11. Kapitel:
Alles über meine Mutter

Montag, 16. Mai, in den sehr frühen Morgenstunden

Ich räkele mich noch ganz zufrieden, da wacht Kilowatt auf. Wow, denke ich, jetzt geht es weiter, dabei könnte ich noch ein paar Minuten Pause gebrauchen, ich bin ja schließlich etwas aus der Übung.

Aber Kilowatt will nur kuscheln. Auch gut. Leider bekommt er dabei einen sentimentalen Anfall. Kilowatt gibt ungefragt dem dringenden Bedürfnis nach, mir sein Herz auszuschütten. »Ach«, beginnt er, »ach, ist das alles scheiße«. Und dann legt er los: erzählt mir, wie müde er ist, wie ausgebrannt, und dass er von einem »ursprünglichen Leben auf dem Land« träumt, »ohne Zwänge und Verpflichtungen«, in einer »harmonischen Dorfgemeinschaft, in der es keinen Neid, keine Konkurrenz und keine Intrigen gibt«.

Ich erwache aus meinem rosaroten Groupie-Delirium, höre mir das Gerede gefühlte fünf Stunden lang an und konstatiere dann nach tatsächlich vergangenen fünfzehn Minuten knallhart: Der Mann redet totalen Blödsinn. Er hat ja keine Ahnung. Was weiß der denn vom Dorfleben? Von den Landfrauen und ihrem nahezu totalitären Regime, von Vereinszwängen, von den strengen gesellschaftlichen Regeln dort? Er wäre eh nur ein Zugezogener, der sich sein Ansehen und seine Rechte mühsam erarbeiten müsste. Ernst nehmen würde man den Spinner nicht. Und Monique und ihr Hofstaat würden sich bestimmt nicht mit »so einem« (Städter = suspekt, Künstler = mittellos, langhaarig = nicht präsentabel) abgeben. Mir tut er leid.

Ich versuche, noch ein bisschen mit ihm zu knutschen, aber er will kuscheln und sich »nur mal einen Moment einfach bei dir anlehnen, du«. Der Saft ist raus aus Kilowatt.

Ich stehe auf, ziehe mich an und verabschiede mich höflich.

»Ja, ja, lass mich nur hier liegen. Lass mich einfach zurück und rette dich selbst. Die Geier werden mich finden«, jammert er.

Ich kenne keine Skrupel und gehe. Dieser Kerl kennt sich noch nicht mal in der heimischen Vogelwelt aus – ich bin mir ziemlich sicher, dass es in Norddeutschland keine Geier gibt. Oder zumindest in Hamburg.

Draußen frage ich eine von den vielen jungen Frauen in Aerobic-Dress und hohen Stiefeln, die untätig am Straßenrand stehen, nach dem Weg. Es ist nicht besonders weit zu Sandras Wohnung.

Ich mache es mir, soweit das eben möglich ist, auf der Yogamatte in einer Ecke des Wohnzimmers bequem und versuche, noch ein bisschen zu schlafen. Aus dem Nebenzimmer dringt ein leiser Pomosoundtrack. Wahrscheinlich vergnügt sich Sandra mit dem Gitarristen. Sex macht zwar Spaß, denke ich, ist aber eigentlich auch ganz schön albern. Man macht komische Geräusche und sieht bestimmt auch seltsam dabei aus. Ich vermisse Herrn Wesseltöft. Warum habe ich unserer Freundschaft keine Chance gegeben? Die wäre bestimmt viel toller geworden als jeder One-Night-Stand mit einem Rockmusiker. War das überhaupt Rockmusik, was die da gespielt haben? Egal. Aber einfach war es. Ich habe mich gar nicht um ihn, den umschwärmten Star, bemüht. Er ist mir quasi in den Schoß gefallen – bildlich gesprochen. Ich hätte ihn haben können. Dieses Wissen gibt meinem Selbstbewusstsein neue Energie. Wahrscheinlich könnte ich jeden haben – bis auf Herrn Wesseltöft, leider. Ich genieße diese Allmachtsphantasie und stelle mir rudelweise Männer vor, die mir zu Füßen liegen. Ich kann keinen Schritt gehen, weil der Boden um mich herum von muskulösen Leibern bedeckt ist. Im ersten Moment eine tolle Vorstellung. Im zweiten – nein, lieber nicht. Bisschen Bewegungsfreiheit muss schon sein. Und was wäre, wenn ich neben Robbie Williams erwache und er möchte mit mir eine Ziegenfarm im Hunsrück aufmachen? Kann ja alles passieren. Nein danke. Ich verzichte. Aber ich könnte, wenn ich wollte. Gut, dass ich das jetzt weiß.

Ich träume von den Futuro-Häusern aus der Femseh-Dokumentation. Sie kommen sanft vom Himmel herab geschwebt. Es sind unendlich viele. Meine Aufgabe ist, sie nach Farben zu sortieren: Die Weißen sollen vor mir landen, die Orangen hinter mir. Mit der Kraft meiner Gedanken kann ich die schwebenden Häuser steuern. Doch dann kommt Herr Wesseltöft und fragt, wohin die blauen Futuros sollen. Das bringt mich so durcheinander, dass ich aufwache.

In der Wohnung ist es ganz still. Ich dusche schnell, ziehe meine unauffällige Mädchen-vom-Land-Kleidung an, packe meine Tüten zusammen, lege Sandra den Schlüssel und einen Vielen-Dank-für-alles-bis-bald-Zettel hin und gehe leise. Ich setze mich in die U-Bahn, steige in den Bus um, in noch einen Bus, warte auf den Anschlussbus und brauche wieder eineinhalb Stunden.

Vor der Musterhaussiedlung steige ich aus. Ich will mit Herrn Wesseltöft reden. Mir tut es Leid, dass ich ihn einfach so habe sitzen lassen. Das war blöd. Er vertraut mir etwas sehr Persönliches an und ich gehe einfach. Und in der Nacht davor habe ich ihn bedrängt. Sexuell belästigt! O nein, wie peinlich! Wie muss er sich gefühlt haben? Ein Wunder, dass er mir überhaupt die Freundschaft angeboten hat!

Meine Schritte werden langsamer. Traue ich mich überhaupt zu ihm? Aber ich stehe schon vor dem Haus, in dem er sein Büro hat, und einer seiner Kollegen bittet mich herein und platziert mich auf einem blauen Alcantara-Sofa, nur mal so zur Probe, um den Raum auf mich wirken zu lassen, es würde sich gleich jemand um mich kümmern. Dann erklärt er einer etwas verhärmt aussehenden Frau mit Pferdeschwanz und dem dazugehörigen Mann mit Stirnglatze eine »Pultdachsituation«.

Und dann steht er vor mir: Herr Wesseltöft. Schön wie in Mission Impossible. Genau das denke ich: Mission impossible. Aber ich reiße mich zusammen.

»Was kann ich für Sie tun?«, fragt Herr Wesseltöft. Ich erschrecke ein wenig über den unpersönlichen, geschäftlichen Ton, aber dann fällt mir ein, dass er ja im Dienst ist und seine Kollegen in Hörweite.

»Ich interessiere mich für, ähhh ...« Mir fällt nicht ein, was ich sagen könnte.

