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Als die TIE-Jäger nur noch ein paar Kilometer weit entfernt waren, befahl Wedge: »S-Flächen in Angriffsposition. In Paaren ausscheren, Ziele wählen, Beeilung.« Er ließ den Worten die Tat folgen, indem er seine Maschine zur Seite kippte, ein elegantes Manöver, das ihn direkt auf die feindliche Streitkraft zutrug.

Lara schloß sich ihm an, und den Bruchteil einer Sekunde später folgte Face Loran ebenso sicher. Atemgeräusche drangen an ihre Ohren, gehetzt, unruhig, bis ihr bewußt wurde, daß sie den eigenen Atem hörte. Sie zwang sich dazu, langsamer zu atmen, zwang sich zu völliger Konzentration.

Was ihnen bevorstand, war eine direkte Begegnung von TIEs und X-Flüglern, die mit Höchstgeschwindigkeit und aus allen Rohren feuernd einander entgegensausten. Sobald die Begegnung stattgefunden hatte, würden die beweglicheren TIE-Jäger sofort wenden und versuchen, die langsameren X-Flügler von hinten anzugreifen – eine einfache Strategie. Und die X-Flügler-Piloten würden ihr ganzes Geschick einsetzen, um die tödlichen Verfolger so schnell wie möglich abzuschütteln.

Sie schaltete sämtliche Energie auf die Bugschilde. Wedge und Face hatten inzwischen mit Sicherheit dasselbe getan.

Das war eine interessante Vorstellung. Wedge Antilles nur wenige Meter vor ihr, ohne Energie auf den Heckschilden. Sie konnte einen Feuerstoß aus ihren gekoppelten Vierlingslasern auf seine Antriebsaggregate setzen und damit ein für allemal seinen Namen, wohl den bei den imperialen Piloten am meisten gehaßten, aus der Liste der Krieger der Neuen Republik tilgen.

Rebellenkrieger mußte das wohl eher heißen. Und – was dann? Face Loran mit einem identischen Schuß erledigen, vor den Streitkräften von Lavisar kapitulieren, sich auf die Planetenoberfläche geleiten lassen… und ihr restliches Leben mit dem Ruhm verbringen, der dem Piloten gebührte, der Wedge Antilles zur Strecke gebracht hatte?

Wirklich ein eigenartiges Gefühl. Wedge Antilles vor ihren Lasern – und doch vertraute er ihr sein Leben an.

Er hatte natürlich keinen Anlaß, das nicht zu tun. Aber immerhin tat er es. Niemand hatte ihr seit – wie lange war das eigentlich her? – sein Leben anvertraut.

Nur ein leichter Fingerdruck, und sie konnte ihn eliminieren.

Es hätte verlockend sein müssen. Und doch war es das irgendwie nicht.

Ein solcher Angriff würde verräterisch sein. Sie lachte. Hör sich einer das an. So etwas wie Verrat gibt es nicht. Nur Effizienz. Das war eine der entscheidenden Grundlagen des imperialen Geheimdienstes, und bis jetzt hatte sie nach diesen Prinzipien gelebt.

Doch dann war es zu etwas gekommen, das in ihr die Erkenntnis hatte reifen lassen, daß Admiral Apwar Trigit heimtückisch und ehrlos war. Er hatte eine komplette Schiffsbesatzung ihm treu ergebener Männer und Frauen geopfert, nur damit ihr Schiff nicht in die Hände der Neuen Republik fiel, und diese Entscheidung war es gewesen, die sie dazu veranlaßt hatte, seinen Untergang herbeizuführen. Sie hatte an ihm Rache genommen, wegen etwas ganz Schlichtem, das so viele bei einem Geheimdienstoffizier für deplaziert hielten, etwas, das sich persönliche Ehre nannte.

Tonin piepte eine Warnung. Der Entfernungsmesser zeigte zwei Kilometer an, die Distanz, auf die die Zielerfassungssysteme der Neuen Republik ihre Schüsse mit fast hundertprozentiger Präzision absetzen konnten. Die Distanzangabe schrumpfte weiter zusammen, und Wedge und Face feuerten beide, und ihre roten Laserschüsse, vierlingsgekoppelte Strahlen reiner Vernichtung, peitschten den Verteidigern von Lavisar entgegen.

Ihr Atem ging jetzt stoßweise, und eine Art Nebel, der ihr Denken lähmte, legte sich über ihr Gehirn. Du mußt deinen Flügelmann verteidigen. Du darfst keine imperialen Piloten töten. Der auf den Kopf von Wedge Antilles ausgesetzte Preis bedeutet Jahre der Sicherheit. Zsinj ist auch nicht anders als Trigit.

Sie schaltete ihre Laser auf Einzelfeuer, einen Modus, der es ihr erlaubte, einen fast ununterbrochenen Strom relativ energieschwacher Schüsse in Folge abzugeben, und fuhr ihren Zielcomputer hoch. Die gelbe Zielmarkierung des Systems legte sich fast im selben Augenblick zitternd über einen der sich nähernden TIE-Jäger und wurde dann grün, zeigte Zielerfassung an. Das Audiosystem des Cockpits heulte bestätigend auf.

