Kapitel 44

 

Zunächst war Jenny enttäuscht, als Paul spätabends bei ihr anrief und sich für sein Ausbleiben entschuldigte: »Ich hatte noch eine längere Unterredung mit Sir Anthony. Außerdem erfuhr ich erst durch ihn, dass bereits für morgen 9 Uhr Forsters Haftprüfung angesetzt wurde. Der Oberstaatsanwalt aus Edinburgh, der für die Fortsetzung der Untersuchungshaft eintritt, ist bereits eingetroffen. Er sitzt hier bei mir, wir haben noch Verschiedenes zu besprechen. Es kann daher recht spät werden.«

   Bereits seit einiger Zeit verbrachte Paul die Abende und Nächte, aber auch die wenigen freien Tage bei Jenny. Ihr kleines Appartement war wesentlich behaglicher als sein karg möbliertes Junggesellendomizil. Sie trugen sich bereits mit dem Gedanken, bald nach ihrer Hochzeit in Pauls größere Eigentumswohnung umzuziehen, allerdings nach deren gründlicher Renovierung und einer Ausstattung mit neuem Mobiliar.

   Erst lange nach Mitternacht kam er nach Hause. Jenny schlief bereits. Ganz behutsam legte er sich neben sie.

 

»Gibt’s was Neues?« erkundigte sich Jenny beim Frühstück.

   Paul erzählte ihr alles über die Entlarvung Adams’ und die homosexuelle Veranlagung Baynes. »Mir will einfach nicht in den Kopf, warum Forster Adams umbrachte. Aber vielleicht steckte Bayne dahinter. Ich bin schon gespannt, was die Vernehmung Forsters ergibt.«

   »Aus Liebeskummer oder aus Wut über eine Zurückweisung ist bestimmt schon mancher Mord begangen worden«, meinte Jenny. »Außerdem hatte Bayne doch den jungen Mann gefördert wo er nur konnte, vermutlich um sich dadurch dessen Zuneigung zu erkaufen. Möglicherweise war Adams davon angewidert und drohte Bayne damit, seine homosexuellen Neigungen publik zu machen. Was stellst du nun mit deinen Kenntnissen über den Kinderschänder Adams an?«

   »Wir wissen noch zu wenig darüber. Es kann ja sein, dass er sich nur Fotos aus dem Internet herunterlud und seinen persönlichen Frust dadurch abreagierte, indem er verschiedene Leute durch Übermittlung solcher Bilder schockierte. Dass er an diesen Aufnahmen persönlich beteiligt war, möchte ich bezweifeln. Ich traue diesem engstirnigen Typ so etwas nicht zu.«

   »Und was machen wir jetzt mit unserem armen Jack Packard?«, erkundigte sich Jenny weiter. »Der wird erleichtert sein, dass endlich der Kerl gefunden wurde, der den Tod seiner Familie verschuldete.«

   »Ganz im Gegenteil, Jenny, leider! Mr Packard wird eher enttäuscht sein, dass Bayne nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden kann. Da Forster als Besitzer des Rovers nicht persönlich haftbar ist und seine Kfz-Versicherung wegen der Alkoholfahrt Baynes keine Entschädigung leisten dürfte, wird Jack Packard leer ausgehen. Könntest du dich wohl um den Mann kümmern und ihm alles erklären? Dir gelingt das bestimmt viel besser als mir.«

   »Na gut, ich werde versuchen, ihm das irgendwie plausibel zu machen. Und was sagt dein Sir Anthony zu den neuesten Erkenntnissen?«

   »Der will nichts an die Presse geben. Es könnte dem guten Ruf des CID schaden, würde die Öffentlichkeit erfahren, wer den Unfall bei Aviemore verursachte. Und da niemand mehr obszöne Fotos erhalten dürfte, sollte man auch die Sache mit Adams auf sich beruhen lassen. Sonst könnten mögliche Trittbrettfahrer ermutigt werden, Adams nachzueifern. Ich bin ganz seiner Meinung. Sir Anthony hat inzwischen mit dem Innenminister telefoniert, der daraufhin absolute Geheimhaltung anordnete.«

 

Bevor sie sich vor dem Verlagsgebäude trennten, schlug Paul vor, künftig das Berufliche vom Privaten strikt zu trennen. Alle mit der Berufstätigkeit zusammenhängenden Themen sollte man dort belassen, wo sie auch hingehörten. »Seit letzter Zeit habe ich immer mehr das Gefühl, dass wir nur noch von unserer täglichen Arbeit reden und zu wenig Zeit für persönliche Dinge haben. Ich trage allein die Schuld an dieser Entwicklung und es tut mir leid, dass ich dich – ohne es zu wollen – in diesen Teufelskreis mit hineingezogen habe.«

   Jenny war dankbar, dass Paul selber diesen Vorschlag machte. Sie hätte ebenfalls schon daran gedacht, dass sich in dieser Hinsicht etwas ändern müsse.

Ein mörderisches Komplott
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