17

»Guten Abend, Lady Clarice.« Lady Winterwhistle, mindestens siebzig Jahre alt, betrachtete Clarice mit unfreundlichen, stechenden Augen. »Eine ganz schöne Überraschung, Sie wiederzusehen.« Ihre Ladyschaft blickte zu Lady Davenport, bei der Clarice und Jack bis eben gestanden hatten. »Und in dieser Begleitung.«

Schon bei dem ersten gehässigen Wort sträubten sich Jacks Haare, aber Clarice hob nur leicht und würdevoll die Brauen und erwiderte in mildem Ton die Begrüßung. Dann stellte sie ihn vor und erkundigte sich nach dem Gesundheitszustand der Tochter Ihrer Ladyschaft.

Lady Winterwhistle wirkte verstimmt, wie eine alte Krähe, der ihre Beute entwischt war. Zu Jacks Überraschung richteten sich ihre kleinen Augen erst auf ihn und dann auf Lady Davenport. »Ach so. Ich verstehe.«

Jack bezweifelte das, aber der Gesichtsausdruck, der über Lady Winterwhistles Züge glitt, verriet, dass sie einige Schlussfolgerungen zog.

Beinahe schadenfroh blickte Ihre Ladyschaft ihn wieder an. »Ihre Tanten scheinen zu glauben, sie könnten das Unmögliche möglich machen. Ich könnte mir denken, Davenport hat Sie dazu gebracht.« Sie hob mahnend den Finger, drehte sich um und schnalzte geringschätzig mit der Zunge. »Dann sind Sie ein umso größerer Narr.«

Sein Zorn flackerte auf.

Clarice grub ihre Finger in seinen Arm.

»Nein, reagiere nicht darauf.«

Jack schaute sie an, sah, dass sie ihn beobachtete. Er musterte ihr Gesicht eindringlich. Sie schien seltsam unbeeindruckt.

Sie las seine Verwirrung in seinen Augen, seufzte und schaute weg. »Viele in der guten Gesellschaft sind so wie sie. Nach letzter Nacht hat es sich wie ein Lauffeuer verbreitet, und sie hatten Zeit, ihre Zungen zu wetzen.« Sie hob eine Schulter. »Der beste Weg, mit ihnen umzugehen, ist, sie zu ignorieren.«

Auf ihr Bestreben hin schlenderten sie weiter durch Lady Maxwells überfüllten Ballsaal. Das Dinner bei Lady Mott war eine kleine Veranstaltung mit ausgewählten Gästen gewesen; zwar hatte es einige sicherlich überrascht, Clarice in ihren Reihen zu entdecken, aber niemand war zurückgewichen oder hatte sich feindselig verhalten. Im Großen und Ganzen waren sie freundlich aufgenommen worden, obwohl sie neugierige Blicke geerntet hatten. Nun jedoch waren sie in anderen Gewässern unterwegs. Alarmiert beobachtete Jack, was sich hinter dem Nicken verbarg, mit dem man sie grüßte, die meisten waren bemüht höflich, manche argwöhnisch und nur ein paar aufrichtig freundlich.

In der Tat wurden gewisse Damen, alle aus der älteren Generation, sehr steif, als sie Clarice bemerkten. Niemand jedoch wagte es, sie zu schneiden; das mit einer Altwood vor den Augen der guten Gesellschaft zu tun, wäre so etwas wie gesellschaftlicher Selbstmord. Wenn Clarice anwesend war, dann weil sie von der Gastgeberin eingeladen worden war  – höchstwahrscheinlich auf Bitten einer Dame höheren Ranges. Aber die Blicke, manche niederträchtig, manche unverhohlen boshaft, folgten ihnen.