Sie feuerte reflexartig. Ihr roter Laser zuckte an dem herankommenden TIE-Jäger vorbei, aber sie ließ die Hand auf dem Feuerknopf, und das System jagte einen Schuß nach dem anderen hinaus. Sie schüttelte den Knüppel, den sie in der Hand hielt, sprühte ihr Feuer förmlich über den TIE, geradeso als würde sie mit dem Wasserschlauch Rasen wässern, und sah, wie einer der Strahlen sein Ziel traf, ein schwarzes Loch in das Solarpaddel an der Backbordseite des Sternenjägers brannte.

Das Ganze geschah so dicht vor ihren Augen – sie versuchte, ihren Feuerstrahl auf die Trefferzonen zu konzentrieren, und dann war plötzlich ein gewaltiger Knall zu hören, und ihr X-Flügler erzitterte vom Bug bis zum Heck. Das Schaltmodul für die S-Fläche sprang aus seiner Verankerung und fiel vor ihren Augen herunter, blieb schwankend hängen, nur noch von Drähten festgehalten.

Sie wischte es weg, versuchte, durch die Sichtluken zu sehen, auf das Diagnosedisplay, auf das Sensordisplay, und das alles gleichzeitig. In der Sichtluke war zu sehen, wie Wedge an ihr vorbeirollte, nach oben, nach Backbord. Sie wandte den Blick von den Sichtluken ab und schloß sich ihm an. »Tonin, gib mir ein lautes Piepen, wenn wir schwer getroffen sind.«

Kein Piepen.

»Gut gemacht, Dreizehn.« Das war Drei, dachte sie. »Abschuß bestätigt.«

»Danke, Drei.« Seine Worte schwebten außerhalb des Nebels aus ungeordneten Gedanken, die ihr Gehirn immer noch gleichsam isolierten.

Hinten – der Feind würde von hinten kommen. Sie sah sich um, sah nur Tonins Kopfkuppel und blickte erneut auf die Sensoren. Ja, zwei TIE-Jäger kamen schnell heran, versuchten, hinter ihr Position zu beziehen. Aber sie schlugen einen weiten Bogen, vielleicht von dem Beschuß verängstigt, dem sie gerade entgangen waren. Sie konnte versuchen, hart nach Steuerbord abzukippen, und würde dann vielleicht wieder in Schußposition sein, ehe die Gegner ihre Waffen auf sie einstellen konnten –

Nein. Ihre Aufgabe bestand darin, ihrem Flügelmann zu folgen. Ihn zu schützen.

Wedge bog scharf nach Steuerbord ab. Sie folgte ihm, allerdings nicht ganz so präzise: Das Manöver war für den Trägheitskompensator des X-Flüglers ein wenig zuviel, und die Halterung der S-Fläche zerrte an ihren Drähten, die gegen ihren Helm gerissen wurden. Sie ignorierte die Behinderung, versuchte Wedge zu folgen und klebte förmlich an seiner Backbordseite, wenn auch die Distanz zwischen ihnen zunahm. Ein Blick durch die Backbordluke zeigte ihr, daß Face dort war und sich bemühte, die Formation zu halten.

Ein grüner Laserstrahl schoß blendend hell zwischen ihr und Face hindurch. Wedge beendete sein Manöver und schoß auf die beiden herankommenden TIE-Jäger. Lara versuchte, einen der beiden in ihre Zielerfassung zu bekommen, schaffte es aber nicht – der gegnerische Sternenjäger war einfach zu wendig, entwischte ihr. Sie feuerte trotzdem, aber ihr Strahl von einzelnen Laserschüssen zuckte ergebnislos durch das Vakuum, Meter von der Steuerbordfläche des TIE-Jägers entfernt.

Der TIE-Pilot entzog sich dem roten Feuer, ließ sich ein wenig nach Backbord abgleiten… geradewegs in Wedge Antilles Vierlingsschuß. Die vier Laserstrahlen durchbohrten das kugelförmige Cockpit des Jägers. Der TIE-Jäger verschwand in einer grandiosen Explosion aus Rot, Orange und Gelb, und Lara hörte das Klirren und Klappern von Splitterstücken, als ihr X-Flügler durch die Explosionswolke schoß.

Und da war auch das Echo eines Schreies. Lara schüttelte den Kopf. Sie konnte den Piloten unmöglich gehört haben.

Es sei denn, er sendete. »Tonin, Empfang der imperialen Frequenzen sofort abschalten.«

GEMACHT.

»Zwei für Anführer, einen für Dreizehn.« Das war wieder Zwei. Lara schlug nach dem Konfigurationsschalter, als ob er diese verdammte Stimme wäre. Sie versuchte den anderen TIE-Jäger auf ihren Sensordisplays zu finden, aber der nächste Feind war auf Außenkurs, raste auf die Wolke roter Punkte zu, die die beiden vollen Geschwader darstellten, die von der Oberfläche von Lavisar gestartet waren.

