Gotthold Ephraim Lessing

Rezensionen

rezensionen

Gottsched, Neuer Büchersaal

Meier, Beurteilung des Heldengedichts, der Messias

Gottsched, Gesammelte Reden

Uz, Lyrische Gedichte

Bodmer, Noah

Romani, La Zingarella

Albertinus, Historie der Gelahrtheit

Hofmann, Herrenhutische Grund-Irrtümer

Boerner, Institutiones Theologiae symbolicae

Gottsched, Gedichte

Rambach, Abhandlungen ausländischer Gottesgelehrten

Gellert, Briefe

Bodmer, Jacob und Joseph

Bodmer, Die Synd-Flut

Fénelon, Die Kunst glücklich zu regieren

Jacobi, Dieu meriteroit-il ...

Haller, Opuscula anatomica

Schaubert, Briefsteller

Nachricht über den Tod de La Mettries

Klopstock, Ode an Gott[1]

Klopstock, Ode an Gott[2]

Voltaire, Amalie ou le Duc des Fois

Crébillion, Idomeneus

Massuet, Elemens de la Philosophie moderne

D' Espiard, L'Esprit des Nations

Genard, L'ecole de l'homme

Uz, Sieg des Liebesgottes

Klopstock, Drei Gebete

Drei Gebete eines Anti-Klopstockianers

Wieland, Erzählungen

Montaigne, Versuche. Erster Teil

Schreiben eines Juden an einen Philosophen

Curtius, Aristoteles' Dichtkunst

Neugebauer, Der teutsche Don Quichotte

Lennox, Don Quixote im Reifrocke

Lessings Schriften, Erster und zweiter Teil

Ramler-Krause, Oden mit Melodien

Montaigne, Versuche. Zweiter Teil

Hönn, Betrugslexikon

Nicolai, Milton

Wieland, Briefe von Verstorbenen

Lessing, Vade mecum

Richardson, Geschichte des Herrn Carl Grandison. I. und II. Band

Le Theatre de Monsieur de Marivaux

Hogarth, Zergliederung der Schönheit

Theophrasts Kennzeichen der Sitten

Hogarth, Zergliederung der Schönheit [1]

Hogarth, Zergliederung der Schönheit [2]

Ewald, Gedanken

Schönaich, Die ganze Ästhethik in einer Nuß

Schönaich, Possen im Taschenformate

Richardson, Geschichte des Herrn Carl Grandisons. III. Band

Schönaich, Possen

Smollet, Roderich Random. Erster Teil

Ragout à la Mode

Gastrel, Deistische Grundsätze

Zachariä, Gedicht dem Gedächtnis des Herrn von Hagedorn gewidmet

Antwort auf die Frage: wer ist der große Duns

Uz, Lyrische und andere Gedichte

Dusch, Vermischte Werke

Wohlmeinender Unterricht für all diejenigen, welche Zeitungen

Sulzer, Gedanken von dem vorzüglichen Wert

Richardson, Geschichte des Herrn Carl Grandisons. V. Band

G. E. Lessings Schriften, fünfter und sechster Teil

Smollet, Roderich Random. Zweiter Teil

Zimmermann, Das Leben des Herrn Haller

Bodmer-Wieland, Edward Grandisons Geschichte in Görlitz

Kästner, Vermischte Schriften

Rousseau, Discours sur l'origine et les fondemens de l'inegalité

Zachariä, Die Poesie und Germanien

Mendelssohn, Über die Empfindungen

Wieland, Ankündigung einer Dunciade für die Deutschen

Gleim, Im Lager bei Prag

Gleim, Siegeslied der Preußen nach der Schlacht bei Roßbach

Gleim, Siegeslied der Preußen nach der Schlacht bei Lissa

Gleim, Lieder, Fabeln und Romanzen

Ramler, Oden

Gottsched, Neuer Büchersaal

Leipzig. Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freien Künste. Des VIII. Bandes 1. Stück. 1749. Es ist bekannt, daß der Herr Prof. Gottsched, nebst seiner gelehrten Gehülfin, Verfasser dieser Monatschrift ist. Da man es schon gewohnt ist, in seinen Schriften eine gewisse Abwechselung und Veränderung anzutreffen, von welcher selbst die beste Welt nicht ausgenommen ist: so wird man sich nicht wundern, wenn man selbige auch allhier findet. Außer einigen ausführlichen Rezensionen kömmt in diesem Stück vor eine Nachricht von einem preußischen Altertume, dessen Anblick und Grundriß auf dem Titel dieses Stücks zu sehen ist. Es ist dieses das uralte Schloß zu Marienburg im Polnischen Preußen, wovon besonders der große Saal beschrieben wird, worinnen ehedem die Glieder des Deutschen Ordens ihre Zusammenkunft gehalten haben. Ferner ist in diesem Stück eine Nachricht von einem neuen Deutschen Trauerspiele, »Demetrius«, welches, nach geschehener Verbesserung des geschickten Kaiserl. Königlichen Komödianten, Herrn Weißkerns, auf der Wienerischen Deutschen Schaubühne vor kurzem mit allgemeinem Beifalle aufgeführet worden. Es ist nunmehr bald ein Jahr, da man an diesem Orte die ersten guten Deutschen Schauspiele mit Beifall vorstellen sehen. Den Beschluß dieses Stücks macht eine »Ode auf das Gedächtnis des Westphälischen Friedens«. Herr Gottsched sagt, er habe ihr einige Flecken abgewischt. Aber was hilft das Wischen, wenn man einen unreinen Schwamm dazu braucht? Ist in den Vossischen Buchläden für 2 Gr. zu haben.

Berlinische privilegierte Zeitung, 30. Stück, 11.3.1749.

Meier, Beurteilung des Heldengedichts, der Messias

Halle. Georg Friedrich Meiers, öffentlichen Lehrers der Weltweisheit zu Halle, Beurteilung des Heldengedichts, der Messias. Verlegts Carl Hermann Hemmerde. 1749. Okt. 4 Bog. Der Herr Prof. Meier führet bittere Klagen wider die gelehrten Monatschriftler und Zeitungsschreiber, daß sie dieses Heldengedicht, oder vielmehr diesen Anfang eines Heldengedichts, noch nicht herausgestrichen haben; (welches gleichwohl nunmehr von einigen geschehen ist). Er setzet den Herrn Klopstock, welcher der Verfasser dieses Gedichts ist, entweder zwischen den Homer und Virgil, oder gar über beide; unter andern deswegen, weil, wie er bald anfangs sagt, die Priester in der Schweiz dieses Gedicht den Leuten auf den Kanzeln angepriesen haben. Was die Absicht dieses in der Tat von einem poetischen Geiste zeugenden Gedichts sei, erhellet aus dem Anfange desselben:

Sing, unsterbliche Seele, der sündigen Menschen Erlösung,

Die der Messias auf Erden in seiner Menschheit vollendet,

Und durch die er Adams Geschlechte, die Liebe der Gottheit,

Mit dem Blute des heiligen Bundes von neuem geschenkt hat.

Also geschah des Ewigen Wille. Vergebens erhub sich

Satan wider den göttlichen Sohn; umsonst stund Judäa

Wider ihn auf; er tats, und vollbrachte die große Versöhnung.

Wer nicht lateinische Hexameters skandieren kann, der wird bei Lesung dieser Verse gar oft mit seiner Zunge über etliche Silben weg stolpern. So wenig diese erwähnte Versart zu mißbilligen ist, so klingt sie doch, wie sie hier ist, etwas gar zu Horazianisch, wo nicht gar Lucilisch. Es wäre ratsamer gewesen, das fließende Silbenmaß des Virgils mit desselben epischer poetischer Schreibart zu verbinden. Doch man weiß wohl, daß dieses eine Nebensache ist, und die großen Lobeserhebungen des Herrn Meiers in dem Innern dieses Gedichts ihren Grund haben. Doch scheinet es uns noch zu zeitig zu sein, die Lobsprüche eines Gedichts so überaus hoch zu treiben und allgemein auszudrücken, wovon nur für itzo noch ein kleiner Anfang vorhanden ist. Wem der große Umfang eines epischen Gedichts, und die unzähligen darinne vorkommenden scheinbaren Labyrinthe, nebst ihren Zugängen und Verbindungen zu einem ordentlichen Ganzen bekannt sind, und wer da weiß, daß ein unerschöpflicher Witz dazu gehöret, ein so großes Werk mit gleichem Feuer auszuführen als anzufangen, der wird die Behutsamkeit brauchen, und den Ausgang eines solchen Unternehmens erwarten, eh er es über alles andere erhebt, und im Ganzen so wohl, als in seinen erst vorhandenen Teilen, für vollkommen erkläret. Er wird, den Dichter aufzumuntern, wenigstens nur die schöne poetische und erhabene Schreibart und die lebhaften Bilder rühmen, welche ihm vor Augen liegen, von dem künftigen aber das beste hoffen. Wenn das Gedicht zu Ende und so ausgeführet sein wird, wie es dem Herrn Prof. schon itzo zu sein scheinet, so wird man nicht ermangeln, dasselbe bis in den Himmel zu erheben; ja man ist schon entschlossen, auf die Verfertigung dieses Heldengedichts, als eine sehr große Tat, alsdenn wieder ein Heldengedicht, unter dem Namen: »Klopstocks Messias«, zu verfertigen, und in 12 Büchern, auf ein mal, herauszugeben. Diese Beurteilung ist in dem Vossischen Buchladen für 2 Gr. zu haben.

Berlinische privilegierte Zeitung, 34. Stück, 20.3.1749.

Gottsched, Gesammelte Reden

Leipzig. Herrn Johann Christoph Gottscheds P. P. der Königl. Preußischen und Bononischen Akademie der Wissenschaften Mitgliedes, gesammlete Reden in dreien Abteilungen, nochmals von ihm selbst übersehen und verbessert. Mit Königl. Poln. und Kurfürstl. Sächsis. allergnäd. Freiheit. Leipzig, verlegts Bernhard Christoph Breitkopf, 1749. 11/2 Alphab. in groß Oktav. Man muß es dem Hrn. Prof. Gottsched zum Ruhme nachsagen, daß er sich in Sammlung aller seiner Werke, Werkchen, Schriften und Schriftchen, zu seinem Vergnügen, und derer Nutzen, welche so wollen schreiben lernen, als wie er, sehr sorgfältig erzeiget. Seine Gedichte hat er der Welt nicht lange mißgegönnet, seine Weltweisheit ist schon zum drittenmal aufgelegt worden, da er eben zum drittenmal Rektor war: seine Reden fehlten noch; hier sind sie; und welch eine Lücke fallen sie nicht unter seinen Schriften aus. Er hatte diesen Mangel schon längst in seiner Bibliothek bemerket, und Herr Breitkopf ließ sich endlich erbitten, demselben durch seinen Beistand abzuhelfen. Nun stehn sie da, und wer sie auch in seinem Büchersaale will stehen sehen, der kann sie überall, z. Exempel in den Vossischen Buchläden, für 20 Gr. haben. Noch eins. Diese Redensammlung besteht aus 3 Abteilungen, aus Lob- und Gedächtnisreden, Leichenreden und Trostschriften, und vermischten Reden. Die meisten sind schon sonst gedruckt gewesen, und den Wert der unbekannten kann man aus dem Werte der bekannten leicht schätzen. Herr Gottsched hat diese Reden Seiner Majestät, dem Könige in Dänemark, in einem Gedichte zugeeignet, welches, wenn die Würzhändler einmal eine neue Auflage von dessen Gedichten verlangen sollten, ohne Zweifel, wegen der ganz sanften, platten, natürlichen Schreibart, unter die poetischen Sendschreiben zu stehen kommen wird.

Berlinische privilegierte Zeitung, 67. Stück, 5.6.1749.

Uz, Lyrische Gedichte

Greifswald. In des hiesigen Buchhändlers, Joh. Jacob Weitbrechts, Verlage sind auf 3 1/2 Bogen in groß Oktav sehr ansehnlich gedruckt vor kurzem herausgekommen: Lyrische Gedichte [von Johann Peter Uz]. Der Verleger hat, aus ihm vielleicht selbst unbekannten Ursachen, für gut befunden, Berlin auf den Titel zu setzen. Der lyrische Dichter hat, wie er in dem Vorberichte sagt, diese kleinen Gedichte in der Absicht herausgegeben, damit er das Urteil der Kenner erfahren, und wissen möge, ob er zur höhern Ode geschickt sei. Wir hoffen, daß die Kenner mit uns der gänzlichen Meinung sein werden, daß er vollkommen dazu geschickt sei, da er in diesen kleinen Gedichten das Zärtliche mit dem Erhabenen so glücklich zu verbinden gewußt hat, da andere, wenn sie scherzen und zärtlich schreiben wollen, oft im Staube kriechen. Ohne fernere Betrachtungen wollen wir folgendes daraus hierher setzen.

Ein Traum

O Traum, der mich entzücket!

Was hab ich nicht erblicket!

Ich warf die müden Glieder

In einem Tale nieder,

Wo einen Teich, der silbern floß,

Ein schattichtes Gebüsch umschloß.

Da sah ich durch die Sträuche

Mein Mädchen bei dem Teiche.

Das hatte sich zum Baden

Der Kleider meist entladen,

Bis auf ein untreu weiß Gewand,

Das keinem Lüftchen widerstand.

Der freie Busen lachte,

Den Jugend reizend machte.

Mein Blick blieb sehnend stehen

Bei diesen regen Höhen,

Wo Zephyr unter Lilien blies

Und sich die Wollust greifen ließ.

Sie fing nun an, o Freuden!

Sich vollends auszukleiden.

Doch, ach! indems geschiehet,

Erwach ich, und sie fliehet.

O schlief ich doch von neuem ein!

Nun wird sie wohl im Wasser sein.

Berlinische privilegierte Zeitung, 135. Stück, 11.11.1749.

Bodmer, Noah

Leipzig. Allhier ist in der Weidemannischen Buchhandlung herausgekommen: [Johann Jacob Bodmer:] Noah, ein Helden-Gedicht. Frankfurt und Leipzig. 1750. In Okt. 71/2 Bogen. Man sieht wohl, daß dieser neue Heldendichter den »Messias« des Hrn. Klopstocks nachahmen will. Ob es nun gleich scheint, daß er dadurch, wodurch dieser sich so viel Ruhm erworben, sich nicht gleich großen Beifall zu versprechen haben werde, so ist doch nicht zu leugnen, daß viel Züge einer erhabenen Dichtungskraft darinne vorkommen. Nur wäre zu wünschen, daß nicht auch so viel sogar matte Stellen mit untergelaufen wären. Von der ganzen Einrichtung können wir nichts sagen, weil der Verfasser der neuen Mode, die Heldengedichte stückweise herauszugeben, gefolget ist. Wir haben hier nur die 2 ersten Bücher vor uns. Übrigens ist es auch in den itzo so beliebten reimfreien Hexametern geschrieben. Wir wollen unser Urteil von dem poetisch-pedantischen Eifer wider die Reime bis auf ein andermal versparen, und nur itzo etwas von den Deutschen Hexametern gedenken. Es ist nicht zu leugnen, daß die Deutsche Sprache dieser Versart fähig ist: es ist aber auch gewiß, daß sie weit weniger dazu geschickt ist, als die Lateinische und Griechische Sprache. Statt der Beweise wollen wir hier nur die beiden eben erwähnten Heldengedichte, den Messias, und den Noah, anführen. Kann man etwas höckrichters in einer Sprache hören, als die hexametrische Versart dieser beiden Gedichte? Beleidigt wohl die elendeste Prose empfindliche Ohren so sehr, als hier die beständige Verlängerung der kurzen und Verkürzung der langen Sylben? Besonders scheint der Verfasser des Noah keinen Begriff von der Lateinischen Prosodie zu haben. Außer dem angezeigten Fehler bringt er die Zäsur fast niemals an den gehörigen Ort. Man lerne also ja bessere Deutsche Hexameter machen, eh man uns diese Versart so mit Gewalt aufdringen will. Ist in den Vossischen Buchläden für 4 Gr. zu haben.

Berlinische privilegierte Zeitung, 29. Stück, 7.3.1750.

Romani, La Zingarella

Leipzig. La Zingarella ò gli amori di Don Giovanni de Carcama et Donna Constanza d’Azedevo, nova Istoria, tradotta dall’ originale Spagnuolo da Don Clemente Romani, in Italiano, attuale Maestro delle ambe due lingue in Lipsia. Stampato a Lipsia da Federico Lanckisch Eredi, 1751. In Okt. 71/2 Bogen.

Ein Italiener braucht kein Hexenmeister zu sein, um Spanisch zu können. Wir würden es also ohne Bedenken dem Herrn Romani auf sein Wort geglaubt haben, daß er in dieser mit seiner Muttersprache so sehr verwandten Sprache eine beträchtliche Stärke besitze, wenn es ihm nicht gefallen hätte, seine Geschicklichkeit durch dieses Werkchen selbst verdächtig zu machen.

Michael de Cervantes Saavedra ist auch unzählichen bekannt, die ihn in seiner Sprache nicht lesen können; wenigstens kennen sie ihn als den Verfasser des Don Quixote. Die aber, die sich mit dem Spanischen Witze etwas näher bekannt gemacht haben, kennen ihn aus noch andern Meisterstücken, welche ihn, auch ohne jene abenteuerliche Geschichte, eines ewigen Namens versichern würden. Seine »Neuen Beispiele« verdienen darunter eine vorzügliche Stelle, und die erste aus diesen Novelas Exemplares, la Gitanilla, ist es, welche uns Herr Romani hier aus dem Spanischen übersetzt zu haben überreden will. Dieses schon ist ein großer Beweis wider ihn, daß er nicht einmal den Verfasser angeben kann, und von der Spanischen Urschrift als von etwas redet, welches ihm durch ein besonderes Glück in die Hände gefallen sei, da von diesen »Neuen Beispielen« doch eine ganz neue Holländische Auflage von 1739 in jedermanns Händen ist. Doch dieses ist nicht das einzige, was ihn verdächtig macht. Man darf seine Übersetzung nur mit dem Original zusammen halten, wenn man von seinem kleinen Betruge völlig überzeugt sein will, welchen wir ihm so hoch nicht anrechnen würden, wenn uns der Titel eines Spanischen Sprachmeisters, den er sich beilegt, nicht das Recht gäbe, etwas schärfer mit ihm zu verfahren.

Wir wollen eine kleine Probe anführen, die unsre Beschuldigung rechtfertigen mag. Gleich nach dem ersten Romanse heißt es im Spanischen: El cantar de Preciosa fue para admirar à quantos la escuchavan: unos dezian: Dios te bendiga la muchacha, otros: Lastima es, que est moçuela sea Gitana. En verdad en verdad que merecia ser hija de un gran sennor. Otros avia mas groseros, que dezian: Dexen crecer à la rapaza, que ella harà de las suyas, à fè que se và añudando en ella gentil red barredera, para pescar coraçones. Otro mas humano, mas basto, y mas modorro, viendola andar tan ligera en el bayle, le dixo: A ello hija, à ello; andad amores, y pisad el polvito à tan menudito. Dieses heißt bei dem Italiener: Preciosa centò si bene, che rapì tutti quelli, che l’intesero. Gli uni li davono benedizzioni, gli altri dicevono, esser peccato, che nata sia Egizziana, essendo degna d’altra nascita, altri si servivono d’altri termini, dicendo che cresciuta, che sarebbe si vedrebbe la sconda Arpia, lasciatela solamente crescere e vedrete cosa saprà fare, dicevono fra di loro. Li suoi occhi sono molto più proprii per li larcini, che le sue mani: e giudicando per le sue nascenti, e graziose fattezze, ch’ attraggono di già i cuori di tutt’ i viventi, si prevedeva ben, esser nata per accattivarseli, e farli Schiavi: che prepara buschate invigibil’ a coloro, che sel accosteranno da Vicino e pochi ne li scapparanno. Was für eine abgeschmackte Verwirrung ist nicht in der Spanischen sinnreichen Kürze entstanden! Der letzte und artigste Gedanke: So recht, Mägdchen! kommt ihr Liebesgötter, und berühret den Staub so leicht! ist gar weggeblieben. Damit wir aber deutlich zeigen, woraus eigentlich Herr Romani übersetzt hat, so wollen wir eben diese Stelle aus der Französischen Übersetzung des Abts de Chassonville anführen: Pretiosa chanta si bien, qu’elle ravit tous ceux qui l’entendirent. Les uns lui donnoient des benedictions. Les autres disoient que c’etoit dommage qu’elle fut ne Egyptienne, qu’elle etoit digne d’une autre naissance. Les plus penetrans tenoient un autre langage. Qu’on la laisse seulement croitre la petite Harpie, disoient-ils, qu’on la laisse seulement croitre, et l’on verra ce qu’elle saura faire. Ses yeux sont bien plus propres pour les larcins que ses mains: et à en juger par, ses charmes naissans, qui lui attirent deja les suffrages de tout le monde, on entrevoit bien qu’elle est faite pour faire des Esclaves; qu’elle prèpare des embuches qui seront funestes à ceux qui la verront de trop près, et que peu de coeurs lui echaperont. Herr Romani muß nicht gewußt haben, daß beinahe alle Französische Übersetzungen nach diesem Muster der Richtigkeit verfertiget sind, sonst würde er sich schwerlich auf seinen Vorgänger so sehr verlassen haben, daß er ihn uns für das Original verkaufen will. Was Wunder also, daß er in alle Fehler des Franzosen gefallen ist? wovon wir eine große Menge anführen könnten, die wir aber deswegen übergehen, weil sie nicht auf unsern Italienischen Übersetzer fallen können, auf welchen nur der einzige fällt, daß er es gar nicht aus dem Spanischen übersetzt hat.

Von diesem kleinen Roman selbst wollen wir itzo nichts gedenken, weil wir Hoffnung haben, bald mit mehrerm von den neuen Beispielen des Cervantes sprechen zu können, wenn die Deutsche Übersetzung aus dem Spanischen, die, wie wir wissen, in der Arbeit ist, an das Licht kommen wird.

Kritische Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit, 7. Stück, 12.2.1751.

Albertinus, Historie der Gelahrtheit

Bremen. Historie der Gelahrheit, von Anfange der Welt bis auf die sieben Weisen in Griechenland, nach der Zeitrechnung kurz abgefaßt, und dem Druck übergeben von Joh. Ge. Jac. Albertinus, beider Rechte und der Weltweisheit Doktor. Erster Teil. Bremen, bei Hermann Jäger in Kommission zu haben 1751. in 8 t. 2 Alph. 10 Bog. Selten wird ein Gelehrter, welcher eine Lücke in der Wissenschaft, die er in seiner Gewalt zu haben glaubt, wahrnimmt, diese Lücke einem andern auszufüllen überlassen. Denn welcher glaubt nicht im Stande zu sein dasjenige selbst auszuführen, von welchem er schon einsieht, daß es ausgeführet werden sollte? Der Herr Verfasser dieses Werks fand glücklicher Weise, daß es noch an einem Handbuche der gelehrten Historie fehle, welches durchaus nach der Zeitordnung eingerichtet sei. Mußte es ihm also nicht notwendig einfallen, diesem Mangel abzuhelfen? Hier liefert er den Anfang seines Unternehmens, und macht noch auf vier gleich starke Teile Hoffnung, welche die übrigen Perioden enthalten sollen. Dieser erste Periode ist der Zeit nach der größeste, der Materie nach der unfruchtbarste. Er teilt sich ganz natürlich in zwei kleinere, von Erschaffung der Welt bis auf die Sündflut, bis auf die sieben Weisen. Der erste ist der wahre Sitz übertriebener Grillen, und ist es nicht in der Tat lächerlich den Adam an der Spitze aller Wissenschaften, aller Künste und aller Handwerker zu sehen? Der andre ist voller Verwirrung und Ungewißheit. Locmann, Zoroaster, Hermes, Orpheus, die Sibyllen, lauter Personen die in diesen Zeitpunkt gehören, und von welchen man uns tausenderlei erzählet, wovon sich die Hälfte widerspricht und die Hälfte von neuern Schriftstellern ohne Ansehen erdichtet ist. Bei nahe sollte es also eine unnötige Bemühung scheinen mit der Historie der Gelahrheit so weit hinaus zu gehen, und vielleicht würde, der sich nicht bei Ungewißheiten aufhalten wolle, da anfangen, wo der Herr Doktor vor diesesmal aufhört. Das einzige wobei sich in diesen Perioden ein Verfertiger der gelehrten Historie noch aufhalten könnte, wären die untergeschobenen Bücher. Man weiß wie viel wunderliche Schriften die Gnostiker, die Manichäer, die Ebioniten und andre dem Adam, dem Seth, dem Jacob etc. angedichtet haben, um ihren schwärmerischen Lehrsätzen Vorgänger und Verteidiger zu verschaffen. Diese Schriften nun den Lesern näher bekannt zu machen, die sie verratenden Stellen daraus anzuführen, ihre Verfasser aufzusuchen, ihre Absichten zu entwickeln würde zwar nicht die leichteste aber doch eine vielen Lesern sehr angenehme Arbeit sein; eine Arbeit übrigens die der Historie der Gelahrheit wesentlich zukommt. Gleichwohl aber wird man sie in diesem Werke vergebens suchen, ob es schon voller Ausschweifungen ist, die man schwerlich vermissen würde. Sollte es übrigens dem Herrn Verfasser in den folgenden Teilen gefallen die Quellen, woraus er geschöpft, fleißiger und genauer anzuführen, so wird er, wenigstens nach unserer Einsicht, der Vollkommenheit eines brauchbaren Handbuchs um ein vieles näher kommen. Wir müssen noch erinnern, daß er dieses Werk der hiesigen Königl. Akademie der Wissenschaften zugeeignet hat. Und beinahe möchte man aus dieser Zuschrift auf die Vermutung kommen, daß er in der Antediluvianischen gelehrten Historie sich besser umgesehen habe als in der neuen. Man darf nur den Titel ansehen, der zwar zweimal, beidemal aber falsch gedruckt ist. Ist zu haben in den Vossischen Buchhandlungen hier und in Potsdam für 20 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 21. Stück, 18.2.1751.

Hofmann, Herrenhutische Grund-Irrtümer

Wittenberg und Zerbst. Dritte und letzte gegründete Anzeige derer Herrenhutischen Grund-Irrtümer in der Lehre von der H. Schrift, Rechtfertigung, Sakramenten und letzten Dingen; denen evangelischen Kirchen zur nötigen Warnung ans Licht gestellet von D. Carl Gottlob Hofmann, Generalsuperintend. Nebst einem Register über sämtliche drei Teile. Wittenberg und Zerbst, verlegts Sam. Gottf. Zimmermann. 1751. in 8t. 8 Bogen. Dieses ist der Beschluß desjenigen Werks wodurch sich der Herr Generalsuperintendent den Herrenhutern keinen geringen Schaden zugefügt zu haben, rühmt; nicht etwa weil er ihre Irrtümer dadurch gedämpft, sondern weil er sie, wie man deutlich sieht, verhindert hat gewisse zeitliche Vorteile zu erlangen, die man, menschlich zu handeln, auch seinen irrenden Brüdern gönnen muß. Wir hoffen, daß die Leser schon wissen, was der Herr Verfasser Grundirrtümer der Herrenhuter heißt; nämlich diejenigen Stellen, wo sie nicht die Sprache der symbolischen Bücher führen. Diese Erklärung angenommen, müssen wir die Ausführung durchgängig loben; man wollte denn wünschen, daß sie mit etwas weniger Spötterei, die oft die feinste nicht ist, und mit etwas minder zweideutigen Absichten angefüllet sei. Der Kopf eines Herrenhuters, voll Enthusiasterei, ist zu nichts weniger als zu systematischen Begriffen und abgemeßnen Ausdrückungen geschickt. Warum macht man ihm die Schwäche seines Verstandes zu Verbrechen seines Willens? Warum folgert man aus gewissen Orten, wo er von Sachen, über welche die Scham einen geheimnisvollen Vorhang zieht, etwas zu frei, zu ekel, zu schwärmerisch geschrieben hat, Taten der sträflichsten Unzucht? Nur zum Beweise der Verleumdung, und mehr zum Ärgernisse als zur Erbauung, schreibt man aufgedeckte Bosheiten der Herrenhuter, so lange noch keiner von ihnen der Verbrechen, welche man ihnen Schuld gibt, und welche die schärfste Ahndung verdienten, vor der weltlichen Obrigkeit überführet worden ist. Man weiß es aber schon, daß man mit diesen unbarmherzigen Beschuldigungen vor Gerichte nicht fortkommen kann, und daß, am Ende, jeder billiger Richter kein ander Urthel von den Herrenhutern zu fällen weiß, als das, was Plinius, obgleich in einer ganz verschiednen Sache, fällte: nihil aliud inveni quam superstitionem pravam et immodicam. Wäre es also nicht gut, wenn die Herren Theologen die Wahrmachung eines Ausspruches des Cicero, opinionum commenta delet dies ruhig erwarteten? Sie haben einen Ausspruch in der Bibel, der eben dieses sagt, und es ist zu verwundern, daß ihnen noch niemand des Gamaliels easate autous zugerufen hat. Könnten sie ihrem Charakter gemäßer handeln, als wenn sie, wie dieser Pharisäer gedächten: ist der Rat oder das Werk aus den Menschen, so wirds untergehen, ists aber aus Gott, so können wir nichts dämpfen etc.? Ein gewisser Christian Philaleth hatte der ersten Anzeige des Hrn. D. Hofmanns hundert Fragen entgegen gesetzt; und in der Vorrede zu dieser dritten Anzeige sagt uns der Verfasser, warum er auf diese Fragen zur Zeit noch nicht geantwortet habe. Die vornehmste Ursache ist, weil sich dieser Gegner nur unter einem falschen Namen genennt, und der Herr Doktor durchaus denjenigen erst persönlich kennen will, welchen er widerlegen soll. Die Wahrheit zu gestehen; wir sehen das schließende dieser Ursache nicht ein. Kann ein Schriftsteller unter erborgtem Namen keine Wahrheit sagen? Oder kann man niemanden widerlegen, wenn man nicht Persönlichkeiten in die Widerlegung mischt? In eben der Vorrede meldet der Herr Generalsup. daß allem Ansehen nach die Heilandskasse bald banquerot machen werde. Vielleicht zieht der Umsturz ihres ökonomischen Systems den Untergang der ganzen Gemeine nach sich. Ist in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam für 3 Gr. zu haben.

