24
Als Monty aufwacht, steht sein Vater vor ihm und ballt die Fäuste.
»Wer hat dir das angetan?«
Monty greift nach dem Wasserglas und zuckt zurück, als er mit der Kante einen abgebrochenen Schneidezahn berührt. Der Schmerz kommt wie eine Schockwelle, heiß und sengend. Monty lässt den Kopf hängen und wartet, bis die Nerven sich beruhigt haben, dann hebt er das Glas wieder an die Lippen, vorsichtiger diesmal, und trinkt. Als er fertig ist, nimmt Naturelle ihm das Glas ab und geht in die Küche, neues Wasser holen.
»Wer hat dir das angetan, Monty?«, fragt sein Vater noch einmal.
»Wie spät ist es?« Monty kann die Uhr an der gegenüberliegenden Wand sehen, erkennt die Zeiger aber nicht. Das Zimmer ist ein Durcheinander aus verschwommenen Licht- und Schattenflecken. Das Gesicht seines Vater ist ein helles Oval, in dem sich ein Spalt öffnet, wenn er etwas sagt.
»Ich fahr dich ins Krankenhaus«, sagt Mr. Brogan. »Wir können ihnen sagen...«
»Nein«, entgegnet Monty. Er legt die Hände auf die Sofakissen und stößt sich ab. »Ich muss los.«
Naturelle kommt mit einem Glas Wasser zurück. Sie wartet ohne einen Laut, den Blick auf Montys Hände gerichtet.
»Wie spät ist es?«, fragt er noch einmal. Er zieht sein Hemd an und knöpft es falsch zu; Naturelle stellt das Glas auf den Couchtisch und hilft ihm. Sie gibt ihm seinen Pullover, und er zieht ihn an, dann will er ins Schlafzimmer und knallt mit dem Schienbein an den Tisch.
»Monty«, sagt Mr. Brogan. Monty bleibt stehen und schaut seinen Vater an, aber Mr. Brogan sagt nichts weiter, also geht Monty in sein Zimmer, sieht sich das ungemachteBett an, die Jogginghosen auf dem Boden, die Schale Pflaumen auf dem Nachttisch, die leere Schachtel Zigaretten daneben. Er zieht sich die durchweichten Schuhe aus und holt ein paar alte Arbeitsstiefel aus dem Schrank, schlüpft hinein, schnürt sie zu.
Er holt den leeren Koffer unter dem Bett hervor und packt ein, was er am Tag seiner Freilassung tragen wird: seinen mittemachtsblauen Anzug, fein säuberlich zusammengelegt, seine italienischen Wildlederschuhe mit den handgeschnitzten Schuhspannern aus Zedemholz, ein schwarzes Seidenhemd mit silbernen Viertelmonden als Knöpfen, Boxershorts, schwarze Socken. Er packt den alten spanischen Rosenkranz ein, den Naturelle ihm vor zwei Jahren zum Geburtstag geschenkt hat. Er packt die Fotografie ein, auf der er als Sechsjähriger mit seiner Mutter und seinem Vater vor dem funkelnden Weihnachtsbaum steht.
Schließlich geht er ins Wohnzimmer zurück und stellt den Koffer neben die Wohnungstür. »Ich werd mich hier verabschieden«, sagt er. Er tritt zu Naturelle und umarmt sie. Er hält sie lange fest. Als er sie wieder loslässt, lächelt sie zu ihm hinauf, mit zusammengekniffenen Lippen. Die Haut um ihre Augen herum ist dunkel und geschwollen vor Müdigkeit. Sie blinzelt und sieht weg, aber Monty sieht sie noch einen Moment länger an. Sie kommt ihm gerade extrem jung vor, ohne ihr Make-up, die langen Haare zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden wie ein Schulmädchen.
Er geht zu seinem Vater, aber Mr. Brogan schüttelt den Kopf.
»Wie willst du zum Busbahnhof kommen?«
»Mit der U-Bahn.«
»Das schaffst du nicht. Die meisten Züge sind ausgefallen. Ich fahr dich nach Otisville. Herrgott noch mal, was haben sie dir bloß angetan.«
»Komm, Dad, lass gut sein. Ich nehm ein Taxi.«
»Du wirst keins kriegen«, sagt Naturelle. »Lass dich lieber von ihm ins Krankenhaus bringen.«
»Traust du mir das etwa nicht zu bei dem Wetter?«, sagt Mr. Brogan und versucht zu lächeln. »Ich hab Schneeketten und alles.«
»Ich will das so nicht. Du machst es nur schwerer. Lass mich gehen, Dad. Ist leichter so.«
»Was soll daran leicht sein, Monty? Leicht? Du meine Güte, du begreifst es nicht, oder? Du hast keine Ahnung.« Er berührt Montys Wangen sachte mit den Fingerspitzen. »Lass mich dich fahren. Ich muss sowieso sehen, wo es ist, wegen der Besuche. Ja, Kumpel? Hilf mir.«
Monty blinzelt und nickt dann. »Aber nicht ins Krankenhaus«, sagt er.
