Kapitel 16
Auf Karteikarten? (Dylan)
„Da ist es“, sagte ich dem Taxifahrer.
Das Taxameter zeigte fünfundvierzig Dollar. Meine Herren. Ich gab dem Fahrer das Geld, öffnete die Tür und stieg aus. Ich hatte nur einen kleinen Rucksack dabei. Als ich New York verließ dachte ich mir, dass ein oder zwei Wechselgarnituren völlig ausreichend wären. Immerhin könnte das eine sehr kurze Reise werden. Und falls nicht, konnte ich immer noch Klamotten kaufen gehen. Aber eine Stunde auf mein Gepäck zu warten, wo ich stattdessen schon hier sein konnte? Das ging gar nicht.
Ich starrte auf das Haus vor mir. Gott, wie es mich vor zwei Jahren eingeschüchtert hatte. Ich, der aus der Arbeiterschicht kam und in schäbigen Apartments mit betrunkenen Eltern aufgewachsen war. Wie konnte ich es nur wagen, hinter der Tochter eines Botschafters her zu sein, der ein fünfstöckiges Haus im Herzen der teuersten Gegend Amerikas besaß? Ich war verrückt.
Nicht verrückt genug, damals nicht. Ich hatte zugelassen, dass ihr Leben, ihr Vater, meine Vergangenheit und all diese Dinge mich einschüchterten.
Ich holte tief Luft, ging dann vor und drückte kräftig auf die Klingel.
Gott, ich hoffte Sherman hatte es durchgezogen und Alex war hier. Es würde nicht gut für mich enden, wenn ihr Vater die Tür öffnete, während sie im Kino oder sonst wo war.
Ich hörte Fußgetrappel und dann öffnete sich die Tür plötzlich und ich stand vor zwei Sechzehnjährigen, die mich mit offenem Mund anschauten.
„Hey“, sagte ich unbehaglich. „Ihr müsst Sarah und Jessica sein… Ich weiß nicht, ob Ihr Euch an mich erinnert.“
Die dunklere, die ein enges schwarzes Kleid trug, das eine Nonne zum Erröten gebracht hätte, legte ihre Hände geschockt auf ihr Gesicht. Die andere, in einem weißen Kleid, sagte: „Ich erinnere mich an dich. Und ja, ich bin Jessica.“
Ihr Zwilling Sarah drehte sich um, und rief die Treppe hoch: „Alex! Du musst an die Tür kommen!“
Ich grinste. „Großartig. Ähm… Ich weiß nicht, ob ich Euch wieder sehen werde, denn ich weiß nicht, ob Alex mich zur Hölle schicken wird. Falls sie es tut… na ja, war schön Euch zu sehen.“
Jessica lehnte sich vor und flüsterte: „Bist du hier, um sie zurückzuholen?“
Ich nickte und sie sagte, immer noch leise: „Sie liebt dich immer noch.“
Ich schloss meine Augen und sagte: „Danke.“
Dann sah ich sie, wie sie langsam die Treppe herunter kam. Ich fühlte wie mein Hals vor Anspannung eng wurde. Sie trug ein weißes ärmelloses Kleid, das mit Rosen bestickt war. Um ihren Hals hing der Herzanhänger, den ich ihr vor zwei Jahren geschenkt hatte. Das war hoffentlich ein gutes Zeichen. Ihr Mund war etwas geöffnet als sie die Tür erreichte. Ich konnte sehen, dass sie vorsichtig war. Sie hatte Angst vor mir. Angst, dass ich ihr erneut wehtun würde.
