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Kapitel 6

Dez wachte auf, als die Hunde ihr Gesicht ableckten. Sie schob die zwei Rottweiler von sich und sah sich um. Ihr Körper war komplett in die Laken verwickelt und hing halb übers Fußende.

»Sitz.« Ihre Hunde setzten sich. »Platz.« Sie legten sich hin. Sie gab ihnen deutsche Befehle, denn es waren deutsche Hunde. Sie sah sie böse an. »Vielen Dank, dass ihr mich gestern Abend im Stich gelassen habt.« Zumindest hatten sie den Anstand, beschämt auszusehen.

Dez setzte sich auf. Das Zimmer war ein Chaos, und sie nahm an, dass sie selbst nicht besser aussah. Sie horchte, hörte Mace aber nirgendwo. Vielleicht war er gegangen. Wollte sich nicht der Unbehaglichkeit des Morgens danach aussetzen. Sie machte ihm keinen Vorwurf deswegen. Sie hatte sich auch nicht gerade darauf gefreut.

Dez stand langsam auf. Sie machte ein paar Schritte, um zu sehen, ob sie noch gehen konnte. Überraschenderweise konnte sie. Sie war sich sicher gewesen, dass der Mann sie zum Krüppel gemacht hatte, so höllisch schmerzte ihr ganzer Körper. Nicht dass es ihr wirklich etwas ausmachte.

Sie warf einen Blick auf ihren Wecker auf dem Nachttisch. Schon ein Uhr. Na ja, wenn sie an Weihnachten zu ihren Eltern wollte, musste sie noch den Rest der Geschenke besorgen. Und diesen verdammten Kuchen bestellen.

Der Gedanke, sich mit Last-Minute-Geschenkekäufern auseinandersetzen zu müssen, war nicht besonders verlockend, aber sie hatte keine große Wahl. Abgesehen davon – was war die Alternative? Herumsitzen und warten, dass Mace anrief? Sie schauderte bei dem Gedanken, das auch nur eine Sekunde des Tages zu tun. Zum Teufel, ein One-Night-Stand war keine Schande. Und ein One-Night-Stand war es doch gewesen, oder?

Natürlich fühlte sich nichts daran wie ein One-Night-Stand an. Ganz und gar nicht.

Dez taumelte ins Badezimmer, um zu duschen, und ihre beiden Hunde folgten ihr ruhig. Während sie sich die Haare abtrocknete, musterte sie sich selbst im Spiegel. Sie sah wirklich gut gevögelt aus, nicht?

Gut gevögelt von einem Kater.

Sie wartete darauf. Auf das Ausflippen wegen dieser Katzensache. Aber es kam nicht. Himmel, entweder war sie inzwischen wirklich abgestumpft, oder es machte ihr wirklich nichts aus. Sie dachte kurz darüber nach.

Nein. Es machte ihr wirklich nichts aus.

Dez ging zurück ins Schlafzimmer, hielt aber inne, als sie Geräusche aus der Küche hörte. Als ihre Jungs wieder unters Bett tauchten, wusste sie, was es war. Wer es war.

Ach du Scheiße. Er ist wieder da. Sie war sich nicht sicher, wie sie darauf reagieren sollte. Auch wenn ihr Körper schon beim bloßen Gedanken daran heftig reagierte. Also, dagegen musste sie irgendwann einmal etwas tun.

Immer noch nur mit einem Handtuch bekleidet ging sie die Treppe hinunter in Richtung Küche. Sie hörte weibliche Stimmen plappern und nahm an, dass Mace irgendeine Frauen-Talkshow angeschaltet hatte. Doch als sie die Schwingtür öffnete, erstarrte sie und bekam vor Entsetzen fast keine Luft mehr.

»Hallo, hallo. Schaut an, wer aufgewacht ist.«

»Und schon fertig angezogen, wie ich sehe.«

Dez sah ihre beiden Schwestern finster an, während ihre Mutter ein Sandwich, das groß genug war, dass ein Nilpferd daran hätte ersticken können, auf einen Teller legte und vor Mace hinstellte. Da saß er: geduscht, angezogen und überraschenderweise rasiert. Er hatte sogar etwas an, das wie neue Kleidung aussah. Schwarze Jeans, schwarzer Rollkragenpulli, schwarze Stiefel. Jeder andere hätte darin ausgesehen wie ein Hafenarbeiter. Mace dagegen … na ja, sie kannte keinen Hafenarbeiter, der so aussah wie er.

Dez sah sich in der Küche um und bemerkte, dass auf allen Arbeitsplatten Tüten mit Lebensmitteln lagen. Er hat es sich wirklich gemütlich gemacht, was? Er grinste sie an und zuckte die Achseln.

»Du hattest nichts zu essen. Ein Mann könnte hier verhungern.«

»Aber ihre Hunde niemals.«

Dez sah Lonnie wütend an, während Rachel in die Wasserflasche prustete, die sie gerade an den Mund gesetzt hatte.

»Was macht ihr alle hier?«

»Wir sind vorbeigekommen, um dich zu fragen, ob du mit uns Weihnachtseinkäufe machst. Wir wissen, wie schlecht du darin bist«, bot Rachel an.

»Aber wir haben Mace ganz allein hier vorgefunden, wie er die Lebensmittel hereintrug«, fügte Lonnie hinzu. »Und du warst nirgends zu sehen.«

Mace biss in das Sandwich, und als er genießerisch die Augen verdrehte, strahlte ihre Mutter. »Iss nur, iss, lieber Junge. Ein Mann von deiner Größe braucht Essen.«

»Weißt du, als du mich wegen Missy angerufen hast, hatte ich keine Ahnung, dass du den guten alten Mace aus der Highschool wiedergetroffen hast.«

Dez konnte es einfach nicht fassen. Diese Schlampen! Saßen in ihrer Küche, als könnten sie kein Wässerchen trüben. Während Missy und Maces andere Schwestern ihr mit deutlichen Worten klargemacht hatten, dass sie nicht gut genug für ihren Bruder sei, hatten ihre eigenen Schwestern Mace schlechtgemacht: Er sieht komisch aus. Er ist klein. Er ist seltsam.

