21

Chane erreichte den Höhlenrand, in der einen Hand Welstiels abgetrennte Finger – einer von ihnen trug den Ring des Nichts.

Er spürte überhaupt keinen Blutdurst mehr. Wie war das möglich?

Welstiels Rucksack lag an der Wand; offenbar hatte er ihn abgenommen, bevor er Magiere gegenübergetreten war. Chane nahm ihn an sich und lief zum Eingang des Tunnels.

Schritte kamen von dort, und er blieb abrupt stehen.

Ob es einer der neuen Untoten war oder Leesil und die anderen – Chane war zu müde für einen weiteren Kampf. Er wollte nur weg von diesem Ort.

Chane kehrte in die Höhle zurück, stand dort auf dem Sims und tastete nach dem Rand der nächsten Nische. Als er sicheren Halt fand, schwang er sich in den Hohlraum.

Dort sah er sich einer geduckten Gestalt gegenüber, die direkt aus dem Fels des Bodens zu wachsen schien. Er kroch an ihr vorbei, kauerte sich hinten in der Nische nieder und zog die Reste des Handschuhs von Welstiels Fingern.

Am zweiten von ihnen fand er den Ring des Nichts. Schwarzes Blut klebte daran.

Chane streifte ihn über den eigenen Finger, ohne die dunkle Flüssigkeit abzuwischen.

Die Wände der Nische verschwammen kurz vor seinen Augen.

Leesil lief durch den langen Tunnel, gefolgt von Sgäile. Er wurde erst langsamer, als er die Skelette in den Wandnischen bemerkte. Chap sauste an ihm vorbei, ohne ihnen Beachtung zu schenken.

Das Heulen des Hundes hallte laut durch den Tunnel, und kurz darauf erreichte Leesil die Höhle mit den Hunderten Grabnischen. Dampf stieg aus einem kreisförmigen Abgrund auf, über dem vier steinerne Brücken zu einer Plattform führten. Magiere stand einen Schritt von dieser Plattform entfernt auf dem nächsten Steg, und vor ihr, nur einige Schritte entfernt, befand sich Welstiel.

»Dort!«, rief Sgäile und deutete mit Leesils alter Klinge.

Der untersetzte Untote trat auf den Steg.

Leesil konnte Chane nirgends entdecken, als er wieder loslief. Chap erreichte den Untoten als Erster und schnappte nach dem Saum der Kutte.

»Halt ihn fest!«, rief Leesil.

Er packte den großen Untoten an der Schulter und sah gleichzeitig aus dem Augenwinkel, wie Welstiel Magieres ersten Hieb abwehrte.

Leesil zog, und Chap wich zurück, die Kutte zwischen den Zähnen, deren Stoff bereits halb zerrissen war. Der kräftig gebaute Untote taumelte, und im gleichen Moment war Sgäile heran und hob Leesils alte Klinge.

Der Untote fing sich, wirbelte herum und schwang seinen Eisenknüppel.

Leesils Hand löste sich von der Schulter des früheren Mönchs. Er taumelte, und Sgäile duckte sich gerade noch rechtzeitig, um nicht von der Eisenstange getroffen zu werden. Sie schwang weiter herum und zielte genau auf Leesils Nacken.

Es war ihm nicht möglich, das Gleichgewicht wiederzufinden, und er hob beide Klingen.

Stahl prallte auf Stahl, so heftig, dass Leesils Arm zitterte und er endgültig das Gleichgewicht verlor. Er fiel und landete schwer auf dem Boden.

Der Untote drehte sich um und lief über die steinerne Brücke.

Magiere wünschte sich den alten Zorn herbei und drängte alles beiseite, was nicht Welstiel betraf. Die Wut kam, als sie zum ersten Mal ausholte und zuschlug.

Welstiel parierte den Hieb mit seinem Langschwert, während schwarzes Blut von der verstümmelten anderen Hand tropfte. Er wich noch einen Schritt zurück und lockte Magiere damit weiter auf den Steg. Dampf machte ihr Haar feucht, und einzelne Strähnen klebten an ihren Wangen.

»Dies ist nicht nötig!« Welstiel brüllte fast. »Ich weiß, dass jenes Wesen zu dir spricht und dich zu täuschen versucht. Hör nicht auf die Stimme, die im Schlaf flüstert und mit uns beiden gespielt hat! Alles, was ich getan habe, diente dem Schutz der Kugel …«

»Damit du sie bekommst!«, erwiderte Magiere.

Die Erwähnung der flüsternden Stimme, der Verbindung zwischen ihr und ihm, ließ den Zorn in Magiere anwachsen. Sie knurrte und holte erneut aus.

Welstiel senkte sein Langschwert und wehrte das Falchion damit ab.

Wieder prallte Stahl auf Stahl, und Welstiel schwankte, drehte dabei das Schwert. Das Falchion glitt daran entlang und zur Seite. Mit einer fließenden Bewegung hob Welstiel seine Klinge und schlug nach Magieres Hals. Ihr blieb nicht genug Zeit, mit dem Falchion zu parieren, und deshalb duckte sie sich.

Das Langschwert strich über ihren Kopf hinweg. Magiere stieß mit ihrer Waffe zu und traf Welstiels Seite.

Er riss den Mund auf und wich einen weiteren Schritt zurück.

Die Klinge, die er geschaffen hatte, um sich gegen ihren Vater zu verteidigen, wurde nun gegen ihn eingesetzt. Er fühlte ihr Brennen wie jeder andere Untote.

Sein Schmerz erfüllte Magiere mit Genugtuung und dem Wunsch, ihm noch mehr Leid zuzufügen.

Als Magelia nach der Geburt im Bett verblutet war, hatte Welstiel ihr einziges Kind genommen, die Frucht der Vergewaltigung durch einen Untoten und des Blutrituals eines Nekromanten.

Doch Bryen und Ubâd existierten nicht mehr. Welstiel sollte für alle drei leiden.

Mit der freien Hand griff Magiere nach hinten und zog den langen silbernen Kriegsdolch hinter ihrem Gürtel hervor.

Leesil drehte sich auf die Seite und schlug nach dem Bein des Untoten. Seine Klinge traf die Wade, schnitt durch Stiefel und Hose. Der Vampir drehte ruckartig den Kopf.

Der Blick irr glitzernder Augen richtete sich auf Leesil. Das Geschöpf schlug mit seinem Eisenknüppel zu, und Leesil wich aus. Steinsplitter spritzten ihm ins Gesicht, als die Stange auf den felsigen Boden traf.

Leesil drückte seine Klinge darauf, bevor der Untote sie wieder heben konnte. Chap sprang hervor, biss ins andere Bein des Vampirs, und Leesil konnte deutlich den Riss erkennen, den seine Waffe in der Wade verursacht hatte.

Es rann noch etwas schwarze Flüssigkeit übers Bein, aber die Wunde existierte nicht mehr – sie hatte sich bereits geschlossen.

Die Eisenstange bewegte sich. Es quietschte, und Funken stoben, als sie unter Leesils Klinge hervorkam. Leesil sah nach oben und beobachtete, wie Sgäile zutrat.

Der Kopf des Untoten ruckte nach hinten. Chap biss erneut zu, diesmal in die Seite des Knies.