Ich holte tief Luft, nahm dabei ihren Anblick in mir auf, und sagte dann: „Ich ähm… Ich hatte gehofft, wir könnten miteinander reden, also dachte ich, ich komme vorbei.“
Ihr Mund verzog sich zu einem halben Lächeln. „Du dachtest du kommst vorbei? Von über sechseinhalbtausend Kilometern entfernt?“
„Die Entfernung spielte für mich keine Rolle.“
Sie sah mich an und flüsterte: „Ich kann das nicht, nicht wenn du mir erneut wehtust, Dylan.“
Oh Gott. Ich schluckte und sagte dann: „Wirst du mir… einfach zuhören? Bitte? Wenn ich falsch liege und du mich wegschickst, werde ich gehen und du wirst nie wieder etwas von mir hören, wenn du es nicht willst. Aber ich flehe dich an, Alex. Gib mir eine Chance. Hör mir einfach zu.“
„Okay“, sagte sie mit leiser Stimme. Sie sah die Zwillinge an und sagte: „Könnt Ihr Mom und Dad sagen, dass sie ohne mich weiter essen sollen? Und das sie unter gar keinen Umständen hier runter kommen sollen?“
Die Zwillinge nickten gleichzeitig und Alex kam zu mir raus und schloss die Tür hinter sich. Sie setzte sich auf die Treppe, wobei sie sorgfältig darauf achtete sich auf ihr Kleid zu setzen.
„Setz dich“, sagte sie und zeigte auf den freien Platz neben sich. Ich nickte. Mein Herz hämmerte wie verrückt. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich das letzte Mal so gefühlt hatte, außer in der Nacht, als ich sie zum ersten Mal zum Ausgehen eingeladen hatte und das war vor einer Ewigkeit gewesen. Gott, hatte ich Angst. Was, wenn sie Nein sagen würde? Wenn Sie sagen würde, ich solle zur Hölle fahren und aus ihrem Leben verschwinden? Oder noch schlimmer, wenn sie Ja sagen würde und wir uns dann später hassen würden?
Verdammt, dachte ich. Hör auf damit. Tu es einfach. Mach es. Zur Hölle noch mal, geh einmal in deinem Leben aus dir raus und sag was du fühlst.
„Okay“, sagte ich. „Sieh mal, ich habe sehr viel nachgedacht und auch sehr viel geschrieben. Über das, was du gesagt hast. Über… mich und wer ich bin. Über dich. Über uns.“
Sie nickte.
„Mir fällt das nicht leicht, Alex. Aber… es ist etwas, dass ich tun muss, okay. Ich muss dir ein paar Dinge sagen und ich bitte dich mir zuzuhören, ohne Unterbrechung.“
„Ohne Unterbrechung?“
Ich nickte „Ich möchte nicht den Faden verlieren, okay? Bitte? Wenn ich fertig bin, kannst du Fragen stellen, oder mich fortschicken, oder was auch immer, in Ordnung?“
Sie schenkte mir ein bitteres Lächeln und sagte: „Okay. Du legst die Regeln fest. Keine Unterbrechungen.“
„Danke“, sagte ich.
Ich holte tief Luft, dann griff ich in meine Tasche und fühlte die Karteikarten, mit denen sie gefüllt war. Ich nahm sie heraus.
„Warte“, sagte sie grinsend und mit strahlenden Augen. „Du hast das aufgeschrieben? Auf Karteikarten?“
„Ich möchte nichts vergessen“, sagte ich. „Ich habe dir gesagt, dass das nicht leicht für mich ist. Also habe ich ein paar Notizen gemacht um konzentriert zu bleiben, okay?“
„Wow“, sagte sie. Sie hatte ein halbes Lächeln im Gesicht.
„Du unterbrichst mich.“
„Du hast noch nicht angefangen.“
Ich verdrehte meine Augen in Richtung Himmel und murmelte: „Au weia. Na gut.“ Ich schaute auf die erste Karte. Darauf stand: Jaffa.
„Erinnerst du dich an die Nacht, die wir in Jaffa verbracht haben? In der Altstadt?“
Sie nickte.
