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Face hatte sich bemüht, vernünftig zu sein. »Wir gehen ja, Lieutenant. Aber wir haben unsere Taschen drinnen gelassen. Dürfen wir hineingehen und unsere Taschen holen?«

Die Stimme des Sturmtrupplers, der neben dem Gleiterpiloten saß, klang verächtlich: »Welcher Idiot hat erlaubt, daß ihr zum normalen Wachdienst Taschen mitbringt?«

Taktik: Wenn man dich nach etwas fragt, was du nicht weißt, antworte mit einer Gegenfrage oder überlaß dem Fragenden die Auswahl. »Der Neue, Sir«, antwortete Face. »Wie heißt er doch gleich?«

»Balawan?«

»Ja der, Sir.«

»Nun, er ist ein Schwachkopf. Aber gemeinsamer Küchendienst mit euch beiden tut euch vielleicht allen gut. Also schön, holt eure unerlaubten Taschen. Aber zuerst wollen wir das erledigen.« Der Offizier sah nach hinten auf die Ladebrücke seines Gleiters und nickte. Zwei Sturmtruppler stiegen aus und bauten sich vor Face und Phanan wie zwei Roboter auf. Face sagte: »Ich übergebe an die Wachablösung.«

Dann stieß er innerlich eine Verwünschung aus. Die Formulierung stimmte nicht. Taktik: Wenn du an einem Ritual teilnehmen mußt, von dem du keine Ahnung hast, dann liefere deinem Gegenüber einen Grund und versuche, seine Sympathie zu gewinnen. Face sagte: »Ich…« Und dann hustete er, ein würgendes Husten, das ihn am ganzen Leib zittern ließ. Der Hustenanfall wurde stärker, und er krümmte sich vor Schmerzen zur Seite. Trotzdem richtete er sich ein paar Male wieder auf, immer noch salutierend, das Abbild eines Mannes, der sich unter Qualen bemüht, seine Pflicht zu tun.

Die Verachtung des Offiziers wuchs eher noch. »Was hat dieser Mann im Dienst verloren? Der sollte eher auf dem Sterbebett liegen.«

Face hörte Phanan sagen: »Pflichtbewußtsein.«

»Na schön. Also, raus mit der verdammten Parole.«

Phanan sagte: »Amelkin gegen Tovath.« Das war der Name des klassischen Quadrantspiels, der ihnen Zugang zu dem Hangar verschafft hatte.

»Was? Die Schichtparole, Sie Schwachkopf.«

Taktik: Wenn alle anderen Möglichkeiten erschöpft sind, nach allen Seiten das Feuer eröffnen. Face richtete sich auf, packte den vor ihm stehenden Sturmtruppler oben an seinem Panzer, um ihn festzuhalten, und schoß dem Mann in den Bauch. Phanan versetzte seinem Sturmtruppler einen Stoß, feuerte ebenfalls und traf den Mann am Helm.

Face packte den Sturmtruppler, den er gerade niedergeschossen hatte, und hielt ihn wie einen menschlichen Schild vor sich und jagte mit der Waffe, die er in der Hand hielt, einen Feuerstoß über die Insassen des Gleiters. Er sah, daß er wenigstens zwei Männer, darunter auch den Lieutenant, getroffen hatte, wußte aber, daß es nur eine Frage von Sekundenbruchteilen sein würde, bis die Sturmtruppler ihrerseits das Feuer eröffneten –

Jetzt wurden Faces und Phanans Schüsse durch tödliches Sperrfeuer verstärkt, das von der Hangartür ausging. Face warf einen kurzen Blick nach hinten. Da standen zwei Gespenster in Sturmtruppenpanzern und rückten feuernd vor.

Schlechte Taktik, dachte Face, den Schutz der Tür aufzugeben, begriff aber dann, als zwei weitere Gespenster nachrückten und den Platz an der Tür einnahmen.

Der Pilot des Gleiters gab Gas und zog sein Fahrzeug in die Höhe, ein Manöver, das die überlebenden Sturmtruppler hinten im Fahrzeug zwar von ihren Sitzen riß, dafür aber ein paar Augenblicke lang die Bodenpartie des Gleiters schützend zwischen sie und die Gespenster brachte. Zugleich schoß der Gleiter freilich über die breite Straße zwischen den Gebäuden, so daß der Pilot nur die Wahl hatte, das Fahrzeug wieder parallel zum Boden zu bringen oder gegen eines der Gebäude zu prallen – aber inzwischen hatte er sich so weit entfernt und bewegte sich auch so schnell, daß das konzentrierte Feuer der Gespenster keinen großen Schaden mehr anrichten konnte. Tatsächlich konnte Face erkennen, daß nur noch ein weiterer Sturmtruppler getroffen wurde. Er vermutete, daß der anonyme Kollege, der den Schuß abgegeben hatte, Donos war, ihr Scharfschütze. Der Gleiter bog um die nächste Ecke und war verschwunden.

