30
Trau dich nicht, mich zu verarschen«, sagte Mike.
»Ich bin gerade im Krankenhaus«, sagte Shep. »Sie haben sie ins Los Robles Med Center gebracht.«
»Ich hab sie gesehen. Ich hab ihre Leiche gesehen.« Auf einmal musste er gegen eine ganz andere Art von Verdrängungsmechanismus kämpfen. Hoffnung fühlte sich viel zu gefährlich an, wie ein schwankendes Drahtseil.
»Ihre Leiche?« Aus Kats dünner Stimme klang das Grauen. »Was ist mit Mommy passiert?«
»Sie wurde … verletzt«, sagte Mike.
»Wie schwer?«
»Das weiß ich nicht.« Er wandte sich wieder dem Handy zu. »Ich muss sie sehen.«
»Du kannst hier nicht herkommen«, sagte Shep. »Hier steht buchstäblich an jeder Ecke ein Bulle.«
»Sie braucht mich.«
»Im Moment braucht sie überhaupt nichts. Kat braucht dich – und sie braucht dich lebendig. Also, hör zu, ich hab hier eine Ärztin allein auf dem Flur abgepasst. Ich geb sie dir jetzt.«
»Warte, ich …«
»Mr. Wingate?« Eine kühle Frauenstimme. »Hier spricht Dr. Cha. Ich bin Unfallchirurgin. Wir haben es geschafft, Annabel vorerst zu stabilisieren. Das ist die gute Nachricht.«
»Sie zu stabilisieren? Ich war bei ihr, als sie starb. Sie hatte überhaupt keinen fühlbaren Puls mehr. Sie wurde schon blau.«
Kat weinte. Mike hob die Hand, um sie zu bitten, noch einen Moment zu warten. Jetzt bekam sie die Fakten doch knallhart um die Ohren geschlagen, genau so, wie er ihr die Ereignisse nicht hatte beibringen wollen.
Dr. Cha sprach bereits weiter. »Die Klinge ist zwischen ihrer sechsten und siebten Rippe eingedrungen, hat ihre Milz aufgeschlitzt und einen Lungenflügel punktiert, der daraufhin kollabiert ist. Diesen Kollaps bezeichnet man als Spannungspneumothorax – deswegen hat sie nicht mehr geatmet und hatte auch keinen Puls mehr. Und auf Grund dieser Hypoxie – also des Sauerstoffmangels – ist sie blau angelaufen. Die Notärzte haben sie noch vor Ort mit einer Nadel punktiert und verhindert, dass der Pneumothorax noch größer wird. Durch eine Verletzung der Arterie ist Blut in ihren Brustkorb ausgetreten. Wir haben sie in den OP gebracht und ihr die Milz rausgenommen, aber die Arterie habe ich nicht angerührt. Ich hoffe nämlich, dass die sich per Blutgerinnung von selbst verschließt, damit wir ihren Brustkorb nicht öffnen müssen. Sie hat in den letzten paar Stunden nur wenige hundert Zentiliter Blut verloren, die Blutung scheint sich also tatsächlich zu verlangsamen. Natürlich geben wir ihr die ganze Zeit weiter Bluttransfusionen.«
Kat kniete auf dem Bett. Ihr Gesichtsausdruck war hellwach und konzentriert. Mike lief im Zimmer auf und ab wie ein eingesperrtes Tier und rieb sich dabei den Hinterkopf. Das wilde Auf und Ab der Emotionen setzte ihm zu. Seine Frau lebte. Aber sie war allein und schwer verletzt. Und er war nicht bei ihr.
Seine Füße trugen ihn wie von selbst zur Tür, bevor sein Gehirn einschritt und ihn stoppte. Er blieb stehen.
