Kapitel 12
Dez öffnete die Augen. Dann schloss sie sie wieder. Nie wieder würde sie etwas trinken, das sich »Onkel Willys Selbstgebrannter« nannte. Ihr Kopf hämmerte. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war … oder wessen Arme gerade um sie lagen.
Der Körper hinter ihr kuschelte sich enger an sie und schnurrte. In diesem Augenblick klärte sich ihr Kopf, und sie wusste, dass Mace sie im Arm hielt. Sie lächelte. Was für eine Nacht. In all ihren Jahren als Marine und Cop hatte sie nie so etwas durchgemacht. Und die Tatsache, dass sie überlebt hatte … na ja, sie war ziemlich beeindruckt von sich selbst. Aber die Nacht hatte da noch nicht geendet.
Als sie erst einmal aus dem Club heraus waren, hatten sie Shaw in ein Krankenhaus im Zentrum von Manhattan gebracht. Offenbar wurde es von Gestaltwandlern betrieben und war der einzige Ort, wo man sich wirklich um einen schwer verletzten Mann … oder was auch immer kümmern konnte. Die Meute und Mace hätten Shaw nur zu gern in der Notaufnahme abgeladen und ihn sich selbst überlassen, aber Dez konnte das nicht, und aus irgendeinem Grund wollte auch Sissy es nicht erlauben.
»Wir können ihn nicht einfach allein lassen«, hatte Dez argumentiert. Nicht nach seinem kleinen Anfall von Heldentum in den Eingeweiden des Chapel. Natürlich wurde ihr plötzlicher Gefühlsausbruch von einem verärgerten Naserümpfen von Mace und ausdruckslosen Blicken der Meute kommentiert. Aber irgendwann sahen sie die Sache so wie sie. Also saßen sie im Wartezimmer herum, plauderten, aßen und … na ja … warteten. Sie bekam sogar ihr Handgelenk geröntgt und verbunden. Nur eine Verstauchung. Kein größerer Schaden.
Dez stellte fest, dass sie Smittys und Sissy Maes Meute immer lieber mochte, je näher sie sie kennenlernte. Sie waren so lieb und charmant, wie nur Südstaatler es sein konnten. Und sie schienen Mace zu tolerieren. Selbst nachdem er Smitty angebrüllt hatte, als er Dez dabei ertappte, wie sie seine sensible Stelle kraulte.
Irgendwann kam Maces Cousine Elise ins Wartezimmer geschneit. Es stellte sich heraus, dass sie die einzige Frau des Llewellyn-Rudels war, die sich in die kalte, regnerische Nacht hinauswagen wollte. Sissy Mae und Smitty wirkten sprachlos über diese mangelnde Fürsorge der anderen Frauen, aber Mace war überhaupt nicht überrascht. Irgendwann sagte ihnen dann der Arzt, dass Shaw über den Berg sei. Elise verschwand daraufhin wieder, und der Rest von ihnen machte sich auf den Weg zum Hotel der Meute in Uptown.
Ungefähr um diese Zeit hatte das Trinken angefangen. Sie sollte wirklich nicht trinken. Dez wusste es eigentlich. Daher rührte das Marine-Tattoo auf ihrem Hintern, das sie sich ein paar Jahre zuvor hatte entfernen lassen. Natürlich zierte diese Stelle jetzt ein dicker, fetter Löwenbiss.
Zumindest sorgte Mace in letzter Zeit dafür, dass sie nichts allzu Dummes tat. Er ließ einfach niemanden in ihre Nähe.
Und jetzt war der Morgen danach. Sie hatte immer noch ihre Corsage an. Ihr Körper schmerzte noch von den Prügeln, die sie in der Nacht zuvor bezogen hatte. Ihr Handgelenk schrie ihr ein »Hack mich ab!« entgegen. Aber sie hatte Mace. Sie konnte sich wirklich kein schöneres Weihnachtsgeschenk wünschen. Zur Hölle, wer hätte das schon gekonnt?
Sie seufzte und schmiegte sich enger an ihn. Eine seiner Hände streichelte sanft ihren von dem Lederoberteil bedeckten Bauch und schnarchte dabei. Während sie darüber nachdachte, wie süß es war, dass er sie sogar im Schlaf berührte, bewegte sich seine Hand langsam tiefer. Dez hob eine Augenbraue. Durchtriebene Katze.
Sie hielt seine Hand mit beiden Händen fest, um diesen Abwärtskurs aufzuhalten. Da begann die andere Hand, sich zu bewegen. Sie hielt beide Hände fest, aber er zog immer wieder nach unten, und sie schob ihn immer wieder nach oben zurück. In diesem Moment begann sie unkontrolliert zu kichern. Himmel, sie war zu alt zum Kichern.
Sie versuchte, ruhig zu sein, denn sie lagen mit Smittys Meute in seiner Hauptsuite auf dem Boden – wenn man so viel trank, schaffte man es selten zurück ins eigene Bett. Dann drückte Mace sie auf den Rücken und kniete sich über sie. Er hielt ihr die Arme über dem Kopf fest und beugte sich zu ihr herab.
»Wage es nicht, Mace Llewellyn«, flüsterte sie scharf.
»Was soll ich nicht wagen, Baby?«
»Geh runter von mir, Mace!«
»Auf keinen Fall. Ich hab dich da, wo ich dich haben will.«
»Ich schreie!«
»Sie werden nur denken, dass du dich gut amüsierst.«
Dez knurrte. »Ich schreie ›Gassi‹.«
Da wussten sie, dass die Wölfe hellwach waren. Sie brachen alle in Gelächter aus.
»Du meine Güte, Mace. Würdest du bitte das Mädchen loslassen?«
Sissy Mae zog die Vorhänge auf. Nachmittagslicht flutete in den Raum, und alle außer Mace stöhnten. Er war immer noch mit zusammengekniffenen Augen auf Dez konzentriert. Sie hatte ihn geärgert, und das wussten sie beide.
Sissy Mae machte »Ts, ts« in seine Richtung. »Also ehrlich, ihr Katzen habt kein Gefühl für Anstand. Über so ein nettes Mädchen herzufallen.«
»Du machst Witze, oder, Lassie?«
»He, du ungehobelter …«
»Na, na, Sissy Mae«, warnte ihr Bruder und hievte sich auf einen der Ledersessel. »Sei nicht sauer auf Mace. Du weißt, der Junge war noch nie vorher verliebt.« Smitty sah seinen Freund mit herausforderndem Blick an. »Oder, Mann?«
Er würde ihn töten. Ihn auf den Boden knallen und von den Eingeweiden bis zum Hals aufreißen. Ja. Er liebte Dez, aber er wollte ihr das jetzt noch nicht sagen. Nicht, wenn sie jedes Mal im wahrsten Sinn des Wortes zusammenschreckte, wenn er sich dem Thema näherte.
Verdammt, sie wurden gleich so defensiv, wenn man ihre Schwester Lassie nannte.
