»Wie ich sehe, beginnt Ihr Euch mit Eurer Position anzufreunden!«
Oliviane fuhr erschrocken herum und bedachte den Mann, der in ihrer offenen Kammertür stand, mit einem vernichtenden Blick.
»Könnt Ihr Euch nicht bemerkbar machen, ehe Ihr auf diese Weise in meine Kemenate platzt!«, wies sie ihn scharf zurecht.
»Was erwartet Ihr? Dass ich wie ein Page an Eurer Tür kratze? Ich denke, das Lärmen des Riegels ist Anmeldung genug«, entgegnete der Schwarze Landry.
»Was wollt Ihr?«, erwiderte sie. Sein unverkennbarer Spott reizte sie. »Oder seid Ihr gekommen, um mir eine Botschaft Eures Seigneurs zu überbringen?«
Unter dem prüfenden Blick der schwarzen Augen fühlte sie eine Unsicherheit, die sie zusätzlich verärgerte. Welche Funktion hatte dieser Kerl im Haushalt ihres künftigen Gemahls? War er sein Stellvertreter? Ein Lakai? Ein Waffengefährte? Ein Spion?
Der Schwarze Landry dachte gar nicht daran, sie aufzuklären. Er hätte ja selbst nicht zu begründen vermocht, was ihn dazu trieb, sich um sie zu kümmern. Bis zu diesem Augenblick hatte er sie nicht einmal für besonders verführerisch gehalten. Er hatte sich gesagt, dass jene Art von vollkommener Glätte, die ihr Antlitz bot, für seinen Geschmack zu perfekt, zu leblos, zu statuenhaft war – so, als wäre sie schon jetzt das Opfer, das sie erst noch werden sollte: beherrscht und fromm.
Aber nun hatte sie in Haltung, Erscheinung und Ton nicht mehr die geringste Ähnlichkeit mit einem bedauernswerten Opfer. In der goldbestickten Tunika und dem eleganten Untergewand glich sie einer Herbstkönigin. Glänzende goldene Haarfluten flossen über ihren gestrafften Rücken, und in den braunen Augen funkelten helle Lichter.
Der üppige Mund wölbte sich in unverkennbarem Hochmut, und die fein gezeichneten, fragend gerundeten Brauen schienen den ruhigen Blick Lügen zu strafen. Das goldgerandete, höfische Dekolleté betonte die Wölbung verführerischer Brüste, und die Taille war so eng geschnürt, dass Landry sie vermutlich mit beiden Händen mühelos umspannen konnte. Wenn es je eine Frau gegeben hatte, die weniger zur Nonne geeignet war, dann stand dieses Geschöpf in diesem Moment vor ihm.
»Habt Ihr das Sprechen verlernt?«, fuhr sie ihn gereizt an und bekämpfte den Impuls, ihm den Rücken zuzuwenden. Seine stummen Blicke begannen sie zu verunsichern. »Hat Euch noch niemand gesagt, dass es sich nicht gehört, eine Dame anzugaffen? Ihr benehmt Euch wie ein Bauer!«
»Was habt Ihr erwartet?« Hinter Landrys Bartgestrüpp blitzten überraschend weiße Zähne. »Einen ergebenen Hofstaat von Bewunderern? In dem Falle hättet Ihr Euch auf die Seite von Herzog Jean schlagen müssen, nicht auf die seines Herausforderers!«
»Also wird er es tun?!«, rutschte es Oliviane gegen ihren Willen heraus.
»Was?«
»Ihn herausfordern«, wiederholte sie ungeduldig. »Den Krieg weiterführen, obwohl das Land nichts mehr braucht als Frieden!«
»Solange nicht einwandfrei feststeht, wer die größere Macht in der Bretagne besitzt, kann es auch keinen Frieden geben!«
»Welch schreckliche Dummheit!«, stieß Oliviane scharf hervor. »Am Ende wird einer von ihnen über verbrannte Felder und menschenleere Städte herrschen. Ist das ein erstrebenswertes Ziel?«
Der Schwarze Landry hob die buschigen Brauen. Seine Augen funkelten. »Habt Ihr Angst, dass unser Seigneur verlieren könnte? Dass Ihr Eure schönen Kleider wieder einbüßt, an die Ihr Euch eben gewöhnt habt?«
»Ich habe nie Angst!«
Oliviane merkte nicht, dass sie herausfordernd auf den Fußballen wippte, als wollte sie ihn zum Kampf herausfordern. Dabei versuchte sie nur instinktiv, sich von Landrys Größe und Energie nicht überwältigen zu lassen.