Jetzt taten sie so, als sei ihr lange verloren geglaubter Bruder wieder vor ihrer Tür aufgetaucht.

Diese Schlampen.

Bevor Dez sich richtig aufregen konnte, kam ihre Mutter und umarmte sie zur Begrüßung. »Wie geht es meinem kleinen Mädchen?«

»Hallo, Mum.«

»Du siehst so hübsch aus heute Morgen.« Dann flüsterte sie nah an ihrem Ohr: »Wenn man ihnen nichts zu essen gibt, gehen sie.«

Dez ignorierte ihre Mutter und formte stattdessen ein »Verpisst euch!« mit den Lippen zu ihren Schwestern hinüber. Diese erwiderten die liebevolle Geste mit ausgestreckten Mittelfingern und dem mit den Lippen geformten Wort Schlampe. Das ging gute fünfzehn Sekunden so, bis ihre Mutter sich in ihren Armen ganz steif machte.

»Hört sofort auf damit, ihr drei!«

Die drei Frauen erstarrten. Schwer zu glauben, dass Lonnie eine der gefürchtetsten Staatsanwältinnen des Landes war und Rachel wahrscheinlich erst gestern jemandes Schädeldecke abgenommen hatte, um an sein Gehirn heranzukommen. Und Dez war natürlich ein gut bewaffneter Cop und ehemaliger Marine mit einem Gestaltwandler im Haus. Zum Henker, erst vor ein paar Stunden hatte sie ihn auch noch zwischen ihren Beinen gehabt.

Aber ein Wort von ihrer Mutter ließ sie trotzdem erzittern.

»Entschuldige, Ma«, murmelten sie alle drei, während die winzige Frau sich von ihrer viel größeren Tochter löste. Dez kam fast nur nach ihrem Vater. Im Gegensatz zu ihren Schwestern war an ihr nichts Zierliches oder Graziles. Natürlich schien das Mace nicht allzu sehr zu stören.

»Also, wir lassen euch beide mal wieder allein.« Ihre Mutter hob eine Augenbraue, und Dez hätte sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen. »Und wir sehen uns an Weihnachten, Mace.«

»Ja, Ma’am.«

Dez riss den Kopf hoch und sah Mace eindringlich in die Augen. »Ich dachte, du hättest andere Pläne.« Auf keinen Fall. Auf gar keinen Fall würde sie Mace so viel Zeit mit ihren Schwestern verbringen lassen. Wenn es um den schlimmsten Abschaum des Planeten ging, behielt Dez immer die totale Kontrolle. Aber ihre Familie war ein ganz anderes Thema. Fünf Minuten mit ihnen, und sie würden ihn komplett gegen sie aufbringen.

»Nein.«

»Was ist mit deinen Schwestern? Solltest du sie an den Feiertagen nicht besuchen?« Sie wusste, diese Familiensache würde bei ihrer Mutter ankommen. Natürlich enttäuschte sie sie nicht.

»Oh, Mace. Wir können dich nicht von deiner Familie fernhalten!«

»Das tun Sie nicht, Mrs. MacDermot. Meine Schwestern erwarten mich nicht. Abgesehen davon …« Die goldenen Augen richteten sich wieder auf Dez. »… haben Dez und ich schon geplant, den Tag zusammen zu verbringen. Nicht wahr, Baby?«

Sie hätte gerne gesagt: »Nein, haben wir nicht«, doch darauf warteten ihre Schwestern nur. Das wäre Wasser auf ihren Mühlen gewesen. Mace wusste das auch. Er hatte selbst Schwestern – er wusste genau, was er tat. Also schön. Er wollte Zeit mit ihrer Familie verbringen – nur zu.

»Wie konnte ich das vergessen?« Sie strich ihrer Mutter über den Rücken. »Wir werden da sein, Ma.«

»Gut, gut. Vergiss den Kuchen nicht.«

Die Frauen gingen zur Tür, und Mace widmete sich seinem Sandwich, als sei es seine erste Mahlzeit nach sechs Monaten.

Als sie an der Tür standen, beugte sich ihre Mutter konspirativ zu ihr vor. »Ich mag ihn immer noch. Er ist zu einem sehr netten jungen Mann herangewachsen.«

»Ma, du kennst ihn doch nicht einmal.«

»Ja, aber ich irre mich in diesen Dingen nie.«

»Natürlich schadet es auch nicht, dass er ein Llewellyn ist.«

Dez warf Lonnie einen wütenden Blick zu, ein »Verpiss dich« auf den Lippen. Ein Blick auf ihre Mutter sagte ihr allerdings, dass das keine gute Idee gewesen wäre. Die Frau glaubte wirklich an den Geist von Weihnachten, und wenn sie es ihren Kindern einprügeln musste.

Ihre Mutter umarmte sie. »Bis bald, Liebling.«

»Tschüss, Ma.«

Sie ging zur Tür hinaus, aber ihre Schwestern blieben.

»Die Llewellyns sind mächtig, kleine Schwester. Wir hoffen, dass du weißt, was du tust.«

»Warum lasst ihr mich nicht tun, was ich zu tun habe, und ihr zwei kümmert euch um euren eigenen Dreck?«

»Schön!«

Dann schnappte Lonnie Dez das Handtuch weg und rannte zur Tür hinaus, und Rachel schlug Dez diese vor der Nase zu, bevor sie sie erwischen konnte. Sie knallte gegen das harte Holz.

Sie waren zu alt für diesen Mist.

Dez lehnte den Kopf gegen die Tür, sie konnte sich nicht umdrehen. Sie wusste ja, dass Mace direkt hinter ihr stand.

»Hier, Baby. Hier ist ein Handtuch.«

Sie streckte die Hand nach hinten; sie konnte den Mann nicht ansehen. Sie schnappte nach dem Handtuch, das er ihr hinhielt. Natürlich war es ein Küchenhandtuch und nützte nicht viel.

»Ich hasse dich.«

»Das hoffst du wohl. Aber tragischerweise bist du verrückt nach mir.«

Sie wollte ihm widersprechen, ihm beweisen, dass sie ihn hasste. Dass sie immer noch die Kontrolle hatte. Aber als seine Hände über ihren Hintern glitten, vergaß sie vollkommen, weshalb sie sauer war.