Der Mann im Sturmtruppenpanzer an der Tür war Wedge, der jetzt rief: »Zwei, Hangartüren öffnen und blockieren; sonst schließt sie uns der Zentralcomputer. Hast du ein Ablenkungsmanöver parat?«

»Manöver Nummer zwei ist bereit. Nummer eins dauert noch ein paar Minuten.«

»Dann nimm Nummer zwei. Anschließend verschwindest du mit Sechs, Acht, Neun und Elf zu Fuß hier…«

Castins Stimme klang beinahe weinerlich: »Aber ich wollte doch einen der TIE-Interceptors fliegen!«

»Mund halten. Wir haben nur fünf. Lauft, wohin ihr wollt, bloß nicht in die Richtung, in die dieser Gleiter verschwunden ist, lauft in imperialer Formation und nehmt Kontakt mit Zehn auf. Sie sollte inzwischen eine Transportmöglichkeit gefunden haben. Ihr übrigen seht zu, daß ihr in eure Maschinen kommt.«

 

»Die haben die Hangartür offen«, meldete der Pilot des Gleiters, der jetzt an der Ecke eines nicht sehr weit entfernten Gebäudes stand. »Ich kann hören, wie die Ionenmotoren anspringen. Ich habe meine Männer ausschwärmen lassen, sie sind in Schußposition, ich…«

Seine nächsten Worte wurden von dem Heulen übertönt, das sich rings um ihn erhob. Es klang wie der Angstschrei eines lange vergessenen Gottes, ein schrilles Klagen, das ihm trotz seines Panzers durch Mark und Bein ging; er sah, wie die Transparistahlfenster der Gebäude um ihn herum in dem Lärm zu vibrieren begannen.

Tatsächlich handelte es sich um die Alarmsirenen des Stützpunkts, eine antiquierte Maßnahme, um die Besatzung des Stützpunkts und jeden, der sich im Umkreis von einigen Kilometern befand, davon in Kenntnis zu setzen, daß Feinde aus der Luft nahten. Zu der Zeit, als dieser Stützpunkt gebaut worden war, war das Imperium jener Feind gewesen; nachdem das Imperium die Macht übernommen hatte, hatte man das System behalten. Für alle Fälle.

Und jetzt war das Unmögliche eingetreten, jemand griff den Stützpunkt aus der Luft an. Der Sturmtruppler sah, wie Lichtfinger über die Wolken zuckten und nach Zielen suchten, dann hörte und sah er, wie die riesigen, automatischen Turbokanonen des Stützpunkts auf Ziele hoch oben am Himmel feuerten. Er konnte die Ziele nicht sehen… aber wenn die Kanonen das Feuer eröffnet hatten, mußte es auch solche Ziele geben.

Von dem dramatischen Geschehen am Himmel abgelenkt, sah der Sturmtruppler nicht, wie der erste TIE aus dem Hangar kam.

 

Face löste sich aus der Formation und schloß zu Castin auf. Er mußte schreien, um das Heulen der Sirenen zu übertönen. »Zwei, was hast du gemacht?«

Die Haltung Castins ließ auf Verlegenheit schließen. »Ich habe ein paar alte Manöverprojektionen von imperialen Angriffen gefunden. Die waren nicht besonders geschützt; bloß Archivmaterial. Aber ich konnte die Daten in ihr Sensornetz einspeisen, geradeso, als wären es neu empfangene Daten, und das hat eine automatische Reaktion ausgelöst. Jetzt werden gleich…«

In der Ferne stiegen zwei Staffeln TIE-Jäger auf, rasten in den Himmel, den mutmaßlichen Feinden entgegen, die dort auf sie warteten. Castin sprach seinen Satz nicht zu Ende, sondern hob nur die Hand und deutete auf die TIEs.

»Sechs«, fragte Face, »haben wir etwas von Zehn?«

»Ja. Sie kommt. Wir haben ihr unseren Vektor gegeben.«

»Verschlüsselt, hoffe ich.«

»Verschlüsselt.« Der Code, den die Gespenster für diesen Einsatz verabredet hatten, enthielt für den Fall, daß jemand ihren Zerhackercode knackte, für die Übermittlung von Ortskoordinaten einen sehr einfachen Trick: Die Koordinaten wurden im normalen Gitterformat des Imperiums angegeben, aber mit umgekehrten Werten, also Süd für Nord, Ost für West. Den Sturmtruppen würde zwar ein einfacher visueller Test ausreichen, um zu erkennen, daß die Ortsangaben nicht korrekt waren, aber die Zeittoleranzen für diesen Einsatz waren so knapp, daß das den Gespenstern wahrscheinlich schon genügen würde.

 

Kell und Phanan, die am wenigsten mit TIE-Jägern vertrauten Piloten – und ohne jede Erfahrung mit TIE-Interceptors, nicht einmal im Simulator – kamen als erste aus dem Hangar. Nur von ihren Repulsorliftern getragen, schoben sie sich vorsichtig, dicht am Boden, aus dem Hangar heraus. Trotz aller Vorsicht setzte Phanans Bremsung zu spät ein, so daß er gegen die gegenüberliegende Gebäudewand prallte.

Wedge, Janson und Dia, die ihre Fahrzeuge besser kannten, schlossen sich ihnen an. Auf Wedges Befehl wendeten sie, richteten den Bug auf die offene Hangartür, feuerten und zerstörten die zurückgebliebenen drei TIE-Interceptors. Dann wendeten sie erneut, schalteten ihre Zwillingsionenaggregate ein und beschleunigten wesentlich schneller, als sie das von ihren X-Flüglern gewohnt waren. Phanan und Kell schlossen sich ihnen an.

»In Bodennähe bleiben«, befahl Wedge. »Repulsorlifter mit voller Leistung laufen lassen, bis ich es sage.« Sein Blick wanderte über seine Sensoren. Er sah darauf seine kleine Staffel von fünf Interceptors dicht über dem Boden sowie weitere sechsunddreißig TIE-Jäger, drei vollständige Staffeln, die mit hoher Beschleunigung den am Himmel lauernden Feinden entgegenrasten.