„Okay“, sagte ich. „Das war die Nacht, in der ich realisierte, dass ich dich wirklich kennen lernen wollte. Du bist mir davor schon aufgefallen, am Hunter College, bevor wir nach Tel Aviv geflogen sind. Aber du warst einfach eine Nummer zu groß für mich, ich wusste nicht, wie ich auch nur einen Anfang machen sollte. Und der Flug war toll und na ja, ich meine, wir haben geflirtet. Und das war wunderbar. Ich fühlte mich sehr zu dir hingezogen. Aber dann gingen wir zurück zur Jugendherberge und ich sah dieses wirklich alte Haus. Es sah aus, als wäre es tausend Jahre alt.“
„Verlassen“, sagte sie. „Ich erinnere mich.“
„Ja. Die Sache ist die, ich wollte es gerne erkunden. Und du kamst mit mir. Alle anderen hatten Bedenken, dass das unerlaubtes Betreten oder so etwas wäre. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung wovor sie Angst hatten. Aber in diesem Moment realisierte ich, wie mutig du warst. Und… wow, ich bewundere Mut. Ich denke, das war die Nacht, in der ich begann mich in dich zu verlieben.“
Sie holte tief Luft und ich merkte, dass sie genauso in der Erinnerung gefangen war wie ich. Sie hatte nach meiner Hand gegriffen, als wir durch das alte Haus gelaufen waren. Es war nur ein kurzer Moment, aber dieser Moment war immer noch in meine Erinnerung eingebrannt.
„Schau, Mut kann sich in vielerlei Hinsicht zeigen. Zum Beispiel auf dem Schlachtfeld und damit kenne ich mich jetzt ein bisschen aus. Mut kann sich aber auch darin zeigen, dass… Du jeden Morgen aufstehst, trotz der Dinge die Randy dir angetan hat, trotzdem weiterstudierst, dein Leben weiterlebst, obwohl ich weiß, dass es höllisch wehtun muss. Alex, du musst wissen, dass ich dich dafür bewundere. In der Nacht, bevor wir Israel verließen, wolltest du von mir wissen, was ich fühlte. Ich wusste damals nicht, wie ich das machen sollte. Ich hatte damals nicht genug Mut. Aber ich sage es dir jetzt. Okay?“
Sie verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust und starrte mich an, mit großen Augen, es war berauschend. Sie nickte und biss sich auf die Unterlippe.
Ich legte die Karte neben mir ab. Auf der nächsten stand: En Gedi.
Ich sah sie an. Hörte sie mir zu? Ich glaubte schon, dass sie das tat, aber das bedeutete nicht, dass ich sie bereits zurück gewonnen hatte.
„Wie auch immer. Ich weiß, ich sollte das nicht als Teil dessen, was ich zu sagen habe, sagen, denn es ist sexistisch und objektivierend und all das Zeug. Aber ich versuche dir zu sagen, was ich fühle. Also… Alex, du bist so schön, manchmal schaue ich dich nur an und mein Herz bleibt stehen. Selbst, wenn ich dich nach dem heutigen Tag nie wieder sehen werde… selbst, wenn ich neunzig werden und ein Leben ohne dich gelebt habe sollte… ich werde niemals unseren ersten Kuss vergessen.“
Sie wurde rot, sehr rot sogar und ich flüsterte: „Wegen dir fühle ich mich lebendig, Alex. Wir passen auf eine Art und Weise zusammen, von der ich nicht gedacht hätte, dass sie möglich ist. Ich weiß, dass ich nicht sehr wortgewandt bin, deshalb ist es schwer für mich, das so zu sagen, dass es einen Sinn ergibt. Aber in den vergangenen Jahren war ich mit ein paar Mädchen zusammen. Und du… bist etwas völlig anderes. Dich in meinen Armen zu halten… Dich zu berühren... es ist, als ob du mich an eine Steckdose anschließt. Es ist schwer für mich in deiner Nähe zu sein und dich nicht zu berühren, du bist berauschend – manchmal möchte ich verzweifelt meine Hand nach dir ausstrecken nur um ein Haar auf deinem Kopf zu berühren.“
Ich holte tief Luft und sah ihr in die Augen. „Wenn du mich heute wegschickst“, flüsterte ich, „wenn du mir sagst, ich soll zum Teufel noch mal aus deinem Leben verschwinden und niemals zurückkehren… dann werde ich es akzeptieren. Aber es wird die eine Sache in meinem Leben sein, die ich immer bereuen werde: Dass wir niemals miteinander geschlafen haben. Dass wir unsere gemeinsame Zukunft verloren haben.“
Sie begann zu zittern und öffnete ihren Mund um zu sprechen, ich legte ihr behutsam meinen Zeigefinger senkrecht über die Lippen.