»Ein Haus?«, hilft Herr Wesseltöft mir auf die Sprünge.

»Ja, genau. Ich brauche dringend Beratung.«

»Da sind Sie bei mir richtig. Wir fangen am besten oben an«, sagt er und führt mich die Treppe hinauf. Als wir im Bad sind, schließt er die Tür hinter uns.

»Ich möchte mich entschuldigen«, sage ich.

»Wofür?«

»Dafür, dass ich gestern einfach weggegangen bin. Und dafür, dass ich sie sexuell belästigt habe.«

»Sie haben mich nicht belästigt. Sie haben mich geküsst. Ich muss ehrlich sagen: Ich habe in meinem Leben noch nicht viel Schlimmes erlebt, aber ...« Er macht eine Pause, in die ich sofort hineinpoltere: »Aber das hat dem ganzen das Sahnehäubchen aufgesetzt, nicht wahr? Das war das Widerwärtigste, das ihnen je widerfahren ist, nicht wahr? Es tut mit wirklich so Leid!«

»Um genau zu sein«, sagt Herr Wesseltöft, »war es ...« Er macht noch eine Pause und fummelt schon wieder am Einhandhebelmischer herum, wie gestern Vormittag. »... gar nicht so schlimm. Es war nicht wirklich unangenehm. Und was Sie danach gesagt haben ...«

»Was habe ich gesagt?«

»Ach ja, Sie können sich ja an nichts erinnern. Dann behalte ich das lieber für mich.«

»Sie sind ein Biest!«

»Ich habe mir schon immer gewünscht, dass mich mal jemand so nennt!«, sagt Herr Wesseltöft mit einer ironisch hochgezogenen Augenbraue. »Und immerhin habe ich Ihnen schon mal ein Geheimnis verraten. Ich weiß ja, was dann passiert: Sie rennen weg.«

Wir müssen beide lachen.

»Also: Freundschaft?«, fragt er.

»Ja«, antworte ich erleichtert. »Sollten wir uns dann nicht auch duzen? Ohne Bruderschaftskuss, natürlich«, füge ich hinzu.

»Und ohne Eierlikör. Ich heiße Olaf.«

»Ich bin Silke. Und ich würde trotzdem gerne wissen, was ich in der Nacht noch gesagt habe.«

Er lacht. »Du hast Weiße Rosen aus Athen gesungen. Auf Deutsch und auf Griechisch. Der Text stimmte, soweit ich das beurteilen kann. Mit der Melodie hattest du einige Probleme. Dafür war die Stepptanzeinlage recht gelungen. Das hat mich für einiges entschädigt.«

»Ich fasse es nicht!«, sage ich und werde nachträglich rot. »Das haben Sie sich ausgedacht.«

»Du, bitte. Wir sind doch gerade auf das du umgestiegen, meine Liebe. Oder spricht da dein Alter Ego Frau Mouskouri? Nächstes Mal sollten wir vielleicht Ouzo trinken.«

Ich will ihm einen freundschaftlichen Tritt gegen das Schienbein versetzen, doch die Badezimmertür geht auf und Herr Wesseltöft – pardon: Olaf, schaltet in den Verkäufermodus: »Bei der Innenaustattung des Bades können sie zwischen dreiundzwanzig verschiedenen Fliesenmustem und zwölf Armaturen wählen. Und wenn Sie sich für die Luxusvariante entscheiden, bekommen Sie statt Badewanne einen Whirlpool.« Die Frau, die das Bad betreten hat, guckt interessiert. Sie trägt ein braun-meliertes Stretchkleid, das ihrer Figur einen leicht bratwurstähnlichen Charakter verleiht. Im Naturdarm.

»So'n echten mit Blubber?«, fragt sie.

»Fünfundvierzig Hochleistungsdüsen. Das sprudelt wie Champagner!«, sagt Olaf.

»Wenn Sie den dann mit mir ausprobieren würden«, schnurrt die Frau ihm entgegen.

»Einen Personalservice bieten wir leider nicht an.« Olaf bugsiert mich aus dem Bad, möglichst weit weg von der rolligen Kundin. Folgerichtig landen wir im Schlafzimmer. »Ich bin umgeben von unersättlichen Frauen! Wenn man bedenkt, dass das für manche Männer das Paradies wäre«, seufzt er theatralisch.

»Wirf mich bitte nicht mit so einer in einen Topf«, beschwere ich mich.

»Ist auch nur eine Kundin. Ach, die sind alle gleich. Ausnahmen mache ich nur bei denen, die neun Hawaii-Toasts essen können und über Nacht bleiben. Apropos: Wo wohnst du eigentlich jetzt?« Er deutet auf meine Aldi-Tüten.

»Keine Ahnung.« Darüber hatte ich mir noch keine weiteren Gedanken gemacht. Ich könnte bestimmt bei Brigitte unterschlüpfen, aber ich will nicht ins Dorf zurück. Will niemandem dort begegnen. Das ist mir alles noch zu nah, wie soll ich da einen klaren Gedanken fassen? Auch wenn ich nicht weiß, wie alles werden soll, weiß ich inzwischen doch genau, wie es nicht werden soll: wie es war.

»Aber ich«, unterbricht Olaf meine Gedanken. »Ich werde dir einen Schlüssel für eines der Musterhäuser besorgen. Nicht für das Designerhaus, leider. Aber für eins der anderen.«

»Warum tust du das für mich?«

»Wir sind doch Freunde, schon vergessen? Außerdem beeindruckt mich deine Konsequenz. Du gehst einfach weg, lässt alles hinter dir. Kommst hier an mit zwei Tüten in der Hand. Du arrangierst dich nicht mit einem Leben, das dir nicht gefällt.« Er seufzt. »So wie ich.«

Redet der von mir? Eine konsequente Frau, die allein in eine ungewisse Zukunft aufbricht? Das klingt ja – ohgottogottohgott, habe ich wirklich alles hinter mir gelassen? Ich könnte doch bestimmt noch zurück, wenn ich wollte!

Könnte ich.

Will ich aber gar nicht.

Nie wieder beim Aufwachen den Kopf stoßen. Keine Serviettenfaltseminare mehr. Keine gemeinsamen Mahlzeiten mit Heiner. Kein Ehevertrag, kein Fertighaus, keine Aerobic-Centerpflichtmitgliedschaft. Mir wird schwindlig. Das ist vielleicht doch etwas viel für mich.

»Nimmst du mein Angebot an?«

»Nur, wenn du mir mal Gesellschaft leistest.« Mann, wie dreist bin ich eigentlich? Jetzt stelle ich meinem Retter auch noch Forderungen! Aber der sagt, entweder ohne nachzudenken oder, weil er bereits darauf gewartet hat: »Abgemacht. Ich gebe dir den Schlüssel, wenn ich Feierabend habe, um sechs. Wir treffen uns am besten unter der Kastanie hinter dem Designerhaus.«

»Eine Herausforderung meiner botanischen Kenntnisse! Ich hoffe, da stehen nicht allzu viele Bäume herum.«

»Du wirst mich schon finden. Und hier ist meine Mobilnummer.« Olaf nimmt eine Visitenkarte aus der Innentasche seines Sakkos, schreibt eine Telefonnummer darauf und gibt sie mir. Die Situation kommt mir bekannt vor. Aber als er mir damals – vor ein paar Tagen erst, aber es kommt mir vor, als wäre das schon sehr viel länger her – seine Karte gegeben hat, hat das noch ganz andere Gefühle bei mir ausgelöst. Aber wenn ich ehrlich bin: So ist es besser. Keine durchgeknallte Schwärmerei mehr. Stattdessen ... ja, das weiß ich noch nicht genau. Das wird sich zeigen. Wahrscheinlich wirklich Freundschaft. Falls Männer und Frauen überhaupt miteinander befreundet sein können. Darüber sollten Olaf und ich uns auch mal unterhalten. Ich bin wahnsinnig neugierig auf seine Ansichten und Meinungen zu – eigentlich allem. Ein gutes Zeichen, nicht wahr?

