Drei

Der Sturm hatte die Atmosphäre nicht gereinigt. Neue Wolkenfelder waren gefolgt und hatten einen stetigen dicken Regen gebracht. Der Rhein stand so hoch, dass man die Zaunpfosten der Uferweiden nicht mehr sehen konnte, hier und da lugten ein paar Baumwipfel aus der riesigen Wasserfläche.

Toppe ließ den Wagen auf der Schleichspur der Emmericher Brücke ausrollen, schaltete die Warnblinkanlage ein und schaute sich um. Beim Hochwasser 1995 hatte der Rhein an den Deichkronen genippt. Man hatte die Dämme für den Verkehr gesperrt, denn vollgesogen waren sie schwammig wie Pudding gewesen. In aller Hast hatte man bei Zyfflich einen Querdeich gebaut und unzählige Sandsäcke gestapelt. In Holland hatte man ganze Ortschaften evakuiert, auf der deutschen Seite hatten THW und Bundeswehr mit großen Fähren das Vieh der Bauernhöfe in der Niederung abgeholt und in Notunterkünfte gebracht, etliche Rinder waren dennoch ertrunken. Man hatte mit dem Schlimmsten gerechnet, aber dann war noch einmal alles gut gegangen.

Ein paar Lastkähne kämpften sich stampfend flussaufwärts, deutlich weniger als sonst, vielleicht war der Schiffsverkehr schon eingeschränkt worden.

Toppe schaute zu den Brückenpfeilern hoch. Vor Jahren hatte man sie im strahlenden Rot der Golden Gate Bridge lackiert, aber die Farbe war schnell zu einem matten Rosa verblichen, was ihm besser gefiel, es passte zum sanften Grau des Stroms.

Er bedachte die Kühltasche auf dem Beifahrersitz mit einem schiefen Blick. Klaus van Gemmern hatte den Fußrest samt Schuh aus dem Maisgebiss herausgelöst. Nun war es an Toppe, ihn nach Emmerich in die Pathologie zu bringen und bei der Untersuchung anwesend zu sein, eine Aufgabe, die ihm schwer fiel und vor der er sich gern drückte. Aber der zuständige Pathologe war sein Freund Arend Bonhoeffer, und der wusste mit der Panik, die Toppe bei jeder Leichenöffnung unweigerlich übermannte, umzugehen.

Während er mit seiner Kühltasche die verwinkelten Gänge entlangwanderte, fragte er sich wieder einmal, warum man forensische Abteilungen so gern in Kellergeschossen unterbrachte, die nicht nur bedrückend finster, sondern obendrein noch schlecht belüftet waren. Aber vielleicht bildete er sich den klebrig süßen Geruch auch nur ein.

Bonhoeffer saß in seinem Büro und diktierte einen Bericht. «Setz dich, ich bin gleich fertig.»

Toppe stellte die Tasche auf den Boden und nahm die Tageszeitung, die auf dem Schreibtisch lag. Ein Foto von der Altrheinbrücke bei Griethausen, die jeden Moment überflutet werden konnte, ein Bericht über die letzten «Jahrhunderthochwasser», auf Seite drei ein Leserbrief. Der Schreiber monierte die überfällige Sanierung eines neunzehn Kilometer langen, angeblich seit Jahren maroden Deichstücks zwischen Niedermörmter und Grieth. Der Deichverband wiegt uns in falscher Sicherheit, schrieb der Mann. Ein Bruch in diesem Bereich, da sind sich die Experten einig, ist vorprogrammiert, und bei der momentanen Wetterlage möglicherweise nur eine Frage von Tagen. Das nachfolgende Szenario mag man sich kaum vorstellen. Ich weise nur auf das Bedburger Industriegebiet hin, das völlig überflutet würde, ebenso das Industriegebiet von Kleve, das man intelligenterweise ins Flutgebiet gesetzt hat, obwohl es ausreichend Alternativen gegeben hätte.

Toppe runzelte die Stirn. «Hast du das gelesen?»