Tatsächlich waren alle übriggebliebenen TIE-Jäger – fünf an der Zahl – auf Außenkurs.

»Gespenster, Anführer, Formation. Zwölf, Kursberechnungen anstellen und uns hier rausholen. Wir haben höchstens eine Minute, bis die uns überholen. Lagebericht!«

»Drei. Keine Abschüsse. Leichte Beschädigung an Steuerbordfusionsmaschine. Schalte sie ab.«

»Vier. Zwei Abschüsse. Kein Schaden.«

Da war es wieder, trommelte ebenso beständig auf ihren Schädel wie das Schaltergehäuse, das immer wieder gegen ihren Helm stieß – ein Gedanke, der sie einfach nicht loslassen wollte. Zsinj ist genauso wie Trigit. Warum aber hatte sie das gedacht?

Weil es stimmte. Was hier die Gespenster angegriffen hatte, waren keine Raptorstreitkräfte gewesen. Wenn dies ein von Zsinj kontrollierter Planet gewesen wäre, wären als erstes Raptors aufgestiegen – sie hatten schließlich ihren Ruf, besonders brutal und effizient zu sein, zu wahren. Diese Welt war also tatsächlich unabhängig, und die von ihnen aufgefangene Raptorsendung war eine Falle gewesen, wie die Gespenster angenommen hatten.

Und da die Streitkräfte von Lavisar auf die Gespenster nicht vorbereitet gewesen waren – sonst wären da mehr gewesen –, war das genau das, was Commander Antilles gesagt hatte: ein raffinierter Plan Zsinjs, um zu bewirken, daß Kräfte der Neuen Republik –

Rebellen.

daß Rebellenstreitkräfte den Verteidigern des Planeten zusetzten, sie vielleicht sogar vernichteten. Damit dann Zsinj hier als Eroberer oder als Verteidiger erscheinen konnte. In der Konsequenz bedeutete beides dasselbe: Zsinj würde die Kontrolle über den Planeten übernehmen.

Sie wollte den Plan bewundern, insbesondere deshalb, weil er ja auch für die anderen Welten galt, die die Mon Remonda angegriffen hatte. Es war ein raffinierter, ein geschickter Plan.

Aber es gab da jene Piloten, die gerade geopfert worden waren, die gestorben waren, nur um Zsinjs Ruf zu wahren. Es war genauso wie bei Admiral Trigit. Und es war nicht

»Dreizehn.«

anständig, es war ehrlos.

Und die letzten fünfzehn Jahre von Gara Petothels Leben schlossen sich über Lara Notsil wie ein Sarg. Die Arbeit ihrer Eltern für den Geheimdienst des Imperiums. Ihre Verhaftung und ihre Hinrichtung wegen nicht näher bezeichneten Verrats. Wie Gara sie doch gehaßt hatte, und wie sie sie vermißt hatte. Und dann hatte sie gelernt, immer nur gelernt, und immer wieder ihre Loyalität unter Beweis gestellt, damit ihr nie etwas Ähnliches widerfahren würde.

»Dreizehn.«

Ihr ganzes Leben lang hatte sie gewußt, daß man den Rebellen und ihrer so simplen, immer optimistischen Propaganda nicht vertrauen durfte. Doch jetzt war sie nicht länger imstande, denen ihr Vertrauen zu schenken, die sie genommen, ausgebildet und geformt hatten. Es war nichts übriggeblieben, was ihr Vertrauen rechtfertigte.

Tonins aufgeregtes Piepen riß sie schließlich aus ihren Gedanken. ANFÜHRER WILL WISSEN, OB SIE VERLETZT SIND.

»Oh, Äh…« Sie drückte den Sprechknopf ihres Komm. »Tut mir leid, Anführer. Dreizehn meldet…« Endlich fiel ihr Blick auf das Diagnosedisplay. »Vordere Schilde auf siebenundvierzig Prozent abgefallen, steigen aber. Ich denke, ich habe bei der ersten Begegnung einen Treffer abbekommen. Einige Skalen ausgefallen.« Sie tastete nach dem Schalter für die S-Flächen und betätigte ihn, aber die S-Flächen schlossen sich nicht zur Flugformation. »S-Flächen-Schalter scheint ausgefallen. Und ich glaube, ich habe mir den Kopf angestoßen.«

»Sie können Ihr Schild öffnen, Sie brauchen es nicht. Und keine Sorge wegen der S-Flächen. Bestätigen Sie einfach Empfang des neuen Kurses und halten Sie sich bereit, ihn auf mein Zeichen zu übernehmen.«

»Habe verstanden, Anführer. Äh, habe Kurs erhalten, alles’ klar.«

»Drei, fünf Sekunden nach Start der restlichen Staffel Hyperdrive einschalten für den Fall, daß irgendein Antrieb im Gefecht ausgefallen ist.«

»Geht klar, Eins.«

»Auf mein Kommando, drei, zwei, eins… Sprung.«

 

Sie kehrten in den Backbordhangar der Mon Remonda zurück, wie sie ihn verlassen hatten, ein wenig mitgenommen vielleicht, mit einer Brandspur an Piggys Leitwerk und mit Laras S-Flächen in ausgefahrenem Zustand, ansonsten aber unversehrt.