Nach einer Weile bemerkte er halblaut zu ihr:

»Es scheint mir gar nicht zu dir zu passen, einfach so auch die andere Wange hinzuhalten.«

Sie sah ihn an, und Belustigung blitzte in ihren Augen auf. »Die Fähigkeit, mich aus der Ruhe zu bringen, ist ihnen schon vor langer Zeit abhandengekommen. Vor sieben Jahren, um genau zu sein.« Sie ging weiter und sagte zu ihm, so leise, dass nur er es hören konnte: »Selbst damals schon war mir klar, was sie zum Teil antrieb  – die, die nur allzu bereit waren, mich in der Luft zu zerreißen, weil ich mich weigerte, zu heiraten. Ich habe mich nämlich das zu tun getraut, was sie nicht gewagt haben.« Sie hob den Blick und schaute ihm in die Augen. »Man muss immer einen gewissen Preis dafür zahlen, wenn man anderen zeigt, was sie hätten erreichen können, wenn sie nur stark genug gewesen wären.«

Sie blickte nach vorn, als sie sich dem Ende des Saales näherten. »Dass ich wieder hier bin und in den Kreisen akzeptiert werde, in die ich hineingeboren wurde, erscheint manchen selbst jetzt noch wie ein Sakrileg. Für sie war meine Verbannung die vorgesehene Bestrafung. Sie hätten damit leben können, wenn ich für mein Aufbegehren hätte bezahlen müssen.«

Sie legte den Kopf zur Seite, dachte nach, dann verzogen sich ihre Lippen. »Aber wenn du meinst, meine Reaktion sei ungewöhnlich milde, denk nur daran, was sie empfinden müssen. Dass ihre Verurteilung mir nichts anhaben kann, weil ich ihnen jeglichen Einfluss auf mein Leben verweigere, ihre Gehässigkeit nicht zur Kenntnis nehme und ihnen damit alle Macht nehme … das ist in ihren Augen die ultimative Zurückweisung.«

Er benötigte einen Augenblick, um nicht nur diesen Punkt zu begreifen, sondern die Vorgehensweise dahinter. Er setzte ein Lächeln auf, drückte ihr die Hand und sah ihr in die Augen, als sie aufblickte.

»Ich entschuldige mich  – ich hätte nicht an dir zweifeln dürfen.«

Der Blick, den sie ihm zuwarf, war durch und durch Boudicca. »Allerdings.«

Sie entdeckten Alton und Sarah und verbrachten zehn Minuten mit ihnen, dann kam Roger, um sie zu holen und Alice’ Tante vorzustellen. Da Moira nicht anwesend war, nutzten sie die Gelegenheit, die Bekanntschaft zu vertiefen.

Danach schlenderten sie weiter, blieben immer wieder kurz stehen und unterhielten sich, aber nur wenn sie angesprochen wurden. Die meisten Annäherungen dieser Art waren schlicht neugieriger Natur; nur wenige verfolgten eine echte Absicht. Trotzdem entdeckte Jack, dass die Bemerkungen sich ähnelten, besonders die der kritischeren Gästen, wenn sie feststellten, dass sie Clarice mit ihrem boshaften Missfallen nichts anhaben konnten. Sie gaben auf kryptische Art und Weise zu verstehen, dass sie sich wenig verändert habe, da sie immer noch unverheiratet sei.

Aufgrund dessen, was er über sie wusste, und da er nun mal ein Mann war, dauerte es gute fünfzehn Minuten, bis der Groschen bei ihm fiel.

Sie hielten ihr in seiner Anwesenheit vor, dass Männer kein ernsthaftes Interesse an ihr hatten.

Er war so erbost, nicht nur ihretwegen, dass er sie zurück in die Eingangshalle brachte, sie in die Stadtkutsche verfrachtete, die Alton ihr zur Verfügung gestellt hatte, und mit ihr zum zweiten Ball des Abends weiterfuhr. Danach legte sich seine Wut, er konnte wieder klar denken. Und Pläne schmieden.

Als sie durch Lady Courtlands Ballsaal schritten und einige Anwesende ihnen eine ähnliche Reaktion entgegenbrachten, entschied er, wie er sich und damit auch in ihrem Namen verhalten würde.

Ein Blick in ihr Gesicht, auf dem sich kühler Hochmut widerspiegelte, den sie wie ein Schutzschild vor sich hertrug, legte die Vermutung nahe, dass seine Strategie zu erklären reine Zeitverschwendung wäre; wahrscheinlich würde sie sich weigern und es vorziehen, sich weiter unberührbar zu geben.

Ihre Strategie war ein Mittel gegen unverhohlene Missbilligung, allerdings war er überzeugt, dass sein Plan wesentlich wirkungsvoller war, um mit dieser anderen, möglicherweise verletzlicheren Bedrohung fertig zu werden.