»Zumindest würdet Ihr es mir gegenüber nie zugeben«, erwiderte er und bewies damit größere Menschenkenntnis, als sie ihm zugetraut hätte. »Warum habt Ihr Euch zu dieser Ehe zwingen lassen?«
Zum Henker, das war nicht die Frage, die er ihr hatte stellen wollen, aber es war schon geschehen. Oliviane de Rospordon versteifte sich merklich, und ihre Lippen wurden schmal. Sie warf den unbedeckten Kopf in den Nacken, und ihre Haare schienen im diffusen Licht, das hinter ihrem Rücken durch die dicken Fensterscheiben drang, zu glitzern.
»Geht’s Euch etwas an, Hauptmann oder was immer Ihr seid?«
»Hatten wir uns nicht auf Bauer geeinigt?«
Er machte sich lustig über sie, einwandfrei. In dem Versuch, Haltung zu bewahren, verschränkte sie die langen schlanken Finger ineinander. Oliviane reckte ihr Kinn vor und schwieg. Sie hatte ohnehin schon zu viel gesagt. Dieser Mensch hatte etwas an sich, das so unmittelbar auf ihre Nerven Einfluss nahm, dass alle ihre Sinne Gefahr witterten.
»Sprecht, was wollt Ihr von mir?«, forderte sie ihn knapp auf und verschanzte sich hinter ihrer üblichen kühlen Miene.
»Nur die Ruhe, kleine Dame!«, stieß er hervor, und ehe Oliviane begriff, was er vorhatte, fand sie ihre Schultern von dem stählernen Griff seiner kräftigen Fäuste umspannt. »Mir scheint, es ist an der Zeit, dass man Euch Bescheidenheit und Demut beibringt, von Geduld ganz zu schweigen.«
»Gebt mich auf der Stelle frei!«, zischte Oliviane, und ihr Zorn stand dem seinen in nichts nach.
In ihren Augen blitzte pures Feuer, und die Wut rötete ihre zarten Wangen. Landry nahm den Schimmer einer höchst ebenmäßigen Zahnreihe wahr und verlor sich in den goldgesprenkelten Lichtern ihrer großen Augen. Die steifen Röcke ihres Gewandes wippten um seine Beine, und unter seinen Händen spürte er die Geschmeidigkeit eines Körpers, der biegsam wie der eines Knaben und verlockend wie der einer raffinierten Dirne war.
Sie erstarrte unter seinem brennenden Blick. Eine Woge der verwirrendsten Gefühle erfasste sie und ließ sie jede Vernunft vergessen. Der neuerliche Schmerz an ihrer Schulter, wo seine Hand den Striemen des Peitschenhiebes berührte, mischte sich auf höchst irritierende Weise mit einer quälenden, fremdartigen Sehnsucht, die tief in ihrem Inneren aufbrach und ihr den Atem raubte. Sie rang in kurzen keuchenden Zügen nach Luft und fuhr sich völlig unbewusst mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen.
Die verführerische, ahnungslose Aufforderung entlockte Landry einen heiseren Laut und riss die letzte Barriere seiner Selbstbeherrschung nieder. Mit einem unterdrückten Stöhnen, das wie das Knurren eines angreifenden Wolfes klang, zog er Oliviane vollends an seine breite Brust und nahm den feuchten Mund mit den bebenden Lippen in Besitz.
Es war ein Kuss purer, ungezügelter Leidenschaft, der das junge Mädchen völlig unvorbereitet traf. Sie hatte mit Gewalt gerechnet, nicht mit Begierde. Mit Schmerzen, nicht mit dem Feuer, das plötzlich mit einer Glut durch ihre Adern rann, die sie förmlich in seinen Armen dahinschmelzen ließ. Ihre spröden, unwissenden Lippen, süß wie die Unschuld, wurden weich unter seinem fordernden Mund.