»Über den Rand!«, rief Sgäile. »In die Tiefe!«

Chap bohrte die Zähne noch tiefer ins Knie, und Leesil trat nach dem anderen Bein des Untoten.

Sgäile wirbelte um die eigene Achse, und sein Fuß traf erneut.

Leesil erhaschte einen Blick auf Magiere.

Welstiel wich über die steinerne Brücke zurück, und Magiere griff ihn an, sowohl mit ihrem Falchion als auch mit dem Dolch.

Magiere drehte den Dolch und hielt ihn mit der Spitze nach unten. Das schwere Falchion war langsamer als Welstiels Langschwert, und mit dem Dolch ließ sich nicht gut parieren. Aber die Klinge am Unterarm verhinderte vielleicht, dass sie die Hand verlor, wenn sie einen Hieb blockieren musste. Es ging darum, Welstiels Schwert aufzuhalten, nur für einen Moment.

Seine Kleidung war an der Seite aufgerissen, und dunkle Flüssigkeit zeigte sich an den Rändern dieses Risses. Doch darunter sah Magiere keine offene Wunde, sondern nur eine Narbe.

Die von ihrem Falchion verursachte Wunde konnte sich unmöglich so schnell geschlossen haben.

»Ich empfange Kraft … von der Kugel«, flüsterte Welstiel. »Aber du … Du lebst und atmest. Was auch immer du von der Kugel bekommst … Es ist nicht nötig, dir den Kopf abzuschlagen, um dich zu töten.«

Magiere zögerte. Sie wusste nicht, bis zu welchem Ausmaß die Kugel sie beeinflussen konnte, und sie wollte es auch nicht herausfinden. Wenn ihr Halbbruder recht hatte, musste sie ihn köpfen, bevor sie zu müde wurde.

Welstiel senkte das Langschwert und stieß es dann nach vorn, zielte damit zwischen ihren beiden Klingen hindurch auf die Brust. Magiere wich zur Seite und streckte den linken Arm.

Die flache Seite des Dolchs stieß gegen das Schwert. Welstiel duckte sich und schob seine Waffe weiter nach vorn; die Klinge kratzte über den Dolch.

Die Spitze des Schwerts bohrte sich in die obere Hälfte von Magieres rechtem Arm, und es gab keinen Zorn, der sie vor dem Schmerz schützte. Sie taumelte und ließ das Falchion fallen.

Leesil kam auf die Beine, als Chap nach der Kehle des Untoten schnappte. Sgäiles letzter Tritt und das plötzliche Gewicht des Hundes raubten dem Untoten das Gleichgewicht, und er wankte zum Rand des Abgrunds.

Chap ließ nicht locker.

Leesil warf eine seiner Klingen beiseite und streckte die Hand aus, um Chap am Genick zu packen, aber er war noch immer halb betäubt, weil er gerade gesehen hatte, wie Magiere von Welstiel verletzt worden war.

Eine plötzliche Erinnerung stieg in ihm auf.

Er hatte allein im Schankraum des »Seelöwen« gesessen und getrunken, als Rattenjunge durch ein Fenster geklettert war. Bei dem Geräusch hatte er ein Stilett gezogen und es geworfen. Doch die Klinge hatte sich in einen Tisch gebohrt und nicht wie beabsichtigt den Kopf des kleinen Vampirs getroffen.

Nur Chap konnte diesen vergessenen Moment in ihm geweckt haben. Es war der Versuch, ihm mitzuteilen, was er tun, wen er retten sollte.

Leesil zog ein Stilett aus der Unterarmscheide, holte aus und warf es.

Magiere schnappte nach Luft, als Welstiel ihr das Langschwert aus dem Arm zog. Zorn regte sich in ihr, genügte aber nicht, um ihr den Schmerz zu nehmen und sie mit neuer Kraft zu erfüllen.

Die Spitze des Schwerts hatte ihren Arm kaum verlassen, als Welstiel sie hob und erneut zustieß.

Magiere schaffte es gerade noch, das Langschwert mit dem vom Dolch geschützten Unterarm beiseitezustoßen, wodurch die Spitze nicht ihren Hals traf, sondern übers Leder an der Schulter strich. Der scharfe Stahl schnitt es nicht auf, aber die Berührung bewirkte, dass Magiere das Gleichgewicht verlor.

Welstiel hob das Schwert über den Kopf. Die schmale steinerne Brücke ließ Magiere nicht genug Platz, um auszuweichen, und deshalb hob sie den Arm mit dem Dolch, um den Hieb zu parieren.

Welstiel taumelte.

Das Langschwert verharrte in der Luft und zitterte über ihm. Er riss die Augen auf, und sein Mund öffnete sich, zeigte zusammengebissene Zähne.

Magiere war so überrascht, dass sie nicht sofort reagierte. Dann drehte sie den Dolch in ihrer linken Hand und schlug damit nach dem Knie ihres Halbbruders.

Die Klinge schnitt durch die Hose. Welstiel schrie schmerzerfüllt, und Magiere hörte ein Zischen, das von dem Dolch kam. Beide Geräusche ließen sie zusammenfahren.

Rauch stieg vom Schnitt in Welstiels Bein auf. Als er auf der Brücke torkelte und sich dabei halb drehte, sah Magiere das Stilett, das unter seinem linken Schulterblatt im Rücken steckte. Sie blickte auf den Dolch in ihrer Hand hinab. Ein rotes Glühen zeigte sich in der zuvor kohlschwarzen haarfeinen Linie in der Klingenmitte und verschwand schnell wieder.

Welstiel drehte sich um. Kalter Zorn glänzte in seinen Augen, als er näher kam.

Magiere versuchte gar nicht erst, ihr Falchion aufzuheben. Sie hielt den Dolch bereit, als Welstiel sein Schwert hob und damit zuschlug.

Die beiden Waffen prallten aufeinander, und Funken stoben, tanzten durch die feuchte Luft und verschwanden im Dunst. Magiere neigte ihren Dolch ein wenig zur Seite.

Als Welstiels Schwert wegrutschte, stieß sie die eigene Klinge nach vorn und zielte dabei auf das Gesicht ihres Halbbruders.

Welstiels Kopf ruckte zur Seite, und er schrie – der Geruch von verbrannter Haut erreichte Magieres Nase. Sie holte aus und schlug erneut zu, hatte es diesmal auf den Schwertarm ihres Halbbruders abgesehen. Der Dolch schnitt über sein Handgelenk, und Rauch stieg davon auf. Das Langschwert fiel ihm aus der erschlafften Hand, und er heulte voller Wut und vor Schmerz.

Das Schwert fiel mit einem Klappern auf die steinerne Brücke.

Mit der fingerlosen Hand griff Welstiel nach dem verletzten Handgelenk. Er versuchte, sein rauchendes Gesicht mit beiden Armen abzuschirmen, und ein Fuß glitt über den Rand des Stegs.

»Nein!«, rief Magiere. »So einfach kommst du mir nicht davon!«

Sie packte ihn, als er fiel, hielt ihn am Unterarm fest. Sein Gewicht brachte sie auf die Knie, und ihre Hand rutschte am Unterarm entlang zum Handgelenk.

Magiere ließ nicht los, und Welstiel versuchte, sich wieder nach oben zu ziehen.

