1994: DAS EINZIGE FUTTER WAR KANONENFUTTER
»Als wir letzte Woche Schluss gemacht haben, Martin«, sagte Dr. Treffler, »sprachen Sie gerade darüber –«, ihre Augen huschten über die Notizen in ihrem Ringbuch, »dass Sie manche Dinge gut können, auch wenn Sie sie zum ersten Mal machen.«
Die CIA-Psychiaterin trug einen engen Rock, der kurz über dem Knie aufhörte. Als sie die Beine übereinander schlug, wurde ihr Oberschenkel sichtbar und Martin wandte den Kopf ab. Er wusste, dass sie mit allem, was sie tat, einen Zweck verfolgte. Durch die Sache mit den Beinen wollte sie ihm Informationen über seinen Sexualtrieb entlocken, vorausgesetzt, er hatte einen Sexualtrieb. Er fragte sich, was wohl ein anderer Psychiater von Dr. Trefflers Art halten würde, sich Notizen zu machen, denn sie füllte jeden Quadratmillimeter ihres Ringbuchs mit einer winzigen Krakelschrift, deren Buchstaben sich in irgendeinen nicht existenten emotionalen Sturm hineinlehnten. Solschenizyn hatte Iwan Denissowitsch so geschrieben, aber er hatte auch gerade sieben Jahre in einem von Stalins Gulags hinter sich. Was hatte sie für eine Entschuldigung? Was hatte es zu bedeuten, wenn man keine Ränder mochte?
»Ja, ich erinnere mich«, sagte er schließlich. Durch die Fensterscheiben und den grünen Maschendraht (sollte der verhindern, dass Patienten aus dem Fenster sprangen?) konnte er ein bisschen von der Landschaft Marylands sehen, das letzte braune Laub an den Bäumen.
Er empfand eine instinktive Bewunderung für ihre Hartnäckigkeit.
»Das hat mich immer fasziniert«, fuhr er fort, weil sie es von ihm erwartete, weil sie da saß mit ihren übereinander geschlagenen Beinen, ihrem entblößten Oberschenkel und ihrem gezückten Mont-Blanc-Füller. »Ich fand es komisch, dass man manche Sachen gut hinkriegt, auch wenn man sie zum ersten Mal macht.«
»Zum Beispiel?«, fragte sie mit tonloser Stimme nach, die nicht das geringste Interesse an der Antwort verriet.
»Eine Apfelsine schälen. Ein Stück Zündschnur für Plastiksprengstoff abschneiden, das lang genug ist, um sich in Sicherheit zu bringen. Eine unauffällige Materialübergabe an einen Agenten auf einem überfüllten Souk in Beirut.«
»Welche Legende hatten Sie in Beirut?«
»Dante Pippen.«
»War das nicht der –«, Bernice (seit einigen Sitzungen nannten sie sich beim Vornamen) blätterte eine weitere Seite in ihrem Ringbuch um, »der Geschichte an einem Junior College unterrichtet hat? Der das Buch über den amerikanischen Bürgerkrieg geschrieben und auf eigene Kosten veröffentlicht hat, weil kein Verlag interessiert war?«
»Nein, das war Lincoln Dittmann. Pippen war der irische Attentäter aus Castletownbere, der als Sprengstoffausbilder auf der ›Farm‹, dem Ausbildungslager der CIA, angefangen hatte. Später hat er dann als angeblicher Sprengstoffexperte der IRA eine sizilianische Mafia-Familie infiltriert, die Taliban-Mullahs in Peschawar und eine Hisbollah-Einheit im Bekaa-Tal im Libanon. Bei dieser letzten Mission ist seine Tarnung aufgeflogen.«