Lara stieg aus dem Cockpit, und alle wollten ihr auf die Schultern klopfen, ihr die Hand drücken oder ihr gratulieren.

Alles schien jetzt wie in Zeitlupe abzulaufen. Es war, als sprächen alle langsamer, fast unverständlich, und die Geräusche waren gedämpft. Tyrias blonder Pferdeschwanz bewegte sich mit der graziösen Eleganz einer Schlange. Als Piggy mit langsamen Armbewegungen irgendwelche Flugmanöver beschrieb, wirkten sie wie die eines Gamorreaners in Niederschwerkraft.

Und doch war das einzige, was wirklich in Laras Bewußtsein durchdrang, der Ausdruck, mit dem alle sie ansahen. Das waren die Blicke einer Gruppe, die sie als eine der ihren aufgenommen hatte.

Ein Ausdruck, wie sie ihn seit dem Verlust ihrer Eltern nicht mehr gesehen hatte.

Und die Kameraden von der Gespensterstaffel und von der Sonderstaffel sprachen es nicht etwa aus, brachten ihren Gedanken nicht bewußt zum Ausdruck: »Du bist eine von uns.« Nein, es war implizit, gleichsam der Hintergrund zu all dem anderen, was sie sagten. Gute Arbeit, diese Reservestaffel zu entdecken. Sauberer Schuß; wie hast du das nur mit Einzelfeuer deiner Laser geschafft? Dein erstes Abschußzeichen, gratuliere und Beileid.

Eine von uns.

Sie bahnte sich ihren Weg aus der Menge und ging, immer noch irgendwie von den Geräuschen und Empfindungen der sie umgebenden Welt isoliert, ins Pilotenquartier, das sie jetzt mit Tyria teilte.

Vielleicht würde sie es fertigbringen. Vielleicht konnte sie einfach Lara Notsil sein, und Lieutenant Gara Petothel, jenes arme, unglückliche Geschöpf, würde dann wahrhaft eine der Toten des Sternenzerstörers Implacable sein.

Eine von uns.

Sie schlief, und in ihren Träumen stritten Gara und Lara miteinander, sprachen Worte, die sie kaum hören und ebensowenig verstehen konnte, Worte, die, wenn sie schließlich aufwachte, keinen Sinn ergeben würden, und sie wußte nicht, welche der beiden ihr Gesicht trug.

 

Als die Gespenster mit ihren neuen Mitgliedern im Schlepptau zur Flederfalken-Basis zurückkehrten, stellten sie dort fest, daß ihre restlichen Staffelkollegen nicht untätig gewesen waren. Kell Tainer hatte auf eigene Initiative zwei Einsätze geplant und angeführt, und alles das wegen Knirps.

»Wir waren zu dem Schluß gelangt, daß sie, die Leute von Halmad meine ich, einen Fehler gemacht hatten«, sagte der Alien mit dem langen Gesicht, und seine Stimme klang dabei stolz. Er stand am vorderen Ende des Frachtcontainers, der den Gespenstern als Konferenzraum diente; die Piloten hatten sich um den schmalen, ovalen Tisch gesammelt. »Die hatten an der Westküste des Hulliskontinents neue Sensorstationen eingerichtet und die alten Stationen auf den westlichen Inseln abgebaut. Als wir die Leistungsdaten dieser neuen Sensoren untersuchten, fanden wir allerdings heraus, daß ihre Reichweite ein paar hundert Kilometer geringer war, als das eigentlich der Fall sein sollte. Und das bedeutete, daß uns jetzt ein schmaler Raumkorridor zur Verfügung stand, in den wir einfliegen konnten, ohne daß die Gefahr der Entdeckung bestand. Und das haben wir getan und im bodennahen Flug einige Batterien angegriffen.«

»Angriff Nummer eins«, ergriff Kell das Wort, »galt einem Komplex von Lagerhallen in der Hafenstadt Fellon. Keine besonders umfangreiche Beute, muß ich sagen. Wir haben eine Ladung Propagandaholos der Imperialen erbeutet, die Face die Schamesröte ins Gesicht treiben…«

»Das kann ich mir schwer vorstellen«, warf Face ein. »Ich bin schamlos.«

»Richtig. Aber bei der Gelegenheit haben wir auch den Yachthafen beschossen und die Schiffe der Reichen aus Fellon und Hullis getroffen, dazu die Boote der Offiziere der Victory-Basis. Wir haben einen Schaden von Dutzenden von Millionen Credits angerichtet.

Beim zweiten Einsatz nahmen wir uns Hullis selbst vor. Wir haben Castin am Tag zuvor dort abgesetzt, damit er sich ein wenig mit den Sicherheitsanlagen befassen konnte, und anschließend sind Phanan und ich dorthin geflogen, haben ein Loch in eine Gebäudewand geschossen und so viel Ladung mitgenommen, wie nur möglich war, ohne die Geschwindigkeit unserer TIEs ernsthaft zu beeinträchtigen.«

»Um was für eine Ladung handelt es sich denn?« wollte Wedge wissen.