Er sah Dez an. Yup. Da war es wieder. In diesen schönen grauen Augen. Panik. Es war das Einzige, was diese Frau in Panik versetzte. Jedes Mal, wenn es um ihn und seine Gefühle für sie ging.
Sissy Mae schob ihn von Dez herunter. Er rollte sich von ihr weg, streckte die Beine aus und stützte den Oberkörper auf die Ellbogen. Sissy half Dez auf die Beine.
»Na komm, Schätzchen. Lass uns Frühstück bestellen.«
»Meinst du nicht eher Mittagessen, kleine Schwester?«, fragte Smitty, während er sich streckte und gähnte.
Mace wartete, bis die Frauen in Sissys Zimmer gegangen waren, dann starrte er seinen Freund wütend an. »Na, vielen Dank auch!«
»Brüll mich nicht an, Junge. Du hast meine kleine Schwester Lassie genannt. Nur ich darf das. Abgesehen davon … du liebst sie doch. Du stinkst verdammt noch mal danach.«
Mace ließ sich zurück auf den Boden fallen. »Ich weiß«, stöhnte er.
»Du lieber Himmel, Mace. Meine Momma hatte recht. Du bist mehr Wolf als Katze. Bindest dich an eine Person und so.«
»Katzen binden sich auch an eine Person.« Er hob den Kopf, um Smitty einen bösen Blick zuzuwerfen. »Wir sagen es ihnen nur nicht.«
Smitty kicherte. »Ich glaube, das hab ich vermasselt, oder?«
»Gott, Sissy Mae. Was zum Henker soll ich tun?«
»Ihr New Yorker flucht ganz schön viel.«
»Früher habe ich das nicht, aber Mace weckt das wütende Mädchen aus der Bronx in mir.«
»Weißt du, was du tun wirst, Dez? Du liebst ihn und nimmst ansonsten deinen Tag in Angriff.« Sissy Mae wickelte vorsichtig Dez’ verstauchtes Handgelenk aus dem Verband.
»Das sollte eigentlich eine Affäre sein – oder?«
»Tja, wenn du eine Barschlampe auf einem der Stützpunkte wärst, wäre das möglich. Aber du bist die großartige Desiree MacDermot. Maces wahre Liebe. Wenn du mich fragst …«
»Ich frage dich nicht.«
»Aber wenn du es tätest, dann würde ich dir sagen, dass der Junge schon sein ganzes Leben auf dich wartet.«
»Du bist ziemlich romantisch, oder?«
Sissy Mae lächelte. »Ich bin überhaupt nicht romantisch, Schätzchen. Ich bin Realistin. Und eine gute noch dazu. Ich weiß, was ich sehe. Und dein ganzer Körper vibriert, wenn dieser Mann in der Nähe ist.«
Mace hatte keine Ahnung, was zwischen Sissy Mae und Dez geschehen war, aber plötzlich sah Dez ihn nicht mehr an. Sie brunchten und Dez unterhielt sich die ganze Zeit mit Sissy Mae. Sie schauten sich A Christmas Story an, und Dez schmiegte sich an seine Seite, sah ihn aber immer noch nicht an.
Irgendwann hielt er es nicht mehr aus. Er glitt mit der Hand hinten in ihre Hose.
Dez machte ein leises, quiekendes Geräusch und begann sich die Augen mit den Fingerknöcheln zu reiben.
»Alles klar, Schätzchen?«, fragte Sissy mit der ganzen Subtilität eines … na ja, eines Hundes. »Brauchst du etwas?«
»Nein. Mir geht’s gut.« Nur dass Dez’ Stimme dabei eine Oktave nach oben kletterte. Was seltsam klang bei ihrer sonst so rauen Stimme.
Als Sissy sich wieder dem Fernseher zuwandte, rammte Dez Mace den Ellbogen in die Magengegend, aber er grunzte nur.
Sie beugte sich zu seinem Ohr. »Nimm die Hand aus meiner Hose.«
Mace schüttelte den Kopf und strich sanft mit seiner ausgefahrenen Kralle über ihre Wange. Sie rammte ihm noch einmal den Ellbogen in den Magen. »Hör auf!«
»Zwing mich doch.«
Das Paar duckte sich, als die Wölfe anfingen, Dinge aus Papier nach ihnen zu werfen.
Sissy lächelte ihre Freunde an. »Ihr solltet besser gehen. Bevor das hier zu einer Rauferei ausartet.«
Gut. Genau, was Mace wollte. Er zog die Hand aus Dez’ Hose und riss sie hoch zum Stehen. Er ließ ihr kaum genug Zeit, um ihre Jacke zu holen, bevor er sie aus dem Hotelzimmer und zu den Aufzügen zerrte. Sissy Mae rief ihnen irgendetwas von Weihnachtseinkäufen hinterher, und das war das Letzte, was er hörte, bevor sich die Aufzugtür schloss.
Dez sah zu, wie Mace seinen großen, unverletzten Körper aus dem Taxi hievte. Ihr stockte der Atem, die Brüste zogen sich zusammen, und Visionen von Dingen, die die Nonnen sicherlich nicht gutgeheißen hätten, schossen ihr durch den Kopf. Sie drehte sich um und ging aufs Haus zu, während Mace den Taxifahrer bezahlte. Vielleicht würde sie dieses eine Mal schöne Weihnachten verbringen. Zumindest würde sie tatsächlich zur Abwechslung einmal Weihnachtssex bekommen. Danach zu urteilen, wie Mace sie im Taxi angesehen hatte, war sie sich verdammt sicher, dass sie Weihnachtssex bekommen würde. Vielleicht könnten sie noch einmal ein bisschen Spaß auf der Treppe haben.
Dez betrat ihre Veranda und schloss die Sicherheitstür auf. Sie wollte eben die Eingangstür öffnen, als Mace hinter sie trat. Er küsste ihren Hals, schlang den Arm fest um ihre Taille und zog sie eng an seinen warmen Körper.
Als er ihr ins Ohr schnurrte, meinte sie, ohnmächtig werden zu müssen.
»Wir sollen um fünf bei deiner Familie sein.«
»Es ist schon halb fünf. Meine Eltern wohnen in Queens. Wir rufen sie an und sagen ihnen, dass ich arbeiten musste oder so. Wir lügen uns einfach den Arsch ab.«
Er schob die Hand in ihre Haare und zog ihren Kopf zurück. »Guter Plan. Denn ich will dich im Moment nur nach oben bringen und vögeln, bis du blind bist.«
Dez lachte, hörte aber auf, als er nicht mitlachte.
»Äh … ich brauche mein Augenlicht aber noch.«
»Keine Sorge. Es wird nur vorübergehend sein.«
Er küsste sie, und Dez wurde bewusst, dass Sissy Mae schon wieder recht gehabt hatte. Dez’ ganzer Körper vibrierte unter seiner Berührung. Vor allem, als er den Reißverschluss ihrer Jacke aufzog und mit seinen großen Händen über eine ihrer lederbekleideten Brüste streichelte. Er drückte sie, und seine Fingerspitzen glitten über die nackte Haut oberhalb der Leders.