Bonhoeffer schaltete sein Diktaphon ab. «Der Typ hatte gestern schon einen Brief in der Zeitung. Angeblich bereiten sich die Niederländer auf die Sprengung von Deichen vor, damit ihre Grenzdörfer nicht absaufen. Für uns würde das bedeuten, die ganze Düffelt liefe voll, und Zyfflich, Keeken, Kranenburg und etliche andere Orte gäbe es nicht mehr.»

«Ja», sagte Toppe, «dieses Gerücht hab ich in letzter Zeit schon öfter gehört. Haus Wurt liegt ziemlich hoch, nicht?»

Bonhoeffer lachte. «Hoch genug, das Haus gibt’s seit dem fünfzehnten Jahrhundert. Wir kriegen allenfalls ein bisschen nasse Füße. Apropos Füße, sollen wir uns an die Arbeit machen?»

 

Etwa zur gleichen Zeit legte Peter Cox im Präsidium den Telefonhörer auf und rieb sich den Nacken. «Unser Bäuerlein», beantwortete er van Appeldorns fragenden Blick. «Wollte sich nochmal bestätigen lassen, dass die Polizei tatsächlich die Kosten für den Lohnbetrieb übernimmt, der ihm seinen Mais abmähen soll. Ich hab ihm lieber nicht gesagt, dass es gut und gern zwei Jahre dauern kann, bis er Geld sieht. Der war sowieso schon auf hundertachtzig wegen irgendwelcher komischen Gänse. Weißt du, was es damit auf sich hat?»

Norbert van Appeldorn, der gerade noch einmal im Geist die Checkliste für seine sechswöchige Hochzeitsreise nach Australien durchgegangen war, schaute ungläubig hoch. «Sag mal, du bist doch nicht erst seit gestern in Kleve! Liest du keine Zeitung?»

Cox reckte konsterniert das Kinn. «Selbstverständlich lese ich regelmäßig Zeitung. Ich habe die taz, Die Zeit und den Spiegel abonniert.»

Van Appeldorn konnte sich nur mit Mühe ein Grinsen verkneifen. Peter Cox war seit knapp vier Jahren bei ihnen. Er hatte eine Unzahl seltsamer Marotten, aber weil er bei aller Verschrobenheit eigentlich ein netter Kerl war, der sich problemlos in ihr Team eingefügt hatte, nahm man sie meist amüsiert hin.

«Na, herzlichen Glückwunsch, damit kommst du bestimmt in den Himmel für politisch korrekte Intellektuelle! Entschuldige bitte die kleine Nachhilfestunde, aber als Polizist solltest du eigentlich täglich den Lokalteil der guten alten Niederrhein Post lesen. Zugegeben, ist oft schwer zu ertragen, aber in unserem Job durchaus von Nutzen.»

«Das magst du so sehen», antwortete Cox eingeschnappt, aber van Appeldorn kümmerte sich nicht darum. «Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du noch nichts davon gehört hast, dass jedes Jahr an die siebzigtausend Wildgänse bei uns am Niederrhein überwintern. Die meisten kommen übrigens aus Sibirien.» Er griente.

Cox warf einen nervösen Blick auf seine Armbanduhr. «Die stehen unter Naturschutz, oder?»

«Ganz genau», bestätigte van Appeldorn. «Und das Problem ist, dass diese netten Vögel monatelang nicht etwa irgendein Niemandsland besetzen, sondern die Äcker der Bauern in der Düffelt. Seit Jahren herrscht hier Krieg zwischen dem Naturschutzbund und solchen Leuten wie unserem lieben Dellmann. Dem gehen die Gänse und der Artenschutz total am Arsch vorbei. Kannst du dir vorstellen, wie die Felder aussehen, wenn die Viecher sich wieder auf den Heimflug machen? Von den zahllosen Ökotouristen, die der NABU da jeden Tag in Bussen rumkarrt mal ganz zu schweigen. Seit Jahren gehen sich die Naturschützer und unsere dicken Buren an die Kehle mit allen Nickeligkeiten, die du dir vorstellen kannst, und weder der einen noch der anderen Partei mangelt es an Phantasie. Letztens wollte man den Bauern verbieten, Windkraftanlagen aufzustellen, weil angeblich die Gefahr besteht, dass eine Gans im Windrad geschreddert werden könnte.»