»Imperiale Creditbanknoten, Münzen, Edelsteine. Wir haben eine der offiziellen Geldwechselstationen erwischt, die der imperiale Stützpunkt dort unterhielt.«

Wedge blieb der Mund offenstehen. »Ihr habt eine Bank beraubt.«

»Allerdings. Hat großen Spaß gemacht. Das Entkommen war ein bißchen kompliziert – so nahe dran war es schwer, ihren Sensoren zu entkommen –, aber wir sind einfach geradewegs in den Weltraum gestartet, haben ein wenig Feuer von ihren Flakbatterien abbekommen und sind dann den TIEs davongeflogen, die sie uns nachgeschickt haben. Endergebnis sind ein paar Beulen und Kratzer in Phanans Sternenjäger.«

»Passend zu den paar Beulen und Kratzern, die der Pilot abbekommen hat«, fügte Phanan hinzu.

»Sag ihnen, was ich getan habe«, meinte Castin.

»Oh, ja, ganz richtig. Castin hatte etwa einen Tag zur Verfügung, bevor wir ihn wieder abholten, und in der Zeit hat er es fertiggebracht, uns ein Kundenkonto in deren Globalinformationsdienst einzurichten. Wir bekommen jetzt visuelle und Sensordaten von ihrem planetarischen Satellitennetz. Es wird nicht gezielt auf uns abgestrahlt, keine Sorge – wir haben ein Relais in der Nähe einer ihrer tatsächlich vorhandenen Bergwerkskolonien im Satellitengürtel eingerichtet. Wenn man es entdeckt, können wir den Sender sprengen, ehe die ihn öffnen können. Jedenfalls haben wir Hinweise aufgefangen, daß sie dabei sind, ein paar kleine Stützpunkte für Sternenjäger zu errichten, möglicherweise als Gegenmaßnahme gegen unsere Bodenmissionen. Einer der Stützpunkte ist in der Nähe von Fellon, der andere ein gutes Stück östlich von Hullis in einer Region, die eigentlich gar keinen besonderen Schutz braucht, so daß wir uns jetzt die Frage stellen müssen, was dort draußen wirklich schützenswert ist.« Kell lächelte; sein Stolz auf die Leistung, die die Gespenster erbracht hatten, während der größte Teil ihrer Offiziere unterwegs gewesen war, war nicht zu übersehen. »Castin hat auch die Kommsysteme unserer sämtlichen TIEs modifiziert. Dieses neue Computersystem ändert Akzent und Geschlecht, so daß es wirklich sehr schwierig ist, unsere Stimmen zu identifizieren.«

»Das war gute Arbeit«, sagte Wedge. »Aber was diese Piratenaktivität angeht, so wäre es mir wirklich lieber, wenn ihr nicht alle den Eindruck machen würdet, als hätte euch das Ganze einen Riesenspaß bereitet.«

Phanan schnaubte. »Ein glücklicher Arbeiter ist ein produktiver Arbeiter.«

Wedge nickte. »Aber ein glücklicher Pirat ist ein Karrierepirat. Ihr habt doch nicht etwa vergessen, daß die Flederfalken eine Tarnfassade sind, ein Schwindel?«

Die Blicke, die zwischen Kell und Phanan hin und her wanderten, zeigten an, daß ihnen der Gedanke bislang noch nicht gekommen war.

»Genau das habe ich mir gedacht. Sonst noch etwas?«

»Ja«, meinte Knirps. »Wir haben Flugplan und Kurs eines Tankers identifiziert, der von Halmad aus startet, die Bergwerksanlagen der Regierung im Asteroidengürtel versorgt und wieder in die Stadt Hullis zurückkehrt. Er wird von zwei TIE-Jägern eskortiert, aber ich glaube, wenn wir es geschickt anstellen, können wir die erledigen, ehe sie ein Notsignal absetzen können. Wenn wir den Tanker kapern und weiter seinen regelmäßigen Kurs fliegen, verschafft uns das die Gelegenheit, unsere ganze Staffel und vielleicht obendrein noch die Sungrass auf Hullis abzusetzen, sollten wir jemals vor der Notwendigkeit stehen, dort einen größeren Einsatz vorzunehmen… oder wir könnten das Schiff kapern für den Fall, daß wir einmal einen Tanker brauchen.«

»Gut zu wissen. Also, Gespenster…«

»Flederfalken«, verbesserte ihn Kell beiläufig.