Sie wusste nicht, wie viel sie noch aushalten konnte, bevor sie direkt hier auf der Veranda kam. Sie war so in Mace versunken, dass sie nicht einmal hörte, wie die Tür aufging.
»Ich hatte mich schon gefragt, wann ihr endlich hier seid.«
Beim Klang der Stimme ihres Vaters riss Dez den Kopf hoch und knallte gegen den von Mace.
»Au!«
»Daddy!«
Dez sah ihren Vater an. Nein. Der Mann war nicht erfreut. Sie versuchte, sich von Mace loszumachen, aber er hielt sie umso fester. Ihre Jacke verbarg seine Hand, aber ihr Vater war nicht dumm. Er wusste, dass Mace sie an den Brüsten festhielt und nicht losließ.
»Na, hast du Spaß mit meiner Tochter, Junge?«
»Um ehrlich zu sein …«
Bevor er die Aussage zu Ende bringen konnte, rammte ihm Dez den Ellbogen in den Bauch.
Sie tat damit ihrem Ellbogen wahrscheinlich mehr weh als seinem Bauch, aber es überrumpelte ihn und verschaffte ihr die Gelegenheit, sich aus seinem Griff an ihren Brüsten zu lösen.
Dez umarmte ihren Vater herzlich.
Er drückte sie. »Frohe Weihnachten, Sonnenschein.«
»Dir auch, Daddy.« Sie machte einen Schritt rückwärts. »Warum bist du hier?« Sie glaubte keine Sekunde, dass ihr Vater das Weihnachtsessen mit seinen Enkeln versäumen würde. Nicht einmal für sie.
»Als deine Mutter euch zwei nicht finden konnte, dachte sie, du würdest dich vielleicht aus der Sache herauslügen.« Dez zuckte zusammen. Verdammt. Sie konnte einfach nichts vor ihrer Mutter verbergen. Die Frau wusste immer, was ihre Tochter im Schilde führte. Immer. »Also hat sie beschlossen, die ganze Sache hierher zu verlegen.«
Dez blinzelte. »Was hierher zu verlegen?«
Er trat zurück, und eine ihrer Nichten kam auf sie zugerannt. »Tante Dez! Tante Dez!«
Dez schluckte die Panik herunter, die in ihrem Hals aufstieg. Oh, das war übel. »Hey Lucy! Wie geht es meinem Mädchen?«
Die Sechsjährige war für Weihnachten fein gemacht. Das Kleid hatte wahrscheinlich mehr gekostet als die Desert Eagle, die Dez sich vor ein paar Jahren gekauft hatte. »Gut. Stimmt es, was Mommy sagt?«
»Was sagt sie denn, Schätzchen?«
»Dass du Probleme mit Männern hast?«
Dez knurrte. »Also, du kannst deiner Mommy sagen, sie soll sich …«
»Also gut!« Mace hielt ihr die Hand vor den Mund, während ihr Vater die Kleine ins Haus zurück zog.
Sobald ihr Vater und das Mädchen in sicherer Entfernung waren, schüttelte Dez Maces Arme ab.
»Ich bin so was von weg!« Dez versuchte, sich an ihm vorbeizudrücken, aber er blockierte die Tür mit dem prachtvollen Körper, mit dem sie eigentlich gerade ihren Spaß hatte haben wollen. Verdammte Familie!
»Du kannst nicht gehen. Deine Familie ist deinetwegen hier.«
»Genau deshalb gehe ich.«
Mace zeichnete mit einem kräftigen, langen Finger die Linie ihres Kiefers nach. »Bleib. Für mich.«
»Nur über meine Leiche.«
»Aber wenn sie heute Abend wieder weg sind, habe ich mit dir und deinem heißen kleinen Körper etwas vor.«
Dez biss sich auf die Innenseite der Wangen. Verdammt. Er benutzte Sex, um sie zu ködern, in der Hölle zu bleiben. Und es funktionierte, verdammt noch mal. »Ach ja? Was zum Beispiel?«
Er beugte sich zu ihrem Ohr und schnurrte. Verdammt, sie liebte es, wenn er schnurrte.
»Ich warte schon den ganzen Tag darauf, meinen Kopf zwischen deinen Schenkeln vergraben zu dürfen. Meine Zunge zu nehmen und …«
»Hi, kleiner Bruder.«
Maces ganzer Körper versteifte sich. Dez sah über die Schulter in die Augen von Missy Llewellyn.
Plötzlich verlor sie jedes Interesse daran, in nächster Zeit zu gehen.
»Was zum Henker tust du denn hier?«
»Das ist aber nicht sehr weihnachtlich, kleiner Bruder.«
»Hör auf, mich so zu nennen!«
Mace konnte es nicht fassen. Warum war sie hier? Und warum waren auch seine anderen drei Schwestern hier? Wann genau war die Hölle auf die Erde gekommen?
Dez wandte sich von ihm ab und grinste Missy süffisant an. »Na, sieh mal einer an. Missy Llewellyn. In meiner bescheidenen Hütte. Ich fühle mich geehrt.«
»Das solltest du auch«, schleuderte ihr Missy arrogant entgegen.
»Woher zum Henker wusstet ihr überhaupt, wo ihr hinmüsst?«, blaffte Mace.
»Ah ja. Mrs. MacDermot hat meine Sekretärin angerufen und gesagt, dass ihr Weihnachten bei ihnen zu Hause feiert. Da Weihnachten das Fest der Familie ist, wollte sie, dass wir zusammen mit euch allen feiern. Und wie könnte ich dieses Angebot ablehnen?« Sie musterte ihren Bruder eingehend. »Schön zu sehen, dass du nach den Festivitäten der letzten Nacht mit heiler Haut davongekommen bist.«
Richtig. Er könnte sie töten, aber das würde wahrscheinlich die Stimmung für den restlichen Abend und das Geschenkeverteilen trüben.
Missy richtete ihren durchdringenden goldenen Blick jetzt auf Dez. »Nettes Outfit, Detective. Undercovereinsatz in einem Fetischclub?«
Dez knurrte. »Wie wär’s, wenn du dich …« Mace hielt ihr wieder die Hand vor den Mund. Junge, wenn die Bronx in ihr hochkam, dann aber richtig.
Rachel erschien hinter Missy. »Was ist los, Missy? Fürchtest du, dass deine winzigen Titten das Oberteil nicht oben halten könnten?«
Dez warf Mace einen Blick zu. Er durchschaute sie jetzt mit Leichtigkeit, und die Tatsache, dass ihre Schwester sich plötzlich auf ihre Seite schlug, um sie vor der bösen Missy zu retten – das war unter Umständen ein zu großer Schock für seine harte Polizistin.