Mr. Brogan küsst Naturelle auf die Wange, und sie umarmt den älteren Herrn, schlingt die Arme um seinen Winterparka und drückt ihn ganz fest. Als sie ihn freigibt, geht er zur Wohnungstür und öffnet sie, nimmt den Koffer und verlässt das Apartment, ohne die Tür zu schließen. Monty steht still da, sieht Naturelle an. Sie lauschen den leiser werdenden Schritten seines Vaters im Treppenhaus.
»Wart noch eine Sekunde«, sagt sie. Sie geht in die Küche, und er wartet, schaukelt hin und her auf seinen Stiefelabsätzen, die Augen geschlossen. Der Hahn in der Küche tropft leicht, jeder Tropfen ein fernes Händeklatschen. Als Naturelle zurückkommt, gibt sie ihm einen mit Eiswürfeln gefüllten Plastikbeutel, damit er ihn sich ans Gesicht halten kann. Für einen Moment stehen sie still, ihre Hand auf der seinen, den Eisbeutel an seinen Kiefer gedrückt.
Sie soll ihn halten jetzt, soll flüstern, dass sie ein Geheimversteck kennt, in dem sie niemand finden wird. Soll ihm versprechen, dass sie ihm hinterherzieht, dass sie sich eine Stelle suchen wird in Otisville und ihn jede Woche besuchen kommt. Soll sagen, dass die sieben Jahre vergehen werden wie irgendein Albtraum, dass er aufwachen und sich in ihren Armen wieder finden wird, dass hinter der nächsten Ecke noch ein ganzes Leben auf sie wartet.
Naturelle sagt nichts, und Monty sagt nichts. Schließlich nickt er und wendet sich ab, schließt leise die Tür hinter sich. Er knotet den Plastikbeutel auf und lässt das Eis das Treppenhaus hinunterfallen, sieht zu, wie die Würfel glitzern und verschwinden, bevor sie drei Stockwerke tiefer auf dem Linoleum zerbersten. Er knüllt den Beutel zusammen und stopft ihn sich in die Tasche.
Unten steht Mr. Brogans Auto mit eingeschalteter Warnblinkanlage in der zweiteh Reihe. Das Dach des alten Honda ist von Schnee gekrönt, aber Windschutzscheibe und Heckscheibe sind frei. Mr. Brogan öffnet die Beifahrertür, und Monty lässt sich langsam in den Sitz sinken, dann beugt er sich hinüber und zieht den Knopf der Fahrertür hoch.
Sie warten eine Minute, bis der Motor rund läuft und warme Luft durch die Lüftungsdüsen strömt. »FDR ist zu«, sagt Mr. Brogan. »Wir fahren am besten die First Avenue hoch, dann über die Triborough und die 87 hoch auf die Route 17 bis zur 211, und die bringt uns direkt nach Otisville. Kein Problem, vom Schnee mal abgesehen.« Monty antwortet nicht, also redet Mr. Brogan weiter. »Ich hab auf der BQE einen schlimmen Unfall gesehen. Ein Abschleppwagen hatte sich überschlagen. Jetzt werden sie den Abschleppwagen wohl abschleppen müssen, sobald sie ihn wieder auf die Füße gestellt haben. Auf die Räder, mein ich.«
Monty reibt sich die Augenwinkel und spürt Krusten unter den Fingerspitzen. Er pult das getrocknete Blut ab. Sein Vater sieht, was er tut, und gibt ihm ein rotes Taschentuch aus seiner Manteltasche.
