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Fusil schickte Braddon nach Ribstowe, wo ein junges Mädchen verschwunden sein sollte. Die Mutter war sehr aufgeregt gewesen, denn das Mädchen war bereits seit fünf Stunden zusammen mit einem Jungen verschwunden. Fusil meinte, die beiden wollten wahrscheinlich etwas über die Bienen und die Blumen erfahren.

Es klopfte, und Rowan betrat sein Zimmer. Er ließ die Ohren hängen wie eine Trauerweide die Äste. Er schlich sich zu Fusils Schreibtisch und legte Miss Railtons Beschwerdezettel vom gelben Austin hin.

Der D. I. blickte kurz hoch, und er dachte, es wäre besser, daß Rowan endlich herausfände, ob seine Frau ihm nun Hörner aufsetzte oder nicht, damit er ein bißchen freundlicher aus der Wäsche guckte oder sich erhängte.

»Okay, ich geh also nach Ribstowe«, sagte Braddon.

Fusil zwang seine Gedanken auf diesen Fall. Es war zehn nach sieben, also noch zwei Stunden bis Sonnenuntergang. Das Mädchen hatte gesagt, daß sie mit ihrem Freund eine Tante besuchen ginge. Zufällig mußte die Mutter auch zur Tante, und dort stellte sich heraus, daß keine Tochter angekommen war. »Gehen Sie zu der Mutter und auch zu der Tante«, sagte er zu Braddon. »Vielleicht finden Sie auch heraus, wo der Junge wohnt. Wenn Sie die beiden in der nächsten Stunde nicht finden, organisieren Sie eine Suchmannschaft.«

Braddon ging.

Möge Gott geben, dachte Fusil, daß die Kinder sich tatsächlich ins Gebüsch geschlagen hatten. Es gab keinen schlimmeren Job bei der Polizei, als nach Kindern zu suchen, die möglicherweise das Opfer eines Sexualverbrechens geworden sind. Vor vier Jahren hatte er an einer Suche nach einem achtjährigen Mädchen teilgenommen, das man erst fand, als es zu spät war. Das Entsetzen, das ihn beim Anblick dieses Mädchens überfallen hatte, stand noch deutlich in seiner Erinnerung.

Fusils Blick fiel auf seinen Schreibtisch, und er zog den Zettel mit Miss Railtons Drohung heran. Er griff nach einem Lineal und hielt es an eine Längsseite. 9,7 Zentimeter. Vor Gericht reichte dieser Beweis wahrscheinlich nicht aus, aber ihm genügte er.

Er telefonierte mit Kywood und sagte, daß er jetzt sicher wäre, Glenton hätte an dem Raub und an den Morden teilgenommen. Kywood fragte spitz, warum es denn so lange gedauert hätte, das festzustellen. Fusil antwortete nicht und führte ein zweites Gespräch mit dem Koordinierungsbeamten bei der Metropolitan-Police. Er trug seine Bitte vor, aber der Inspektor sagte, was Fusil da von ihm verlange, sprenge seine Befugnisse. Er bräuchte eine schriftliche Anfrage des Chief Inspectors oder des Chief Constables, sonst könnte die Metropolitan-Police nicht aushelfen.

Fusil sagte, daß der Brief bereits geschrieben und zur Post gebracht wäre. Im Geiste machte er einen Knoten in sein Taschentuch, um sich daran zu erinnern, den Brief ungenügend zu frankieren, um seine verspätete Ankunft zu erklären.

 

Es war fast zehn Uhr an diesem Abend. Fusil las noch einmal die letzten Zeugenaussagen durch, zeichnete die hellroten Formulare ab und schrieb dann den Brief an die Metropolitan-Police.

Das Telefon klingelte. Es war Braddon. Das Mädchen war mit ihrem Freund auf eine Party gegangen, und es war anzunehmen, daß die Bienen und die Blumen an diesem Abend sehr beschäftigt gewesen waren. Fusil legte den Hörer auf.

 

Kerr war kurz vor Mitternacht in London angekommen und hatte um ein Uhr dreißig einen Zug nach Fortrow erwischt, der dort drei Stunden später ankam. Am Bahnhof hatte kein Taxi gestanden, deshalb mußte er bis zum Polizeiheim zu Fuß gehen, den Koffer in der einen, das Paket, in das er die Teile der Windschutzscheibe sorgfältig eingepackt hatte, in der anderen Hand.

