4 »Danke für den Tittenbonus«
4 »Danke für den Tittenbonus«
Was eine »zeitgemäße Geschlechterpolitik« unter Piratinnen, Piraten und Eichhörnchen so alles bedeuten kann
Die eigentliche Frage ist doch die: Warum regt mich das überhaupt gerade so auf? Noch vor drei Wochen hätte ich nicht einmal mitbekommen, was dieser Pirat aus dem Berliner Abgeordnetenhaus so alles über Twitter verbreitet. Nun habe ich vorhin zufällig auf dem Heimweg im Bus einen seiner Kommentare zum Thema Frauenquoten gelesen und bin derart aufgebracht, als wäre er mir persönlich frech geworden.
Dabei kenne ich diesen Mann nur aus dem Fernsehen und der Zeitung. Ich weiß, dass er seit September 2011 im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, dass er permanent in Latzhosen und mit Palästinensertüchern um den Kopf ins Parlament kommt, eigentlich Gerwald Claus-Brunner heißt, aber von Parteimitgliedern liebevoll »Faxe« genannt wird. Sein Beruf: gelernter Kommunikationselektroniker.
»Kommunikationselektroniker« – für mich klingt allein das gerade wie ein schlechter Scherz. Online-Kommunikation scheint jedenfalls nicht Gerwald Claus-Brunners größte Stärke zu sein. »Die Pro-Quote-Frauen zeigen ihr wahres Gesicht und wollen lediglich auch nur Posten mit Tittenbonus«, hat er auf Twitter geschrieben. Einfach mal so. Das sollte wohl sein konstruktiver Beitrag zur Frage sein, ob die Piratenpartei eine Frauenquote für ihre Kandidatenliste zur Bundestagswahl braucht.
»Tittenbonus«! Als hätten die Piraten nicht ohnehin schon ein Image als latent sexistische Männerpartei. Wie kann sich einer ihrer bekanntesten Vertreter dann auch noch dermaßen bekloppt auf Twitter äußern? Ich stelle mir vor, Jürgen Trittin oder Oskar Lafontaine würden die Frauenquote als »Tittenbonus« bezeichnen. Die wären vermutlich ihre Posten los!
Im Kopf entwerfe ich bereits eine Rücktrittsforderung, ertappe mich dabei und staune: Ich habe vor zwei Wochen meinen Mitgliedsantrag ausgefüllt und bin noch nicht mal offiziell in die Piratenpartei aufgenommen, fordere aber schon den ersten Rücktritt. Hallo?!
Aber müsste nicht wenigstens die Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus auf »Faxes« Entgleisung reagieren? Langsam werde ich ungeduldig. Was ist da an diesem Montagmittag los? Sonst sind doch alle bei Twitter permanent dermaßen auf Zack, dass ich mit dem Lesen gar nicht hinterherkomme! Haben die Piraten vielleicht noch nicht kapiert, was ihr Repräsentant da um zwei Minuten vor zwölf herumgetwittert hat?
Die Zeit vergeht, ich warte. Ich hole das Grundsatzprogramm der Piraten von meinem Schreibtisch, schlage das Kapitel Geschlechterpolitik auf: »Die Piratenpartei steht für eine zeitgemäße Geschlechter- und Familienpolitik«, heißt es dort. Und: »Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Geschlechterrolle, der sexuellen Identität oder Orientierung ist Unrecht.« Ich hatte diese Thesen bisher für Selbstverständlichkeiten gehalten. Womöglich war das naiv.
Ich weiß noch, wie erleichtert ich war, als ich nach dem männerlastigen Piraten-Stammtisch im »Kinski Club« ein paar Tage später bei der Crew Prometheus im »Caminetto« fast ebenso viele Frauen wie Männer am Tisch zählte. Habe ich etwa unterschätzt, was es heißt, als Frau bei den Piraten mitzumachen?