»Hölle, Pest und Verdammnis!« Mit einem wüsten Fluch schob Landry die benommene Edeldame von sich.
Oliviane taumelte gegen die Kante des Tisches. Der Ruck brachte sie wieder zu sich. Zwei Herzschläge lang zeigten ihre schönen Züge eine seltsame Mischung aus Erschrecken und Freude, aus Befangenheit und ungläubiger Ratlosigkeit. Sie berührte ihre brennenden Lippen mit den Fingern und starrte fassungslos den Mann an, der so entsetzt vor ihr zurückwich, als hätte sie ihn mit einem heidnischen Bann belegt.
»Was habt Ihr getan?«, wisperte sie tonlos.
»Einen Narren aus mir gemacht!« Das schiefe Lächeln, das diese Antwort begleitete, blieb unter dem Gestrüpp seines Bartes verborgen. »Wahrhaftig, Ihr versteht es, einem Mann den Kopf zu verdrehen, kleine Dame! Aber ich denke, es ist besser, wenn Ihr Eure Verführungskünste für Euren künftigen Herrn und Gemahl aufspart. Ich möchte mir ungern Arger einhandeln.«
»Meine Verführungskünste?«, wiederholte Oliviane fassungslos, und eine feine Falte erschien auf ihrer sonst so glatten Stirn. Die Lähmung, die ihren Körper und ihren Geist umfangen hielt, wich nur langsam. »Was wollt Ihr damit sagen?«
Er schwieg, doch als sie das spöttische Funkeln in seinen Augen sah, verstand sie, und die sanfte Röte auf ihren Wangen vertiefte sich zu einem brennenden verlegenen Rot.
»Wollt Ihr etwa behaupten, ich hätte Euch aufgefordert, mich zu küssen? Mit welchem Wort und welcher Geste? Habt Ihr den Verstand verloren?«
Mit zunehmender Festigkeit ihrer Stimme hob sich auch ihr Ton. Die letzten Worte schrie Oliviane sogar in aufflammendem Zorn.
»Nun, zumindest beherrscht Ihr die Kunst, einen Mann zu umgarnen, in vollendeter Meisterschaft«, stichelte Landry weiter. »Vielleicht gelingt es Euch damit sogar, den alten Wolf, der Euch in sein Bett holen möchte, zu bändigen.«
»Hinaus!« Olivianes Hand schoss vor und wies ihn aus ihrer Kammer. »Schert Euch in den Stall zurück, aus dem Ihr gekommen seid, Flegel!«
Landry schoss das Blut ins Gesicht. Am liebsten hätte er sie gepackt und übers Knie gelegt. Er vertrug es allgemein schlecht, wenn man ihn beleidigte, aber Oliviane verstand es, ihn zutiefst in seiner Selbstachtung zu treffen, und das war etwas, was er normalerweise unter allen Umständen verhinderte.
»Einen schönen Tag wünsche ich Euch, kleine Dame!«, höhnte er und ging.
Beim Geräusch des Riegels sank Olivianes Hand kraftlos zwischen die Falten ihres Gewandes. Sie rang angestrengt nach Atem und presste die andere Hand auf ihr wild pochendes Herz. Heilige Anna, was war geschehen? Das stürmische Wechselbad der Gefühle, das Hin und Her von Wut und Leidenschaft, Verachtung und Hingabe, Stolz und Kränkung zeigte Wirkung. Sie begann am ganzen Körper zu zittern. Ein Laut, der halb wie ein Schluchzen, halb wie ein Stöhnen klang, entrang sich ihrer Kehle.
Gütiger Himmel, was war in sie gefahren? Verlor sie zwischen den teppichverhängten Wänden dieses luxuriösen Verlieses schon nach einem Tag den Verstand? Noch nie hatte sie solche Dinge gesagt oder empfunden! Wie hatte sie sich auch nur einen Herzschlag lang wünschen können, für immer in den Armen dieses Gesetzlosen zu liegen? Der Schwarze Landry war ein gewöhnlicher Halunke, ein bezahlter Söldner, ein Galgenvogel, ein ... Die Bezeichnungen gingen ihr aus.