Er legte einen Schalter um, der ihm Zugang zu den vom Stützpunkt übermittelten Sensordaten verschaffte. Sein Bildschirm zeigte jetzt einen von feindlichen Maschinen übersäten Himmel. Die Telemetriedaten identifizierten sie als etwas veraltete TIE-Jäger und einige andere Nachschubfahrzeuge imperialer Bauart. Obwohl es sich um imperiale Fahrzeuge handelte, hatte der Stützpunktcomputer sie aufgrund ihres plötzlichen Auftauchens, ihrer aggressiven Formation und dem Ausbleiben jeglicher Reaktion auf normale Anrufe als mutmaßlich feindlich eingestuft. Die drei Staffeln TIE-Jäger des Stützpunkts schienen zahlenmäßig deutlich unterlegen zu sein, aber jetzt stiegen vor Wedges Augen weitere zwei Staffeln auf und schlossen sich ihnen an.

Während links und rechts Gebäude an ihnen vorbeihuschten, übermittelte Wedge den anderen das aufgefangene Signal. »Also, Gespenster. Wir machen einen Durchflug, und dann geht es nach Hause.« Er zog den Knüppel zu sich heran, schoß über die Dächer hinaus und jagte auf den Ausgangspunkt des Signals zu. Die anderen schlossen sich ihm an und gingen in Formationsflug über.

Sie waren in wenigen Augenblicken in Schußweite. Wedge koppelte seine vier Laser für Vierlingsfeuer. Die Zielerfassung des Interceptors konnte die Kommandozentrale des Stützpunkts, einen riesigen Bunker mit einer Kuppeldecke, zunächst nicht gleich identifizieren, aber sobald das Gerät den gesamten Komplex erfaßt hatte, definierte es die Gebäude, die zahlreichen Geschützstationen und die vielen Sensoranlagen als mögliche Ziele. Wedge markierte die erste Sensorbank als erstes Ziel und sagte: »Feuer.«

Die fünf Interceptors brausten auf den Bunker zu, und ihre zwanzig Laser spien Tod und Vernichtung auf den Bunker, zerschmolzen seine Sensorphalanxen und Geschützstände, als wäre ihre Panzerung bloß dünnes Papier. Dann brauste die Gespensterstaffel wenige Meter über die jetzt fast geschmolzene Oberfläche des Bunkers hinweg, kippte zur Seite und raste der Freiheit entgegen.

 

Auf sämtlichen Straßen des Stützpunkts war jetzt Betrieb – Gleiter, die Sturmtruppen in Bereitschaftszonen brachten, zivile Arbeiter, einige davon nur teilweise bekleidet, die zu Fuß zu ihren Einsatzorten rannten. Aber niemand schien geneigt, eine diszipliniert und in vorschriftsmäßiger Formation ihrem Ziel zustrebende Gruppe von fünf Sturmtrupplern aufhalten zu wollen.

Vor ihnen bogen zwei Gruppen Sturmtruppler, insgesamt mehr als zwanzig an der Zahl, in dieselbe Straße wie die Gespenster ein und eilten auf sie zu. »Wachsam bleiben«, sagte Face. »Wenn sie uns ansprechen, nicht stehenbleiben. Falls sie uns aufhalten wollen, Feuer eröffnen und weiterrennen.«

Aber ein Gleiter mit geschlossener Ladebrücke bog hinter den zwei Staffeln in dieselbe Straße ein und beschleunigte, rammte ein paar der Sturmtruppler und fegte andere aus dem Weg. Der Gleiter wurde noch schneller, näherte sich jetzt den Gespenstern. »Anscheinend ist das unsere Fahrgelegenheit«, meinte Knirps.

Der Gleiter hatte sie jetzt eingeholt und kam zum Stillstand, und zwar so, daß die linke Seite und die Heckpartie zwischen den Gespenstern und den anderen Sturmtruppen war. Die Tür war bereits halb ausgeklappt, als der Gleiter auf den Boden aufsetzte.

»Saubere Arbeit, Zehn«, lobte Face. »Ich übernehme die Kanone. Alle anderen hinten einsteigen.« Face schob sich neben Shalla in die Fahrerkabine, die übrigen nahmen hinten Platz.

Face hörte, wie einer von ihnen, der Stimme nach war es Donos, strauchelte, zu Boden ging und fluchte. Er sah zu Shalla hinüber. Die zuckte die Achseln. »Ich mußte ein paar Verletzte hinterlassen«, erklärte sie vage. Gleich darauf trafen die ersten Blasterschüsse der verfolgenden Sturmtruppler das Heck des Fahrzeugs, und Donos’ Stimme hallte über das Komm: »Los, Beeilung!«

 

Sie verließen den Stützpunkt durch dasselbe Tor, durch das sie ihn betreten hatten. Diesmal allerdings hielten sie nicht an, um sich eine Genehmigung zu holen oder um die Torwache dazu zu veranlassen, die Tore zu öffnen. Als sie in voller Fahrt auf die Wachstation zurasten, belegte Face das Wachhaus mit Blasterfeuer und zwang damit den diensthabenden Offizier, sich wegzuducken, wodurch er ihn daran hinderte, Magnetschlösser, die magnetischen Eindämmfelder, auf Repulsorlifter reagierende Landminen oder andere Überraschungen zu aktivieren, die die Imperialen für Fahrzeuge bereithielten, die sich einem Stützpunkt in feindlicher Absicht näherten oder diesen in unziemlicher Hast verlassen wollten.

Sie rammten die Torflügel aus Metall, so daß diese aus ihren Angeln gerissen wurden, und brausten davon.

Einen halben Kilometer entfernt, nach der ersten Biegung der Straße und im Schutze des Hügels, von dem aus Wedge vorher das Gelände beobachtet hatte, setzte Shalla den Gleiter wieder ab. Die Gespenster drängten sich heraus, Shalla gab einen Code in die Tastatur am Armaturenbrett ein, und der Gleiter hob wieder ab und strebte, immer schneller werdend, den fernen Lichtern der Stadt zu.