Sie wollte nicht den Rest ihres Lebens damit verbringen, sich zu fragen, ob er wirklich in der Tiefe ums Leben gekommen war. Die Last eines solchen Zweifels wollte sie nicht tragen. Aber sie dachte auch nicht daran, den Dolch fallen zu lassen, damit sie mit der zweiten Hand zugreifen konnte.

Magiere stieß die Klinge in Welstiels Brust.

Diesmal schrie er nicht einmal, als Rauch von dem heißen Dolch ausging. Mit ihrer Waffe zog sie seinen Oberkörper halb auf die steinerne Brücke, ließ sein Handgelenk los, drückte ihm das Knie auf die Brust und griff mit der freien Hand nach dem Haar.

Welstiel erbebte, als sie den Dolch aus seinem Leib zog.

Die Klinge knisterte und war so heiß, dass die schwarze Flüssigkeit daran verdampfte. Magiere hielt sie ihm an den Hals.

Ein schwarzer Riss erschien zwischen Welstiels Augen; er führte zum Nasenrücken und weiter über die Wange bis zum Mund. Zähne und Knochen zeigten sich unter der dampfenden, aufgerissenen Haut. Seine Augen waren voller Schmerz und Verwirrung – er schien nicht glauben zu können, dass dies wirklich geschah.

Und es reichte Magiere noch immer nicht.

Nicht nach all dem, was sie und andere durch Welstiels Schuld erlitten hatten. Sie beugte sich zum entstellten Gesicht hinab und flüsterte: »Was auch immer dich erwartet, wenn du die Hölle erreichst … Gib meinen Hass an Vater weiter!«

Magiere drückte zu, und Welstiels Gesicht erschlaffte, als sie ihm den Hals durchschnitt.

Die Klinge kratzte über den Stein darunter.

Dann ließ Magiere ihren Halbbruder los und seine Leiche in die Tiefe fallen.

Leesil hoffte, dass sein Stilett getroffen hatte. Er lief zu Chap, wusste aber, dass er ihn nicht rechtzeitig erreichen konnte.

Der große Untote prallte mit dem Rücken auf den Rand der steinernen Brücke, rollte zur Seite und fiel.

Sgäile ließ Leesils alte Klinge fallen und eilte zum Steg.

Mitten in der Luft versuchte Chap, von der Brust des Untoten zu springen, doch nur seine Vorderläufe erreichten die steinerne Brücke. Sgäile griff nach unten und zog den Hund ganz auf den Steg. Die Hände des heulenden Untoten fuhren durch leere Luft, und er verschwand in den dunstigen Tiefen des Abgrunds.

Leesil hatte Chap und Sgäile fast erreicht, als sein Blick über den Steg strich.

Auf halbem Weg zur Plattform kniete Magiere und schaute über den Rand, doch von ihrem Halbbruder Welstiel war weit und breit nichts mehr zu sehen.

»Duck dich!«, rief Leesil.

Sgäile kam der Aufforderung nach, und Leesil sprang über ihn hinweg. Bevor er Magiere erreichte, hob sie den Kopf.

Ihre Finger steckten im Haar eines abgetrennten Kopfs, und Leesil sah die weißen Stellen an den Schläfen, als er stehen blieb. Magiere sackte in sich zusammen und schloss die Augen. Ihr Gesicht blieb starr, aber Leesil sah trotzdem den Schmerz darin. Nicht einmal Welstiels Tod hatte sie davon befreien können.

Magieres Augen blieben geschlossen, als sie ausholte und den Kopf dem Körper hinterherwarf.

Leesil beobachtete, wie er in die Tiefe fiel, immer kleiner wurde und verschwand. Den Aufprall weit unten hörte niemand.

Magiere fühlte sich, als wäre sie gerade aus einer der sieben Höllen erwacht, die Leesil immer wieder in seinen Flüchen erwähnte. Welstiel war tot, aber dadurch änderte sich nichts für sie.

Sie blieb, was sie war, und auch das, was die Zukunft für sie bereithielt, blieb unverändert.

Dann ging Leesil vor ihr in die Hocke.

Magiere sah in seine großen, leicht schrägen bernsteinfarbenen Augen unter den weißblonden Brauen. Was würde er zu alldem sagen? Was gab es überhaupt zu sagen? Aber der Anblick seines braunen Gesichts und des hellen Haars holte sie aus jener Hölle.

»Wo ist Chane?«, fragte er sanft.

Die Worte brachten Magiere ganz zurück. »Ich weiß nicht.«

Leesil drehte sich um, und Magiere bemerkte Sgäile und Chap am Ende der steinernen Brücke.

»Bleibt dort!«, rief sie ihnen zu. »Bewacht den Tunnel. Chane treibt sich irgendwo herum.«

Chap lief los, und Sgäile folgte dem Hund vom Steg hinunter. Leesil wandte sich wieder Magiere zu.

»Lass mich deinen Arm ansehen.«

Sie hatte die Wunde ganz vergessen, und seltsamerweise spürte sie nicht den geringsten Schmerz. Leesil zog die beiden blutverschmierten Ränder des Schnitts in ihrem Wollpullover auseinander, wischte mit den Fingerkuppen vorsichtig Blut vom Arm … und hielt plötzlich inne.

Magiere sah keine Wunde, nicht einmal eine Narbe.

»Selbst du heilst nicht so schnell«, sagte Leesil beunruhigt. »Ich habe gesehen, wie sich bei dem großen Untoten eine Wunde sehr schnell schloss. Was geht hier vor?«

Welstiel hatte behauptet, in der Präsenz der Kugel praktisch unverwundbar zu sein, im Gegensatz zu Magiere. Offenbar hatte er sich geirrt, wodurch sie sich allerdings nicht besser fühlte. Sie drehte sich auf einem Knie und sah zur Kugel. Li’kän stand noch immer da und starrte auf sie hinab – auf der Plattform hatte sich nichts geändert.

»Komm!«, drängte Leesil. »Bevor wir weitere Überraschungen erleben.«

Er ergriff ihren Arm und half ihr hoch.

Magiere hob ihr Falchion auf, steckte es aber ebenso wenig in die Scheide wie den Dolch. Als sie die Plattform betrat, hielt sie den Blick auf die weiße Untote gerichtet.

Dieses uralte Geschöpf – oder das Etwas, das es kontrollierte – wollte, dass Magiere die Kugel bekam. Aber warum hatte Li’kän nichts unternommen, um ihr gegen Welstiel zu helfen?

»Was ist mit ihr?«, fragte Leesil.

Magiere atmete tief durch. »Ich glaube, sie war schon sehr lange nicht mehr hier unten. Beim Anblick der Kugel ist sie einfach erstarrt.«

»Was hat es mit der Kugel auf sich?«, flüsterte Leesil.

Darauf wusste Magiere keine Antwort. Sie war weder Mystikerin noch Weise und bezweifelte, dass selbst solche Leute imstande gewesen wären, diese Kugel zu verstehen. Sie war nur eine Trickbetrügerin, die es satthatte, arme Bauern hereinzulegen, und eine Dhampir, unter den schlimmsten denkbaren Umständen geboren. Doch der Instinkt sagte ihr, dass die Kugel an diesem Ort nicht mehr sicher war, und das mussten auch die Chein’âs gewusst haben.