»Ist sauber«, sagt Mr. Brogan und wirft einen Blick auf das Gesicht seines Sohnes. »Himmel, was haben sie dir angetan. Ich sag dir was, Monty, das wird schon wieder. Die falschen Zähne, die sie einem heute einsetzen, kannst du kaum von den richtigen unterscheiden. Wie geht's deiner Nase?«
»Gebrochen.«
»Eine gebrochene Nase, die gibt einem Charakter. Ich weiß, jetzt sieht sie schlimm aus, aber wenn die ganzen Schwellungen erst mal weg sind, wird es ganz gut ausschauen. Keine Sorge, wenn du wieder nach Hause kommst, wirst du immer noch der bestaussehende Bursche in ganz Bensonhurst sein. Aber die haben dich ganz schön in die Mangel genommen. Zu wie vielt waren sie?«
»Keine Ahnung, Dad. Ein ganzer Haufen.«
Sie fahren die First Avenue hinauf. Die Schneeketten singen gleichmäßig: dih-lih-dih-dih, dih-dih-lih-dih-dih. Jedes Mal, wenn Monty sich das Taschentuch gegen die Augen drückt, zieht ein sengender Schmerz seinen Nasenrücken entlang. Aber er kann jetzt ein bisschen besser sehen. Er schaut zu, wie die Stadt am Fenster vorbeizieht.
Die weiße Wolkendecke reißt schon auf und gibt den Blick auf den blauen Himmel frei. Die Straßenlaternen leuchten noch, glühen schwach in der Morgenluft. An einer Ecke lehnt ein schnauzbärtiger Mann, hält eine Zigarette zwischen den behandschuhten Fingern, den Stiel seiner Schneeschaufel in der Armbeuge. Vor einer geschlossenen Fleischerei steht eine Frau in einem Herrenmantel, der ihr bis an die Zehen der Überschuhe reicht, und streut Salz. Zwei kleine Jungen ziehen ihre Schlitten hinter sich her, sie schnaufen und keuchen übertrieben, Atemwolken über den knallroten Gesichtem. Ein Mann und eine Frau mit Anoraks im Partnerlook befestigen ihre Skier auf dem Gepäckträger ihres Autos. Ein Zeitungsverkäufer sitzt auf einem blauen Getränkekasten und schlürft Kaffee aus einem Pappbecher, während sein lockenköpfiger Junior den Kiosk von Eiszapfen befreit. Ein Polizist sieht, die Hände in die Seiten gestemmt, unter die Motorhaube seines Streifenwagens, während sein Kollege sich gegen die Fahrertür lehnt und in sein Funkgerät lacht.
An einer roten Ampel an der 96,h Street sieht Monty zu dem Stadtbus hinauf, der geräuschvoll neben ihnen im Leerlauf hält. Auf der hinteren Bank sitzt ein kleiner Junge mit einer weißen Strickmütze und winkt Monty zu. Monty winkt zurück. Der Junge klopft ans Fenster, und Monty liest die handgeschriebenen Buchstaben auf der beschlagenen Scheibe: moT. Monty braucht einen Moment, um es zu begreifen. Dann lächelt er, so gut er kann, und schreibt auf sein eigenes Fenster: Monty. Bevor er den T-Strich ziehen kann, fährt der Bus an, und Monty sieht ihm hinterher, wie er in einer Abgaswolke verschwindet.
»Du brauchst es nur zu sagen«, sagt Mr. Brogan, »und ich bieg links ab.«
»Links ab wohin?«
»Wir können die George Washington Bridge nehmen. Wohin du willst.« Mr. Brogan fährt vorsichtig, die Hände bei zehn Uhr und zwei Uhr auf dem Lenkrad, hält er mit zusammengekniffenen Augen in dem Matsch vor ihnen nach Schlaglöchern Ausschau. »Du lässt dich irgendwo wieder zusammenflicken, und dann suchen wir dir irgendeine schöne kleine Stadt...«
»Dad.«
»Ich sag doch, wenn du willst. Wenn du willst, dann mach ich es. Wir fahren einfach immer weiter. Halten in Chicago und sehen uns ein Spiel der Cubs an. Das Wrigley Field wollte ich mir schon immer mal anschauen. Vielleicht fahren wir auch zum Grand Canyon und machen ein paar Fotos. Wir finden uns irgendwo eine nette kleine Stadt, suchen uns eine Kneipe, und ich kauf uns was zu trinken. Ich hab seit neunzehn Jahren keinen Schluck mehr getrunken, aber mit dir trink ich was. Und dann geh ich. Aber du darfst mir nie schreiben, hörst du, oder mich besuchen kommen. Ich glaube an das Himmelreich und dass wir uns wieder sehen werden, du und ich und deine Mutter. Aber nicht zu Lebzeiten.«
Monty fährt mit der Zunge über die scharfen Reste der ausgeschlagenen Zähne. Seine linke Gesichtshälfte fühlt sich an, als hätte man ihn damit auf eine glühendrote Herdplatte gedrückt. Er schaut seinen Vater an, sieht die Entschlossenheit in seinem Gesicht, den festen Blick, die Wangenmuskeln so angespannt, dass es aussieht, als hätte er einen Pfriem Kautabak im Mund.