Vielleicht reagiert »Faxe« ja auf eine ironische Twitter-Nachricht von mir. »Wow, danke für den Tittenbonus!«, tippe ich an Gerwald Claus-Brunners Adresse. »Noch ein paar solcher Tweets und die Piraten sind Frauenquotenfans!« Nichts passiert. Ich gehe zum Briefkasten, schaue bei Twitter rein, gieße die Tomatenpflanzen auf dem Balkon, schaue bei Twitter rein. Nach – für Piratenverhältnisse endlosen – anderthalb Stunden entdecke ich eine Stellungnahme des Fraktionschefs der Piraten im Abgeordnetenhaus. »Sorry«, twittert Andreas Baum an »Faxe« gerichtet, dieser Frauenquoten-Tweet »geht gar nicht!«. So kann man das natürlich auch sagen.
Mir war ja klar, dass die Piratenpartei eine Männerveranstaltung ist. Auch wenn die Mitgliederverwaltung nicht einmal zählt, wie viele Piratinnen inzwischen in der Partei sind. Es genügt schon, sich die Berliner Abgeordnetenhausfraktion anzuschauen, dann weiß man halbwegs Bescheid: eine Frau und 14 Männer sitzen für die Piraten im Berliner Landesparlament. Und – selbstverständlich – haben Männer alle wichtigen Posten inne.
Auf den ersten Blick kam es mir avantgardistisch vor, wie die Piraten die Lücke in ihrer Parteistatistik begründen: Mann oder Frau, diese Frage solle einfach grundsätzlich keine Rolle mehr spielen und kein Mensch zwangsweise auf ein Geschlecht festgelegt werden. Weder in der Partei noch irgendwo sonst. So stellen die Piraten sich das vor. Beim Bundesparteitag 2011 in Heidenheim forderte eine Piratin sogar: Jedes Parteimitglied solle das Recht haben, sich so zu bezeichnen, wie es wolle – als »Pirat, Piratin oder transsexuelles Eichhörnchen«. Einige halten die Piratenpartei deshalb für »postgender«.
Ginge es nach den Piraten, dann würde selbst der Staat ihrem Vorbild folgen: »Die Piratenpartei lehnt die Erfassung des Merkmals ›Geschlecht‹ durch staatliche Behörden ab«, heißt es im Grundsatzprogramm. Und weil sie es ganz prinzipiell unerheblich finden wollen, ob sich jemand als Frau oder Mann betrachtet, lehnen viele Piraten in der Konsequenz eine aktive Gleichstellungspolitik ab. Begründung: Mit Maßnahmen zur Gleichstellung der Frauen, also zum Beispiel einer Frauenquote, zementiere man letztlich doch nur das überholte, »fremdbestimmte«, »binäre« Geschlechterdenken.
Bis heute früh hätte ich diese Position im Zweifelsfall als überambitioniert eingestuft. Aber das »Tittenbonus«-Statement klingt für mich eher nach billigen Stammtischparolen denn nach geschlechterpolitischer Avantgarde. Würde am Ende nur die eine Hälfte der Menschheit von dieser vermeintlich visionären Geschlechterpolitik profitieren?
Ich lege das Grundsatzprogramm wieder auf den Stapel und wundere mich über meine Gedanken. Hätte mich jemand vor drei Wochen gefragt, ob ich Feministin bin, ich hätte geantwortet: Eher nicht. Sollte ausgerechnet diese Partei mich jetzt zur Feministin machen?
Wenn ich ehrlich bin, hat mich Feminismus nie besonders interessiert. Jahrelang vertrat ich die Ansicht: Qualität setzt sich durch. Ich sah keinen Anlass, daran zu zweifeln. Heute, mit 37 Jahren, finde ich meine frühere Haltung ahnungslos. Klar: Manchmal setzt sich Qualität ganz einfach durch. Noch öfter setzen sich Männer durch, mit Qualität – oder eben ohne. Ist nicht das »Tittenbonus«-Statement der beste Beleg?
Ich fürchte: Wer die Gleichstellung der Frauen nicht fördert, der fördert indirekt Männer. Oder lässt ihnen zumindest ihren Frieden unter ihresgleichen. Und in meinem Ärger über diese »Tittenbonus«-Bemerkung frage ich mich gerade, ob es vielleicht das ist, was die männliche Mehrheit dieser Partei will.