So war also eine nette, normale Familie. Ja. Daran könnte er sich gewöhnen. Auch wenn noch so viele Animositäten zwischen den Schwestern herrschten, gab es hier keine Zähne und Krallen. Und bevor Dez heruntergekommen war, hatten die beiden Frauen ihn in die Mangel genommen, als hätte er sich bei der CIA beworben. Sie wollten nicht, dass jemand ihrer kleinen Schwester wehtat. Er hätte wetten können, dass Dez keine Ahnung davon hatte.

Nein. Er würde dafür sorgen, dass sie an Weihnachten ihre Eltern besuchten. Abgesehen davon wäre es nett, einmal ein echtes Weihnachtsessen zu haben, ohne Senatoren oder einen lebenden wilden Eber, den sie jagten und roh verschlangen.

Darüber konnte er sich aber später noch Gedanken machen. In dieser Sekunde starrte ihn ein höchst erfreulicher Hintern an.

Er fuhr mit den Händen über die Kurven und Ebenen ihres Körpers und zog sie rückwärts an seine Brust.

Mann, er hatte im Lauf der Jahre einigen guten Sex gehabt, aber nichts dergleichen. Nichts wie sie.

Er hielt sie an seinen Körper gedrückt, schlang die Arme um sie und beugte sich zu ihrem Ohr herab. »Wir haben dich doch nicht aufgeweckt, oder?«

»Nein. Ich habe euch erst gehört, als ich aus der Dusche kam.«

»Gut. Ich wollte, dass du so viel Schlaf bekommst, wie du brauchst.«

Sie lehnte sich an ihn. »Warum?«

Als Antwort schob er die Hand zwischen ihre Beine und streichelte sie sanft. »Tut’s weh?«

Sie wand sich unter ihm. »Ich werd’s überleben.«

Dann knurrte ihr Magen. Sie ließ den Kopf hängen. »Das war jetzt peinlicher als das mit dem Handtuch.«

Mace hatte Mitleid mit ihr. Er zog sie in die Küche und hielt auf dem Weg dorthin kurz an der Couch an, um sich die Jets-Decke zu schnappen.

»Du musst etwas essen. Das ist normal nach dem ganzen Sex.« Er setzte sie in der großen Küche an die Theke. Das Haus musste einmal einem Koch oder Küchenchef gehört haben. Die Küche war bestimmt größer als die restlichen Zimmer zusammen. Die Kochinsel in der Mitte des Raumes aus Stahl und Marmor. Ein Jammer, dass Dez sie nie benutzte. Aber ihr Haus gefiel ihm immer besser. Es roch nach ihr. Na ja, nach ihr und diesen dummen Hunden, aber damit konnte er lernen zu leben. Er konnte mit vielem lernen zu leben, um bei dieser Frau zu sein.

»Deine Mutter hat dir ein Sandwich gemacht.« Er holte es aus dem Kühlschrank und stellte es vor sie hin, zusammen mit einer kalten Dose Limo. Dann lehnte er sich neben sie an den Tresen.

Sie starrte auf das Sandwich hinab, nachdem sie die Decke wie ein Handtuch um sich gewickelt hatte, um alles von der Brust abwärts zu bedecken. »Was ist da für ein Fleisch drauf? Antilope?«

Er lächelte. Was für eine Klugscheißerin. »Nein, das war aus. Es ist Zebra.«

Sie nahm das Sandwich in die Hand, führte es zum Mund, hielt aber inne, als sie merkte, dass er sie anstarrte. »Was?«

»Ich warte, dass du mit dem Essen fertig bist.«

»Warum?« Er grinste, und sie wurde puterrot. »Oh.«

»Also beeil dich.«

»Ich kann nicht essen, wenn du mich dabei anstarrst. Rede oder so was.«

»Na ja, als ich in der Navy anfing, lernte ich diesen Typ kennen …«

Sie unterbrach ihn, indem sie einen Finger hob. »Nein, ich meine keine Navy-Geschichten. Niemals

»Was ist mit der Navy nicht in Ordnung?«

»Nichts. Es geht um Militärgeschichten im Allgemeinen. Nichts macht mich wahnsinniger als ein Haufen Männer, die herumsitzen und Geschichten aus ihrer verdammt glorreichen Zeit beim Militär erzählen, die immer damit enden, dass eine Barschlampe ihnen einen bläst.«

»Also gut. Dann bleibt natürlich nicht mehr viel. Ich war vierzehn Jahre dabei.«

Sie nahm endlich einen Bissen von ihrem Sandwich und sprach jetzt mit vollem Mund. »Denk dir was aus. Du bist ja intelligent …« Sie musterte ihn von oben bis unten. »Mehr oder weniger.«

»Okay.« Er wartete, bis sie noch einen Bissen genommen hatte. »Meine Schwester hat einmal versucht, mir die Kehle zu zerfetzen.«

Er klopfte ihr auf den Rücken, damit sie nicht erstickte. Schließlich schluckte sie und sah ihn finster an. »Tu das nicht!«

»Entschuldige.«

Sie nahm einen Schluck Limo und richtete ihre grauen Augen auf ihn. »Deine Schwestern sind echte Schlampen, weißt du.«

»Ja. Ich weiß.«

Sie machte sich wieder über ihr Essen her und redete gleichzeitig. »Das Schlimmste, was meine Schwestern gemacht haben, war, mich auf dem Boden festzuhalten und mich anzuspucken.«

Mace zog eine Grimasse. »Ich glaube, da lasse ich mir lieber die Kehle zerfetzen.«

»Alles hat seine Vor- und Nachteile.«

Mace sah Dez beim Essen zu. Er studierte ihren langen Hals und den starken Körper. Ihre Arme waren gut trainiert, wahrscheinlich vom Umgang mit diesen zwei dummen, aber riesigen Hunden. Er bemerkte verblasste, gezackte Narben an ihrer Schulter. Ohne nachzudenken, fuhr er mit dem Zeigefinger über die gekerbte Haut. »Woher hast du die?«

Dez zuckte die Achseln. »Baby.«

»Ein Baby oder dein Baby?«

Dez grinste mit vollem Mund. »Weder noch. Die Baby. Mein erster Diensthund. Ich war Hundeführerin bei den Marines. Ihr Name war irreführend.« Das glaubte Mace auch, als er mindestens ein Dutzend kleine Wunden an und um ihre Schulter entdeckte.