Sie hatten ihr den Reif geschenkt, den Wynn Thôrhk nannte.

Einer plötzlichen Eingebung folgend schob Magiere das Falchion in die Scheide und den Dolch hinter den Gürtel. Dann warf sie das Haar zurück und löste den Reif vom Hals. Die Verdickungen an seinen Enden und die Aussparungen in der Spitze, die aus der Kugel ragte … War der Reif vielleicht eine Art Griff, an dem man die Kugel tragen konnte?

Leesil runzelte die Stirn, als Magiere den Reif über die Spitze hielt.

Die Knäufe glitten durch die Rillen und senkten sich dann in die Aussparungen. Mit beiden Händen ergriff Magiere den Reif wie den Henkel eines Eimers und versuchte, die Kugel aus dem steinernen Ständer zu ziehen.

Sie hatte Widerstand erwartet. Woraus auch immer die Kugel und ihre Spitzen oben und unten bestanden – das Material sah schwer aus. Zu ihrer Überraschung ließ sich die Kugel leicht anheben.

Ein Summen umgab Magiere plötzlich und füllte die ganze Höhle. Oder befand es sich in ihrem Innern, vibrierte durch ihre Knochen und hallte in ihrem Kopf?

»Nein!«, rief Leesil. »Leg sie zurück!«

Magiere fühlte, wie ihr Wassertropfen ins Gesicht fielen. Sie sah sie auf ihren Händen, als sich die Feuchtigkeit um sie herum zu verdichten schien. Licht kam von unten, und sie senkte den Blick.

Die Spitze hing frei und baumelte an den Knäufen des Reifes. Magiere hatte nicht beide Gegenstände zusammen gehoben, sondern die Spitze aus der Kugel gelöst.

Die Kugel ruhte noch immer im Ständer, und das Licht kam von ihr – sie schien sich in Licht verwandelt zu haben. Der Glanz spiegelte sich in den einzelnen Wassertropfen auf Magieres Armen und Händen wider.

Regenbogenfarben wogten durch die Kugel und verschmolzen plötzlich miteinander – das Artefakt erstrahlte blaugrün.

»Setz die Spitze wieder in die Kugel!«

Magiere hörte Leesils Ruf, konnte sich aber nicht umdrehen. Das Licht brannte so heiß, dass das Bild vor ihren Augen verschwamm wie bei Schneeblindheit.

Nur die Kugel blieb deutlich zu erkennen.

Magiere konnte sich nicht bewegen, fühlte aber, dass jemand den Reif berührte.

Chap wandte sich um, als sich Licht in der Höhle ausbreitete. Es kam von der Plattform und war so hell, dass er sich unwillkürlich duckte.

Drei vage Silhouetten zeichneten sich in dem Gleißen ab. Chap spürte ein sonderbares Prickeln, und sein Fell sträubte sich.

Feen – er fühlte, wie sich die Seinen an diesem Ort manifestierten.

Er drehte den Kopf und sah, dass sich Sgäile die Augen abschirmte. Hinter dem Elf bluteten die Wände … Wasser.

Tropfen kamen aus dem Gestein und lösten sich davon, fielen aber nicht, sondern schossen zur Plattform, wie waagerechter Regen, dessen Ziel das blaugrüne Leuchten war.

Chap spürte eine Verbindung mit Erde, Feuer, Luft und Geist … und eine überwältigende Präsenz von Wasser. Er hatte nicht versucht, Kontakt mit den Elementen der Existenz aufzunehmen, doch sie drängten sich ihm auf, vor allem das Wasser.

Er erinnerte sich an seine Geburt.

Jeder Schmerz und alle anderen Wahrnehmungen strömten durch seinen Geist. Er glitt noch weiter zurück und erinnerte sich fast an sein Leben bei den Seinen, den Feen.

Sie – er – hatten einen Verlust beklagt.

Nein, eine Sünde, in einem Augenblick, bevor der erste »Moment« existierte.

Als die »Zeit« am Beginn der Schöpfung entstand.

Chap kroch im blendenden Licht nach vorn und tastete mit den Pfoten nach dem Rand der steinernen Brücke. Im Geiste rief er den Seinen zu:

Was … war so schrecklich … bei der Erschaffung dieser Welt? Was habt ihr … was haben wir getan?

Er bekam keine Antwort.

Früher, als er mit den Seinen eins gewesen war, hatte ihm die Zeit nichts bedeutet. Jetzt rang er mit Momenten, Tagen und Jahren wie mit Mauern, die um seine verlorenen Erinnerungen herum aufragten. Doch er fühlte die Präsenz von Feen an diesem Ort.

Chap hob den Kopf und versuchte, ins Licht zu schauen.

Nur eines? Es war nur ein Feenwesen hier?

Wie konnte er eines wahrnehmen und nicht die vielen? Soweit er wusste, gab es in dieser Welt sonst niemanden wie ihn.

Das Prickeln wurde deutlicher.

Ein wortloses Zischen in Chaps Kopf ließ ihn schaudern. Für einen Moment verwandelte es sich fast in ein Summen und Knistern.

Er fühlte sie ganz deutlich, die Präsenz eines anderen Feenwesens, die gleiche Präsenz, die er beim Rückzug aus Li’käns Bewusstsein gespürt hatte.

Und dann verschwand diese Präsenz plötzlich. Von einem Augenblick zum anderen hörte das Prickeln auf, und Chap schnappte nach Luft.

Im grellen Licht auf der Plattform hatte Magiere etwas getan, das die Kugel weckte oder aktiv werden ließ.

Das Warum und Wie verstand er nicht, ahnte aber, dass es einen guten Grund dafür gab, warum jenes uralte Artefakt so weit oben in den kalten Bergen aufbewahrt wurde, über einer glühenden Tiefe.

Noch immer stoben Wassertropfen dem Licht entgegen.

»Was geschieht hier?«, rief Sgäile.

Chap eilte nach vorn, hielt den Blick gesenkt und konnte kaum die Umrisse seiner Pfoten auf dem Stein erkennen. Rechts und links gab es nur das Gleißen, und vor ihm erstreckte sich das dunkle Band des Stegs.

Chap setzte den Weg fort und näherte sich der Plattform.

Leesil griff nach Magieres Händen und wandte das Gesicht von der strahlenden Kugel ab. Zwar glänzte sie blaugrün, doch das Licht in der Luft war weiß und grell. Er fühlte Wassertropfen, wie ein plötzlicher Regen, der aber nicht von oben kam, sondern von allen Seiten, aus allen Richtungen. Mit fast schmerzhafter Wucht prallten die Tropfen gegen ihn und rollten dann über ihn hinweg, wie von der Kugel angesaugt.

Er schloss die Augen und rief: »Lass los! Lass die verdammte Kugel fallen, Magiere!«

Ganz gleich, wie fest er ihre Hände drückte, sie lösten sich nicht vom Reif.

Etwas packte ihn von hinten und zerrte ihn zurück, wodurch sich seine Finger von Magieres Händen lösten. Leesil fiel, landete hart auf dem Boden und rollte sich herum. Instinktiv suchte er nach Halt, aus Furcht, über den Rand der steinernen Brücke zu rutschen und in die Tiefe zu stürzen.