»Und wie lautet die schlechte Nachricht?«
»Sie kommt einfach nicht ganz zurück. Wir warten darauf, dass sie versucht, wieder selbst zu atmen – momentan ist sie intubiert – und dass sie irgendwelche Anzeichen von Reaktionen zeigt, mit den Fingern oder Zehen wackelt oder irgendwas in der Art, wenn wir einen Schmerzreiz setzen. Aber im Moment kommt da gar nichts. Es ist zwar noch früh, und wir hoffen auch, dass dieser Zustand nur vorübergehend ist, aber das wird sich erst in den nächsten paar Tagen rausstellen.«
»Was … was genau bedeutet das?«
»Je länger dieser Zustand anhält, umso schlimmer sieht es aus. Sie als Ihr Mann haben wahrscheinlich die Vorsorgevollmacht, oder?«
»Ja.«
»Dann wäre es wohl das Beste, wenn Sie kommen würden.«
Er kämpfte mit sich selbst. Kat war ihm nur zu sehr bewusst, und ihr schmerzverzerrtes Gesicht erinnerte ihn überdeutlich daran, dass er für ihren Schutz verantwortlich war. Da hörte er wieder Annabels Stimme, ein geisterhaftes Echo: Versprich es mir.
»Ich kann nicht. Ich … wir werden bedroht. Meine Tochter und ich. Die Leute, die meine Frau so schwer verletzt haben …«
»Hier sind jede Menge Polizisten.« Ihre Schweigepause sprach Bände. »Okay, verstehe. Das ist nicht mein Ressort. Ich vertrete Annabels Rechte, nicht die der Polizei. Ich muss sicherstellen, dass ich mit Ihnen sprechen kann, wenn wir hier schwerwiegende medizinische Entscheidungen treffen müssen.«
»Kann ich meine Vorsorgevollmacht …«
»… auf jemand übertragen? Nein. Sind Sie per Telefon erreichbar?«
»Ich weiß nicht.«
»Ich glaube, das sollten Sie dann ganz schnell mal klären.«
»Okay. Sie können mich erreichen. Über Shep.«
»Ist er ein Verwandter?«
»Gewissermaßen«, antwortete Mike.
»Nur dass Sie Bescheid wissen: Wenn wir hier eine größere Entscheidung treffen müssen, müssen wir persönlich mit Ihnen sprechen, ansonsten brauchen wir irgendetwas Schriftliches, ein Fax, was auch immer. Wenn das nicht vorliegt, wird die Entscheidung dem nächsten Bevollmächtigten vorgelegt.«
Annabels Vater. Du liebe Güte.
»Ich gebe Sie jetzt wieder zurück an Ihren Freund.«
Dann war sie verschwunden.
Mike tastete mit einer Hand nach dem Bett und setzte sich langsam. Ihm war schwindlig, einerseits vor Erleichterung, andererseits, weil er jetzt einer Reihe von ganz neuen Problemen gegenüberstand.
»Die Ärztin hat mir gesagt, dass die ganze Nacht über Sicherheitsleute und Nachtschwestern bei ihr sein werden«, hörte er Shep sagen. »Das heißt, bis morgen früh ist sie sicher. Niemand wird hier irgendwas Krummes versuchen, solange so viele Leute um sie rum sind.«
»Du musst …« Mike verlor eine Sekunde den Faden, dann fand er seine Konzentration wieder. »Du musst Hank Danville für mich anrufen, meinen Privatdetektiv. Der war früher selbst beim LAPD.«
Kat wiegte sich wimmernd vor und zurück. Er senkte die Stimme, damit sie ihn nicht hörte. »Sieh zu, ob er rausfinden kann, warum hier korrupte Bullen hinter uns her sind. Was sie von mir wollen.«
»Wo bist du?«, fragte Shep.
Mike gab ihm den Namen des Motels und seine Zimmernummer.
»Nimm mit niemand Kontakt auf. Ich bin in drei, vier Stunden bei dir.«
Mike beendete das Gespräch. Kat starrte ihn mit aschgrauem Gesicht an. Er rang um Konzentration. »Deine Mutter ist verletzt. Sie liegt im Krankenhaus.«
»Wird sie wieder gesund?«
»Das wissen wir noch nicht.«
Sie erstarrte, als sie diese Worte hörte. »Was ist mit ihr passiert?«
»Jemand hat versucht, sie zu erstechen.«
»Wie im Film?« Sie stand abrupt auf, schlang sich die Arme um den Bauch und trippelte von einem Fuß auf den anderen. »Ich will zu ihr.«
»Das können wir jetzt nicht, Schatz. Daddy hat wirklich Schwierigkeiten. Ich weiß nicht so recht, wo wir im Moment sicher sind.«
»Warum rufen wir nicht die Polizei an?«
»Ich weiß nicht … ich weiß nicht, welchen Polizisten wir vertrauen können.«
»Meinst du damit, dass die Mommy weh getan haben?«
»Ich weiß es nicht, mein Schatz. Ich hab nicht viele Antworten auf Lager. Und ich weiß, dass dir das Angst macht. Aber ich werde rausfinden, was wir tun müssen, und ich werde dafür sorgen, dass du immer in Sicherheit bist. Uns wird nichts passieren.«
»Mommy auch nicht?«
Er schluckte.