Wedge warf ihm einen strengen Blick zu. »Gespenster, sorgt dafür, daß eure Beute bis hin zum letzten Credit für den Bericht nach Coruscant registriert ist. Die gute Arbeit, die ihr in unserer Abwesenheit geleistet habt, muß den Druck auf die Regierung von Halmad ganz schön verstärkt haben.« Er begann an den Fingern abzuzählen: »Indem wir die Interceptors und die Ersatzteile gestohlen haben, haben wir sie militärisch geschwächt. Mit dem Angriff auf diese Lagerhalle haben wir zivilen Druck auf sie ausgeübt. Wir haben ihnen mit dem Überfall auf diese Geldwechsel-Institution wirtschaftlichen Schaden zugefügt, und das wird weiteren zivilen Druck auslösen. Und wir haben ihnen demonstriert, daß wir, wann immer wir das wollen, in ihren Luftraum eindringen und ihn wieder verlassen können. Wir haben keine eigenen Schäden oder Verluste, wir unternehmen keine für sie erkennbaren besonderen Anstrengungen, und das scheint mir das Allerwichtigste zu sein. Sie haben viel zu lange in relativem Frieden gelebt und wissen nicht, wie sie sich mit einer Einheit wie den Gespenstern auseinandersetzen sollen. Mit auch nur einem Funken Glück wird sie das in Zsinjs Arme treiben, sie seinen Schutz suchen lassen…«

»Damit Zsinj kommen und uns zerquetschen kann«, sagte Face.

Wedge lächelte. »Wenn du ebenso schwer zu zerquetschen wie vorherzusagen bist, dann steht ihm eine recht unangenehme Überraschung bevor.

Also schön, wir sollten sie auch weiterhin unter Druck setzen. Ich möchte, daß diese beiden Jägerstützpunkte ausgeschaltet werden – eine kleine Botschaft an die imperialen Streitkräfte auf Halmad, daß dort nichts, was sie aufbauen können, vor den Flederfalken sicher ist. Und ich glaube, um unsere Überlegenheit und ihre Hilflosigkeit erneut zu demonstrieren, sollten wir die beiden Schläge gleichzeitig führen. Also – gehen wir an die Planung.«

 

Einer der unbewohnbaren Frachtcontainer des Stützpunkts war als eine Art Cafeteria für die Staffel eingerichtet worden mit einem angekoppelten Container, der als Küche diente. Während die meisten Gespenster auf der Mon Remonda unterwegs gewesen waren, hatten Kell und der Mechaniker Cubber Daine mit Laserschneidern ein großes Stück aus der Wand getrennt, so daß man jetzt wie durch ein Fenster – auch wenn es hier nicht aus Transparistahl war – auf den Graben hinaussehen konnte. Draußen hatten sie Stühle und Tische aufgestellt, so daß die Gespenster jetzt die Wahl hatten, »drinnen« oder »draußen auf der Terrasse« zu speisen. Face hatte gesehen, wie Wedge den Kopf wegen der feinen Differenzierung leicht mißbilligend geschüttelt hatte, aber der Staffelkommandant hatte den Gespenstern in solchen Dingen noch nie Vorschriften gemacht.

Nach der letzten Planungssitzung vor der Operation Erdbeben – wie Tyria den Plan zur Zerstörung von zwei imperialen Stützpunkten genannt hatte – saß Face an einem Tisch »draußen auf der Terrasse« und aß dort. Gewöhnlich pflegte er sich mit Phanan einen Tisch zu teilen, und die beiden waren dann vorwiegend damit beschäftigt, den anderen Gästen zuzusetzen, aber heute hatte sein Flügelmann sich »innen« mit Lara Notsil niedergelassen. Face konnte Phanan die Partnerwahl nicht verübeln; Lara war attraktiv, witzig und eine angenehme Gesprächspartnerin. Einmal sah er, wie sie bei einem Scherz, den Phanan machte, in Gelächter ausbrach.

Ihrer Körperhaltung war anzusehen, daß sie sich irgendwie unbehaglich fühlte. Wahrscheinlich hatte sich bei ihr noch nicht das richtige Zugehörigkeitsgefühl zu den Gespenstern eingestellt. Und vermutlich würde das auch noch eine Weile dauern.

Lara sagte ein paar Worte zu Phanan, immer noch mit freundlicher Miene, stellte dann das Geschirr auf ihrem Tablett zusammen und ging. Phanan blieb sitzen.

Und dann sah Face, wie sein Partner etwas tat, was für ihn äußerst ungewöhnlich war. Phanan nahm allmählich eine so völlig reglose Haltung an, daß ein Außenstehender Mühe gehabt hätte zu erkennen, ob er überhaupt noch am Leben war, wenn da nicht seine langsamen Atemzüge gewesen wären. Doch wenn man davon absah, daß sich seine Brust langsam hob und senkte, bewegte sich nichts an ihm; sein menschliches Auge war geschlossen, und er sackte allmählich immer tiefer in sich zusammen, geradeso, als hätte er eine schwere Niederlage erlitten.

Face stand auf und ging auf ihn zu, trat über den schmalen Sims des neuen Wandausschnittes. »Ton?«

Phanan fuhr ruckartig in die Höhe, und sein Gesichtsausdruck war gleich wieder fröhlich. »Face! Du kommst mir gerade recht. Wie war’s, wenn du mir die Stiefel polieren würdest, mein Junge? Ich habe morgen einen Einsatz.«

Face deutete auf seine eigenen Rangabzeichen, ebenfalls die eines Lieutenants.