Cox lachte. «Bizarre Idee, die Tiere sind doch nicht blind! Kriegen die Bauern denn keine Ausgleichszahlungen für den Ausfall, den sie haben?»

«Doch, natürlich, die werden feste subventioniert.»

«Was regen die sich dann auf? Versteh ich nicht, die können doch froh sein, wenn sie fürs Nichtstun bezahlt werden.»

«Was weiß ich!» Van Appeldorn lehnte sich zurück und legte die Füße auf den Schreibtisch. «Bin ich Bauer? Anscheinend willst du, wenn du ein Mann der Scholle bist, dein Land beackern, und nichts darf deine Routine stören, von wegen Väter und Vorväter. Was soll’s, die Bauern jammern doch immer.»

«In der Materie kenne ich mich nicht aus», meinte Cox unbehaglich. «Ich will mir da kein Urteil erlauben.»

Van Appeldorn verschränkte die Hände im Nacken und blinzelte. «Wie gesagt, die meisten der unliebsamen Gänse kommen aus Sibirien. Da klingelte gerade eben was bei mir: Was macht eigentlich dein Cyberbaby? Wie hieß die Dame noch? Irina?»

Cox schob den Stuhl zurück und stand auf. «Was für ein dämliches Wort!» Er schien ernsthaft beleidigt zu sein. «Schon zwanzig nach», knurrte er, holte eine Tupperdose aus seiner Aktentasche, breitete eine gestärkte Serviette auf dem Schreibtisch aus und arrangierte sein tägliches Mittagsmahl: eine Flasche Mineralwasser, ein Glas, gebuttertes Schwarzbrot, Besteck und die Plastikdose, die heute mal nicht mit Salat, sondern frisch angemachtem Frühlingsquark gefüllt war.

Van Appeldorn nahm die Beine vom Schreibtisch. «Ich kann dich wirklich gut leiden, Peter, aber deine Macke mit den pünktlichen Mahlzeiten treibt mich in den Wahnsinn!»

Cox kaute und spülte mit einem Schluck Wasser nach. «Mir tut das sehr gut. Kann ich nur jedem empfehlen.» Er war nach wie vor verschnupft.

«Ach komm», meinte van Appeldorn versöhnlich. «Ich hab’s nicht bös gemeint. Wann kommt Irina denn endlich? Erzähl einem alten Mann, der gerade dabei ist, in seine zweite Ehe zu segeln, mal was Prickelndes.»

Cox hatte vor anderthalb Jahren im Internet eine sibirische Deutschlehrerin kennen gelernt und sich nachhaltig in sie verknallt. Das konnte van Appeldorn nachvollziehen, er hatte ein Foto der Dame gesehen. Schon seit einem Jahr war klar, dass Irina Cox besuchen kommen wollte. Ihr Visum, falls sie es denn bekam, würde für zwei Monate gelten, und so lange wollte sie auch bleiben, wenn man sie schon zum ersten Mal in ihrem fünfunddreißigjährigen Leben aus ihrem Land herausließ.

«Na ja, das Visum ist endlich durch, aber», druckste Cox, «ich hab halt Zweifel, immer noch.»

Van Appeldorn zuckte zurück, als Cox ihn jetzt Rat suchend anschaute. «Wir schreiben uns zwar schon seit Ewigkeiten, jeden Tag mindestens einmal. Ich habe das Gefühl, ich kenne sie in- und auswendig, aber Papier ist geduldig, denke ich manchmal. Verstehst du?»

Van Appeldorn rutschte auf seinem Stuhl herum. «Du kriegst das schon hin. Ich glaube, ich geh mal rüber in die Halle und gucke, wie weit van Gemmern inzwischen gekommen ist.»

Cox nickte und widmete sich wieder seinem Quarkbrot. «Du könntest mich vorher noch kurz aufklären. Ich bin landwirtschaftlich nicht so bewandert, aber ich dachte immer, bei der Maisernte würden die Kolben gleich auf dem Feld gedroschen und nur die Körner abtransportiert.»