»Was nimmt er für einen Kurs?« wollte Face wissen.

Shalla schüttelte den Kopf. »Als ich das Kommsystem zerstört habe, habe ich den größten Teil der Programmierung löschen müssen. Ich konnte ihm nur einen ballistischen Kurs in Richtung auf die Stadt eingeben.«

»Das sollte genügen. Laß uns in Deckung gehen.«

Die Gespenster duckten sich in einen Graben und nahmen die Helme ab. Wenn die Insassen der drei Gleiter, die gleich darauf auf der Straße auftauchten, genau hingesehen hätten, hätten sie ihre Köpfe sehen können, die ein wenig über den Grabenrand ragten.

Eine Minute später saßen sie neben Piggy in dem Zivilgleiter, der sie hergebracht hatte. Captain Wanatte, immer noch bewußtlos, lag gefesselt auf der Ladebrücke.

Die Gespenster schälten sich aus ihren Sturmtruppenpanzern und trugen jetzt wieder die schweißgetränkte Straßenkleidung, wie sie auf Halmad üblich war. Die Panzerteile verpackten sie in eine Plastikkiste, die sie auf die Ladebrücke des Gleiters stellten. Dann stiegen sie wieder ein. »Zurück zum Raumhafen«, sagte Face. »Aber langsam und bedächtig. Genauso, wie es sich für eine Gruppe von Touristen gehört, die die ganze Nacht getrunken und gefeiert haben und jetzt todmüde sind.«

Shalla nickte. »Die Beschreibung paßt gar nicht so schlecht.«

 

Der Stützpunkt der Flederfalken befand sich auf einem großen, einigermaßen kugelförmigen Felsen im Inneren des Asteroidengürtels des Halmadsystems. Vor Jahren hatte sich hier der Standort A3 der Tonheld-Bergwerksgesellschaft befunden, die hochwertige Metalle aus den Tiefen eines großen Asteroiden abgebaut hatte, der bei der Jahrmillionen zurückliegenden Zerstörung eines der äußeren Planeten des Hamadsystems entstanden war. Der Asteroid hatte eine dicke Außenschicht aus Felsgestein, während sein Kern vorwiegend aus abgekühltem Nickel und Eisen bestand. Die Tonheld-Bergwerksgesellschaft hatte den größten Teil der nützlichen Metalle abgebaut und lediglich die Vorkommen übriggelassen, die schwer zugänglich waren. Anschließend hatte die Gesellschaft ihre Bergwerksmaschinen und Unterkünfte abgebaut und war abgezogen, und der Standort hatte für vierzig Jahre verwüstet und verlassen dagelegen.

Wenn man sich ihm jetzt in einem Raumfahrzeug näherte, sah es so aus, als ob sich daran nichts geändert hätte. Die dicke Steinhülle war noch intakt und reichte aus, um Menschen und Maschinen, die sich unter der Oberfläche befanden, vor Sensorstrahlen abzuschirmen.

Auf halbem Wege den Hauptschacht hinunter zweigte ein Seitentunnel im Neunzig-Grad-Winkel ab und verlief parallel zur Oberfläche des Asteroiden. Dieser Schacht war jetzt mit einer Durabetonwand verschlossen und nur durch motorbetriebene Tore an beiden Seiten zugänglich.

Dahinter, wo der Seitenschacht den größten Durchmesser aufwies, befand sich der Hangarbereich, in dem die Fahrzeuge der Flederfalken untergebracht waren: zwei TIE-Jäger und fünf TIE-Interceptors sowie das größte Schiff des Stützpunkts, ein Frachter der Xiytiar-Klasse, der den Namen Sungrass trug.

Xiytiar-Frachter waren wahrscheinlich die häßlichsten Transportschiffe, die es in der ganzen Galaxis gab: Sie bestanden aus einer langen, klobigen Bugpartie, die hauptsächlich als Laderaum genutzt wurde, einem Verbindungsrohr von etwa gleicher Länge und einer kurzen, ebenfalls klobigen Komponente am Heck, die hauptsächlich aus Antriebsaggregaten bestand. Und selbst wenn man von diesen Konstruktionsmerkmalen absah, war die Sungrass nicht gerade elegant; es gab kaum einen Quadratzentimeter der einst schimmernden Oberfläche des Schiffes, der nicht von Kratzspuren, schlampiger Lackierung, Ionenverbrennungen infolge zu knapper Begegnungen mit anderen Fahrzeugen oder alten Blasterverbrennungen bedeckt war.

Aber der Rumpf des Frachters war massiv, seine Antriebsaggregate erst vor kurzem überholt und hervorragend abgestimmt.

Früher hatte die Sungrass einmal einer imperialen Frachtgesellschaft gehört. Sie hatte sich zur Überholung in einem Trockendock befunden, als Agenten der Neuen Republik die ganze Werftanlage zerstört hatten. Der Bug des Schiffes war stark beschädigt und seine Aufbauten unter den Trümmern des Hangars begraben worden, deshalb hatten die Aufklärungseinheiten des Imperiums das Schiff als zerstört gemeldet. Inzwischen war es gründlich repariert worden, flog jetzt unter neuem Namen und einer gefälschten Geschichte und wurde von der Gespensterstaffel als Serviceschiff eingesetzt.