„Du hast es versprochen“, sagte ich leise. „Keine Unterbrechungen. Lass mich zu Ende sprechen bevor du mich wegschickst. Ich flehe dich an.“
Eine Träne rollte ihre Wange herunter. Ich wusste nicht, ob sie traurig, sauer, oder glücklich, oder sonst was war. Also ging ich schnell zur nächsten Karte über, und hoffte dabei verzweifelt, dass sie mich würde weiterreden lassen, bis ich alles gesagt hatte. Als ich die Karte, auf der En Gedi stand, ablegte, hob sie beide Karten auf und nahm sie in ihre Hände.
Auf der nächsten Karte stand: Die Regeln. Als ich meinen Mund zum Sprechen öffnete, riss sie mir die Karte aus der Hand.
Ich blinzelte überrascht, sie las die Karte und ihre Augen wurden sofort feucht. Was dachte sie, als sie die Karte las? Ihre dämlichen Regeln, ihre perfekten Regeln, die es uns erlaubt hatten uns so lange gegenseitig zu tolerieren, bis wir uns noch einmal ineinander verliebt hatten?
„Alex, ich liebe die Tatsache, dass du… du so unheimlich kreativ bist. Du bist schlau. Selbst nachdem ich dein Herz gebrochen hatte, hast du einen Weg gefunden, damit wir miteinander umgehen konnten. Es mag nicht perfekt gewesen sein, es mag auch ein bisschen verrückt gewesen sein, aber es hat funktioniert. Ich liebte die Spiele, die wir gespielt haben. Ich liebte es, dass wir uns gegenseitig Fragen gestellt haben und ich hoffe wir werden niemals damit aufhören. Wenn ich neunzig bin möchte ich, dass du sagst, dass ich an der Reihe bin dir eine Frage zu stellen und, falls das Wunder geschieht, wird meine Frage lauten: ‚Liebst du mich immer noch?’ und ich hoffe, dass deine Antwort immer noch Ja sein wird.“
Jetzt liefen Tränen über ihr Gesicht.
Auf der nächsten Karte stand nur ein Wort: Dad.
Sobald ich sie gelesen hatte, nahm sie mir auch diese Karte aus der Hand. Ich holte tief Luft, schloss meine Augen und sagte: „Mein Dad machte mich für alle möglichen Sachen verantwortlich. Zum Beispiel für das erste Mal, das er meine Mutter geschlagen hat. Ich habe dir davon erzählt. Und ich denke, ich habe mich selbst auch schuldig gefühlt. Ich dachte… wenn ich ein besserer Mensch wäre, dann würden sie nicht so viel trinken. Wenn ich nicht so schlecht in der Schule wäre, wären sie vielleicht nicht so gestresst und müssten nicht so viel trinken und dann würden sie vielleicht merken, dass Eltern daran denken sollten, Lebensmittel einzukaufen.“
Ich holte tief Luft und sagte: „Also… ich denke als wir uns kennen lernten, fühlte ich mich zum Teil immer noch für Dinge verantwortlich, die nicht meine Schuld waren. Und das machte mich… sehr vorsichtig. Sehr ängstlich. Deshalb öffnete ich mich nicht. Ich habe dir niemals wirklich gesagt, was ich fühlte, denn nur so kann ich die Situation kontrollieren, es ist Teil meines Schutzmechanismus.“
Oh Gott, dachte ich und holte nochmals tief Luft. Das war so schwer. Ich sah ihr in die Augen und meine Augen wurden auch feucht. „Alex, Ich brauche mich nicht vor dir zu schützen. Ich will mich nicht vor dir schützen. Dafür bedeutest du mir zuviel. Lieber ertrage ich ein Leben voller Herzschmerz, weil du mir das Herz brichst, als mir ein Leben ohne dich vorzustellen. Denn ein Leben ohne dich, wäre kein Leben.“
Sie hatte sich zusammengekauert, ihre Arme um ihren Oberkörper geschlungen, und sah aus als ob sie jeden Moment richtig in Tränen ausbrechen würde. Ich schaute auf die nächste Karte, auf ihr stand: Laufen. Sie streckte ihre Hand aus und nahm sie mir weg.