Es sah so aus, als würde ihr Gesicht in sich zusammenbrechen. Mike setzte sich auf die Bettkante, nahm sie in den Arm und schaukelte sie hin und her, bis sich ihr abgehackter Atem wieder beruhigte.
»Wir müssen zusammenhalten«, sagte er. »Ich werde nicht zulassen, dass dir irgendjemand was tut. Aber du musst mir versprechen, dass du jetzt auch ganz stark bist, während wir uns überlegen, wie wir weiter vorgehen. Wenn du stark sein kannst, stehen wir das Ganze durch. Abgemacht?«
Sie nickte, ohne ihren hochroten Kopf von seinem Brustkorb zu nehmen. Ihre winzige Hand tastete nach seiner und schüttelte sie. »Abgemacht.«
Eine Viertelstunde später waren sie im Supermarkt und schleppten sich todmüde durch die Regalreihen. Toastbrot, Erdnussbutter, ein Babyphone mit Batterien, ein pastellblauer Kinderschlafsack. Er würde Kat keinen Augenblick mehr aus den Augen lassen, nicht um mal kurz um die Ecke zu gehen, nicht um auch nur eine Sekunde lang etwas anderes zu tun. Sie latschte neben dem Einkaufswagen her, gähnte, kratzte sich den Kopf und rieb sich die Augen. Die schwarze Kunststofftasche mit dem Bargeld hing ihm schwer über der Schulter. Ihm fiel ein, dass Kat ihre Brille im Ford vergessen hatte, aber das ließ sich nun nicht mehr ändern, außerdem brauchte sie sie sowieso nur zum Lesen. Aus einem Korb vor der Kasse starrten Stofftiere mit ihren traurigen Knopfaugen. Mike zog einen Eisbären aus dem Haufen und wedelte Kat damit vor der Nase herum. »Snowball II: Snowballs Braut?«
Sie las das Schildchen. »Es heißt Aurora.«
Es.
Er kaufte ihn trotzdem.
Als sie bezahlten, sagte die Kassiererin: »Was für ein hübsches kleines Mädchen Sie haben.«
Mikes Daumen betastete das kühle Gold seines Eherings. Er musste sich zusammenreißen, um seinen Mund zu bewegen. »Danke.«
Die Frau sah ihn verunsichert an und tippte dann schweigend seine Einkäufe ein.
Als sie wieder im Motel waren, legte er die Batterien ins Babyphone und probierte aus, wie der Empfang war, wenn Kat bei geschlossener Tür im Nebenzimmer lag. »Test eins zwei drei«, sagte sie. »Test eins zwei drei.« Leichtes Rauschen, aber es funktionierte einigermaßen. Das Empfangsgerät hatte einen Gürtelclip, den er an seinem Hosenbund befestigte. So hatte er auch noch eine einigermaßen gute Verbindung, wenn er bis an den Rand des Parkplatzes oder zum Empfang ging.
Als er zurückkam, war Kats Gesicht grau vor Erschöpfung. Auf der kleinen Arbeitsplatte machte er ihr ein Erdnussbuttersandwich – ohne Marmelade – und war dankbar, überhaupt etwas für sie tun zu können, ihr überhaupt irgendetwas geben zu können. Sorgfältig verstrich er die Erdnussbutter und schnitt die Rinde ab. Seine Hände zitterten, und er musste an die Arme seines Vaters denken, die am Lenkrad des Kombis zitterten. Mike fühlte einen mitleidigen Stich, als er an die Situation seines Vaters dachte: diese blinde Panik, die einen überfiel, wenn man zusehen musste, wie die eigene Welt in Scherben ging. Doch dieses Gefühl war verboten, es war eine Bedrohung, und er bekämpfte es sofort mit Wut. Immerhin hatte sein Vater sein Schicksal trotzdem noch in die eigene Hand genommen.