Missy drehte sich wütend zu Rachel herum. »Na, ich sehe schon, man kann das Mädchen aus der Bronx herausholen, aber man bekommt die Bronx nicht aus dem Mädchen heraus.«
Plötzlich erschien Lonnie neben ihrer älteren Schwester. »Wow. Schau dir die Falten in deinem Gesicht an, Missy. Es sieht aus, als hätte sich die Bitterkeit in dein Gesicht eingegraben und sei dort geblieben.«
Allie, Maces zweitälteste Schwester, stellte sich neben Missy. »Tja, ich habe gehört, dass du jetzt Staatsanwältin bist, Lonnie. Es muss wirklich hart sein, zu versuchen, all deine Exfreunde zu verurteilen.«
Rachel und Lonnie sahen sich an, während Maces zwei andere Halbschwestern sich neben Missy und Allie stellten.
Nein. Das konnte nicht gutgehen.
Dez machte sich von Mace los. »Ich ziehe mich kurz um, bevor noch Blut an meine Klamotten kommt.«
Sie ging die Treppe hinauf. MacDermot senior kam zurück in den Raum, ein Kleinkind im Arm. Ein Marine der alten Schule, knallhart und immer noch mit seinem Marine-Haarschnitt und Marine-Tattoos auf beiden Unterarmen. Der Stolz auf seine Nachkommen stand ihm ins Gesicht geschrieben. Obwohl die beiden Schwesternteams im Moment kurz vor einer eher hässlichen Konfrontation standen, die Mace das Gefühl gab, wieder der Vierzehnjährige zu sein.
»Das sind aber ein paar harte Frauen.«
Mace nickte. »Tut mir leid wegen meiner Schwestern, Sir.«
»Kein Grund, sich zu entschuldigen. Dez kann Lonnie und Rachel auch nicht unter Kontrolle halten, und sie versucht es auch gar nicht.«
»Das liegt daran, dass sie genial ist.«
Graue Augen mit dunkelgrünen Sprenkeln richteten ihren Blick auf Mace. »Liegt Ihnen wirklich etwas an meiner Tochter, Llewellyn?«
Ohne es wirklich zu merken, nahm Mace seine Hände hinter den Rücken. Er stellte sich breitbeinig hin. Die Gegenwart dieses Mannes gab ihm das Gefühl, als müsse er immer noch vor Ende der Nacht seinem Commanding Officer Meldung machen. »Ja, Sir. Mehr als alles andere.«
»Gut. Denn sie ist etwas Besonderes. Alle meine Töchter sind natürlich etwas Besonderes. Aber Dez … Dez ist …«
»Ich weiß, Sir.« Mace sah ihm in diese Augen, die genau wie die seiner Tochter waren. »Ich weiß es wirklich. Schon immer.«
MacDermot schien sich etwas zu entspannen, und er nickte. »Gut.« Er holte tief Luft, als bereite er sich auf einen Kampf vor. »Oh, und könnten Sie Dez sagen, dass ich ihre Waffen alle oben in ihrem Schrank weggesperrt habe.«
Mace zog eine Grimasse. Sie hatten beide die Waffen vergessen, die sie überall im Haus gebunkert hatte, und mit den Kindern im Haus … »Wir haben es vergessen.«
»Keine Sorge. Ich kenne jeden einzelnen Platz, wo meine Tochter ihre Waffen versteckt. Zum Henker, ich habe ihr die Hälfte davon selbst geschenkt.«
Der ältere Mann grinste breit, drückte den kleinen Jungen in seinen Armen an sich und ging zurück in Richtung Küche.
Der Streit artete weiter aus. Das konnte ganz leicht sehr brutal werden. Aber Mace hatte andere Dinge im Kopf. Abgesehen davon hatte er Dez’ Mutter in Aktion gesehen. Wenn es zu schlimm würde, hatte er keinen Zweifel daran, dass die zierliche Frau in ein paar Hintern treten konnte und würde.
Mit diesem Wissen folgte Mace seiner Frau nach oben.
Dez warf die Jogginghose und das Marine-Corps-Sweatshirt, die sie aus der Kommode gezogen hatte, auf den geschlossenen Toilettendeckel und sah sich im Spiegel an. Sie hatte ohne Warnung auf einen Mann geschossen. Hatte sich Hyänen und Löwen gestellt. Aber ihre Familie da unten? Davon bekam sie Ausschlag.
Doch damit nicht genug der Verrücktheiten. Ihre gesamte Familie hatte nicht nur das Erdgeschoss ihres Hauses besetzt, sie hatte auch noch Missy Llewellyn und ihre schwachköpfigen Schwestern hier.
Himmel, war ihr Mace wirklich wichtig genug, um diese Schlampen zu ertragen?
Was? Machst du Witze? Natürlich ist er das, du Idiotin!
Dez lächelte sich im Spiegel an. Mann, konnte sie noch armseliger sein? Ihr Blick ging nach rechts, und da sah sie Mace hinter sich stehen. Sie erschrak. »Würdest du bitte damit aufhören!«
»Ich tue doch gar nichts!«
Sie seufzte. Natürlich nicht. Und es wäre schwierig, ihm zu sagen, dass er anfangen solle, in ihrem Haus herumzutrampeln, weil sein schleichender Katzengang ihr eine Heidenangst einjagte.
Sie merkte, dass er ihre Dusche musterte, und zum ersten Mal in Desiree MacDermots Leben stellte sie einem Liebhaber eine Frage, die sie nie hatte stellen wollen, das hatte sie sich einmal geschworen: »Was denkst du?«
Natürlich roch Dez’ Frage nach Angst.
Mace zuckte die Achseln, während er die Dusche genauer in Augenschein nahm. »Ich frage mich, ob man dieses Badezimmer vergrößern kann oder ob wir uns ein neues Haus kaufen sollten.«
Sie packte ihn am Pulli und drehte ihn herum, damit er ihr in die Augen sehen musste. »Mace Llewellyn, wir werden nicht …«
Er küsste sie, bevor sie den Rest des Satzes herausbringen konnte, und knallte die Badezimmertür mit dem Fuß zu. Sie konnte sich nicht erinnern, was zur Hölle sie hatte sagen wollen. Stattdessen ließ sie sich von ihm grob mit dem Rücken an die Wand drücken, sein Mund auf ihren gepresst, was Dez vollkommen aus dem Gleichgewicht brachte.
Ihre Jacke glitt von ihren Schultern und auf den Boden. Mace ließ von ihrem Mund ab, damit er ihren Hals küssen konnte. Eine Minute lang merkte sie nicht einmal, dass er ihre Corsage aufschnürte.
»Mace. Was tust du da?« Wenn dieser Mann sie berührte, fing sie an, die dümmsten Fragen zu stellen.
»Ich ziehe dich aus, damit ich dich vögeln kann.«
Natürlich gab Mace immer die direktesten Antworten. Köstliche Antworten. Wenn nur nicht ihre ganze Familie direkt unter ihr gewesen wäre! Und seine!
»Wir können nicht.«
»Doch. Wir können. Nur um die Anspannung zu lösen. Wir müssen nur ein bisschen leise sein. Also kein Geschrei.«
»Du bist auch nicht besonders leise mit deinem verfluchten Brüllen.«
»Du liebst mein Brüllen.« Verdammt! Er schnurrte schon wieder. Direkt an ihrem Ohr. Plötzlich konnte sie ihre Klamotten nicht schnell genug loswerden.