Ob es allerdings auch ein gutes Zeichen ist, dass meine Mutter noch nicht versucht hat, mich anzurufen, weiß ich nicht. Mir ist zwar klar, dass sie meine Mobilnummer nur in Notfällen wählt (oder was sie dafür hält), und Brigitte hat ihr wohl auch erzählt, dass man mich im Wellnesshotel auf gar keinen Fall stören darf, um den Erfolg der Entschlackungsbehandlung nicht zu gefährden, aber jetzt ist schon Montag. Meine Schonfrist ist abgelaufen. Und ich wollte doch nicht mehr weglaufen. Am besten, ich rufe sie an.

»Schatz, du glaubst gar nicht, was mir eben passiert ist«, ruft sie ins Telefon, kaum dass ich meinen Namen gesagt habe. »Ich habe bei der Bank angerufen, weil ich dich sprechen wollte und ich dachte, du bist von deinem Wellnesswochenende zurück. Deine Kollegin war am Telefon, ich wollte gerade nach dir fragen und dann brach da ein Tumult aus, jemand rief Überfall und Keine Bewegung, und deine Kollegin hat ganz laut in den Hörer gekreischt, mir ist fast das Ohr abgefallen.«

Ich bin sprachlos.

»Kind, ich habe mir natürlich furchtbare Sorgen um dich gemacht, bin sofort in mein Auto gesprungen und zur Bank gerast. Mit hundert Sachen durch den Ort, aber das war ja schließlich ein Notfall!«

Ich schicke ein schnelles Stoßgebet zum Himmel. Bitte, lass das eine ihrer üblichen Übertreibungen sein!

»Ich bin gerade noch rechtzeitig gekommen: Drei maskierte Männer sind in ein Auto gesprungen, die wollten abhauen, aber die Tour hab ich ihnen gründlich vermasselt. Ich bin denen nämlich volle Pulle in den Fluchtwagen gekracht. Die waren so eingekeilt, da kam keiner mehr raus. Dann kam auch schon die Polizei, und die haben so getan, als hätten sie den Fall alleine gelöst und haben mir bloß Vorhaltungen gemacht.«

»Oh, Mutti, das hätte aber auch schiefgehen können!« Ich bin entsetzt und verblüfft gleichzeitig. Anscheinend darf man die Frau keinen Moment aus den Augen lassen.

»Ach was«, wiegelt sie ab, »das war alles völlig durchdacht. Das habe ich schon so oft im Fernsehen gesehen.«

»Im Fernsehen!« stöhne ich. »Das ist doch ganz was anderes! Das ist doch nicht die Realität!«

»Und warum heißt es dann Reality-TV?«, widerspricht meine Mutter kess. Ich sollte mich lieber nicht mit ihr auf eine medienkritische Diskussion einlassen. Nachher geht es mir noch so wie den Bankräubem. »Und dein Auto?«

»Silke, also wirklich. Du weißt doch, dass der neu ist. Ich habe natürlich den von deinem Vater genommen, der hat ja auch diesen ganzen Aufprallschutz und Airbags und so weiter.«

»Mutti ...«

»Lenk jetzt nicht ab, Kind. In der Bank haben die mit nämlich gesagt, dass du gar nicht mehr da arbeitest«, fährt Mutti fort.

Ich schlucke. Jetzt ist es raus. »Also, weiß du ... ich ... also, ich wollte dir das schon sagen, aber ...«

»Vielleicht ist es besser so. Das scheint ja ein gefährlicher Job zu sein«, erklärt meine Mutter pragmatisch. »Mir wäre es lieber, wenn du was Sicheres hättest. Aber du hättest mit schon sagen können, dass du dir einen anderen Job gesucht hast. Was denn überhaupt? Und wo bist du überhaupt? War es schön im Wellnesshotel? Die Polizei wollte mich ja gleich da behalten, aber ich habe denen gesagt, sie sollen sich lieber um die Schwerverbrecher kümmern, ich müsste nach Hause und deinem Vater sein Mittagessen machen.«

Ich bin froh, dass ich bei Sandra daran gedacht habe, meinen Telefonakku zu laden. Eine schwache Batterie wäre bei dem Powerplauderansturm garantiert sofort in die Knie gegangen. Ich bin erleichtert, dass meiner Mutter nichts passiert ist. Und ich bin empört, weil ich doch gerade dachte, dass mein Leben jetzt aufregend sei, und da kommt sie und bei ihr ist es noch viel spannender. Alles kann sie besser! Aber schließlich ist sie ja auch meine Mutter – sie hat mir unendlich viel Lebens- und Fernseherfahrung voraus. Und ich werde nie sein wie sie.

»Bei der Bank wurde mir gekündigt«, sage ich.

Mutti ist still. Jedenfalls für einen kurzen Moment. »Ich bin sprachlos! Wieso denn? Hast du was angestellt? Geld veruntreut? Hat es sich wenigstens gelohnt? Und was wirst du jetzt machen? Hast du schon einen neuen Job? Wovon willst du leben? Sollen wir dich unterstützen?« Trotz ihrer Sprachlosigkeit sind ihr doch noch ganz schön viele Wörter eingefallen.

»Können wir uns treffen?«, frage ich.

»Ja, natürlich«, sagt Mutti. »Lass mich mal überlegen: Heute ist es schlecht, da muss ich zu einem Vortrag vom Dorfemeuerungskomitee. Oder von den Landfrauen? Egal, sind ja eh immer dieselben Leute dort. Morgen habe ich erst einen Friseurtermin, dann muss ich Heike noch ein paar Zeitungsausschnitte vorbei bringen, die Gefriertruhe in der Speisekammer muss abgetaut werden und Unkraut sollte ich auch mal wieder jäten. Die Rhododendren müssen außerdem dringend gegossen werden, aber das kann ja dein Vater machen. Ach, die Polizei wollte mich ja auch noch sprechen.«

»Mutti! Ich will dich jetzt sehen! Schaffst du es, einen klitzekleinen Termin für mich in deinem Kalender zu finden?«

»Ach was, Kalender! Ich hab das alles im Kopf! Das hält geistig fit. Wie Gehirnjogging. Sobald ich die richtige Sportkleidung für mein Gehirn gefunden habe, fange ich damit an.«

»Mutti!« Vielleicht steht sie wegen des Unfalls mit den Bankräubem noch unter Schock? »Wann kann ich dich sehen?«