Ich flüsterte: „Alex, wegen dir möchte ich ein besserer Mensch werden. Du hast Recht… die Sache ist die, ich habe niemals geglaubt, dass ich gut genug für dich bin. Ich habe niemals geglaubt, dass ich an dich heranreichen kann. Aber du, du hast an mich geglaubt. Das hat noch niemand zuvor in meinem Leben getan. Und in deiner Nähe zu sein, bringt mich dazu ein besserer Mensch werden zu wollen. Es bringt mich dazu, der beste Mensch sein zu wollen, der ich sein kann. Es bringt mich dazu an mir zu arbeiten, um es zu verdienen, dich in meinem Leben zu haben. Du machst mich zu einem besseren Mensch. Jeden Augenblick, den ich mit dir zusammen bin, möchte ich daran arbeiten jemand zu werden, zu dem du aufschauen kannst, den du lieben kannst. Und ich möchte die gleiche Inspiration für dich sein. Ich möchte dich beschützen, möchte, dass du dich sicher fühlst. Ich möchte dich unterstützen, egal ob du weiter Jura studierst wie deine Eltern es vorgeschlagen haben, oder ob du entscheidest, dass du etwas völlig anderes machen möchtest. Wenn du dich dazu entschließen würdest einen Imbissstand zu eröffnen, ich würde direkt neben dir stehen und dich unterstützen, egal für was du dich entscheidest. Ich möchte dich beschützen, aber ich möchte dich nicht nur beschützen… Ich möchte dir dabei helfen zu lernen, dich selbst zu beschützen. Ich habe den Stolz und die Freude in deinen Augen gesehen, als du mich neulich während des Selbstverteidigungstrainings auf den Boden geworfen hast und ich denke, das war einer der glücklichsten Momente in meinem Leben.“
Sie holte tief Luft, so als ob sie gleich etwas sagen wollte und ich sagte: „Warte… nur noch Eine.“ Meine Stimme wurde so leise, dass es nur noch ein Flüstern war als ich sagte: „Nur noch Eine, okay? Ich muss das jetzt sagen, denn es macht mir höllische Angst.“
Sie nickte und ich nahm die letzte Karte in die Hand. Auf ihr stand: Der Ring.
Ich schluckte, meine Kehle war plötzlich schrecklich trocken. Sie streckte ihre Hand aus und legte sie auf die Karte, zögerte und nahm sie mir dann ab. Als sie sah was darauf stand begann sie heftig zu zittern.
Ich konnte nur noch flüstern.
„In der Nacht bevor wir Tel Aviv verließen hattest du Recht mich anzuschreien, weil ich dir nicht sagen konnte was ich fühlte. Ich hatte zuviel Angst. Und dann, als ich hierher nach San Francisco kam und dachte ich wäre bereit, war es aber nicht. Wir hatten eine wundervolle Zeit, aber sie war auch angespannt, sie war beängstigend und am Ende ging ich ohne es zu sagen. Und dann war ich in der Army und du warst in deinem Abschlussjahr an der High School, dann an der Columbia Uni und niemals schien der Zeitpunkt richtig. Und dann… na ja… wir wissen Beide, was dann geschah.“
Ich atmete ein und sagte dann: „Ich werde dir jetzt sagen, was ich in der Nacht in Tel Aviv sagen wollte, was ich in San Francisco sagen wollte. Was ich dir seitdem jeden Tag sagen wollte, aber nicht konnte.“
Mein Herz schlug vor Angst wie verrückt. Ich fragte mich, woher nahm sie die Macht, das mit mir zu machen, mir solche Angst davor einzujagen, dass sie mein Herz brechen könnte, mir solch schreckliche Angst einzujagen, dass ich sie verlieren könnte.
Ich würde lieber das Risiko eingehen sie für immer zu verlieren, als es gar nicht zu sagen.