Der Empfang, der ihm auf dem Polizeirevier bereitet wurde, als er um Viertel nach elf dort eintraf, war auch nicht dazu angetan, ihn aufzumuntern. »Sie sind entweder sehr früh oder sehr spät dran«, sagte Welland mit kaum auszuhaltender Fröhlichkeit.

»Zu spät«, sagte Braddon, der auch schlechte Laune hatte.

»Sie sind verdammt spät!« schnarrte Fusil.

»Ich war die ganze Nacht unterwegs«, sagte Kerr knapp, als er vor dem Schreibtisch des D. I. stand.

»Das ist keine Entschuldigung dafür, daß man erst zu Mittag aufkreuzt.«

Kerr wollte noch etwas sagen, hielt sich dann aber zurück. Fusil hatte dunkle Schatten unter den Augen, und wenn er redete, hörte es sich gehetzt und nervös an, so daß man kein Hellseher zu sein brauchte, um seinen Zustand zu erraten.

»Wo ist das Glas?« fragte Fusil.

»In dem Paket, Sir.«

»Dann lassen Sie es mich sehen, Mann.«

Kerr legte das Paket auf den Schreibtisch, öffnete die Schnur, entfernte das braune Papier und nahm das viereckige Stück Karton heraus, auf den er das Glas gelegt hatte.

Fusil betrachtete Glas und Papierfasern, dann überprüfte er mit dem Lineal die Länge. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Es muß eine ziemliche Arbeit gewesen sein, das alles zusammenzutragen.«

»War es auch, Sir.«

»Sind Sie auf die Idee gekommen?«

»Ja.«

»Herzlichen Glückwunsch. Sie haben gute Arbeit geleistet. Vielleicht machen wir doch noch einen Detektiv aus Ihnen.«

Kerr war so überrascht, daß er erst nach ein paar Sekunden bemerkte, daß das ein echtes Lob gewesen war.

Fusil starrte auf die Glasscherben. Sie mußten so schnell wie möglich ins Labor gebracht werden. Dort konnte man eventuell auch feststellen, ob dieses Papier mit Miss Railtons Papier identisch war.

Es war doch eine gute Wahl gewesen, Kerr statt Braddon in den Norden zu schicken. Natürlich war es auch Glück gewesen, daß Kerr Miss Railton interviewt und dabei erfahren hatte, wie das mit den Zetteln gewesen war, aber trotzdem – Braddon wäre nie auf die Idee gekommen, die Stücke zusammenzuklauben. Auch nicht, wenn er die Jungfer interviewt hätte.

 

Detective Constable Haver von der Metropolitan-Police war ein Mann, dessen Karriere vielversprechend begonnen hatte, die aber – aus keinem ersichtlichen Grund – zu nichts geführt hatte. In den vier Jahren, die er jetzt dem C.I.D. angehörte, war er ein gewissenhafter Detektiv geworden, fähig und verläßlich, aber doch würde er wahrscheinlich nie ein Detective Sergeant werden. Zuerst hatte er sein Schicksal verflucht, hatte seine Vorgesetzten beschuldigt, eifersüchtig und dumm zu sein, aber schließlich akzeptierte er doch den Gedanken, daß wahrscheinlich niemand schuld hatte, niemand außer ihm. An dem Tag, an dem er sich das eingestand, begrub er seine Ambitionen.

Er lebte seit sechs Jahren in der Straße, die zu seinem Revier gehörte, und er kannte das Revier und die Leute besser als jeder andere Beamte.

Am Dienstagabend sprach er in einer Kneipe mit Irish Sal. Sie war keine Irin, aber ihr war ein nicht zu verachtender Jähzorn eigen, und außerdem hatte sie eine Vorliebe für Guinness, die in den verschiedenen Kneipen dieser Gegend bereits sprichwörtlich geworden war. Sie sah wie eine attraktive Dreißigerin aus, war aber erst fünfundzwanzig und hatte eine Figur, hinter der Männer stets herjagten, aber sie vergab ihre Gunst nur sparsam.

»’n Abend, Sal«, sagte Haver, ein großer, hagerer Mann, dessen Schläfen grau zu werden begannen. Er hatte braune Augen und einen traurigen Gesichtsausdruck.

»War’s bis jetzt«, gab sie zurück und trank den letzten Tropfen aus dem Glas.

Haver ging mit ihrem Glas zur Theke und bestellte ein Guinness und einen Shandy.

Er setzte sich Irish Sal gegenüber, holte eine Packung Zigaretten aus der Tasche und legte sie Sal hin. »Ich hab dich lange nicht mehr gesehen«, sagte er.

»Was willst du?« fragte sie barsch.