»Hundeführerin, was? Warst du gut?«

»Nein. Ich war eine der besten.«

»Und wer hätte ahnen können, dass du im Herzen in Wahrheit ein Katzentyp bist?«

»Bin ich nicht. Ich toleriere dich nur, weil du bemerkenswerte Oberschenkel hast.«

Mace lachte. »Und was ist mit Baby passiert?«

Dez schluckte einen Bissen. »Ich hatte erst ungefähr zwei Wochen mit ihr gearbeitet. Ich hatte ziemliche Angst vor ihr, aber ich wollte es meinem Sergeant nicht sagen, weil ich nicht wollte, dass er glaubt, ich sei schwach oder so.« Sie zuckte wieder die Achseln. »Eines Nachts habe ich Baby in ihren Zwinger gebracht und habe ihr diesen zerkauten alten Ball weggenommen … und das gefiel ihr nicht besonders. Das Nächste, an was ich mich erinnere, ist, dass sie mich am Arm packte und mit sich in den Zwinger zerrte. Dann wachte ich im Krankenhaus auf, mit Verbänden überall.«

»Du lieber Himmel, Dez.«

»Das Risiko geht man ein, wenn man Hundeführer wird. Man kann gebissen werden.«

»Du wurdest zerfleischt.«

»Dasselbe in Grün, G. I.«

»Haben sie sie eingeschläfert?«

»Nein. Sie haben mir die Schuld gegeben. Sie wollten ihr einen anderen Hundeführer geben, aber ich habe sie nicht gelassen. Ich war entschlossen, das Biest selbst zu trainieren. Die anderen Hundeführer schlugen vor, dass ich sie auf einen Querfeldeinmarsch mitnehme. Ich habe darüber nachgedacht, aber ich konnte es einfach nicht.«

»Ein Querfeldeinmarsch?«

»Frag nicht.« Sie nahm noch einen Bissen und sprach mit vollem Mund. »Jedenfalls waren wir das am besten eingespielte Team da draußen, als ich mit ihr fertig war. Ich konnte sie ohne Leine nur mit Handzeichen kontrollieren. Natürlich durfte mir niemand zu nahe kommen. Sie hat mich beschützt, das würdest du nicht glauben.«

Mace berührte wieder die verblassten Narben, und sie bekam Gänsehaut. »Was ist mit ihr passiert?«

»Typischer Militärschwachsinn. Sie haben ihr einen anderen Hundeführer gegeben. Der neue Commanding Officer hasste mich. War allerdings keine gute Entscheidung.«

»Warum?«

»Der nächste Hundeführer … sie hat ihm einfach die Hand abgebissen.«

»Charmant.«

»Baby war sehr charmant.«

Er sah das Drittel Sandwich an, das noch übrig war. »Bist du fertig?«

»Gott, bist du ungeduldig. Ich hatte ganz vergessen, wie ungeduldig du bist.«

»Nein. Das ist keine Ungeduld. Aber ich kann sehr wohl ungeduldig sein.« Er nahm den Rest ihres Sandwiches und stopfte ihn sich in den Mund. Er kaute. Schluckte. »Also, bist du fertig?«

Dez unterdrückte ein Lächeln. Mace Llewellyn. Immer eine unglaubliche Nervensäge. Und jetzt ihre unglaubliche Nervensäge. Also konnte sie es – und ihn – genauso gut genießen, solange es anhielt.

Dez glitt vom Barhocker und stellte sich vor ihn. Golden und schön war dieser Mann, und er konnte seine Molekularstruktur mit nur einem Gedanken komplett verändern. Wie cool ist das denn?

»Ich bin immer noch hungrig, Mace.«

Er seufzte dramatisch. »Also gut. Auf dem Tresen liegt eine Tüte Chips.«

Dez schüttelte den Kopf, während sie seinen Gürtel öffnete. »Das reicht nicht. Ich brauche ein bisschen mehr Proteine.«

Mace holte tief Luft und sah sie scharf an. »Oh.«

»Ist das alles, was du drauf hast, Llewellyn?«

»Im Moment – ja.«

»Verstehe.« Dez zog den Reißverschluss seiner Hose auf. Als sie auf die Knie ging, zog sie seine schwarze Jeans mit herunter und ließ diesen riesigen Schwanz frei. Mit der Zungenspitze leckte sie den Lusttropfen ab, der schon jetzt auf der Eichel glitzerte.

Sie hob den Blick. Mace hatte die Arme über den Tresen ausgestreckt, als wäre er ans Kreuz genagelt. Die Augen geschlossen, den Kopf zurückgelehnt. Sie lächelte. Eingebildeter Kerl.

»Ist die Jeans neu?«

Ruckartig kam sein Kopf hoch. »Was?«

Seine Stimme war von so viel Dringlichkeit getränkt, dass es all ihre Kraft brauchte, um nicht in Lachen auszubrechen. »Ich habe gefragt, ob die Jeans neu ist. Sie sieht neu aus.«

Er schluckte. »Ähm … ja … hab sie heute Morgen besorgt.«

»Hier in der Gegend?«

Seine Finger gruben sich in das Metall der Arbeitsplatte ihrer Kücheninsel. Sogar seine Krallen kamen heraus. »Ja.«

»Den Pulli auch?« Sie zupfte daran. »Er ist hübsch. Gefällt mir.«

Er starrte finster auf sie herab. »Du bringst mich um, Desiree.«

»Ich weiß, Baby.«

»Was willst du?«

»Ich will, dass du mich bittest – freundlich.«

»Ich bitte nicht.«

»Weil du ein Llewellyn bist?«

»Nein. Weil ich ein Kater bin.«

»Aber ich bin ein – wie war das noch? Ein Hundetyp. Und Hunde betteln um jede Aufmerksamkeit. Ich will, dass du bettelst.«

»Ich bettle auf keinen Fall.«

»Du wirst es tun müssen, wenn du irgendwann in diesem Jahrtausend meinen Mund um deinen Schwanz haben willst.«

Dez beugte sich vor und kreiste mit der Zunge um die Eichel. Ein Mal. Sie lehnte sich wieder zurück, sah ihm in die Augen und leckte sich die Lippen.