„Alex, in dieser Nacht in Tel Aviv, was ich damals sagen wollte war das: Lass uns das gleiche College aussuchen. Lass uns, trotz der Herausforderungen in unserem Leben und der Entfernung und allem Anderen eine Entscheidung treffen. Die Entscheidung zusammen zu sein. Ich kann mir ein Leben ohne dich vorstellen, aber es wäre unglaublich trostlos, unvollkommen und unglücklich.“
Ich holte tief Luft und flüsterte dann: „Alex ich möchte nicht nur mit dir zusammen sein. Ich möchte nicht nur dein Freund sein. Ich möchte nicht, dass wir nur für eine kurze Zeit zusammen sind. Ich möchte dich für immer. Ich möchte, dass wir uns anschauen und uns sagen, dass wir uns lieben, und dass wir uns dafür entscheiden für immer zusammen zu bleiben. Alex… ich möchte, das wir unser Leben miteinander verbringen. Wenn wir uns je dafür entscheiden Kinder zu bekommen, dann möchte ich, dass wir es zusammen tun.“
Ich zitterte als ich in meine Tasche griff. Dieses Mal holte ich keine Karte heraus. Ich holte ein kleines Schmuckkästchen heraus. Sie keuchte auf und die Tränen liefen ihr nur so über die Wangen. Ihre Hände flogen zu ihrem Gesicht und bedeckten ihren Mund als ich weiter sprach.
„Alex… wegen dir ist mein Leben lebenswert. Willst du… Willst du meine Frau werden? Wirst du mir erlauben, dir mein Leben zu widmen? Bitte?“
Sie starrte mich mit großen Augen an. Ich denke, sie war geschockt und ich erwartete fast, dass sie fliehen würde. Ich zitterte vor Anspannung und Angst.
Stattdessen nahm sie mir das Schmuckkästchen ab und öffnete es sehr, sehr langsam. Dann sah sie mich an, sah mir in die Augen und flüsterte: „Du bist verrückt, Dylan. Oh mein Gott, du hast mir einen Heiratsantrag mit Karteikarten gemacht? Niemand sonst auf der Welt würde das tun. Ja. Ja, Ja! Wenn du mich tausend Mal fragen würdest, meine Antwort wäre jedes Mal Ja.“
Wir bewegten uns beide sehr schnell, und schon hielt ich sie in meinen Armen und schaute in ihre Augen. Ich holte tief Luft, lehnte mich dann langsam und behutsam vor und küsste sie. Ihre Lippen schmeckten salzig von ihren Tränen. Unser Kuss wurde leidenschaftlicher, hungriger und ich zog sie an mich heran, als ihre Arme sich um meinen Hals legten, in diesem Moment hätte ich alles dafür gegeben sie für immer so in den Armen zu halten.
Sie darum bitten nicht zu beißen (Alex)
Als Dylans Lippen die meinen berührten, war es als wäre die Sonne aufgegangen. Mein ganzer Körper reagierte auf ihn, verschmolz mit seinem. Wenn wir nicht auf den Stufen vor dem Haus meiner Eltern gesessen hätten, hätte ich ihm vermutlich gleich das Shirt vom Leib gerissen. So küssten wir uns für eine Ewigkeit, seine Lippen drückten gegen meine und mein Mund öffnete sich, erst nur ein kleines Stückchen, dann holte ich kurz Luft und seine Zunge berührte meine behutsam und spielerisch.
Und dann öffnete sich die Haustür.
Dylan und ich trennten unsere Lippen voneinander, aber ich würde ihn nicht loslassen, egal wer es auch sein mochte.
Jessica öffnete die Tür einen Spalt breit und wurde dann rot bis zu den Haarwurzeln. Ich schaute sie mit einem dummen Grinsen im Gesicht an und sie grinste zurück.
„Ähm… es tut mir leid, dass ich Euch unterbreche aber Mom und Dad wollen wissen, ob ihr plant nach oben zu kommen.“
„Wir kommen gleich“, sagte ich. „Gib uns noch eine Minute.“
„Okay“, sagte sie. „Bis gleich.“
Sie schloss die Tür.
„Wie viel weiß sie?“, fragte Dylan.