Er sah zu Magiere zurück, und in dem grellen Licht begannen seine Augen sofort zu brennen. Tränen lösten sich aus ihnen und gesellten sich den Wassertropfen hinzu, die zum Licht hinter Magiere flogen.

Ihr Körper schirmte die Kugel ab, als stünde sie vor der Sonne, und dadurch wurde sie zu einer dunklen Silhouette. Weißes Licht umstrahlte sie, und darin verlor sich alles andere.

Bis eine andere Silhouette erschien und sich Magiere näherte.

Sie war kleiner und schmaler, beugte sich an Magiere vorbei über die Kugel.

Leesil wandte sein Gesicht Magiere zu und kroch näher. Die aufsteigenden Dampfschwaden wurden dünner, und er konnte die Wände der Höhle sehen. Die Grabnischen in ihnen waren im grellen Licht kaum mehr als ovale Flecken.

Sie gerieten in Bewegung.

Wie Schatten, gegen die das Licht nichts ausrichten konnte, krochen sie an den Höhlenwänden entlang.

Leesil strich sich mit dem Handrücken über die Augen und versuchte, besser zu sehen.

Die wogenden Bewegungen der Schatten dauerten an. Sie flossen zusammen, wie eine Schlange ohne Anfang und Ende, und dieser riesige dunkle Schlangenleib wand sich überall an den Wänden der Höhle.

Leesil kroch weiter auf Magiere zu. Als er sich ihr näherte, schirmte ihn ihr Körper gut genug ab, dass er den Kopf heben und sie ansehen konnte.

Eine undeutliche Gestalt ragte hinter ihrer Silhouette auf.

Weitere Schatten verschmolzen und bildeten einen Kopf, der größer wurde – oder näher kam.

Zuerst dachte Leesil, er sähe den schlangenartigen Wächter, dem er bei der Grabstätte der Elfenahnen begegnet war. Doch der Kopf schwoll weiter ein, und Einzelheiten zeigten sich.

Leesil glaubte, Vorsprünge zu erkennen, beziehungsweise Hörner oder Stacheln, und darunter glänzten lidlose, weit auseinanderstehende Augen. Dicke, gewölbte Schuppen umgaben sie und reichten in gewundenen Linien über eine lange Schnauze.

Der Reptilienkopf kam am Ende des dunklen Leibs nach oben. Das Maul öffnete sich.

Leesil stand hastig auf.

Im großen Rachen des riesigen Wesens sah er lange Reihen durchsichtiger Zähne, jeder von ihnen so lang wie seine Beine.

Es war keine Schlange, auch wenn es auf den ersten Blick so aussah. Leesil wusste nicht, wie er das Geschöpf nennen sollte.

Das Licht war so grell, dass er die Augen schließen musste, als er sprang, gegen Magiere stieß und die Arme um sie schlang.

Nur einmal sah er kurz hoch.

Das schuppige Ungeheuer riss seinen Rachen noch weiter auf, als wollte es die ganze Plattform verschlingen, und der Kopf kam herab.

Leesil zerrte Magiere mit seinem ganzen Gewicht zurück.

Magiere sah keine Höhle und fühlte keinen Reif. Sie sah nichts anderes als weißes Licht. Und dann, von einem Augenblick zum anderen, verwandelte sich das weiße Licht in Dunkelheit.

Ein riesiger dunkler Schuppenleib umgab sie.

Sie hörte ein zischendes Flüstern, als sei sie eingeschlafen, um ein letztes Mal jenen Traum zu träumen. Aber die zischende Stimme flüsterte ihr keine Worte zu.

Plötzlich regte sich die Dhampir in ihr. Sie fühlte eine untote Präsenz, und zwar in unmittelbarer Nähe.

Die jähe Dunkelheit um sie herum schien nur aus dem riesigen Schuppenleib zu bestehen.

Etwas berührte Magieres Hände – sie konnte wieder ihre Hände spüren –, und Weißes flutete ihren Augen entgegen.

Kleine, bleiche Hände drückten auf ihre eigenen, und etwas schlang sich ihr um die Brust, übte auch dort Druck aus.

Magiere verharrte und merkte, dass sie auf der Person lag, die sie zurückgezogen hatte.

Um sie herum gab es kein gleißendes Licht mehr. Das orangefarbene Glühen war in die Höhle zurückgekehrt.

Für einen Moment hingen Wassertropfen in der Luft. Dann fielen sie alle, und das Prasseln eines Regens ertönte. Anschließend wurde es wieder still.

Magiere sah zur Kugel und bemerkte Li’kän neben dem Ständer.

Die Hände der weißen Untoten ruhten auf dem Reif, und die Spitze war ins Artefakt zurückgekehrt, war wieder eins mit der Kugel. Der blaugrüne Glanz existierte nicht mehr; das einzige Licht stammte aus der Tiefe unter der Plattform.

Jemand bewegte sich unter Magiere, und sie sah Leesils Hände über ihrer Brust gefaltet. Sie löste seinen Griff und drehte sich zur Seite.

Seine Augen waren so fest zugekniffen, dass das Gesicht zu einer Grimasse wurde, und es war ebenso nass wie sein Haar. Magiere tastete nach seinem Kopf.

»Sieh mich an!«, rief sie. »Leesil … öffne die Augen!«

Seine Lider kamen nach oben, und er schnappte nach Luft. Dann reckte er den Hals und sah sich in der Höhle um.

»Leesil!«, flüsterte Magiere und nahm sein Gesicht zwischen die Hände. »Leesil?«

Nie zuvor hatte sie so viel Furcht in seinen Augen gesehen.

Chap erschien neben ihnen und knurrte, als er zu Li’kän und der Kugel sah.

Die weiße Untote hatte sich nicht bewegt, und ihr Blick galt noch immer dem uralten Artefakt.

Chane beobachtete die Ereignisse. Er sah, wie Wasser aus den Höhlenwänden kam, wie zahllose Tropfen zur Kugel stoben und im grellen Licht verschwanden. Als das Gleißen noch heller wurde, musste er den Kopf senken und sich die Augen abschirmen.

Der schmerzhaft intensive Glanz brachte seinen Blutdurst zurück.

Er brodelte in ihm, und Chane krümmte sich in der Nische zusammen, als das Tier in seinem Innern zu zucken begann.

Als das durch die gesenkten Lider dringende Gleißen nachließ, verschwand die Gier nach Blut wieder aus ihm. Das Tier in seinem Innern wimmerte und duckte sich im Dunkeln.

Er öffnete die Augen und sah die weiße Untote, die vor Welstiels verlorenem Schatz stand.

Für Welstiel hatte Chane nur Verachtung übrig, für jenen Mann, der alles riskiert hatte, um jenes Objekt zu bekommen, in der Hoffnung, nie wieder Blut trinken zu müssen. Trotz seines Wissens war Welstiel ein Narr gewesen, und das hatte ihn das Leben gekostet. Dieses Ding, dieses Artefakt … Es hätte hier vergessen bleiben sollen.

Während seiner kurzen Existenz als Edler Toter hatte Chane immer jemandem gehorchen müssen, erst Toret und dann Welstiel. Jetzt war er frei, doch er stand mit leeren Händen da.