Wedge Antilles stand auf der Brücke und brummte in sich hinein. Wahrscheinlich war das, was sie hier taten, für die ganze Neue Republik irgendwie symbolisch: abgelegtes Material des Imperiums ausnutzen, noch ein paar Jahre Einsatz herausholen und irgendwie die Überreste und Brotkrumen in einer Art und Weise nutzen, mit der sie dem Imperium den größtmöglichen Schaden zufügen konnten. Von der Vision einer vom Imperium freien Zukunft, die sich die Neue Republik hartnäckig zum Ziel gesetzt hatte, war das weit entfernt. Er fragte sich, ob es jemals dazu kommen würde, daß alles in neuem Glanz erstrahlte und von jeglichen Erinnerungen an das Imperium frei war.

Er sah zu dem Mann auf dem Kapitänssessel hinüber. Captain Valton schien ihm die ideale Besetzung als Kommandant dieses Schiffes zu sein. Auch er wirkte verwittert und verbeult, aber durchaus noch für viele Jahre einsatzfähig. Sein langes, gebräuntes Gesicht zeigte keine auffälligen Merkmale, ein Dutzendgesicht sozusagen, aber seine Augen blickten scharf und intelligent. Wenn man ihn in eine Hausmeisteruniform steckte, überlegte Wedge, würde er auf keiner Station der Neuen Republik oder des Imperiums unter dem sonstigen Dienstpersonal auffallen – und dann fragte er sich, ob die Gespenster sich diese Tatsache vielleicht eines Tages zunutze machen würden.

Captain Valton schien auch nicht das Bedürfnis zu haben, sich reden zu hören, stellte Wedge zufrieden fest. Als der Mann jetzt merkte, daß Wedge ihn von der Seite beobachtete, sah er zu ihm hinüber für den Fall, daß Wedge etwas von ihm wollte, als er aber erkannte, daß das nicht der Fall war, wandte er sich, immer noch ohne ein Wort zu sagen, wieder seinem Datapad zu, auf dem er Treibstoffkalkulationen vornahm.

Wedge ließ den Blick zu seinen Gespenstern wandern, die man durch die vorderen Sichtluken der Sungrass dabei beobachten konnte, wie sie die gestohlenen TIE-Interceptors lackierten. Der jenige, an dem Tyria und Kell gerade tätig waren, zeigte ein rotes, auffälliges Spinnennetz, ein Emblem, das irgendwie gefährlich und auch ein wenig beunruhigend wirkte. Phanan und Face hatten an der Lackierung ihrer Maschinen kaum etwas geändert und lediglich eine geradezu lächerlich hohe Zahl von Abschußmarkierungen aufgemalt – darunter auch eine Anzahl X-Flügler-Silhouetten, etwa in der gleichen Zahl, wie sie Baron Fei, das größte As des Imperiums nach Darth Vader, auf seiner Maschine trug. Shalla und Donos brachten an ihrer Maschine unechte Blasterbrandspuren an und hatten sogar den Motor so bemalt, daß man den Eindruck bekam, er säße etwas schief, als sei er durch feindliches Feuer in seiner Halterung verschoben worden. Wedge fragte sich, ob das ratsam war; ein Feind könnte leicht den Eindruck bekommen, daß der Interceptor beschädigt war, und das konnte wie eine Aufforderung wirken, ihm den Garaus zu machen, statt ihm mit einer gewissen Vorsicht zu begegnen.

Er beschloß, sich nicht einzumischen. Das Ganze war ein Experiment. Sie würden ja sehen, wie die Feinde auf ihren »beschädigten« Interceptor reagierten.

Sein Kommlink erwachte knisternd zum Leben. »Commander.«

»Ja, Knirps.«

»Die Narra kehrt zurück. Geschätzte Ankunftszeit fünfzehn Minuten.«

»Danke. Bitte auf Konferenz schalten. Ende.«

Er verließ die Sungrass durch das Andockrohr und ging durch den Hangar. Überall hing der beißende Geruch von frischer Farbe in der Luft, und das Schnattern seiner Piloten war nicht zu überhören. Alles gute Männer und Frauen, die sich für kurze Zeit vom Krieg ausruhten. Er wünschte, es gäbe öfter solche Ruhepausen.

Jetzt kam er an Tyrias Maschine vorbei und sah, wie diese gerade dem roten Spinnennetz einen weiteren Faden hinzufügte, dann den Pinsel auf ihre Farbdose legte und Kell umarmte, um ihn zu küssen.

Wedge blieb stehen, hatte schon einen Tadel auf den Lippen, wollte die beiden daran erinnern, daß ein solches Verhalten hier nicht angemessen war… aber dann wandte er sich ab und ging weiter.

Für andere Einheiten wäre eine solche Rüge vielleicht passend gewesen, aber nicht für eine Elitestaffel unter seinem Befehl. Es gab keine Vorschrift, welche Beziehungen zwischen Piloten verbot, selbst bei ungleichem Rang, wie das bei Tyria und Kell der Fall war. Es gab keine Vorschriften, die so etwas außer Dienst oder bei leichtem Dienst, um den es sich hier handelte, verbot. Sie taten nichts Unrechtes.

Weshalb war er dann so verärgert? Weshalb war er nahe daran gewesen, die beiden zum Küchendienst zu verdonnern, falls sie irgendwelche Einwände vorgebracht hätten?

Er passierte das dritte Paar mechanischer Türen, die tiefer in den Schacht hineinführten, den Teil, den die Gespensterstaffel den Graben nannte.