»Hast du Robert Glenton in letzter Zeit mal gesehen?«

Sie trank. Sie versuchte, sich nicht zu verraten, konnte aber ihre Verbitterung und ihren Haß nicht verbergen.

»Ich hab mal gehört«, sagte Haver, »daß ihr beide mal zusammen wart.«

»Ich bin ein paarmal mit ihm ausgegangen«, murmelte sie. Sie trank ihr Glas aus.

Er ging mit ihrem leeren Glas zurück zur Theke, um es neu füllen zu lassen. Der Barkeeper fragte Haver, wie es ihm ginge. Haver sagte, er wäre zufrieden. Der Barkeeper fand, daß das wunderbar wäre und sagte, die Drinks gingen auf ihn. Haver widersprach nicht.

Er setzte sich Sal gegenüber und sagte: »Ich hab auch gehört, daß ihr nicht mehr zusammen seid.«

»Ich hab ihm den Laufpaß gegeben«, antwortete sie, obwohl sie wußte, daß er die Wahrheit wußte.

»Ich nehme an, daß er deshalb nicht gerade zart mit dir umgesprungen ist, Sal, was? Ich glaube, Rosi ist wohl immer noch bei ihm.«

Der Haß ließ die Linien in ihrem Gesicht noch tiefer werden, und sie wirkte jetzt älter als vorher.

»Weißt du, diese Rosi ist ein sehr attraktives Mädchen, sie sieht so taufrisch aus, als ob sie gerade erst von zu Hause gekommen wäre.«

»Willst du damit sagen, daß ich abgeschlafft aussehe?«

»Na ja, wir können alle nicht ewig jung bleiben.«

»Rosi ist nicht so jung wie ich.«

»Nein?« Haver tat überrascht.

»Das weißt du doch genau.« Sie kippte ihr Glas. »Sie ist eine alte Schachtel. Ich sage dir, die war sogar schon auf dem Strich.« Ihre Stimme klang spröde, als sie die andere Frau wüst beschimpfte.

»Ich hab gehört, daß Rosi sich königlich amüsiert hat.«

»Worüber?«

»Man sagt, daß du auf den Knien gelegen und Bob angefleht hast, dich doch zu behalten.«

»Das … das hat sie gesagt?«

»Sie hat gesagt, so was Komisches hätte sie noch nie in ihrem Leben gesehen.«

»Ich werde ihr was Komisches geben!« schrie Irish Sal schrill, und ihre Augen glänzten.

»Und Bob hat gesagt, wenn man Rosi glauben darf, daß er dich vielleicht behalten hätte, wenn du nicht so abgetakelt wärst.«

Sie ballte die Hände zu Fäusten, und in ihrem Gesicht verarbeitete sie die Erinnerung an das quälende Geschehen, als Glenton mit ihr Schluß gemacht hatte.

Haver gab dem Barkeeper ein Zeichen, und der kam hastig mit einem neuen Guinness und einem Shandy herüber. Jetzt trank Sal noch schneller. Sie nahm eine zweite Zigarette, und als Haver ihr das Streichholz hinhielt, fragte sie mit belegter Stimme: »Was willst du?«

»Ich will wissen, wo er sich in letzter Zeit aufhält.«

»Sag diesem Flittchen Rosi, daß ich ihr Gesicht in Riemen reiße, wenn ich sie erwische. Sie wird in keinen einzigen Spiegel mehr schauen. Sag ihr …«

»Ich werd’s ausrichten.«

Sie trank ihr Glas aus. »Er wohnt jetzt in Challon Place.«

»Welche Nummer?«

»Ziemlich am Ende. Das Haus mit der grünen Tür.«

»Und mit wem ist er zusammen?«

»Weiß ich nicht.«

»Komm, Sal, spuck’s aus.«

»Ich verpfeife nichts.«

Er stand auf. »Danke.«

»Vergiß nicht, dem Flittchen die Nachricht zu geben.«

Er ging.

 

Ein Sergeant, ein Detektiv und zwei Polizisten fuhren mit dem neutralen Dienstwagen zum Challon Place. An der letzten Kreuzung stiegen der Detektiv und einer der Polizisten aus und gingen den kleinen Weg hinunter, der zu den Hintereingängen der Häuser am Challon Place führte.

Der Sergeant fuhr langsam weiter und parkte am Ende der Straße. Er und der zweite Polizist gingen zur Nummer 24. Er klopfte an die Haustür. Nachdem sie eine kurze Zeit gewartet hatten, nahm er einen Schlüsselbund aus der Tasche und versuchte die Schlüssel nacheinander. Der sechste paßte. Die beiden Männer zogen Handschuhe an und betraten das Haus.