Simon Kowalewski, jener frauenpolitische Sprecher der Berliner Piratenfraktion, der mich unlängst beim Parteistammtisch im »Kinski Club« so nett begrüßt hatte, holt mich aus meinen Gedanken. Er hat sich soeben bei Twitter eingeschaltet: »Bin ich nur empfindlicher geworden oder hat die Sexisten-, Rassisten- und sonstige Idiotendichte stark zugenommen in Berlin diese Woche?«, orakelt er. Ich lese die Nachricht noch einmal. Im Wahlkampf hatte Simon Kowalekwski versprochen, es sei sein Ziel als »Radikalfeminist«, »Sexismen im Alltag aufzuzeigen und abzubauen«. Dann müsste er die »Tittenbonus«-Entgleisung aber doch jetzt anprangern – oder wenigstens irgendeine Position beziehen.
Ich werde Simon Kowalewski kontaktieren und an seine Verantwortung erinnern. »Tittenbonus – das wollt ihr als Fraktion doch nicht so durchrauschen lassen, oder?«, twittere ich an seine Adresse. Und: »Radikalfeminist, bitte übernehmen!« Keine acht Minuten später antwortet Simon Kowalewski. Ich bin begeistert: Genauso wünscht man sich das von Piraten!
Aber was schreibt der Abgeordnete da? »Ich palmiere hart über die ganze Diskussion gerade. Hast du meinen Blogbeitrag von heute gelesen?« Nein, habe ich nicht. Ehrlich gesagt verstehe ich nicht mal seine Antwort. »Hart palmieren«, diesen Ausdruck habe ich noch nie gehört. Ich befrage Google, lande beim Online-Lexikon Wikipedia und kapiere: »Palmieren« bedeutet die Hand vors Gesicht schlagen. Und Simon Kowalewski will mir wohl sagen, dass auch er entsetzt ist.
Manchmal wünschte ich mir, es gäbe bei den Piraten nicht nur einen Esperanto-Squad, sondern auch einen Sprachkurs »Internet-Jargon für Neupiraten«. Klar, Vokabeln wie Shitstorm und Flausch – für virtuelle Schimpfkanonaden beziehungsweise virtuelle Harmoniebekundungen – habe selbst ich inzwischen drauf. Aber in dieser Partei wird ja auch »hart« gelacht, und zwar gerne »aus Gründen«, die Mitstreiter werden »geblockt« oder »entfolgt«, ein »Fail« jagt das nächste »Gate«, die »Kackscheiße« aus der »Timeline« wird mit »Kopf auf Tisch« oder »RTFM« oder »ROFLCOPTER GTFO« kommentiert.
Pling, mein Laptop kündigt eine weitere Nachricht an. Es ist noch einmal der Abgeordnete. Wie nett von ihm als frauenpolitischem Sprecher, sich gleich noch ein zweites Mal bei mir zu melden, obwohl ich ja weder im Netz noch in der Piratenpartei jemand von Rang und Namen bin. Nur steht Simon Kowalewski leider auf kryptische Botschaften: »Man kann erkennen«, schreibt er, »dass da Fronten schmerzhaft verhärtet sind, aber Erkenntnis kann man wohl niemandem aufzwingen ...«
Was will er mir denn damit schon wieder sagen? Vielleicht: Einen wie »Faxe« wird keiner mehr ändern. Das mag stimmen. Aber soll es umgekehrt auch bedeuten: Ein Abgeordneter der Piraten darf sexistisch herumpöbeln – ohne Konsequenzen? Damit kann sich ein Frauenpolitiker doch nicht begnügen. »Erkenntnis erwarte ich auch nicht«, erwidere ich säuerlich via Twitter. »Aber ihr müsst derlei Tittenbonus-Aktionen als Fraktion deshalb nicht tolerieren ...«
Dann warte ich. Aber Simon Kowalewski schweigt. Zur Ablenkung rufe ich seinen Blogbeitrag auf, den er mir vorhin zur Lektüre empfohlen hat. Der Text heißt »Warum Feminismus (für mich) so schwierig ist« und handelt von Simon Kowalewskis jüngstem Wochenendausflug nach Hüll, ein Dorf unweit der Nordseeküste, wo am Wochenende ein »GenderCamp« stattfand – laut Veranstalter eine »politische Bildungsveranstaltung« für alle Feministinnen und Feministen, »die sich für die Schnittstellen von Queer-/Feminismus und Netzkultur interessieren«. Ich war zwar noch nie bei so einem Camp, aber was ich darüber gerade lese, klingt für mich, als hätte es die perfekte Veranstaltung für Simon Kowalewski sein sollen.