Heilige Anna, sie hatte sich benommen wie eine Dirne! Sie hatte sich an ihn gepresst und seinen fordernden Kuss erwidert! Kein Wunder, dass er sich danach das Recht herausnahm, sie seinerseits wie eine liederliche Person zu behandeln! War das Böse in dieser Festung dermaßen allmächtig, dass sie schon davon angesteckt worden war?
Oliviane wusste nur eine Hilfe gegen die Wirrnis, die in ihrem Herzen und in ihrem Kopf herrschte: Sie musste beten. Einmal mehr umklammerte sie ihren Rosenkranz wie einen Rettungsanker. Aber die vertrauten Worte der Litanei wollten ihr nicht in der gewohnten Reihenfolge einfallen.
Die Flüche des Schwarzen Landry hallten noch von den Wänden ihres Gemaches wider, und ihr Körper schmerzte vor unstillbarer Sehnsucht nach etwas, dem sie keinen Namen geben konnte.
»Verdammt, irgendwo muss sie diesen vermaledeiten Stein doch versteckt haben!«
Paskal Cocherel hieb mit der Faust in das Durcheinander des langen Tisches. Halb aufgerollte Pergamente lagen dort neben einer hingeworfenen Feder, einem offenen Tintenfass und einer silbernen Kanne, aus welcher der heiße, gewürzte Wein dampfte. Der Schwarze Landry lehnte an der dicken Platte dieses Tisches und wartete in aller Ruhe darauf, dass sich der Jähzorn seines Anführers wieder legte.
»Seid Ihr sicher, dass sie den Stern von Armor überhaupt noch besitzt?«, erkundigte er sich trocken. »Ich konnte keinen Hinweis darauf entdecken. Vielleicht hat ihr Großvater ihn an sich gebracht? Er scheint ein wahrer Geizhals zu sein.«
»Denkst du, ich hätte mich nicht längst um ihn gekümmert?« Cocherel lachte brutal auf. »Gordien hat ihn sich vorgenommen, sobald das Mädchen bei uns in Sicherheit war. Er versteht sich auf die Kunst, einem widerstrebenden Kerl am Ende jedes Geheimnis zu entlocken. Doch der Alte wusste von nichts!«
Die Falten in Landrys Mundwinkeln vertieften sich unter seinem Bart. Die Folterkünste von Hauptmann Gordien jagten sogar einem so abgebrühten Kämpfer wie ihm einen eisigen Schauer über den Rücken. Er empfand kein besonderes Mitleid mit einem Mann, der seine Enkelin auf diese Weise verschachert hatte, aber mit den Qualen, die der alte Edelmann unter Gordiens Händen erlitten haben musste, hatte er zumindest einen Teil seiner Sünden gebüßt.
»Nein, ich weiß, dass meine liebe Braut den Saphir irgendwo bei sich trägt«, verfolgte Cocherel seine Gedanken weiter. »Ich habe keinen Grund, an den Worten der Äbtissin zu zweifeln. Die Hexe war sich ihres Streiches einfach zu sicher. Sie dachte, sie hätte die fünf Steine für immer vor mir in Sicherheit gebracht!«
Landry kratzte sich den Bart. »Ihr habt bis zum letzten Faden alles durchsucht, was sie nach Cado gebracht hat. Was wollt Ihr noch tun?«
»Da sie ohnehin in meiner Gewalt ist, gönne ich ihr noch ein paar Tage vermeintlicher Sicherheit. Aber sobald der Medicus und der Priester eingetroffen sind, werde ich mich dieser Schönheit annehmen. Ich denke, das Weihnachtsfest werde ich bereits mit meiner stolzen kleinen Frau feiern – auf meine ganz besondere Weise ...«
Landry schwieg. Sein Herr wunderte sich nicht darüber. Der Schwarze Landry war kein Freund von überflüssigen Worten, aber er hatte Kampfkraft und Schlauheit bewiesen, ohne wie Gordien gleich nach der Macht zu schielen. Soweit er überhaupt dazu fähig war, vertraute Paskal Cocherel seinem zweiten Hauptmann.