Berlinische privilegierte Zeitung, 35. Stück, 23.3.1751.

Boerner, Institutiones Theologiae symbolicae

Leipzig. Christiani Friderici Boerneri S. T. D. et P. P. Pr. Institutiones Theologiae symbolicae. Lipsiae apud Joh. Wendlerum 1751. in 8t. 2 Alph. 6 Bogen. Wenn alle Religionen, und die verschiedenen Arten derselben ihre symbolischen Bücher hätten, so wurden auf einmal unzählige falsche Beschuldigungen von Ungereimtheiten wegfallen, die sie sich unter einander ohn Unterlaß zu machen pflegen; die Meinungen einzler Glieder würden den ganzen Gemeinden nicht zur Last gelegt werden, und die Herren Polemici würden seltner mit Schatten fechten. Die Lutherische Kirche hat auf dieser Seite einen besondern Vorzug, und ihre symbolischen Bücher sind mit einer Behutsamkeit abgefaßt, welche tausend Köpfe, wann sie mit ihr nur in der Hauptsache einig sind, unter einen Hut zu bringen sehr geschickt ist. Man lacht also ganz mit Unrecht über den Eid, welchen ihre Gottesgelehrten auf diese Bücher ablegen müssen. Sie beschwören dadurch eigentlich nichts, als was sie von Jugend auf, mit biblischen Ausdrücken, in dem kleinern Catechismo gelernt haben; weil in allen übrigen Sätzen, durch diesen Schwur weder nähere Ausführungen, noch vorteilhafte Erklärungen, untersagt werden. Wie nötig es aber denen, welche sich der Gottesgelahrtheit widmen, sei einen besondern Fleiß auf diese Schriften zu wenden, erhellet auch nur aus dem Nachteil, welcher denen zuwächst, die die Sprache derselben nicht zu reden wissen, und aus der Gefahr, um ein falsch gebrauchtes Wort verketzert zu werden. Man kann ein Theologe, aber kein Lutherischer Theologe, ohne eine genaue Einsicht in dieselben, sein, daß also diejenigen allen Dank verdienen, welche sie allgemeiner zu machen suchen. Viele Jahre hindurch hat es der Herr Doktor und Prof. Primarius Börner auf der hohen Schule in Leipzig auf die rühmlichste Art getan, wovon gegenwärtiges Werk der sicherste Beweis sein kann. Die Einrichtung desselben ist folgende. In der Einleitung handelt er sowohl von den symbolischen Büchern überhaupt, von ihrer Notwendigkeit, und ihrem Ansehen, als auch von jedem insbesondere, und berührt alles, was zu der Historie derselben gehört. Die Ausführung selbst bestehet aus ein und zwanzig Kapiteln, deren jedes zwo Abteilungen hat. In der ersten Abteilung werden die Stellen aus den Symbolischen Büchern, welche die Lehre, die in diesen Kapiteln abgehandelt wird, angehen, angeführt, und wo es nötig ist, gegen die Veränderungen unechter Ausgaben gerettet. In dem andern Abschnitte werden diese Stellen erklärt, bewiesen, und die einschlagenden Irrtümer anderer Religionen widerlegt. Dieser Plan und die sonst bekannte Gelehrsamkeit des Herrn Verfassers kann zureichende Gewähr leisten, daß durchgängig alle Gründlichkeit darinne herrscht, deren ein solches Werk fähig ist. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 20 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 36. Stück, 25.3.1751.

Gottsched, Gedichte

Leipzig. Allen nach Standesgebühr höchst und hochzuehrenden Liebhabern, Gönnern, und Beförderern einer echten deutschen Poeterey kündigen und preisen wir folgendes Werk an. Herrn Johann Christoph Gottscheds, der Weltw. und Dichtkunst öffentl. Lehrers in Leipzig, Gedichte, bei der jetzigen zweiten Auflage übersehen und mit dem II. Teile vermehrt, nebst einer Vorrede ans Licht gestellet von M. Joh. Joachim Schwaben. Leipzig, verlegts B. Chr. Breitkopf. 1751. in groß 8t. Das Äußerliche dieser Gedichte ist so vor trefflich, daß sie, wie wir hoffen, den Buchläden große Ehre machen werden, und wie wir wünschen lange Zeit machen mögen. Von dem innerlichen aber einen zureichenden Entwurf zu geben, das übersteigt unsre Kräfte. Der erste Teil ist alt, und nur die Ordnung ist neu, welche der schärfsten Hof-Etiquette Ehre machen würde. Wenn der Verfasser den Einfall dazu nicht in Wien bekommen hat, so hat er ihn wenigstens nicht bei dem Horaz gelernt, dem er sonst ein sehr wichtiges Kunststück abgestohlen hat, das große Kunststück nämlich seine Jübeloden allezeit fein zum Schlusse der Abteilung von den Oden zu setzen. Der andre Teil ist größten Teils neu, und mit eben der Rangordnung ausgeschmückt, welche bei dem ersten so vorzüglich angebracht ist; so daß nämlich alle Gedichte auf hohe Häupter und fürstliche Personen in das erste Buch; die auf gräfliche, adeliche und solche die ihnen gewissermaßen gleich kommen, ins zweite; alle freundschaftliche Lieder aber ins dritte Buch gekommen sind. Uns ist die Ode auf den Herrn von Leibniz sogleich in die Augen gefallen. Der größte Teil derselben beschäftiget sich mit dem Lobe der Stadt Leipzig. Das ist Pindarisch! Wann dieser erhabne Sänger das Lob eines olympischen Siegers vergöttern sollte, von dem er auf der Gottes Welt nichts rühmlichers zu sagen hatte, als etwa die Geschwindigkeit seiner Füße, oder die Stärke seiner Fäuste, so geschah es dann und wann, daß er statt seiner, seine Vaterstadt lobte. O wahrhaftig! das heißt die Alten mit Überlegung nachahmen, wenn es anders der Herr Prof. Gottsched zur Nachahmung der Alten getan hat. Wer kann übrigens ernsthaft bleiben, wenn er das Lob dieses Weltweisen auf die Erfindung verschiedner Kleinigkeiten stützt, wie zum Exempel seine Dyadik ist, welche er zu erfinden eben nicht Leibniz hätte sein dürfen. Doch die Dyadik ist für den Hrn. Prof. vielleicht ein eben so unbegreifliches Ding als ihm die Analysis infinitorum zu sein scheint, die er, mit vieler Einsicht, die Rechenkunst in den unendlich Kleinen nennt. Dem poetischen Geiste des Hrn. Professors das völligste Recht widerfahren zu lassen, dürften wir nur eine Stelle aus einem Schreiben an den Herrn von Scheyb anführen, wo er sein zu entbehrendes Urteil über den Messias fällt; allein wir wollen es immer in einem Buche lassen, in welchem es nur bei denen einen Eindruck machen wird, welche gestraft genug sind, dieses große Gedicht nicht zu verstehen. Gesetzt es hat einige Flecken, so bleibt es doch allezeit ein Stück, durch welches unser Vaterland die Ehre schöpferische Geister zu besitzen verteidigen kann. Eine Anmerkung aber müssen wir aus angeführtem Schreiben hersetzen: »Herr Bodmer, sagt der Herr Prof. Gottsched, hat an den Herrn Schuch, Prinzipal einer deutschen Schauspielergesellschaft, nach Basel geschrieben, und ihn eingeladen nach Zürich zu kommen, nicht etwa tragische und komische Schauspiele daselbst aufzuführen, sondern durch seine geschicktesten Personen beiderlei Geschlechts den Messias auf öffentlicher Bühne hersagen zu lassen. Der Brief ist vorhanden.« Die Wahrheit dieser Anekdote vorausgesetzt, so ist sie eben so gar lächerlich nicht, als sie dem Herrn Prof. scheinet. Wäre es nicht sehr gut, wenn man auch unsre Schauplätze zu den Vorlesungen verschiedner Arten von Gedichten anwendete, wie es in der Tat bei den Römern üblich war. Hat er vergessen, daß Virgil selbst sein Heldengedicht auf öffentlichem Theater dem Volke vorgelesen hat? Diese Gedichte kosten in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 2 Tlr. 4 Gr. Mit 2 Tlr. bezahlt man das Lächerliche, und mit 4 Gr. ohngefähr das Nützliche.

Berlinische privilegierte Zeitung, 37. Stück, 27.3.1751.

Rambach, Abhandlungen ausländischer Gottesgelehrten

Leipzig und Greifswalde. Sammlung auserlesener Abhandlungen ausländischer Gottesgelehrten zur Unterweisung des Verstandes und Besserung des Herzens; zusammen getragen von Friedr. Eberh. Rambach, Past. zum Heil. Geist in Magdeburg. Leipzig und Greifswalde. 1750. in 8t. 1 Alph. 16 Bogen. Dieses ist der Anfang einer Sammlung von Schriften, deren Beschaffenheit genugsam auf dem Titel ausgedrückt ist. In der Vorrede bestimmt der Herr Pastor Rambach ihren Zweck aber noch näher, und sagt, daß es Abhandlungen sein sollen, welche vermögend sind, den mit Vorurteilen, Unwissenheit und Zweifeln verhinderten menschlichen Verstand zu unterweisen und ihm ein Licht vorzuhalten, nach welchem er sich in schweren Fällen, auch wohl im Stande empfindlicher Anfechtungen richten kann; Abhandlungen, die uns zeigen, wie heilig, gerecht und gut die Forderungen und Vorschriften des Evangelii Jesu Christi sind; Abhandlungen, die gewisse besondre Verheißungen des Evangelii betreffen, die Kraft, das Leben und den göttlichen Nachdruck derselben vor Augen legen, sonderlich aber sollen es solche Abhandlungen sein, die auf den wichtigen Punkt der geistlichen Sittenlehre, nämlich auf den Unterscheid der Natur und Gnade, gerichtet sind. Alle diese Eigenschaften wird der Leser an denjenigen Stücken finden, die in diesem ersten Teile befindlich sind. Es sind namentlich folgende: 1) John Flavels, ehemaligen Predigers zu Dortmouth in England, Betrachtungen über die menschliche Furcht; das Leben dieses Mannes, welches für eine gewisse Art Leser sehr erbaulich sein wird, macht den größten Teil der Vorrede aus. 2) Tillotsons Betrachtung über die gerechte Forderung Jesu: Gott mehr zu fürchten, als die Menschen. 3) Wilhelm Saldeni, weiland berühmten Predigers in Delft, Prüfung menschlicher Urteile, aus dem Holländischen übersetzt. Es ist ein Glück, daß noch hier und da ein Gottesgelehrter auf das praktische des Christentums gedenkt, zu einer Zeit, da sich die allermeisten in unfruchtbaren Streitigkeiten verlieren; bald einen einfältigen Herrnhuter verdammen; bald einem noch einfältigern Religionsspötter durch ihre sogenannte Widerlegungen, neuen Stoff zum Spotten geben; bald über unmögliche Vereinigungen sich zanken, ehe sie den Grund dazu durch die Reinigung der Herzen von Bitterkeit, Zanksucht, Verleumdung, Unterdrückung, und durch die Ausbreitung derjenigen Liebe, welche allein das wesentliche Kennzeichen eines Christen ausmacht, gelegt haben. Eine einzige Religion zusammen flicken, ehe man bedacht ist, die Menschen zur einmütigen Ausübung ihrer Pflichten zu bringen, ist ein leerer Einfall. Macht man zwei böse Hunde gut, wenn man sie in eine Hütte sperret? Nicht die Übereinstimmung in den Meinungen, sondern die Übereinstimmung in tugendhaften Handlungen ist es, welche die Welt ruhig und glücklich macht. Ist in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam für 12 Gr. zu haben.

Berlinische privilegierte Zeitung, 38. Stück, 30.3.1751.

Gellert, Briefe

Leipzig. Briefe, nebst einer praktischen Abhandlung von dem guten Geschmacke in Briefen, von C. F. Gellert. Bei Johann Wendlern 1751. in 8. 20 Bogen. Was abgeschmackte Junkers und aberwitzige Neukirchs so unglücklich, und nur zur Aufhaltung des guten Geschmacks unternommen haben, wird in diesem Werke auf die vortrefflichste Art geleistet. Der Herr Verfasser hat sich das Recht längst erworben, daß die Welt auf alles, was aus seiner Feder fließt, aufmerksam sein muß; und wer ist geschickter als er, die Natur überall in ihre alte Vorrechte unter uns wieder einzusetzen? Den besten Briefsteller zu machen wird nichts erfordert als zu beweisen, daß man keinen Briefsteller braucht, und die ganze Kunst schöne Briefe zu schreiben ist die, daß man sie ohne Kunst schreiben lernt. Allein wie viel seltne Eigenschaften setzt diese Vermeidung der Kunst voraus? Gesunde Ordnung im Denken, lebhafter Witz, Kenntnis der Welt, ein empfindliches Herze, Leichtigkeit des Ausdrucks sind Dinge die den Deutschen weniger fehlen würden, wenn man sie in Schulen lernen könnte. Die meisten Lehrer haben sie selbst nicht; was Wunder also, daß sie ihre Schüler anführen, sich mit methodischen Leitfäden, topischen Einfällen, studierten Empfindungen, staubigten Realien und künstlichen Perioden zu behelfen? Wie unbeschreiblich würde der Nutzen sein, wenn die praktische Abhandlung des Hrn. Gellerts alle wohl informierte Briefsteller und alle die gelehrten Männer auf us de conscribendis epistolis aus den Klassen vertreiben könnte? Man würde die Briefe des Cicero und Plinius besser nutzen lernen, und einige lateinische Brocken würden das wenigste sein, was man ihnen zu danken hätte. Ist es zu hoffen? – – – Die Briefe des Hrn. Gellerts selbst sind durchgängig Meisterstücke, die man eben so wenig als seine Fabeln zu lesen aufhören wird. Die schöne Natur herrscht überall, alle Zeilen sind mit dem süßesten Gefühle, mit den rühmlichsten Gesinnungen belebt; und die Überzeugung, daß sie der Verfasser an würkliche Personen geschrieben hat, macht das Anteil, welches die Leser daran nehmen, ungleich größer. Von was vor einem Herze sind sie die Beweise! Wie liebenswert hat sich der Verfasser selbst, ihm unbewußt, darinne geschildert! Welche Freundschaft, welche Aufrichtigkeit, welche Liebe! Mit was für einer philosophischen Gleichgültigkeit sind zwei Briefe abgefaßt, wobei wenigstens seine Leser nicht gleichgültig bleiben werden. Verdienet ein Mann, welcher das Vergnügen Deutschlands ist, kein Amt zur Belohnung, wenn anders ein Amt eine Belohnung sein kann? – – – Herr Gellert scheint den vornehmsten Inhalt seiner Abhandlung in eine Erzählung, die er auf der 83ten Seite einschaltet, gebracht zu haben. Können wir den Platz schöner anwenden, als wenn wir sie einrücken?

Ein junger Mensch, der, wenn er Briefe schrieb,

Die Sachen kunstreich übertrieb,

Und wenig gern mit stolzen Formeln sagte,

Las einem klugen Mann ein Trauerschreiben vor,

Darin er einen Freund beklagte

Der seine Frau durch frühen Tod verlor,

Und ihm mit vielen Schulwitz sagte,

Daß nichts gewisser wär, als daß er ihn beklagte.

Ihr Brief, fiel ihm der Kenner ein,

Scheint mir zu schwer und zu studiert zu sein.

Was haben Sie denn sagen wollen?

»Daß mich der Fall des guten Freunds betrübt,

Daß er ein Weib verlor, die er mit Recht geliebt,

Und meinem Wunsche nach stets hätte haben sollen;

Daß ich von Lieb und Mitleid voll,

Nicht weiß, wie ich ihn trösten soll.

Dies ungefähr, dies hab ich sagen wollen.«

Mein Herr, fiel ihm der Kenner wieder ein,

Warum sind Sie sich denn durch Ihre Kunst zuwider?

O schreiben Sie doch nur, was Sie mir sagten, nieder:

So wird Ihr Brief natürlich sein.

Kostet in den Vossischen Buchhandlungen hier und in Potsdam 12 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 55. Stück, 8.5.1751.

Bodmer, Jacob und Joseph

Zürich [Johann Jacob Bodmer:] Jacob und Joseph: ein Gedicht in drei Gesängen.

Instant, he cry’d, your femal discord end,

Ye deedless boasters! And the song attend:

Obey that sweet compulsion, nor profane

With dissonance the smooth melodious strain.

Zyrich. Bei Conr. Orel und Compagnie. MDCCLI. In Quart, 13 Bogen.

Wir sehen wohl, was die Absicht des Verfassers dieser Deutschen Pseudohexameter gewesen ist. Er hat eine rührende Geschichte, wozu die Verlierung des Joseph und seine glückliche Wiederfindung allerdings sehr geschickt gewesen, poetisch beschreiben, und dabei Gelegenheit nehmen wollen, seine Stärke in der Schilderung starker Gemütsbewegungen und in der von seinen kritischen Landsleuten so sehr und bis zum Ekel gerühmten malerischen Dichtkunst zu zeigen. Uns dünkt aber, es ist ihm gar schlecht, und zu weilen nur von ungefähr, gelungen. Er hat dazu die Klopstockische Versart, das ist, die in dem Virgil und Ovid so wohlklingenden Hexameter, deren unsere Muttersprache an sich vollkommen fähig ist, welche aber von dem geistreichen Verfasser des Messias und seinen Affen sehr gemißhandelt worden, erwählet. Wie können doch Deutsche Ohren bei diesem unerträglichen Übelklange so unempfindlich sein? Hat Horaz den Wohlklang im Sylbenmaße nicht so gut beobachtet, als Virgil und Ovid, so hat es ihm gewiß nicht am Willen, sondern an der Fertigkeit in dieser poetischen Kleinigkeit gemangelt. Wir wollen aber einem Dichter, welcher sich nun einmal in ein solch höckerichtes Wesen verliebt hat, gern seine kleine Torheit vergeben, wenn er nur dabei das wesentliche Poetische in seiner Gewalt hat. Dieses können wir aber von dem Verfasser des »Jacob und Joseph« nicht sagen. Man lese einmal folgenden Anfang:

Bald war ein jahr mit auf- und niedergehenden tagen

In das westliche meer gesunken, seitdem das geschlechte

Jacobs, den Gott mit dem wyrdigern nahmen des Israel ehrte,

Von den grenzen des Nils und der Mizren zuryke gekommen,

Mit getreide zwar wol versehn, doch voll kraenkenden sorgen,

Furcht sass in den minen und gram entstellt’ ihr gesichte;

Simeon, einer der aeltesten, war zuryke geblieben,

Ihn befahl der Oberhofmeister in bande zu legen,

Dass er sein staatsgefangner verbliebe, bis Simeons bryder

Beim wiederkommen mit ihnen denn jyngsten bruder auch braechten,

Dadurch sollten die bryder ihm ihre treue bewaehren:

Denn er hatte verdacht, sie waeren gekommen, die bloesse

Von Mizraim zu spaehn. Sie waren zwar keine kundschafter,

Dieser bezychtigung halber war ihr gewissen beruhigt:

Aber sie nagete mit verschwiegenen bissen die synde,

Die sie an ihrem bruder, dem Joseph, begangen; sie hatten

Ihn kaufleuten von Ismaels stamm zu sclaven verkaufet.

Man schreibe dieses ohne Absätze der Zeilen hin: so wollen wir demjenigen Trotz bieten, welcher merken wird, daß es Poesie sein soll. Und so ist fast das ganze Gedicht.

Gleichwie dieser Verfasser dem Verfasser des Messias in der Versart nachgeahmet hat, also hat er es dem Verfasser des Frühlings in den Lateinischen Buchstaben nachgetan. Das heißt gute Dichter glücklich nachahmen! Aber warum will man denn unsere ursprüngliche Sprache in das Joch fremder Charaktere zwingen? Laßt uns doch das ehrwürdige Altertum unserer Muttersprache auch in den ihr eigenen Buchstaben behaupten! Man wirft unsern Buchstaben vor, daß sie so viel Ecken haben! Welch ein Vorwurf! Gleich als ob die Ecken nicht so ehrlich wären, als die Rundungen, und als ob die Lateinischen Charaktere nicht eben so viel Ecken hätten. Denkt man dadurch die Ausländer zu Erlernung unserer Sprache anzulocken, so irret man sich sehr. Wenn sie bis auf die Buchstaben, welche doch meistens den Lateinischen sehr ähnlich sind, kommen, so kommen sie auch weiter. Es ist übrigens ohne Zweifel wegen des Mangels an ü in dem Antiquaschriftkasten geschehen, daß man Statt derselben lauter y genommen hat, und weil hierdurch auch das Fach des y leer geworden, so hat man notwendig, anstatt des y, welches sonst ein guter alter ehrlicher Deutscher Buchstabe ist, allemal ein i genommen. Dergleichen Sprachverbesserungen können wir für nichts anders, als für Kinderspiele, ansehen, welchen gesetzte Deutsche Schriftsteller nachzuäffen sich jederzeit schämen werden; und das von Rechts wegen.

Kritische Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit, 27. Stück, 2.7.1751.

Bodmer, Die Synd-Flut

[Johann Jacob Bodmer:] Die Synd-Flut. Ein Gedicht, Erster und zweiter Gesang. Zyrich, bei Heidegger und Compagnie 1751. In groß Quart, 5 Bogen.

Der Verfasser dieses Gedichts wagt sich auf einen Teil des Feldes, welches der Verfasser des Noah, Hr.Bodmer, zu durchlaufen sich vorgenommen hat. Er hat sich in der wohlgesetzten Vorrede wegen dieses Unternehmens hinlänglich entschuldiget. In dem Äußerlichen ist dieses Gedicht dem vorhergehenden fast vollkommen gleich. Dem Innern nach kömmt es der Sprache eines Dichters etwas näher, ob es gleich auch hin und wieder ziemlich nach der Prose schmeckt. Wir werden sehen, wie ihm die Fortsetzung gelingen wird. Eine etwas seltsame, wir wollen nicht sagen, possierliche Stelle, wollen wir, zur Belustigung unserer Leser, hersetzen. Noah beklagt sich über die Aufführung der damaligen Menschen unter andern also:

Einige haben die zaertlichste Neigung zu Hunden, und andre

Halten sich gern zu den Affen, sie gehn mit ihnen vertraut um,

Wie mit Brudergeschlechten, und nehmen ihr thun sich zum Beyspiel.

Der haengt ein Froeschebein an, ein andrer die Quaste vom Kuhschwanz,

Dieser den Schnabel des Hahnen, sie hyten des nichtigen Spielzeugs,

Wie des rechten Augapfels, beglaubt ihr Leben und Wolseyn

Sey an seine Bewahrung gebunden, und mit ihm verlohren. etc.

Kritische Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit, 27. Stück, 2.7.1751.

Fénelon, Die Kunst glücklich zu regieren

Ulm. Herrn Franz Salignac de la Motte Fenelon, Erzbischofs zu Cämmerich, Kunst glücklich zu regieren; mit nützlichen Lehren zur klugen Einrichtung und Verwaltung eines Staats. 1751. Auf Kosten Joh. Friedrich Gaums. In 8t. 8 Bogen. Diesen Aufsatz hat Fenelon zum Gebrauch des damaligen vermutlichen französischen Thronfolgers, des Herzogs von Bourgogne, dessen Unterweisung ihm anvertrauet war, verfertigt. Er bestehet aus sieben und dreißig Prüfungen, wovon jede einen Punkt abhandelt, welcher einen notwendigen Einfluß auf das Wohl des Staats hat. In der ersten, zum Exempel, fragt er seinen Durchlauchtigen Schüler: Habt Ihr auch eine hinlängliche Erkenntnis von allen Wahrheiten der christlichen Lehre? In der zweiten: Seid Ihr noch niemalen auf die Gedanken geraten, daß die heilige Schrift nicht sowohl den Königen, als den Untertanen zur Regel und Vorschrift ihrer Handlungen diene? In der dritten: Habt Ihr nicht unter Euren Ratgebern diejenigen besonders vorgezogen, welche am allerbesten sich Euern ehrgeizigen, eiteln, hoffärtigen, wollüstigen und schädlichen Absichten zu fügen gewußt? Aus diesem wenigen wird man leicht schließen, daß diese Schrift eher heißen sollte: Die Kunst untadelhaft zu regieren, als die Kunst glücklich zu regieren. Man darf die Geschichte nur oben hin durchlaufen haben, um von der Wahrheit überzeugt zu sein, daß die besten Könige selten die glücklichsten, und die glücklichsten noch seltner die besten gewesen sind. So nahe Fenelon auch dem Ruder des Staats war, so wenig merkt man es doch aus seinen Vorschriften, welche nichts deutlicher zeigen, als daß von der eigentlichen Kunst zu regieren keine können gegeben werden. Alles, was Fenelon hier sagt, würde ein jeder Schullehrer von gutem Verstande auch haben sagen können. Es sind lauter allgemeine Sätze, welche aus einem Prinzen zur Not einen ehrlichen und vorsichtigen Mann, nichts weniger aber als einen großen König machen können. Die deutsche Übersetzung ist leidlich, nur verrät sie hin und wieder ihren Geburtsort. Der Übersetzer nennet sich in der Zueignungschrift T. E. Gerhardi. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 3 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 90. Stück, 29.7.1751.

Jacobi, Dieu meriteroit-il ...

Hannover. [Johann Friedrich Jacobi:] Dieu meriteroit-il bien qu’un homme eut pour lui des egards et du respect et qu’il lui en offrit un hommage public? Traduit de l’Allemand par une Westphalienne. à Hannovre aux depens de Jean Christ. Richter. 1751. in 8t. 121/2 Bogen. Die Urschrift dieses Werks ist bekannt. Sie hat sich mit Recht eine Stelle unter der kleinen Anzahl solcher Bücher erworben, welche ohne prahlende Gelehrsamkeit, die Pflichten der Religion den Herzen mehr einzuflößen, als dem Verstande aufzudringen suchen. Man hat eine Art des Vortrags dazu gewählt, worinne uns die Alten so viel Meisterstücke geliefert haben, und welchen die Neuern ganz verlassen zu haben schienen; den dialogischen. Alle Schönheiten desselben, die Sprache der Gesellschaft, die Verschiedenheit der Charaktere und Stellungen, die ungezwungnen Zwischenfälle, die angenehme Unordnung, welche eben so weit von der Methode als von der Verwirrung entfernt ist, die Übergänge, wovon man das Muster in der Natur der täglichen Unterredungen findet, sind glücklich erreicht worden. Die wesentlichern Schönheiten des Inhalts werden Lesern von Gefühl nicht entgehen. Dem Menschen ist alles eher angenehm zu machen, als seine Pflicht, und die Kunst das Joch der Religion als ein sanftes Joch vorzustellen, ist zu schwer, als daß sie jeder Gottesgelehrte haben sollte. Daher kommt es, daß man gegen ein Werk, von der Art wie das gegenwärtige ist, zwanzig findet, worinne man die Theologie als eine Sophisterei treibet, welche nichts weniger als einen Einfluß auf das Leben hat. Der Seelenschlaf, das jüngste Gericht, das tausendjährige Reich, die verklärten Körper werden noch jetzt in ganzen Alphabeten abgehandelt. Vortreffliche Gegenstände, welche wenigstens den Witz der Spötter tätig zu erhalten geschickt sind. Diesen aber durch ein Leben, welches der Geist der Religion beherrscht, und durch Lehrsätze zu entwaffnen, die durch eine erhabne Einfalt von ihrem göttlichen Ursprunge zeigen, ist ein Werk, womit man sich nur ungerne vermengt, weil es den Herrenhutern eingekommen ist, sich damit abzugeben. Wir erfreuen uns, daß man gleichwohl ein Buch von dieser Gattung allgemeiner zu machen gesucht hat, und zwar in einer Sprache, welche jetzo den Zoten und Gotteslästerungen gewidmet zu sein scheinet. Es hat die Übersetzung für hundert Streitschriften verdient, welche zu nichts dienen als den Haß zwischen den verschiednen Sekten zu erhalten. Westphalen hat einen guten französischen Dichter, es hätte also ganz leicht auch eine gute französische Übersetzerin haben können. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 8 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 103. Stück, 28.8.1751.

Haller, Opuscula anatomica

Göttingen. Opuscula sua anatomica de respiratione, de monstris aliaque minora recensuit, emendavit, auxit aliaque inedita novasque icones addidit Albertus v. Haller, apud Jo. Wilh. Schmidt 1751. in 8t. 1 Alph. nebst 10 Kupfertafeln. Die meisten von diesen kleinen anatomischen Schriften des Herrn von Hallers sind schon einzeln gedruckt worden; gleichwohl wird diese Sammlung die Anmut der Neuigkeit nicht verlieren, da sie vermehrter und verbesserter darinne erscheinen. In der Vorrede verteidigt sich der Herr Verfasser gegen den französischen Arzt Senac, und auf eine Art, welche ihm eben so viel Ehre macht, als dem Franzosen sein leichtsinniger Angriff schimpflich ist. Es ist, als ob es diese Nation verschworen hätte, einem Deutschen Recht widerfahren zu lassen. Ein alter Schriftsteller, der die Deutschen wenig kannte, sagt, die Deutschen wären Säufer. Man hat durch alle Jahrhunderte diesen Vorwurf fleißig wiederholt, und noch wiederholt ihn der Franzose so oft er auf Unkosten der Deutschen witzig sein will. Der artige Kopf in Paris hält die Begriffe ein Deutscher und saufen für eben so unzertrennlich als Wasser und naß sein, und wenn er in einer Roman einen Landsmann vor sich reisen läßt, so wird er ihn eben so gewiß in Deutschland der Gefahr sich ungesund saufen zu müssen, aussetzen, als er ihn in Italien der Gefahr hinterlistiger Weise erstochen zu werden aussetzt. In dem vorigen Jahrhunderte merkte ein Franzose an, daß die Deutschen in ihren Schriften aufrichtig genug wären, die Quellen woraus sie geschöpft anzuzeigen; es gefiel ihm, eine pedantische Begierde seine Belesenheit auszukramen daraus zu machen; und nunmehr war ein gelehrter Deutscher den Franzosen ein Geschöpf, das vollkommen weiß was andre gedacht haben, ohne selbst zu denken. Dieser Vorwurf dauert noch; niemals aber ist er wohl unglücklicher angebracht worden als bei den Schriften des Herrn von Hallers. Senac und de la Mettrie haben ihn gemacht, weil sie ihm mit aller Gewalt einen machen wollten, und weil es der einzige mögliche war, wobei sie nach ihrer Art witzig sein konnten. Auch aus diesen kleinen Werken wird man hinlänglich davon urteilen können, wovon wir uns die Titel anzuführen begnügen, 1) de musculis diaphragmatis. 2) De respiratione experimenta anatomica P. I. 3) Pars II. s. vindiciae. 4) Pars III. seu diarium experimentorum. 5) Quod corpora humana secuerit Hippocrates Programma. 6) Anatome fetus bicipitis ad pectora connati. 7) Duorum monstrorum anatome. 8) De fele capite semiduplici Programma. 9) De fetu cranii experte. 10) Ad Lemeryi de monstris objectiones responsio. 11) Strena anatomica. 12) Oratio de amoenitatibus anatomicis. 13) De membrana pupillari. Den Beschluß macht ein vollständiges Verzeichnis der sämtlichen Werke des Herrn von Hallers. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 1 Tlr. 8 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 115. Stück, 25.9.1751.