»Oh, ja richtig. Trotz meiner überlegenen Intelligenz hast du rechtzeitig mitgekriegt, wen man bestechen muß. Pech gehabt.« Phanan stand auf und trug sein Tablett zu dem dafür bereitgestellten Karren.

»Geht es dir gut?«

Phanan sah ihn sichtlich verwirrt an. »Natürlich. Oh, das mit den Stiefeln ist natürlich eine Enttäuschung. Vielleicht kann ich Wedge dazu überreden, daß er sie mir putzt.«

Face schnaubte. »Du bist wohl scharf auf eine Laserzielübung? Als Ziel, meine ich.«

»Nein, das habe ich schon hinter mir. Und ich bin auch gar nicht scharf darauf, das so schnell wieder zu erleben.«

Phanan streckte sich und gähnte. »Ich gehe besser in die Klappe. Morgen ist Einsatz.«

»Richtig.«

Phanan lächelte versonnen, ließ ihn stehen und entfernte sich in Richtung auf die Unterkünfte der Piloten. Face ließ ihn gehen, verspürte aber ein leichtes Unbehagen, als ob da nicht der richtige Phanan, sondern bloß eine Art Schemen, ein Gespenst von Phanan an ihm vorbeigegangen wäre und als ob der richtige Phanan verschollen sei.

 

Eine Stunde darauf, nach einem letzten Simulationsflug gegen den Stützpunkt Fellon, suchte Face das Quartier auf, das Phanan sich mit Piggy teilte. Als auf sein erstes Klopfen niemand reagierte, klopfte er noch einmal.

»Verschwinde. Oder, falls du Lieutenant bist oder noch etwas Höheres, verschwinden Sie bitte, Sir.«

»Ich muß dich sprechen, Ton.«

»Morgen.«

»Jetzt gleich.«

»Ich habe Besuch.«

»Ich weiß. Piggy hat mir gesagt, daß du ihn darum gebeten hast, sich für den Abend ein anderes Quartier zu suchen. Es dauert nur einen Augenblick.«

Die Tür zu dem umgebauten Frachtcontainer öffnete sich mit einem Zischen, das allerdings nicht mechanisch war; die Container hatten keine hydraulischen Türen. Es war vielmehr ein natürlicher Laut, der Verstimmung ausdrücken sollte, und er kam von Phanan. Der Cyborgpilot trug einen weiten Morgenrock aus roter Seide und musterte Face finster. »Was ist?«

Face zwängte sich an ihm vorbei in den ersten Raum. Die Container waren in drei Räume aufgeteilt, von denen der größte als Aufenthaltsraum diente und der nächstgrößte mit zwei Betten ausgestattet war, während der kleinste als Erfrischer diente. Face sah, daß der Bildschirm im Hauptraum eingeschaltet war, aber kein Bild zeigte. »Hier ist niemand.«

»Sei gefälligst leise. Sie ist im Schlafraum.«

»Dort ist auch niemand.«

»Soll das heißen, daß ich lüge?« Phanans Stimme ließ keinen Ärger, sondern nur so etwas wie Neugierde erkennen.

»Du trinkst nicht, wenn du Besuch hast. Und hier riecht es nach Alkohol.«

Phanan zuckte wegwerfend die Achseln und zog eine Flasche aus der weiten Tasche seines Morgenrocks. Dem Etikett nach handelte es sich um Halmad Prime, ohne Zweifel stammte die Flasche aus der Ladung, die die Flederfalken von der Barderia geholt hatten. Phanan hielt sie seinem Besucher hin. »Magst du einen Schluck?«

»Nein. Was ist mit dir los, Ton?«

Phanan schloß die Tür des Containers und setzte sich – besser gesagt, er ließ sich auf das Sofa plumpsen. »Ich werde in letzter Zeit schneller betrunken.«

»Ein Zeichen dafür, daß du alt wirst?«

»Nein.« Phanan schüttelte den Kopf. »Da ist einfach weniger von mir da, worauf der Alkohol wirkt. Jedes Jahr geht das so, weniger Fleisch, mehr Maschine. Also wirkt der Alkohol schneller.«

Face zog den Stuhl vom Terminal weg und setzte sich verkehrt herum darauf, um sich so vorn gegen die Lehne stützen zu können. »Ich glaube, das habe ich nicht ganz verstanden.«

»Sie war nicht interessiert, Face. An mir.«

»Lara?«

»Ja, Lara. Um es genauer zu sagen, gilt das zu unterschiedlichen Zeiten auch für Falynn, Tyria, verschiedene Frauen auf Folor, Borleias und Coruscant, dann Shalla, Dia und in letzter Zeit Lara.« Er nahm einen langen Schluck aus der Flasche.