Doch der Landtagsabgeordnete scheint das Wochenende nicht nur genossen zu haben. »Eigentlich«, schreibt Kowalewski in seinem Blog, habe er gedacht, »dass ich ein ziemlich guter Feminist bin«. Er habe sich freiwillig für die Kinderbetreuung während des Camps gemeldet – allerdings nur als »Praktikant«, weil er sich nicht getraut hätte, ganz alleine eine Gruppe zu betreuen. Ihm sei dann aber mitgeteilt worden, schreibt Kowalewski bitter, »dass ich stattdessen auch einfach aufstehen und herausgehen hätte können, schließlich würde ich so auch wieder nur unterstreichen, dass die Reproduktionsarbeit in erster Linie Frauensache sei und ich mich als Mann nicht verantwortlich daran beteiligen wolle, evtl. denen, die sie übernommen haben, noch zur Last fallen würde«. Sein Bericht endet mit einem Versprechen: Er habe aus dieser unerfreulichen Erfahrung gelernt und werde erst einmal »die Basics« lesen.
Jetzt palmiere ich auch gleich. Simon Kowalewski scheint ein ebenso freundlicher wie gutwilliger Pirat zu sein. Aber ein »Radikalfeminist«, der sich erst mal einlesen will, ist vielleicht nicht der optimale Lobbyist für die Anliegen der Frauen. War da nicht was mit dem »Tittenbonus«?
Bei Twitter sind inzwischen Gerwald Claus-Brunner und Fraktionschef Andreas Baum heftig aneinandergeraten. Ihre Wortwechsel klingen, als hätten sich zwei Parteifreunde schon ein paar Mal zu oft ausgesprochen. Der Fraktionschef ermahnt den Kollegen, man müsse »den Erwartungen, die man an andere hat, zuerst selbst gerecht« werden. Darauf poltert Claus-Brunner: »Ja nee, ist klar, hab verstanden: Klappe halten und unbeliebte Dreckarbeit verrichten, aber wehe, wenn man mal mehr fordert, das geht nicht.« Und während ich mich frage, wem es nützt, dass ich das mitlesen kann, versichert Andreas Baum: »Dir ist bekannt, dass ich so was nicht verlange. Also verbreite dies bitte auch nicht. Rest klären wir im persönlichen Gespr.« Ein persönliches Gespräch? Das würde mich jetzt aber auch interessieren!
Am nächsten Morgen, ich halte den »Tittenbonus« für abgehakt, holt mich der Parlamentarische Geschäftsführer der Berliner Piratenfraktion zurück ins Thema. Um 7.43 Uhr verkündet Martin Delius über seinen privaten Twitter-Account, er habe »nicht übel Lust«, sich zu »dem Zeug« zu äußern, das »Faxe« da verzapft habe. »Aber ich bin wohl ’nen Tag zu spät für die Sau, oder?« Um 8.17 Uhr legt Delius nach: »Ach Faxe: Gestern hast du einfach nur Kackscheiße erzählt.«
Später sendet Delius ein Foto herum mit der Anmerkung, er zeige auch als männlicher Parlamentarischer Geschäftsführer jetzt mal ein »kleines bisschen meine feminine Seite«. Auf dem Foto sieht man eine Hand, der Nagel des kleinen Fingers ist leuchtend blau lackiert. Langsam frage ich mich: Ist der »Tittenbonus« vielleicht doch nur irgendwie lustig?
Immerhin, andere regen sich auch auf: Die Angelegenheit hat es inzwischen in den Berliner Tagesspiegel geschafft. Die Zeitung berichtet im Lokalteil, Gerwald Claus-Brunner, »eigentlich bekannt als Verfechter von Transparenz«, habe seine umstrittenen Anmerkungen zur Frauenquote inzwischen gelöscht und zahlreiche Twitter-Nutzer, die ihn kritisierten, geblockt. Sie könnten deshalb seine Nachrichten nicht mehr lesen.