Schaubert, Briefsteller

Jena. Anweisung zur regelmäßigen Abfassung teutscher Briefe, und besonders der Wohlstandsbriefe, herausgegeben von M. Joh. Wilh. Schaubert. Bei Th. Wilh. Ernst Güth 1751. in 8t. Die Briefsteller und Heldendichter sind jetzt die Modeskribenten in Deutschland. Was brauchten unsere witzigen Köpfe mehr, als zu wissen, daß uns gute Briefe und Epopeen fehlen, um diesen Mangel abzuhelfen? Hätte man ihnen gleich zu Anfange dieses Jahrhunderts diesen Mangel zu Gemüte geführt, so würde unser Vaterland jetzo wenigstens so viel Briefsammlungen, als Gelegenheitscarmina, und eben so viel Heldengedichte als Postillen haben. Wie stolz könnten wir alsdenn gegen die Ausländer sein! Doch nur noch wenige zwanzig Jahre Gedult, meine Herren Balzacs, Bussys, Fontenells, Tassos, Glovers, Miltons etc. so werden Sie sich durch unsere G** R** St** durch unsre B** N** und von Sch** verdunkelt sehen. Wir würden uns ein Vergnügen daraus machen den Herrn M. Schaubert, unter diese Zahl zu setzen, wann wir wüßten, wem wir ihn von den Ausländern entgegen setzen sollten. Wo ist der witzige Kopf unter ihnen, der wenn er dichtet und wenn er Briefe schreibt, so systematisch ist, als nimmermehr kein Kompendium der wolfischen Philosophie? Wir freuen uns recht inniglich über die neue Erweiterung des Reichs der mathematischen Lehrart, und ersuchen den Herrn Verfasser dieser Anweisung, ja bei einer neuen Auflage den Paragraphen die Überschriften, Erklärung, Heuschesatz, Aufgabe, Auflösung, Zusatz etc. beifügen zu lassen; und in seinen eigenen Briefen, wenn er deren eine besondere Sammlung einmal heraus geben sollte, in Randnoten ja wohl anzuzeigen, welches der Hauptinhalt und Nebeninhalt, welches die Hauptgedanken und Nebengedanken derselben sind. Seine Arbeit hat übrigens einen ganz besondern Vorzug, diesen nämlich, daß man gleich aus dem Titel das gründlichste Urteil davon fällen kann. Er will regelmäßige Briefe schreiben lernen. O wahrhaftig was wäre auch sonst schöne als das Regelmäßige! Er darf aber nicht meinen, daß auch wir nichts mehr als den Titel gelesen haben. Eben weil uns die Lesung seiner Bogen Zeit gekostet hat, und wir doch in nichts klüger daraus geworden sind, eben darum haben wir uns aus Verdruß die regelmäßige Freiheit genommen, unsre Meinung zu sagen. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 6 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 134. Stück, 9.11.1751.

Nachricht über den Tod de La Mettries

Berlin

Wir haben unsern auswärtigen Lesern abermals eine Nachricht, welche den Hrn. de la Mettrie betrifft, mitzuteilen. Ohne Zweifel vermuten sie eine kleine witzige Torheit, die er schon wieder begangen hat. Es ist so was; ja: wenn sie nur nicht auf seiner Seite etwas allzuernsthaft ausgefallen wäre. Er ist gestorben. Wir sind gewiß, die Welt wird sich mehr Gedanken über seinen Tod machen, als er sich selbst bei Annäherung desselben gemacht hat. Die Welt aber wird höchlich betrogen werden, wenn sie sich einbilden läßt, der Schleier sei endlich von seinen Augen gefallen, er habe widerrufen, er habe alle die Schwachheiten begangen, die man so vielen Philosophen auf ihrem Sterbebette begangen zu haben, schimpflich nachrühmt. Seine

Animula vagula, blandula,

Hospes comesque corporis

hat ihre Wohnung ganz anständig verlassen, und sie hat sich über nichts betrübt, als daß das Uhrwerk ihres Lebens ins Stecken geraten, ehe es noch abgelaufen war. Man sieht wohl, daß wir hier halb nach seinem halb nach unserm Lehrbegriffe reden. So viel aber können wir als der kleinste Mund, dessen sich die unparteiische Nachwelt bedienet, sagen, daß nunmehr der Augenblick vorhanden sei, welcher sein Lob und seinen Tadel auf ihre gewissen Punkte festsetzet; daß man an ihm einen ursprünglichen Witz, eine ansehnliche Einsicht in diejenige Wissenschaft, durch die er sich gewiß bei dem Leben würde erhalten haben, wenn es nützlich wäre, daß die Ärzte unsterblich blieben, eine beneidenswürdige Fertigkeit, sich schön und neu auszudrücken, betauern werde, indem man alle seine böse Eigenschaften verabscheuet, die wir verschweigen, weil er nunmehr tot ist. Sein Tod erfolgte gestern vor acht Tagen. Vielleicht gelingt es uns, unsern Lesern ehestens einige besondere Umstände von seinem Leben mitteilen zu können.

Kritische Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit, 47. Stück, 19.11.1751.

Klopstock, Ode an Gott[1]

Ohne Benennung des Orts ist auf einem Bogen in 8t. eine Ode an GOtt von dem Herrn Klopstock, abgedruckt worden. Der Dichter betauret in dieser Ode den Verlust oder die Entfernung einer Geliebten. Er scheint sein Mägdchen, wie ein Seraph den andern, zu lieben, und nur eine solche Liebe konnte edel genug sein, daß man mit GOtt von ihr spricht. Durch die ganze Ode herrscht eine gewisse erhabene Zärtlichkeit, die weil sie zu erhaben ist, vielleicht die meisten Leser kalt lassen möchte. Man will übrigens einige leere Gedankenspiele, verschiedene Tautologien, und gemeine Gedanken, die sehr prächtig eingekleidet sind, darinne bemerken:

Verum ubi plura nitent in carmine etc.

Wir wollen folgende drei Strophen zur Probe hierher setzen, und weil das Sylbenmaß ein Horazisches ist, welches den meisten unbekannt sein möchte, so wollen wir die erstere bezeichnen.

◡ — | ◡ — | — | — ◡ ◡ — | ◡ ◡ |

◡ — | — — | — | — ◡ ◡ — | ◡ ◡

— — | ◡ — | — — | ◡ — | ◡

— ◡ ◡ | — ◡ ◡ | — ◡ | — — |

Mach Gott! | dies Le | ben, | mach es zum schnel | len Hauch, |

Oder | gib die | mir, | die du mir gleich | erschufst,

Ach! gib | sie mir | die leicht | zu ge | ben

Gib sie dem | bebenden | bangen | Herzen, |

Dem heilgen Schauer, der ihr entgegen wallt,

Dem stillen Stammeln der, die unsterblich ist,

Und sprachlos, ihr Gefühl zu sagen,

Kaum noch in Tränen hier bang zerfließet.

Gib sie den Armen, die ich voll Unschuld oft

In meiner Kindheit zu dir hab ausgestreckt,

Wenn ich mit heißer Stimm voll Andacht

Dich um die ewige Ruh anflehte.

Was für eine Verwegenheit, so ernstlich um eine Frau zu bitten! Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 1 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 146. Stück, 7.12.1751.

Klopstock, Ode an Gott[2]

Man sieht, ohne Benennung eines Orts: Ode an GOtt von Herrn Klopstock, 1751. In Okt. 1 Bogen.

Vielleicht vermutet man in dieser Ode poetische Betrachtungen über die Majestät Gottes; und man mutmaßet auch recht. Oder vielleicht sucht man darinnen ein Gebet einer entzückten Demut; und man irret sich auch hierinne nicht. Man findet beides darinne: dennoch ist diese Ode ein Liebeslied, und man könnte sie das hohe Lied Klopstocks nennen. Man sieht wohl, daß Herr Klopstock derjenige ist,

– – – cui mens divinior atque os

Magna sonaturum,

und daß er Pindarisch schreiben würde, wann er auch ein Gedicht vom Ackerbau schriebe. Er beweint die Abwesenheit seiner Geliebten, und anstatt daß ein anderer Dichter, welcher in ähnlichen Umständen war, seine poetische Klage mit einem Soll ich meine Doris missen? etc. anfing, so erschüttert ihn ein stiller Schauer der Allgegenwart Gottes; sein Herz und sein Gebein beben sanft gerührt; er fühlt, er fühlt es, daß Gott auch da, wo er wohnt, Gott ist. Er wünscht mit Gott zu reden, zweifelt aber, daß er ihn wird zu sprechen bekommen. Endlich wagt er es, mit dem Ewigen zu reden; er sagt ihm, daß er, Gott, ewig ist, und daß er, Klopstock, liebet. Der Ewige soll ihm seine Geliebte wieder geben, oder er soll sein Leben zu einem schnellen Hauch machen. Er verspricht ihm dafür, noch einmal so tugendhaft zu sein, wenn sie bei ihm ist, und den Messias desto feuriger zu besingen. Von ihr geliebt, sagt er, will ich dir feuriger entgegen jauchzen; will ich mein volles Herz in hohen Hallelujaliedern, ewiger Vater! vor dir vergießen. Dann, wann sie mit mir deinen erhabenen Ruhm gen Himmel weinet, bebend, mit schwimmenden entzückten Augen, will ich mit ihr hier schon das ewige Leben fühlen. Das Lied des Sohns, trunken in ihrem Arm, von reiner Wollust, will ich erhabener, Enkeln, die gleich uns lieben, gleich uns Christen sind, seligen Enkeln singen.

Unsere Leser werden wohl die Absätze der Verse, welche wir, den Raum zu ersparen, weggelassen haben, da sie ohnedies ohne darüber gesetzte Zeichen keine Füße haben würden, nicht vermissen.

Einen Gedanken unsers berühmten Dichters, welchen wir ohne diese Anmerkung nicht haben denken können, müssen wir noch berühren. Es ist der in dieser Ode und in dem Messias oft vorkommende Gedanke von dem Gedanken, welcher gedacht wird. Dieser gedacht werdende Gedanke, welcher so lange ein guter poetischer Gedanke, oder vielmehr Ausdruck ist, als er weniger geschrieben, als gedacht wird, hat, wenn wir uns recht erinnern, seinen Ursprung von einem Gedanken eines bekannten glücklichen Dichters, welcher ihn dachte, als er einsmal eine Ode verfertigte. Dieser Gedanke und das Denken des Gedankens fand damals gleich bei einigen wahren Kennern poetischer Schönheiten, und nachmaligen vertrauten Freunden des Hrn. Klopstocks, weil er gut angebracht, und nur einmal angebracht war, vielen Beifall. O imitatores! – – – –

Kritische Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit, 51. Stück, 17.12.1751.

Voltaire, Amalie ou le Duc des Fois

Amalie ou le Duc de Fois, Tragedie de Monsieur de Voltaire. Gentilhomme ordinaire de la chambre du Roi de France et Chambelan du Roi de Prusse. à Dresde 1752. chez G. C. Walther, Libraire du Roi, in gr. 8v. auf 5 Bogen. Einen Voltaire loben ist eben so was unnötiges, als einen Hancken tadeln. Ein großer Geist hat nun einmal das Recht, daß nichts aus seiner Feder kommen kann, als was mit dem Stempel des Besten bezeichnet ist.

Was ihn bewegt, bewegt; was ihm gefällt, gefällt.

Sein glücklicher Geschmack ist der Geschmack der Welt.

Was für ein Dichter! welcher auch in seinem Alter das Feuer seiner Jugend beibehalten hat; so wie er in seiner Jugend die bedächtliche Kritik des Alters gleichsam sich im voraus weggenommen hatte. Man besorge nur nicht, daß er wohl noch das Schicksal des großen Corneille haben könne. Und gesetzt; was wäre es mehr? Sind nicht auch in den jüngsten Stücken dieses Dichters tausend Stellen, wovon eine einzige einen ganzen »Colligny« wert ist? – – Doch weit ist »Amalie« noch von diesem Falle entfernt, und wie gesichert ist sie, auch von dem parteilichsten Kunstrichter weder ein Helas noch ein Holla! zu hören. Sie hat nicht nur schöne Stellen; sie ist durchaus schön, und die Tränen eines fühlenden Lesers werden unser Urteil rechtfertigen. Der Stoff ist aus der Geschichte der mittlern Zeit genommen. Es würde eine sehr trockene und überflüssige Untersuchung werden, das wahre und das erdichtete davon zu bestimmen. Wie leicht könnte es kommen, daß das letztere das erstere verschlänge? Noch törigter würde es sein, wenn wir den Inhalt hier verraten wollten. Wir wollen den Lesern das Vergnügen das aus dem Unerwarteten entsteht ganz gönnen, und ihnen weiter nichts sagen, als daß es ein Trauerspiel ohne Blut, zugleich aber ein lehrendes Muster sei, daß das tragische in etwas mehr als in der bloßen Vergießung des Bluts bestehe. Was für Stellungen! Was für Empfindungen! Lisois, was für ein Charakter! Es ist vielleicht verwegen zu sagen, der Dichter habe sich selbst darinnen übertroffen. Doch es sei verwegen; gibt es nicht auch verwegene Wahrheiten? – – Kostet in den Vossischen Buchläden 6 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 150. Stück, 14.12.1752.

Crébillion, Idomeneus

Idomeneus, ein Trauerspiel des Hrn. Crebillon. Stralsund und Leipzig bei Joh. Jacob Weitbrecht. 1752. Von dem Trauerspiele selbst ist nichts zu sagen. Wer kennt den blutigen Kothurn eines grausamen Crebillon nicht? Die Übersetzung ist in reimlosen Zeilen, mit abwechselnder Versart. Warum der Übersetzer den Reim verbannt habe, zeigt er in der Vorrede an: weil man mitten in dem Sturme der Leidenschaften stets durch sein widerliches und unnatürliches Geklapper erinnert werde, man sei nur auf dem Schauplatze. Vortreffliche Ursache! Hieraus würde folgen, daß man mit verbundenen Augen in den Schauplatz gehen müsse. Jedes Licht, jede Verzierung der Szenen, jede Vekleidung der Schauspieler, erinnert mich weit mehr, als der Reim, daß ich nur auf dem Schauplatze bin; indem alles, was ich mit den Augen sehe, einen weit schärfern Eindruck macht, als was flüchtig durch die Ohren rauscht. Warum ist man nun nicht aufrichtig mit der Welt? Warum sagt man ihr nicht gleich? ich hatte große Lust dieses Trauerspiel zu übersetzen, ich war aber zu faul oder zu ungeschickt, die Schwierigkeiten des Reims, so wie etwa Schlegel (siehe die Vorrede zu seinen theatralischen Werken) zu übersteigen; und habe also den Reim an Galgen heißen gehen. – – Ob er in der Wahl der jedesmaligen Versart, sagt der Herr Übersetzer, glücklich gewesen oder nicht, werde die Aufführung dieses Stücks am besten zeigen können. Ins Ohr, mein Herr! Ihre Übersetzung möchte wohl nimmermehr aufgeführt werden; es müßte denn von einer Gesellschaft sein, die Sie ausdrücklich dazu erbeten. Fragen Sie nur einen Schauspieler, was für Dienste ihm der Reim bei dem memorieren leiste? Sie werden alsdann aus seiner Antwort schließen können, ob Sie ihm durch Ihre Neuerung eine große Gefälligkeit erzeigt haben. Werfen Sie mir nicht höhnisch ein, er habe Ihre Verse nur als Prosa zu lernen. Sie irren sich; in der Prosa kann er hier und da ein Wort, ohne Nachteil der Stärke der Gedanken versetzen, welches er in Ihren Versen unterlassen muß, wann sie anders Verse bleiben sollen. – – Kostet in den Vossischen Buchläden 4 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 152. Stück, 19.12.1752.

Massuet, Elemens de la Philosophie moderne

Elemens de la Philosophie moderne, qui contiennent la Pneumatique, la Metaphysique, la Physique expérimentale, le Système du Monde, suivant les nouvelles decouvertes. Ouvrage enrichi de Figures. Par Mr. Pierre Massuet, Docteur en Medicine, en II Tomes. in 12. 1 Alph. 16 Bogen, nebst 5 Bogen Kupfer. Der Herr Massuet ist zwar nicht der erste, welcher die neuere Weltweisheit nach dem Begriffe eines jeden vorzutragen sucht; er ist aber unwidersprechlich der glücklichste. Die übrigen alle haben einer gewissen Philosphie geschworen, und teilen ihren Lesern von den neuen Entdeckungen nur diejenigen mit, welche in ihr Lehrgebäude passen. Wie viel verliert man also nicht bei diesen Herren, welche die Natur nach ihren Ideen, nicht aber ihre Ideen nach der Natur einrichten wollen? Und wie viel aufrichtiger ist Herr Massuet, welcher in allen den Stücken, worinne die Weltweisen uneinig sind, auf keines Seite tritt; die Gründe für und wider in aller ihrer Stärke vorträgt, und es dem Leser überläßt, seinen Beifall fest zu setzen, oder welches immer das beste ist, so lange zu verschieben, bis neue Erfahrungen ein größeres Licht, in der streitigen Sache, anzünden. Diese Entfernung von allen Sekten ist ein großer Vorzug gegenwärtiger Anfangsgründe; er ist aber bei weitem nicht der einzige. Die ungemeine Deutlichkeit, und die sorgfältige Vermeidung aller unnützen Spitzfindigkeit, hätten wir zuerst rühmen sollen. Nach dem Eingange, welcher von der Weltweisheit überhaupt handelt, teilt Hr. Massuet die ganze Philosophie in nicht mehr als drei Bücher. In dem ersten handelt er die Pneumatik, in dem andern die Metaphysik und in dem dritten die Experimentalphysik ab. Was werden aber unsere tiefsinnigen Terminologisten sagen, wann sie sehen werden, daß der Verfasser ihre Königin der Wissenschaften in zehen kleinen Hauptstücken abgefertiget, der Naturlehre hingegen ganzer 88 Kapitel gewidmet hat? Sie werden ohne Zweifel in der barbarischsten Sprache über Barbarei schreien, und aus Rache (wo es nur nicht auch aus Unwissenheit geschieht) in ihren nächsten Lehrbüchern der Physik die wenigsten Blätter einräumen; ja sie noch dazu so vortragen, daß man auch diese, wie gewöhnlich, ganz und gar wird überschlagen müssen. – – Sonst hat es dem Hrn. Massuet gefallen, sich der Methode durch Frag und Antwort zu bedienen; und hoffentlich wird man sich nicht daran stoßen, weil er diese Lehrart, weder von einem Hübner, noch von einem Reimann gelernt hat. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 2 Tlr. 16 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 154. Stück, 23.12.1752.

D' Espiard, L'Esprit des Nations

[Fr.-Ign. d’Espiard:] L’Esprit des Nations, en II Tomes, à la Haye 1752 in 12. jeder Teil 12 Bogen. Die edelste Beschäftigung des Menschen ist der Mensch. Man kann sich aber mit diesem Gegenstande auf eine gedoppelte Art beschäftigen. Entweder man betrachtet den Menschen im einzeln, oder überhaupt. Auf die erste Art kann der Ausspruch, daß es die edelste Beschäftigung sei, schwerlich gezogen werden. Den Menschen im einzeln zu kennen; was kennt man? Toren und Bösewichter. Und was nützt diese Erkenntnis? uns entweder in der Torheit und Bosheit recht stark, oder über die Nichtswürdigkeit uns gleicher Geschöpfe melancholisch zu machen. Ganz anders ist es mit der Betrachtung des Menschen überhaupt. Überhaupt verrät er etwas großes und seinen göttlichen Ursprung. Man betrachte, was der Mensch für Unternehmungen ausführt, wie er täglich die Grenzen seines Verstandes erweitert, was für Weisheit in seinen Gesetzen herrschet, von was für Emsigkeit seine Denkmäler zeigen. Das einfacheste und vollkommenste Bild von ihm auf dieser Seite zu erhalten, muß man es, auf eine Lucianische Art, aus den schönsten Teilen seiner Arten, das ist der Nationen, zusammen setzen, wozu aber eine sehr genaue Charakteristik derselben, erfordert wird. Noch hatte kein Schriftsteller sich diesen Gegenstand insbesondere erwählet; so daß der Verfasser der gegenwärtigen Schrift mit Recht von sich rühmen kann: libera per vacuum posui vestigia princeps. Man begreift es leicht, daß er alle seine Anmerkungen auf die Geschichte gründen müsse, und daß, wann er nur das geringste von dem Charakter einer Nation, ohne sich auf die Erfahrung zu stützen, behaupten wollte, er eben so lächerlich werden würde, als der Naturforscher, der uns neue Entdeckungen aufdringen will, ohne sie durch Experimente zu beweisen. Man muß ihm aber mit Recht den Ruhm lassen, daß er sich als einen eben so großen Kenner der Geschichte, als einen scharfsinnigen Weltweisen erwiesen hat. In diesen beiden ersten Teilen, denen vielleicht noch einige folgen möchten, ist seine Beschäftigung diese, daß er die Ursachen der Verschiedenheit unter den Nationen untersucht, die vornehmsten alter und neuer Zeiten mit einander vergleicht, und ihren abwechselnden Vorzug bestimmt. Eigentlich zu reden hat man keine andere als physikalische Ursachen, warum die Nationen an Leidenschaften, Talenten und körperlichen Geschicklichkeiten so verschieden sind; denn was man moralische Ursachen nennt, sind nichts als Folgen der physikalischen. Die Erziehung, die Regierungsform, die Religion zu den Ursachen dieser Verschiedenheit zu machen, zeigt deutlich, daß man es entweder schlecht überlegt hat, oder einer von denjenigen Gelehrten ist, die zum Unglück in Ländern geboren sind, von welchen man vorgibt, daß sie den Wissenschaften weniger günstig, als etwa Frankreich und England, wären, und also sich selbst Unrecht zu tun glauben, wann sie den Einfluß des Klima auf die Fähigkeit des Geistes zugeben wollten. Unter den Beurteilungen verschiedener Völker, welche der Verfasser angestellet, ist insbesondere die Beurteilung der Chineser und der alten lazedämonischen Republik ungemein lesenswürdig. Er behauptet von der letztern, daß viele Gesetze des Lykurgs allzubesonders gewesen wären, und daß die Tugenden der Spartaner nicht allezeit aus den besten Grundsätzen geflossen wären. Es war, sagt er, allzuviel Kunst und Gezwungenheit dabei. Es war Schmünke; freilich die schönste von der Welt, weil sie von Griechen und Philosophen war gemacht worden; aber es war doch Schmünke. Kostet in den Vossischen Buchläden, hier und in Potsdam, 1 Rtlr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 1. Stück, 2.1.1753.

Genard, L'ecole de l'homme

Bald wird in Frankreich die Profession eines Sittenlehrers die Profession eines Wagehalses werden. Schon wieder eine Moral die man in Paris verbrannt hat! Hier ist der Titel: [François Genard:] L’ecole de l’homme ou Parallele des portraits du siecle et des tableaux de l’Ecriture sainte. Ouvrage moral, critique et anedotique en III Tomes, in 8. Der Verfasser hat sich seine glücklichen Vorgänger in moralischen Schilderungen nicht abschrecken lassen. Auch nach einem Bruyere, Claville und Panage glaubt er etwas neues sagen zu können. Ihre Werke, behauptet er, hätten bloß die Kraft einen artigen Mann, oder aufs höchste einen ehrlichen Mann zu bilden; er aber wolle, nebst diesen, einen Christen zu bilden suchen. Und in der Tat, darinne geht er von allen jetztlebenden französischen Witzlingen ab; er zeigt es auf allen Seiten, daß er Religion habe, daß er sie seinen Lesern einzuflößen suche, daß er überführet sei, nur sie gäbe allen guten Eigenschaften den wahren Wert, nur durch sie allein könne man ein rechtschaffener Vater, ein rechtschaffener Sohn, ein rechtschaffner Ehemann, ein rechtschaffner Freund, ja sogar ein rechtschaffner Liebhaber sein. Und das Werk eines solchen Schriftstellers, wird man sagen, ist verbrannt worden? Nicht allein; man hat sogar den Verfasser, welcher ein Soldat unter der königlichen Garde, Namens Gesnard, sein soll, ins Gefängnis gesetzt, wo er sein Schicksal zu erwarten hat. Warum hat er mit aller Gewalt ein Lucil werden wollen, von welchem Horaz sagt:

Primores populi rapuit, populumque tributim,

Scilicet uni aequus virtuti atque ejus amicis.

Eine Menge satyrischer Schilderungen, in welchen man beinahe den ganzen parisischen Hof, und wer weiß was noch für hohe Häupter finden will, sind die Ursache seines Unglücks. Aber soll denn ein Sittenlehrer nicht nach dem Leben schildern? Sollen denn alle seine Gemälde ohne Ähnlichkeit sein? Und wann er auch niemanden zu treffen Willens hat, so darf er nur die aller grotesquesten Figuren von Narren auf das Papier werfen, und die Anwendung dem Leser überlassen; er wird gewisse Personen vor den Augen müssen gehabt haben, wann er das Gegenteil auch beschwören wollte. Derjenige also hätte das Unglück des Verfassers verdient, welcher seinem Werke einen Schlüssel beigefügt hat, welcher der Verleumdung vielleicht die Geheimnisse aufschließen soll, wo der Verfasser keine wissen will. Unterdessen wird er gewiß mehr Leser anlocken, als es die strenge Moral des Verfassers würde getan haben. Kostet in den Vossischen Buchläden 16 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 3. Stück, 6.1.1753.

Uz, Sieg des Liebesgottes

[Johann Peter Uz:] Sieg des Liebesgottes. Eine Nachahmung des Popischen Lockenraubes. Stralsund, Greifswald und Leipzig, bei J. J. Weitbrecht. 1753. Dieses komische Heldengedicht besteht aus vier Gesängen, und es ist schon ein sehr gutes Vorurteil für den Verfasser, daß er niemand geringerm, als einem Pope nacheifert. Seine Poesie hat eine Schönheit, um die sich die wenigsten unserer jetzigen deutschen Dichter bekümmern; sie fließt mit einer reinen Leichtigkeit dahin, ohne daß sie von Gedanken leer ist. Malerei, Scherz und Satyre herrscht in allen Zeilen, und wenn der Verfasser nicht mit dem Verfasser des Renommisten und der Verwandlungen eine Person ist, so wird er dem Leser das Urteil sehr schwer machen, welcher von beiden den Vorzug verdiene. Einige Zeilen aus dem Auftritte mit Lesbien und dem Dichter Cleanth, welcher von der Raserei vorzulesen besessen ist, mögen zur Probe dienen.

O Schande, fuhr sie fort, in abgelegnen Sträuchen

Begegnet mir Cleanth; ich such ihm auszuweichen.

Er tritt mich schmeichelnd an, und, Himmel was geschieht?

Nach einem apropos! liest mir Cleanth ein Lied.

Bis an den kalten Mond entfliegt in seiner Ode

Der Unsinn, dick umwölkt und scheckigt nach der Mode;

Der Henker fliegt ihm nach! doch lob ich, was er schrieb:

Verfluchte Schmeichelei, die ihn zum Frevel trieb!

Nun aber, fährt er fort und runzelt seine Stirne,

Bemüht ein Heldenlob mein kreisendes Gehirne:

Und schöne Lesbie! ich kenn Ihr feines Ohr,

Wofern es nicht mißfällt, so les’ ich etwas vor.

Er zieht mit voller Hand und vornehm spröden Wesen,

Ein drohend Buch hervor, und alles will er lesen.

Ich flieh, er läuft mir nach, und liest, indem er läuft.

Warum wird ein Poet, nicht eh er schreibt, ersäuft!

Ich fühlte da er las mein Blut im Leib erkalten.

Ach! konnte mich Cleanth nicht süßer unterhalten?

Verdrießlicher Poet! wie artig schickt sich nicht

In schattiges Gebüsch ein episches Gedicht!

Kostet in den Vossischen Buchläden 1 Gr. 6 Pf.

Berlinische privilegierte Zeitung, 12. Stück, 27.1.1753.