Chane wusste nicht genau, was er angesichts von Welstiels zweitem Tod empfand. Ein Teil von ihm hatte sich gewünscht, Welstiel würde Magiere besiegen. Noch besser wäre es gewesen, wenn beide in die Tiefe gestürzt wären.

Er beobachtete, wie der verwundete Elf über die steinerne Brücke zu den anderen eilte. Damit war der Weg zum Tunnel frei.

Wo befand sich Wynn?

Vielleicht hatte Leesil sie an einem sicheren Ort versteckt, irgendwo in der Burg.

Lautlos kroch Chane aus der Nische und schlich zum Tunnel.

Der Ring des Nichts verhinderte, dass Magiere oder Chap seine untote Präsenz wahrnahmen, und sie blieb auch Leesils Amulett verborgen. Aber man konnte ihn sehen, wenn er nicht aufpasste. Geduckt schob er sich an der Wand entlang zum Tunnel und richtete sich erst auf, als ihn die Dunkelheit darin verschluckt hatte. Dann lief er durch die Finsternis.

Die schwere Steintür am oberen Ende des Tunnels stand noch immer einen Spaltbreit offen. Chane blieb davor stehen und beugte sich vor.

Der jüngere Elf, der den Arm um Wynn geschlungen hatte, lag bewusstlos auf dem Boden, doch von der jungen Weisen war nichts zu sehen.

Chane streckte den Kopf durch die Lücke zwischen den beiden Türflügeln, und plötzlich sah er Wynn.

Sie stand an der letzten Regalwand, doch ihre Aufmerksamkeit galt nicht etwa einer Schriftrolle oder einem Buch, sondern der steinernen Wand der Bibliothek. Ihre Finger folgten dunklen Schriftzeichen, und ihre Lippen bewegten sich lautlos, als sie las.

»Wynn …«, krächzte Chane und verabscheute den Klang der eigenen Stimme.

Die junge Weise drehte sich um und wich zur Wand zurück.

Ihre braunen Augen wurden groß, als sie ihn erkannte. Ihr olivfarbenes Gesicht war schmutziger als in seinen nächtlichen Visionen. Anstelle eines grauen Umhangs trug sie jetzt eine gelbe Hose und einen langen Mantel.

Wynn trat einige Schritte näher und blieb zwischen ihm und dem bewusstlosen Elfen stehen.

»Ich werde nicht zulassen, dass du ihm etwas antust«, sagte sie. »Er ist einer von unseren Beschützern.«

Chane fühlte sich plötzlich wie betäubt, nicht weil Wynn versuchte, diesen Mann vor ihm zu schützen, nicht einmal wegen des Blicks, den sie auf ihn richtete und der Furcht und Argwohn verriet. Ihn schmerzte vor allem, dass sie guten Grund hatte, so auf ihn zu reagieren.

»Ich habe dich sterben sehen«, flüsterte sie.

»Hast du um mich getrauert?«

Die Frage kam aus seinem Mund, bevor er sie zurückhalten konnte. Die Worte klangen dumm und egozentrisch, schon als er sie aussprach.

»Ja«, antwortete Wynn. »Ich habe in jener Nacht geweint und in vielen weiteren Nächten.«

Chane musterte sie. Niemand in seinem verlorenen Leben hatte je um ihn geweint, seine Mutter ebenso wenig wie die Gefährten seiner Jugend.

»Aber ich habe um den Gelehrten getrauert, den ich kannte«, fügte Wynn hinzu. »Nicht um den wahren Chane, der Welstiel beim Morden half und dabei, die Diener des Erbarmens in geistlose Tiere zu verwandeln.«

Tiere. Chane zuckte zusammen, und Zorn regte sich in ihm. Am liebsten hätte er Wynn angeschrien, doch er musste sich eingestehen, dass sie erneut recht hatte.

Er hatte sich ebenso getäuscht wie sie. Bei ihrer ersten Begegnung hatte er sich als junger, sanftmütiger Gelehrter ausgegeben, der nach Gleichgesinnten suchte. Und später hatte er Welstiel geholfen, die Mönche jenes Klosters zu töten.

»Ich habe sie nicht verwandelt«, krächzte er und senkte den Kopf. »Aber ich habe ihn auch nicht daran gehindert … und es seitdem immer wieder bereut.«

Wynns Blick wurde etwas weicher, aber nur kurz. »Sind meine Gefährten in Sicherheit?«

Noch mehr Argwohn und ebenfalls gerechtfertigt. Chane begriff, dass ihm nicht viel Zeit blieb.

»Magiere hat Welstiel geköpft und die von ihm gesuchte Kugel gefunden. Ich habe sie nur für ein Objekt gehalten, das von einem längst vergessenen Untoten geschaffen wurde, der kein Blut mehr trinken wollte. Aber es steckt viel mehr dahinter. Was hat es mit ihr auf sich, Wynn?«

Sie runzelte die Stirn. »Die Kugel stammt aus der Zeit des Vergessenen. Ich habe versucht, Hinweise in den Worten zu finden, die eine Hüterin des Artefakts an die Wände geschrieben hat. Wer oder was auch immer die ersten Untoten in jenem alten Krieg geschaffen hat – vielleicht schuf er auch die Hüter und das Artefakt.«

Wynn war jetzt so nahe, dass Chane sie hätte berühren können.

»Die Kugel sollte zu den Weisen gebracht werden«, sagte sie.

Die Weisen. Einst hatte Chane geglaubt, dass auch er zu ihnen gehörte, zusammen mit Wynn. Doch welchen Platz gab es in der Welt für ein Ungeheuer wie ihn?

Für ein Tier, das immer wieder töten würde, um seine eigene Existenz zu sichern?

Chane wandte den Blick von Wynn ab und trat an ihr vorbei.

Er versuchte, seinen Gesichtsausdruck zu verbergen, indem er Schriftrollen und Bücher in den Regalen betrachtete. Er hätte gehen und diesen Ort so weit wie möglich hinter sich lassen sollen, doch dazu konnte er sich noch nicht durchringen.

Sein Blick fiel auf den bewusstlosen Elfen.

»Wer ist das?«, fragte er bitter.

»Einer unserer Beschützer, wie ich schon sagte. Ein Beauftragter der Elfen. Es ist eine lange Geschichte.« Wynn sah zur steinernen Tür. »Du solltest gehen. Wenn Magiere und Chap dich hier finden …«

Chane schüttelte den Kopf. Dass sich Wynn um seine Sicherheit sorgte … Wynn Hygeorht, die junge Weise – eine naive kleine Beschützerin eines Ungeheuers.

»Du willst die Kugel also zu deiner Gilde bringen?«, flüsterte er.

»Ja.«

Chane schloss die Augen und sah jene Wynn, an die er sich erinnerte, in einen grauen Umhang gehüllt und Pfefferminztee trinkend, in einem warmen Arbeitszimmer voller alter Bücher und Pergamente.

Er konnte nie Teil dieses Bildes werden. Zu lange hatte er sich selbst etwas vorgemacht. Wenn Wynn jemals das Tier in seinem Innern sah … Er hätte ihr nie wieder in die Augen blicken können.

»Ich werde dir nicht mehr folgen«, sagte Chane und kehrte Wynn dabei den Rücken zu. »Du wirst mich nie wiedersehen.«

Er wollte sich nicht umdrehen und die junge Weise noch einmal ansehen, doch genau das tat er.