Landry hingegen benötigte seine ganze Selbstbeherrschung, um die Erinnerung an ein paar seidige Lippen zu verdrängen, die sich süß und verführerisch unter den seinen geöffnet hatten, und um zu vergessen, wie sich der wohlgerundete Busen an seinen Brustkorb geschmiegt hatte, bis er vor Verlangen den Kopf verloren hatte.
Der Gedanke, dass all das von einem lüsternen, machtgierigen Grobian zerstört werden sollte, setzte ihm immer stärker zu. Oliviane de Rospordon mochte ihre Fehler haben, aber sie verdiente es nicht, von zwei alten Männern auf diese Weise verschachert zu werden. Freilich, was sollte er tun? Alle Beteiligten waren mit dieser Heirat einverstanden. Nicht zuletzt die Braut!
Der Herzog goss seinen Juwelen besetzten Becher von neuem voll und prostete dem Schwarzen Landry düster zu. »Es muss ein Ende mit dem Ärger haben, den mir die Weiber machen. Es bereitet mir kein Vergnügen mehr, seit Maé sich ebenfalls gegen mich gewandt hat!«
»Dann lasst Ihr sie frei?«
»Meinetwegen soll sie unter dem Torturm verrotten. Ich will sie nicht mehr sehen ...«
Landry hütete sich, seine Erleichterung zu zeigen. »Wenn Ihr meint ...« Er zuckte gleichgültig die Schultern. »Wann erwartet Ihr den Medicus und den Priester?«
»Verdammt, sie sollten längst da sein.«
»Zweifelt Ihr wirklich daran, dass das Mädchen noch Jungfrau ist?«, hakte der Schwarze Landry nach und ärgerte sich sogleich über seine Frage. Was hatte ihn das zu interessieren?
»Sie war Novizin, ich denke, sie ist rein wie frisch gefallener Schnee«, erwiderte der Söldnerführer und grinste gehässig. »Aber ich habe gelernt, keine Katze im Sack zu kaufen, mein Freund. Außerdem kann es nicht schaden, wenn die Dame erkennt, dass es nicht ratsam ist, mich zu belügen. Die Untersuchung durch den Medicus wird sie lehren, mich nicht zu unterschätzen! Wir werden sehen, wie die allzu hochfahrende, stolze Dame auf eine hübsche kleine Demütigung reagiert ...«
»Ihr könntet das von einer Hebamme tun lassen«, schlug Landry beherrscht vor.
»Noch ein Weib? Ich denke nicht daran!«, fluchte der Herzog in einem neuerlichen Zornesausbruch. »Ich traue keinem Weib! Unter diesem Dach wird kein Weib etwas zu sagen haben, solange ich der Herr im Hause bin!«
Landry verzichtete auf eine Antwort. Unter dem gelben, bösartigen Blick des Herzogs, der die schmalen Lippen über dem eckigen Kinn verzog, erschien es ihm ratsam zu schweigen. Zu viel war in den letzten Wochen geschehen, das diesen gefährlichen Wolf bis aufs Blut gereizt hatte. Und Landry befürchtete, dass Oliviane de Rospordon das Ihre dazutun würde, Paskal Cocherel endgültig zur Weißglut zu bringen.
Der Herzog schwieg und schüttete den Wein in langen durstigen Zügen die Kehle hinunter. Wenn er genügend Alkohol trank, gelang es ihm vielleicht, endlich zu vergessen.
»Am Ende wird es eine Frau sein, die dich dein Leben kostet!«
Aber was er auch tat und wie viel er auch trank, es gelang ihm nie, den verhängnisvollen Satz völlig aus seinem Gedächtnis zu verbannen, den ihm seine Tochter wie eine giftige Saat ins Hirn gepflanzt hatte – jenes Teufelsweib, das er besser nicht gezeugt hätte, denn mit dieser Tochter hatten all seine Schwierigkeiten begonnen.
»Verdammt! Der Krug ist leer! Sie sollen mir neuen Wein bringen!«
Landry eilte hinaus. Der wütende Befehl kam ihm gerade recht, damit er von dem Gespräch erlöst wurde. Argerlich war nur, dass er seinen Gedanken damit nicht entfliehen konnte. Gedanken, die sich in zunehmendem, verbotenem Maße um eine Frau drehten, die ihm nie gehören würde.