Mit einem tiefen und schmerzlichen Stöhnen fiel Maces Kopf wieder nach hinten. Dez unterdrückte ein Lachen.

»Bitte mich darum, Mace. Bitte mich freundlich.«

Es folgte eine lange Pause, dann hörte sie Maces barsche Stimme zur Decke sprechen: »Bitte, Dez, um alles, was heilig ist – steck meinen Schwanz in den Mund und lutsch mich, als ginge es um dein Leben.«

»Siehst du? Das war doch gar nicht so schwer, oder, Baby?«

Ohne auf eine Antwort zu warten, machte Dez den Mund auf und ließ Maces riesigen Schwanz hineingleiten, bis die Spitze ganz hinten in ihrer Kehle ankam. Sie schloss die Lippen um das geschwollene Fleisch und saugte. Fest.

Mace fauchte katzenartig, und Dez hatte das unbestimmte Gefühl, dass ihre Arbeitsplatte ernsthaften Schaden erlitt. Ach, was soll’s. Sie war schon im Haus gewesen, als sie eingezogen war.

Sie zog sich zurück, bis nur noch die Eichel in ihrem Mund ruhte. Sie ließ die Zunge darübergleiten, dann saugte sie daran. Mit einem Seufzen reinsten Genusses nahm sie ihn wieder ganz in den Mund. Sie hatte nicht gewusst, dass Blowjobs so angenehm sein konnten. Ihr Ex hatte ihr immer das Gefühl gegeben, sie seien obligatorisch. Die Jobanforderung an sie als seine Frau.

Mit Mace fühlte es sich ganz anders an. In diesem Moment wollte sie nichts weiter als seinen Spaß. Sie streichelte seinen Schwanz mit ihrem Mund, saugte fester, wenn sie sich zurückzog, leckte, wenn sie wieder daran entlangglitt. Sie fasste zwischen seine Schenkel und nahm seine Eier in die Hand. Sie waren fest, und sie wusste, dass er bald kommen würde. Normalerweise hätte sie sich zurückgezogen und es mit der Hand zu Ende gebracht. Aber das würde sie diesmal auf keinen Fall tun. Sie wollte, dass er in ihrem Mund kam. Sie wollte ihn in ihrem Rachen schmecken und wissen, dass sie ihn so weit gebracht hatte.

Seine Hände fuhren durch ihre Haare. Er zog an ihnen, sodass sie ihm ins Gesicht sehen musste. Ohne seinen Schwanz loszulassen, tat sie es. Er sah sie an, als sähe er sie zum ersten Mal. Dann schloss er die Augen, sein Körper spannte sich, und mit einer Art furchterregendem und doch sexy Brüllen kam er. Sie lutschte und schluckte, bis sie ihn ganz ausgesaugt hatte.

Irgendwann gab sie seinen Schwanz frei, und da riss er sie an den Haaren zum Stehen. Erschreckt bellte sie einen Fluch, aber er verklang in seinem Mund, als er sie so brutal küsste, dass ihr ganzer Körper nach ihm schrie. Sie wusste, dass er sich selbst in ihrem Mund schmeckte, aber das schien seine Lust nur noch zu befeuern.

Mace riss ihr die Decke vom Leib und drückte sie an die Wand.

»Ich schwöre es, Dez. Was du mit mir machst …«

Selbst in den wildesten, schmutzigsten Träumen, die er damals hatte, wenn er sich im Badezimmer einschloss, hatte er sich nie ausgemalt, dass Dez so heiß, so willig, so wild sein würde. Sie war mehr, als er je zu hoffen gewagt hatte. Und sie gehörte ihm.

Ihre Hände bewegten sich über seine Schultern und seine Brust nach unten. Jetzt, wo sie wusste, dass er sich nach ihrer Zuwendung sehnte, hörte sie nicht auf, ihn zu berühren. Und genau das wollte er. Sie zog ihm den Pulli über den Kopf und schleuderte ihn durchs Zimmer, während er seine Stiefel wegkickte und die Jeans gleich hinterher.

Als er nackt war, drückte er sie mit dem ganzen Körper gegen die Tür der Vorratskammer. Sie keuchte auf, und er bekam eine Gänsehaut.

»Warte. Warte.«

»Was?« Er hatte nicht vorgehabt, sie anzuknurren, aber sein Bedürfnis nach ihr überwältigte ihn fast. Und ihr nackter Körper an seinem … verdammt.

»Wir haben gestern Nacht die Kondome aufgebraucht.«

»Ich gehöre zu einer Spezialeinheit.«

»Und?«

Er griff über den Tresen und kramte in einer der Tüten. Dann zog er eine Packung Kondome heraus. »Wir sind immer auf alle Eventualitäten vorbereitet.«

Sie nahm die Schachtel. »Ich wusste nicht einmal, dass es Fünfzigerpackungen gibt.«

»Das dürfte ein, zwei Tage reichen.«

Dez quiekte auf und versuchte, an ihm vorbeizurennen. Er fing sie an der Taille und schob sie zurück. »Wo willst du hin?«

»Ich laufe um mein Leben. Noch mehr davon, und ich gehe, als hätte ich ein Rodeo mitgemacht.«

»Willst du dich beschweren?«

Dez runzelte nachdenklich die Stirn.

»Na gut.« Er wandte sich zum Gehen, aber Dez’ Hand auf seinem schnell wachsenden Schwanz ließ ihn abrupt innehalten. »Ich habe nicht gesagt, dass du gehen sollst.«

»Du hast auch nicht gesagt, dass ich bleiben soll.«

Sie benutzte seinen Schwanz als Griff und zog ihn an sich. Sie küsste seine Brust, knabberte an der Haut.