«Das stimmt auch», antwortete van Appeldorn, «so macht man das mit Körnermais. Aber bei uns in der Gegend ist der Futtermais wesentlich häufiger. Und bei der Sorte werden die Stangen knapp über dem Boden abgeschnitten und als Ganzes gehäckselt. Der Brei kommt dann in Silos und wird über den Winter ans Vieh verfüttert.»

«Verstehe, besonders groß sind die Häckselteile dann wohl nicht …»

 

Der Anhänger stand mit hochgekippter Ladefläche am Ende der Halle. Neben dem Berg von Gehäckseltem kniete van Gemmern mit einer kleinen Schaufel und einem Sieb. Weiter vorn waren zwei Männer in den weißen Overalls des Erkennungsdienstes dabei, die Häckselmaschine in ihre Einzelteile zu zerlegen.

«Ich habe Verstärkung aus Krefeld kommen lassen», erklärte van Gemmern. «Aber auch so werden wir Tage brauchen. Das verdammte Zeug klebt und klumpt, gut durchweicht von fünf Litern Blut.»

Van Appeldorn betrachtete das bräunlich rote Mus und rümpfte die Nase.

«Ja», brummte van Gemmern und schaufelte die nächste Portion aufs Sieb, «ganz taufrisch war unser Junge nicht mehr.»

«Hast du denn schon irgendwas?»

«Eine Gürtelschnalle, ein paar Knöpfe und ein Stück Leder, das vermutlich zu einem Uhrarmband gehört», antwortete van Gemmern, ohne seine Tätigkeit zu unterbrechen. Wenn er sich in eine Aufgabe verbissen hatte, ließ er sich von nichts und niemandem aufhalten, und es konnte passieren, dass er dreißig Stunden und mehr am Stück arbeitete.

 

Bonhoeffer hatte den Fußrest in einen inkubatorähnlichen Glaskasten gelegt und behutsam durch zwei Eingriffslöcher mit Ärmeln das Stück Schuh und die Spitze einer dunkelgrünen Wollsocke abgezogen. Dabei waren ein paar Fliegen aufgestoben.

«Die fangen wir uns gleich», murmelte er.

Toppe trat näher heran. Besonders verwest sah der Fuß nicht aus, aber man konnte ein paar Maden winken sehen.

Bonhoeffer stocherte mit einer Sonde. «Ganz wenige Puppen nur», sagte er. «Das bedeutet, der Mensch ist noch nicht länger als zwei Wochen tot, zwischen sechs und vierzehn Tagen, würde ich meinen.»

«Das ist aber nicht besonders genau», maulte Toppe.

Bonhoeffer lächelte, dieses Spiel hatten sie schon zigmal gespielt. «Mit meinen bescheidenen Mitteln hier geht’s eben nicht besser.»

Aber der biologische Sachverständige beim LKA würde anhand der Fliegen und Maden, die ihm in einem belüfteten Behälter zugeschickt würden, und am Stadium der Puppen den Todeszeitpunkt näher eingrenzen können.

«Dann lass uns mal mit dem Offensichtlichen beginnen: Es handelt sich um einen rechten Fuß, kein Tierfraß wegen des Schuhs. Ein Herrenschuh, braunes Leder, könnte ein Sioux sein, nicht gerade preiswert, sorgfältig eingecremt.»

Er drehte das Exponat langsam um. «Gepflegte Zehnägel, keine Hornhaut, graue und dunkle Körperhaare. Und was haben wir hier? Reich mir mal das Skalpell, Helmut.»

Er streckte die Hand aus, aber als nichts passierte, richtete er sich auf. «Jetzt guck nicht so. Gib’s mir einfach, und dann lauf in die Küche und hol eine Scheibe Wurst oder ein Stück Fleisch. Die Fliegen brauchen Nahrung in ihrem Kasten da, sonst gehen sie ein, bevor sie in Düsseldorf ankommen.» Er schmunzelte. «Du kannst dir ruhig Zeit lassen.»