Sie hatte immer noch keine Ahnung, was sie mit ihm anstellte. Welche Macht sie über ihn hatte. Aber alles an ihr brachte seine Katzeninstinkte auf Hochtouren. Ihr Duft. Ihre Berührungen. Wie sich ihre Haut auf seiner anfühlte. Diese verdammte Stimme.
Schon allein der Gedanke an die kleinen Geräusche, die sie machte, wenn er seinen Schwanz tief in ihr hatte, machte ihn verrückt. Unerträglich geil. Er drängte sie rückwärts gegen die Wand und riss praktisch die Schnürung ihrer Corsage auf. Als er sie geöffnet hatte, riss er sie ihr vom Leib und ließ sich dann auf die Knie sinken, um ihre Jeans anzugehen.
Sie hatte ihm schon den Pulli ausgezogen und in die leere Dusche geworfen. Jetzt wanderten ihre Hände über seine Schultern und durch seine Haare. Als sie kräftig seine Haut streichelte, kam die Katze in ihm hervor. Während er ihr die Jeans und die Stiefel auszog, strich er den Kopf an ihren Schenkeln entlang. Langsam bewegte er sich an ihrem Körper nach oben und rieb sich den ganzen Weg hinauf an ihr. Sie knurrte, und er schnurrte als Antwort.
Sie öffnete seine Jeans und schob sie ihm über die Hüften. Er schob sie vollends hinunter und zog das Kondom aus der Hosentasche, das er sich im Vorbeigehen im Schlafzimmer geschnappt hatte. Allerdings machte er sich nicht die Mühe, seine Jeans ganz auszuziehen. Sie wussten beide, dass sie keine Zeit hatten. Ihre Mutter würde bald das Essen servieren, aber vorher musste er diese Frau haben oder er würde sterben.
Er zog das Kondom über und hob sie hoch. Sofort legte sie ihm die Beine um die Taille, die Arme um den Hals. Weil sie keine Zeit für langsam und gemütlich hatten, küsste er sie und drückte sie gleichzeitig gegen die Wand – ihr Aufschrei wurde durch seinen Mund gedämpft. Sie war schon so feucht, dass ihm klar wurde, dass es kein Schmerzensschrei gewesen war.
Mace hielt in seiner Bewegung inne. Er genoss das Gefühl ihres Körpers an seinem. Ihre Muschi eng um seinen Schwanz. Gott, sie fühlte sich so gut an.
Scheiß drauf. Die Familien können warten.
Dez entzog sich seinem Kuss. »Was? Was ist los?«
Er schüttelte den Kopf und lehnte sich gegen sie. »Nichts, Baby.«
Sie legte eine Hand unter sein Kinn, die andere war in seinen Haaren vergraben. »Blödsinn. Sag mir, was los ist.«
Er küsste ihre Stirn, ihre Wangen, ihren Mund. Dann legte er seine Stirn an ihre. »Ich habe mein ganzes Leben auf dich gewartet, Desiree MacDermot.«
Dez war dankbar, dass Mace sie so gegen die Wand gespießt hatte. Sonst wäre sie zur Tür gerannt. Das wäre allerdings aus reiner Panik gewesen. Sie wusste, wenn die Panik erst nachgelassen hätte, hätte sie sich für das Davonrennen in den Hintern gebissen. Sie wollte Mace. Nicht nur in ihrem Bett oder in ihr, sondern in ihrem Leben.
Himmel, sie liebte eine Katze.
Mace drückte sie mit seinem Körper gegen die Wand, während seine Hände über ihr Gesicht und ihren Hals strichen. Sein harter Schwanz war immer noch tief in ihr vergraben.
Er wartete auf sie. Er würde sie nicht bitten, ihm zu sagen, was sie fühlte, aber Dez wusste, dass er etwas hören wollte.
Na ja, sie würde jetzt nicht gleich ihr Innerstes nach außen kehren. Kurz und knapp. Und gerade so viel, dass er zufrieden war, bis sie ihre Gefühle geordnet und beschlossen hatte, wie sie weiter verfahren wollte.
»Du bedeutest mir alles, und ich lasse dich nie mehr los.«
Sie schloss die Augen. Was zum Teufel tat sie da?
Du Idiotin!
Mace strich seine Finger durch ihre Haare. »Mach die Augen auf, Dez.«
»Nein.«
»Feigling.«
»Yup.« Sein Griff wurde fester, und es fühlte sich verflucht gut an.
»Schau mich an, Frau.«
Mit einem Seufzen machte Dez die Augen auf. Er lächelte sie an. Das süßeste, warmherzigste Lächeln, das sie je gesehen hatte. »Das war nicht direkt ein ›Ich liebe dich‹ … aber ich denke, das muss erst mal reichen.«
Er küsste sie, während seine Hüften sich langsam gegen sie wiegten. Langsam und gleichmäßig. Bestimmt und zuversichtlich. Sie stöhnte in sein Ohr, und das schien etwas in ihm auszulösen. Seine Stöße wurden stärker. Härter. Sie grinste. Ihre Stimme. Ihre Stimme machte ihn verrückt. Ihr Körper würde irgendwann gehen, aber ihre Stimme würde bleiben. Gott sei Dank.
»Gott, Mace«, flüsterte sie ihm ins Ohr, »du fühlst dich so gut in mir an. Hör nicht auf, mich zu vögeln. Hör niemals auf, mich zu vögeln.«
Ja. Das war’s. Mit einem Knurren reinster Lust stieß er in sie. So hart, dass sie spürte, wie ihr Orgasmus durch ihren ganzen Körper schoss und sich in ihr aufbaute. Mace drückte ihren Kopf an seine Schulter, und sie fing an zu schreien. Da fiel ihr wieder ein, dass sie nicht allein waren, und sie biss ihm stattdessen in die Schulter. Aber da kam sie schon und sie biss durch die Haut. Sie schmeckte Blut, aber ihr Körper bebte weiter, als sie wieder und wieder kam.
Schließlich vergrub Mace seinen Kopf an ihrem Hals und biss sich auf die Unterlippe, um nur zu stöhnen, als sein Körper zuckte, bis er vollkommen ausgelaugt war.
Ein paar lange stille Augenblicke lang umarmten sie sich. Hielten einander fest, als wäre das alles, was sie aufrecht hielt.
Irgendwann löste Dez ihre Zähne von seiner Schulter. Sie verzog das Gesicht, als sie die deutlichen Bissspuren sah, die sie hinterlassen hatte. »Oh Gott, Mace. Es tut mir leid.«
Er hob den Kopf und sah die Wunde an. Dann grinste er. »Nennen wir es einfach dein Weihnachtsgeschenk für mich.«
Sie runzelte die Stirn. Wovon zum Teufel spricht er?
Ihr Verschwinden brachte ihnen nicht einmal eine erhobene Augenbraue von den zwei Schwesternteams ein, die immer noch im Clinch lagen. Inzwischen waren sie allerdings zu Politik übergegangen.
