Der hebräische Kanon
Der Kanonisierungsprozess war schon beinahe 200 Jahre im Gang gewesen, als man (vermutlich während der Synode von Jamnia 95 n. Chr.) zu einer Übereinkunft fand. Das Ergebnis wurde Tanach genannt und umfasste 24 Bücher in 3 Hauptteilen: die Tora (Weisung, die 5 Bücher Mose), die Nevi’im (Propheten) und die Ketuvim (Schriften).
Für eine Erfüllung des Wunsches nach Einheitlichkeit kam dies allerdings zu spät: Seit den Vorstößen Alexanders des Großen in den Osten hatte sich ein heute hellenistisch genannter Geist unter vielen Juden verbreitet. Hellenistische Synagogen wurden gerne von hellenisierten Juden frequentiert. Für diese Gemeinschaft der Gläubigen entstand die Septuaginta, eine griechische Übersetzung alttestamentarischer Schriften.
Als Targum werden Bibelübersetzungen aus der Schriftsprache Hebräisch in die Umgangssprache Aramäisch bezeichnet. Hier eine Handschrift aus dem Irak,11. Jh. n. Chr.
Der neu geschaffene Kanon richtete sich indes
an eine palästinensische Klientel, für die hebräische oder
aramäische Texte benötigt wurden, und sollte zur Abgrenzung von der
rasch wachsenden Christenheit beitragen. Zu den sprachlichen kamen
noch inhaltliche Differenzen – was die Rabbiner für bibelwürdig
hielten, deckte sich nur zum Teil mit den christlichen
Ansichten.
Dieser Unterschied hat Folgen bis heute: Als nämlich Hieronymus um 400 n. Chr. die Vulgata schuf, die bis heute maßgebliche Übersetzung der Bibelschriften ins Lateinische, bediente er sich zwar der hebräischen Urtexte, fügte aber einige griechische Texte aus dem weiter gefassten Kanon der Septuaginta hinzu. Martin Luther griff hingegen ausschließlich auf den hebräischen Kanon zurück und erklärte den Septuaginta-Überschuss für apokryph. Diese Anteile können daher in evangelischen Bibeln fehlen oder im Anhang angeführt sein; in katholischen Bibeln sind sie als „deuterokanonische“ Schriften fester Bestandteil des Alten Testaments. Dazu mehr im Kapitel „Ein bisschen apokryph“.