Stimmt das? Ich versuche die »Tittenbonus«-Nachricht anzuklicken, Twitter meldet: »Entschuldige, diese Seite existiert nicht mehr!« Ich versuche, Claus-Brunners Tweets abzurufen, auch das funktioniert nicht. Ich staune: Mehr Transparenz auf allen Ebenen fordern, selbst aber Nachrichten sperren, die man zuvor ungefragt und absolut freiwillig in alle Welt verbreitet hatte.
Die eigentliche Überraschung aber folgt mit zweitägiger Verspätung. Die Berliner Piratenfraktion veröffentlicht eine »Txxxxx-Bonus«-Stellungnahme, in der Gerwald Claus-Brunner versichert, er habe sich am Montag auf Twitter »sehr unpassend geäußert«. Die Vokabel »Tittenbonus« sei im Zusammenhang mit der Quotendebatte »natürlich völlig unpassend« gewesen. »Der Ausdruck ist sexistisch und wird in keiner Weise der inhaltlichen Debatte, auf die er sich bezog, gerecht.« Deshalb könne er sich nur bei jedem, den er verletzt habe, »in aller Form entschuldigen«, beteuert Claus-Brunner. Schließlich sei die Diskussion um die Quote bei Listenaufstellungen innerhalb der Piratenpartei »eine wichtige und richtungsweisende und sollte sachlich und mit Rücksicht auf die Interessen und Gefühle Einzelner geführt werden«.
Kaum vorstellbar, dass einer wie dieser »Faxe« sich plötzlich eine so gestelzte Entschuldigung ausdenken würde. Ich wünschte, ich wüsste, was da wirklich passiert ist.
Im Internet finde ich immerhin heraus, dass gestern Nachmittag im Abgeordnetenhaus von 15.06 Uhr bis 17.34 Uhr die wöchentliche Fraktionssitzung der Piraten stattgefunden hat. Ob »Faxe« dort von seinen Parteifreunden bearbeitet wurde? Ob sie ihn bedrängt haben? Oder kam er selbst auf die Idee, sich lieber doch noch in aller Form zu entschuldigen?
Bei den Piraten sollte so etwas ja einfach herauszufinden sein. Denn die Fraktion hält ihre Sitzungen – im Gegensatz zur politischen Konkurrenz – stets öffentlich ab und dokumentiert sie ausführlich im Internet. Das gestrige Sitzungsprotokoll ist immerhin dreißig Seiten lang und wirklich detailliert. Es gibt sogar wörtlich einen Antrag gegen Handygebimmel während der Fraktionssitzung wieder, den die Parlamentarier beraten haben: »Für Mitglieder der Fraktion und deren Mitarbeiter gilt: Wessen Handy während der Fraktionsversammlung klingelt (also nicht lautlos ist), der zahlt 5 Euro in einen Topf, der am Ende der Legislaturperiode für einen guten Zweck gespendet wird (z. B. Pflanzung eines Baums).«
Den »Tittenbonus« aber suche ich im Sitzungsprotokoll vergeblich. Fand die Debatte um »Faxes« Entgleisung vielleicht nur im nichtöffentlichen Teil statt? Oder etwa nur »im persönlichen Gespräch«? Oder gar nicht? Womöglich müsste ich jetzt einfach nachfragen. Aber bei wem? Würde ich eine Antwort bekommen? Wenn ja, wäre sie verständlich? Und: Könnte ich sie glauben?
Ich weiß ja nicht einmal, ob das den Aufwand wert wäre. Nur weil ich zufällig Zeugin einer Verbalentgleisung eines Piraten im Internet wurde? Vermutlich sind mir viele ähnliche, schlimmere Äußerungen entgangen oder entgehen mir just in diesem Moment. Ich könnte meiner Partei und ihren mehrheitlich männlichen Repräsentanten auch einfach nur vertrauen – so wie das in anderen Parteien gehandhabt wird. Aber wozu dann das ganze Transparenz-Gedöns?
Mein Kopf schwirrt – und ich stelle mir zur Ablenkung vor, was wohl in der CSU los wäre, wenn die Parteibasis ihre Ansichten über Frauen und Gleichberechtigung auf Twitter kundtun würde, statt beim Weißbier im Wirtshaus. Da geht es mir gleich wieder besser.