»Bleib, Mace. Bleib bei mir.«

Wow. Das konnte auf keinen Fall Dez MacDermot sein. Die verbitterte Exfrau eines Anwalts, der allen in seinem Büro erzählte, sie sei ein kalter Fisch mit einer trockenen Muschi. Jetzt wurde ihr bewusst, was für ein Idiot er war, denn sie war alles andere als kalt.

Sie schaute auf und war verblüfft von Maces Gesichtsausdruck. Eindringlich und sehnsüchtig waren die Worte, die ihr dazu einfielen. Lustig, so hatte sie Mace noch nie gesehen.

Er schaute auf sie herab, ohne etwas zu sagen. Er starrte nur. Dann hob er die Hand und legte sie an ihre Wange.

Sie räusperte sich. »Du machst mich nervös.«

»Warum?«

»Mich hat vorher noch nie jemand so angesehen. Ich habe keine Ahnung, ob du dich in mich verliebst oder ob du mich gleich mit meinem eigenen Küchenmesser tötest.«

Er lachte, und sie war augenblicklich entspannter. »Ich habe Krallen. Ich brauche kein Küchenmesser.«

»Na, das ist gut zu wissen. Jetzt kann ich ruhig schlafen.«

Er zog ihren nackten Körper eng an sich. Allein das Gefühl ihrer Haut an seiner ließ seinen Schwanz wieder zum Leben erwachen. »Welche Option macht dir mehr Angst?«

»Dass du dich in mich verliebst.«

Mace schüttelte den Kopf. »Ich verliebe mich nicht in dich, Dez.«

»Oh.« Verdammt. »Gut.«

»Ich bin schon verliebt. Hals über Kopf.«

Oh, Mist! »Ähm …«

Er lächelte. »Ähm?«

Träge zeichnete seine Hand Muster auf ihrem Oberkörper, um ihre Nippel und unter ihren Brüsten. Sie begann, sich vor Lust zu winden.

»Mace, vielleicht geht das mit uns ein bisschen zu …«

Er unterbrach sie: »Um genau zu sein, habe ich mich schon vor langer Zeit in dich verliebt, Dez. An dem Tag, als du deine Bücher auf meinen Labortisch fallen lassen und freundlich gefragt hast: ›Is da noch frei?‹« Dez grinste über Maces exakte Imitation des Bronx-Akzents, den sie so verzweifelt zu unterdrücken versuchte. »Und es ist nicht mein Problem, wenn dir das Angst macht.«

»Würde es dich überhaupt kümmern, wenn es mir Angst machte?«

»Nein.«

Du meine Güte, konnte der Mann noch katzenartiger sein?

Mace strich ihr die Haare vom Hals zurück und leckte ihre Wunde. »Tut’s noch weh?«

»Hmmmm … was?«

»Du passt nicht auf, Dez.«

»Hmmmm … was?«

Er griff nach ihrem Hintern und entlockte ihr ein Quieken. »Pass auf, Baby!«

»Was soll das eigentlich, dass du mich herumkommandierst?«

Mace beugte sich vor, seine Nase direkt an ihrem Hals. Er atmete tief ein und seufzte. »Ich liebe es, wie du riechst, wenn ich das tue.«

Oh, das ist eine verdammt gute Antwort. Sie konnte sich an diese Gestaltwandler gewöhnen. Sie verstand ihre Logik besser als die jedes Menschen, den sie je kennengelernt hatte.

Dez stemmte sich gegen Maces Schultern. »Ich glaube nicht, dass das gut genug ist, Kater.« Er sah sie an, und Sorge zeichnete sich in seinem schönen Gesicht ab. Er wollte sie nicht verletzen. Mann, verliebte sie sich in diesen Kerl oder nicht?

Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um näher an seinem Gesicht zu sein. »Ich nehme von keinem Mann Befehle entgegen.« Sie musterte ihn von oben bis unten. »Vor allem nicht von dir.« Dann zuckte sie mit einer Augenbraue, und Maces Sorge verwandelte sich in Belustigung. Na ja, in Belustigung und Lust.

Er drückte sie wieder an die Wand. »Du wirst tun, was ich dir sage.« Er schnappte ihre Arme und hielt sie über ihrem Kopf fest. »Und du wirst es genießen.«

Konnte eine Frau spontan kommen? Dez fühlte sich gefährlich kurz davor.

Deshalb war das Hämmern an ihrer Eingangstür keine willkommene Unterbrechung. Vor allem, da ihre Hunde anfingen, warnend zu bellen, und aus Maces Zahnfleisch ziemlich furchterregende Reißzähne barsten, zusammen mit einem Knurren, das rasch zu einem Brüllen wurde.

Sie hörte Bukowskis Stimme, als Mace sie losließ und dann schützend die Arme um ihren Körper legte. »Dez, wenn du mich hören kannst, mach die verdammte Tür auf!«

»Wer zum Teufel ist das?«, blaffte Mace. Er musste wirklich einen Weg finden, seine Reißzähne in Zaum zu halten.

»Mein Partner.« Sie schob sich an Mace vorbei und hob die grünweiße Decke vom Boden auf. »Bleib hier. Ich wimmel ihn ab.« Sie warf ihm einen Blick über die Schulter zu, während sie sich in die Decke einwickelte. »Und bleib ruhig hart.«

Sie ging zur Tür, wollte aber so schnell wie möglich zu Mace mit seinem riesigen Schwanz und der Mörderstimme zurück. Dez hatte keine Ahnung, was Bukowski wollte, aber es sollte besser etwas Gutes sein.

Als sie sich der Tür näherte, hörte sie Bukowski wieder. »Antworte mir, oder ich breche die Tür auf!«

Dez’ Körper erstarrte, aber nicht ihr Mund: »Wage es ja nicht!«

Ihre Hunde hörten auf zu bellen und kamen angerannt, um sich schützend links und rechts neben sie zu stellen. Dez hielt nur mit Mühe ihren Zorn im Zaum, riss die Tür auf und stand Bukowski Auge in Auge gegenüber.

Mace zog sich die Jeans über den schmerzend harten Schwanz und dachte an die verschiedenen Arten, wie er Dez’ »Partner« ausweiden könnte. Er hatte nicht gewusst, dass er einen Mann hassen konnte, den er fast nicht kannte, aber dieser großmäulige Idiot hatte ihre »Spielzeit« unterbrochen. Unerträglich.