Dr. Treffler nickte und machte sich auf dem Blatt eine weitere Notiz. »Bei Ihren vielen Identitäten komme ich kaum noch mit.«
»Ich auch nicht. Deshalb bin ich ja hier.«
Sie blickte von dem Ringbuch auf. »Sind Sie sicher, dass Sie all Ihre operativen Biographien identifiziert haben?«
»Alle, an die ich mich erinnere.«
»Könnte es sein, dass Sie welche verdrängen?«
»Ich weiß nicht. Ihrer Theorie nach besteht ja die Möglichkeit, dass ich mindestens eine verdränge.«
»In der Fachliteratur zu dem Thema herrscht weitestgehend Übereinstimmung, dass –«
»Ich dachte, Sie wären der Ansicht, dass ich in keine Kategorie passe, die in der Fachliteratur behandelt wird.«
Dr. Treffler ließ ein äußerst seltenes Lächeln aufblitzen, das in ihrem ansonsten ausdruckslosen Gesicht wie ein Fremdkörper wirkte. »Sie fallen aus dem Rahmen, Martin, keine Frage. Keinem meiner Kollegen ist so jemand wie Sie schon untergekommen. Es wird ganz schön Aufsehen erregen, wenn mein Aufsatz erscheint –«
»Mit geänderten Namen zum Schutz der Unschuldigen.«
Zu Martins Überraschung ließ sie so etwas wie Humor durchscheinen. »Mit geänderten Namen auch zum Schutz der Schuldigen.«
»So allmählich verstehen Sie, wie der Hase läuft, Bernice. Die Leute, die Sie dafür bezahlen, dass sie meinen Kopf therapieren, werden begeistert sein.«
»Wir Psychiater therapieren nicht den Kopf unserer Patienten. Wir therapieren ihre Probleme.«
»Ich bin erleichtert, das zu hören.«
»Erzählen Sie mir mehr über Lincoln Dittmann.«
»Was denn?«
»Was Ihnen so einfällt.« Als er weiter zögerte, sagte sie: »Hören Sie, Martin, Sie können mir alles erzählen, was Sie dem Chef der CIA erzählen können.«
»Alles?«
»Deshalb sind Sie in diesem Raum. Das hier ist eine Privatklinik. Die Ärzte hier wurden überprüft und sind autorisiert, Staatsgeheimnisse zu erfahren. Wir behandeln die Agenten, die aus den unterschiedlichsten Gründen Hilfe brauchen, bevor sie ins Zivilleben zurückkehren.«
»Wenn Sie die CIA-Chefin wären und ich Ihnen so wie jetzt gegenübersäße, so nah, dass sich unsere Knie fast berühren –«
Bernice nickte aufmunternd. »Fahren Sie fort.«
»Würde ich Ihnen sagen, dass ein Kamel ein von einem Ausschuss entworfenes Pferd ist. Dann würde ich sagen, dass die CIA vom selben Ausschuss entworfen wurde. Und dann würde ich Sie daran erinnern, dass es in jeder uns bekannten Kultur schon immer weniger Pferde gab als Menschen, die das Denken den Pferden überlassen sollten, weil die größere Köpfe haben.«
»Sie sind wütend.« Sie machte sich eine Notiz. »Es ist völlig in Ordnung, wenn Sie wütend sind. Lassen Sie Ihre Wut ruhig raus.«
Martin zuckte die Achseln. »Ich dachte, ich würde bloß gesunden Zynismus zum Ausdruck bringen.«
»Lincoln Dittmann«, sagte sie, um das Thema wieder aufzugreifen.