Ursprünglich war das ein Tunnel von quadratischem Querschnitt gewesen, den die letzten Benutzer des Asteroiden in das massive Gestein gebohrt hatten, ein völlig gerader Schacht, an dem nur seine Unauffälligkeit bemerkenswert war. Jetzt waren seine beiden Wände von mittelgroßen Frachtcontainern gesäumt, von denen jeweils drei aufeinandergestapelt waren und die in langer Reihe bis tief in den Schacht hineinreichten. Einige der Container waren zu Wohnquartieren umgebaut worden, andere als Erfrischer und wieder andere als Konferenzräume oder Büros oder Lagerräume. Rolleitern erlaubten den Piloten den Zugang zur obersten Etage der Container.

Face hatte als erster festgestellt, daß der Schacht, wenn man einen Spielzeug-X-Flügler zwischen den Containern herumfliegen ließ, ein wenig wie einer der tödlichen Gräben des ursprünglichen Todessterns aussah. Und als Wedge dann ein paar Tage später von einer Erkundungsmission zur Oberfläche von Halmad zurückgekehrt war, hatte er festgestellt, daß irgendein Witzbold die Schachtdecke, mit Ausnahme der dort angebrachten Beleuchtungskörper, schwarz gestrichen und zwischen der Deckenbeleuchtung Ketten mit winzigen Glitzerlämpchen aufgehängt hatte, so daß der Eindruck eines Sternenhimmels entstanden war.

Wedge hatte keine Einwände gegen die Dekoration erhoben. Es war nicht gut, wenn man die Piloten daran hinderte, einen düsteren Ort wie diesen hier etwas bewohnbarer zu machen, oder wenn sie sonst irgendwelche Dinge taten, die ihr Leben etwas erfreulicher gestalteten, solange das nicht Moral oder Effizienz beeinträchtigte.

Und doch war er vor ein paar Augenblicken nahe daran gewesen, genau das zu tun, und er spürte, wie er immer ärgerlicher wurde, weil er einfach nicht dahinterkam, weshalb das so war.

Der Besprechungscontainer befand sich in der zweiten Etage auf der linken Seite. Er stieg die Rolleiter hinauf und fand Knirps damit beschäftigt, Flaschen und sonstige Überreste einer improvisierten Mahlzeit in einer Tüte zu verstauen. Der Alien salutierte und beendete seine Arbeit.

Wedge ließ sich neben dem Tisch auf einen Sessel fallen. »Knirps.«

Knirps richtete sich auf, und sein Pferdeschwanz wippte. »Sir.«

»Kommen deine Persönlichkeiten je durcheinander?«

Der Alien grinste. Zumindest interpretierten Wedge und die anderen das so, wenn Knirps die Lippen über seinen mächtigen Zähnen zurückzog – ein Ausdruck, der eher den Eindruck erweckte, er wolle gleich jemanden fressen. »Ja, Commander. Häufig. Wären sie einander gleich und damit füreinander leicht verständlich, hätten wir ja nicht mehrere.«

»Richtig… und was machst du, wenn eine davon unverständlich reagiert und du nicht dahinterkommst, was das soll?«

Knirps’ Miene wurde ernst, und er überlegte kurz und wischte dabei die letzten Essensreste in seinen Plastikbeutel. »Wir müssen immer daran denken, daß es viele Wege für jede Antwort gibt. Den Gedankenweg. Den Gefühlsweg. Den Erinnerungsweg. Den Biologieweg… Wir dürfen schließlich auch unsere Hormone und unsere natürlichen Zyklen nicht vernachlässigen. Und jedes Problem könnte aus Kombinationen dieser vier Komponenten bestehen.«

»Leuchtet ein.« Wedge nickte ihm zu und erteilte damit Erlaubnis, den Raum zu verlassen.

Möglicherweise hatte Knirps recht. Ihm wollte kein logischer Grund dafür einfallen, weshalb ihn Tyrias offen zur Schau gestellte Zuneigung für Kell ärgerte. Außerdem hatte es ihm in der Vergangenheit nie etwas ausgemacht, wenn er gesehen hatte, wie andere sich küßten. Biologie kam also nicht in Frage.

Blieben Gefühle, und er wußte bereits, was für Gefühle er empfunden hatte.

Aber wußte er das wirklich? Er war irritiert gewesen. Hatte das vielleicht irgend etwas anderes überdeckt? Er rief sich das, was er gesehen hatte, ins Gedächtnis zurück, Tyrias Zärtlichkeit gegenüber Kell…

Eifersucht.

Er schüttelte den Kopf, versuchte den Gedanken abzutun. Unsinn. Es gab nichts, worauf er eifersüchtig sein konnte.

Er hatte sich nie irgendwelche Gedanken über Tyria gemacht. Natürlich war sie körperlich attraktiv, aber sie war ein rangniedrigerer Offizier unter seinem Kommando, und er achtete immer sorgfältig darauf, den Komplikationen aus dem Wege zu gehen, die solche Beziehungen mit sich bringen konnten. Außerdem war sie gar nicht der Typ von Frau, zu dem er sich gewöhnlich hingezogen fühlte; sie war ein wenig zu unsicher, zu selbstkritisch.

Er hatte auch keine Eifersucht an sich entdeckt, als nicht mehr zu übersehen war, daß Kell und Tyria sich ineinander verliebt hatten. Wenn es Anlaß zur Eifersucht gegeben hätte, wäre das der Zeitpunkt gewesen. Eifersucht war es also nicht.

Aber genau das empfand er. Es war wie ein harter, kleiner Knoten in ihm – Neid.

Vielleicht lag es einfach daran, daß er niemanden hatte, der nur für ihn da war.