Als er Dez’ »Wage es ja nicht« hörte, wollte er schon da rausgehen und in einen NYPD-Hintern treten. Aber der Geruch von Irish-Spring-Seife ließ ihn erstarren. Er schnüffelte. Sie kamen durch den Garten. Um genau zu sein, waren sie direkt an der Hintertür. Er roch zwei … nein, drei. Auch wenn nur einer von ihnen diese spezielle Seife benutzte.

Dez hatte überall im Haus Waffen versteckt. Er konnte das Waffenöl riechen. Die im Schrank unter der Spüle war am leichtesten zu erreichen. Mit den Händen am Griff kauerte er sich nieder, als sie durch die Hintertür kamen. Fast lautlos. Wäre er ein Mensch, hätte er sie nicht bemerkt, bis sie über ihn hergefallen wären.

Immer noch kauernd, löste Mace die Sicherung, wirbelte herum und landete flach auf dem Bauch. Der Lauf seiner Waffe drückte gegen eine Kehle.

Allerdings hatte er keine Zeit, den Moment zu genießen, da ihm eine 45er an den Kopf geschlagen wurde.

»Was zur Hölle tust du?«

»Ich habe die ganze Zeit versucht, dich anzurufen, und habe nie eine Antwort bekommen. Schließlich habe ich vor ungefähr einer Stunde deine Nachbarn angerufen. Das alte Pärchen nebenan. Sie sagten, sie hätten letzte Nacht jemanden schreien gehört.«

Vielleicht hatte Schwester Mary Joseph recht gehabt. Schmutzige kleine Mädchen wie du, Desiree, werden erwischt, vor die Stadt gezerrt und dort gesteinigt.

»Rein hier.« Sie schnappte ihren Partner am Arm, zerrte ihn ins Haus und knallte die Tür hinter ihnen zu.

»Hat dir dieser Drecksack das angetan?« Er deutete auf die Wunde an ihrer Kehle. Es sah wahrscheinlich viel schlimmer aus, als es sich anfühlte.

»Nein. Natürlich nicht.«

»Erzähl mir keinen Mist, MacDermot.«

Gereizt blaffte sie ihn an, ohne nachzudenken: »Glaubst du, ich würde mir das von einem Kerl antun lassen und ihn dann vögeln?«

»Oh mein Gott! Du hast Llewellyn gevögelt?«

»Ich werde nicht darüber mit dir reden!«

Dez war damit beschäftigt, sich zu fragen, wie viele Jahre sie wohl absitzen musste, wenn sie ihren Partner umbrachte, und hätte fast nicht bemerkt, dass ihre Hunde plötzlich zurück in die Küche rannten. Sie bezweifelte, dass sie plötzlich mutig geworden waren und jetzt Mace angriffen. Irgendjemand anderes war in dieser Küche. Und ein Blick ins Gesicht ihres Partners bestätigte es.

Bukowski versuchte, ihren Arm zu nehmen, aber Dez riss sich los und schnappte sich seine Pistole. Sie steuerte auf die Küche zu, blieb aber im Türrahmen abrupt stehen.

Sie senkte die Waffe und holte tief Luft, um ihre explodierenden Nerven zu beruhigen. Eine falsche Bewegung, und sie konnte alles zerstören, was ihr lieb und teuer war.

Zuerst schickte sie die Hunde mit einem »Raus!« nach draußen. Dann legte sie Bukowskis Waffe auf den Beistelltisch und betrat ruhig den Raum. Sie ging zu den vier Männern in ihrer Küche hinüber.

Mace hatte ihre Pistole, ihre süße kleine 38er, an Vinnys Hals gedrückt. Vinny hielt seine 45er Glock an Maces Schläfe. Jimmy und Sal hatten ihre halbautomatischen Waffen – die in diesem Bundesstaat ganz und gar nicht legal waren – auf Maces Rücken gerichtet. Eine Pattsituation, und sie konnte nur hoffen, dass sie diese vier Idioten davon abhalten konnte, sich gegenseitig umzubringen.

Als Erstes konzentrierte sie sich auf Jimmy und Sal. »Zurücktreten ihr beiden.« Als sie sie ignorierten: »Zurücktreten ihr beiden … und zwar sofort

Ihre Blicke wanderten zu ihr herüber, und sie senkten so langsam ihre Waffen, dass sie schon dachte, sie würden sie komplett ignorieren. Die Sache war aber noch nicht ausgestanden. Vinny war einer der besten Marines, die sie kannte. Mace eine von der Regierung ausgebildete Tötungsmaschine.

Sie rückte vor, bis sie direkt neben ihnen stand und mit den Füßen beinahe beide Männer berührte. Langsam kauerte sie sich neben sie und legte ihre Hände vorsichtig über die der Männer, sodass sie ihnen die Waffen abnehmen konnte. Mace und Vinny wandten den Blick nicht voneinander ab. Endlich lockerten sie ihren Griff um die jeweiligen Waffen, und Dez entfernte sich rasch von ihnen. Nach einem bösen Blick übergaben ihr auch Sal und Jimmy ihre Waffen. Sie wussten, dass sie sich besser nicht mit ihr anlegen sollten, wenn sie so war.

Sie wussten außerdem, dass sie keine Skrupel hatte, ihre Hintern allesamt wegen illegalen Waffenbesitzes und Hausfriedensbruch ins Gefängnis zu verfrachten.

Sie ging zurück zu dem Tisch, wo sie Bukowskis Waffe abgelegt hatte, und legte die Waffen daneben. Dann bemühte sie sich, ihren zitternden Körper wieder unter Kontrolle zu bekommen. Der Gedanke, dass ihren besten Freunden oder Mace etwas hätte passieren können, war zu viel.

Sie wandte sich dem Mann zu, den sie für den Schuldigen an diesem ganzen Mist hielt. »Geh zurück ins Wohnzimmer«, spie sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, als sie ihm seine Waffe zurückgab. »Sofort!«

Mace stand langsam auf, der dunkelhaarige Mann ebenfalls. Sie hörten, wie Dez mit ihrem Partner das Zimmer verließ, aber sie hatten sich immer noch nicht aus den Augen gelassen.