Mace kam als Erster nach unten, in frischen Kleidern, die Haare noch nass von einer kurzen Dusche. Und einem hübschen sauberen Verband über seinem Liebesbiss. Dez hatte ihn markiert und wusste es nicht einmal.
Er dachte kurz daran, zu versuchen, den Schwesternstreit zu stoppen, doch dann … warte … Was zum Henker ist das für ein wunderbarer Duft? Ist das Truthahn? Ihm lief das Wasser im Mund zusammen, als er an den keifenden Frauen vorbei und ins Esszimmer ging.
Dort stellte Dez’ Mutter gerade selbstgebackenes Brot auf den Tisch. Sie lächelte ihn warmherzig an, als kenne sie ihn schon sein ganzes Leben lang.
»Keine Sorge. Es ist genug für Sie da. Ich habe noch einen Truthahn gemacht.«
Mace lachte. »Einen ganzen Truthahn? Nur für mich?«
»Sie sind ein Junge im Wachstum. Sie müssen essen. Meine Tochter wird das lernen.« Dann drückte sie ihn auf einen Stuhl.
Cool. Er hatte ihre Mutter und würde auch ihren Vater auf seine Seite bringen. Jetzt musste er nur noch Dez überzeugen. Und das würde er. Er musste nur schnurren. Sie kam praktisch schon allein von diesem Geräusch.
»Und jemand namens Smitty hat für Sie angerufen. Ich habe ihn eingeladen, zum Nachtisch vorbeizukommen.«
Mace kratzte sich am Kopf, um nicht zu lachen. »Ähm … Sie haben ihn zum Nachtisch eingeladen … hierher?«
»Ja. Ihn und seine Familie. War das in Ordnung?«
»Mrs. MacDermot … das war wunderbar.«
»Oh, gut.«
Dez’ Mutter eilte zurück in die Küche, als Dez ins Zimmer kam und sich neben ihn setzte.
»Ich kann nicht fassen, dass diese Zicken immer noch streiten.«
»Meine Schwester hätte dir nicht vor Rachel und Lonnie blöd kommen dürfen.«
»Wovon redest du?«
»Du weißt, wie es ist. Wenn sie auf dir herumhacken, ist das eine Sache. Aber wenn es ein Fremder tut, ist es etwas anderes.«
Dez zuckte die Achseln; ihre nassen Haare und plötzliche Schüchternheit erinnerten ihn an das Mädchen, das sie einmal gewesen war. »Stimmt wohl.«
Dez’ Mutter kam zurück ins Zimmer. Sie lächelte süß, dann brüllte sie zur Tür hinaus: »Essen!«
Mace blinzelte. Für eine winzige Frau hatte sie ganz ordentliche Lungen.
Dez’ Vater kam herein und vier Kinder mit ihm. Er half ihnen auf ihre Stühle, als Dez’ und seine Schwestern hereinstürmten. Immer noch streitend.
»Wie kannst du auch nur zwei Sekunden glauben, dass man damit das Defizit ausgleichen könnte?«
»Ich kann nicht fassen, dass du als Bundesstaatsanwältin eine sentimentale Liberale bist!«
»Ich bin keine Liberale. Ich bin nur kein Nazi.«
Mace beugte sich zu Dez hinüber. »Wie lange wird das dauern?«, flüsterte er und genoss den Schauder, der durch ihren Körper ging.
Sie beobachteten die Frauen und den Rest der Familie. Die streitenden Frauen ignorierten Lonnies und Rachels Ehemänner. Die Männer halfen in der Zwischenzeit ihren Kindern auf die Stühle. Sie halfen sogar Missys und Allies Nachwuchs. Seine Schwestern ignorierten alle im Raum außer Lonnie und Rachel.
»Mindestens bis zum Nachschlag. Aber ich glaube nicht, dass es bis zum Kuchen geht.« Ihre Augen wurden groß. »Oh Gott. Ich habe den Kuchen vergessen.«
Ihre Mutter kam mit weiteren Beilagen aus der Küche. »Keine Sorge. Ich habe Kuchen gekauft. Ich wusste, du würdest ihn vergessen.«
Dez sah ihre Mutter finster an. Er kannte diesen Blick. Jetzt würde sie jede Sekunde etwas sagen, das ihre Mutter aufregte und sein Weihnachtsessen ruinierte. Um das zu verhindern, ließ er seine Hand unter dem Tisch zwischen ihre Schenkel gleiten.
Sie quiekte, was zur Folge hatte, dass alle am Tisch sie ansahen. Dann hustete sie, um abzulenken. »Entschuldigt. Ich glaube, ich bekomme eine Erkältung.«
»Ich sage dir immer wieder, dass du dich nicht warm genug anziehst«, schalt ihre Mutter, während Dez verzweifelt versuchte, seine Hände aus ihrem Schritt zu lösen. Aber er würde nicht loslassen. Zumindest nicht, bis der Truthahn kam. Als Zugabe schob er seinen Mittelfinger an ihrer Stoffhose genau dorthin, wo ihre Klitoris sein musste. Ihr Husten wurde schlimmer.
»Guter Gott«, blaffte Missy. »Würde vielleicht jemand dem Mädchen ein Glas Wasser geben, bevor ihr noch eine Ader platzt?«
Wow. Es war menschenmöglich, dass sechs Frauen zwei Stunden am Stück stritten. Dez hatte keine Ahnung gehabt. Sie stritt nicht so lange. Wenn sie sich so aufregte, endete es normalerweise damit, dass sie jemanden schlug oder verhaftete. Aber ihre und Maces Schwestern waren immer noch dabei. Sie waren zu anderen Themen übergegangen, aber man hätte meinen können, sie stritten über Dinge, die sie tatsächlich beeinflussen konnten.
Smitty und seine Meute tauchten pünktlich auf, als es Kuchen und weitere Diskussionen gab. Offenbar hatte ihre Mutter sie eingeladen. An dem Punkt, als sich Sissy Mae und ihre Mädchen einschalteten, wurde das Ganze richtig interessant. Doch nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit ihrer Schwestern zu stehen, machte den Pecannusskuchen für Dez gleich noch mal so lecker.
Als sie dachte, der Abend könne nicht noch interessanter werden, tauchten Sal, Jim und Vinny auf. Sie hatte ganz vergessen, dass sie sie ein paar Tage zuvor eingeladen hatte, um ihnen ihre Geschenke zu überreichen, aber sie waren trotzdem schlau genug, sich zu entschuldigen und leicht beschämt dreinzuschauen. Irgendwann kam noch Bukowski mit Frau und Kindern. Offensichtlich fühlte er sich immer noch ziemlich schuldig, weil er ihr und Mace am Vortag die Party verdorben hatte, und deshalb hatte er ihnen Wein mitgebracht. Sie war wirklich stolz, dass Mace keinen Kommentar über den Jahrgang fallen ließ. Auch wenn sie seine Meinung in seinen goldenen Augen ablesen konnte.