Mike konzentrierte sich auf das Sandwich, legte es schön in die Tellermitte und schnitt es säuberlich diagonal durch. Aber was glaubte er eigentlich – dass ein liebevoll gemachtes Erdnussbutterbrot die Hölle abmildern konnte, durch die seine Tochter gerade gehen musste?
Er drückte ihr eine Hälfte in die Hand, und sie knabberte ein wenig daran, bevor sie es weglegte.
Niedergeschlagen sah er sie an. »Kannst du nicht ein bisschen mehr essen?«
»Dann muss ich mich übergeben.« Sie zog ihre Beine zum Schneidersitz an den Körper und kratzte sich am Kopf.
»Okay, Schätzchen. Ist schon okay.«
Sie kratzte sich kräftig hinterm Ohr, und da fiel es ihm wieder ein: die Kopfläuse.
Er lehnte sich an die Tischplatte. Aus irgendeinem Grund kam ihm dieses letzte i-Tüpfelchen vor wie ein unüberwindliches Hindernis. Es erinnerte ihn an die endlosen ersten Nächte zu Hause mit der neugeborenen Kat. Das Babygeschrei, das Füttern und Wickeln und Aufstoßen. Er erinnerte sich noch an die übermächtige Erschöpfung, wie Annabel und er im Dunkeln lagen und versuchten aufzustehen, wenn das Geheul wieder losging. Sie bemühten sich, Kräfte anzuzapfen, die sie schon längst nicht mehr hatten, aber als Eltern mussten sie die Kraft eben haben, denn wenn sie nicht ihre Pflicht taten, würde niemand anders für sie einspringen.
Kat nuckelte an ihrem Saft und kämpfte mit ihren schweren Lidern. Er ging zu ihr, drehte ihren Kopf zur Seite und zog das feine Haar auseinander. »Schätzchen, deine Kopfläuse sind wieder da.«
Aber sie war in dem Moment eingeschlafen, in dem sie sich an ihn gelehnt hatte.
»Schätzchen, wir müssen noch mal zum Supermarkt. Ich muss Mayonnaise und Frischhaltefolie kaufen und mich um diese Viecher hier kümmern.«
»Kann ich nicht einfach hier bleiben?«, murmelte sie. »Kann ich nicht einfach schlafen? Bitte, Dad.«
»Tut mir leid«, sagte er, und ihre Schultern wurden von trockenen, tonlosen Schluchzern geschüttelt.
Erschöpfende vierzig Minuten später lag sie mit einem Mayonnaise-Turban in ihrem neuen Schlafsack auf der gestärkten Bettwäsche. Mike legte das Babyphone direkt neben sie in den Schlafsack. Dann nahm er den Eisbären aus der Supermarkttüte.
»Das ist kein gewöhnlicher Eisbär.«
Ihre Augen glitten zu ihm.
»Dieser Eisbär hat magische Beschützerfähigkeiten«, sagte er.
»Ein magischer Eisbär.«
»Genau. Er wird uns beschützen.«
»Wenn uns die Tierkekse angreifen.«
»Wir müssen ihm einen Namen geben. Gefällt dir Aurora?«
»Ätzend.« Sie nahm das Tier beim Nackenfell und musterte sein Gesicht. »Snowball II. Du hattest ganz recht.«
Zögernd schob sie den Eisbären in ihren Schlafsack. Sie kratzte sich durch die Frischhaltefolie am Kopf und versuchte, nicht allzu unglücklich auszusehen. »Liest du mir eine Geschichte vor?«
Sie hatten keine Bücher, aber es wäre ihm unerträglich gewesen, ihr jetzt noch eine Enttäuschung zu bereiten. In seiner Verzweiflung zog Mike die Schublade des Nachttischchens auf und statt der Bibel hatte jemand tatsächlich eine Ausgabe von Grüne Eier mit Speck: Das Beste von Dr. Seuss hineingelegt. Diese Fügung war nicht weniger wunderbar als die Verwandlung von Wasser in Wein. Er fuhr mit den Fingern über den geliebten orange-grünen Umschlag, bevor er das Buch triumphierend in die Höhe hielt.