Er dachte häufiger darüber nach, was er für ein Mensch geworden wäre, wenn seine Eltern nicht bei der Zerstörung ihrer Tankstation gestorben wären. Was aus ihm geworden wäre, wenn er nicht zunächst die Schmugglerlaufbahn eingeschlagen und dann Jäger der Allianz geflogen und dabei entdeckt hätte, daß er dafür ein besonderes Talent besaß. Was geschehen wäre, wenn er sich nicht einer Sache gewidmet hätte, die zweifellos eines Tages zu seinem Tod führen würde. Dieser andere Wedge Antilles würde wahrscheinlich heute noch im Corellia-System leben, ein paar Auffangstationen besitzen und einigermaßen wohlhabend sein, mit einem Hüftumfang, der ständig zunahm, mit einer Frau und wer weiß wie vielen Kindern. Ein glücklicher Mann. Und diesen glücklichen Mann beneidete Wedge.

Nicht, daß der wahre Wedge unglücklich gewesen wäre. Er war zufrieden – aber allein. Wahrscheinlich war es auch besser, es dabei zu belassen. Bis jetzt hatte er jahrelang aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz überlebt, über Jahre hinweg, in denen um ihn herum buchstäblich Hunderte von Piloten, die er gekannt hatte, im Kampf gefallen waren, gerade, als ob sie lebende Schilde für seinen X-Flügler gewesen wären. Aber eines Tages würde sein Glück zu Ende sein, und die Statistik des Todes würde ihn einholen.

Und doch war so etwas wie Ehe und Familie und ein normales Leben auch für ihn denkbar. Schließlich hatte ihm Admiral Ackbar schon Dutzende Male die Beförderung zum General und eine Position im Generalstab angeboten. Er brauchte bloß zuzustimmen.

Er schob den Gedanken verärgert von sich. Das war ein selbstsüchtiger Gedanke. Sein Leben bedeutete als Pilot und Staffelkommandant mehr, als wenn er an einem Schreibtisch gesessen und sich mit Planungen befaßt hätte. Mehr Bürger der Neuen Republik lebten und mehr imperiale Feinde waren tot, weil er ein Meister des Pilotenknüppels und nicht etwa des Datapads war. Und solange das der Fall war, hatte er nicht das Recht, es sich bequemer zu machen oder seinen eigenen Wünschen nachzugehen.

»Gespenst Drei an Gespenst Eins.«

Wedge fuhr ruckartig aus seinen Träumen und sah in das Gesicht von Wes Janson. Hinter Janson stand Dia Passik in Hab-Acht-Haltung. Wes grinste, und selbst Dias maskenhaftes Gesicht deutete so etwas wie Amüsiertheit an.

Auf dem Tisch standen ein paar Flaschen, auf denen Feuchtigkeit kondensierte. Wedge hatte nicht einmal bemerkt, ob Janson oder Knirps die Flaschen hereingebracht hatte.

Er räusperte sich, um seine momentane Verlegenheit zu überdecken, und fragte: »Was gibt es Neues von Coruscant?«

»Na ja, die halten dort nicht viel von Offizieren, die dabei ertappt werden, im Dienst ein Nickerchen zu machen.« Wes reichte ihm einen versiegelten Behälter. »Befehle.«

Wedge knackte das Siegel und entnahm dem Behälter ein Datapad.

»Soll ich hinausgehen, Sir?« fragte Dia.

»Nein. Nehmen Sie ruhig Platz. Sie dürfen für den Augenblick offizieller Spion für die Piloten sein. Falls hier etwas Geheimes steht, werde ich das später mit Lieutenant Janson besprechen.«

Janson und Dia machten es sich bequem, während Wedge den Text auf dem Datapad überflog. »Gratulation zu dem Überfall auf den Stützpunkt auf Halmad. Die sind anscheinend der Ansicht, daß fünf Interceptors eine bessere Beute sind, als sie erwartet hatten. Erlaubnis, unsere Operationen weiterhin aus Piratenaktivitäten zu finanzieren.«

»Mann o Mann«, sagte Janson. »So etwas sieht man nicht sehr oft.«

Dias Stirn runzelte sich. »Wenn ich fragen darf, warum ist das so ungewöhnlich?«

»Das ist ein Punkt, an dem langfristig angelegte geheime Operationen häufig vom Kurs abkommen«, erklärte Wedge. »Der Kommandant der Mission schafft sich eine eigene Einnahmequelle und finanziert damit seinen Einsatz. Dann fängt er an, weniger Einnahmen anzugeben, als er tatsächlich tätigt. Er versteckt die Überschüsse irgendwo oder benutzt sie für Einsätze, die nicht autorisiert sind. Über kurz oder lang gewinnt er einige seiner Untergebenen als Mitwisser, und die lassen sich noch wirksamere Möglichkeiten einfallen, um Geld zu beschaffen – Schmuggel zum Beispiel –, die nie gemeldet werden. Wenn man eine solche Operation lange genug gewähren läßt, kann sich innerhalb weniger Jahre ein regelrechtes Verbrechersyndikat daraus entwickeln. Deshalb tut die Neue Republik, insbesondere die Abwehr, so etwas nicht sehr gern. Die erweisen uns großes Vertrauen.«

Janson sah Dia an. »Uns hat er gesagt. Er will uns tatsächlich vormachen, daß bei dieser Gleichung irgend etwas anderes außer dem persönlichen Ruf von Wedge Antilles eine Rolle spielt.«

Dia beschränkte sich auf ein kühles Lächeln.