Klopstock, Drei Gebete

[Friedrich Gottlieb Klopstock:] Drei Gebete eines Freigeistes, eines Christen und eines guten Königs. Hamburg, zu bekommen in Joh. Carl Bohns Buchhandlung, 1753. in groß 4t. auf 1 Bogen. Wann Worte und Redensarten, wobei gewisse große Geister vielleicht etwas gedacht haben, wiederholen, denken heißt: wann kurze und nicht zusammenhangende Perioden das einzige sind, worinne der lakonische Nachdruck bestehet; wann in der bunten Reihe häufiger? deklamatorischer! und geheimnisvoller – – – – das Erhabene steckt; wann verwegene Wendungen Feuer, und undeutsche Wortfügungen Tiefsinnigkeit verraten; kurz wann unserer Witzlinge neueste Art zu denken und sich auszudrücken die beste ist: so wird man hoffentlich wider angezeigten Bogen nichts zu erinnern haben; es müßte denn die Kleinigkeit sein, daß der Verfasser vielleicht nicht gewußt hat, was beten heißet. Zuerst läßt er den Freigeist beten. Dieses Gebet schließt sich: »O könnte ich mich aufmachen, und eilen und mit diesen Tränen der Vernichtung flehen: Erbarme dich über mich! Denn verflucht sei der Mann, der mich gezeugt, und das Weib, die mich geboren hat!« Heißt denn das auch beten, müssen wir fragen, verzweifelnde Gesinnungen gegen ein Wesen ausschütten, das man nicht kennet? Das folgende Gebet des Christen, welches der vorige nach einigen Jahren sein soll, würde dem Unsinne eines Inspirierten viel Ehre machen Das erhabenste Gebet, welches uns Christus selbst hinterlassen hat, ist zugleich das einfältigste, und nach diesem Muster ist es wenigstens nicht gemacht. Das Gebet endlich eines guten Königs, ist so schön, daß man darauf wetten sollte, es habe es kein König gemacht. Ein orientalischer Salomon hat dagegen sehr kriechend gebet. Kostet in den Vossischen Buchläden 1 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 22. Stück, 20.2.1753.

Drei Gebete eines Anti-Klopstockianers

Drei Gebete eines Anti-Klopstockianers, eines Klopstockianers und eines guten Criticus. 1753. auf einem Quartbogen. Dieses ist eine Parodie der drei Gebete eines Freigeistes, eines Christen und eines guten Königs, deren wir letzthin gedacht haben. Sie würde sehr sinnreich sein, wenn sie nicht so leichte gewesen wäre. Warum läßt man den Herrn Klopstock die Ungereimtheit seiner Nachahmer entgelten? Wie kann man auf den Einfall kommen, ihn selbst zum Verfasser der parodierten Gebete zu machen? Er ist, aller Spöttereien, und aller unglücklichen Nachahmungen ungeachtet, eben so gewiß ein großer Dichter, als der Verfasser dieser Parodie kein Satyricus ist. Kostet 1 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 28. Stück, 6.3.1753.

Wieland, Erzählungen

[Christoph Martin Wieland:] Erzählungen. Heilbronn bei F. J. Eckenbrecht 1752. in klein 4t. 17 Bogen. Vielleicht zeigen es sogleich die lateinischen Buchstaben an, daß der Verfasser dieser Erzählungen keiner aus dem gemeinen Haufen der Dichter sein will. Er ist es auch in der Tat nicht. Eine feurige und doch sittsame Einbildung, die Sprache der Natur, Schilderungen, die nicht in Eil entworfen sondern mit Fleiß ausgearbeitet zu sein scheinen, geben ihm das Recht auf einen vorzüglichen Rang unter unsern Dichtern. Sollte aber einmal die Nachwelt sein Zeitalter nicht gleich aus gewissen transzendentalischen Ideen, aus der distillierten Zärtlichkeit, und einer mehr als thelematologischen Anatomie der Leidenschaften schließen können? Viel leicht ist es so tadelhaft nicht, als allzustrenge Kunstrichter etwa denken, wenn man mit wesentlichen Schönheiten, die ihren Glanz durch alle Jahrhunderte behalten werden, gewisse Modeschönheiten, Geburten eines flüchtigen Geschmacks, verbindet, um des Beifalls so wohl der jetzigen als folgenden Zeiten gewiß zu sein. Die richtigste Vorstellung, welche man von diesen Erzählungen machen kann, ist diese, wenn man sie Nachahmungen der Erzählungen des Thomsons nennt, deren Wert nach dem Werte der Originale zu bestimmen ist. Es sind derselben sechse, welche folgende Aufschriften haben: Balsora, Zemin und Gulhindy, die Unglücklichen, der Unzufriedne, Melinde, Selim. Kosten in den Vossischen Buchläden 8 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 32. Stück, 15.3.1753.

Montaigne, Versuche. Erster Teil

Michaels Herrn von Montaigne Versuche, nebst des Verfassers Leben nach der neuesten Ausgabe des Herrn Peter Coste ins Deutsche übersetzt. Erster Teil. Leipzig bei Fr. Lankischens Erben 1753. in gr. 8v. 2 Alph. 8 Bogen. Die Versuche des Montaigne sind eines von den ältsten und schönsten Werken der Franzosen. Noch bis jetzt hat sich keiner von unsern Übersetzern daran machen wollen, vielleicht weil man eine zweite französische Sprache lernen muß, sie zu verstehen. Daß es lauter moralische Abhandlungen sind, die zu den Zeiten des Montaigne sehr viele neue und besondere Gedanken enthielten, und daß die nachfolgenden Sittenlehrer ihm das Schönste mit eben der Freiheit abgeborgt haben, mit welcher er die Alten plünderte, ist bekannt. Er mischt sich über all in seine Sittenlehren mit ein, und vergleicht sich selbst in diesem Stücke mit dem Sokrates, welcher seine Schüler von nichts öfterer unterhielt, als von seiner eignen Person. Er hat sich selbst darinne schildern wollen, und man muß gestehen, daß er es ziemlich aufrichtig getan hat; welche Aufrichtigkeit ihn auch wohl noch ferner als den einzigen Schriftsteller in seiner Art erhalten wird. Er ist von zu vielen gelobt worden, als daß auch wir uns noch diese unnötige Mühe machen dürften. Wir wollen vielmehr die Übersetzung anpreisen, durch welche auch denjenigen, die ihn zur Not in seiner Sprache lesen könnten, kein geringer Gefalle geschehen ist. Die guten französischen Ausgaben sind zu kostbar, und die schlechten allzu ekel und mühsam zu lesen. Die Lebensbeschreibung des Verfassers, welche man anfangs diesem ersten Teile beifügen wollen, soll dem dritten und letzten Teile vorgesetzt werden. Dieser erste kostet 1 Rtlr. 8 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 60. Stück, 19.5.1753.

Schreiben eines Juden an einen Philosophen

Schreiben eines Juden an einen Philosophen, nebst der Antwort. Berlin bei Chr. Fr. Voß. 1753. in 8vo. 2 Bogen. Diese Blätter sind zum Behuf eines unterdrückten Teils des menschlichen Geschlechts aufgesetzt, und machen sowohl der scharfsinnigen Einsicht des Verfassers, als der guten Sache Ehre. In dem Schreiben des Juden wird mit Gründen dargetan, daß es der Gerechtigkeit und dem Vorteile eines Regenten gemäß sei, das Elend der jüdischen Nation aufzuheben. In der Antwort des Philosophen, in dessen Augen die, welche an den gekommenen Messias und die, welche an den noch zukommenden glauben, wenig oder nichts unterschieden sind, wird außer verschiednen den Inhalt des Schreibens betreffenden Anmerkungen, angeführt, daß bereits seit geraumer Zeit in Holland und England den Juden gleich den Christen, ohne Einschränkung erlaubt sei, Häuser und Äcker zu kaufen, und alle Arten von Künsten und Professionen zu treiben; daß diese ihnen erteilte Freiheiten beiden Staaten nicht nur keinen Schaden verursachen, sondern vielmehr dem Anwachse ihres Reichtums und ihrer Macht ausnehmend beförderlich sind. Statt eines weitläuftigern Auszuges wollen wir zur Probe der Denkungsart und des Ausdrucks, den Schluß des Schreibens von dem Juden einrücken: »Vertreten Sie nur die Stelle eines le Fort; vielleicht findet sich auch ein Peter der Große. Vielleicht schenkt ein Zusammenhang von eben so glücklichen Umständen einen Fürsten, der die größte Stärke des Geistes mit der höchsten Gewalt vereiniget, der eine Nation, die eben so edel als alle andern, jetzo aber durch Armut, Unwissenheit, Verachtung und eine Art von Sklaverei unterdrückt ist, davon befreiet. Sollte solches geschehen, so bin ich versichert, daß ihre Ehrfurcht gegen diesen Fürsten die gehoffte Ankunft eines Messias in seiner Person erfüllt zu sein glauben, daß ihre Emsigkeit reiche und unaufhörliche Opfer zu seinen Füßen legen, und daß ihre Dankbarkeit ihm in dem Andenken der Nachkommen und in der jüdischen Historie ein ewiges Denkmal stiften werde.« – – Die Wahrheit und Vernunft befreien den Verfasser von der Anklage der allerheftigsten Vorurteile. Nunmehr aber rechtfertiget ihn noch überdem die Englische Nation, indem eben dasselbe zum größten Erstaunen von Europa den 1ten Junius des jetztlaufenden Jahres in England verordnet worden, was der Verfasser in seinem Schreiben vom 24sten März statt eines Entwurfs angeführet hat. Die Akte davon ist in einem Anhange beigefügt. Kostet in den Vossischen Buchläden 2 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 93. Stück, 4.8.1753.

Curtius, Aristoteles' Dichtkunst

Aristoteles Dichtkunst ins Deutsche übersetzt, mit Anmerkungen und besondern Abhandlungen versehen von Michael Conrad Curtius, der Königl. deutschen Gesellschaft in Göttingen Mitgliede. Hannover verlegts Joh. Chr. Richter 1753. in 8v. 1 Alph. 5 Bogen. Unter allen Schriften des Aristoteles sind seine Dichtkunst und Redekunst beinahe die einzigen, welche bis auf unsre Zeiten ihr Ansehen nicht nur behalten haben, sondern noch fast täglich einen neuen Anwachs desselben gewinnen. Ihr Verfasser muß notwendig ein großer Geist gewesen sein; man überlege nur dieses: kaum hörte seine Herrschaft in dem Reiche der Weltweisheit auf, als man durch diesen erloschenen Glanz einen andern in ihm entdeckte, den kein Araber, und kein Scholastiker wahrgenommen hatte. Man erkannte ihn als den tiefsten Kunstrichter, und seit der Zeit herrscht er in dem Reiche des Geschmacks unter den Dichtern und Rednern eben so unumschränkt, als ehedem unter seinen Peripatetikern. Seine Dichtkunst, oder vielmehr das Fragment derselben, ist der Quell aus welchem alle Horaze, alle Boileaus, alle Hedelins, alle Bodmers, bis so gar auf die Gottschede, ihre Fluren bewässert haben. Dieser hat uns schon seit vielen Jahren auf eine deutsche Übersetzung derselben warten lassen; und warum er sich endlich doch einen andern damit hat zuvorkommen lassen, können wir nicht sagen, es müßte denn die Griechische Sprache und seine eigne Dichtkunst, welche keine weder über sich noch neben sich leiden will, daran Schuld sein. Herr Curtius besitzt alle Eigenschaften, welche zu Unternehmung einer solchen Arbeit erfordert wurden; Kenntnis der Sprache, Kritik, Literatur und Geschmack. Seine Übersetzung ist getreu und rein; seine Anmerkungen sind gelehrt, und erläutern den Text hinlänglich; und seine eigne Abhandlungen enthalten sehr viele schöne Gedanken von dem Wesen und dem wahren Begriffe der Dichtkunst; von den Personen und Handlungen eines Heldengedichts, von der Absicht des Trauerspiels, von den Personen und Vorwürfen der Komödie, von der Wahrscheinlichkeit, und von dem Theater der Alten. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 16 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 101. Stück, 23.8.1753.

Neugebauer, Der teutsche Don Quichotte

[Wilhelm Ehrenfried Neugebauer:] Der teutsche Don Quichotte oder die Begebenheiten des Marggrafen von Bellamonte, komisch und satyrisch beschrieben; aus dem Französischen übersetzt. Vier Teile. Breslau und Leipzig bei C. Gott. Meyer 1753. in 8v. 21 Bogen. Unter allen spanischen Werken des Witzes ist bei Ausländern keines bekannter geworden als der Don Quixote des unnachahmlichen Cervantes, und beinahe wird es keine Übertreibung sein, wenn St. Evremont verlangt, daß man bloß dieses Buchs wegen die spanische Sprache lernen müsse. Der unzählichen Nachahmungen ungeachtet, die es wie jedes Original verursacht hat, ist es noch immer das vortrefflichste in seiner Art geblieben und wird gewiß nicht eher aufhören gelesen zu werden, als bis niemand in der Welt mehr Lust haben wird zu lachen. Die gegenwärtige Nachahmung ist keine von den schlechtesten; der Verfasser hat einen sehr komischen Witz, und eine Einbildungskraft, die an drolligten Bildern ungemein reich ist. Allein das Kunststück, unter denselben die ernsthafteste Moral zu verstecken, scheint er nicht in seiner Gewalt zu haben. Es ist daher ein unfruchtbares Lachen, welches er erweckt, und sehr geschickt einem Menschen, der nicht gerne umsonst lachen will, nicht selten ekelhaft zu werden. Sein Don Quixote ist ein deutscher Kaufmannsdiener, dessen Einbildung die Lesung der französischen Romane verrückt hat, so daß er nichts geringer als ein Graf zu sein glaubt, und nichts begieriger sucht als Abenteuer, die ihm seine Tapferkeit und seine edlen Gesinnungen zu zeigen Gelegenheit geben. Sein Sancho Pansa ist ein Diener, der die Einfalt selbst ist, und dem sein Herr den romanenhaften Namen du Bois gegeben hat. Seine Dulcinea ist ein gutes Dorffräulein, deren Verstand an einem gleichen Fieber krank liegt, und die sich eine Gräfin von Villa-Franka zu sein einbildet. Diese nebst einigen andern nötigen Personen, in einem Geschwätze von Abenteuern mit Räubern von nächtlichen Schrecken, von Siegen der zärtlichen Empfindungen etc. etc. gebracht, fein untereinander gerüttelt, mit einer angenehmen Schreibart versetzt, und dem Leser kapitelweise eingeträufelt, geben vier Teile komischer und satyrischer Begebenheiten, die man in den Vossischen Buchläden für 8 Gr. bekommen kann.

Berlinische privilegierte Zeitung, 106. Stück, 4.9.1753.

Lennox, Don Quixote im Reifrocke

[Charlotte Lennox:] Don Quixote im Reifrocke, oder die abenteuerlichen Begebenheiten der Romanenheldin Arabella. Aus dem Englischen übersetzt. Hamburg und Leipzig, bei G. C. Grund und A. H. Holle 1754. in 8V. 1 Alphb. 18 Bogen. Nachdem Cervantes die ungeheuern Ritterbücher durch seinen Don Quixote mit vielem Glücke lächerlich gemacht hatte, fiel, man, besonders in Frankreich, auf eine andre Art von Romanen. Man schrieb große Bände, worinne man die Helden des Altertums auftreten ließ, und gar bald war fast kein Name eines alten Königs, oder einer andern sonst berühmten Person, mehr zu finden, welcher nicht von einer arbeitsamen Scudery oder einem erhabnen Calprenede wäre gemißhandelt worden. Der Geschmack an diesen Werken erhielt sich, der Spöttereien des Boileau und der sinnreichen Parodie, la fausse Clelie, ungeachtet, ziemlich lange, bis ihn endlich einige glückliche Geister verdrängten, welche mit der schönen Natur besser bekannt waren, und uns in ihren wahrhaften Romanen nicht unsinnige Hirngeburten, sondern Menschen schilderten. Marivaux, und seine noch glücklichern Nachfolger, Richardson und Fielding, sind es, welche jetzo mit Recht in dieser Sphäre des Witzes herrschen, und es ist zu wünschen, daß sie die einzigen wären, welche gelesen würden, wenn man einmal Romane lesen will. Ohne Zweifel wird auch dieser weibliche Don Quixote das seinige zur völligen Verbannung jener abenteuerlichen Galanterien beitragen, welche für das eitle und empfindliche Herz einer jungen Schöne nur allzu einnehmend und verführerisch sind. Die Verfasserin desselben ist ein Frauenzimmer, welchem man echten Witz und alles was zu Verfertigung einer anmutigen Schrift gehöret, nicht absprechen kann. Die Heldin ihres Romans betrachtet die Welt aus keinem andern Gesichtspunkte, als woraus Scudery sie ihr vorstellt, und bildet sich ein, daß die Liebe die Hauptleidenschaft der Menschen und die Triebfeder aller ihrer Handlungen sei. Nach diesen phantastischen Begriffen handelt sie, ohne jemals ihren Charakter zu verleugnen oder unwahrscheinlich zu werden. Alle ihre Torheiten hängen aneinander und jedes Abenteuer ist mit der größten Wahrheit der Romanen geschrieben. Ihre Vertraute, die Lucia, spielt zwar keine so schimmernde Rolle als Sancho Pansa; sie tritt nicht so oft auf, als dieser Waffenträger, wann sie aber erscheint so findet man in ihren Reden eben die natürliche Einfalt, wodurch jene gefällt, ob sie gleich auf eine andre Art, und nicht in Sprüchwörtern ausgedrückt ist. Langweilige Zwischenerzählungen, womit der spanische Roman angefüllt ist, wird man nicht darinne finden, so daß überhaupt das Urteil welches der beste Romanenschreiber unserer Zeit davon gefällt hat, nicht unverdient scheinen wird, daß nämlich dieser weibliche Don Quixote einem jeden klugen Leser einen vernünftigen und ergötzenden Zeitvertreib machen könne, in welchem er Unterricht und Vergnügen antreffen werde. Kostet in den Vossischen Buchläden 14 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 119. Stück, 4.10.1753.

Lessings Schriften, Erster und zweiter Teil

G. E. Lessings Schriften. Erster und zweiter Teil. Berlin bei Christ. Fr. Voß. 1753. in 12 mo. 1 Alph. 3 Bogen. Der erste Teil dieser Schriften enthält zwei Bücher Lieder, Fabeln, Sinnschriften und Fragmente ernsthafter Gedichte. Diese letztern hat der Verfasser seinen Lesern nicht ganz mitteilen wollen, vielleicht ihnen den Ekel zu ersparen, den er selbst empfunden hat, wenn er um einige wenige schöne Stellen gelesen zu haben, zugleich nicht wenig schlechte, und sehr viel mittelmäßige hat lesen müssen. Der zweite Teil bestehet aus Briefen, die man, wenn man will, freundschaftliche Briefe eines Pedanten nennen kann. Wenn es übrigens wahr ist, daß verschiedene von den in dieser Sammlung enthaltenen Stücken, den Beifall der Kenner, gedruckt oder geschrieben, schon erhalten haben, so kann man vielleicht vermuten, daß ihnen die Sammlung selbst nicht zuwider sein wird. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 16 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 136. Stück, 13.11.1753.

Ramler-Krause, Oden mit Melodien

[Karl Wilhelm Ramler:] Oden mit Melodien [von Christian Gottfried Krause]. Erster Teil. Berlin, bei F. W. Birnstiel, auf 32 Seiten in 4 to. Es hat uns eben niemals ganz und gar an kleinen Liedern zur Ergötzung des Gemüts gefehlt, und man hat so wenig bei uns, als bei den Ausländern das Glas oder den Strauß der Phillis zu besingen vergessen. Sie waren aber meistens alle bis auf die Zeit, da uns Halle durch die Gräfischen Bemühungen zuerst etwas gutes lieferte, sowohl in Ansehung der Dichtkunst, als der Melodie so beschaffen, daß sie von den artigen Personen, die Witz und Geschmack verbinden, nicht ohne Ekel angestimmet werden konnten. Gegenwärtige Sammlung gehört unter diejenigen, die sowohl der artigen Lebensart neuerer Zeit, als dem Witze und dem Geschmack in beiden Künsten Ehre machen. Die meisten Oden darinnen sind von schon bekannten und berühmten Tonkünstlern, und die andern von nicht unglücklichen Nachahmern derselben gesetzet. Es haben es diese Meister ihrem Ansehen nicht für nachteilig gehalten, sich mit dieser kleinen Art der musikalischen Beschäftigung abzugeben und die Oden dadurch von dem lächerlichen Vorwurfe zu befreien, als ob solche nichts anders als Früchte schlechter Köpfe sein könnten. Ist denn ein kurzer schöner Einfall eines guten Dichters nicht öfters mehr als mancher ungeheurer Foliante eines Schmierers wert, und sollte in der Musik eine Anzahl von sechszehn schön gesetzten Takten nicht so gut von der Fähigkeit seines Verfassers zeigen können, als eine drei Finger breite Partitur? Jedes musikalische Stück, deucht uns, verdienet in seiner Gattung Beifall, wenn es den Regeln der Kunst gemäß und mit Geschmack geschrieben ist. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 12 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 138. Stück, 17.11.1753.

Montaigne, Versuche. Zweiter Teil

Michaels Herrn von Montaigne Versuche nebst des Verfassers Leben nach der neuesten Ausgabe des Herrn Peter Coste ins Deutsche übersetzt. Zweiter Teil. Leipzig bei Lankischens Erben. 1754. in gr. 8 vo 2 Alph. 16 Bogen. Man hat sich zu freuen, daß diese schöne Übersetzung eines der vornehmsten französischen Schriftsteller, welchen weder der veränderliche Geschmack seiner Landsleute, noch das veralterte Ansehen, das ihm seine mehr gallische als französische Mundart gibt, von seinem wahren Werte herab gesetzt hat, so glücklich fortgehet. Dieser zweite Teil fängt mit dem 12ten Hauptstücke des zweiten Buchs an, und geht bis auf das sechste Hauptstück des dritten Buchs. Nur denen, welche den Montaigne gar nicht kennen, hat man es nötig zu sagen, wie viel kühnes und lesenswürdiges sie darinne finden können. Allein werden sie sich wohl durch die Aufschriften reizen lassen, wenn sie der Ruhm des Verfassers nicht reizen kann? Man kann nach dem strengsten Wortverstande behaupten, daß man nichts schönes von einem Franzosen gelesen hat, ohne den Montaigne gelesen zu haben; und es würde eine Schande für unsre Landsleute sein, wann sie den und jenen neuen Moralisten, der doch vielleicht nichts als ein Kopiste, oder wohl gar ein unverschämter Ausschreiber dieses ursprünglichen Schriftstellers war, mit Vergnügen gelesen und wohl gar bewundert haben sollten, und gegen den Vater derselben unempfindlich blieben. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 1 Rtlr. 8 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 139. Stück, 20.11.1753.

Hönn, Betrugslexikon

Betrugslexikon, worinne die meisten Betrügereien in allen Ständen nebst den darwider guten Teils dienenden Mitteln entdeckt werden, von G. Paul Hönn, D. F. S. G. Rat und Amtmann in Coburg. Neue und verbesserte Auflage. Coburg 1753. Die erste Ausgabe dieses Werks erschien 1720. Zehn Jahre darauf erfolgte eine zweite, welche der Verfasser mit einer Fortsetzung vermehrte. Nach dieser ist die gegenwärtige abgedruckt worden, doch so daß man die Vermehrungen an gehörigem Orte eingeschaltet hat. Wir können zu ihrem Ruhme nichts sagen als das, was man vielleicht gleich Anfangs zu dem Werke selbst gesagt hat, daß es denen, welche betriegen wollen, eben so nützliche Dienste leisten könne, als denen, welche sich nicht wollen betriegen lassen. Daß ihr sel. Verfasser die alphabetische Ordnung erwählte, daran tat er sehr wohl, weil es gewiß sehr schlecht würde gelassen haben, wenn er Geistliche und Komödianten, Ärzte und Totengräber, Nonnen und Ammen, Nouvellisten und Rattenfänger, Nachtwächter und Musikanten, Bücherschreiber und Drescher, alles unter einander geworfen hätte. Es ist bekannt, daß er auch den Poeten einen Artikel gewidmet hat, wovon die Punkte Nummer 4 und 6 in neuern Zeiten bekräftigt worden und seit 1740 mit folgenden zu vermehren sind: »12) Auch betriegen die Poeten, wann sie den Reim weglassen, und gewaltig auf ihn schimpfen, um für Dichter angesehen zu werden, welche denken. 13) Wann sie sich mit lateinischen Littern drucken lassen, und ein lateinisches Sylbenmaß nachstümpern, um die Leute zu überreden, als wenn sie den Virgil und Horaz skandieren gelernt hätten. 14) Wann sie sich in Banden zusammen tun, damit, wie der höfliche Grieche sagt, eine Hand die andre wasche, oder mit dem groben Deutschen zu reden, ein Esel den andern kratze. 15) Wann sie den Pegasus, welchen ein Merkur mit Mühe und Not halten kann, anstatt des Bacchus Reitpferd, das ein Silen mit Skorpionen treiben möchte, auf ihre Titel stechen lassen etc.« Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 10 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 152. Stück, 20.12.1753.

Nicolai, Milton

[Friedrich Nicolai:] Untersuchung ob Milton sein verlornes Paradies aus neuern lateinischen Schriftstellern ausgeschrieben hat. Nebst einigen Anmerkungen über eine Rezension des Lauderischen Buchs von Miltons Nachahmung der neuern Schriftsteller. Frankf. und Leipzig 1753. in 8 vo 6 Bogen. Wer in der neuern englichen Literatur nur nicht gar ein Fremdling ist, dem wird ein gewisser Lauder bekannt sein, welcher durch eine der niederträchtigsten Verleumdungen den Namen des großen Miltons zu Schanden machen wollte. Er stellte ihn als einen gelehrten Dieb zu Schau, der seine prächtigsten Gedanken aus andern mit mehr Mühe zusammen gestoppelt habe, als man, sie selbst zu erfinden, nötig hat. Niemand kützelte sich so leicht mehr über diese vorgegebene Entdeckung, als ein gewisser deutscher Kunstrichter, welcher den Tempel des Geschmacks nur mit seinen Schülern füllen will. Er kramte sie bald darauf in dem neuesten aus der anmutigen Gelehrsamkeit aus, ohne sich daran zu kehren, daß man in England die Betriegereien des miltonschen Momus schon entdeckt habe; so daß er es zweifelhaft machte, ob er oder Lauder weniger rechtschaffen gehandelt habe. Alles dieses wird ihm in dieser Untersuchung unwidersprechlich vor Augen gelegt; und wann er nicht er wäre, so könnte es leicht eintreffen, daß er sich, um den Einfall eines andern zu brauchen, mehr darüber schämte, als ein Quartaner, welcher ut mit dem Indicativo konstruiert hat. Kostet in den Vossischen Buchläden und in Potsdam 3 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 153. Stück, 22.12.1753.

Wieland, Briefe von Verstorbenen

[Christoph Martin Wieland:] Briefe von Verstorbenen an hinterlassene Freunde. Zyrich bei Orell. MDCCLIII. in 4to 16 Bogen. Dieses ist eines von den Meisterstücken, mit welchen uns in vergangener Messe die Schweiz beschenken wollen, die sich lange genug mit trocknen Regeln beschäftiget hat, und nunmehr auch die Muster dazu geben will. Es ist aus der Feder des Hn. Wielands, eines so fruchtbaren Geistes, daß die Vielheit seiner poetischen Geburten beinahe ein Vorurteil wider ihren innern Wert sein könnte, wann ihm der Gott der Kritik nicht stets zur Rechten stünde, der ihn durch sein cave faxis te quidquam indignum! immer bei gleicher Stärke zu erhalten weiß. Daß es Briefe aus dem Reiche der Toten sind, sieht man aus dem Titel; und daß diese Einkleidung keine Erfindung des Hn. Wielands ist, werden diejenigen wissen, welche die Briefe der Frau Rowe und andre dieser Art kennen. Es sind deren neune, welche alle voller Seligkeiten, Tugend und Freundschaft sind, so daß uns schon der Inhalt mit aller Achtung davon zu reden bewegen muß. Überall herrscht darinne das feinste der feinsten Empfindungen; und die Nachrichten, die uns von dem Himmel mitgeteilt werden, sind neu und kuriös. Wem die Briefe selbst ein wenig zu lang vorkommen sollten, der mag überlegen, daß die Gelegenheiten aus jenem in dieses Leben jetziger Zeit sehr rar sind, und man also den Mangel des öftern Schreibens durch das viel Schreiben ersetzen muß. Sonst aber haben wir durch eine neuere Nachricht von dorther erfahren, daß man eine scharfe Untersuchung angestellt, die wahren Namen dieser Korrespondenten, eines Junius, einer Lucinde, eines Teanors, und wie sie alle heißen, zu entdecken, um es ihnen ernstlichen zu verweisen, daß sie sich unterstanden haben, wider das: Sie haben Mosen und die Propheten etc. zu handeln. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 10 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 154. Stück, 25.12.1753.

Lessing, Vade mecum

Ein Vade mecum für den Herrn Sam. Gotth. Lange, Pastor in Laublingen, in diesem Taschenformate ausgefertiget von G. E. Lessing. Berlin 1754. auf 4 Bogen in 12mo. Wenn es wahr ist, daß die Werke des Horaz eine Hauptquelle des Geschmacks sind, und daß man nur aus seinen Oden, was Oden sind, lernen kann; wenn es wahr ist, daß man gegen die deutschen Übersetzungen aller Klassischen Schriftsteller überhaupt, nicht scharf genug sein kann, weil sie die vornehmsten Verführer sind, daß sich die Jugend die Originale nur obenhin zu verstehen begnügen läßt; wenn es wahr ist, daß die Fehler solcher Männer, die ohne eine tiefe kritische Kenntnis der alten Dichter, würdige Nachahmer derselben heißen wollen, ansteckender als andrer sind: so wird man hoffentlich die kleine Streitigkeit, die man dem Hrn. Pastor Lange wegen seines verdeutschten Horaz erregt hat, nicht unter die allergeringschätzigsten, sondern wenigstens unter diejenigen Kleinigkeiten rechnen, die nach dem Ausspruche des Horaz ernsthafte Folgen haben; hae nugae seria ducent. Herr Lange hätte nichts unglücklichers für sich tun können, als daß er auf die Lessingsche Kritik mit so vielem Lärmen geantwortet hat. Wenn er sich dieselbe in der Stille zu Nutze gemacht hätte, so würden vielleicht noch manche in den Gedanken geblieben sein, daß die darinne getadelten Stellen die einzigen tadelswürdigen wären. Aus diesen Gedanken aber, werden hoffentlich auch seine geschworensten Freunde durch dieses Vade mecum gebracht werden, welches seinen Namen aus der abgeschmackten Langenschen Spötterei über das unschuldige Format der Lessingschen Schriften erhalten hat. Der Verfasser zeigt ihm darinne unwidersprechlich, daß er weder Kenntnis der Sprache noch Kritik, weder Altertümer noch Geschichtskunde, weder Wissenschaft der Erde noch des Himmels, kurz, keine einzige von den Eigenschaften besitze, die zu einem Übersetzer des Horaz erfordert werden. Wir würden einige kleine Proben davon anführen, wenn es nicht beinahe zuviel wäre, daß der Herr Pastor seine Beschämung an mehr als einem Orte finden sollte. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 4 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 8. Stück, 17.1.1754.

