor nahm zwei Blätter aus der Akte und reichte sie Fusil. »Das ist eine Liste der Fälle, an denen Bleather beteiligt war. Wir haben sie aus den Arbeitsbüchern herausgeschrieben, die wir fünf Jahre lang aufbewahren. Wir können also nur seine letzten zwei Jahre bei uns zurückverfolgen.«
»Ich glaube, daß der Verbrecher Bleather erst kurz vor seinem Abschied kennengelernt hat, denn er wußte ja, daß Bleathers Frau tot war.«
»Aber so was spricht sich herum.«
»Möglich. Aber ich wette, daß unser Mann in Bleathers letzten Monaten oder Wochen auftaucht.« Fusil überflog die Liste und strich im Geiste alle kleinen Verbrechen durch – der falsche Bleather gab sich nicht mit Kleinigkeiten ab.
Ein Polizist kam herein und reichte dem Inspektor weitere Blätter. Im Hinausgehen warf er Fusil einen unfreundlichen Blick zu – die Aufgabe war langweilig und zeitraubend gewesen.
Fusil ging die neuen Listen durch. Die Fälle waren chronologisch aufgeführt, und auf dem letzten Blatt standen die Namen, mit denen Bleather unmittelbar vor seinem Ausscheiden zu tun gehabt hatte.
Schwerer Diebstahl, Erregung öffentlichen Ärgernisses, Fahren ohne Führerschein, Trunkenheit, Kindesmißhandlung, Autodiebstahl, Diebstahl, Flucht aus dem Erziehungsheim, Einbruch, Diebstahl, Erregung öffentlichen Ärgernisses …
Als er die Liste gelesen hatte, blickte Fusil auf. »Wo werden die Fingerabdrücke dieses Reviers aufbewahrt?«
»Im Bezirkshauptquartier und in London.«
»Können Sie vielleicht veranlassen, daß man im Bezirks-H.-Q. ein paar Abdrücke heraussucht und daß man mich hinfährt?«
Der Inspektor machte ein skeptisches Gesicht, aber schließlich meinte er, das ließe sich machen.
Das Bezirkshauptquartier war zehn Stockwerke hoch. Der Erkennungsdienst lag im sechsten Stock. Als Fusil oben ankam, lagen acht Fingerabdruckserien auf einem langen Tisch ausgebreitet, jeweils daneben lagen die Fotos der Männer, deren schwere Verbrechen Bleather in seinen letzten Wochen in Rickstone aufzuklären geholfen hatte.
Zwei Männer konnten sofort zur Seite geschoben werden – sie saßen im Gefängnis. Zwei weitere waren leicht auszuscheiden, weil der eine zu alt und der andere zu groß war. Einer der vier, die übrigblieben, glich entfernt dem Bild, das der Identi-Kit auf Grund der Zeugenaussagen zusammengestellt hatte.
Fusil vergewisserte sich und nahm die drei Bilder der Gesichter heraus, die nach Weaver, Fish und Young zustande gekommen waren. Ja, Fishs Bild hatte Ähnlichkeit mit einem der vier übriggebliebenen Männer. Auch die blaßblauen Augen stimmten.
Der falsche Bleather war Alfred Rachan, 35 Jahre alt, 1,72 m groß, hatte ein rundes Gesicht, braunes Haar und sehr blaßblaue Augen.
»Die Fingerabdrücke nehme ich mit«, sagte Fusil.
Fish sah sich seine Lieblingsshow im Fernsehen an, als es klingelte. Er fluchte.
»Bleib sitzen«, sagte seine Frau. »Ich mach auf.«
»Sag ihnen, sie sollen wieder abziehen – besonders, wenn es die Thompsons sind.«
Fish hörte ein lauter werdendes Murmeln. Dann wurde die Haustür geschlossen. Wieder fluchte er. In dem Augenblick betraten Detective Inspector Fusil und Detective Constable Rowan das Wohnzimmer. Fish erhob sich.
Fusil reichte ihm die vier Fotos und fragte, ob er einen der Männer erkannte. Fish sah sie sich der Reihe nach an und sagte beim dritten, ohne zu zögern: »Das ist Bleather.« Er hatte zwar keinen Schnurrbart, und der Mund war auch irgendwie anders, aber es gab keinen Zweifel.
»Vielen Dank«, sagte Fusil, und seine Stimme klang triumphierend.
Das Foto von Alfred Rachan wurde in der Gazette veröffentlicht. Die Polizei von Fortrow wollte Auskünfte über seinen Aufenthaltsort erhalten, doch sollte Rachan nichts von dem polizeilichen Interesse an ihm merken.