Plötzlich war Dez’ Haus voller Leute und Mace. Eine Woche zuvor hatte Dez noch fest vorgehabt, den ganzen Tag zu arbeiten und sich zum Abendessen eine tiefgefrorene Truthahn-Fertigpastete warmzumachen. Sie lächelte. Sie hätte es nie laut zugegeben, aber das hier war viel besser.
Von der Küche aus beobachtete sie die verrückten Schlampen, während sie und Mace das Geschirr spülten, damit ihre Mutter es nicht zu tun brauchte. Und als sich ihre Schwestern gegen Maces Schwestern in Gefechtsposition brachten, wer war da mittendrin? Sissy Mae. Kein Wunder, dass Dez sie mochte. Sie war genauso eine Aufwieglerin wie sie.
»Wow, Missy. Willst du sie wirklich so mit dir reden lassen?«, drängte Sissy. »Ich meine, hast du vielleicht Angst vor ihr oder so …«
»Ich habe vor niemandem Angst!«
Dez fragte sich, wie lange sie warten sollte, bevor sie eingriff, als Maces Hand im Wasser über ihre glitt. Das tat er schon die ganze Zeit. Immer wenn ihre Mutter ihnen den Rücken zudrehte, fand Mace einen Weg, sie zu berühren oder zu küssen. Es hatte etwas Niedliches und Unschuldiges. Vor allem, da dieser Mann sie gestern auf ihrem Esszimmertisch bis zur Besinnungslosigkeit gevögelt hatte.
»Also gut, ihr beiden«, schalt ihre Mutter fröhlich. »Hört auf damit.«
Mace ließ Dez los. Er ging so nett mit ihrer Mutter um. Immer behandelte er sie mit höchstem Respekt.
»Entschuldigung, Mrs. MacDermot.«
»Dummer Junge. Das meine ich nicht. Ich meine, lasst das Geschirr. Diese streitenden Frauen können es fertig spülen. Ihr zwei geht raus, um ein bisschen frische Luft zu schnappen.« Dez’ Mutter zwinkerte ihr zu. »Es wird zu heiß hier drin.«
»Mom!«
Mace ließ sich das nicht zweimal sagen. Er trocknete ihre Hände ab und zog sie an ihren erregten Geschwistern vorbei aus dem Haus und auf die Veranda. Dann ging er noch einmal hinein, schnappte sich ihre Lederjacke und eine Plastiktüte. Er half ihr in die Jacke, setzte sich auf einen der Stühle und zog Dez auf seinen Schoß.
Sie beobachtete, wie ihre drei Freunde in der Einfahrt mit Smitty redeten. Sie hatte das Gefühl, dass sie sich mit Mace und Smitty zusammentaten. Nicht dass es ihr etwas ausgemacht hätte. Ihr fiel niemand ein, dem sie mehr vertraute. Vor allem, wenn es je nötig wurde, dass sie Mace beschützten.
»Ich habe ein Weihnachtsgeschenk für dich.«
Dez drehte ruckartig den Kopf. »Mace, du hast nicht …«
»Hier.« Er unterbrach sie und gab ihr eine eingepackte Schachtel. »Ich hatte dir erst etwas anderes gekauft, aber das habe ich dann Sissy Mae geschenkt. Ich glaube, das hier gefällt dir besser.«
»Danke.« Sie küsste ihn und streifte dann das Geschenkpapier ab. Sofort füllten sich ihre Augen mit Tränen. Der Mann hörte ihr wirklich zu. Er hörte sie.
»Der Cops-3er-Pack«, flüsterte sie ehrfürchtig.
»Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, hätte ich nachgesehen, ob es noch andere DVDs gibt, aber das waren die drei, die ich gefunden habe. Du hast sie doch noch nicht, oder?«
»Nein«, log sie. Sie würde ihre Exemplare morgen verbrennen. Diese hier bedeuteten ihr viel mehr. »Ich habe aber nichts für dich.«
Plötzlich stürmte Missy durch die Tür und war schon die Treppe hinunter, als das Wort Feigling ihr aus dem Haus hinterhergeschleudert wurde.
Missy drehte sich auf dem Absatz um und marschierte die Treppe wieder hinauf. »Das reicht, Freundchen! Jetzt ist es eine Sache zwischen dir und mir!«
Smitty rannte hinter ihr her ins Haus. Vinny, Sal und Jim folgten, wahrscheinlich, weil sie hofften, eine kleine Schlägerei unter Mädchen zu sehen zu bekommen. Perverslinge.
Mace grinste sie an. »Ich wünsche mir frohe Weihnachten.«
Dez lachte, als Mace ihr ihre alte Guess-Uhr abnahm. »Hier. Trag die ab und zu auch. Du weißt schon, jeden Tag. Damit du an mich denkst, wenn du im Dienst bist.«
Als könnte sie je nicht an ihn denken. Sie sah zu, wie er eine hübsche Uhr aus Stahl um ihr Handgelenk legte. Sie war groß und schwer, und definitiv eigentlich für Männer. Aber sie mochte große Herrenuhren.
Als sie endlich genauer hinsah, blieb ihr der Mund offen stehen, und dann starrte sie Mace an. »Mace. Das ist eine Breitling.« Von wegen Stahl! Eher Titan! Sie hatte genug Fälschungen gesehen, um eine echte zu erkennen.
Ständig vergaß sie, dass der Mann reich war.
»Mach dir deswegen keine Sorgen. Ich hab noch andere.« Wahnsinnig reich anscheinend.
»Aber warum willst du, dass ich sie trage?«
»Weil ich will, dass alle auf deinem Revier wissen, dass du zu mir gehörst.«
Dez schüttelte den Kopf. »Ich bin überrascht, dass du mir nicht ›Eigentum von Mace Llewellyn‹ quer über die verdammte Stirn tätowieren willst.«
Er wandte den Blick ab, räusperte sich und rückte sie auf seinem Schoß zurecht. »Äh … warum sollte ich das tun?«
Bevor sie etwas anderes als »Danke« oder »Du hast aber schon mal daran gedacht, oder?« sagen konnte, zog Mace sie eng an seine Brust und hielt sie fest. Sie lehnte sich entspannt an ihn und erlaubte sich, einfach nur sie selbst zu sein. Irgendwie eine neue Erfahrung für sie. Normalerweise tat sie immer irgendetwas. Jemanden in den Hintern treten. Jemandes Personalien aufnehmen. Aber an diesem kalten Weihnachtsabend wollte sie nur hier sitzen, zusammen mit ihrem … was? Freund? Liebhaber? Hauskater? Na ja, wie auch immer … sie wollte einfach hier mit ihrem Mace sitzen und das Leben genießen.
»Ist dir kalt?«
Sie schmiegte sich enger an ihn. »Überhaupt nicht. Dir?«
»Nicht mit deinem heißen kleinen Körper neben mir.«
Sie hatte noch nie jemanden die Worte heiß und klein benutzen hören, wenn es um ihren Körper ging. Aber zur Hölle, sie würde es als das annehmen, was es war. Ein Weihnachtswunder!