Toppe schlenderte zum Parkplatz und rauchte erst einmal eine Zigarette. Bis er die Küche gefunden, in der Cafeteria eine Cola getrunken und noch eine geraucht hatte, war eine Dreiviertelstunde vergangen.

Bonhoeffer hatte im Großzehgrundgelenk eine Arthrose entdeckt, außerdem Harnsäurekristalle, die auf eine Gicht hinwiesen. «Es handelt sich also um einen älteren Menschen, ab sechzig aufwärts, würde ich schätzen.»

«Um einen Mann?»

«Ziemlich sicher, ja. Für eine Blutprobe hat es nicht gereicht, aber ich habe Gewebe aus den Zwischenzehenmuskeln entnommen. Damit kann das LKA Blutgruppe und Geschlecht bestimmen und die DNA-Analyse machen.»

 

Toppe beschloss, auf dem Rückweg noch einmal bei Bauer Dellmann vorbeizufahren. Auch ohne die Untersuchungsergebnisse aus Düsseldorf konnte er sich jetzt ein Bild vom Toten machen: ein über sechzig Jahre alter Mann mit vermutlich ergrautem, früher einmal dunklem Haar, der wahrscheinlich sozial nicht allzu schlecht gestellt war, denn er hatte teures Schuhwerk getragen und seine Füße gepflegt. Vielleicht konnten Dellmanns mit dieser Beschreibung etwas anfangen.

Er hatte Glück – die Brücke über den Altrhein in Griethausen war noch passierbar, auch wenn hin und wieder eine kleine Welle über die Fahrbahn schwappte.

Frau Dellmann stand in der Küche und kratzte Essensreste aus einer gusseisernen Kasserolle. Möhreneintopf, und es roch nach geräuchertem Speck. Toppes Magen knurrte aufdringlich.

Die Bäuerin knallte den Topf unwirsch auf die Herdplatte. «Meine Güte, wir kennen viele Leute, die so aussehen! Aber wenn einer von denen verschwunden wäre, dann müsste ich das doch wissen. Mein Mann hat sich hingelegt, aber ich geh ihn holen.»

Die Spülmaschine rumpelte und gab einen tickenden Pfeifton von sich.

Dellmanns Haar war am Hinterkopf platt gedrückt und hatte sich zu einem kleinen Hahnenkamm aufgestellt. Jetzt, nachdem er seinen Schock überwunden hatte, war er maulfaul und muffig, beinahe schon feindselig. Erst als Toppe ins Auto stieg, bekam er die Zähne auseinander. «Will bloß hoffen, dass das auch stimmt mit dem Geld von euch. Morgen Mittag fängt Derksen mit der Ernte an, und der will Bares sehen. Und überhaupt, wenn das alles bloß früh genug ist, wir kriegen nämlich Frost.»

Toppe hielt inne. Es war deutlich kälter geworden, und heute Morgen hatte er gedacht, dass er wohl in den Umzugskisten nach seinem Wintermantel würde suchen müssen.

«Frost? Ist das nicht ein bisschen früh im Jahr?»

Dellmann zog geräuschvoll die Nase hoch und spuckte aus. «Sagen Sie das mal meinen Knochen. Da merk ich es nämlich drin.»

«Ach ja», bemerkte Toppe, «da wäre noch was. Der Mann, den wir suchen, hatte Gicht, vielleicht auch Rheuma.»

Dellmann schnaubte. «Haben neunzig Prozent der Landwirte in meinem Alter. Aber glauben Sie, das wird als Berufskrankheit anerkannt? Von wegen!»

Toppe gab sich geschlagen und dachte resigniert an die Arbeit, die vor ihnen lag: Vermisstenmeldungen durchkämmen, sich dicke Ohren telefonieren.

Und gegen Abend sollte er sich mit Astrid in der Stadt treffen. Sie fand, er bräuchte einen neuen Anzug für Norberts Hochzeit, schließlich sei er Trauzeuge. Es gab nur wenig Dinge, die er mehr verabscheute als Herrenausstatter, enge Umkleidekabinen und Spiegel, in denen er aussah wie ein alter Mann mit zehn Kilo Übergewicht.