»Sie werden dir die Kneipe wegnehmen.«
»Ach Gott.« Mr. Brogan schüttelt den Kopf. »Meine Kneipe? Zum Teufel mit meiner Kneipe. Denkst du etwa, die wär mir wichtiger? Du brauchst es nur zu sagen, Monty, und los geht's.«
»Sie werden mich finden. Früher oder später...«
»Weißt du, wann sie einen finden, Monty? Sie finden einen, wenn man wieder nach Hause kommt. Die meisten Leute hauen ab und kehren irgendwann nach Hause zurück, und dann werden sie geschnappt. Darum darfst du dich hier nie wieder blicken lassen. Du suchst dir eine Arbeit irgendwo, wo's das Geld bar auf die Hand gibt, wo der Boss keine Fragen stellt, und fängst ein neues Leben an und lässt dich hier nie wieder blicken.«
»Ich kann dem nicht ausweichen, Dad. Ja? Ich komm da nicht drum herum. Die Sache ist gelaufen, verstehst du? Also fahr mich bitte einfach nach Otisville.«
Aber die nächste Meile lang, während der alte Wagen sich schnaufend durch den Matsch kämpft, während die Schneeketten ihr dih-dih-lih-dih-dih, dih-dih-lih-dih-dih singen, schließt Monty die Augen und lässt die Versuchung von der Leine, lässt sie sich austoben. Er hat diese Gedanken schon tausend Mal gedacht, aber sie sind noch nie so rein gewesen wie jetzt, wo sie durch ein leichtes Drehen des Lenkrads nach links Realität werden könnten. Einfach nach Westen fahren, immer weiter nach Westen, über den Hudson River, durch die Vorstädte von New Jersey, durch Staaten, die Monty nicht recht einordnen kann — Pennsylvania vielleicht und dann Ohio? Er stellt sich die Hügel vor, die frierenden Kühe, roten Farmhäuser und weißen Kirchtürme, die schwarze Straße, die das alles durchschneidet. Er stellt sich meilenlange Maisfelder vor und fragt sich, wie Maisfelder im Winter wohl aussehen. Er stellt sich die Wüste vor, eine gewaltige Ausdehnung von Sand und windgeformten Mesas, gabelförmige Kakteen am Straßenrand. Eine staubige Stadt irgendwo im Nirgendwo, eine Kneipe mit einem Zettel an der Tür: AUSHILFE GESUCHT. Gläser spülen, Boden wischen, auf einer Liege im Hinterraum schlafen. In die nächste Stadt fahren und die richtigen Leute auftun, sich einen Führerschein und eine Geburtsurkunde besorgen. Der Kneipenbesitzer würde eine schöne Tochter haben, und zunächst würde er Monty warnen, dass er die Finger von ihr lassen soll, aber dann würde er sehen, wie hart Monty schuftet, wie die Gläser funkeln, wie der Boden glänzt; er würde Monty zum Barmann befördern und über die wachsende Beliebtheit seines Ladens staunen; er würde seinen Freunden gegenüber zugeben, hier jemanden gefunden zu haben, dem man trauen kann, der sich nichts aus der Kasse nimmt, der anständig ist. Die schwarzhaarige, schwarzäugige Tochter des Kneipenbesitzers würde Monty durch den Raum hinweg anlächeln; sie würde die Lippen geschlossen halten dabei, damit er ihre schiefen Zähne nicht sieht. Er würde ihr von den Ersparnissen eines halben Jahres eine silberne Halskette mit Türkisen schenken, und sie würde weinen beim Auspacken, würde ihr Gesicht an seiner Brust verbergen und sein Hemd mit ihren Tränen nässen. Sie würden zum nächsten Fluss fahren und ihre Kleider auf lehmfarbene Steine legen und in das kalte kalte Wasser steigen, Hand in Hand, und hoch über ihnen würde ein Adler seine Achten drehen. An einem heißen Sommerabend würde in den Bergen ein Feuer ausbrechen, sich rasch ausbreiten und auf die Stadt zuwandem, die Eselhasen und Gürteltiere vor sich hertreiben. Alle würden den Himmel um Regen anflehen, aber es würde nicht regnen. Monty würde sich der Freiwilligen Feuerwehr anschließen und die Feuersbrunst drei Tage und drei Nächte lang bekämpfen, würde Bäume fällen und Unterholz schlagen, eine Feuerschneise um die ganze Stadt herum, würde die Dächer abspritzen, während die Einwohner schon ihre Autos voll laden und sich