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Feyra kam rechtzeitig aus der Stadt zurück, um sich von der Familie Trianni zu verabschieden.

Mamma, die Feyras grünes Kleid genäht hatte, und Papa, der im Tezon den Klauen der Pest entrissen worden war, stiegen zuerst ins Boot und küssten voller Dankbarkeit die Hände derer, die sie gerettet hatten. Als Nächste kam Valentina, die jetzt zwei Kinder hatte, den kleinen Annibale und ein Mädchen, das sie auf Feyras Vorschlag hin Cecilia genannt hatte. Sie küsste Feyra direkt oberhalb des Schleiers auf die Wange. »Ich werde dich nie vergessen«, sagte sie, während ihr Mann Annibale dankbar die Hand schüttelte.

Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, dachte Feyra, als sie zusah, wie das Boot der Triannis davonsegelte. Morgen, am Sonntag, wollte Palladio sie zur Einweihung seiner Kirche mitnehmen. Der Doge würde persönlich daran teilnehmen. Niemand konnte wissen, ob der Doge sie anhören und ihr Glauben schenken oder ob er sie in Ketten legen lassen würde. Ihr und Annibale war nur diese eine Nacht sicher.

Sie löste ihren Schleier und drehte sich zu ihm um.

Sie standen sich gegenüber. Hier Feyra, dort Annibale.

Er sah sie halb fragend, halb lächelnd an, als wüsste er genau, was sie wollte, als habe er damit gerechnet. Sie stand so nah bei ihm, dass sie seine Haut fast auf der ihren spüren konnte. Über ihre eigene Kühnheit verwundert, schloss sie ihn in die Arme, und er erhob keine Einwände. Sie hob die Lippen zu seinem Mund und wollte ihn gerade küssen, als sie die Hitze spürte, die sein Gesicht ausstrahlte, eine kranke Hitze, die sie ein Dutzend, hundert Mal auf ihrer Wange gespürt hatte, wenn sie sich über ihre sterbenden Patienten beugte, um festzustellen, ob sie noch atmeten.

Die Hitze, die Annibale verströmte, rührte nicht von Leidenschaft her, sondern von der Pest.