»Er ist in Jonestown aufgewachsen, einer Kleinstadt in Pennsylvania. Seine Mutter war nach dem Zweiten Weltkrieg aus Polen eingewandert. Sein Vater hatte eine Kette von Haushaltswarenläden, die Hauptfiliale war in Fredericksburg, auf der Virginia-Seite des Potomac. Er verbrachte mehrere Monate im Jahr in Fredericksburg und nahm seinen Sohn in den Schulferien mit. Lincoln hat immer gern das Schlachtfeld nach Souvenirs abgesucht – damals konnte man noch allerhand finden, verrostete Bajonette, Kanonenkugeln oder die Läufe von Vorderladern, vor allem nach einem heftigen Regenguss. Als er ins Teenageralter kam und die anderen Kinder in seinem Alter am liebsten Batman-Comics lasen, konnte Lincoln die Schlacht von Fredericksburg in allen Einzelheiten runterbeten. Auf Lincolns Drängen hin fing sein Vater an, den Farmern aus der Gegend Fundstücke aus dem Bürgerkrieg abzukaufen – wenn er von seinen Geschäftsreisen nach Hause kam, brachte er auf dem Rücksitz seines Studebaker Gewehre und Bajonette und Pulverhörner und Orden der Union mit.«
»Keine Konföderierten-Orden?«
»Die Konföderierten haben ihren Soldaten keine Orden verliehen. Als Lincoln aufs College ging, hatte er bereits eine stattliche Sammlung zusammen. Er besaß sogar eine Rarität, eine englische Whitworth, das bevorzugte Scharfschützengewehr der Konföderierten. Die Papierpatronen waren sündhaft teuer, aber ein erfahrener Schütze traf damit alles, was er sehen konnte.«
»Wo hat er studiert?«
»Pennsylvania. Sein Hauptfach war amerikanische Geschichte. Seine Abschlussarbeit hat er über die Schlacht von Fredericksburg geschrieben. Als er Dozent am Junior College wurde, hat er die Abschlussarbeit zu einem Buch erweitert.«
»Das Buch, das er auf eigene Kosten rausgebracht hat, als er keinen Verlag fand?«
»Dass sich kein Verlag dafür interessiert hat, war für ihn eine bittere Enttäuschung.«
»Was war denn so besonders an der Schlacht von Fredericksburg?«
Martin hob eine schweißfeuchte Hand und massierte sich die Stirn. Die unwillkürliche Geste entging Dr. Treffler nicht. »Anfang Dezember 1862«, begann er, während er mit leerem Blick zum Fenster hinaus auf den Horizont schaute, hinter dem Bilder von der großen Schlacht vor seinem geistigen Auge aufblitzten, »übernahm ein neuer Unionsgeneral das Kommando über die Potomac-Armee. Sein Name war Burnside. Ambrose Burnside. Er wollte mit einem raschen Vorstoß durch Virginia Richmond, die Hauptstadt der Konföderierten, einnehmen und dadurch den Krieg beenden. Der Plan war ausgezeichnet. Präsident Lincoln gab grünes Licht, und Burnside zog mit seinen Truppen in einem Gewaltmarsch den Potomac hinunter bis auf die Höhe von Fredericksburg, am anderen Ufer des Rappahannock. Wenn er die Rebellen überrumpeln und die Stadt einnehmen könnte, wäre der Weg nach Richmond frei und der Krieg vorbei, ehe er richtig angefangen hatte. Burnside hatte für die Überquerung des Rappahannock beim Kriegsministerium dringend Pontonbrücken beantragt, doch als er Fredericksburg erreichte, waren die Brücken nicht geliefert worden. Die Unionsarmee wartete zehn Tage auf diese gottverdammten Brücken, wodurch General Robert Lee reichlich Zeit hatte, mit seiner Armee auf den Anhöhen oberhalb der Stadt in Stellung zu gehen. Als die Brücken schließlich eintrafen und Burnside den Fluss überquerte, hatte Bobby Lee mit fünfundsiebzigtausend Konföderierten den Weg nach Richmond blockiert. Es war winterliches Wetter, der Herbstschlamm auf den zerfurchten Straßen war gefroren. Die Unionssoldaten in ihren prächtigen Uniformen griffen den ganzen Tag über ansteigendes offenes Gelände an, Welle um Welle. Die Rebellen in ihren groben, mit Pflanzen gefärbten Stoffen hatten sich hinter einer niedrigen Steinmauer verschanzt, entlang