Bei Lady Maxwell hatten sie nicht getanzt; die Tanzfläche war voll gewesen mit eifrigen jungen Damen und ihren Partnern, ein wenig einladendes Gedränge. Jetzt hingegen, sobald die ersten Klänge des Walzers ertönten, nahm er Clarice’ Hand, entschuldigte sie beide mit seinem gewohnten Charme bei den beiden Damen, mit denen sie sich unterhalten hatten, und entführte sie auf die Tanzfläche.

Clarice war nicht begeistert, aber da sie annahm, dass er zu Tode gelangweilt war und sich vielleicht ein wenig bewegen wollte, protestierte sie nicht. Mit seiner üblichen Selbstsicherheit zog er sie in seine Arme, und sie ließ es bereitwillig geschehen, entschlossen, die Gelegenheit zu nutzen, noch einmal das erregende Gefühl zu erleben, mit ihm Walzer zu tanzen.

Er schloss sie enger in die Arme, begann sich mit ihr zu drehen, seine Hand lag schwer auf ihrem Rücken und wärmte sie durch die minzgrüne Seide ihres Kleides. Ihre Röcke strichen um seine schwarzen Hosen, ihre Beine liebkosten seine, glitten fort, kehrten zurück …

Seine Mundwinkel hoben sich, dann fasste er sie fester und vollführte mit ihr eine Drehung. Erregung erfasste sie, nahm ihr die Luft zum Atmen, bis ihr schwindelig war, obwohl ihre Bewegungen wegen der überfüllten Tanzfläche eingeschränkt und damit die Berührungen flüchtiger und weniger machtvoll waren. Sie genoss den Tanz trotzdem in vollen Zügen, die Nähe zu ihm, die unterschwellige Erotik.

Sie schwelgte in ihren Empfindungen, denn in diesen Augenblicken fiel alles von ihr, und ihre Augen, ihr Verstand waren voll auf ihn konzentriert, auf die pulsierende Anziehung zwischen ihnen. Warm, lebendig und seltsam beruhigend. Tröstend.

Er war bei ihr, sie waren zusammen, und nichts sonst zählte.

Die Musik verklang. Sie unterdrückte ein Seufzen, als er sie losließ und sie in die Gegenwart zurückkehrte. In Lady Courtlands Ballsaal und zu den neugierigen Massen, die immer noch darauf warteten, sie auszufragen.

Wenn sie ihr kühl beherrschtes Lächeln aufsetzte, und mit Jack an ihrer Seite, konnten sie ihr nichts anhaben. Moira war irgendwo hier in der Menge, was sie nur noch entschlossener werden ließ, den Abend so über die Bühne zu bringen, wie Lady Cowper es erwartete, mit Gelassenheit und Zuversicht.

Sie plauderte mit Lady Constable, der dritten Dame, die ihr nach dem Tanz aufgelauert hatte, ehe sie es erkannte und begriff, wie verräterisch der Walzer gewesen sein musste. Lady Constables Augen glitten von ihr zu Jack und wieder zurück. Ihr spekulierender Blick war Clarice zunächst gar nicht aufgefallen. Aber jetzt verstand sie.

Sie lächelte unbeirrt, aber sobald sie Lady Constable losgeworden waren und sie mit Jack durch den Saal schlenderte, sah sie ihm ins Gesicht.

»Ich bin mir nicht so sicher, ob das klug war.«

Jeglicher Zweifel, dass er es nicht geplant hatte, dass er nicht absichtlich angedeutet hatte, dass sie mehr als Freundschaft verband, wurde durch den kompromisslosen Ausdruck in seinen Augen beseitigt.

»Vertrau mir.« Seine Stimme war leise, aber klar und deutlich. »Dieses Missverständnis aus dem Weg zu räumen war nötig.«

Er klang mehr als überzeugt… sie war nicht wirklich sicher, wie sie seinen Ton verstehen sollte, aber ehe sie ihn fragen konnte, fügte er hinzu: »Ich kann dir mit dem Rest nicht helfen, nicht aktiv, aber um diesen Aspekt kann ich mich persönlich kümmern.« Er schaute nach unten und fing ihren Blick auf. »Und du wirst merken, es schadet deinem Ansehen nicht im Geringsten.«

Sie betrachtete ihn forschend, blickte ihm in die Augen, eine faszinierende Mischung aus Grün und Gold, sah seine Befriedigung und entschied, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Mit einem leichten Schulterzucken sah sie wieder geradeaus.