»Ach, meinetwegen jetzt gleich. Kommst du her?«

»Das geht leider nicht, mein Auto ist abgesoffen.«

»Ach, davon habe ich gehört. Die sollten bei den Landfrauen mal wieder diesen Rückwärts-Einparken-Kurs anbieten. Soll ich zu dir kommen? Gut, dass ich Papas Auto zu Schrott gefahren habe und nicht meinen ... Soll ich eine Isolierkanne mit Kaffee mitbringen? Und etwas Kuchen? Bei Knurres sind gerade Erdbeerschnitten im Angebot.«

»Ja, gerne«, sage ich, weil ich weiß, dass sie sich von solchen Ideen schlecht abbringen lässt. »Aber wir treffen uns nicht bei mir, sondern ...« Ja, wo denn? Das hätte ich mir mal eher überlegen sollen. So richtig flexibel bin ich in der Wahl des Ortes nicht. Ich schaue mich um. Links Musterhäuser, rechts Musterhäuser, alle mit großzügigen Terrassen. Der ideale Platz für ein Picknick. Wenn ich hier schon probewohne, dann kann ich das ja auch gleich richtig machen. Inklusive Familientreffen.

»Kannst du in die Musterhaussiedlung kommen? Wir treffen uns auf dem Parkplatz.«

»Die Musterhaussiedlung?« Meine Mutter klingt für einen Moment erstaunt. »Gut. Ich bin in einer halben Stunde bei dir.«

Genau achtundzwanzig Minuten später parkt sie vor mir ein. Der Kaffee muss schon bereitgestanden haben, und Knurres Lädchen hat neuerdings wahrscheinlich einen Drive-in-Schalter, anders kann ich mir diesen Geschwindigkeitsrekord nicht erklären. Das Einparkmanöver dauert bestimmt genau so lange wie die gesamte Fahrtzeit.

»Ich habe die Autobahn genommen«, jubelt meine Mutter statt einer Begrüßung. Erwähnte ich bereits, dass zwischen der Musterhaussiedlung und unserem Dorf nur ein weiteres Dorf liegt und über die Landstraße, die ziemlich genau der Luftlinie folgt, direkt zu erreichen ist? Der Weg über die Autobahn ist wahrscheinlich doppelt so lang. Meine Mutter hat bestimmt das Navigationssystem mundtot und die größere Entfernung durch atemberaubendes Tempo wettgemacht.

»Toll«, lobe ich, ganz brave Tochter. »Wir setzen uns auf eine der Terrassen hier. Welche gefällt dir am besten?«

Sie holt einen Korb vom Rücksitz, aus dem eine hellbraune Flüssigkeit tropft. Zielstrebig geht sie auf ein Haus mit Südwest-Sitzplatz zu. Wir setzen uns auf die weißen Plastikmöbel und Mutti packt aus. »Huch, der Kuchen ist ja ganz durchweicht! Was ist denn da passiert?«

»Deine Kanne wird ausgelaufen sein.«

»Ach du meine Güte! Schnell, schnell, schnell, bevor hier alles wegschwimmt!«

Sie schlingt eine kaffeegetränkte Erdbeerschnitte hinunter und bedeutet mir mit einer ihrer international gültigen Handbewegungen für »Los, iss schon«, ich solle es genau so machen. Damit ist der gemütliche Teil des Picknicks abgeschlossen.

»Mein Leben, jedenfalls das, was es bisher war, ist im Eimer«, fange ich leicht resigniert an.

»Ach, Schatz, sei doch nicht immer so negativ. In allem Schlechten gibt es auch immer etwas Gutes. Der Ideenkreis junger Landfrauen hatte neulich erst einen sehr interessanten Vortrag zum Thema Positives Denken. So etwas solltest du dir auch mal anhören.«

»Und du hast anscheinend vorhin am Telefon gar nicht richtig mitbekommen, was ich dir sagen wollte. Also noch mal: Meinen Job bei der Bank macht jetzt ein Geldautomat. Ich wurde wegrationalisiert. Und Heiner werde ich auf keinen Fall heiraten. Im Gegenteil: Ich werde ihn verlassen. Ich habe das alles so satt, das ganze Dorfleben.« So, jetzt ist es raus. Ich atme tief aus.

Ich rechne mit Kritik, Protest, Widerstand. Mit einem hysterischen Anfall, einem ausgefeilten Vortrag zum Thema Was sollen bloß die Nachbarn denken. Mit gut gemeinten Ratschlägen.

Doch stattdessen sagt meine Mutter: »Dein Job war ja auch völlig langweilig. Und ich habe sowieso nie verstanden, was du an Heiner gefunden hast. Der ist ja charmant wie ein Holzklotz. Und jetzt ist er dir auch noch untreu.«

»Du regst dich nicht auf?«, frage ich ungläubig.

»Warum denn? Du bist doch erwachsen. Es ist dein Leben, mach was daraus!« Das hat sie bestimmt aus dem Positives-Denken-Vortrag.

Mutti lächelt mich an. Und dann sagt sie: »Mir ging es mal genau so.«

Jetzt bin ich aber baff. »Erzähl mal!«

»Ich bin, als ich noch ein junges Mädchen war, ein paar Mal mit Edgar ausgegangen, Kalles Onkel. Zum Tanzen und so. Er sah gut aus, konnte reden, reden, reden, hatte aber eigentlich nichts im Kopf. Er galt ein bisschen als Playboy, aber ich dachte, ich hätte ihn gezähmt. Die Verlobung war so gut wie abgemacht. Wir sind sogar schon zusammen in Urlaub gefahren – nach Teneriffa. Doch da hat er mich einfach fallen gelassen und hatte plötzlich nur noch Augen für eine Blondine, die auf Marylin Monroe machte. Ich dachte, die Welt bricht zusammen. Ich bin aus dem Hotel weggelaufen, zum Hafen und habe eine Fähre nach Gomera genommen.«

Ich traue meinen Ohren kaum. »Du bist einfach ...«

»Ich wollte nur noch weg von diesem Mann, ich war so enttäuscht«, erklärt meine Mutter achselzuckend. »Auf Gomera haben mich ein paar Hippies freundlich aufgenommen.«

»Hippies?« Ich kann es nicht glauben.