zur Flucht bereitmachen. Die Anstrengungen der Freiwilligen würden belohnt werden, der Wind sich drehen und die Stadt gerettet sein. Sie würden auf der Main Street eine Parade abhalten, zur Feier der Helden, denen sie diesen Sieg zu verdanken hatten; Monty würde in der Cabriolimousine des Bürgermeisters mitfahren und der jubelnden Menge zuwinken. Eines Tages würde der Kneipenbesitzer Monty beiseite nehmen und ihn fragen, ob er seine Tochter liebe, und Monty würde sagen: Ja, von ganzem Herzen, und der Kneipenbesitzer würde sagen: Ich wäre stolz, dich meinen Sohn nennen zu dürfen. Monty und er würden sich die Hand geben und die Hochzeit auf den kommenden Sonntag festlegen. Die Braut würde das Mittelschiff in dem weißen Kleid ihrer Mutter heruntergeschritten kommen, und Monty würde auf sie warten, seine neuen Freunde an seiner Seite, Elektriker und Kraftfahrer und Feuerwehrmänner und der Basketballtrainer der High School - Monty hilft ihm im Winter, trainiert mit den Jungs Technik und stürzt sich manchmal auch mit ins Getümmel, aber nie um anzugeben, weil es doch nur Kinder sind, Wüstenkinder, die langsam dribbeln und nicht über links gehen können, aber Monty nimmt ihnen nie den Ball ab, er nimmt ihnen nie den Ball ab. Er würde seine Frau küssen, und der Priester würde lächeln und seinen Segen geben. Bald hätten sie Kinder, grünäugige Söhne und schwarzäugige Töchter. Landkinder, die die langen Sommernachmittage mit Angeln verbringen, die mit ihren Pferden durch enge Canyons reiten, die jeden Sonntag zur Kirche gehen, schön in Blazer und Krawatte, im Leinenkleid. Sie würden groß werden, klug und freundlich und fröhlich, sie würden gute Noten kriegen und aufs College gehen, sie würden Ärztinnen werden und Ingenieure und Lehrerinnen, sie würden selbst Familien gründen und an den Feiertagen zu Besuch kommen, ihre ganzen schwarzhaarigen Kinder im Schlepptau. Und an einem dieser Tage - sagen wir, am vierten Juli —, nachdem sie das Feuerwerk bewundert haben, nachdem der letzte Maiskolben abgenagt ist und das kleinste Mädchen den letzten Kuchenkrümel weggemümmelt hat, nachdem sie die Babys schlafen gelegt und alle sich im Wohnzimmer versammelt haben, dessen Wände mit Schwarz- Weiß-Fotografien aus den letzten vierzig Jahren geschmückt sind - mit Montys Fotografien, denn das ist sein Hobby, und er hat es zur Meisterschaft gebracht darin —, dann würde Monty sich vor alle hinstellen und ihnen eine Geschichte erzählen. Alle wären sie leise, alle würden sie lauschen, denn Grandpa ist kein großer Redner; so etwas kommt nur selten vor. Die Kleineren würden im Schneidersitz auf dem Boden sitzen und mit großen Augen und offenen Mündern zu ihm hinaufstarren. Seine Kinder würden genau zuhören und ab und zu einen Blick austauschen und den Kopf schütteln, denn was sie da hören, das klingt unglaublich, aber sie ahnen auch, dass es wahr ist, jedes einzelne Wort. Montys Frau würde ihren Mann ansehen, ohne hinzuhören, denn sie kennt die Geschichte schon. Er hat sie ihr in der Nacht vor ihrer Hochzeit erzählt. Er hat ihr gesagt, dass er es verstehen würde, wenn sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wolle, dass er, wenn sie es wolle, sich noch in dieser Nacht in den Bus setzen und nie mehr wiederkommen würde. Seine schwarzhaarige Frau würde sich an diese Nacht erinnern und daran denken, was sie damals gesagt hat: Bleib, bleib bei mir. Monty würde seiner Familie die Geschichte erzählen, würde ihnen erzählen, wer er ist und wo er herkommt. Er würde ihnen das alles erzählen, und dann würde er ihrem Schweigen lauschen. Seht ihr?, würde er sagen. Seht ihr, wie froh wir sein können, dass es uns gibt? Das alles, euch alle eingeschlossen, wäre um ein Haar nie wahr geworden. Dieses Leben wäre um ein Haar nie wahr geworden.