»Vielleicht hast du recht.«

Wenn es eine Sache gab, auf die Jack unbesorgt einen Eid schwören würde, dann, dass die Angehörigen der ton sie mit mehr Respekt behandeln würden, wenn klar war, wie interessiert er an ihr war. Wie sehr sie ihn in ihren Bann gezogen hatte. Die Verzauberung, die eine Dame auf einen Herrn ausübte, war ein Maß für die Macht der besagten Dame; seine Ehrerbietung war dafür ein unerschütterliches Zeichen.

Zuzugeben, er stand unter ihrem Bann. Das war natürlich nicht seine Absicht gewesen, aber das hatte er nicht vorhergesehen. Wenn er dadurch, dass er offen zeigte, wie hingerissen er von ihr war, ihr die Sache ein wenig leichter machte, dann war es nur gut. Er war seltsam zufrieden. Egal, was er sich wünschte, er konnte nicht ihre Dämonen aus der Vergangenheit vertreiben  – wie Lady Osbaldestone so klug bemerkt hatte, musste sie das allein tun. Aber er konnte ihr den Weg ebnen.

Mit grimmiger Miene nahm er zufrieden das Ergebnis ihres öffentlichen Schauspiels zur Kenntnis. Eine erkleckliche Anzahl der Klatschliebhaber sahen sie jetzt mit anderen Augen. Dass Lady Clarice Altwood mindestens eine bedeutsame Eroberung gemacht hatte, würde als neuster Klatschleckerbissen morgen am Frühstückstisch die Runde machen.

Nichts Skandalöses, aber es würde allen Vorstellungen ein Ende setzen, dass ihr das Schicksal drohte, als alte Jungfer zu sterben, dass ihre Interessen, ihre Fähigkeiten nicht ausreichten, sich einen Ehemann zu angeln und eine Familie zu gründen.

Oder berücksichtigte man, wer sie war, eine Dynastie.

Vergnügt spann er diesen Gedanken weiter und überließ es im Großen und Ganzen ihr, die Unterhaltung zu führen. Er beschränkte sich darauf, die Reaktionen der Umstehenden zu beobachten, als sich plötzlich ein gut gekleideter Gentleman einen Weg durch die Menge bahnte und unweit von ihnen stehen blieb. Ungeduldig wartete er, dass der Herr und die Dame, die gerade mit Clarice sprachen, weitergingen, bevor er vor sie trat, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

»Meine liebe Clarice.«

Clarice zögerte einen Sekundenbruchteil, ehe sie ihm würdevoll die Hand hinhielt.

»Emsworth.«

Die Kälte in ihrer Stimme hätte Jack alarmiert, selbst wenn er den Namen nicht wiedererkannt hätte. Das also war der Idiot, der ihr so viel Kummer bereitet hatte. Jack beobachtete, wie er sich aus seiner Verneigung aufrichtete.

Clarice zog ihre Hand zurück und deutete auf Jack. »Gestatten Sie mir, Ihnen Lord Warnefleet vorzustellen. Viscount Emsworth, Mylord.«

Sie hatte das letzte Wort bewusst herausfordernd hinzugefügt. Jack schüttelte Emsworth die Hand, der seinen Blick mit kaum verhohlener Ablehnung erwiderte.

Etwas von Jacks Verachtung musste in seinen Augen zu sehen gewesen sein. Emsworths Augen weiteten sich, und er guckte weg.

Er blickte Clarice an und lächelte sie steif an, was verriet, dass er nicht oft lächelte.

»Meine liebe Clarice, ich bin entzückt, Sie wiederzusehen. Würden Sie mir wohl die Ehre dieses Tanzes erweisen?«

Jack fluchte innerlich. Emsworth hatte den Zeitpunkt geschickt gewählt, aber als die ersten Töne des Tanzes erklangen, entspannte er sich. Es war ein Cotillion. Er schaute zu Clarice und erkannte, dass sie nachgab. Er fand sich damit ab, dass sie mit Emsworth tanzte.

»Wenn Sie wünschen.« Clarice gab Emsworth die Hand. Es war vielleicht nicht das Schlechteste, wenn man sah, wie sie ihn mit Höflichkeit behandelte. Er war Teil ihrer Vergangenheit, auch wenn sie sie längst begraben hatte. Sie hatte entdeckt, dass sie sehr wenig für ihn empfand, sie war nicht einmal verärgert, sondern war nur milde verstimmt, dass er ihre Zeit mit Beschlag belegte.