»Ja, Hippies. Ich habe mir die Haare hennarot gefärbt und hing eine Zeitlang mit ihnen herum, aber das war irgendwie nichts für mich. Immer so lange schlafen! Und dieses ewige Teetrinken, und dann haben die so viel geredet und wollten sich ständig selbst finden. Mir ging deren Gequatsche total auf den Keks. Die waren alle nur eine andere Version von Edgar. Und dann die freie Liebe! Das hätte Edgar auch gefallen. Mir nicht. Am Anfang war es ganz lustig, aber ich kann dir sagen: Eifersucht und Tränen gibt es doch immer.« Ihr Blick wandert in die Ferne. »Eines Tages traf ich am Strand deinen Vater. Er war so anders, als die anderen. So still. Das hat mir gefallen. Ich habe mich sofort in ihn verliebt. Es hat Wochen gedauert, bis ich herausgefunden habe, dass er aus dem Nachbardorf kommt. Er hat schon damals, als ich noch mit Edgar gegangen bin, ein Auge auf mich geworfen. Als Edgar damals ohne mich nach hause kam, fiel das natürlich auf. Da hat sich mein Vater auf die Suche nach mir gemacht.«

»Woher ... woher wusste er denn, wo er dich suchen sollte?«

»So ganz schwer war ich natürlich nicht zu finden«, schränkte Mutti lächelnd ein. »Ich habe deiner Großmutter natürlich regelmäßig Postkarten geschrieben, damit sie sich keine Sorgen macht. Aber er hat mich gesucht! Er hat sich um mich bemüht. Gemeinsam sind wir dann zurückgekehrt und haben das Haus gebaut, und dann wurdest du geboren.«

»Das hast du alles gemacht?« Ich schaue meine Mutter an, fassungslos, begeistert, ein bisschen misstrauisch. »Und das ist nicht nur eine von deinen Geschichten?«

»Ach Silke ...« Sie lächelt mich an und greift nach meiner Hand. »Ich finde, es ist wichtig, dass man erst etwas erlebt, bevor man heiratet. Du solltest auch wegfahren. Das tut dir bestimmt gut.«

»Wieso hast du denn nie darüber gesprochen, was du alles erlebt hast?«

»Warum sollte ich? Es gibt doch genug Aktuelles zu besprechen, Kind. Und ich dachte nicht, dass du dich für unsere alten Urlaubserinnerungen interessierst. Du hast dir ja noch nicht mal unser neuestes Urlaubsvideo von Madeira angesehen.«

»Das ist doch etwas ganz anderes!«

»Ich glaube«, sagt meine Mutter nachdenklich, »ich habe die Geschichte für mich behalten, weil ich nicht wollte, dass du das Gefühl hast, dass mein Leben spannender ist als deins.«

Ach. Aber genau dieses Gefühl hatte ich ja schon immer. Jetzt weiß ich wenigstens, woran das liegt.

»Ich wollte nicht sein wie diese ganzen Eltern, die ihre Kinder in die eigenen Fußstapfen zwingen. Die ihnen den Gas- und Wasser-Installationsbetrieb als ihr Lebenswerk aufdrücken, das unbedingt weitergeführt werden muss. Die ihre Kinder zu Tenniserfolgen treiben, zu denen ihnen das Talent gefehlt hat«, hebt meine Mutter zu einem ihrer großen Monologe an.

Ich denke, dass sie mich wirklich noch nie zu etwas gezwungen hat, außer vielleicht zum Haarebürsten.

»Ich wollte, dass du dein eigenes Leben lebst – und nicht versuchst, ein anderes zu kopieren. Außerdem habe ich immer gedacht, du bist glücklich. Ich dachte, du willst so leben.«

»Das dachte ich auch immer«, gebe ich kleinlaut zu. »Aber ich habe mich wohl geirrt. Und jetzt habe ich Angst, dass ich keine andere Möglichkeit habe.«

Mutti schüttelt vehement den Kopf. »Nein, Silke. Du musst nicht im Dorf bleiben. Du solltest etwas von der Welt sehen! Dein Vater und ich, wir fühlen uns wohl im Dorf, in unserem Haus, im Garten. Ich glaube, uns würde etwas fehlen, wenn wir im Sommer nicht Schnecken jagen könnten. Aber wir wissen ja auch: Wir können jederzeit weg. Ausbrechen, alles anders machen. Wir haben uns bewusst für den Ort, an dem wir leben, entschieden. Wir haben uns das so ausgesucht. Aber du – ich glaube, du bist nur aus Bequemlichkeit hier geblieben. Oder dachtest du, dass das jemand von dir erwartet?«

»Willst du mich verscheuchen?«, frage ich meine Mutter. Ein bisschen klingt das so, finde ich.

»Nein, Silke, du darfst mich nicht falsch verstehen: Ich fand das toll, dass du immer in unserer Nähe warst. Aber der Job bei der Bank – war das nicht immer ein bisschen öde? Du konntest doch auch noch nie besonders gut mit Zahlen umgehen. Und Heiner, naja, ich dachte, wo die Liebe hinfällt ... aber mein Typ wäre er nicht gewesen. Außerdem sieht es sehr eigenartig aus, wenn er isst.«

Ach, ich dachte nicht, dass das außer mir noch jemand bemerkt hat. Man darf meine Mutter wirklich nicht unterschätzen. Aber seltsam, dass sie von allem, was mein Leben ausgemacht hat, schon in der Vergangenheit spricht, als würden wir hier längst vergilbte Fotos ansehen.

»Es wird wirklich Zeit, dass du mal zu Potte kommst. Denk doch mal nach: Wie stellst du dir deine Zukunft vor? Sitz nicht einfach da und halte Maulaffen feil, während dein Leben an dir vorbeizieht und sich die anderen amüsieren! Geh raus in die Welt und erlebe was. Sei wild! Aber wenn ich dich so ansehe ... ich glaube, du hast schon damit angefangen!«

Ich bin baff. Das hatte ich nicht erwartet. Meine Mutter war ein heißer Feger? Okay, ich hatte schon immer geahnt, dass ihr Leben aufregender ist als meines. Aber gleich so aufregend? Und dann noch dieser moralische Schlenker. Gerührt wische ich mir eine Träne aus dem Augenwinkel.

»Du warst ja früher richtig wild!«, sage ich schnell, um zu Überspielen, wie nah ich am Wasser gebaut habe.

»Was heißt hier früher? Ich werde dir helfen! Ich bin immer noch wild! Ich bin noch nicht alt und ausgelutscht!« Sie wirft ihre inzwischen auch fast Monroe-blonden Haare nach hinten. »Dein Vater hat das nicht so gerne, wenn ich das erzähle. Es gab einen ziemlichen Skandal damals, als wir zusammen zurückkamen. In wilder Ehe, und Papa langhaarig.«

»Papa hatte lange Haare?«

»Ja, das habe ich ihm ganz schnell wieder ausgeredet. Man muss einen Mann finden, der auf einen hört. Die wichtigsten Waffen einer Frau sind die Sprache und ein gepflegtes Äußeres. Wir haben doch hier neulich diesen Hausverkäufer gesehen, der so viel Ähnlichkeit mit diesem kleinen Schauspieler hat, du weißt schon. Das wäre doch einer für dich!«

»Der ist schwul.«

»Ach? So sieht der aber gar nicht aus! Hatte gar keine Federboa an.«

»Er ist ja auch kein Transvestit, sondern schwul.«

»Bist du ganz sicher? Das kann der doch noch gar nicht so genau wissen. So ein netter junger Mann ... Aber wenn du schon keinen neuen Mann hast, brauchst du wenigstens einen Job. Was willst du denn jetzt machen?«

»Keine Ahnung.«

»Und wo willst du hin? Bei Heiner kannst du ja nicht mehr wohnen. Brauchst du erst mal dein altes Zimmer wieder? Ich kann die Bügelsachen schnell rausräumen.«

»Nein, danke. Ich werde ein paar Tage in einer ... ähmmm ... Wellnessanlage verbringen.«

»Da warst du doch gerade erst.«

»Genau. Und da gehe ich wieder hin.«

»Ist das nicht zu teuer?«

Das hatte ich gar nicht bedacht. »Ähm, nein, das ist eine ganz neue Anlage, und die sind noch nicht ganz fertig mit dem Bauen und optimieren gerade ihren Service und brauchen dafür Testkunden.« Ich bin sehr stolz auf mich, diese gekonnte Lüge ohne mit der Wimper zu zucken über die Lippen gebracht zu haben!