Wynn stand da, und Tränen rannen ihr über die olivfarbenen Wangen.

Dies war das letzte Mal, dass er ihr Schmerz zufügte.

Chane schritt an den langen Regalwänden entlang, und es fiel ihm schwer, nicht noch einmal über die Schulter zu blicken. Er hatte fast den Korridor erreicht, als er mit dem Stiefel gegen etwas stieß, das auf dem Boden lag.

Es klapperte wie hohles Metall, und er senkte den Blick. Ein aus Metall bestehender Schriftrollenzylinder war an die Wand gerollt.

Chane trat in den Korridor und zögerte, drehte sich um und sah zu dem dunklen Raum zurück.

So viel ruhte in diesen Regalen. Vielleicht nahm Wynn etwas mit, wenn sie diesen Ort verließ, obwohl sie nicht viel tragen konnte. Es wäre schön gewesen, dabei zu sein, wenn sie mit ihren Fundstücken zu Domin Tilswith in Bela zurückkehrte, nach all dem, was sie durchgemacht hatte, um diese Burg zu erreichen.

Chanes Blick fiel erneut auf den an der Wand liegenden Metallzylinder. Schließlich bückte er sich und hob ihn auf, setzte den Weg dann durch den Korridor fort.

Im Raum mit der Treppe und dem Torbogen, hinter dem sich der breite Flur mit den Säulen erstreckte, fand er die geköpften ehemaligen Mönche. Er nahm seinen Rucksack und steckte die Schriftrolle zu den Büchern, die aus dem Kloster stammten. Chane schlang sich auch den Riemen von Welstiels Rucksack über die Schulter und fügte ihm eine Plane und ein Seil hinzu. Alles andere ließ er liegen.

Er versuchte, an nichts zu denken, als er durch den Flur mit den Säulen schritt. Doch es war nicht leicht, im Innern taub zu bleiben, als er das eiserne Tor hinter sich brachte und durch den Schnee stapfte.

Magiere löste vorsichtig den Reif von der Spitze, die aus dem Artefakt ragte, und legte ihn wieder um ihren Hals. Dann griff sie nach der Spitze und versuchte, die Kugel aus dem Ständer zu ziehen. Sie fühlte sich jetzt schwer an, wie ein Amboss, und Magiere brauchte beide Hände, um sie zu heben. Mit eingesetzter Spitze blieb die Kugel inaktiv; das grelle Licht kehrte nicht zurück.

Li’kän stand einfach nur da und starrte auf den jetzt leeren Ständer. Dann sah sie kurz zu Leesil, und dünne Falten bildeten sich in ihrer Stirn.

Magiere war bereit, die Kugel fallen zu lassen und der weißen Untoten den Weg zu versperren. Li’käns Welt hatte sich zum ersten Mal seit Jahrhunderten verändert. Wie würde sie reagieren?

Verwirrung huschte über ihr Gesicht, und ihr Blick kehrte zum Ständer zurück. Sie schien nicht zu verstehen, wieso er plötzlich leer war.

»Geht zum Tunnel«, flüsterte Magiere.

»Was?«, fragte Leesil.

»Zum Tunnel!«

Chap und Sgäile standen bereits am Rand der Höhle, und Magiere wartete, bis Leesil auf halbem Weg über die steinerne Brücke war, bevor sie ihm folgte. Als sie das Ende des Stegs erreichte, sah sie zurück.

Li’kän stand noch immer auf der Plattform. Es bildeten sich erneut Dunstschwaden, als die aus der Tiefe aufsteigende Hitze die Feuchtigkeit an den Wänden verdunsten ließ.

Magiere hätte schwören können, dass Li’kän in ihre Richtung sah und die steinerne Brücke zu betreten versuchte. Sie verschwand kurz hinter einem Dunstvorhang, der sich dann wieder hob.

Still wie eine Statue stand Li’kän am Rand der Plattform, direkt vor dem Steg.

Magiere wich zum Tunnel zurück.

Die Kugel hatte Li’käns untoter Existenz über Jahrhunderte hinweg Kraft gegeben – ohne sie würde bald der Blutdurst zurückkehren. Magiere erinnerte sich daran, wie Li’kän den Eisenbalken an der Steintür angehoben hatte, welche Kraft dafür erforderlich gewesen war.

»Wir haben Chane noch nicht gefunden«, wandte Leesil ein.

»Spielt keine Rolle. Geh!«

Leesil betrat den Tunnel. Als Magiere ihm folgte, sah sie Blut an Chaps Hals und die dunklen Flecken an Sgäiles Kleidung.

»Es ist ein sauberer Schnitt«, sagte er, ohne langsamer zu werden. »Ich verbinde die Wunde später.«

Sie durften nicht innehalten, solange Li’kän hinter ihnen war und sich frei bewegen konnte. Was auch immer die Untote zurückhielt – Magiere wollte nicht abwarten und sehen, wie lange ihre Starre anhielt. Sie fühlte nur wenig Erleichterung, als sie an den Grabnischen des Tunnels vorbei waren und sich der großen Steintür näherten. Magiere brauchte dringend ihre Kraft für eine letzte Aufgabe. Hinter den anderen betrat sie die dunkle Bibliothek.

Wynn kniete neben Osha, den leeren Blick auf den Boden gerichtet. Sie wirkte sehr traurig, doch der Kummer wich aus ihrem Gesicht, als sie ihre Gefährten sah. Magiere bückte sich, setzte die Kugel behutsam auf den Boden und versuchte dann, die große Steintür zu schließen.

»Leesil!«, ächzte sie, und er kam sofort, um ihr zu helfen. Sgäile näherte sich ebenfalls.

Zuerst bewegte sich die Tür kaum, und wieder bedauerte Magiere das Fehlen ihres Zorns.

Schließlich schabte die untere Türkante über den Boden. Es dauerte eine Weile, die große Tür zu schließen, und als sie es schließlich geschafft hatten, schwitzten Sgäile und Leesil.

Der Eisenbalken lag noch auf dem Boden.

Sgäile und Leesil blickten skeptisch darauf hinab. Sgäiles Schulterverletzung bedeutete, dass er nur mit einem Arm zupacken konnte, und das genügte nicht.

»Jede Seite separat«, sagte er. »Und du musst das Ende hochheben, bevor wir dir helfen können.«

Magiere griff nach dem einen Ende des Balkens und beschwor Zorn, indem sie sich ihre Mutter sterbend im Bett vorstellte. Sie zog mit all ihrer Kraft.

»Jetzt!«, schnaufte sie, als der Balken die Höhe ihrer Taille erreichte.

»Wo ist Li’kän?«, fragte Wynn.

Leesil und Sgäile duckten sich unter den Balken und schoben mit ihren Schultern.

Magieres Arme begannen zu zittern, und als sich Leesil und Sgäile unter dem Balken aufrichteten, nahm sie noch einmal ihre ganze Kraft zusammen. Gemeinsam drückten sie den Eisenbalken nach oben.

Als das eine Ende sich über den steinernen Halterungen befand, rief Magiere: »Zurück!«

Leesil und Sgäile duckten sich.