Aber sie würde höflich sein und ihm die nächsten Minuten gewähren. Das würde ihr helfen, mit diesem Teil ihrer Vergangenheit endgültig abzuschließen.

Er führte sie auf die Tanzfläche, und sie nahmen ihre Positionen in der nächsten Gruppe ein. Die Musik erklang, sie verneigten sich und vollführten die vorgeschriebenen Drehungen. Die ganze Zeit über versuchte Emsworth ihr mit den Augen etwas zu sagen, aber Clarice weigerte sich, ihn anzusehen. Die Figuren des komplizierten Tanzes bereiteten ihr keinerlei Schwierigkeiten, obwohl sie sie jahrelang nicht ausgeführt hatte. Sie lächelte den anderen Tänzern zu, war zufrieden, dass sie sie lässig mit Emsworth tanzen sahen.

Als die Musik aufhörte und sie sich aus dem letzten Knicks aufrichtete, fasste Emsworth ihre Hand fester.

»Meine liebe Clarice, es gibt da eine Angelegenheit, die ich gerne mit Ihnen besprechen möchte, es hat etwas mit unserer gemeinsamen Vergangenheit zu tun.«

Sie erwiderte den Blick aus Emsworths grauen Augen und versuchte zu erraten, was das sein könnte.

Er sah über die Köpfe der Versammelten hinweg.

»Kommen Sie bitte mit auf die Terrasse. Dort können wir ungestört reden.«

Ohne auf ihre Einwilligung zu warten, führte er sie zu den Glastüren, die auf eine Terrasse hinausgingen und sich über die gesamte Länge des Ballsaals erstreckten. Wenig begeistert folgte Clarice ihm. Er hatte ihr nie gefallen, auch nicht die Art und Weise, wie er sie behandelte, aber sie wollte hören, was er zu sagen hatte. Vielleicht konnte sie es als Waffe gegen Moira einsetzen. Und dafür würde sie ein paar Minuten ihrer Zeit investieren.

Sie erreichten die Türen, und Emsworth geleitete sie ins Freie. Kurz bevor sie über die Schwelle nach draußen traten, schaute Clarice zurück und entdeckte Jacks braunen Schopf, der sich zielstrebig durch die Menge auf sie zubewegte. Der Anblick war beruhigend, das konnte sie nicht leugnen.

Auf der Terrasse blickte Emsworth sich um, dann nahm er ihren Ellbogen und schob sie von den in dicht gedrängten Grüppchen zusammenstehenden Gästen fort zu einer Stelle, an der die Schatten der Bäume auf die Steinfliesen fielen. Hier konnte sie niemand hören.

Emsworth ließ sie los und verschränkte die Hände hinter dem Rücken, eine Position, die Clarice nur allzu gut kannte. Gleich würde er eine selbstgefällige Bemerkung machen, während er so tat, als betrachtete er angelegentlich den dunklen Garten.

Halb rechnete sie damit, dass er etwas Abfälliges über ihre Beziehung zu Jack sagen würde und ihren unnötig engen Walzer …

»Ich bin wirklich sehr froh, dass Sie wieder in der Stadt sind, meine Teure. Sie haben den Preis für Ihr unüberlegtes Verhalten bezahlt, mich zurückzuweisen. Es ist offensichtlich, dass die Gastgeberinnen, auf die es ankommt, entschieden haben, dass dieser Vorfall nun vergessen werden kann.«

Er hatte die Unterstützung bemerkt, die Jacks Tanten und Lady Osbaldestone ihr zukommen ließen. Gut …

»Natürlich bleibt die Tatsache bestehen, dass Sie sich niemals Hoffnungen auf eine passende Ehe machen können, und ohne Fragen werden Ihnen … die Freuden des Ehebettes entgehen. Ich würde, sofern es mir möglich wäre, meinen Antrag erneuern, aber da ich nun verheiratet bin«, er drehte sich um und schaute in Clarice’ verblüfftes Gesicht, »könnten Sie meine Mätresse werden. Ich verfüge über ein hübsches Einkommen  – Sie werden mich großzügig finden.« Er machte eine Pause, als müsse er seine Selbstherrlichkeit zu Rate ziehen, dann schob er das Kinn vor und schaute sie wieder an. »Wenn Sie mein Angebot annehmen, werden Sie vor Männern wie Warnefleet und anderen seines Schlages sicher sein.«

Clarice hatte ihre Züge kontrolliert, sobald sie begriffen hatte, worauf er hinauswollte; jetzt aber blitzte abgrundtiefe Verachtung in ihren Augen auf, und sie blickte ihn zornig an.