»Ich glaube dir kein Wort, Silke. Aber ist okay. Du musst mir das nicht sagen. Lass nur zwischendurch von dir hören, damit ich weiß, dass es dir gut geht. Ich erreiche dich ja nie.« Sie steht auf. »Ich muss jetzt los und deinem Vater Kaffee kochen. Und dann zum Dorfemeuerungskomittee. Das scheint sich richtig was zu tun. Komm doch mit!«

Typisch Mutti. Erst schickt sie einen in die weite Welt, tut so, als würde das Loslassen ihr überhaupt keine Probleme machen, und dann fährt sie doch ganz schnell ihre Gluckenflügel – oder sollte ich lieber sagen: Tintenfischtentakeln? – aus. Diese Frau kann ein wandelnder Widerspruch sein.

»Nein danke, Mutti.«

Sie packt die tropfende Isolierkanne und das Kuchenpapier in ihren Korb und hüpft wie ein übermütiges Zirkuspony zu ihrem Auto. Ich glaube, sie geht immer so, das ist mit nur noch nie aufgefallen.

Soll ich ihr glauben, dass sie durchgebrannt ist, mit Hippies gelebt und auf Gomera meinen Vater kennengelernt hat? Wie hat sie sich überhaupt zurechtgefunden? Navigationssysteme gab es damals noch nicht, und eine Landkarte kann meine Mutter nicht von einem Schnittmusterbogen unterscheiden. Das klingt alles etwas unwahrscheinlich. Aber es ist einfach eine gute Geschichte. Und ich bin ziemlich froh, dass sie sich nicht über mich aufregt. Denn genau das hatte ich erwartet. Stattdessen bekomme ich Filterkaffee, Erdbeerschnitten und eine Abenteueranekdote serviert. Also warum sollte ich mich beschweren?

Unter der Kastanie hinter dem Designerhaus – es wird schon die Kastanie sein, andere Bäume stehen da gar nicht – rolle ich mich wie eine Katze zusammen und schlafe ein, den Kopf auf meinen Tüten gebettet. Ich kann gut im Freien schlafen, denn ich bin ja fast ein Hippiekind, wie ich jetzt weiß. Ich stelle mir vor, meine Eltern wären von Teneriffa nicht zurück ins Dorf, sondern nach Indien gegangen und ich wäre dort aufgewachsen. Auf einem Elefanten wäre ich zur Schule geritten, hätte mich in farbenprächtige und sehr figurfreundliche Saris gewickelt und in einem Tempel gewohnt. Ein glutäugiger Prinz auf einem weißen, juwelengeschmückten Elefanten hätte irgendwann versucht mir den größten rosafarbenen Diamanten der Welt zu schenken, doch das prächtige Schmuckstück glitt ihm aus der Hand und rutschte mir ins Dekolletee ...

»Tschuldigung!«, kichert der Prinz, der jetzt aussieht wie Olaf Wesseltöft. Ich wache auf und fische einen eiskalten Schlüssel aus meinem T-Shirt.

»Idiot!«, knarze ich ihn an.

»Schlafmütze!«, kontert er und lässt sich neben mir ins Gras fallen. Wir plaudern ein bisschen und beschließen, nicht nur in einem Musterhaus zu wohnen – wir werden sie alle ausprobieren.

Mein Telefon klingelt. Es ist Brigitte. »Silke, du musst sofort herkommen und Dodo wählen! Dodo for President!«, skandiert sie mir enthemmt ins Ohr.

Ich halte mein Telefon auf Sicherheitsabstand. »Wieso wählen?«

»Heiße Neuigkeiten«, verrät Brigitte. »Ich habe doch gesagt, dass es Neuigkeiten gibt. Dodo ist politisch aktiv!«

»Was ist los? Hat sie die verpennte Friedensinitiative reaktiviert?«

»Nein, viel besser. Sie wird die Königin der Oberflächentwässerung!«

»Wieso Oberflächenentwässerung? Ich verstehe kein Wort!«

Brigitte wird endlich deutlicher: »Dodo hat einen kleinen Putsch im Gremium für Dorferneuerung angezettelt. Monique und ihre Föhnschnecken müssen sich warm anziehen. So gerissen sie auch sind – diesmal haben sie nicht aufgepasst.«

»Aha ... wieso?« Ich verstehe noch immer nicht so recht, worum es eigentlich geht.

»Bei dem Regen vor ein paar Wochen sind alle Keller in der Breiten Straße vollgelaufen. Oma Harms Eingekochtes, Herrn Bruses gesammelte ADAC-Motorwelt-Jahrgänge, alles unbrauchbar. Dodo hat herausgefunden, dass bei der Oberflächenentwässerung geschlampt wurde. Ach, was heißt geschlampt: Es gibt gar keine! Dabei ist das Dorferneuerungskomitee dafür zuständig. Doch Monique, die dort den Vorsitz hat, und die anderen Schnepfen haben sich einfach nicht darum gekümmert. Und diese Fahrlässigkeit hat Dodo jetzt aufgedeckt und einen Putsch angezettelt. Heute Abend gibt es einen Bürgerentscheid – und wenn alles klappt, wird Dodo zur neuen Vorsitzenden gewählt. Dafür braucht sie jede Stimme. Du musst also unbedingt kommen!«

Das war also Dodos Geheimnis. Und sie hat nur auf den richtigen Moment gewartet. Genial! Auch wenn es mir widerstrebt, mich im Dorf sehen zu lassen: Da muss ich hin.

»Olaf, es tut mir Leid, ich muss dich schon wieder verlassen. Aber nur für kurze Zeit. Wirst du auf mich warten?«

»Aber immer doch, meine Prinzessin! Willst du mich vorher noch am Herd festketten?«

»Nein, wieso?« Was hat der denn für Ideen?

»Na, dann mache ich das wohl selber. Ich werde kochen. Magst du Hirschgulasch? Mit Serviettenknödeln?«

»Im Mai?«

»Man muss antizyklisch denken. Nur so kann man sich von der Masse lösen. Und du löst jetzt mal deine Masse vom Boden und machst dich vom Acker. Wo willst du überhaupt hin?«

»Ins Dorf. Dringende politische Verpflichtungen. Ein Putsch.«

»Klingt ja hochinteressant. Aber von Politik habe ich keine Ahnung.«

»Macht nichts. Ich auch nicht.«

Mit dem Fahrrad eiere ich zu Brigittes Wohnung, meinen Reisepass in der Hosentasche. »Ganz wichtig: Du musst dich bei den Wahlhelfern ausweisen können!«, hat Brigitte mir eingeschärft.

»Warum das denn? Im Dorf kennen mich doch alle.«

»Aber es wird dich niemand wiedererkennen. Oder willst du Ziel des Dorfklatsches werden? Die, die ihr Auto versenkt hat? Da lachen jetzt schon alle drüber.«

Ach ja, das Auto. Hatte ich ganz vergessen. Und Monique möchte ich den Triumph auch nicht gönnen, als neue Inhaberin meines Verlobten vor mir zu stehen.