Der Polizist Elwick schlenderte über die Hauptstraße von Sasshurst, einer Stadt in den Midlands nördlich von Birmingham. Er blieb stehen und bewunderte sein Aussehen im Schaufensterglas eines Möbelgeschäfts. Vor zwei Tagen hatte er seine Probezeit beendet, und jetzt war er ein richtiger Polizist, jetzt hatte er die erste Sprosse auf der Leiter genommen, die ihn bis zum Chief Constable bringen sollte.
Er ging weiter. Auf der anderen Straßenseite schickerten zwei herrlich anzusehende Bienen, und als eine zu ihm herüberblickte, kicherte sie. Er kam an einem Kino vorbei, in dem ein Film gespielt wurde, der wirklich heiß sein sollte. Den würde er sich später ansehen.
Der Sergeant kam ihm entgegen. Elwick streckte die Schultern. Der Sergeant war ein alter Trottel, aber er gab die Beurteilungen für die Sechs-Monatsberichte des Inspektors ab. Ob alles in Ordnung war, wollte der Sergeant wissen. Natürlich. Schließlich hatte P. C. Elwick Dienst.
Der Sergeant ging weiter, zurück zum Revier, während Elwick an der Ampel rechts hinunter marschierte. Er kam beim Waffenhändler vorbei, bei dem er sich die Flinten und 22er Gewehre ansah. Als Junge hatte er bei einigen Schießwettbewerben teilgenommen, und er hatte nie schlecht ausgesehen.
Er wandte sich ab und blickte einem Mann ins Gesicht, der gerade aus einem Doppeldeckerbus gestiegen war, dessen Foto er in der jüngsten Ausgabe der Gazette gesehen hatte.
Der Mann bemerkte Elwicks Gesichtsausdruck und begann zu rennen. Instinktiv griff Elwick nach ihm und bekam ihn an den Schultern zu packen. Der Fremde versuchte, gegen Elwicks Schienbein zu treten, aber Elwick versetzte ihm einen Schlag, den der Marquis of Queensberry nicht gutgeheißen hätte.
Das war Initiative und Intuition, lobte sich Elwick, als er den Mann wieder hochzerrte. Erst unterwegs zum Polizeirevier fiel ihm ein, daß man darum gebeten hatte, Alfred Rachan nicht merken zu lassen, daß die Polizei was von ihm wollte.
Fusil saß in seinem Büro und lauschte der Stimme im Telefon. »Was hat er?« Seine Stimme klang zäh vor Wut. »Kann dieser Anfänger denn nicht lesen? Ich hab doch extra darum gebeten, daß … Okay, jetzt ist es nun einmal passiert. Wo lebt Rachan? … Sie … was? Verdammt, Mann, er muß doch was bei sich gehabt haben! … Überhaupt keine Papiere? Kein Geld? … Fünfzehn Pfund … Aber es ist Ihnen doch klar, daß wir sofort wissen müssen, wo er wohnt? Es geht um neunzigtausend Pfund, und an die müssen wir herankommen, bevor sie verschwinden können.«
Als er aufgelegt hatte, ließ sich Fusil in seinen Sessel zurücksinken. Es war typisch für diesen Fall, daß er damit endete, wie ein Mann aus dem Bus stieg und festgenommen wurde. Jetzt lagen irgendwo neunzigtausend Pfund herum, und niemand wußte wo.
Rachan war verheiratet. Seine Frau war vorbestraft. Wahrscheinlich hatte er sie an den Wochenenden besucht, während er bei Mrs. Sparrow wohnte und vorgab, seine »Kusine« zu besuchen. Bei ihr mußten die neunzigtausend liegen, und wenn ihr Mann nicht bald zurückkam, würde sie hellwach werden, verschwinden und das Geld verstecken.
Er schlug mit der Faust auf den Tisch. Dieser verdammte Anfänger!
Er stopfte sich die Pfeife. Dienstlich gesehen, war der Fall jetzt wirklich zu Ende. Er hatte ihn bis zum letzten Detail aufgeklärt und sich als guter Detektiv bewiesen. Aber er hatte soviel Blut an dieser Sache geschwitzt, daß es eine himmelschreiende Ungerechtigkeit gewesen wäre, die Frau des Bosses mit den neunzigtausend entkommen zu lassen.
Fusil zündete sich die Pfeife an. Er mußte mit Fish oder Weaver, am liebsten mit Fish, nach Sasshurst fahren, um Rachan todsicher zu identifizieren. Ohne das Geld würde es auch noch schwierig werden, der Jury lupenrein zu beweisen, daß Rachan alias Bleather etwas mit dem Lohngeldraub und den Morden zu tun gehabt hatte.