Sie machte einen Schritt auf Emsworth zu, sodass er mit dem Rücken gegen das Geländer stieß, und stand ihm Auge in Auge gegenüber.

»Sie sind ein widerlicher Vertreter Ihrer Gattung, Emsworth. Gleichgültig, welche zweifelhaften Freuden mir entgangen sein sollten, ich würde nicht zustimmen, irgendetwas für Sie zu sein, und wenn Sie der letzte Mann auf Erden wären.«

Seine Augen weiteten sich, als er vor ihrem Zorn zurückwich und sich nach hinten lehnte.

Ehe er reagieren konnte, riss sie ihr Knie hoch.

Seine Augen verdrehten sich, er schielte, und seine Lippen verzogen sich vor Schmerz.

Sie machte einen Schritt zurück, schaute zu, wie er zusammensackte. Dann gab sie ihm eine kräftige Ohrfeige, ehe er nach vorn kippte, und tat so, als beuge sie sich fürsorglich über ihn, um ihm zu helfen.

Sie spürte jemanden hinter sich, blickte über ihre Schulter und entdeckte Jack, der mit grimmiger Miene, aber unverhohlener Befriedigung verfolgte, wie Emsworth auf die Steinfliesen fiel.

»Wie es scheint, leidet Viscount Emsworth unter plötzlichem Unwohlsein.« Sie fing Jacks Blick auf.

Er grinste flüchtig, dann schob er sie zur Seite.

»Schlechte Gesundheit und Pech scheinen die Familie des Viscount wie ein Fluch zu verfolgen.«

Jacks Hände lagen beruhigend auf ihren Schultern. Zusammen versperrten sie den anderen auf der Terrasse den Blick auf den zusammengesunkenen Emsworth. »Die erste Ehefrau des Viscount zum Beispiel ist bei einem Sturz auf der Treppe ums Leben gekommen. Die Dienstboten können sich nicht erklären, wie so etwas geschehen konnte. Und seiner zweiten Gemahlin geht es oft so schlecht, dass sie tagelang ihr Zimmer nicht verlassen kann. Irgendeine rätselhafte Krankheit verursacht ihr am ganzen Körper blaue Flecken.«

Jack beugte sich über Emsworth. Mit gesenkter Stimme, in der ein scharfer Unterton mitschwang, sprach er zu dem am Boden liegenden Mann: »Ich warne sie, Emsworth. Wenn Sie nicht möchten, dass ich und andere meines Schlages an Ihnen die verdiente Vergeltung üben, dann sind Sie wohlberaten, ihr Gesicht nie wieder in London zu zeigen oder, genauer gesagt, irgendwo in der guten Gesellschaft.«

Emsworth zitterte; ihm lief die Nase, und sein Mund stand offen, als er versuchte, Luft zu holen. Jack sah ihm tief in die immer noch leicht schielenden Augen. »Ich hoffe, ich habe mich klar und deutlich ausgedrückt.«

Emsworth schaute zu Jack hoch, und der letzte Rest Farbe wich aus seinem Gesicht.

Jack lächelte, aber nicht liebenswürdig. Er richtete sich auf und griff nach Clarice’ Arm. »Komm, wir sollten in den Ballsaal zurückkehren. Dann können wir zwei Lakaien herschicken, damit sie dem Viscount in seine Kutsche helfen.«

Clarice blickte auf Emsworth hinab. Er bot einen erbärmlichen Anblick, konnte immer noch nicht richtig atmen. Vollauf zufrieden gestattete sie Jack, sie zum Ballsaal zu führen. »Ich wollte das schon immer tun, um zu sehen, ob es wirklich funktioniert.«

Jack sah sie an.