Richardson, Geschichte des Herrn Carl Grandison. I. und II. Band

Geschichte des Herrn Carl Grandison; in einer Folge von Briefen entworfen von dem Verfasser der Pamela und Clarissa [Samuel Richardson]. Aus dem Englischen übersetzt. I. und IIter Band. Leipzig in der Weidemannischen Handlung 1754. in 8vo. Zusammen 3 Alphb. Dieser Titel enthält alles, was man zur Anpreisung einer neuen Roman sagen kann, die nichts weniger als eine bloße Ergötzung zu ihrer vornehmsten Absicht hat. Ein viel edlerer Zweck ist von je her der Gegenstand des unterrichtenden Richardson gewesen, dessen schönem Geiste man es zu danken hat, daß man die schärfste Moral in seinen Schriften mit so viel reizenden Blumen ausgeschmückt findet. Die erste Sammlung seiner erzählenden Briefe, »Pamela« betitelt, zeigte die Schönheit und das vorzüglich Erhabene der Tugend in einem unschuldigen und unausgeputzten Gemüte, nebst der Belohnung, welche die schützende Vorsicht derselben oft auch in diesem Leben widerfahren läßt. Die zweite Sammlung, deren Aufschrift »Clarissa« heißt, enthält betrübtre Vorfälle. Ein junges Frauenzimmer von höherm Stande und zu größern Hoffnungen berechtiget, wird in eine Mannigfaltigkeit tiefer Unglücksfälle verwückelt, die sie zu einem frühzeitigen Tode führen. Gegenwärtige dritte Sammlung endlich legt der Welt die Abschilderung und die Begebenheiten eines wahrhaftig redlichen Mannes vor, welcher in vielen und mancherlei prüfenden Umständen stets übereinstimmend und wohl handelt, weil alle sein Tun von einem einzigen unveränderlichen Grundsatze regieret wird; es ist ein Mann, der Religion und Tugend hat, Lebhaftigkeit und Feuer besizt, der vollkommen und angenehm, für sich glücklich ist, und andere glücklich macht. Das ist der Hauptinhalt dieser ersten zwei und der nachfolgenden Bände, der aber durch die verschiedenen Korrespondenten, welches meistenteils junge Frauenzimmer von guter Erziehung, und muntrer Gemütsart sind, so mannigfaltig und angenehm gemacht wird, daß der Leser überall fortgerissen wird, und sich für nichts als dem Beschluß fürchtet, den man in tausend andern Romanen schon auf der ersten Seite zu wünschen anfängt. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 1 Rtlr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 56. Stück, 9.5.1754.

Le Theatre de Monsieur de Marivaux

Le Theatre de Monsieur de Marivaux de l’Academie Françoise; nouvelle Edition. en IV Tomes, à Amersterdam et Leipzig, chez Arkstée et Merkus 1754. In 12mo. Jeder Teil von 18 Bogen. Diese Ausgabe der theatralischen Werke des Hrn. von Marivaux ist schon vor einigen Jahren angekündigt worden. Sie ist eigentlich nichts als ein sehr saubrer und korrekter Nachdruck der Parisischen, welche aus sieben Bänden besteht, und mehr als noch einmal so viel kostet. Marivaux behauptet unter den neuern schönen Geistern der Franzosen eine sehr vorzügliche Stelle. Es werden es ihm wenige an Witze und Fruchtbarkeit zuvor tun; Romanen, Lustspiele, Moralische Blätter sind mit Haufen aus seiner Feder geflossen, und haben alle eine sehr glänzende Aufnahme genossen. Man lobt an ihm besonders seine Kenntnis des menschlichen Herzens und die Kunst seiner kritischen Schilderungen; man nennt ihn einen zweiten la Bruyere, welcher ehedem so vielen Personen die Larve abriß, und ihre Eitelkeit beschämte. Nicht weniger rühmt man an ihm die blühende Schreibart, welche voll kühner Metaphern und unerwarteter Wendungen ist. Allein man tadelt auch an eben derselben die allzu große Kühnheit, und die zu übertriebene Begierde, überall seinen Witz schimmern zu lassen. Hiermit verbindet man noch einen andern Tadel, welcher bei strengen Freunden der Tugend weit wichtiger ist. Er soll das Laster, und besonders die Wollust, oft mit so lebhaften und so feinen Farben schildern, daß sie auf den Leser einen ganz andern Eindruck machen, als sich ein tugendhafter Schriftsteller zu machen, vorsetzen darf; seine Beschreibungen sollen verführen, weil sie all zu natürlich sind. Von allen diesen wird man sich auch schon aus der Lesung seiner Lustspiele überzeugen können, deren Titel wir nur noch anführen wollen, weil sie ohnedem, fast alle, schon durch Übersetzung bei uns bekannt sind. Der erste Teil bestehet aus vier Stücken: der durch die Liebe artig gewordene Harlequin; die Überraschung der Liebe; die gedoppelte Unbeständigkeit, und der verkleidete Prinz. Der zweite Teil enthält acht Stücke: der Bauer mit der reichen Erbschaft; das Spiel der Liebe und des Glücks; der Triumph der Liebe; die Probe; die unvermutete Freude; der Streit; das besiegte Vorurteil, und die Aufrichtigen. Die Stücke des dritten Teiles heißen: Hannibal, ein Trauerspiel; die unvermutete Entwicklung; die Insel der Vernunft; die zweite Überraschung der Liebe; die Aussöhnung der Liebesgötter; die unbedachtsamen Eidschwüre und das Vermächtnis. Der vierte Teil endlich schließt in sich: den gebesserten Stutzer; die falschen Vertrauten; die vertraute Mutter; den Irrtum; die glückliche List; die Schule der Mütter, und den Triumph des Plutus. Kostet in der Vossischen Buchhandlung hier und in Potsdam 2 Rtlr. 12 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 62. Stück, 23.5.1754.

Hogarth, Zergliederung der Schönheit

Zergliederung der Schönheit, die schwankenden Begriffe von dem Geschmacke festzusetzen, geschrieben von Wilhelm Hogarth. Aus dem Englischen übersetzt von C. Mylius. London bei And. Linde 1754. in 4to auf 20 Bogen nebst zwei großen Kupfertafeln. Herr Hogarth ist unstreitig einer der größten Maler, welche England jemals gehabt hat. Was ihn besonders berühmt gemacht, ist dieses, daß er in alle seine Gemälde eine Art von satyrischer Moral zu bringen gewußt, die das Herz an dem Vergnügen der Augen Teil zu nehmen, nötiget. Natur, Leben und Reiz, hat man durchgängig darinne bewundert, und diese bei ihm für die Wirkungen eines glücklichen Genies gehalten, bis er in dem gegenwärtigen Werke zeigte, daß auch ein tiefes Nachdenken über die Gegenstände seiner Kunst damit verbunden gewesen. Und diesem Nachdenken eben haben wir eine Menge neuer Ideen zu danken, die in der ganzen Materie von der Schönheit ein Licht anzünden, das man nur von einem Manne erwarten konnte, dem auf der Seite des Gelehrten eben so wenig, als auf der Seite des Künstlers fehlte. Er hat seine Schrift in siebenzehn Hauptstücke abgeteilt. In den ersten sechsen handelt er von den schon bekannten Gründen, von welchen man durchgängig zugesteht, daß sie, wenn sie wohl vermischt werden, allen Arten von Zusammensetzungen, Annehmlichkeit und Schönheit geben. Diese Gründe sind: die Richtigkeit, die Mannigfaltigkeit, die Gleichförmigkeit, die Einfachheit, die Verwicklung und die Größe, welche alle bei Hervorbringung der Schönheit zusammen wirken, indem sie einander gelegentlich verbessern und einschränken. In dem siebenden Hauptstücke wendet er sich zu den Linien, in welche alle Formen eingeschlossen sein müssen, und findet, daß die Wellenförmige Linie die wahre Linie der Schönheit, und die Schlangenlinie die wahre Linie des Reizes sei. Auf der Betrachtung dieser beiden Linien beruht das ganze Hogarthsche System von der Schönheit. Er zeigt nämlich, wie aus ihrer Zusammensetzung alle angenehme Formen entstehen, und wie wunderbar sie besonders in dem Meisterstücke aller sinnlichen Schönheit, in dem menschlichen Körper, angebracht sind. Auch in den übrigen Hauptstücken, wo er von den Verhältnissen, von dem Lichte und Schatten, und von den Farben redet, zeigt er ihren Einfluß, welcher sich besonders in dem 16ten Hauptstücke von der Stellung, am meisten äußert. Man darf nicht glauben, daß bloß Maler und Bildhauer oder Kenner diesen beiden Künste, das Hogarthsche Werk mit Nutzen lesen können. Auch Tanzmeister, Redner und Schauspieler, werden die vortrefflichsten Anmerkungen darinnen finden, und noch mehrere durch kleine Anwendungen selbst daraus ziehen können. Ja so gar Dichter und Tonkünstler, werden, vermöge der Verbindung welche alle Schönen Künste und Wissenschaften untereinander haben, ähnliche Gründe der Schönheit in den Werken des Geistes und der Töne darinne entdecken, und ihren schwankenden Geschmack auf feste und unwandelbare Begriffe zurückbringen lernen. Die zwei darbei befindlichen Kupfertafeln sind von der eignen Hand des Herrn Hogarths, die ihnen mit Fleiß nicht mehr Schönheit gegeben hat, als sie zum Unterrichten nötig haben. Von der Güte der Übersetzung dürfen wir hoffentlich nicht viel Worte machen, da sie sich von einem Manne herschreibt, der selbst mit dem Schönen in der Natur und Kunst bekannt war, und den wir zu beider Ausbreitung viel zu zeitig verloren haben. Sein Aufenthalt in London verschaffte ihm Gelegenheit, den Herrn Hogarth selbst bei der Übersetzung zu Rate zu ziehen, welches er auch so oft getan zu haben versichert, daß man seiner Übersetzung dadurch eine Art von Authentizität beilegen kann. Kostet in der Vossischen Buchhandlung hier und in Potsdam 5 Rtlr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 65. Stück, 30.5.1754.

Theophrasts Kennzeichen der Sitten

Theophrasts Kennzeichen der Sitten; nebst des Herrn Johann de la Bruyere moralischen Abschilderungen der Sitten dieser Zeit. Aus dem Französischen übersetzt von einem Mitgliede der Königl. Deutschen Gesellschaft zu Königsberg in Preußen. Zwei Teile. Regenspurg und Wien; verlegts E. Fr. Bader 1754. In 8vo. 1 Alphb. 18 Bogen. Bei der erstaunlichen Menge Bücher, die man in den neuern Zeiten aus dem Französischen übersetzt hat, ist es ein wahres Wunder, daß man nicht schon längst dem gegenwärtigen Werke diesen kleinen Dienst erwiesen. Zwanzig andre Schriften, die doch nichts als mittelmäßige Nachahmungen desselben sind, hat man deutsch lesen können, nur das Original hat man in seiner Grundsprache gelassen, und unsre Landsleute lieber zu abgeleiteten Bächen, als zu den Quellen führen wollen. Aber so geht es; gute Bücher verlangen gute Übersetzer, und diese sind unter uns seltner als man denkt. Bruyere ist einer von den schwersten Schriftstellern; seine Gedanken sind fein, und eben so fein ist auch der Ausdruck, in den er sie eingekleidet. Diese Feinheit also, und die kleinen Schattierungen die in seinen moralischen Gemälden befindlich sind, verlangen eine sehr saubre Bearbeitung, und der geschickteste Übersetzer sieht sie wohl oft unter seinen Händen verfliegen. Endlich aber haben wir in vergangner Messe auf einmal zwei Übersetzungen der gedachten Charaktere erhalten, welche beide aus Federn, die in dergleichen Dingen geübt sind, geflossen zu sein scheinen. Besonders ist die angeführte so geraten, daß man den Geist des la Bruyere überall erblickt, und daß wir wohl sagen können, er werde sich selbst nicht anders ausgedrückt haben, wenn ihn das Glück, in deutscher Sprache zu schreiben, verurteilt gehabt hätte. Der Herr Übersetzer hat fünf Jahre über seiner Arbeit zugebracht, und auch dieses erweckt schon ein sehr gutes Vorurteil, weil man sonst wohl nichts weniger, als Übersetzungen, mühsam auszufeilen gewohnt ist. Den so genannten Schlüssel hat er wohlbedächtig weggelassen. Dergleichen Dinge sind Nahrungen der Bosheit und Schadenfreude, welche sich am allerwenigsten zu einem Werke, das der allgemeinen Besserung gewidmet ist, schicken. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 16 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 75. Stück, 22.6.1754.

Hogarth, Zergliederung der Schönheit [1]

Wir haben vor weniger Zeit der Hogarthschen Zergliederung der Schönheit etc. gedacht, und sie als ein Werk, das voll neuer Gedanken sei, angepriesen. Wir haben gesagt, daß es ein Lehrgebäude enthalte, welches einzig und allein geschickt ist, die verschiedene Begriffe der Menschen von dem, was gefällt, auf etwas gewisses zu bringen, und das elende Sprichwort, daß man über den Geschmack weder streiten könne noch dürfe, aus dem Munde des Pöbels und der Gelehrten zu verbannen. Es enthält, wie wir berührt haben, keine leeren und unfruchtbaren Betrachtungen, die mit Recht den Namen Grillen verdienen, wenn sie keine praktische Anwendung leiden, sondern der Nutzen desselben erstreckt sich so weit, als sich das Schöne der Formen erstreckt. Alle Künste und Wissenschaften, die sich damit beschäftigen, werden ein neues Licht daraus entlehnen können. Der Philosoph, der Naturalist, der Antiquar, der Redner auf der Kanzel und auf der Bühne, der Maler, der Bildhauer, der Tänzer, haben es fast für ein unentbehrliches Buch zu betrachten. Doch nicht sie allein, sondern auch alle, welche sich mit dem Titel der Kenner begnügen lassen, aber oft von Dingen, wobei es auf die Nachahmung der schönen Natur ankommt, so unbestimmte und widersprechende Urteile fällen, daß sie den Mangel an festen und sichern Begriffen nur allzudeutlich verraten. Ja es fehlt nicht viel, so wird der Nutzen des Hogarthschen Systems auch bis auf das Reich der Mode auszudehnen sein, so daß man auch da, wo man sonst nichts als gelegentlichen Eigensinn wahrnahm, durch Hülfe desselben etwas gewisses wird angeben können. Man wird angemerkt haben, daß die deutsche Übersetzung dieses vortrefflichen Werks, welche Herr Mylius in Londen besorgt hat, sehr teuer sei. Sie beträgt, außer 2 Kupfertafeln, nicht mehr als 22 Bogen in Quart, und kostet gleichwohl nicht weniger als fünf Taler; ein Preis der ohne Zweifel die allgemeine Brauchbarkeit desselben sehr verhindern muß. In dieser Betrachtung hat sich der Verleger dieser Zeitungen entschlossen, einen neuen verbesserten Abdruck den Liebhabern in die Hände zu liefern, und einen Taler Vorschuß darauf anzunehmen, für welchen er ihnen in sechs Wochen, ohne einigen Nachschuß, eingehändiget werden soll. Die Kupfer werden bereits mit möglichster Sorgfalt gestochen, und man schmeichelt sich, daß man auch sonst mit dem Äußern zufrieden sein werde. Nach Verlauf gedachter sechs Wochen, wird das Werk unter 2 Talern nicht zu bekommen sein. Einen verbesserten Abdruck wird man es deswegen mit Recht nennen können, weil man ihm durch verschiedne kleine Verändrungen im Style, diejenige Deutlichkeit gegeben hat, die ihm an vielen Stellen zu fehlen schien. Auch wird man, als eine kleine Vermehrung, die aus dem Franzöischen übersetze Erklärung der Hogarthschen satyrischen Gemälde beifügen. Ein mehreres kann man aus der gedruckten Nachricht ersehen, welche in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam ohne Entgeld ausgegeben wird.

Berlinische privilegierte Zeitung, 76. Stück, 25.6.1754.

Hogarth, Zergliederung der Schönheit [2]

Nachricht von einem neuen Abdrucke der Hogarthschen Zergliederung der Schönheit etc. Wenn irgend ein neues Werk viele Lobsprüche erhalten, und noch mehrere verdient hat, so ist es gewiß des Herrn Hogarths Analisis of Beauty (Zergliederung der Schönheit etc.) Die gelehrten Tagebücher und Zeitungen haben seiner schon zu oft gedacht, als daß der In halt nicht den meisten schon bekannt sein sollte. Hr. Hogarth hatte das Schöne der Formen, als den Gegenstand seiner Kunst auch zum Gegenstande seines phisolophischen Nachdenkens gemacht, und war endlich auf ein Lehrgebäude gekommen, welches einzig und allein geschickt ist, die verschiedenen Begriffe der Menschen von dem, was gefällt, auf etwas gewisses zu bringen, und das elende Sprichwort, daß man über den Geschmack weder streiten könne noch dürfe, aus dem Munde des Pöbels und der Gelehrten zu verbannen. Ihm werden wir es also zu verdanken haben, wenn man bei dem Worte schön, das man täglich tausend Dingen beilegt, künftig eben so viel denken wird, als man bisher nur empfunden hat. Es enthält aber dieses Werk des Hrn. Hogarths keine leeren und unfruchtbaren Betrachtungen, die mit Recht den Namen Grillen verdienen, wenn sie keine praktische Anwendung leiden; sondern der Nutzen desselben erstreckt sich so weit, als sich das Schöne der Formen erstreckt. Alle Künste und Wissenschaften, die sich damit beschäftigen, werden ein neues Licht daraus entlehnen können. Der Philosoph, der Naturalist, der Antiquar, der Redner auf der Kanzel und auf der Bühne, der Maler, der Bildhauer, der Tänzer, haben es fast für ein unentbehrliches Buch zu betrachten. Doch nicht sie allein, sondern auch alle, welche sich mit dem Titel der Kenner begnügen lassen, aber oft von Dingen, wobei es auf die Nachahmung der schönen Natur ankommt, so unbestimmte und widersprechende Urteile fällen, daß sie den Mangel an festen und sichern Begriffen nur allzudeutlich verraten. Ja es fehlt nicht viel, so wird der Nutzen des Hogarthschen Systems auch bis auf das Reich der Mode auszudehnen sein, so daß man auch da, wo man sonst nichts als gelegentlichen Eigensinn wahrnahm, durch Hülfe desselben etwas gewisses wird angeben können. Man weiß, daß Hr. Mylius bei seinem Aufenthalte in England dieses Hogarthsche Werk, unter der Aufsicht des Verfassers, ins Deutsche übersetzt hat. Die Übersetzung ist in London gedruckt, und beträgt, außer den zwei großen Kupfertafeln, nicht mehr als 22 Bogen in Quart. Gleichwohl aber kostet sie weniger nicht als fünf Taler, welches ohne Zweifel ein Preis ist, der die allgemeine Brauchbarkeit derselben sehr verhindert. Was aber nutzt das vortrefflichste Buch, wenn es nicht allen denen in die Hände kommen kann, die es mit Vorteil zu brauchen im Stande sind? Ich habe mich daher entschlossen, diese Myliussische Übersetzung der Welt durch einen neuen verbesserten Abdruck zu überliefern, und mache in dieser Absicht bekannt, daß er in einer Zeit von sechs Wochen wird an das Licht treten können. Die Kupfer werden bereits mit der größten Sorgfalt nachgestochen, und ich schmeichle mir im voraus, daß man sowohl mit diesen, als mit dem Äußerlichen des Drucks zufrieden sein soll. Als eine kleine Vermehrung wird man noch eine aus dem Französischen übersetzte Erklärung der Hogarthschen satyrischen Gemälde beifügen. Zu mehrerer Bekanntmachung des Werks bin ich gesonnen bis zu Ablauf dieser sechs Wochen, einen Taler Vorschuß anzunehmen, für welchen es zu gesetzter Zeit den Herrn Pränumeranten ohne einigen Nachschuß eingehändiget werden soll. Nach Verlauf dieses Termins, werde ich es unter zwei Taler nicht verlassen können. Die Liebhaber werden sich deswegen an mich selbst hier und in Potsdam, oder an jede Buchhandlung, die ihnen ihres Orts am nächsten ist, zu wenden belieben. Für diejenigen, welche allzuweit entfernt sind, wird man auch in Ansehung des Termins gehörige Nachsicht zu haben nicht unterlassen. Berlin, den 1sten Julius 1754.

Berlinische privilegierte Zeitung, 80. Stück, 4.7.1754.

Ewald, Gedanken

[Johann Joachim Ewald:] Gedanken mit einer Übersetzung des Hymne über die vier Jahrszeiten, aus dem Englischen des Thomsons. Frankfurt und Leipzig, bei J. Ch. Kleyb 1754. In 12mo auf 2 Bogen. Die Art durch einzelne abgesonderte Gedanken ein Schriftsteller zu werden, scheinet leichter zu sein, als sie in der Tat ist. Da sie sich der Mühe der Einkleidung überhebt, so gibt sie uns ein Recht, in dem Wesentlichen dessen, was vorgetragen wird, einen desto größern Grad der Vollkommenheit zu erwarten. Vornehmlich müssen alle ihre Gedanken neu und nicht gemein sein, weil alte und gemeine Gedanken nur bei dem Ausfüllen, und bei Verfolgung einer Materie erträglich sind. Ja diese neue Gedanken müssen auch mit neuen Wendungen vorgetragen werden, und eine gewisse sinnreiche Kürze haben, um auch dadurch den Namen Gedanken zu verdienen, daß sie dem Leser zu mehr und mehr Gedanken Anlaß geben. – – Was wir hier in allgemeinen Ausdrücken gesagt haben, hätten wir auch in besondern von den angeführten zwei Bogen sagen können, wenn sie unser Lob nicht mehr verdienten als bedürften. Wir wollen eine einzige Stelle daraus anführen, welche aus mehr als einer Ursache von einem Deutschen überdacht zu werden verdienet. »Die meisten, heißt es auf der 24. Seite, sind gewohnt, sich im Urteilen nach andern zu richten, ihnen nachzurühmen und nachzutadeln. Wäre dieses nicht, so hätte man längst unter den Deutschen kühn gesagt: Wolf sei größer als Newton. Newton schrieb eine bessere Optik und Astronomie, als sein Lehrer Kepler. Wolf aber übersah zuerst in einem System alle physische und moralische Wissenschaften. Er schrieb zuerst eine Kosmologie, eine Aerometrie, ein zusammenhangendes Recht der Natur und eine Moral. Hätte Newton in der Metaphysik, wie der Herr von Voltaire sich ausdrückt, den Ball gut genug schlagen können; so würde er über die Offenbarung Johannis nicht närrisch geworden sein. Newton hatte aber in den Wissenschaften nur einen Geschmack. Die Deutschen, die nur allein zu philosophieren gewußt, haben sich zu verwundern Ursache, daß die Engländer sich berechtigt zu sein geglaubt, einer neuen Optik und Astronomie des Newtons den vielbedeutenden Namen der Philosophie desselben zu geben.« – – Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 2 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 85. Stück, 16.7.1754.

Schönaich, Die ganze Ästhethik in einer Nuß

[Christoph Otto Freiherr von Schönaich:] Die ganze Ästhetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch; als ein sichrer Kunstgriff, in 24 Stunden ein geistvoller Dichter und Redner zu werden, und sich über alle schale und hirnlose Reimer zu schwingen. Alles aus den Akzenten der heil. Männer und Barden des jetzigen überreichlich begeisterten Jahrhunderts zusammengetragen, und den größten Wortschöpfern unter denselben aus dunkler Ferne geheiliget von einigen demütigen Verehrern der sehraffischen Dichtkunst 1754. In 8vo. 1 Aphb. 10 Bogen. Dieser Titel ist hoffentlich lang und närrisch genug, um einen hinlänglichen Begriff von dem Buche selbst zu machen. Wenn man es eine Nachahmung des französischen Dictionaire Neologique nennen will, so vergesse man nur nicht, es eine elende Nachahmung zu nennen, so wie man sie von einem geschwornen Gottschedianer erwarten konnte. Wir machen uns Hoffnung, diese Scharteke in dem nächsten Stücke des »Neuesten aus der anmutigen Gelehrsamkeit«, etwann folgender Maßen, angepriesen zu finden: »Endlich einmal ist ein Patriot unter uns aufgestanden, welcher den deutschen Sprachverderbern den Text gelesen, und zu Rettung meiner Ehre bewiesen hat, daß alle diejenigen Ochsen sein müssen, welche an Hallern, Bodmern und Klopstocken, einen Geschmack finden. Man kann ihm für seinen rühmlichen Eifer, meine Sprachkunst den Dichtern als das einzige anzupreisen, wider welches sie nicht sündigen dürfen, nicht genug danken. Ein grammatikalischer Fehler, und wenn er auch oft nur auf einen Druckfehler hinauslaufen sollte, ist ihm, wie billig, ein Schandfleck, der alle Schönheit des Gedanken vernichtet, von welcher ich längst gesagt habe, daß sie einzig und allein auf die richtigen, fließenden und gewöhnlichen Ausdrücke ankomme, wie ich sie in meinen Werken habe, die in jeder Art, ohne Ruhm zu melden, Muster sein können. Mit dem Geiste der Satyre ist unser Verfasser vortrefflich ausgerüstet; er schreibt in Tag hinein, er schimpft, er macht Zoten, welches ich alles denjenigen, Kraft meiner Diktatur, erlaube, die sich meiner gerechten Sache annehmen. Nunmehr habe ich, Gott sei Dank, noch Hoffnung, daß unser ›Herrmann‹ über den ›Messias‹, meine Gedichte über Hallers, Grimms Tragödien über Schlegels, Lichtwehrs Fabeln über Gellerts, meine Atalanta über Rosts Schäfergedichte, und alle Geburten meiner getreuen Schüler, über alle Werke derjenigen, die meinen Namen nicht anbeten, siegen werden. Ich wünsche dieses herzlich zur Ehre des gesamten Vaterlandes, und will in guter Hoffnung auch diese Monatschrift mit einigen Artikeln aus angezognem Buche bereichern.« – – Das mag er tun; wir wollen weiter davon nichts sagen, als daß es 12 Gr. kostet, und in den Voßschen Buchläden hier und in Potsdam zu haben ist.

Berlinische privilegierte Zeitung, 98. Stück, 15.8.1754.

Schönaich, Possen im Taschenformate

Leipzig. Allda sind vor kurzen drei Bogen in Duodez auf Schreibpapier unter dem Titel: Possen im Taschenformate, gedruckt worden. Ihr Verfasser [Christoph Otto Freiherr von Schönaich ?], oder wenigstens ein guter Freund von ihm, hat die Vorsicht gehabt, uns folgende Rezension davon zuzuschicken. »Wir sind für das feine und für das muntere in der Satyre viel zu stark eingenommen, als daß wir gegenwärtigen Bogen nicht ihr gebührendes Recht sollten widerfahren lassen. Der Herr Verfasser hat seine Possen in lauter kleine Kapitel geteilet, in deren jedem er ein gewisses Etwas abhandelt. Als z. E. etwas moralisches, etwas poetisches, etwas historisches, etwas kritisches u.s.w. Die Herren Kunstrichter bekommen hier eben so wohl ihren Teil, als die strengen Philosophen, die jede sonnenklare Wahrheit auf das abstrakteste demonstrieren wollen. Der Verfasser hat dem Frauenzimmer eben so lachend die Wahrheit gesagt, als den finstern Altertumsforschern. Ein Lustspiel von 5 Handlungen ist hier auf 5 Duodezseiten zu sehen. Es hat alle erforderliche Eigenschaften eines Lustspiels, und der Leser wird über dieses eben so gut lachen müssen, als er über eines von 4 Stunden lacht. Die Handlung des gegenwärtigen dauert 6 Stunden. Die Beschreibung von Utopien ist sehr lehrreich, und die verschiednen Arten der Waffen sind voller Witz; kurz diese drei Bogen enthalten so viel, als manche Satyre von drei Alphabeten.« – – Daß wir diese Lobsprüche unverändert mitteilen, kann man aus dem 142. Blatte der »Hallischen Zeitung« erkennen, wo man eben dasselbe Formular, nur mit einem etwas veränderten Anfange, finden wird. Es heißt nämlich daselbst: »es ist bekannt, bei was für Gelegenheit diese Art kleiner Schriften jüngst Mode zu werden angefangen hat.« Man versteht Sie, mein Herr Panegyrist! Und damit Sie auch alle und jede verstehen mögen, so wollen wir es nur gerade heraussagen, daß diese Possen, welche

– – – – – – ipse

Non sani esse hominis, non sanus juret Orestes,

eine Satyre auf das Format und die zufällige Einrichtung der Lessingschen Schriften, allem Ansehen nach, sein sollen. Sie kosten drei Groschen; aber auch drei Groschen gibt man nicht für Possen hin. Was war also zu tun, damit sie gleichwohl bekannt würden? Ohne Zweifel hat der Verleger dieser Blätter den besten Einfall gehabt, den man in dieser Absicht nur haben kann. Er hat sie nämlich nachdrucken lassen, und ist entschlossen sie für ihren innerlichen Wert zu verkaufen, d. ist, sie umsonst auszugeben. Sie stehen in den Vossischen Buchläden, hier und in Potsdam den Liebhabern zu Dienste.