Es roch ekelhaft. Der Sergeant wies den Polizisten an, an der Haustür stehenzubleiben, während er selbst den Flur entlang zur Hintertür ging, sie aufschloß und die beiden anderen hereinließ.

In der Küche sah es furchtbar aus. Im Abwaschbecken standen mehrere Türme aus Tellern und Schüsseln, auf dem Tisch standen die Reste eines Essens für drei Personen. Die Reste waren angeschimmelt und stanken. Auf dem Boden und auf dem Tisch standen leere Bierdosen, und neben dem Gasherd stand eine Batterie Gin- und Whisky-Flaschen.

»Hier sieht es schlimmer aus als in einem Schweinestall«, sagte der Sergeant angewidert. »Okay, fangen wir an. Joe, sie bleiben hier unten, während wir uns die Räume oben ansehen. Aber rühren Sie nichts an, denn auch mit den Handschuhen können Sie die vorhandenen Fingerabdrücke verwischen.«

»An dem Job haben wir noch lange«, murmelte der Detektiv.

»Darauf können Sie sich verlassen«, erwiderte der Sergeant.

»Ihre Frau werden Sie heute abend nicht mehr zu sehen bekommen.«

Der Detektiv seufzte. Er war frisch verheiratet.

 

Am Mittwochmorgen war es wieder schön und sonnig, und in den Straßen von Fortrow herrschte reger Betrieb. Obwohl Fortrow keine Urlaubsstadt war, hatte man es bis zu den schönen Stränden nicht weit, und die Menschen, die dort ein paar Tage Ferien machten, erledigten ihre Einkäufe in der Stadt.

Fusil, der zum Bezirks-Hauptquartier fuhr, geriet gegenüber vom Markt in ein Verkehrsknäuel. Während er einen Meter weiterrückte, hörte er die tiefen Glocken der Kirche. Elf Uhr. Das war der Termin für seine Verabredung mit Kywood.

Er gähnte. Josephine hatte wieder mit ihm geschimpft, hatte ihm gesagt, daß er es übertreibe, aber welche Alternative hatte er? In seinem Laden gab es genug Verbrechen, um das doppelte Personal zu beschäftigen, wenn dann noch ein so großer Job dazukam, mußte einfach jeder endlose Überstunden machen.

Wenn ein Mann sich zum C.I.D. meldete, dann wußte er, daß er kein umfangreiches Familienleben führen konnte, deshalb hatte es keinen Zweck, sich jetzt die Haare zu raufen. Aber meistens waren es ohnehin die Frauen, die aufmurrten, und wer wollte es ihnen verübeln? Der C.I.D. hatte viele gute Detektive verloren, weil die Frauen ihre Männer vor die Entscheidung gestellt hatten, entweder der C.I.D. oder ich.

Zähflüssig bewegte sich die Autoschlange. An der Ampel bog er nach rechts ab, und von da aus ging es schneller.

Kywood führte aus, daß er Verständnis dafür hätte, wie schwierig dieser Fall läge, viel schwieriger als die meisten anderen, und er wüßte auch, daß jeder bis zum Umfallen arbeitete, aber gleichzeitig wäre ihm auch bewußt, daß man nicht viel länger auf konkrete Ergebnisse warten könnte. Die Zeitungen kümmerten sich sehr darum, und eine der großen Zeitungen hatte heute morgen von der Unfähigkeit der Polizei gesprochen. Er nannte den Namen der Zeitung.

»Dieses Schmutzblatt«, sagte Fusil zornig.

»Es wird aber von vielen Leuten gelesen«, wandte Kywood ein.

»Das sind keine Leute, das sind Narren. Die Zeitung schießt gegen die Polizei, seit der Besitzer einmal wegen Trunkenheit am Steuer festgenommen worden ist.«

»Es wirft ein schlechtes Licht auf uns, Bob, ganz egal, warum die Zeitung es schreibt.«

»Ich kann es nicht ändern«, sagte Fusil.

»Ihre Haltung hilft uns auch nicht weiter«, konterte Kywood.