Mace musterte die Männer. Der blonde hatte eine Tätowierung am inneren Handgelenk. Adler, Erdball und Anker. Marines.

»Also … wärt ihr Jungs an einem Job interessiert?«

Dez zerrte Bukowski ins Wohnzimmer. »Hast du völlig den Verstand verloren?«

»Du gehst mit einem Drecksack ins Bett, gegen dessen Schwester du wegen Mordes ermittelst, und du hast die Nerven, mich das zu fragen?«

»Ich ermittle nicht mehr gegen sie. Ich bin aus dem Fall raus. Ab sofort.« Warum sollte sie den Fall weiterverfolgen? Sie kannte die Antworten schon. »Und ich kann nicht fassen, dass du die Jungs da mit reingezogen hast!«

»Sie waren genauso in Sorge wie ich.«

»Sie hätten getötet werden können! In meinem Haus! Der Mann gehört zu einer gottverdammten Spezialeinheit! Er verputzt ganze Kampfeinheiten zum Frühstück!«

Bukowski schüttelte seinen großen, struppigen Kopf. Er erinnerte sie oft an einen ihrer Hunde. »Ich dachte, du wärst klüger, Dez.«

»Klüger als was? Was hast du für ein Problem mit ihm?«

»Ich will nicht, dass du verletzt wirst.« Sie seufzte. Hier war wieder pünktlich das Große-Bruder-Syndrom. »Nein. Ehrlich. Ein Typ wie Llewellyn, der benutzt dich doch nur.«

»Du kennst ihn nicht einmal.«

»Und du hast ihn seit verdammt noch mal zwanzig Jahren nicht gesehen, aber du triffst ihn und springst sofort mit ihm ins Bett!«

»Ich springe nicht.«

»Dez, ich will nicht gemein sein. Aber komm schon. Ein Typ wie er mit jemandem wie dir

Sie war nicht so verletzt, wie sie es wahrscheinlich hätte sein sollen. Sie wusste genau, woran sie mit Bukowski war, und auf seine typische gefühllose Art wollte er sie nur beschützen. Dennoch erschien es ihr ein bisschen härter als normal. Sie wollte ihm gerade sagen, wohin er sich diese Bemerkung stecken könne, als die Schwingtür zur Küche aufgestoßen wurde, dass das Holz gegen die Wand krachte und aus den Angeln gehoben wurde.

Mace kam ins Wohnzimmer gestürmt, erstaunlich wütend und nur in Jeans. Daran änderte auch nichts, dass der Reißverschluss seiner Hose nur halb zu war, wodurch sie sich daran erinnerte, was ihr dank Bukowski gerade entging. Sie konnte Mace immer noch in ihrem Mund schmecken.

Dez trat zur Seite, als Mace wütend durch den Raum stürmte. Normalerweise ließ der Mann nichts an sich heran. Nicht mit seiner militärisch geschulten Katzenpersönlichkeit. Doch jetzt schob er Dez schützend hinter sich und stellte sich Bukowski entgegen.

Na großartig. Noch ein männliches Wesen, das sie beschützte. Wie geriet sie nur immer in diese Situationen?

»Wenn du etwas zu sagen hast, warum sagst du es nicht mir?«

Dez sah hinter sich. Keine Spur von den anderen drei. Sie mussten gegangen sein, als klar war, dass es ihr gut ging. Sie hüteten sich, sich ihrem Zorn auszusetzen. Sie hatten erlebt, welchen Schaden sie anrichten konnte, wenn ihr typisches MacDermot-Temperament einen seiner seltenen Auftritte hatte.

»Ich habe nicht mit dir geredet!«, blaffte Bukowski wütend.

»Tja, jetzt tust du es aber!«

Mace ragte gute fünfzehn Zentimeter über Bukowski auf, doch beide weigerten sich nachzugeben. Idioten. Gott schütze sie vor fürsorglichen Männern.

Sie seufzte. »Würdet ihr beide einfach …«

»Halt den Mund, Dez!« Sie sagten es im Chor, ohne die Blicke voneinander abzuwenden. Sie brauchte all ihre Selbstbeherrschung, um sich nicht die Pistole zu schnappen, die sie unter den Sofakissen versteckt hatte, und sie beide in den Kopf zu schießen.

Stattdessen drehte sich Dez auf dem Absatz herum und ging wieder nach oben; ihre Hunde folgten ihr treu. Zumindest gab es noch männliche Wesen in ihrem Leben, die ihr gehorchten. »Wenn ihr zwei damit fertig seid, um mich herumzupissen, tut euch keinen Zwang an und bringt euch gern selbst zur Tür!«

Mace sah, wie sich ihr süßer Hintern von ihm entfernte, und das gefiel ihm gar nicht. Na ja, der Anblick gefiel ihm schon. Sehr sogar. Aber er hatte sie nicht verjagen wollen. Seine gesamten Zukunftspläne hatten ja mit ihr zu tun.

»Ich schwöre bei Gott, wenn du ihr wehtust …«

»Halt’s Maul. Und verpiss dich.«

»Sie hat uns beiden gesagt, dass wir gehen sollen.«

Mace ignorierte ihn und ging auf die Treppe zu. Bukowski legte ihm eine Hand auf seinen Arm, um ihn aufzuhalten. Mace sah die Hand an, dann den Mann, dem sie gehörte. Dem sie zumindest im Moment noch gehörte.

»Nimm die Hand weg, oder du verlierst deinen Arm.«

Der verblüffte Gesichtsausdruck des kleinen Mannes wäre lustiger gewesen, wenn Mace nicht so sauer gewesen wäre.

»Du lieber Himmel.« Wie war der Name dieses Idioten noch mal? Bukowski? »Sie ist dir wichtig. Ich sehe es in deinem Gesicht.«

Manchmal waren Vollmenschen genauso dämlich wie Hunde.

»Das ist eine geniale Schlussfolgerung, Sherlock. Ich bin überrascht, dass du nicht das ganze verdammte Polizeirevier leitest. Und jetzt geh.« Damit folgte Mace Dez die Treppe hinauf.