einem Hügelkamm namens Marye’s Heights, und schlugen jeden Angriff zurück. Die Scharfschützen mit ihren Whitworths schossen die Unionsoffiziere so mühelos ab, dass viele von ihnen sich die Abzeichen abrissen. Einige Gruppen von Unionisten suchten hinter Backsteinhäusern auf der Ebene Deckung, doch die Yankee-Kavallerie prügelte sie mit der flachen Seite ihrer Säbel zurück in den Kampf. Burnside, der im Chatham Mansion auf der anderen Seite des Flusses seinen Befehlsstand eingerichtet hatte, beobachtete vom Dach des Gebäudes aus den Verlauf der Schlacht. Von der Kuppe des Hügelkamms war Chatham Mansion gut zu sehen, und Bobby Lee zeigte einmal darauf, als er Stonewall Jackson erzählte, er habe dreißig Jahre zuvor der Lady, die er schließlich geheiratet hatte, in dem Haus da den Hof gemacht. Entlang dem Kamm schmetterte eine Musikkapelle der Konföderierten Walzer für die Südstaatenfrauen und -männer, die extra aus Richmond gekommen waren, um sich die Schlacht anzusehen. General Old Pete Longstreet hatte sich das Schultertuch einer Frau umgelegt und beobachtete vom Befehlsposten der Konföderierten aus durch ein Standfernrohr das Kampfgetümmel. Es dauerte eine Weile, bis er überzeugt war, dass der Unionsangriff auf das Hohlweggelände kein Täuschungsmanöver war – er konnte einfach nicht glauben, dass Burnside seine Leute mit einem Frontalangriff, der keine Aussicht auf Erfolg hatte, in den sicheren Tod schickte. Irgendwann schaffte es eine irische Brigade bis auf fünfzehn Schritte an den Hohlweg heran, und selbst die Südstaatler, die von der Anhöhe aus zusahen, bejubelten ihren Mut. Aber die Männer des 24. Georgia-Regiments, die hinter der Steinmauer hockten und aus allen Rohren feuerten und immer wieder nachluden, bis ihnen vom Abbeißen der Papierpatronen die Zähne wehtaten, schlugen auch diesen Angriff zurück. Burnside startete vierzehn Angriffe auf den Hügelkamm, bis es dunkel wurde. Als die Unionsarmee am nächsten Tag schließlich über den Fluss zurückwich und Bilanz zog, stellte sich heraus, dass sie in der Schlacht von Fredericksburg neuntausend Männer verloren hatte.«
Martin saß jetzt nach vorn gebeugt auf seinem Stuhl, die Lider fest zugedrückt, eine Hand flach an der Stirn, um die Migräne zurückzuhalten, die sich hinter seinen Augen aufbaute. »Als Lincoln Dittmann in Washington für sein Buch recherchierte, entdeckte er in den Archiven der Army Burnsides Antrag auf die Pontonbrücken. Das Wort ›dringend‹ war geschwärzt worden, wahrscheinlich von einem Sympathisanten der Konföderierten im Kriegsministerium. Um Ihre Frage zu beantworten, was so besonders an der Schlacht von Fredericksburg war – Dittmann kam zu dem Schluss, wenn die Pontonbrücken rechtzeitig geliefert worden wären, wäre der Krieg dort 1862 zu Ende gewesen und hätte sich nicht noch bis 1865 hingezogen.«
Martin verstummte erschöpft. Eine Weile waren das Surren des Kassettenrekorders und das Kratzen von Dr. Trefflers Stift auf Papier die einzigen Geräusche in dem kleinen stickigen Raum. Als sie schließlich von ihren Notizen aufblickte, fragte sie sehr sanft: »Woher weiß Martin Odum das alles? Dass die Konföderierten keine Orden verliehen haben, dass die Unionssoldaten mit der flachen Seite der Säbel von ihrer eigenen Kavallerie aus der Deckung hinter den Backsteinhäusern gejagt wurden, die Sache mit Chatham Mansion, mit der Kapelle, die auf Marye’s Heights Walzer spielte, während Longstreet, mit einem Schultertuch drapiert, durch ein Fernrohr beobachtete, wie das 24. Georgia-Regiment den Angriff auf das Hohlweggelände zurückschlug – es hört sich fast so an, als wären Sie dort gewesen!«
Martins Mund war völlig ausgetrocknet, und die Worte, die zwischen seinen Lippen hervordrangen, klangen blechern und hohl.