Brigitte hat einmal tief in den Verkleidungsfundus des Kindergartens gegriffen und verpasst mir nun eine neue Identität. Pumphosen aus Satin, eine langhaarige, blonde Perücke, diverse kunstvoll drapierte Glitzerschals, Paillettenstirnband und Show-Make-up. Ich sehe aus wie ein Viertel ABBA auf Geschäftsreise.

Mein Auftauchen bei der Versammlung zur Neuwahl des Vorstandes des Dorfemeuerungskomitees löst natürlich kurzfristig gesteigerte Aufmerksamkeit auf, aber Brigitte gibt mich als schwedische Austauschpraktikantin aus, und es scheint mich wirklich niemand zu erkennen. Selbst meine eigenen Eltern nicht. Heiner sowieso nicht, der hat nur Augen für Monique, gegen deren Outfit meines geradezu dezent wirkt.

Das Interesse an mir lässt nach, als Dodo mit ihrer flammenden Rede beginnt, in der sie »unerhörte Missstände« anprangert und von »chaotischen Verhältnissen, die Hab und Gut, Heim und Hof bedrohen« spricht. Sie weiß schon, womit sie die Leute packen kann. An Hab, Gut, Heim und Hof hängen sie doch alle. Aber wird das reichen, um gegen Moniques jahrelange Lobbyarbeit – unter anderem in den Betten einiger anwesender Herren – eine Chance zu haben?

Wir schreiten zur Wahl. Brigitte nimmt mich mit in die Kabine – angeblich, damit ich Einblick in die hiesige Demokratie bekomme –, nimmt dann eine der Wahlhelferinnen (eine Kollegin von ihr) zur Seite, zeigt ihr meinen Pass und erklärt leise die Situation. Ein paar Augenblicke später habe ich einen Stimmzettel vor mir. Ich wähle Dodo. Mal sehen, was sie noch vorhat.

Ich radele zurück zur Musterhaussiedlung, allerdings ohne das ABBA-Outfit, an dem Olaf sicher seine Freude gehabt hätte.

Wir haben entschieden, uns einmal durch die Siedlung zu wohnen. Jeden Tag ein neues Haus. Damit ich nicht durcheinanderkomme, hat er mir in einem Prospekt angekreuzt, wann wir wo wohnen werden.

Unser Haus des Tages:

Modell Flair

Baujahr:

1975

Material:

Holz, Glas, Marmor

Größe:

150 Quadratmeter

Zimmer:

1– offene Bauweise

Zukunftsprognose: Wenn ich mit Heiner hier wohnen würde, müsste ich ihm immer beim Essen zugucken – die Küche ist aus jedem Winkel einsehbar. Schwiegermutter würde jede noch so kleine Wollmaus entdecken, sogar ohne heimlich in anderen Zimmern rumschnüffeln zu müssen; das würde sie aber vermissen. Nachbarn und Autohauskunden hätten durch die großen Glasflächen idealen Einblick in unser Privatleben. Und ich müsste von morgens bis abends Fenster putzen. Jeden Tag.

Olaf hat phantastisch gekocht und den Tisch wunderschön gedeckt. Neben ihm werde ich mich nie wie eine Hausfrau fühlen, und das ist auch gut so.

»Was denkst du?« Er ist wirklich der erste Mann, der mich so etwas fragt. Das ist eine weibliche Frage. Männer fragen: Wo ist mein Autoschlüssel? Oder: Holst du mir noch ein Bier? Wobei Letzteres natürlich keine Frage, sondern ein Kommando ist. Ansonsten sind Männer eher nicht gesprächig. Dieser hier ist anders.

Trotzdem weiß ich nicht, was ich antworten soll. Diese Frage löscht den Inhalt meines Gehirns sofort. Zurück bleibt ein frisch gebohnertes Nichts, flusen- und gedankenfrei wie Beinahe-Schwiegermutters Zinnbechersammlung.

»Dass ich keine Wandteller mag«, antworte ich völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Meine neue Freiheit bekommt mir anscheinend so wenig wie einer Dreijährigen die freie Auswahl im Gummibärchenparadies.

»Dann sind wir ja in diesem Haus ganz richtig«, sagt Olaf, kein bisschen irritiert. Unser Domizil du Jour ist eine Glas-Holzbalken-Konstruktion aus den siebziger Jahren. Es gibt fast keine Wände, nur Fenster, auch innen ist alles offen. Ein perfektes Haus für zwanglose Exhibitionisten und Menschen ohne Möbel. Außer einem Tisch, ein paar Stühlen und einem niedrigen Sofa kann man im Wohnbereich nichts stellen. Regale? Wohin denn? Im Obergeschoss gibt es ein Abstellkämmerchen, das muss sämtliche Sehnsucht nach Schrankraum befriedigen. Für den Inhalt meiner Tüten reicht das gerade. Aber ich will hier ja auch nicht einziehen. Geschlafen wird auf einem Hochbett; ob ich das nach dem Rotwein, der den Hirschen begleitet, noch erklimmen kann, wird sich zeigen. Vielleicht ist der Wunsch nach Stauraum spießig? Etwas, dass ich in meinem neuen Leben hinter mir lassen muss?

»In Schränken bewahre ich einen wesentlichen Teil meiner Persönlichkeit auf«, ergänzt Olaf meine Gedanken, die ich anscheinend laut ausgesprochen habe. »Den Teil, den ich gerade nicht am Körper trage. Zum Beispiel meine Wintergarderobe.«

»Demnach trage ich wesentliche Teile meiner Persönlichkeit in Aldi-Tüten mit mir herum. Was sagt das über mich aus?«

»Ups, Entschuldigung, ich vergaß, das du ja quasi mittellos bist. Aber das wird sich ja am Sonnabend ändern, wenn du bei der großen Fertighaus-Verlosung den Hauptgewinn bekommst – den du dir leider mit deinem Spielpartner, dem lieben Heiner, teilen musst. Ihr seid nämlich angemeldet.«

»Das kann nicht sein! Ich werde auf keinen Fall mit Heiner zusammen ein Haus gewinnen!«

»Wieso nicht? Ihr könnt es doch verkaufen. Oder du lässt dich auszahlen.«

»Das würden Heiners Eltern nie zulassen. Ich weiß: Wenn es dieses Haus gibt, wird man mich zwingen, mit einzuziehen. Ich werde schwach werden, werde wieder in mein altes Leben zurückfallen wie damals im Sportunterricht vom Schwebebalken auf die Turnmatte. Das darf nicht passieren! Ich werde mein Leben ändern!« Der Rotwein lässt mich flammende Reden halten. Aber es stimmt: Jetzt wird alles neu. Ich bin zu einem radikalen Schnitt bereit. Ich werde machtvoll die Fesseln der Vergangenheit sprengen, die mich einschnüren wie einst der String meinen unperfekten Hintern.