Wedge wandte sich wieder den Befehlen zu. »Erlaubnis, Einsätze gegen die imperialen und Regierungskräfte im Halmadsystem und anderen Systemen zu planen und durchzuführen. Außerdem ein paar Einsätze, die wir als Gespensterstaffel durchführen sollen, Schläge, die wir gemeinsam mit der Sonderstaffel und der Mon Remonda vornehmen sollen. Und kein Wort über Ersatz-X-Flügler.« Er schloß das Datapad. »Im großen und ganzen wie erwartet. Passik, Fragen?«

»Nein, Sir. Vielen Dank, daß Sie mir erlaubt haben hierzubleiben, Sir.«

»Ich weiß, wie wertvoll neue Nachrichten sind. Wegtreten.«

Als sie den Raum verlassen hatte, sagte Janson: »Ich habe ein paar von unseren Malkünstlern dafür eingeteilt, die Narra zu entladen. Wir haben ein paar Unterhaltungsholos mitgebracht, einige Luxusholos, ein paar zusätzliche ID-Sätze, die wir der Abwehr abgeluchst haben, ein Interceptor-Simulatormodul für den TIE-Jäger-Simulator und den passiven Sensor, den du für die Überwachung des imperialen Stützpunkts haben wolltest.«

»Gut.«

»Ist alles in Ordnung?«

Wedge nickte. »Ich spüre bloß meine Jahre. Und, weil wir schon gerade davon reden, denke ich, werde ich mich in einen Simulator setzen und das junge Gemüse etwas Mores lehren.«

»Danach wirst du dich ganz bestimmt besser fühlen. Bei mir ist das auch immer der Fall.«

 

Wedge tippte seinen persönlichen Code in die Tastatur an der Luke des TIE-Jäger-Simulators ein. Die Einstiegsluke des Simulators befand sich nicht über dem kugelförmigen Cockpit, wie das normalerweise bei echten Interceptors der Fall war, sondern am hinteren Teil des Cockpits, wo sonst die zwei Ionenaggregate angebracht waren.

Die Luke klappte auf. Eine schattenhafte Gestalt richtete einen Blaster auf Wedge. Wedge ließ sich fallen und kniete dann, den schußbereiten Blaster in der Hand, neben dem Simulator.

Aber es kam kein Feind heraus, um auf ihn zu feuern. Er zielte weiterhin auf die Luke und griff nach seinem Kommlink.

»Gibt es ein Problem, Commander?« Das war Face, der nur ein paar Meter von ihm entfernt am X-Flügler-Simulator lehnte.

»Runter, da drinnen ist ein Feind…«

Face duckte sich hinter seinen Simulator und sah genauer hin. »Das glaube ich nicht, Sir.« Seine Mundwinkel zuckten, aber es gelang ihm nicht ganz, sein Lächeln zu unterdrücken.

Wedge richtete sich auf und trat einen Schritt vor, beugte sich so weit vor, daß er in das Simulatorcockpit schauen konnte, und sah dann genauer hin.

Der Eindringling war ein Ewok.

Nicht einmal ein lebender Ewok. Es war ein ausgestopftes Spielzeug von der Größe eines echten Ewok und täuschend ähnlich, aber trotzdem nur ein Spielzeug.

Es trug die Uniform eines Jägerpiloten der Neuen Republik, sogar mit einer authentisch wirkenden Schalteranordnung auf der Brust, einem Helm und einem Blaster in der Pfote.

Die andere Pfote hielt ein Datapad. Wedge griff danach und las den Text:

Lieutenant Kettch meldet sich zur Stelle, Sir.

Ha, ha, Commander!

Wedge schüttelte betrübt den Kopf. »Manchmal frage ich mich, ob ich noch ganz bei Trost bin.« Er nahm das Spielzeug und reichte es Face. »Übernimm du das.«

Face, der alle Mühe hatte, nicht laut aufzulachen, salutierte lediglich und entfernte sich schnell mit dem Ewokpiloten.

 

»In die Gruppe von Colonel Repness versetzt?« Lara warf einen erneuten Blick auf ihre Befehle und gab sich unwissend. »Das verstehe ich nicht. Ich habe meine Grundausbildung an den X-Flüglern noch nicht beendet. Bekomme ich jetzt die Ausbildung für Fortgeschrittene?«

Ihr Gruppenführer, ein rothaariger, gerade dem Knabenalter entwachsener Mann, dessen fliegerisches Können ihr unter normalen Umständen, wenn sie nicht eine besondere Rolle hätte spielen müssen, nur ein müdes Lächeln abgenötigt hätte, grinste herablassend. »Kleines Mißverständnis. Repness kümmert sich um die Versager. Also auch um dich. Notsil, du bist durchgefallen. Repness ist für dich nur ein kurzer Aufschub. Nächste Woche um diese Zeit bist du hier weg.«

»Lowan, du bist ein Ekel.«

»Ich will vergessen, daß du das gesagt hast. Die schmeißen dich hier so schnell raus, daß es sich gar nicht mehr lohnt, wenn ich dich melde.«

Lara starrte ihm nach, als er davonstolzierte, und malte sich in Gedanken eine Zielscheibe auf dem Rücken seiner Uniformjacke aus und überlegte, welchen Spaß es doch machen würde, ihm einen Blasterstrahl zwischen die Schultern zu setzen.

Aber das kam natürlich nicht in Frage. Viel besser war es, die Gunst Zsinjs zu erringen und als TIE-Interceptorpilotin zurückzukommen und Lowan mit seiner Maschine abzuschießen.

Andererseits, was würde sein, wenn sie sich Lussatte gegenübersah, die ihr als Pilotin zwar auch nicht gewachsen, aber wenigstens nicht so widerwärtig wie Lowan war? Sie zu vaporisieren würde ihr ein leichtes sein… aber Lara hatte das ungute Gefühl, daß sie das lange Zeit bedauern würde.

Sie schüttelte den Gedanken ab. Die Versetzung in eine andere Gruppe bedeutete die Versetzung in einen anderen Schlafsaal. Das hieß also Packen.