Bibliothek in einem Band

Das Buch der Bücher – die Bibel. Diese sprichwörtliche Einschätzung, mit der die Bedeutung der für die Christenheit heiligen Schrift gemeint ist, kann auch buchstäblich verstanden werden: Die Bibel ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Handbibliothek – eine Büchersammlung in einem Band.

Wie in jeder Bibliothek ist die Sammlung der Schriften nicht zufällig – der zur Verfügung stehende Raum ist immer begrenzt, also sind Kriterien für die Auswahl erforderlich. Was uns heute als „Bibel“ vorliegt, die Schriften also, die es „hinein“geschafft haben, stellt den biblischen Kanon dar. Je nach christlicher Konfession unterscheidet sich der Kanon – so enthält z. B. die evangelische Bibel sechs Schriften nicht, die nach katholischer und orthodoxer Auffassung einfach Teil des Alten Testaments sind, weil Martin Luther sie als „Bücher, so der Heiligen Schrift nicht gleich gehalten, und doch nützlich und gut zu lesen“ einstufte.

„Buch der Bücher“ lässt sich als Erhebung über alle anderen verstehen – oder ganz wörtlich als Büchersammlung.

Die Kanonisierung der Bibel der größten christlichen Konfession, der römisch-katholischen (d. h. nach dem Vorbild der effizienten römischen Verwaltung organisiert und organisierend und mit universellem [katholischem] Anspruch), fand im 4. Jahrhundert nach Christus ihren Abschluss. Seither hat sich an den aus katholischer Sicht biblischen Texten nichts mehr geändert. Wer es damals nicht in diese Bibel schaffte, hatte seither schon gar keine Chance mehr.

Was keinesfalls daran liegt, dass es niemand versucht hätte: Von den Zeiten urchristlicher spiritueller Weisheitssuche bis zur Verstaatlichung der Institution römisch-katholische Kirche im 4. Jh. n. Chr. entstanden zahlreiche Texte, die für sich in Anspruch nahmen, christlich-religiös zu sein. Selbst als der katholische Bibelkanon beschlossene Sache war, wurden weiterhin Geschichten geschrieben, die Hintergrundstorys zu den Protagonisten waren oder sich der vielen Lücken und Ungereimtheiten in der biblischen Erzählung annahmen – was geschah mit Jesus zwischen seinem fünften und seinem zwölften Lebensjahr? Woher genau kommt eigentlich Maria – und wie kann es sein, dass sie ihre Jungfräulichkeit bewahrte, obwohl Jesus sogar noch etliche Brüder und Schwestern hatte? Und welche Rolle genau hatte Maria Magdalena inne?

Auch das Alte Testament konfrontiert mit zahlreichen Unerklärlichkeiten – allen voran Kain, der irgendwann plötzlich heiratet und Kinder bekommt, ohne dass je von einer anderen Frau als Eva die Rede gewesen wäre.

Für diese zahlreichen Schriften setzte sich die Bezeichnung Apokryphen durch, obwohl der Begriff nur bedingt zutreffend ist. Das griechische Wort „apokryphos“ bedeutet wörtlich verborgen, geheim, was aber auf die teilweise sehr populären Texte wie das Kindheitsevangelium nach Thomas überhaupt nicht zutraf.

Die Un-Heilige Schrift
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