Olaf stimmt ein. Auch er will, dass alles anders wird, er will ein neues Leben, keine Geheimnisse mehr, eine bessere Welt und ein Zeichen setzen – eben alles, was man so will, wenn die Verdauungsorgane sämtliches Blut aus dem Gehirn abziehen und interessante chemische Verbindungen, gemeinhin auch Alkohol genannt, das Denken übernehmen

»Es ist wie ein Rausch. Nein: Es ist ein Rausch!« ereifert sich Olaf treffsicher. Ja, was denn auch sonst? Wir machen sofort eine Liste was wir alles in unserem Leben ändern wollen, denn das wird einem schließlich immer in den Frauenzeitschriften geraten. Auf meiner Liste steht:

Heiner verlassen

Nie wieder Strings tragen

Weniger Schokolade essen

Mehr Gedanken über die Zukunft machen

Überhaupt mehr Gedanken machen (über alles)

Mal wegfahren

Weniger auf Mutti hören

Wohnung & Job suchen

Ich streiche suchen durch und ersetze es durch finden, denn das klingt optimistischer. Die Liste ist trotzdem nicht so geworden wie in den Frauenzeitschriften. »Seien sie konkret!«, heißt es dort immer in harschem Befehlston, »Benennen Sie genau, was Sie wollen!« Wörter wie weniger oder mehr dürften gar nicht vorkommen. Da lese ich schon mein ganzes Leben lang diese Illustrierten und habe immer noch nicht verstanden, was sie mir eigentlich sagen wollen!

Ich schiele rüber auf Olafs Liste. Da steht:

Alles

Ich bin baff. Das ist ja völlig gegen alle Regeln! Total unkonkret! Wie soll das denn funktionieren?

»Und womit willst du anfangen?«, frage ich ihn. Das ist natürlich eine Fangfrage.

»Mit Punkt eins«, antwortet er souverän. »Immer der Reihe nach.«

Ich will ihm gerade einen Vortrag halten, dass er mit seiner Liste gegen alle Regeln für Listen verstoßen hat und dass das ja so nun nicht ginge und ob er je den Ratgeberteil einer Illustrierten gelesen hat und ob ich ihm mal etwas Nachhilfe im Listenschreiben geben soll, da klingelt mein Telefon. Heiner steht auf dem Display.

»Das ist Heiner!«, sage ich aufgeregt. »Ich gehe da lieber nicht ran.«

»Doch«, sagt Olaf streng, aber liebevoll. Wie ein Vater in einer Fernsehserie.

»Wieso denn? Ich habe keine Lust.«

»Denk an Punkt eins deiner Liste. Weiß er überhaupt davon? Wann hast du das letzte Mal mit ihm gesprochen?«

»Öhhh ...« Das weiß ich nicht. Wann habe ich das letzte Mal mit Heiner gesprochen? Keine Ahnung. Habe ich überhaupt je mit ihm gesprochen? Ich kann mich nicht erinnern.

»Aha«, sagt Olaf wissend. Woher weiß der eigentlich, was ich denke? »Dann solltest du vielleicht jetzt mal damit anfangen.«

»Ach, das lohnt sich doch auch nicht mehr.«

Olaf kann nicht weiter streng gucken, denn er muss lachen.

»Das ist nicht komisch!«, protestiere ich und fange dann doch an zu grinsen. Es ist doch komisch. Ich bin seit Jahren mit jemandem verlobt, ohne mit ihm zu sprechen. Dass das überhaupt möglich ist! Mein Leben mit Heiner – eine einzige Schweigeminute. »Ich kann doch nicht am Telefon mit ihm Schluss machen!«

Das Telefon hat längst aufgehört zu klingeln. Ein kurzes Piepen verkündet, dass Heiner eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen hat. Vielleicht ist er weniger taktvoll? Trennung per Anrufbeantworter? Zuzutrauen wäre es ihm. Dann bin ich ihn wenigstens los.

Aber was wäre, wenn alles anders wäre? Wenn Heiner sich geändert hätte? Wenn wir mal miteinander reden und ich feststelle, dass er doch mein Traummann ist?

»Du bist noch nicht über ihn weg«, diagnostiziert Olaf, der Hobbypsychologe, dem die Frauen vertrauen.

»Doch. Nein. Weiß nicht.« Jetzt ist das alles gar nicht mehr komisch und ich muss heulen. Jahre meines Lebens sollen verschwendet gewesen sein – und jetzt muss ich womöglich bis an mein Lebensende leiden, weil ich nie wieder einen neuen Mann finde. »Keiner will mich«, schluchze ich rotweininspiriert. Für eine halbe Sekunde denke ich an Kilowatt, aber der gehört hier gerade ganz eindeutig nicht hin.

»Du hast doch mich«, tröstet mich Olaf und legt seinen Arm um mich.

»Aber du willst nicht knutschen!«, beschwere ich mich. »Was ist nun besser: Knutschen oder reden? Und wann hast du das letzte Mal mit Heiner geknutscht?«

Da hat er nun auch wieder Recht. Wann überhaupt? Das ist mindestens Jahre, wenn nicht Jahrhunderte her.

»In der Stein- oder in der Bronzezeit? Ich kann mich nicht erinnern. Ist das eigentlich bei allen Paaren so? Hört man auf zu knutschen, wenn man immer die Gelegenheit hat?«

»Keine Ahnung. Ich hatte noch keine längere Beziehung. Immer nur Affären, die böse endeten. Oder böse enden werden«, sagt Olaf.

»Wieso enden werden? Mit wem hast du denn gerade eine Affäre?«

Er seufzt. »Mit dem Boss der Siedlung hier. Hast du dich nicht gewundert, dass ich an die ganzen Schlüssel rankomme? Und dass die Toiletten und Wasserhähne plötzlich funktionieren? Das weiß ich alles von ihm. Und er küsst wie Clark Gable.« Olafs Blick trübt sich schwärmerisch. Er sieht aus wie ein Teenager.

»Ich kann mir zwar nicht vorstellen, wie Clark Gable küsst – aber sieht er auch aus wie Clark Gable?«

»Nein, eher wie Winnie the Pooh.«

»Und warum glaubst du, dass es böse enden wird?«

»Weil er sagt, er sei noch nicht reif für eine neue Beziehung, so kurz nach der Trennung von seiner Frau.«

»Frau?« Ich sehe ihn verdutzt an.

»Frau«, wiederholt Olaf. »Sie hat ihn vor zweieinhalb Jahren verlassen, für einen Dachdecker. Das muss man sich mal vorstellen! Er hat sehr gelitten. Vor allem sein Ego. Deshalb kriegt er auch bei Frauen keinen mehr hoch, sagt er.«

»Und bei dir?« Ich will es dann doch genauer wissen.

»Naja, auch nicht so richtig. Aber vielleicht wird das ja noch. Ich muss ihm nur genug Freiheit geben und immer schön sein Selbstbewusstsein stärken.« Olaf versucht, zuversichtlich zu lächeln.

»Daran glaubst du doch nicht wirklich, oder?«

»Nein. Ich glaube, dass er wie doof mit allen möglichen Frauen und Männern vögelt und mich nur als seinen seelischen Mülleimer benutzt.« Olaf zieht ein Gesicht, als hätte ihm jemand Domestos in den Rotwein geschüttet.

»Schlimm?«, frage ich.

»Nee. Zuerst ja. Aber jetzt ist es nur noch ... eklig. Ich weiß gar nicht, warum ich das mitmache. Vielleicht, weil ich doch noch Hoffnung habe. Aber eigentlich ist es schon vorbei.«