»Auch nicht die Haltung der Leute, die so dumm sind, daß sie von der Polizei Wunder erwarten und zu brüllen anfangen, wenn es keine Wunder gibt.«

Kywood errötete. Dann kam er zu der Ansicht, daß Fusil den Zeitungsbesitzer gemeint hatte und wechselte das Thema. »Hat uns die Identifizierung von Glenton denn weitergebracht?«

»Bis jetzt haben wir von London noch nichts gehört, Sir.«

Kywood massierte sein viereckiges Kinn. »Glauben Sie, daß uns das auf eine Spur bringt?«

»Sollte es eigentlich.«

»Kann man sich darauf verlassen?«

Was wollte er eigentlich? fragte sich Fusil wütend. Sollte seine Antwort ihn beruhigen, ob sie nun stimmte oder nicht?

»Haben Sie schon etwas von den Zeichen auf der Sauerstoff-Flasche gehört?« fragte Kywood, als er merkte, daß er auf seine vorherige Frage keine Antwort bekommen würde.

»Kurz bevor ich heute morgen abfuhr, habe ich einen Bericht erhalten. Die Zeichen deuteten auf die Nummer des Herstellers hin. Jede Packung mit zehn Flaschen wird mit einer Nummer versehen. Es ist nicht festzustellen, wie häufig eine Flasche zurückgegeben wird zum Nachfüllen. Wir haben herausgefunden, daß die zehn Flaschen mit unserer Nummer zu einem Großhändler geliefert wurden. Wir sind dabei, von diesem Großhändler Erkundigungen einzuholen.«

»Und ist damit zu rechnen, daß dabei etwas herauskommt?« fragte Kywood. »Wann sind denn die zehn Flaschen beim Hersteller abgegangen?«

»Vor ziemlich genau drei Monaten.«

»In dieser Zeit kann sie wer weiß wie oft nachgefüllt worden sein und ebenso oft den Besitzer gewechselt haben.«

»Ich weiß«, sagte Fusil.

»Jede verdammte Spur verläuft im Nichts.«

»Wir haben es mit Profis zu tun«, sagte Fusil. »Und sie haben den Job profihaft ausgeführt. Das sieht man auch daran, daß sie die einzige Schwäche des gepanzerten Lastwagens ausgenutzt haben: den Schlauch, der zum Ventilator führt.«

»Einer der Wächter muß ihnen die Information verkauft haben«, sagte Kywood.

»Das haben wir hundertfach nachgeprüft. Bei niemandem haben wir mehr Geld festgestellt, als er haben dürfte.«

»Und wie sieht es bei den Leuten aus, die die Sicherheitsvorkehrungen in die Lastwagen einbauen?«

Fusil seufzte. »Haben Sie meinen Bericht nicht gelesen? Die Firma gehört zu den wenigen Spezialisten auf diesem Gebiet, und infolgedessen hat sie eine Menge Arbeit. Es gibt fünfundsechzig Angestellte, die Abteilungsleiter nicht mitgezählt. Das sind viele Leute, die da nachgeprüft werden müssen.«

»Das spielt keine Rolle, sie müssen nachgeprüft werden.«

»Sie werden auch nachgeprüft, aber Sie wissen ja, was geschieht, wenn wir bei einem anderen Revier Hilfe anfordern. Sie haben alle genug zu tun.«

»Wollen Sie damit sagen, daß Sie den Job nicht ordentlich machen können?« Kywoods Stimme hob sich. »Wenn das so ist …!« Das Telefon klingelte. Er nahm den Hörer ab.

Fusil erinnerte sich an einige Fälle, in denen Amtshilfe-Ersuche von außerhalb gekommen waren, und jedesmal hatte Kywood wütend protestiert und gesagt, daß die Polizei in Fortrow nicht dazu da wäre, den anderen die Arbeit abzunehmen.

»Für Sie«, sagte Kywood und hielt ihm den Hörer hin.

Das Gespräch dauerte nicht lange. Als es vorbei war, legte Fusil den Hörer auf und ging zu seinem Stuhl zurück. Er setzte sich, überkreuzte die Beine und zog an seiner Hosenfalte. »Das war aus London, Sir.«

»Und?« verlangte Kywood ungeduldig.

»Sie haben Glentons Haus überprüft. Es hagelt nur so von Fingerabdrücken. Sie haben die Abdrücke von Brenner Riley, Stirling Croft, Bill Weston und Bert Holdman identifizieren können. Alle vier sind vorbestraft. Riley ist ein Genie mit dem Schneidbrenner, Croft kennt sich mit einem Auto aus wie ein Formel-I-Fahrer, und Weston weiß mehr über die drahtlose Übermittlung, als Marconi je vermutete.«

»Himmel!« fuhr es Kywood heraus. Er schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. »Das ist die Bande!«

»Da ist noch etwas«, sagte Fusil. »Man hat Weston aus einem Fluß gezogen. Er ist erstochen worden.«