Sie hörte, wie die Haustür aufging und die Krallen ihrer Hunde über das Holz der Veranda kratzten. Sie verzog das Gesicht. Sie musste ihnen wirklich dringend die Krallen schneiden. Man sollte ihre Hunde nicht wegen ihrer Krallen schon meilenweit kommen hören.
Sie sah sich um und schaute zu, wie ihr Vater die beiden anleinte. »Was machst du da, Daddy?«
»Ich gehe mit diesen Bestien spazieren.« Ihr Vater mochte ihre Hunde, aber er hatte noch nie angeboten, mit ihnen spazieren zu gehen.
»Wird es ein bisschen viel für dich da drin?«
Er zuckte die Achseln. »So ähnlich.« Er befestigte mehrere Plastiktüten an einer der Leinen. »Ich bin nicht lange weg. Sobald deine Mutter mit dem Saubermachen fertig ist, bringe ich sie alle hier weg.« Er lächelte Dez an. Dann warf er Mace einen finsteren Blick zu. »Und du pass auf sie auf, Junge. Ich würde dich wirklich nur ungern töten müssen.«
»Daddy!«
»Verstanden, Sir.«
»Gut.«
Der alte Mann ging die Treppe von Dez’ Veranda hinunter, ihre riesigen Hunde gingen ruhig an seiner Seite. Instinktiv wussten sie, dass sie den siebzigjährigen Mann nicht hetzen durften.
»Ich glaube euch beiden nicht.«
Mace streckte sich wie eine große Katze, die er ja auch war, während Dez immer noch auf seinem Schoß saß. »Das ist eine Männersache. Also zerbrich dir mal nicht dein hübsches kleines Köpfchen darüber.«
Dez knurrte. »Ich diskutiere das jetzt nicht mit dir. Aber morgen trete ich dir in den Hintern.«
Mace strich glücklich mit den Händen über Dez’ Körper. Sogar trotz all der Kleider, die sie anhatte, reagierte sie auf der Stelle auf seine Berührung. Gott, er liebte das.
»Dann werde ich also morgen immer noch hier sein, was?«
»Ich denke schon. Die Hunde scheinen dich zu mögen.«
»Ja. Das fällt mir auch langsam auf.«
»Tja, was hast du erwartet, wenn du sie unbedingt unter dem Tisch füttern musst?«
Mace zog ein wenig den Kopf ein. »Du hast es gesehen, oder?«
»Ich bin nun mal ein Cop. Ich werde dafür bezahlt, solche Vorgänge zu bemerken.«
»Also … wie lange werden deine Hunde mich in der Nähe haben wollen?«
»Ich weiß nicht. Lass uns nicht darüber nachdenken. Wir werden sehen, was das neue Jahr bringt.«
Damit konnte er leben. »Klingt gut. Also, das neue Jahr, meine ich.«
Dez nahm eine seiner Hände und streichelte sie. Nach mehreren Minuten richteten sich ihre schmalen grauen Augen auf ihn.
»Okay. Von welchem neuen Jahr reden wir genau?«
Mace grinste und zuckte die Achseln. »Na ja, ich wusste nicht, dass ich mich da genauer ausdrücken muss. Aber jedes neue Jahr in dreißig oder vierzig Jahren wäre gut.«
»Du durchtriebene Katze.« Dez drehte sich um und schlang die Arme um seine Taille, das Gesicht an seinem Hals vergraben. Sie wurde still, ihr Atem an seiner Kehle. Sie dachte nach. Er konnte es spüren.
»Was ist los, Desiree?«
»Ich dachte nur daran, was wohl passiert, wenn ich wieder arbeiten gehe.«
»Ich habe mich schon gefragt, wann du anfangen wirst, dir Sorgen darüber zu machen.«
»Ich arbeite ziemlich viel.«
»Ich weiß.«
»Ich bin immer in Bereitschaft. Ich arbeite an den meisten großen Fällen.«
»Ich weiß.«
Sie setzte sich gerade weit genug auf, um ihm ins Gesicht sehen zu können. »Okay. Du weißt das also. Die Frage ist … wirst du damit umgehen können?«
»Weißt du noch, was du mir am ersten Abend gesagt hast, als wir zusammen waren?«
»›Beweise es‹?«
Mace kicherte. »Nein. Als ich dich gegen die Tür drückte.«
»Oh.« Sie nickte. »Ja. Ich sagte: ›Wenn du mich jetzt loslässt, puste ich dir das Hirn raus.‹«
Er strich ihr mit der Hand zuerst über, dann zwischen die Oberschenkel. »Na ja, es ist derselbe Deal, Baby. Ich habe nicht vor, dich loszulassen.« Sie streckte den Rücken, als er ihr seine Hand in den Schritt legte. Wie immer war sie heiß und feucht. Nur für ihn. »Du kannst also genauso gut aufhören, dir Sorgen zu machen. Übrigens werden wir bei dem Mist, in den Smitty und das Team geraten werden, einen Kontakt bei den Cops brauchen.«
Sie schloss die Augen, ließ ihn seine Finger an ihr reiben. »Also benutzt du mich nur … wie eine Hure?«
»Yup. So oft ich kann.«
»Okay. Ich wollte nur sicher sein.« Er bewegte seine Finger und musste einen sensiblen Punkt erwischt haben, denn sie kam fast auf seinem Schoß. Er drückte sie an sich, sodass ihr Kopf in seiner Halsbeuge lag, während seine andere Hand immer noch zwischen ihren Schenkeln spielte.
Was für ein verdammt großartiges Weihnachten.
»Gott, Mace«, flüsterte sie an seinem Hals. »Du … du solltest besser aufhören.«
»Auf keinen Fall. Ich will dir einen Vorgeschmack auf das geben, was heute Nacht mit dir passieren wird … die ganze Nacht.« Und die nächsten vierzig Jahre.
Als ihr Körper sich um seine Hand spannte, wurde Mace bewusst, dass ihre Trennung für so viele Jahre notwendig gewesen war. Sie hatten losziehen und ihr eigenes Ding machen müssen, um diejenigen zu werden, die sie jetzt waren. Sie hatten es tun müssen, damit sie, als sie an diesem Punkt ankamen, wussten, dass sie genau hierhin gehörten. Dass sie immer hierher gehören würden.
Dez klammerte sich an ihm fest und biss ihm in den Hals. »Oh Gott, Mace«, flüsterte sie heiß an seinem Hals. »Gott … Scheiße. Scheiße! Scheiße! Scheiße!« Mace musste sich auf die Zunge beißen, um nicht zu lachen. Mann, er liebte es wirklich, sie kommen zu hören. Selbst wenn sie es flüsterte.
Oh ja. Hier gehörte er her. Für den Rest seines Lebens. Er hatte eine Weile gebraucht, um hier anzukommen. Und er hatte nicht vor, jemals wieder irgendwo anders hinzugehen. Diese Frau gehörte ihm. Für immer.
Selbst wenn das bedeutete, dass er sich mit diesen verdammten Hunden arrangieren musste.