Mit einem weithin hallenden Donnern fiel der Balken in die Halterungen und blieb darin liegen. Leesil beugte sich keuchend vornüber. Sgäile schwankte und atmete viel schneller als sonst.

»Wo ist Li’kän?«, fragte Wynn erneut.

Magiere sank zu Boden. Wenn Li’käns Blutdurst zurückkehrte, würde sie nach Opfern suchen – sie durfte die Burg auf gar keinen Fall verlassen.

»Sie muss hierbleiben«, brachte Magiere hervor. »Für immer.«

Wynn stand auf, doch bevor sie etwas sagen konnte, fragte Leesil:

»Ist Chane aus der Höhle gekommen?«

Wynn drehte sich zu ihm um. Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder, sah dabei kurz zu den Regalwänden.

»Ja«, antwortete sie schließlich. »Aber er hat die Burg bereits verlassen.«

Leesil brummte verärgert. »Das kannst du nicht wissen. Chap, stell fest, ob du seine Präsenz spürst.«

Chap knurrte und sprang zum anderen Ende des Eisenbalkens, das noch auf dem Boden ruhte. Leesil und Sgäile waren erschöpft, und Magiere fühlte sich nicht besser. Aber sie mussten es zu Ende bringen.

Li’kän durfte auf keinen Fall entkommen.

»Was war das für ein Geschöpf?«, fragte Leesil plötzlich.

Magiere schüttelte den Kopf, aber nicht etwa deshalb, weil sie keine Antwort wusste, sondern weil sie nicht darüber nachdenken wollte.

»Eine Untote«, seufzte sie. »Aber anders als alle anderen. Ich konnte ihr kaum standhalten.«

»Ich meine nicht Li’kän«, sagte Leesil. »Jenes riesige Schuppenwesen … die gehörnte Schlange. Die Kreatur, die uns verschlingen wollte.«

Magiere starrte ihn an, verblüfft von seinen Worten. Chap näherte sich wieder, blieb neben Wynn stehen und bellte einmal für »Ja«.

Wynn presste kurz die Lippen zusammen. »Ich habe doch gesagt, dass Chane weg ist.«

Magieres verwirrter Blick kehrte zu Leesil zurück.

»Ich habe im Licht nichts gesehen«, sagte sie.

Sgäile schüttelte den Kopf. »Ich habe ebenfalls nichts gesehen, nur grelles Licht.«

Leesil musterte sie verwundert.

»Wie könnt ihr das Wesen nicht bemerkt haben?«, fragte er fassungslos. »Es war groß genug, die ganze Plattform zu verschlingen. Es hatte Zähne und Hörner länger als ihr, und es war voller Schuppen. Sein Schlangenleib wälzte sich durch die Höhle.«

»Schlangenleib?«, hauchte Magiere.

Sie hatte nicht den Kopf einer Schlange gesehen, nur den Schuppenleib in ihrem Wachtraum, begleitet von einer untoten Präsenz um sie herum – und in ihr.

»Sieh mich nicht so an!«, schnauzte Leesil. »Ich weiß, was ich gesehen habe. Jener Schlangenleib war so dick wie zwei oder drei Männer!«

»Nein«, sagte Magiere. »So etwas habe ich nicht gesehen …«

»Ein Feenwesen?«, flüsterte Wynn.

Magiere starrte die junge Weise groß an.

Wynn kniete neben Chap und sah ihm in die Augen. »Er sagt, dass er ein Feenwesen gespürt hat. Nicht alle zusammen, wie es normalerweise der Fall ist, wenn sie zu ihm kommen. Nur eins, kalt und bösartig.«

»Es war ein Untoter!«, sagte Magiere scharf.

Wynn achtete nicht auf sie, sah Leesil an und runzelte die Stirn. »Du kannst das Wesen, das du beschrieben hast, nicht gesehen haben. Vielleicht haben dir die Schatten in der Höhle einen Streich gespielt.«

»Nein!«, widersprach Leesil. »Das Gleißen war viel zu hell.«

Magiere war so müde, dass sie sich nicht mehr darum scherte, was die anderen gesehen hatten.

Wynn sah noch immer Leesil an und schüttelte den Kopf. »Solch ein Wesen existiert nicht wirklich, es ist nur ein Mythos. Sogar noch weniger: ein metaphysisches Symbol, ein Wêurm oder …«

»Wovon redest du da?«, knurrte Leesil.

»Es ist ein Wort aus dem Numanischen, meiner Muttersprache«, knurrte Wynn zurück. »Gemeint ist eine Art Drache.«

Chap knurrte und sprang zwischen sie.

Wynn zuckte zusammen. »Schrei mich nicht an! Wir haben dich beim ersten Mal gehört – ein Feenwesen!«

Der Zorn der jungen Weisen löste sich auf, als sie das Blut an Chaps Hals bemerkte, und sie streckte die Hände nach ihm aus.

Sgäiles scharfe Stimme erklang. »Genug geredet! Wir müssen den Balken vor die Tür setzen!«

Magiere trat müde am Eisenbalken vorbei zum anderen Ende. Noch immer dachte sie daran, was Chap und Leesil angeblich in der Höhle gesehen hatten – es ließ ihr keine Ruhe.

Der eine hatte ein Feenwesen gespürt, der andere einen Drachen gesehen, während sie eine untote Präsenz gefühlt hatte.

Es war Unsinn, nichts weiter als der Wahnsinn dieses Orts. Leesil und Chap irrten sich.

Magiere nahm den Rest ihrer Kraft und hob das andere Ende des Balkens.

»Jemand kommt«, flüsterte Dänvârfij und setzte einen Pfeil auf die Bogensehne.

»Warte«, hauchte Hkuan’duv und kroch auf dem Bauch ein Stück nach vorn, von der Felswand fort.

Seiner Gefährtin fiel das Atmen in der kalten Nachtluft schwer, aber sie mussten Wache halten. Im Mondschein sah er den hochgewachsenen braunhaarigen Mann, der aus dem Tor der Burg kam und durch den Schnee stapfte. Aber er war allein.

Hkuan’duv wartete, doch weder der Mann mit den weißen Schläfen noch die geduckten Gestalten in Kutten folgten ihm.

Der Mann setzte den Weg mit zwei großen Rucksäcken über den Schultern und einem großen Planenbündel in den Armen fort. Einmal blieb er kurz stehen und sah zurück.

Hkuan’duv zog die Kapuze seines weißen Umhangs tiefer in die Stirn, blickte unter ihrem Rand hervor und beobachtete das Geschehen.

Der Mann schloss die Augen und ließ die Schultern hängen. Er wirkte verloren und besiegt, als er die Augen wieder öffnete und über das weiße Hochplateau sah. Schließlich setzte er den Weg fort und sah nicht noch einmal zurück.

»Soll ich schießen?«, flüsterte Dänvârfij.

Hkuan’duv dachte daran, seiner Gefährtin die Erlaubnis zu geben. Aber sie hätten ihr Versteck verlassen und ihre Entdeckung riskieren müssen, um ihn zu holen, und nach der Befragung wäre es notwendig gewesen, ihn zu töten und seine Leiche irgendwo zu verstecken.

Hkuan’duv ging es in erster Linie um das Artefakt und Magiere.

»Er bedeutet uns nichts«, flüsterte er Dänvârfij zu. »Lass ihn gehen.«