Face schnaubte. »Vielleicht stimmt etwas an deiner Technik nicht. Wie hast du ihr denn gezeigt, daß du an ihr interessiert bist? Was hast du gesagt?«

»Ah, das ist es ja gerade. So direkt habe ich gar nichts gesagt. Ich habe einfach dagesessen und mit ihr geredet und habe versucht, in ihren Augen zu lesen. Sie hielt meine witzigen Bemerkungen für witzig. Sie war an meinen Geschichten über unsere Aktion gegen Admiral Trigit interessiert. Ich glaube, ich war ihr sympathisch. Aber… davon abgesehen… nichts. Ich reizte sie einfach nicht. Und so geht das jetzt schon eine ganze Weile.«

»Ton, wir befinden uns im Krieg, und das beeinträchtigt das Privatleben immer. Ich bin sicher, du wirst jemanden finden…«

»Mach nur so weiter und versuch mich zu trösten, dann könnte ich mich gezwungen sehen, dich durch die Tür zu befördern. Ich meine, ohne sie vorher zu öffnen«, sagte Phanan. Sein Tonfall klang locker und nicht unfreundlich, aber Face spürte, daß er es ernst meinte. Dabei sah er Face nicht einmal an und hatte sich auch nicht bewegt – und trotzdem ließ sein Tonfall die Drohung sehr ernst klingen. »Du verstehst mich nicht.«

»Dann erkläre es mir eben.«

Phanan blickte zu der niedrigen Decke des Frachtcontainers auf, als könnte er durch sie hindurchsehen, in den Sternenhimmel draußen, als ob der ihm eine Inspiration liefern würde. »Es war in der Schlacht von Endor; ich arbeitete damals als Arzt auf einer Fregatte, die von einer imperialen Breitseite getroffen wurde. Ein ganzes Stück aus der Schiffswand wurde dabei herausgerissen, und die Besatzung in der Trefferzone wurde ins Vakuum gesogen. Ich wurde von einem Träger getroffen, den das Laserfeuer in Weißglut versetzt hatte. Du mußt dir das vorstellen – da bemühe ich mich gerade noch um einen Piloten mit einer Gehirnerschütterung, und im nächsten Augenblick ist der Pilot seit zwei Wochen tot, und ich wache mit einer mechanischen Gesichtshälfte und einem mechanischen Bein auf.

Und seitdem hat es keine Frau gegeben, die sich ernsthaft für mich interessiert hat.«

»Es ist nicht das Bein oder das Gesicht, Ton.«

»Das weiß ich auch, du Schwachkopf.« Phanan funkelte ihn an, und die leuchtende Optik, die sein linkes Auge ersetzte, ließ seinen Gesichtsausdruck ausgesprochen bösartig wirken. »Aber als ich auf dieser Sanitätsstation getroffen wurde, ist etwas in mir gestorben, und ich glaube jetzt, daß es meine Zukunft war. Ich denke, die Leute – jedenfalls die Frauen – brauchen mich nur anzusehen und wissen sofort: ›Der hat keine Zukunft.‹«

»Das ist doch lächerlich.«

»Es gibt keinen mechanischen Ersatz für eine Zukunft, Face. Und jedesmal, wenn ich wieder irgendeinen Treffer abbekomme und die wieder ein Stück von mir wegschneiden und es mit irgend etwas Mechanischem ersetzen müssen, weil ich gegen Bacta allergisch bin – jedesmal, wenn das passiert, habe ich das Gefühl, daß ich mich ein Stück weiter von dem jungen Arzt entfernt habe, der ich einmal war und der eine Zukunft hatte. Der kommt nicht mehr zurück, Face, das geht gar nicht. Er existiert ja nur noch teilweise.«

»Ton…«

»Und jetzt fang bloß nicht an, mir zu erklären, daß ich nicht weiß, wovon ich rede, weil ich betrunken bin und schon ein wenig belämmert. Ich weiß, daß ich betrunken und belemmert bin. Aber ich lebe die ganze Zeit mit dem, was ich dir gerade gesagt habe, und ich weiß, daß es wahr ist, auch dann, wenn ich nicht betrunken bin. Selbst wenn ich mich einigermaßen wohl fühle. Keine Zukunft – und niemand in meiner Zukunft.«

»Du hast deine Freunde, Ton.«

Phanan nickte. »Ja, das stimmt. Und für diese Freunde bin ich auch dankbar. Aber meine Freunde sind die Gegenwart. Und wenn ich von dem Punkt aus, wo sie sind, in meine Zukunft blicke, dann ist da niemand. Keine Zukunft.«

»Ich weiß nicht, was ich dir sagen soll. Ich wünschte nur, du würdest es nicht so sehen.«

»Das wünsche ich mir auch.«

»Gib mir die Flasche.«

»Ich weiß. Wir haben morgen einen Einsatz.« Phanan reichte ihm die Flasche, die zu zwei Dritteln leer war.

»Wenn du dem Einsatz morgen früh nicht gewachsen bist, mußt du mir das sagen.«

»Ja, Lieutenant.«

Face wollte noch etwas hinzufügen, aber die förmliche Anrede in Phanans letzter Antwort hatte den Gesprächsfaden für ihn irgendwie durchtrennt. Also schüttelte er bloß den Kopf und ging hinaus.