Berlinische privilegierte Zeitung, 112. Stück, 17.9.1754.

Richardson, Geschichte des Herrn Carl Grandisons. III. Band

Geschichte Herrn Carl Grandisons. In Briefen entworfen von dem Verfasser der Pamela und der Clarissa [Samuel Richardson]. Aus dem Englischen übersetzt. III. Band. Leipzig in der Weidemannischen Handlung 1754. In 8vo. 1 Alphb. 16 Bogen. Man muß die ersten Teile dieser Geschichte nicht gelesen haben, wenn man auf die Fortsetzung derselben nicht äußerst begierig ist. Und es wird ohne Zweifel ein kleiner Streich sein, den man der Deutschen Neugierde spielt, daß sie jetzt nur einen Teil davon erhält, anstatt auf zwei gehofft zu haben. Das Meisterstück des Richardson sollte billig allen andern Büchern dieser Art die Leser entziehen; und wir hoffen auch daß es geschehen werde, wenn anders die in allen ihren Reizungen geschilderte Tugend noch fähig ist, die Menschen für sich einzunehmen. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 14 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 121. Stück, 8.10.1754.

Schönaich, Possen

Das Publikum hatte vor einigen Wochen die Gütigkeit ein Paar Bogen Makulatur, unter der Aufschrift, »Possen« [vermutl. von Christoph Otto Freiherrn von Schönaich], in den Vossischen Buchläden abzuholen; aber doch nicht so häufig, als man wohl wünschen mögen: denn so wohlfeil der Verleger auch diese seine Auflage gemacht hatte, so wäre sie ihm doch wenigstens zur Hälfte auf dem Halse geblieben, wenn er sich nicht kurz und gut entschlossen hätte, noch in jeden Butterkeller ein Dutzend Exemplare zu schicken, um sie den Lesern mit Gewalt aufzudringen. Gleichwohl hat man in Leipzig noch eine dritte Auflage veranstaltet, und was das sonderbarste dabei ist, so verspricht man sich ausdrücklich auf dem Titel davon, daß man sie loszuwerden hoffe, ohne sie gratis auszugeben. Diese Hoffnung kann sich unmöglich auf etwas anders, als auf die dazugekommenen Vermehrungen gründen, welche wir notwendig anzeigen müssen, damit die Liebhaber selbst urteilen können, ob sie wichtig genug sind, um dasjenige noch einmal für 3 Groschen zu kaufen, was sie bereits umsonst bekommen haben. Die erste Vermehrung also ist ein sauberes Stöckchen, welches das Titelblatt zieret. Es stellet einen Satyr vor, der mit einer Keule und einem Schwerde bewaffnet ist, und neben sich, man kann nicht eigentlich erkennen, ob einen Hund, oder eine Katze, oder gar einen Bär stehen hat. Wen dieses Bildchen vorstelle, wollen wir gleich sagen. Der Verfasser der Possen, oder kürzer der Possenreißer, wollte sich Anfangs gar nicht nennen, ohne Zweifel, weil er ganz in der Stille den Beifall der Welt abzuwarten gedachte. Nunmehr aber, da er sieht, daß dieser Beifall so außerordentlich gewesen ist, so ist sein Ehrgeiz auf einmal aufgewacht. Er fängt an aus dem Verborgnen hervor zutreten, und schicke deswegen sein Bildnis voraus, ehe er uns durch seinen Namen überraschen will. Erst war er ein Anonymus; jetzt ist er ein Pseudonymus, denn über das gedachte Stöckchen hat er den Namen Toelpel schneiden lassen, von welchem er aber leicht hätte voraus sehen können, daß er ihn gar zu deutlich verraten würde. Die zweite Vermehrung bestehet in einer Erklärung hinter der Titelseite, und welche dieses Inhalts ist, daß der Verfasser mit seinen »Possen« nicht nur einen Narren, d. i. nicht sich nur selbst, sondern noch hundert Narren zugleich, d. i. alle seine Bewunderer, wenn deren anders hundert sein können, habe lächerlich machen wollen. – – Weiter finden wir nichts verändert noch hinzugesetzt, welches sich auch nicht wohl würde haben tun lassen, weil diese sogenannte dritte Auflage bloß aus einem umgedruckten Titelbogen entstanden ist. Sollte man nun also durchaus nicht 3 Gr. dafür bezahlen wollen, so könnte doch wohl noch dazu Rat werden, daß man auch eine vierte Auflage nach dieser dritten, für eben den Preis, als die zweite, machte. Allein diejenigen, welche ein Exemplar davon verlangten, würden die Gütigkeit haben müssen, vorher darauf zu subskribieren, damit man ganz gewiß sein könnte, daß sie es auch hernach umsonst nehmen würden. Wer sich mit zwei Exemplaren belästigen will, soll das zuvorbeschriebene Bildnis des Verfassers nach vergrößertem Maßstabe gleichfalls in Holz geschnitten, obenein bekommen. Es wird mit dem wahren Namen desselben prangen, welchen wir eben jetzt erfahren haben. Ein sehr berühmter Name; wahrhaftig! Und der noch berühmter werden soll!

Berlinische privilegierte Zeitung, 128. Stück, 24.10.1754.

Smollet, Roderich Random. Erster Teil

[Tobias Smollet:] Begebenheiten des Roderich Random. Aus der dritten Englischen Ausgabe übersetzt. Erster Teil. Hamburg bei Chr. Wilh. Brandt 1755. Es wäre zu viel Nachsicht, wenn man das Vorurteil, welches die englischen Romane für sich haben, auch diesen Begebenheiten wollte zu gute kommen lassen. Ihr Verfasser ist weder ein Richardson noch ein Fielding; er ist ein Schriftsteller, wie man sie bei den Deutschen und Franzosen in der Menge antrifft. Er gesteht, daß er sich besonders den Herrn le Sage zum Muster gewählt habe, dessen Gil Blas wohl ein Meisterstück des komischen Romans bleiben wird. Aber wie weit ist er unter ihm geblieben! Es müßte sehr wunderbar zugehen, wenn deutsche Leser von Geschmack an den Schulstreichen, an den Bordellhistörchen, an den Balgereien und an den Schiffsabenteuern, eben so viel Wohlgefallen finden sollten, als der englische Pöbel daran muß gefunden haben, der bereits drei Ausgaben davon unter sich geteilet hat. Am Ende dieses Teils findet man den Held in sehr mißlichen Umständen, so daß er den verzweifelten Entschluß faßt, zu sterben. Man darf sich aber nicht bange sein lassen, weil er noch den zweiten Teil geschrieben hat, den man hoffentlich wohl auch bald deutsch zu lesen bekommen wird. Die Übersetzung scheinet ein wenig in Eil gemacht zu sein. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 10 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 133. Stück, 5.11.1754.

Ragout à la Mode

Ragout à la Mode oder des Neologischen Wörterbuchs erste Zugabe von mir selbst 1755. In 8vo. 11/2 Bogen. Wenn das Neologische Wörterbuch, oder, es bei dem abgeschmacktern Titel zu nennen, wenn die Ästhetik in einer Nuß nur den geringsten Schaden angerichtet oder auch nur Leser gefunden hätte, so würden wir nicht ermangeln, dieses Ragout als ein vortreffliches Gegengift anzupreisen. Da sie aber in einem Augenblicke erschien und vergessen ward, so befürchten wir fast, daß ein gleiches Schicksal auch ihre Zugabe, unschuldiger Weise, treffen werde. Unterdessen ist es doch recht gut daß man den Narren nach ihrer Narrheit antworte, und ihnen keine Gegenrede schuldig bleibe, damit sie es auch selbst erfahren, daß sie Narren sind. Das Ragout bestehet aus einer Unterredung zwischen einem Schüler und seinem Lehrmeister. Man hat diese katechetische Methode ohne Zweifel wegen der Deutlichkeit gewählt, um es fein einem jeden begreiflich zu machen, daß nicht allein der Verfasser des Wörterbuchs ein seichter Kopf und förmlicher Pasquillant sei, sondern auch daß der Herr Prof. Gottsched mit mehrerm Rechte als Bodmer und Klopstock unter die Neologischen Schriftsteller gehöre; es müßte ihm denn etwa dieses zur Entschuldigung dienen, daß er bloß aus kriechender Armut, und gar nicht aus Begierde etwas kühnes und unerwartetes zu sagen, neologisiere. Die Beweise hiervon kann man in der Zugabe selbst nachsehen. Wir wollen uns nicht länger dabei aufhalten, sondern dem Leser nur noch eine Sinnschrift mitteilen, die der Träumer eines gewissen Traumes als das von uns verlangte Recepisse ansehen kann. Man wird sich der vortrefflichen vier Zeilen des Herrn von Hallers erinnern:

Kurzsichtiger! dein Gram hat dein Gesicht vergället,

Du siehst die Dinge schwarz, gebrochen und verstellet:

Mach deinen Raupenstand und deinen Tropfen Zeit,

Den nicht zu deinem Zweck, die nicht zur Ewigkeit.

Weil diese Zeilen den poetischen Maulwürfen von jeher ein mächtiger Anstoß gewesen sind, so machen wir uns ein Vergnügen daraus ihnen eine Parodie darauf mitzuteilen, die wir von guter Hand bekommen haben. Sie ist an den Verfasser des Wörterbuchs gerichtet, und lautet also:

Kurzsichtiger! der Neid hat dein Gesicht vergället,

Du siehest Hallern schwarz, gebrochen und verstellet:

Mach deinen matten Witz, dein wenig Wissen, Flegel,

Dies nicht zur Deutlichkeit, den nicht zur Schreibart Regel.

Wenn er, oder diejenigen Herren Gottschedianer, die an dem Wörterbuche Teil haben, das Flegel zu hart finden sollten, so mögen sie überlegen, daß man des Reimes wegen vielmal etwas sagen muß, was man außer dem Reime nicht gesagt hätte. Doch man hat es nicht einmal nötig, ihnen diese Entschuldigung zu machen, weil sie weit größere Grobheiten wider andre Leute, als sie sind, ausgestoßen haben. – – Das Ragout kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 2 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 135. Stück, 9.11.1754.

Gastrel, Deistische Grundsätze

[Francis Gastrel:] Richtige Vorstellung der Deistischen Grundsätze in zwei Unterredungen zwischen einem Zweifler und einem Deisten. Aus dem Englischen übersetzt, und mit einem Anhange vermehrt. Leipzig bei Joh. Jacob Weitbrecht 1755. In 8vo. 12 Bogen. Das Original dieses kleinen aber sehr schätzbaren Werks ist zu erst im Jahre 1711 ans Licht getreten, und seit dem sehr oft aufgelegt worden. Es scheinet, daß sein Verfasser, welcher unbekannt geblieben ist, hauptsächlich durch die Tolandischen Schriften bewogen worden, die Sache des Christentums auf eine so besondere Art zu verteidigen. Er läßt keinen Christen, sondern einen Zweifler oder vielmehr einen Menschen das Wort wider den Deisten führen, welcher Verstand und Unparteilichkeit genug hat, der christlichen Religion wenigstens durch keine falsche Beschuldigungen zu nahe treten zu lassen, und die Gründe wider dieselbe auf ihren wahren Wert herab zu setzen. Dieser Zweifler findet am Ende, daß der Deismus eine Larve sei, unter welcher man bloß die verhaßten Beschuldigungen der Gottesleugnung von sich abzulehnen, oder die christliche Religion desto geschickter zu bestreiten suche. Wem dieses Endurteil zu strenge scheinen sollte, der muß wissen, daß der Verfasser nur die allerhäßlichste Art von Deisten annimmt, diejenigen nämlich, welche zwar einen Gott, aber keine Verbindlichkeit ihm zu gehorchen, noch ein künftiges Leben zugeben. So schwerlich ein Herbert diese für wahre Deisten erkennen würde, so gewiß ist es doch, daß sie zu unsern Zeiten unter ihren Namensbrüdern die größte Zahl ausmachen, und auch leider die größten Verführungen anrichten! Auf dieser Horizont also ist das gegenwärtige Gespräch mit Fleiß eingerichtet, und besonders geschickt die Freidenkerei, so wie sie gemeiniglich im Umgange geäußert wird, wo man sie mehr mit Einfällen als tiefsinnigen Erörterungen verficht, ablaufen zu lassen. – – Der Anhang, welcher dieser Übersetzung beigefügt ist, bestehet aus einigen Briefen, welche den Streit über die Religion betreffen. Statt aller Lobsprüche dürfen wir dem Leser nur entdecken, daß sie, so wie die Übersetzung selbst, aus der Feder des berühmten Verfassers der Bestimmung des Menschen geflossen sind. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 4 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 137. Stück, 14.11.1754.

Zachariä, Gedicht dem Gedächtnis des Herrn von Hagedorn gewidmet

[Justus Friedrich Wilhelm Zachariä:] Gedicht dem Gedächtnisse des Herrn von Hagedorn gewidmet. Braunschweig, bei Schröders Erben. In 4to. 21/2. Bogen. Man wird es bereits aus andern öffentlichen Blättern wissen, daß der Herr Zachariä der Verfasser dieses Gedichts ist. Wir wiederholen seinen Namen hier um desto lieber, weil er uns der formellen Lobsprüche überhebt, die das Publikum in Ansehung der vorzüglichen Geschicklichkeit dieses Dichters nichts neues lehren würden. Hat man ihn in seinen scherzhaften Epopeen, als in seiner Sphäre bewundert, so wird man ihn auch hier nicht außer derselben finden; so wenig auch die Gabe scherzhafter Einfälle und die Gabe zärtlicher Empfindungen, mit einander gemein zu haben scheinen. Auch in das Lob desjenigen unsterblichen Dichters wollen wir uns nicht einlassen, dessen Tod Herr Zachariä, und mit ihm Germanien, beweinet. Er war zugleich der rechtschaffenste und großmütigste Mann, und wenigstens hiervon einen kleinen Beweis einzurücken, können wir uns unmöglich enthalten. Auf der 15. Seite läßt Herr Zachariä die Dichtkunst sagen:

Ihr sahet ihn so oft in dem geheimern Leben,

Verdiensten ihren Rang, sein Lob der Tugend geben;

Ihr saht ihn immer groß, und freundschaftlich und frei,

Der wahren Weisheit Freund und Feind der Heuchelei.

Mich dünkt, ich höre noch die edle Menschenliebe,

Die sanft, voll Wohltun spricht; die jeder Großmut Triebe

Für dich, o Fuchs, erregt; und aus der Dürftigkeit

Mit britischem Edelmut verkannten Witz befreit.

Zu diesen letzten Zeilen macht der Verfasser folgende Anmerkung: »Herr Gottlieb Fuchs, der seit einigen Jahren Prediger in Sachsen ist, und sich unter dem Namen des Bauernsohnes durch verschiedene glückliche Gedichte bekannt gemacht hat; kam ohne Geld und Gönner nach Leipzig, seine Studien daselbst fortzusetzen. Er fiel allda einem unserer größten Dunse in die Hände, der durch seine marktschreierische Art, mit seinen Verdiensten um Deutschland zu prahlen, und durch die kleinen niedrigen Mittel jemanden zu seiner Partei zu ziehen, genug bezeichnet ist. Dieser Mann, der wohl eher versucht hatte, mit einem alten Rocke Leute zu bestechen, für ihn zu schreiben, dieser Mann war klein genug, Herr Fuchsen monatlich eine solche Kleinigkeit zu geben, die man sich schämt hier auszudrücken, und die er kaum dem geringsten Bettler hätte geben können. So bald er indessen erfuhr, daß Herr Fuchs in die Bekanntschaft mit einigen andern rechtschaffenen Leuten gekommen war, die er nicht zu seiner Partei zählen konnte, so war er noch niederträchtiger, und nahm Herr Fuchsen die Kleinigkeit, die er ihm bisher gegeben. Herr Fuchs wurde sogleich von denjenigen mehr als schadlos gehalten, durch die er um dieses erniedrigende Almosen gekommen war. Der sel. Herr von Hagedorn, dem diese Geschichte bekannt wurde, brachte durch seine edelmütige Vorsprache bei vielen Standespersonen, Hamburgern, einigen Engelländern, und besonders bei dem Collegio Carolino zu Braunschweig eine so ansehnliche Summe zusammen, daß Herr Fuchs künftig vor dem Mangel gesichert, seinen Studien auf eine anständige Art obliegen konnte.« – – Denjenigen Fremdlingen in dem Reiche des Witzes, welche vielleicht fragen sollten: wer ist der große Duns? wollen wir nächstens diese Frage beantworten. – – Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 3 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 4. Stück, 9.1.1755.

Antwort auf die Frage: wer ist der große Duns

Der Mann in – –, welchen Gott

Nicht schuf zum Dichter und Kunstrichter,

Der, dümmer als ein Hottentott,

Sagt, er und S*** wären Dichter;

Der Philip Zesen unsrer Zeit;

Der Büttel der Sprachreinigkeit

In Ober- und in Niedersachsen,

Der alle Worte Lands verweist,

Die nicht auf Deutschem Boden wachsen;

Der große Mann, der stark von Leib

Ein kleines artigs freundlichs Weib

Kalt, wie er denkt und schreibt, umarmt,

Das aber seiner sich erbarmt,

Und gleicher Meinung ist und bleibt,

Und wider ihn nicht denkt, nicht schreibt,

Weil es den Zank der Ehe scheut,

Und lieber aus Gefälligkeit

Sich an des Manns Gedanken bindet;

Der Mann der unter uns

Viel große Geister findet,

Der ist der große Duns!

Berlinische privilegierte Zeitung, 5. Stück, 11.1.1755.

Uz, Lyrische und andere Gedichte

[Johann Peter Uz:] Lyrische und andere Gedichte. Neue und um die Hälfte vermehrte Auflage. Mit allergnädigsten Freiheiten, Ansprach, zu finden bei Jacob Christoph Posch 1755. In 8vo. 12 Bogen. Die erste Ausgabe dieser Gedichte ist bereits vor fünf Jahren erschienen, und von Kennern wohl aufgenommen worden. Man erkannte ihren Verfasser, welches der Herr Regierungssekretär Utz in Anspach ist, sogleich für einen wahren Schüler des Horaz, der von dem Feuer seines Musters beseelt werde, und etwas mehr gelernt habe, als ihm hier eine Gedanke und da eine Wendung, nicht sowohl abzuborgen, als abzustehlen. Die Vermehrungen, welche er jetzo hinzugetan, sind so beträchtlich, daß er die Oden in vier Bücher hat abteilen können. Die ersten zwei enthalten die bereits gedruckten Stücke; aber so, wie sie sich der verbessernden Hand eines Verfassers, der aller Welt eher, als sich ein Genüge tun kann, entreißen dürfen. Er hat überall verändert und auch fast überall glücklich verändert. Wir sagen fast, und hoffen, daß er es denjenigen nicht übel ausdeuten wird, die sich, vielleicht aus einer Art von Prädilektion hier und da seiner erstern Gedanken gegen die letztern annehmen. Unter den neuen Oden, welche das dritte und vierte Buch ausmachen, wird man verschiedne von dem erhabensten Inhalte finden, und einen philosophischen Kopf wird die, welche er »Theodizee« überschrieben hat, nicht anders als entzücken können. Sie sind überhaupt alle vortrefflich, obgleich nicht alle von einerlei Fluge. Und auch dieses hat er mit dem Horaz gemein, welcher sich oft in die niedre Sphäre des Scherzes und angenehmer Empfindungen herab läßt, und auch da die geringsten Gegenstände zu veredeln weiß. Nur an den schmutzigen Bildern hat unser deutscher Horaz eine gleiche Kunst zu zeigen, verweigert. Die Anständigkeit ist das strenge Gesetz, welches seine Muse auch in den Entzückungen des Weines und der Liebe nie verletzet. – – Die übrigen Vermehrungen bestehen in dem »Sieg des Liebesgottes«, welches scherzhafte Heldengedichte man auch bereits kennet, und in einigen poetischen prosaischen Briefen, welche Teils freundschaftlichen, Teils kritischen Inhalts sind. Der vierte ist besonders merkwürdig. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 16 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 9. Stück, 21.1.1755.

Dusch, Vermischte Werke

Vermischte Werke in verschiednen Arten der Dichtkunst von Johann Jakob Dusch. Jena, bei G. Heinrich Cuno 1754. In groß 8vo. 1 Alphb. 14 Bogen. Das meiste von diesen gesammelten Gedichten kennet die Welt bereits, und Herr Dusch genießet nicht erst seit gestern den Ruhm eines schönen Geistes, dem es in mehr als einer Art der Poesie gelungen ist. Er behält fast durchgängig noch den Reim bei, und nur in einigen Oden hat er, voll Zuversicht auf andre wesentliche Schönheiten, ihn aufgegeben. Eine andre Neuerung, die sich einzig von ihm herschreibt, und von der wir nicht wissen, ob sie ihm jemand nachgemacht hat, wird man auch schon an ihm gewohnt sein. Er hat nämlich dem ziemlich einförmigen Sylbenmaße der Alexandriner eine nicht unangenehme Veränderung zu geben geglaubt, wenn er auch in der Mitte des Abschnitts eine Abwechselung von männlichen und weiblichen Füßen brächte; und wir müssen gestehen, daß die Wirkung davon oft sehr glücklich ist. – – Die ganzen Werke bestehen aus sechs Abteilungen. Die erste enthält das aus acht Gesängen bestehende Lehrgedicht »Die Wissenschaften«; die zweite das »Toppe« ein scherzhaft Heldengedichte in sieben Büchern; die dritte Moralische Gedichte. Die vierte Oden und Elegien; die fünfte zwei Schäferspiele, nämlich die »Unschuldigen Diebe«, und den »Tausch«; die sechste endlich ist ein bloßer Anhang von zwei neuen Oden. Der Raum vergönnt es nicht, von dieser letztern Art ein ganzes Stück herzusetzen, welches doch geschehen müßte, wenn die Leser ihr Urteil darnach einrichten sollten. Eine einzelne Stelle kann sie nur bewegen, das Buch selbst nachzusehen, welches sie schwerlich ohne Vergnügen wieder aus den Händen legen werden. Hier ist eine; der Dichter bekömmt von seinem Schutzgeiste den Befehl:

Du, singe sanftere Töne, von bessern zärtlichen Kriegen,

Die nicht die Mutter verflucht.

Bleib dort im friedsamen Tal, das, zu weit menschlichern Siegen

Die Braut und ihr Jüngling besucht!

Greif in die mächtige Leier, die, von der Sappho gespielet,

Sanft, wie ein Seufzer, erklang,

Wenn flüchtig ihr Busen sich hob, und Küsse, nur eben gefühlet,

Die bebende Lippe besang!

Dann schleicht ein blühendes Mädchen, das sich von ihren Gespielen,

Im Hain hin, tiefer verlor,

Still zu den Sänger und lauscht, und fühlet sich, und im fühlen

Schwillt sanft ihr Busen empor.

Dann kommt sie mit glühenden Wangen, belebt von Unschuld und Feuer,

Wenn sie im Schlummer dich sieht,

Und krönt mit Veilchen und Rosen geschäftig die glückliche Leier

Und küßt dich eilig und flieht.

Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 1 Rtlr. 4 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 12. Stück, 28.1.1755.

Wohlmeinender Unterricht für all diejenigen, welche Zeitungen

Wohlmeinender Unterricht für alle diejenigen, welche Zeitungen lesen, worinnen so wohl von dem nützlichen Gebrauche der gelehrten und politischen Zeitungen, als auch von ihrem Vorzuge, den einige vor andern haben, bescheidentlich gehandelt wird; nebst einem Anhange einiger fremden Wörter, die in den Zeitungen häufig vorkommen. Leipzig bei Chr. Fr. Geßner 1755. In 8vo. 22 Bogen. Wenn dieses Buch, welches eigentlich zu nichts, als zum Nutzen der Zeitungsleser und zur Aufnahme der Zeitung selbst bestimmt ist, nicht verdienet, in den Zeitungen bekannt gemacht und angepriesen zu werden, so verdient es gewiß kein Buch in der Welt. Unsern Blättern soll man wenigstens den Vorwurf nicht machen, daß sie die Dankbarkeit so weit aus den Augen gesetzt und ein sträfliches Stillschweigen davon beobachtet hätten. Sie sollen vielmehr ihren Lesern melden, daß dieser »Wohlmeinender Unterricht« halb ein neues und halb ein neuaufgewärmtes Buch ist, welches aus drei Hauptabteilungen besteht. Die erste handelt von den Zeitungen überhaupt, und untersucht in 9 Kapiteln mit einer ziemlich philosophischen Gründlichkeit, was man unter einer Zeitung verstehe, woher die Zeitungen ihren Ursprung haben, was für Sachen in den Zeitungen vorkommen, welcher vorzügliche Wert ihnen beizulegen, wie die Verfasser der Zeitung, besonders der politischen, beschaffen sein sollen, was sie für eine Schreibart und für einen Endzweck haben müssen, und endlich auch was sie für Leser verlangen. Die zweite Abteilung handelt von dem Nutzen der Zeitungen, von ihrem Nutzen überhaupt, von ihrem Nutzen an Höfen, von ihrem Nutzen auf Universitäten, von ihrem Nutzen in der Staatskunde, von ihrem Nutzen im geistlichen Stande, von ihrem Nutzen im Kriege, von ihrem Nutzen bei der Kaufmannschaft, von ihrem Nutzen im Hausstande, von ihrem Nutzen auf Reisen, von ihrem Nutzen in Gesellschaften, von ihrem Nutzen in Unglücksfällen. Kurz es ist sonnenklar, daß die Zeitungen das nützlichste Institutum sind, zu welchem die Erfindung der Buchdruckerei jemals Anlaß gegeben hat. Das Publikum kann leicht einsehen, daß man dieses ohne Absicht auf irgend einen Nutzen sagt, denn von dem Nutzen, den ihre Verleger daraus ziehen, steht kein Wort in dem ganzen Werkchen. Die dritte Abteilung endlich handelt von der Art, wie man den Nutzen, welchen die Zeitungen bringen, durch eine vernünftige Lesung derselben erhalten soll; aber mit dieser, wie wir frei gestehen müssen, sind wir gar nicht zu frieden. Der Verfasser will die Welt bereden, daß Zeitungsleser gewisse Naturgaben, gewisse Kenntnisse in der Genealogie, in der Wappenkunst, in der Weltbeschreibung, in der Geschichte, und wer weiß noch worinne haben müßten. Allein mit seiner Erlaubnis, das ist grundfalsch. Wer ein wenig Neugierde besitzt und das wenige Geld daran wenden will und kann, ist ein vollkommner Zeitungsleser; welches hiermit zur Nachricht dienet! Am Ende hat der Verfasser eine Nachricht von den in Deutschland bekanntesten Zeitungen beigefügt; allein an dieser Nachricht ist auch vieles auszusetzen. Besonders tadeln wir dieses daran, daß er unsere Zeitung nicht gleich obenan gesetzt hat. Wir hätten ihn noch ganz anders loben wollen! Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 8 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 29. Stück, 8.3.1755.

Sulzer, Gedanken von dem vorzüglichen Wert

Gedanken von dem vorzüglichen Wert der Epischen Gedichte des Herrn Bodmers von J[ohann] G[eorg] S[ulzer]. Berlin 1754. In 8vo. 2 Bogen. Dieser kleine Aufsatz betrachtet die Gedichte des Herrn Bodmers von einer Seite, von welcher sehr selten Gedichte betrachtet werden, und eben so selten betrachtet werden können, weil ihre Verfasser keine größere Absicht damit gehabt haben, als ihre Kunst zu zeigen. Diese Seite ist diejenige, welche der rechtschaffne Mann weit eher als der Kunstrichter wahrnimmt, und die dem Kunstrichter nur alsdenn nicht unbemerkt entwischt, wenn er, wie der Verfasser dieser Gedanken, gegen das moralisch Schöne eben so fühlbar ist, als gegen das poetische. Die Kunst des Dichters also bei Seite gesetzt, welches hier um so viel leichter hat geschehen können, je entschiedner der Wert derselben bei Kennern bereits ist; wird gezeigt, daß die Bodmerschen Epopeen, nach ihrer Anlage, nach ihrem Inhalte und ihrer Absicht, einen sehr großen Vorzug vor den unsterblichsten Werken des Altertums verdienen. Ihre Absicht erstreckt sich viel weiter, als auf die Besserung der bürgerlichen Tugenden, welches das höchste ist, was man einem Homer und Virgil beimessen kann. Sie gehen auf die innere Besserung des Menschen, von welcher sein Schicksal jenseit des Lebens abhängt; und die Hauptlehre, auf welche der Dichter sich alles beziehen läßt, ist diese, daß die Gottesfurcht, oder die in dem Herzen würkende Religion unser höchstes Gut sei, und daß der Mangel derselben, und die daher entstehenden Laster uns notwendig unglücklich machen. Diesem Augenmerke gemäß wird kaum ein merkwürdiger Umstand des menschlichen Lebens, von dem Eintritte in dasselbe, bis auf den Abschied daraus, zu finden sein, davon man nicht an den Helden dieser Gedichte, die wahre Gemütsverfassung und das allein gute und würdige Betragen, auf die einnehmendste Art, vorgestellet sieht; keine Tugend, die nicht in ihrer vollkommnen Liebenswürdigkeit, und kein Laster, das nicht in seiner wahren Häßlichkeit und unglücklichen Folgen geschildert wird. Wie dieses alles die Bodmerschen Gedichte für eine jede Art von Lesern zu den nützlichsten Schriften machen muß, so findet der Herr S. auch noch eine andere Eigenschaft an ihnen, die sie vornehmlich bequem macht, der Jugend eine historische Kenntnis fast von allem, was der Umfang der Wissenschaften merkwürdiges in sich faßt, auf die beste Weise gelegentlich beizubringen. Denn Herr Bodmer scheint auch darinne ein neuer Homer zu sein, daß die ganze Wissenschaft seines Weltalters entweder darinne liegt, oder doch nicht undeutlich daraus geschlossen werden kann. Etc. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 2 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 36. Stück, 25.3.1755.