„Alles“, sagte ich. „Jessica und Carrie. Ich fürchte dein Timing… na ja… lass mich einfach sagen, dass wir beim Abendessen einen großen Ausbruch hatten. Meine Eltern wissen über Randy bescheid.“
Er nickte. „Und… wie haben sie reagiert?“
„Wir haben es geklärt. Genau genommen… hat sich mein Vater entschuldigt. Mehr oder weniger.“
Sein Mund verzog sich zu einem halben Lächeln. „Das kann ich mir nur schwer vorstellen. Dein Vater ist… respekteinflößend.“
„Bist du hierzu bereit?“
„Ja“, sagte er. Er holte tief Luft und sagte dann: „Alex, mit dir an meiner Seite bin ich für alles bereit.“
„Dann… lass uns hochgehen.“
Hand in Hand betraten wir das Haus meiner Eltern und stiegen die Treppen hinauf.
Meine Familie saß am Esstisch, das Essen war fast beendet, und sie tranken Kaffee.
Es wurde still im Raum als ich mit Dylan eintrat.
Ich holte tief Luft und sagte dann: „Mom, Dad… Ihr erinnert Euch an Dylan Paris.“
In diesem Moment tat mein Vater etwas, das mich verblüffte. Etwas, das so untypisch für ihn war, dass ich es nicht geglaubt hätte, wenn ich es nicht selbst gesehen hätte.
Er stand auf, ging um den Tisch herum auf Dylan zu und streckte seinen Arm aus um ihm die Hand zu schütteln.
„Dylan… es ist so gut dich zu sehen. Und… wie meine Tochter mir vorhin sehr deutlich erklärt hat… schulde ich Euch beiden eine Entschuldigung. Danke, dass du sie beschützt hast.“
Ich konnte sehen, dass Dylan genauso schockiert war wie ich. Er nahm die Hand meines Vaters und sagte leise: „Danke.“
„Wir müssen Euch etwas sagen“, sagte ich sehr ruhig. Carrie hatte Kulleraugen und ich konnte sehen, dass sie auf meine linke Hand schaute. Dort trug ich den Ring, den Dylan mir gerade gegeben hatte.
„Mr. Thompson… Mrs. Thompson“, sagte Dylan. “Ich denke sie wissen, dass Alex und ich… wir lieben uns sehr. Ich bin heute hierher geflogen, weil… na ja… ich habe Alex gefragt, ob sie mich heiraten möchte. Und… sie hat Ja gesagt. Ich möchte Sie um Ihren Segen bitten.“
Oh. Mein. Gott. Was dachte er sich nur dabei? Meine Eltern um ihren Segen zu bitten war verrückt. Es war so als würde man in eine Grube voller Schlagen springen und sie dann darum zu bitten nicht zu beißen.
Aber ich wurde noch einmal überrascht. Mein Vater lächelte, aber es war meine Mutter, die mich mit ihrer Reaktion wirklich schockte. Tränen begannen über ihr Gesicht zu laufen und sie stand auf und ging auf Dylan zu.
Sie legte ihre Hände auf seine Schultern und sagte: „Natürlich hast du unseren Segen. Und… ich hoffe ich bin die Erste, die dich in unserer Familie willkommen heißt.“
Oh Gott. Ich begann schon wieder zu weinen. Du meine Güte, was alles Tränen verursacht. Meine Schwestern begannen vor Freude zu schreien, umringten uns und umarmten mich und Dylan. Natürlich mussten sich meine Schwestern den Ring genau anschauen, ich fühlte wie meine Hand nach oben ans Licht gehalten wurde und ich konnte nicht aufhören zu lächeln. Meine Wangen begannen wehzutun, aber diesmal war es ein echtes Lächeln und deshalb machte es mir nichts aus.
Dann gab auch mein Vater auf und umarmte Dylan.
Carrie flüsterte in mein Ohr: „Du machst mir Hoffnung. Sie haben einen Punk Rocker und einen Exsoldaten akzeptiert. Wer weiß, wer als nächstes kommt?“
Ich grinste und wusste, dass Alles gut werden würde.