»Dad. Ich bin acht«, kam es von Kat.
»Oh«, sagte Mike. »Okay, dann bist du natürlich schon zu alt dafür.« Er tat so, als wollte er das Buch wieder zurücklegen.
»Aber … wenn du es mir unbedingt vorlesen möchtest.«
»Möchte ich«, sagte er.
»Okay.« Sie gähnte. Sie schlief schon fast.
»Ich hab gehört, dass Dr. Seuss dieses Buch geschrieben hat, nachdem jemand mit ihm gewettet hatte, er könnte kein ganzes Buch schreiben, das ausschließlich aus einsilbigen Wörtern besteht.«
»›Niemals.‹«
»Was?«
»›Das werd ich niemals tun.‹ Zwei Silben.«
»Oh. Dann hab ich da wohl was falsch verstanden.«
»Mom hat die beste Stimme für Sam-I-Am.«
Er riss sich zusammen. Las die erste Seite. Und dann war Kat auch schon tief und fest eingeschlafen.
Vorsichtig strich er ihr eine Wimper von der Wange. Eine Weile blieb er neben ihr sitzen, sah ihr beim Schlafen zu und wartete, bis sich der Kloß in seinem Hals löste.
Schließlich schlich er sich mit seiner Geldtasche ins Nebenzimmer und zog behutsam die Tür hinter sich zu. Er stellte die Lautstärke an seinem Empfänger höher, bis er das leise Pfeifen von Kats Atem hören konnte. Er öffnete die Jalousie einen Zentimeter breit, zog sich einen Stuhl ans Fenster und legte die Füße auf den wackligen Heizkörper. So blieb er erst einmal eine gute halbe Stunde sitzen.
Endlich glitt das Scheinwerferlicht des Mustang über die Fensterscheibe und ließ durch die Jalousie Lichtstreifen über Mikes Gesicht wandern. Er stand auf und machte die Tür auf, bevor Shep klopfen konnte. Shep trug einen kakifarbenen Rucksack über der Schulter.
»Ist dir jemand gefolgt?« Mike spähte an ihm vorbei ins Dunkel.
»Nein.«
»Woher willst du das wissen?«
»Das weiß ich einfach.« Shep betrachtete das Zimmer. Sein Blick wanderte von dem dunklen Streifen unter der Badezimmertür zur Zwischentür und dem Babyphone-Empfänger an Mikes Gürtel. Er nickte leicht, dann verkündete er: »Hank will sich persönlich mit dir treffen. Er will sichergehen, dass ihm niemand folgt, aber in ein paar Stunden müsste er auch hier sein.«
Shep schüttete den Inhalt seiner Tasche auf der Überdecke aus. Seife, ein Rasierer, eine Bürste, ein Frauendeo, das er wahrscheinlich für Kat gekauft hatte, obwohl sie noch jahrelang keines brauchen würde, sowie einen Stapel Telefonkarten von Safeways.
»Prepaid-Karten laufen über eine Anrufzentrale, die können also auch zurückverfolgt werden.« Sheps Hand tauchte unter sein Shirt, dann holte er eine 357er Smith&Wesson hervor, dieselbe Waffe, die Mike im Haus zurückgelassen hatte, nur mit einem schwarz gummierten Griff. Mike starrte sie einen Moment an, dann ergriff er sie.
Shep streckte sich auf dem Bett aus und schloss die Augen.
Mike packte das Bargeld aus der schwarzen Kunststofftasche in den Rucksack. Dann ging er zu Zimmer 9, zog sich einen Stuhl ans Bett und setzte sich neben die kleine Gestalt unter der Decke. Ihr Rücken hob und senkte sich, und bei jedem ihrer Atemzüge gab es ein ganz leises Pfeifen. Er spürte, wie irgendetwas in ihm ein Stückchen nachgab. Als er schluckte, hörte er das trockene Klicken seines Kehlkopfs.
Und er merkte, dass seine Hand den Griff der Smith&Wesson umklammerte.