Richardson, Geschichte des Herrn Carl Grandisons. V. Band

Geschichte des Herrn Carl Grandison, in Briefen entworfen von dem Verfasser der Pamela und Clarissa [Samuel Richardson]. Aus dem Englischen übersetzt. V. Band. Leipzig in der Weidemannischen Handlung 1755. In 8vo. Dieser Band des, ohne Zweifel lehrreichsten Werks in seiner Art, ist ungemein rührend. Die Geschichte desselben betrifft die Wiederherstellung der Gräfin Clementina, die man in den vorigen Bänden hat kennen lernen. Wenn es auch wahr wäre, daß ihr Charakter überhaupt ein wenig unnatürlich sein sollte, so ist er doch in seinen Teilen mit so viel Kunst und Wahrheit geschildert, daß er unter diejenigen Phantasiebilder gehöret, die man den steifen und trocknen Nachschilderungen der Natur mit allem Rechte vorzieht. Der Handel mit dieser liebenswürdigen Enthusiastin schließt sich dem Wunsche der Leser für ein anders Frauenzimmer, welches gleich Anfangs eine so vorzügliche Rolle spielte, daß die Rolle der Clementine nichts als nur eine zweite sein konnte, vollkommen gemäß. So begierig als man auf diesen Band gewesen ist, eben so begierig und noch begieriger wird man auf die beiden rückständigen werden. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 12 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 37. Stück, 27.3.1755.

G. E. Lessings Schriften, fünfter und sechster Teil

G. Ephr. Lessings Schriften, fünfter und sechster Teil. Berlin bei Chr. Fr. Voß 1755. In 12mo. 1 Alphb. 2 Bogen. Der Verfasser hat diese Teile ohne Vorrede in die Welt geschickt. Es wird daher kein Wunder sein, wenn wir in der Geschwindigkeit nicht viel mehr davon werden sagen können, als er selbst hat sagen wollen. Sie enthalten beide Schauspiele; und zwar jeder Teil ein großes Stück in fünf Aufzügen, und ein kleines in einem Aufzuge. Das große Stück im fünften Teile heißt »Der Freigeist«. Diesen Charakter auf die Bühne zu bringen, kann so leicht nicht gewesen sein, und es wird auf das Urteil der Kenner ankommen, ob die Schwierigkeiten glücklich genug überwunden worden. Wer nicht zu lachen genug darin findet, mag sich an dem darauf folgenden Nachspiele »Der Schatz« erholen. Wir wollen nicht entdecken, was es für eine Bewandtnis mit diesem Schatze habe, damit gewisse Kunstrichter desto zuversichtlicher sagen können, das Komische desselben falle nicht selten in das Possenhafte. Der sechste Teil fängt mit einem bürgerlichen Trauerspiele an, welches »Miss Sara Sampson« heißt. – Ein bürgerliches Trauerspiel! Mein Gott! Findet man in Gottscheds kritischer Dichtkunst ein Wort von so einem Dinge? Dieser berühmte Lehrer hat nun länger als zwanzig Jahr seinem lieben Deutschland die drei Einheiten vorgeprediget, und dennoch wagt man es auch hier, die Einheit des Orts recht mit Willen zu übertreten. Was soll daraus werden? – Das kleine Stück, welches den sechsten Teil beschließt, heißt der »Misogyn«. Der Verfasser hätte wohl können sagen der Weiberfeind. Denn ist es nicht abgeschmackt seinen Sohn Theophilus zu nennen, wenn man ihn Gottlieb nennen kann? Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 16 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 53. Stück, 3.5.1755.

Smollet, Roderich Random. Zweiter Teil

[Tobias Smollet:] Begebenheiten des Roderich Random. Aus der dritten englischen Ausgabe übersetzt. Zweiter Teil. Hamburg bei Chr. Wilhelm Brandt 1755. 1 Alphb. 6 Bogen. Auch dieser Teil ist voller wunderlichen Auftritte aus dem Leben eines Herumschweifers, der ohne Charakter, ohne Sitten und ohne Absichten vorgestellet wird. Die längste Rolle die er darinne spielt, ist die Rolle eines Stutzers der in dem Glanze geborgter Kleider nach einer Frau ausgeht, und durch sein äußerliches Ansehen eine alte wollüstige Witwe oder eine unbedachtsame Erbin ins Garn zu locken sucht. An Erfindungskraft mag es dem Verfasser nicht gefehlt haben; denn auf einer Seite von ihm kömmt oft mehr Geschichte vor, als bei andern seiner Landsleute auf hundert Seiten. Und doch ist er ihnen deswegen so wenig vorzuziehen, daß man vielmehr sein Buch unter die fast unnützen Bücher in ihrer Art rechnen muß, welche zwar das Gedächtnis mit mannigfaltigen Begebenheiten überhäufen und müßige Leser auf einige Stunden beschäftigen, dem Geiste aber weder zu nützlichen Betrachtungen, noch dem Herze zu guten Entschließungen Gelegenheit geben. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 10 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 54. Stück, 6.5.1755.

Zimmermann, Das Leben des Herrn Haller

Das Leben des Herrn von Haller, von D. Johann Georg Zimmermann, Stadtphysicus in Brugg. Zürich bei Heidegger und Compagnie 1755. In 8vo. 1 Alphb. 7 Bogen. Der Herr von Haller gehört unter die glücklichen Gelehrten, welche schon bei ihrem Leben eines ausgebreitetern Ruhms genießen, als nur wenige erst nach ihrem Tode teilhaft werden. Dieses Vorzugs hat er sich unwidersprechlich durch überwiegende Verdienste würdig gemacht, die ihn auch noch bei der spätesten Nachwelt eben so groß erhalten werden, als er jetzt in unparteiischen Augen scheinen muß. Sein Leben beschreiben heißt nicht, einen bloßen Dichter, oder einen bloßen Zergliedrer, oder einen bloßen Kräuterkundigen, sondern einen Mann zum Muster aufstellen,

– – – – – whose Mind

Contains a world, and seems for all things fram’d.

Man ist daher dem Herrn D. Zimmermann alle Erkenntlichkeit schuldig, daß er uns die nähere Nachrichten nicht vorenthalten wollen, die er, als ein vertrauter Schüler des Herrn von Haller, am zuverlässigsten von ihm haben konnte. Alle die, welche überzeugt sind, daß die Ehre des deutschen Namens am meisten auf der Ehre der deutschen Geister beruhe, werden ihn mit Vergnügen lesen, und nur diejenigen werden eine höhnische Miene machen, welchen alle Ehrenbezeigungen unnütz verschwendet zu sein scheinen, die ihnen nicht widerfahren. Ein Auszug aus dieser Lebensbeschreibung würde uns leichter fallen, als er dem Leser vielleicht in der Kürze, welche wir dabei beobachten müßten, angenehm sein würde. Der Herr D. Zimmermann ist keiner von den trocknen Biographen, die ihr Augenmerk auf nichts höhers als auf kleine chronologische Umstände richten, und uns einen Gelehrten genugsam bekannt zu machen glauben, wenn sie die Jahre seiner Geburt, seiner Beförderungen, seiner ehelichen Verbindungen und dergleichen angeben. Er folgt seinem Helden nicht nur durch alle die merkwürdigsten Veränderungen seines Lebens, sondern auch durch alle die Wissenschaften, in denen er sich gezeigt, und durch alle die Anstalten, die er zur Aufnahme derselben an mehr als einem Orte gemacht hat. Dabei erhebt er sich zwar über den Ton eines kalten Geschichtschreibers; allein von der Hitze eines schwärmerischen Panegyristen bleibt er doch noch weit genug entfernt, als daß man bei seiner Erzählung freundschaftliche Verblendungen besorgen dürfte. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam auf Druckpapier 16 Gr. und auf Schreibpapier 1 Rtlr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 59. Stück, 17.5.1755.

Bodmer-Wieland, Edward Grandisons Geschichte in Görlitz

[Johann Jacob Bodmer, Christoph Martin Wieland:] Edward Grandisons Geschichte in Görlitz. Berlin bei Chr. Fried. Voß 1755. In 8vo. 8 Bogen. Wir wollen es nur gleich sagen, daß diese Schrift etwas ganz anders enthält, als der Titel zu versprechen scheinet. Der Name Grandison wird an eine Geschichte denken lassen, in welcher die Kunst ihre größte Stärke angewandt hat, das menschliche Herz auf allen Seiten zu rühren, um es durch diese Rührung zu bessern. Wenn nun der Leser so etwas erwartet, wider Vermuten aber eine kleine Geschichte des Geschmacks unter den Deutschen findet, so wird er sich zwar Anfangs getäuscht glauben, allein am Ende wird er diese Täuschung doch ganz gerne zufrieden sein. Wir haben dieses zu vermuten, um so vielmehr Grund, je lebhafter wir überzeugt sind, daß die jetzt herrschenden Streitigkeiten in dem Reiche des deutschen Witzes nirgends so kurz, so deutlich, so bescheiden, als in diesen wenigen Bogen, vorgetragen worden. Die Verfasser sind dabei in ihrer Unparteilichkeit so weit gegangen, daß sie einem Gottsched und einem Schönaich weit mehr Einsicht beilegen, weit mehr Gründe in den Mund geben, als sie jemals gezeigt haben, und sie ihre schlechte Sache weit besser verteidigen lassen, als es von ihnen selbst zu erwarten steht. Ein wie viel leichters Spiel würden sie ihren Widerlegungen und ihrer Satyre haben machen können, wenn sie die Einfalt des einen in allem ihren diktatorischen Stolze, und die Possenreißerei des andern in aller ihrer wendischen Grobheit aufgeführet hätten. Doch sie wollten ihre Leser mehr überzeugen, als betäuben; und der Beitritt eines einzigen, den sie durch Gründe erzwingen, wird ihnen angenehmer sein, als das jauchzende Geschrei ganzer Klassen, wo es gutherzige Knaben aus Furcht der Rute bekennen müssen, daß Gottsched ein großer Mann und Schönaich ein deutscher Virgil sei. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 3 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 64. Stück, 29.5.1755.

Kästner, Vermischte Schriften

Vermischte Schriften von Abraham Gotthelf Kästner. Altenburg in der Richterischen Buchhandlung 1755. In 8vo. 18 Bogen. Selten werden sich der Gelehrte und der Philosoph, noch seltner der Philosoph und der Meßkünstler, am aller seltensten der Meßkünstler und der schöne Geist in einer Person beisammen finden. Alle vier Titel aber zu vereinen, kömmt nur dem wahrhaften Genie zu, das sich für die menschliche Erkenntnis überhaupt, und nicht bloß für einzle Teile derselben, geschaffen zu sein fühlet. Der Herr Professor Kästner – Doch die formellen Lobsprüche sind ekelhaft, und ohne Zweifel haben die meisten unsrer Leser schon längst von selbst die Anmerkung gemacht, daß sich auch noch mehrere, als ihrer vier, in die Verdienste dieses Mannes ganz reichlich teilen könnten. Gegenwärtige vermischte Schriften allein könnten auch dem besten unsrer witzigen Köpfe einen Namen machen, dessen er sich nicht zu schämen hätte, und den er, mehr erschlichen als verdient zu haben, sich nicht vorwerfen dürfte. Mehr wollen wir nicht davon sagen, sondern nur noch überhaupt melden, daß sie aus prosaischen Abhandlungen, aus Lehrgedichten, aus Oden, aus Elegien, aus Fabeln, aus Sinngedichten, aus Parodien, aus lateinischen Gedichten, und aus Briefen bestehen. Daß man sie lesen wird; daß man sie, auch ohne Anpreisung, häufig lesen wird; ist gewiß. Die wenigen Sinngedichte also, die wir daraus hersetzen wollen, sollen mehr zu unserm eignen Vergnügen, als zu einer unnötigen Probe, angeführt sein.

Charakter des Herrn de la Mettrie nach dem Entwurfe des Herrn von Maupertuis

Ein gutes Herz, verwirrte Phantasie,

Das heißt auf Deutsch: ein Narr war la Mettrie.

An einen Freimäurer

Der Brüderschaft Geheimnis zu ergründen,

Plagt dich, Neran, mein kühner Vorwitz nicht;

Von einem nur wünscht ich mir Unterricht:

Was ist an dir Ehrwürdiges zu finden?

Das Totenopfer an den Herrn Baron von Kroneck nach Neapolis

Mein Kroneck, Maros Geist schwebt noch um seine Gruft,

Wenn du dort Lorbeern brichst, so hör auch, was er ruft:

Zu Ehren hat mir sonst ein Martial gelodert,

Von dir, o Deutscher, wird ein Schönaich jetzt gefodert.

Eines Sachsen Wunsch auf Karl den XII.

Held, der uns so gepreßt, dein eifriges Bestreben

War: spät im eitlen Hauch der letzten Welt zu leben:

Doch wird mein Wunsch erfüllt (die Rache gibt ihn ein)

So soll einst dein Homer ein zweiter Schönaich sein.

Wir müssen erinnern, daß in den zwei letzten Sinnschriften, anstatt des Namens Schönaich, welches ein gewisser Poet in der Niederlausitz ist, bloß ein leerer Platz gelassen worden, ihn nach Belieben mit einem von den zweisylbigen Namen unserer Heldendichter zu füllen. Unser Belieben fiel auf genannten Herrn Baron von Schönaich, von dessen neuesten Schriften wir nächstens reden wollen. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 12 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 74. Stück, 21.6.1755.

Rousseau, Discours sur l'origine et les fondemens de l'inegalité

Discours sur l’origine et les fondemens de l’inegalité parmi les hommes, par Jean Jaques Rousseau, Citoyen de Geneve. à Amsterdam chez Marc Michel Rey 1755. In 8vo. 1 Alphb. Dieses ist eine ganz neue Schrift desjenigen Gelehrten, welcher Philosoph genug war, den Künsten und Wissenschaften keinen größern Einfluß auf die Sitten der Menschen einzuräumen, als sie wirklich haben, und darüber eine Streitigkeit erregte, die sehr lehrreich hätte werden können, wenn sich in Frankreich nicht fast eben so kleine Geister damit abgegeben hätten, als in Deutschland, wo ein gewisser Schulmeister seine gutherzige Knaben davon deklamieren ließ. Man hat es abermals einer Aufgabe der Akademie von Dijon zu danken, daß uns Herr Rousseau seine Meinung von dem Ursprung und den Ursachen der Ungleichheit unter den Menschen mitteilet; und wir können keinen kürzern Begriff davon machen, als wenn wir sagen, daß diese Ausführung der erstern, welche der akademischen Krönung vollkommen würdig gewesen war, in mehrern und wesentlichern Stücken, als in der Art des Vortrages, ähnlich geraten sei. Die jetzt unter den Menschen übliche Ungleichheit scheinet nämlich, an ihm keinen größern Gönner gefunden zu haben, als die Gelehrsamkeit an ihm fand, in so fern sie den Menschen tugendhafter wollte gemacht haben. Er ist noch überall der kühne Weltweise, welcher keine Vorurteile, wenn sie auch noch so allgemein gebilliget wären, ansiehet, sondern graden Weges auf die Wahrheit zugehet, ohne sich um die Scheinwahrheiten, die er ihr bei jedem Tritte aufopfern muß, zu bekümmern. Sein Herz hat dabei an allen seinen spekulativischen Betrachtungen Anteil genommen, und er spricht folglich aus einem ganz andern Tone, als ein feiler Sophist zu sprechen pflegt, welchen Eigennutz oder Prahlerei zum Lehrer der Weisheit gemacht haben. Da diese Eigenschaften alles was er schreibt, auch da noch, lesenswürdig machen müssen, wenn man seiner Meinung nicht beitreten kann; so wird es hoffentlich dem deutschen Publico angenehm sein, wenn wir ihm eine Übersetzung dieses neuen Rousseauischen Werks voraus ankündigen. Es ist ein Mann von Einsicht und Geschmack, welcher sie unternommen hat, und wir sind gewiß, daß er beides bei einer Arbeit zeigen wird, bei welcher die meisten nur Kenntnis der Sprachen zu zeigen gewohnt sind. Sie wird in den Vossischen Buchläden an das Licht treten, wo jetzt die französische Urschrift für 22 Gr. zu haben ist.

Berlinische privilegierte Zeitung, 82. Stück, 10.7.1755.

Zachariä, Die Poesie und Germanien

[Justus Friedrich Wilhelm Zachariä:] Die Poesie und Germanien. Ein Gedicht. Berlin 1755. In 4to. auf 21/2 Bogen. Da die elende Bande jener reimreichen Antipoden des Witzes und der Vernunft an Pasquillen auf alle diejenigen so fruchtbar ist, die ihren Drachen nicht anbeten; so kann es nichts unerwartetes sein, wenn man noch hier und da einen Daniel Küchelchen von Pech und Haaren machen und es ihm in den Rachen werfen sieht, in Hoffnung daß er davon bersten werde. – – Germanien freuet sich über das Glück, welches die Musen in ihrem Reiche machen, die sich mit den Grazien um ihren Thron versammelt haben. Besonders freuet sie sich, die Poesie unter ihren Söhnen in einem Glanze schimmern zu sehen, der die Aufmerksamkeit ihrer Nachbarn endlich zu erregen mehr als hinlänglich sei. Der Poesie selbst aber scheinen diese Lobsprüche zu gütig und zu früh erteilt zu sein. Sie klagt über die sklavische Nachahmungssucht der Deutschen; und dieses sind ihre Klagen:

»Kaum fängt ein Haller an, groß, stark und schwer zu dichten,

So eilt der Tor sein Lied nach seinem Schwung zu richten;

Ahmt nur die Fehler nach; ist niedrig, dunkel, schwer,

Von harten Worten voll, und von Gedanken leer.

Läßt uns ein muntrer Geist des Tejers Laut erklingen,

So fängt halb Deutschland an Geschwätz und Tand zu singen;

Jedwede Presse schwitzt von zu viel Lieb und Wein,

Und für des Heiden Ruhm vergißt man Christ zu sein.

Erzählt ein Gellert uns, und sehn wir mit Vergnügen,

Den ihm nur eignen Scherz und seine Leier fliegen:

So tändelt jeder Tor, kein Brief und kein Gedicht

Erscheint, daß nicht darin ein falscher Gellert spricht.«

etc.

Noch mehr aber klaget sie über ihn, den man in folgender Beschreibung erkennen wird:

»– – – – – ein blinder Aristarch

Der Reime Patriot, der Prosa Patriarch.

Vergebens zeichnen ihn des strengen Satyrs Schläge,

Er achtet Striemen nicht und bleibt auf seinem Wege;

Und tadelt allezeit, so bald ein großes Lied

Nicht an dem Boden kriecht und seiner Zucht entflieht.«

Hierauf nun wird sie von Germanien getröstet, welche ihre würdigern Söhne gegen die Anhänger ihres Widersachers aufstellet; und folgender Maßen schließt:

»– – – Nur erst nach vielen Jahren

Ward Miltons Wert bestimmt; umsonst rast Lauder nun.

Will wider Klopstock nicht der deutsche Lauder ruhn;

So ras’ er! Ihn verfolgt durch alle meine Lande

Des strengen Satyrs Spott, und Lauders ganze Schande!«

Amen! – – Wir glauben, daß wir von diesem vortrefflichen Gedichte genug angeführt haben, die Leser auf das Ganze begierig zu machen. Der Dichter hat sich nicht nennen wollen; wie aber wenn er sich auf der sechzehnten Seite eben dadurch genennt hätte, daß er sich nicht genennt hat? Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 3 Gr. Auf größer Papier 4 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 96. Stück, 12.8.1755.

Mendelssohn, Über die Empfindungen

[Moses Mendelssohn:] Über die Empfindungen. Berlin bei Chr. Fried. Voß 1755. In 8vo. 14 Bogen. Der Verfasser dieser Schrift ist eben der, welchem wir die philosophischen Gespräche schuldig sind. Sie sind durchgängig mit Beifall aufgenommen worden. Wir wünschten aber sehr, daß man diesen Beifall mehr auf den Inhalt, als auf die Art des Vortrags hätte gründen wollen. Waren denn abstrakte Gedanken in einer schönen Einkleidung eine so gar neue Erscheinung unter uns, daß man bei der Anmut der letztern die Gründlichkeit der erstern übersehen durfte? Wären sie in den barbarischsten Ausdrücken einer lateinisch scheinenden Sprache vorgetragen worden, so würde man sie untersucht und bestritten haben. Warum unterblieb beides, da sie deutsch, da sie schön abgefaßt waren? Ist der Deutsche, wenn er ein gründlicher Kopf ist, so gar düster und allen Grazien so gar feind; oder ist der Deutsche, wenn er ein schöner Geist ist, so gar seicht, daß jener nicht will, und dieser nicht kann? Unglück alsdenn für den, der beides zugleich, ein gründlicher Kopf und schöner Geist, ist! Er wird sich teilen müssen, um immer von seinen kompetenten Richtern gelesen zu werden. Er wird es, wenn er denken will, vergessen müssen, daß er schön schreiben kann; und wenn er schön schreiben will, vergessen müssen, daß er denken kann. – – Diese Betrachtung sollte uns fast bewegen, von der Einkleidung des gegenwärtigen Werks gar nichts zu sagen. Kaum dieses; daß es aus Briefen bestehe, in welchen überall der einmal angenommene Charakter des Schreibenden behauptet und die ganze Materie so kunstreich verteilet worden, daß man sehr unaufmerksam sein müßte, wenn sich nicht am Ende, ohne das Trockne der Methode empfunden zu haben, ein ganzes System in dem Kopfe zusammen finden sollte. Ein System der Empfindungen aber, wird denjenigen gewiß eine sehr angenehme Neuigkeit sein, welchen es nicht ganz unbekannt ist, wie finster und leer es in diesem Felde der Psychologie, der Bemühungen einiger neuen Schriftsteller ohngeachtet, noch bisher gewesen. Man hat es ohngefähr gewußt, daß alle angenehme und unangenehme Empfindungen aus dunkeln Begriffen entstehen; aber warum sie nur aus diesen entstehen, davon hat man nirgends den Grund angegeben. Wolf selbst weiß weiter nichts zu sagen, als dieses: weil sie keine deutliche Begriffe voraussetzen. Man hat es ohngefähr gewußt, daß sich alles Vergnügen auf die Vorstellung einer Vollkommenheit gründe; man hat es ohngefähr gewußt, daß Vollkommenheit die Übereinstimmung des Mannigfaltigen sei: allein man hat diese Übereinstimmung mit der Einheit im Mannigfaltigen verwechselt; man hat Schönheit und Vollkommenheit vermengt, und die Leichtigkeit, womit wir uns das Mannigfaltige in jenem vorstellen, auch bis auf die sinnlichen Lüste ausdehnen wollen. Alles dieses aber setzt unser Verfasser auf das deutlichste auseinander. Er zeigt, daß das Vergnügen, welches aus der Schönheit entspringet, auf der Einschränkung unsrer Seelenkräfte beruhe, und also Gott nicht beigelegt werden könne; daß ihm aber dasjenige, welches aus der Vollkommenheit entstehet, und sich bei uns auf die positive Kraft unsrer Seele gründet, im höchsten Grade zukomme. Von den sinnlichen Lüsten beweiset er, daß sie der Seele eine dunkle Vorstellung von der Vollkommenheit des Körpers gewähren; und da in der organischen Natur alle Begebenheiten, die mit einander verknüpft sind, wechselsweise eine aus der andern entstehen können, so erklärt er daher den Ursprung des angenehmen Affekts, und zeiget, wie der Körper durch die sinnliche Lust, den Abgang an Vergnügen ersetze, den er durch die Verdunklung der Begriffe anrichtet. – – Alles dieses ist nur ein kleiner Blick in die neue Theorie unsers Verfassers, welcher zugleich bei aller Gelegenheit seine philosophische Einsicht in diejenigen Künste und Wissenschaften zeigt, die unsre angenehme Empfindungen zum Gegenstande haben; in die Dichtkunst, in die Malrei, in die Musik, in die musikalische Malrei des Farbenklaviers, bis sogar in die noch unerfundenen Harmonien derjenigen Sinne, welchen noch keine besondern Künste vorgesetzet sind. Eines aber müssen wir hauptsächlich nicht vergessen; daß nämlich der Verfasser die Lehre vom Selbstmorde mit eingeflochten, und diese schwierige Materie auf eine Art abgehandelt habe, wie sie gewiß noch nie abgehandelt worden. Er beweiset nicht nur, daß den Gläubigen die Religion, und den Ungläubigen sein eignes System der Zernichtung nach dem Tode von dem Selbstmorde abhalten müsse; sondern beweiset auch, und dieses war ohne Zweifel das wichtigste, daß ihn so gar der Weltweise sich untersagen müsse, welcher den Tod nicht als eine Zernichtung, sondern als einen Übergang in eine andere und vielleicht glücklichere Art von Fortdauer betrachtet. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 8 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 106. Stück, 4.9.1755.

Wieland, Ankündigung einer Dunciade für die Deutschen

[Christoph Martin Wieland:] Ankündigung einer Dunciade für die Deutschen. Nebst dem verbesserten Hermann. Sero sapiunt Phryges. Frankfurt und Leipzig 1755. In 8vo. auf 61/2 Bogen. Die Welt scheint zu verlangen, daß die Streitigkeiten im Reiche des Witzes nur immer mit den Waffen der lachenden Satyre geführet würden. Wenn sie es aber mehr als einmal geduldet hat, daß man sich auch der schimpflichen Waffen der Schmähsucht und Possenreißerei dabei bedienen dürfen; so wird sie es hoffentlich nicht übel deuten, wenn sie nunmehr einen Patrioten zu schärfern greifen siehet, die der Ernst eben so weit über die Satyre erhebt, als die Niederträchtigkeit jene unter die Satyre erniedriget hatte. Und aus diesem Grunde versprechen wir der gegenwärtigen Ankündigung einer Dunciade für die Deutschen am Ende, wenn man alle Umstände wird überlegt haben, eine gütigere Aufnahme, als sie einigen zu sehr nachsehenden Weisen, wegen der durchgehends darin herrschenden Strenge, bei dem ersten Anblicke verdient zu haben scheinen möchte. Es ist wahr; »die Erscheinung, wie unser Verfasser sagt, ist unglaublich, daß eine ganze Nation, in deren Schoß die Wissenschaften und die Freiheit zu denken blühen sollten, die fast von allen Seiten mit gesitteten und geistreichen Nationen umgeben ist, die sich eines Leibniz rühmen kann, – – sich von einem kleinen Haufen Idioten ohne Talente, ohne Einsichten, ohne Geschmack, so sehr hat betriegen lassen können, daß sie den willkürlichen und verdorbenen Geschmack dieser Leute, die in Frankreich oder England nicht einmal unter den Dunsen einigen Rang bekommen hätten, blindlings angenommen und zur Regel gemacht; daß sie diese schwachen und unfähigen Köpfe für große Geister, und ihre blöden, unförmlichen, und vernunftlosen Werke für ausgemachte Meisterstücke gehalten, fleißig gelesen, gelobt und nachgeahmet; daß sie diesen Leuten ein Ansehen, eine Diktatur zugestanden, die ihnen Macht gegeben, eine ganze Reihe von Jahren, dem Sens-commun Hohn zu sprechen, die Jugend zu verführen, und den Geschmack an geistlosen unwitzigen und unnützlichen Schriften, die weder den Verstand aufklären, noch das Herz rühren, noch die Sitten bilden, fast allgemein zu machen.« – – Es ist wahr, diese Erscheinung ist unglaublich; aber wie wenn sie sich auch niemals ereignet hätte? Wie, wenn es nicht wahr wäre, daß Gottsched und seine Anhänger jemals in einem so allgemeinen Ansehen gestanden hätten? Wie wenn man dem größern Teile der Nation, welcher ein zeitiges Stillschweigen beobachtet hat, und sich deswegen öffentlich wider niemanden erklären wollte, weil er sich noch für niemanden erklären konnte, mit solchen allgemeinen Beschuldigungen Unrecht täte? Alles dieses könnte leicht sein; gleichwohl aber bekennen wir ganz gern, daß man auch auf der andern Seite Grund habe, an dem Dasein eines Dinges zu zweifeln, das sich noch durch keine Wirkungen gezeigt hat. Wir wollen also nur wünschen, daß diese Wirkungen nun wenigstens nicht länger ausbleiben mögen; und wenn wir uns in unsern Vermutungen nicht triegen, so werden sie sich vielleicht, über lang oder kurz, an derjenigen zweiten Klasse äußern, von welcher auf der 12ten Seite ziemlich verächtlich gesprochen wird. – – Mehr wollen wir hier von einer Schrift nicht sagen, der es ohnedem an Lesern nicht fehlen wird. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 6 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 123. Stück, 14.10.1755.

Gleim, Im Lager bei Prag

[Johann Wilhelm Ludwig Gleim:] Im Lager bei Prag. Unter dem Artikel von Berlin haben wir, auf der vorhergehenden 404. Seite, zwei Siegeslieder eines preußischen Officiers angeführt; und unter diesem wollen wir dem Leser zwei ähnliche aber weit bessere Gesänge mitteilen, die einen gemeinen Soldaten zum Verfasser haben. Der erste, welcher uns nur geschrieben zu Händen gekommen, ist bei Eröffnung des diesjährigen Feldzuges, von ihm gesungen worden, und heißt ein »Schlachtgesang«. Der zweite ist ein »Siegeslied« nach der Schlacht bei Prag (den 6ten Mai 1757) und man hat ihn auf einem Bogen in Quart abgedruckt, dessen Titel den oben vorgesetzten Ort angibt. Sie könnten beide weder poetischer noch kriegrischer sein; voll der erhabensten Gedanken, in dem einfältigsten Ausdrucke. In der gewissen Überzeugung, daß sie gefallen müssen, und daß sich unsre auswärtige Leser nicht an Dinge stoßen werden, die der Verfasser als ein Mann sagt, der die Gerechtigkeit der Waffen seines Königes voraussetzen muß, rücken wir sie hiermit ganz ein:

1. Schlachtgesang

Auf, Brüder, Friedrich unser Held,

Der Feind von fauler Frist,

Ruft uns nun wieder in das Feld,

Wo Ruhm zu holen ist.

Was soll, o Tolpatsch und Pandur,

Was soll die träge Rast?

Auf und erfahre, daß du nur

Den Tod verspätet hast.