»Lincoln Dittmann war dort«, sagte er. »Er hat mir alles genau erzählt.«
Dr. Treffler beugte sich vor. »Sie haben aus Lincoln Dittmanns Mund gehört, wie er die Schlacht geschildert hat?«
»Mm-hm.«
»Hat er gesagt, dass er während der Schlacht dort war? Hat er gesagt, dass er die Kämpfe mit eigenen Augen gesehen hat?«
»Nicht genau …«
»Aber Sie – als Martin Odum – haben ihn so verstanden, dass er Augenzeuge der Schlacht von Fredericksburg war.«
»Er muss dort gewesen sein«, beteuerte Martin kläglich. »Woher hätte er das sonst alles wissen sollen? Lincoln hat mir noch viel mehr erzählt, was in keinem Buch steht.« Die Worte sprudelten jetzt aus Martin heraus. »In der Nacht nach der Schlacht fielen die Temperaturen unter den Gefrierpunkt … selbst in der winterlichen Kälte lockten die blutenden Wunden die Bremsen an … die verstümmelten Unionssoldaten, die noch am Leben waren, schichteten die Toten übereinander und krochen darunter, um sich zu wärmen … Pferde scharrten mit den Hufen auf dem gefrorenen Boden nach Futter, aber das einzige Futter in Fredericksburg am 13. Dezember 1862 war Kanonenfutter.« Martin holte tief Luft. »So lautete der letzte Satz von Lincolns Buch. Das hat ihn auf den Titel gebracht. Er hat das Buch ›Kanonenfutter‹ genannt.«
Dr. Treffler wartete, bis Martins Atem sich beruhigte. Dann sagte sie: »Hören Sie, Martin. Lincoln Dittmann ist Ihr Zeitgenosse. Er hat 1862 noch nicht gelebt. Er kann also bei der Schlacht von Fredericksburg gar nicht dabei gewesen sein.«
Martin reagierte nicht. Dr. Treffler ertappte sich selbst dabei, dass sie ihn anstarrte, und wandte rasch den Blick ab. Dann lachte sie laut auf und schaute ihn wieder an. »Donnerwetter! Das ist ja echt toll. In unserer ersten Sitzung haben Sie Lincoln Dittmanns Stimme gehört – er hat Ihnen die Zeilen aus dem Walt-Whitman-Gedicht zugeflüstert, die Sie rezitiert haben.«
»Ich erinnere mich. ›Stille Kanonen, bald ist das Schweigen vorbei, bald seid ihr bereit, das blut’ge Geschäft zu beginnen …‹ Das war nicht das erste Mal, dass ich Lincolns Stimme gehört habe. Er flüstert mir seit Jahren Sachen ins Ohr. Übrigens, er heißt Walter Whitman, nicht Walt. Lincoln hat mir erzählt, dass er Whitman in einem Lazarett der Konföderierten begegnet ist, nach Burnsides Rückzug aus Fredericksburg – der Dichter war schrecklich in Sorge um seinen Bruder, der in der Schlacht gekämpft hatte, und er hat überall nach ihm gesucht. Lincoln erinnerte sich, dass die Soldaten, die Whitman kannten, ihn Walter genannt haben.«
»Lincoln hat Ihnen von Whitman im Feldlazarett erzählt? Dass die Soldaten ihn Walter nannten?«
»Mm-hm.«
»Hat er sich daran erinnert, weil er selbst dort war, oder weil er es irgendwo gelesen hat?«
Martin schien nicht auf die Frage eingehen zu wollen.
Dr. Treffler beschloss, dass Martin für diese Sitzung genug Stress gehabt hatte. »Haben Sie wieder Kopfschmerzen?«, fragte sie.
»Entsetzliche.«
»Was sehen Sie, wenn Sie die Augen so fest zudrücken?«
Martin überlegte. »Lange verschwommene Lichterstreifen, wie bei einem Nachtfoto von fahrenden Autos. Oder der Kosmos, ja, der ganze Kosmos beim Urknall, wie er sich ausbreitet, aufbläht wie ein Ballon mit aufgemalten kleinen, schwarze Flecken, und jeder Fleck auf dem Ballon entfernt sich von jedem anderen Fleck.«
»Und wie endet dieser Urknall?«
»Mit mir, auf einem der Flecken ausgesetzt, allein im Universum.«