Aus deinem Schädel trinken wir

Bald deinen süßen Wein

Du Ungar! Unser Feldpanier

Soll solche Flasche sein.

Dein starkes Heer ist unser Spott,

Ist unser Waffenspiel;

Denn was kann wider unsern Gott

Th*** und B*?

Was helfen Waffen und Geschütz

Im ungerechten Krieg?

Gott donnerte bei Lobesitz,

Und unser war der Sieg.

Und böt uns in der achten Schlacht

Franzos und Russe Trutz,

So lachten wir doch ihrer Macht,

Denn Gott ist unser Schutz.

II. Siegeslied

Victoria, mit uns ist Gott,

Der stolze Feind liegt da!

Er liegt, gerecht ist unser Gott,

Er liegt, Victoria!

Zwar unser Vater ist nicht mehr,

Jedoch er starb ein Held,

Und sieht nun unser Siegesheer,

Vom hohen Sternenzelt.

Er ging voran der edle Greis,

Voll Gott und Vaterland!

Sein alter Kopf war kaum so weiß,

Als tapfer seine Hand.

Mit muntrer jugendlicher Kraft

Ergriff sie eine Fahn,

Und hielt sie hoch an ihrem Schaft,

Daß wir sie alle sahn.

Und sagte: »Kinder, Berg hinan,

Auf Schanzen und Geschütz!«

Wir folgten alle, Mann vor Mann,

Geschwinder, wie der Blitz.

Ach, aber unser Vater fiel,

Die Fahne fiel auf ihn.

O, welch glorreiches Lebensziel,

Glückseliger Schwerin!

Vielleicht hat Friedrich dich beweint,

Indem er uns gebot;

Wir aber stürzten in den Feind,

Zu rächen deinen Tod.

Du, Heinrich, warest ein Soldat,

Du fochtest königlich!

Wir sahen alle, Tat vor Tat,

Du junger Löw auf dich!

Der Pommer und der Märker stritt,

Mit rechtem Christenmut.

Sein Schwerd ward rot, auf jeden Schritt

Floß schwarz Pandurenblut.

Aus sieben Schanzen jagten wir

Die Mützen von dem Bär;

Da, Friedrich, ging dein Grenadier

Auf Leichen hoch einher!

Dacht in dem mörderischen Kampf,

Gott, Vaterland und dich;

Erblickte schwarz von Rauch und Dampf,

Dich, seinen Friederich;

Und zitterte, ward feuerrot

Im kriegrischen Gesicht;

(Er zitterte vor deinem Tod,

Vor seinem aber nicht.)

Verachtete die Kugelsaat,

Der Stücke Donnerton,

Stritt wütender, tat Heldentat,

Bis deine Feinde flohn.

Nun dankt er Gott für seine Macht

Und singt: Victoria!

Und alles Blut aus dieser Schlacht

Fließt nach Th***

Und weigert sie auf diesen Tag

Den Frieden vorzuziehn;

So stürme, Friedrich, erst ihr Prag,

Und dann führ uns nach Wien!

Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freien Künste (Leipzig), Ersten Bandes zweites Stück, 1757.

Gleim, Siegeslied der Preußen nach der Schlacht bei Roßbach

Berlin. Daß es unter den gemeinen Soldaten unsers unsterblichen Friedrichs, Helden die Menge gibt, ist längst bekannt Nun aber hat sich unter ihnen auch ein Sänger gefunden, der in dem wahren Tone der alten Barden, die Begebenheiten und Siege besingt, deren tätiger Augenzeuge er gewesen. Er ist nur ein Grenadier, aber vollkommen würdig, als ein zweiter Tyrtäus, vor den neuern bessern Spartanern, mit der kriegerischen Laute einher zu ziehen. Kennern ist bereits sein Lied, welches er bei Eröffnung des Feldzuges vorigen Jahres, und ein anderes, das er nach dem Siege bei Prag gesungen, bekannt, und sie haben die erhabne Einfalt derselben nicht genug bewundern können. Diesen Charakter hat er auch in einem neuern und längern Liede nicht verleugnet, welches er über den Roßbachschen Sieg angestimmet. Es ist hier, in Berlin, auf drei Bogen in Quart, unter der Aufschrift gedruckt: »Siegeslied der Preußen nach der Schlacht bei Roßbach« [von Johann Wilhelm Ludwig Gleim]. Wer gegen die Ehre seines Königs und seiner Nation nicht ganz gleichgültig ist, wird es gewiß mit Entzücken lesen. Nur muß er nicht zur Unzeit den Kunstrichter dabei spielen wollen, und sich bei anscheinenden Fehlern verweilen, die da, wo sie stehen, Schönheiten sind. – Wie erhaben ist die Stelle, wo unser Heldenbarde von der Nacht, die vor dem großen Tage vorhergegangen, sagt:

Vom Sternenvollen Himmel sahn

Schwerin und Winterfeld,

Bewundernd den gemachten Plan,

Gedankenvoll den Held.

Gott aber wog, bei Sternen-Klang,

Der beiden Heere Krieg;

Er wog, und Preußens Schale sank,

Und Östreichs Schale stieg.

Wie launisch hingegen sind die Beschreibungen, die er von der Flucht der so genannten Reichstruppen macht: z. E. von dem Schwaben:

Der Schwabe, der mit einem Sprung,

Mit Berganstehndem Haar,

Von Roßbach bis nach Amelung,

In seiner Heimat war.

Ferner von dem Paderborner:

Dem Paderborner, welcher Gott

Hochpries, und seinen Sporn,

Und doch von kaltem Schrecken tot

Ankam zu Paderborn.

Genug zur Probe! – Das Publikum muß es übrigens dem Grenadier nicht übel deuten, daß es jetzt nicht lieber ein Lied auf den Sieg bei Lissa zu lesen bekömmt. Er wird auch diesen Sieg gewiß nicht verschweigen. Aber wessen Muse ist vermögend, mit dem Könige, der jeden Tag mit Liederwürdigen Taten bezeichnet, Schritt zu halten? Kostet in den Vossischen Buchhandlungen hier und in Potsdam 3 Gr.

Berlinische privilegierte Zeitung, 3. Stück, 7.1.1758.

Gleim, Siegeslied der Preußen nach der Schlacht bei Lissa

[Johann Wilhelm Ludwig Gleim:] Siegeslied der Preußen, nach der Schlacht bei Lissa, den 5. Dezembr. 1757, Berlin 1758, in Quarto auf 3 Bogen. Hier ist es, wo wir unseren neuen Barden, den liederreichen Grenadier, erwartet haben. Wir zweifelten in der Tat, ob es ihm möglich sein würde, seine Laute in einem noch höheren Tone zu stimmen, und seine vorigen Triumphlieder eben so weit zu übertreffen, als dieser letzte Sieg unsers glorreichen Königs alle vorher erfochtene übertroffen. Doch er hat unsern Zweifel beschämt, und wir wollen in Zukunft seiner Muse nie weniger zutrauen, als den Waffen des Heeres, unter welchem, auch nur ein gemeiner Soldat zu sein, keine geringe Ehre ist. Gleich Anfangs redet er seinen Gesang an, und schreibet ihm alle die Würde und Erhabenheit vor, in welcher er erschallen müsse. Hierauf führt er Gott redend ein, und man urteile ob jemals ein Dichter Gott würdiger hat reden lassen.

Ein Starker, ein Allmächtiger

Gewann für ihn die Schlacht.

Als Rächer will ich, sprach der Herr,

Zertreten ihre Macht.

Mein Donner soll auf ihren Kopf

Hart treffen; fressend Schwerd

Soll ihn zerspalten, daß der Zopf

Des Haars zurücke fährt.

Vernichten will ich ihren Bund:

Würgengel steig herauf!

Nimm, Hölle, nimm in deinen Schlund

Die Scharen Toten auf!

Warum verschmähn, in stolzer Pracht,

Der Erde Fürsten mich?

Verlassen sich auf ihre Macht,

Stehn wider Friederich?

Sind seiner großen Seele feind,

Die ich in ihn gelegt?

Und machen, daß der Menschenfreund

Gezwungen Waffen trägt?

So trag er meine Rache dann

Und strafe sie! – So sprach

Der Herr; sein Himmel hört es an,

Sein Donner sprach es nach.

Hierauf folgt eine nähere Beschreibung der Schlacht, und die historischen Umstände, die er mit einstreuet, sind der strengsten Wahrheit gemäß. Auch hierin betritt der Grenadier den Weg der alten Skalden, die es für zuträglicher hielten, daß die Nachwelt einst ihre Lieder mehr wie glaubwürdige Chroniken, als wie schöne Erdichtungen sänge. Wir wollen uns aber jetzt in keine weitläuftigere Anpreisung einlassen, sondern nur noch melden, daß auch das allererste von seinen Siegesliedern, »Auf den Sieg bei Lowesitz«, mit zugleich im Druck erschienen ist. Es erscheint ein wenig spät, aber doch nicht so spät, daß es interessant zu sein, aufgehört habe. Die Anordnung, die der König zur Schlacht macht, wird unter andern vortrefflich beschrieben.

Dort spricht er, stehe Reuterei!

Hier Fußvolk! – Alles steht!

– – – –

So stand, als Gott der Herr erschuf,

Das Heer der Sterne da!

Gehorsam stand es seinem Ruf

In großer Ordnung da.

Beide Lieder sind in den Vossischen Buchhandlungen, hier und in Potsdam, das erste für 3 Gr. und das andre für 2 Gr. zu haben.

Berlinische privilegierte Zeitung, 30. Stück, 11.3.1758.

Gleim, Lieder, Fabeln und Romanzen

Lieder, Fabeln und Romanzen, von F. W. G[leim]. Leipzig bei David Iversen, 16 Bogen in Oktav.

Wir ergreifen die Gelegenheit, um bei einer neuen Auflage dieser Gedichte Nachricht von denselben zu geben. Ihr Verfasser, der schon längst die Ehre des deutschen Parnasses gewesen ist, hat sich zwar nicht genennet, ist aber dennoch bekannt genug. Und wie könnte man einen Gleim verkennen? – – –

Wir fangen von den Fabeln an, welche den größten Teil dieser Sammlung einnehmen:

Das erste Buch enthält fünf und zwanzig neuerfundene Fabeln. Hingegen gehören von den fünf und zwanzigen des zweiten Buchs nur die drei ersten dem Verfasser; die übrigen hat er nach dem beigefügten Verzeichnisse aus alten und neuen Dichtern genommen. Vor einem jeden Teile stehet eine poetische Zueignungsschrift an des Prinzen Friedrichs von Preußen Königl. Hoheit, in welchen viel schönes enthalten ist. Von dem großen preußischen Monarchen heißt es in der Zueignungsschrift des ersten Buchs:

... Oft erholt Er sich ein wenig

Vom Ungemach der Monarchie;

Denn hat das stille Sans-Souci

Den Philosophen, nicht den König.

Da denkt Er denn in seiner großen Seele

Gedanken, wie die Marc Aurele,

Und liest.

O Prinz, o wag es doch einmal,

Und trag in seinen Büchersaal

Dies Fabelbuch, dein Spiel.

(Der Held, der jetzt auf einem ganz andern Wege der Unsterblichkeit entgegen zu eilen genötigt ist, mag sich unter dem freudigen Zuruf der Völker sehr oft nach der philosophischen Muße auf dem stillen Sans-Souci zurück sehnen!) Unter den eigenen Erdichtungen unsers Verfassers verdienen die zehnte, zwölfte und drei und zwanzigste des ersten Buchs, wie auch die zwo ersten des zweiten Buchs allen andern vorgezogen zu werden; und auch diese sind nicht von kleinen Fehlern frei, indem man öfters die Wahrheit, Einheit und Moralität der äsopischen Fabel vermißt. Hingegen besitzt unser Dichter die Gabe zu erzählen in einem sehr vorzüglichen Grade, und dieses ist bei dem Fabeldichter wenigstens ein eben so großes Verdienst, als die Gabe zu erfinden. La Motte wird mit allen seinen Erfindungen selten gelesen, und La Fontaine hat sich durch seine meisterhafte Art zu erzählen einen vorzüglichen Platz unter den Dichtern erworben, die die Zeiten Ludewigs des Vierzehnten, oder vielmehr die Zeiten dieser großen Dichter verherrlichen. Unserm Dichter ist besonders eine glückliche Kürze eigen, die fast niemals in das Trockene verfällt, und dem Vortrage eine besondere Naivite und Lebhaftigkeit verschafft, ohne ihn in das Possenhafte und Niedrige sinken zu lassen. Die dreizehnte Fabel des zweiten Buchs ist meisterlich erzählt, und übertrifft den La Fontaine, aus dem sie genommen ist. Wir wollen das Muster mit der Nachahmung vergleichen. Die hundert und neunzehnte Fabel T. I. des La Fontaine ist:

Le Cheval et l’Ane

En ce monde il se faut l’un l’autre secourir.

Si ton voisin vient à mourir,

C’est sur toi que le fardeau tombe.

Un Ane accompagnoit un Cheval peu courtois,

Celui-ci ne portant, que son simple harnois,

Et le pauvre Baudet si chargé qu’il succombe.

Il pria le Cheval de l’aider quelque peu;

Autrement il mourroit avant qu’ être à la ville.

La Priere, dit-il, n’en est pas incivile:

Moitié de ce fardeau ne vous sera que jeu.

Le Cheval refusa, fit une petarade,

Tant qu’il vit sous le faix mourir son cammarade,

Et reconut, qu’il avoit tort.

Du Baudet en cette avanture,

On lui fit porter la voiture,

Et la peau par dessus encor.

Unser deutscher Dichter unter eben dem Titel:

Einst trug auf seinem schmalen Rücken

Ein Esel eine schwere Last,

Die fähig war, ihn tot zu drücken.

Ein ledig Pferd ging neben ihm. »Du hast

Auf deinem Rücken nichts«, sprach das geplagte Tier,

»Hilf, liebes Pferdgen, hilf! ich bitte dich, hilf mir.«

»Was helfen!« sagt der grobe Gaul,

»Du bist der rechte Gast, du bist ein wenig faul,

Trag zu!« – – – »Ich sterbe, liebes Pferd – – –

Die Last erdrückt mich, rette mich!

Die Hälfte wär ein Spiel für dich!«

»Ich kann nicht«, sprach das Pferd.

Kurz: Unter dem zu schweren Sack

Erlag der Esel. Sack und Pack

Schmiß man dem Rappen auf;

Des Esels Haut noch oben drauf.

Der Eingang unsers deutschen Dichters ist vortrefflich. Der Vorwurf wird mit vieler Deutlichkeit aus einander gesetzt, und die Handlung in jeder Zeile immer mehr und mehr vorbereitet. »Ein ledig Pferd ging neben ihm«, ist kürzer und weit schöner, als accompagnoit un cheval peu courtois, Celui-ci ne portant, que son simple harnois. Peu courtois steht hier sehr am unrechten Orte. Der Leser begreift noch nicht, wodurch sich das Pferd diesen Tadel zugezogen hat. Weit besser ist: »Was helfen! sagt der grobe Gaul.« Ne portant, que son simple harnois, ist lange nicht so gut, als »Ein ledig Pferd«. Die Unterredung des Esels mit dem Gaul wird von dem französischen Dichter bloß erzählt; der deutsche hingegen läßt die Handlung vor unsern Augen vorgehen. Die demütige Bitte des geplagten Tiers machet mit der beleidigenden Antwort des stolzen Gauls einen vollkommenen Kontrast aus. Man glaubt einen unerbittlichen Pachter mit dem Fröhner reden zu hören:

Was helfen! sagt der – –

Du bist der rechte Gast, du bist ein wenig faul.

Trag zu! – Ich sterbe etc.

Wie schwach klingt das Französische: La Priere, dit-il, n’en est pas incivile. So gar die französischen Esel wollen nicht gern unhöflich heißen. En cette Avanture ist eine bloße cheville.

Die sehr malerische Beschreibung des Fischreigers im La Fontaine:

Un jour sur ses longs pieds alloit, je ne sçai où,

Le Heron au long bec, emanché d’un long cou,

Il côtoyoit une riviere, u.s.w.

Ist im Deutschen glücklich gegeben:

Am Ufer eines Bachs, auf einer Wiese, ging

Ein Reiger ernsthaft hin, auf langen dürren Beinen,

Mit langem Hals, woran ein langer Schnabel hing, u.s.w.

Die Worte, auf einer Wiese, scheinen überflüssig.

Die sechzehnte Fabel, »Der Esel in der Löwenhaut«, gleichfalls aus dem La Fontaine, ist um ein merkliches verschönert. Man kann dieses auch von der zwanzigsten aus Gay’s Fables behaupten. – Wir wollen einen Teil der engländischen Fabel samt der deutschen Nachahmung hersetzen.

Fable XLIII
The Council of the Horses

Upon a time a neighing steed,

Who graz’d among a num’rous breed,

With mutiny had fir’d the train,

And spread dissention through the plain.

On matters that concern’d the state

The Council met in grand debate.

A colt, whose eye-balls flam’d with ire

Elate with strength and youthful fire,

In haste stept forth before the rest,

And thus the listning throng addrest.

Good gods! how abject is our race,

Condemn’d to slav’ry and disgrace!

Shall we our servitude retain,

Because our Sires have born the chain?

Consider, friends, your strength and might,

’This conquest to assert your right.

How cumbrous is the gilded coach!

The pride of man is our reproach.

Were we design’d for daily toil,

To drag the plough-share through the soil;

To sweat in harness through the road,

To groan beneath the carrier’s load?

How feeble are the two legg’d Kind!

What force is in our nerves combin’d!

Shall then our nobler jaws submit

To foam and champ the galling bit?

Shall haughty man my back bestride?

Shall the sharp Spur provoke my side?

Forbid it Heav’ns! Reject the rein,

Your shame, your infamy disdain.

Let him the Lion first controul,

And still the tyger’s famish’d growl:

Let us, like them, our freedom claim,

And make him tremble at our name.

A general nod approv’d the Cause,

And all the circle neigh’d applause etc.

Der deutsche Dichter hat die Reden des Aufwieglers verlängert, aber auch zugleich verschönert. Wir wollen ihn hören:

Ha! sprach ein junger Hengst, wir Sklaven sind es wert,

Daß wir im Joche sind. Wo lebt ein edles Pferd,

Das frei sein will? O wie glückselig war

In jener Zeit der Väter Schar!

Die waren Helden, edel, frei

Und tapfer. In die Sklaverei

Bog keiner seinen Nacken,

Engländer nicht, auch nicht Polacken.

Der weite Wald

War ihr geraumer Aufenthalt,

Und scheuten sie kein offnes Feld,

Sie grasten in der ganzen Welt

Nach freiem Willen. Ach! und wir,

Sind Sklaven, gehn im Joch, arbeiten wie der Stier.

Dem schwachen Menschen sind wir Starken untertan,

Dem Menschen! – – Brüder, seht es an,

Das unvollkommne Tier!

Was ist es? Was sind wir?

Solch ein Geschöpf bestimmte die Natur

Uns prächtigen Geschöpfen nicht zum Herrn;

Pfui, auf zwei Beinen nur!

Riecht er den Streit von fern?

Bebt unter ihm die Erde, wenn er stampft?

Sieht man, daß seine Nase dampft?

Ist er großmütiger als wir?

Ist er ein schönes Tier?

Hat er die Mähne, die uns ziert?

Und doch ist er, ihr Brüder, ach!

Der Herr, der uns regiert.

Wir tragen ihn, wir fürchten seine Macht,

Wir führen seinen Krieg, und liefern seine Schlacht!

Er siegt, und höret Lobgesang;

Die Schlacht indes, die er gewann,

War unser Werk, wir hatten es getan.

Was aber ist der Dank?

Wir dienen ihm zur Pracht

Vor seinem Siegeswagen;

Und ach! vielleicht nach dreien Tagen

Spannt er den Rappen, der ihn trug,

Vor einen Pflug.

Entreißet, Brüder, euch der niedern Sklaverei,

Entreißet euch dem Joch, und werdet wieder frei.

Vielleicht ist es, wenn wir

Zusammen halten! Was meint ihr?

Er schwieg. Ein wieherndes Geschrei,

Ein wilder Lärm entstand, und jeder fiel ihm bei.

Der Eingang des Engländers ist etwas langweilig. Wir würden lieber mit dem Deutschen gleich zur Sache schreiten:

Ha! sprach ein junger Hengst, u.s.w.

wenn wir nur durch ein einziges Wort unterrichtet worden wären, wen der junge Hengst anredet.

Gay läßt ihn sagen:

Shall we our servitude retain

Because our Sires have borne the chain?

Bei dem Deutschen tut er gerade das Gegenteil. Er beschreibet den Heldenmut, die Tapferkeit und die Freiheit seiner Vorfahren, und dieses mit Recht. Das Geschlecht der Pferde ist doch unstreitig einst frei gewesen, und was ist natürlicher, als daß sich ein junger Held, durch die Heldentugenden seiner Vorfahren, zu großen Taten anspornen läßt.

Der Stolz des aufrührischen Gauls ist im Deutschen unverbesserlich ausgedrückt:

Dem Menschen! – –

Das unvollkommne Tier!

Was ist es? Was sind wir?

Pfui, auf zwei Beinen nur!

Die folgenden Fragen:

Riecht er den Streit von fern?

Bebt unter ihm die Erde, wenn er stampft?

Sieht man, daß seine Nase dampft? u.s.w.

beziehen sich auf die Beschreibung von den Tugenden des Pferdes, die wir im Hiob lesen, und sind hier dem Eigendünkel des jungen Hengstes sehr angemessen. Wie lebhaft wird der Undank des Menschen gegen die willigen Tiere am Ende der Rede beschrieben!

Was aber ist der Dank?

Wir dienen ihm zur Pracht

Vor seinem Siegeswagen,

Und ach! vielleicht nach dreien Tagen,

Spannt er den Rappen, der ihn trug,

Vor einen Pflug.

Kurz! man wird in der Rede des deutschen Rebellen weit mehr Ordnung, mehr Lebhaftigkeit und auch mehr Gründlichkeit antreffen, als in der Rede des Engländers. Man wird diesen Unterschied auch in der Antwort des alten Schimmels bemerken, welche wir der Kürze halber übergehen. Nur den Schloß führen wir aus beiden Fabeln noch an; der engländische Dichter sagt:

The tumult ceas’d. The colt submitted,

And, like his ancestors, was bitted.

Der deutsche mit einer ihm eigenen Lustigkeit:

Niemals besänftigte der Redner Cicero

Die aufgebrachten Römer so,

Als dieser Nestor seine Brüder.

Denn er voran, und hinter ihm die Schar

Der mutigen Rebellen alle,

Nebst dem, der ihr Worthalter war,

Begaben alsobald sich wieder nach dem Stalle.

Es ist im übrigen zu bedauern, daß der Verfasser, wie er sich in einer angehängten Nachricht beklagt, dem Schicksale der besten Köpfe in Deutschland nicht hat entgehen können. Sie werden mehrenteils mit einer Menge von mechanischen Geschäften belastet, die in ziemlicher Entfernung von den Werken der Musen stehen, und wenn das Genie sich gleich durcharbeitet, und zu gewissen glücklichen Stunden aus dem Felde der Mühseligkeit in das Feld der Schönheit hinüber schweift, so fehlt es ihm doch an der zwoten Muße, die zur Ausbesserung und Wegschaffung der kleinen Fehler erfordert wird. Er dichtet, weil ihn das Dichten belustiget; die Ausbesserung aber ist eine Arbeit, und kann nur von demjenigen unternommen werden, der zur Veränderung arbeitet.

Nach denen überaus schönen Proben, die wir von unserm Dichter angeführt, wird es unstreitig den Umständen, in welchen der Verfasser lebt, zuzuschreiben sein, daß er sich selbst so ungleich ist, und in andern Stellen eine ziemliche Nachlässigkeit verrät. Die vierte Fabel, »Die Milchfrau« aus dem Fontaine, ist weit unter dem Original, und wimmelt von müßigen Ausdrückungen. Die vier und zwanzigste, »Der Fuchs und der Rabe«, die La Fontaine so meisterlich erzählt, hat in der Nachahmung vieles verloren. (Man sehe in Gellerts Vorrede zu seinen Fabeln und Erzählungen, wie schön diese Fabel von einem alten schwäbischen Dichter ist besungen worden.) Wir zweifeln nicht, daß es der Herr Verfasser selbst eingesehen habe; aber wir verwundern uns, daß er nicht, statt der fünf und zwanzig Fabeln im zweiten Buche, lieber ungefähr achtzehn vortrefflich erzählte Fabeln hat liefern wollen.

Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freien Künste (Leipzig), Dritten Bandes zweites Stück, 1758.

Ramler, Oden

Berlin. Karl Wilhelm Ramlers Oden, bei Christian Friedrich Voß. 8. 1767. 114 Seit. Nur wenig Lesern wird der Name eines Ramlers unbekannt sein. Die Welt kennet in ihm einen eben so großen Poeten als Kunstrichter, und Deutschland kann auf seinen Landsmann stolz sein. Wir können ihn, ohne Schmeichelei, unsern Pindar, unsern Horaz nennen, und alle unsre Nachbarn auffodern, uns einen Mann darzustellen, der ihm gleiche. – Auch konnte Ramler in keinem glücklichern Zeitpunkte geboren werden. Große Helden haben allezeit große Dichter gefunden, und kein König ist vielleicht jemals schöner besungen worden. Seine »Ode an den König«:

Friedrich! du dem ein Gott das für die Sterblichen

Zu gefährliche Los eines Monarchen gab,

Und, o Wunder! der du glorreich dein Los erfüllst,

Siehe! deiner von Ruhm trunkenen Tage sind

Zwanzig tausend entflohn! u.s.w.

»Die Wiederkunft des Königs«, »An die Muse«, »An die Stadt Berlin«, und mehrere sind mit den prächtigsten Oden des Horaz, Descende caelo etc. Caelo tonantem etc. in eine Reihe zu setzen. »Ptolomäus und Berenice« ist wenigstens eben so zärtlich, eben so vortrefflich amöbäisiert, als donec gratus eram etc. »Auf ein Geschütz« ist eine Nachahmung von Ille et nefasto etc. Und dieser Dichter ist, wenn er reimt, eben so gedrungen, als er in dem Alkäischen Sylbenmaße harmonisch ist. Der öftere Gebrauch der Götterlehre würde bei jedem andern zu tadeln sein, für ihn scheint die Mythologie erfunden. Möchten doch gewisse feindselige Züge, die im Kriege gemacht sind, der Nachwelt kein Denkmal von der Stärke unsers Hasses überliefern! Eine Ode von einem sanftern Inhalte nehme hier den übrigen Raum ein:

An Hymen

Lyäens und Cytheren Sohn

Im schönsten Rausch geboren,

Gott Hymen, der du dir zum Thron

Das Hochzeitbett erkoren.

Dir fleht der sorgenvolle Greis:

»O Stifter der Geschlechter,

Nimm, was ich nicht zu schützen weiß,

Nimm mir die großen Töchter!«

Dir schmückt das fromme Mädchen sich

Bei seinem Morgenliede;

Der weise Jüngling hofft auf dich,

Des falschen Amors müde.

Dich rufen junge Wittben an

Im hochbetrübten Schleier;

Im Flor bekennt der Trauermann

Dir sein gewaltig Feuer.

Du mehr als andre Götter wert,

Dir flehen auch die Prinzen:

»Erfülle, was der Krieg geleert,

Erfüll uns die Provinzen.«

O! wenn dich noch ein Opferschmaus

Herab vom Himmel ziehet:

So komm in meines Lenkons Haus,

Der am Altare kniet!

O komm! zwei Ring an einer Hand,

Und um die Schläfe Myrten,

Und um den Arm ein goldnes Band,

Das Knie der Braut zu gürten.

Die, wann von Wein und Liebe voll,

Ein Gast zu viel begehret,

Und sie doch etwas wissen soll,

Am liebsten Band entbehret.

Die Schar der trunknen Räuber teilt

Sich in die goldne Beute:

Sie flieht indes, – der Liebling eilt,

Und gibt ihr das Geleite.

Wir haben in verschiednen Blättern des vorigen Jahres einer vorhabenden Ausgabe der Werke des Demosthenes, und der übrigen attischen Redner, vom Hrn. D. Reiske in Leipzig gedacht. Gegenwärtig können wir den Liebhabern der Griechischen Literatur die Nachricht erteilen, daß mit dem Drucke des Demosthenes bereits wirklich der Anfang gemacht worden, und instehende Ostermesse der erste Teil davon erscheinen soll. Wir haben nicht nötig, zur Anpreisung dieses Unternehmens viele Worte zu verschwenden. Wem der Name Reiske nicht statt aller Anpreisung ist, muß überhaupt ein Fremdling in dieser Art Gelehrsamkeit sein. Aber wie sehr wünschten wir, das kennende, und das sich noch weiter erstreckende vermögende Publikum, wenn es auch nur aus Patriotismus wäre, zur kräftigsten Unterstützung des Hrn. D. Reiske aufmuntern zu können. Es ist kein schlechtes Vorurteil für Deutschland, daß in den letzten fünfzehn bis zwanzig Jahren, ohnstreitig mehr gute und schöne Ausgaben klassischer Schriftsteller, aus beiden Sprachen, da erschienen sind, als in irgend einem andern Lande: und gegenwärtige Ausgabe des Demosthenes insbesondere werden uns selbst die Engländer, ohngeachtet ihrer prächtigen Taylorschen, beneiden müssen. Eine Probe des Drucks ist auf dem Kaiserl. Addreß-Comtoir zu sehen, allwo man auch die Pränumeration von einer halben Pistole auf einen Teil, bis zu gedachter Ostermesse anzunehmen erbötig. Nach der Zeit wird kein Exemplar unter 3 Rtlr. der Teil, verlassen werden. Eine kleine Anzahl Exemplare wird auf größeres, noch stärkeres und schöners Papier, als die Probe zeiget, abgezogen, auf welche an drei Taler voll pränumeriert werden, und die nach der Hand überhaupt schwerlich zu haben sein dürften.

Hamburgische Neue Zeitung, 148. Stück, 21.9.1767.