»Es funktioniert. Und da du so groß bist, sogar noch besser.«

»Hm.«

Den Abtransport von Emsworth  – er wurde von zwei Lakaien um das Haus getragen und direkt in seine Kutsche verfrachtet  – zu organisieren überließ Clarice bereitwillig Jack. Seine wohltemperierte Geschichte, dass Emsworth plötzlich erkrankt sei, wurde zwar nach außen hin geschluckt, aber viele hatten mit angesehen, wie Emsworth vorher mit ihr getanzt und sie im Anschluss auf die Terrasse geführt hatte und wie sie entspannt an Jacks Arm zurück in den Saal gekommen war. Viele hatten darauf gewartet, dass Emsworth ebenfalls zurückkehrte, aber als er das nicht tat, begannen die wildesten Spekulationen die Runde zu machen.

Dabei, die gute Gesellschaft von den Vorwürfen gegen James abzulenken, war sie zusammen mit Jack bewundernswert erfolgreich.

Sie blieben noch eine halbe Stunde, mischten sich unter die interessierten Gäste und gingen, ließen all die neugierigen Fragen unbeantwortet.

Als sie auf der Sitzbank in der Kutsche Platz nahm, lächelte Clarice. Sie hatte nie zuvor zugelassen, dass jemand ihr dabei half, mit einem Problem wie Emsworth fertig zu werden, aber sich diese Aufgabe mit Jack zu teilen, fühlte sich seltsam richtig an.

Und etwas anderes hatte sich verändert.

Sie sah ihn an, wie er neben ihr saß, entspannt und zuversichtlich, und sie fragte sich, woher er von Emsworth wusste. Er musste jemanden gefragt haben, denn er war nicht in London gewesen, war in den vergangenen dreizehn Jahren kein Teil der Gesellschaft gewesen.

Sie runzelte die Stirn. Sie war sicher, dass sie Emsworth nicht erwähnt hatte. Also wie …?

James? Sie kannte James’ Meinung über Emsworth und diese Episode in ihrem Leben. Wenn Jack gefragt hatte, hätte James es ihm erzählt.

Was bedeutete, dass Jack gefragt hatte. Und er war nicht nur so interessiert gewesen, dass er sich erkundigt hatte, es war ihm auch so wichtig gewesen, dass er mehr herausfinden wollte.

Während sie durch die Straßen fuhren, studierte sie sein Profil. Dann lächelte sie, wandte den Kopf wieder nach vorn und dachte an das, was vor ihnen lag. Wie sie den Rest der Nacht in ihrer Suite im Benedict’s verbringen würden.

 

»Ich bin mir ganz sicher, dass meine Informationen der Wahrheit entsprechen.« Diakon Humphries starrte Jack beinahe feindselig über den schmalen Tisch hinweg an.

Jack musterte den Diakon. Die Beschreibung der Alten aus der Kneipe war zutreffend; sein Mund wirkte weiblich, und wenn er die Lippen schürzte, wie er es gerne tat, sah er in der Tat wie eine schmollende Frau aus.

Es war Mittag. Humphries hatte es so lange wie möglich hinausgeschoben, mit ihnen zu sprechen. Aber letztendlich hatte er sich der Entscheidung des Bischofs fügen müssen und sich mit Jack, Clarice und Olsen in einem kleinen, zellenähnlichen Raum tief im Inneren des Palastes getroffen.

»Wir verstehen, Diakon Humphries, dass Sie glauben, dass Ihre Informationen der Wahrheit entsprechen, aber das zu behaupten ist noch kein stichhaltiger Beweis.« An ihrem Platz am Fenster wirbelte Clarice herum und sprach Humphries direkt an. Anfangs hatten sie alle um den Tisch herum Platz genommen, sie neben Jack, aber dann war sie aufgestanden, da sie wohl nicht länger still sitzen konnte, und hatte begonnen, auf und ab zu gehen.

Was Humphries nicht gefallen hatte. Als er sie jetzt anblickte, war seine selbstgefällige Abneigung, von einer Frau belehrt zu werden, deutlich zu erkennen.

»Ich werde meine Beweise zu gegebener Zeit dem Bischof vorlegen.«

Ehe Clarice eine vernichtende Antwort darauf geben konnte, die ihr schon auf der Zunge lag, schaltete Jack sich ein.

»Wie Sie ja bereits gehört haben, hat der Bischof persönlich, um möglichst schnell zu einem gerechten Urteil zu kommen, den Wunsch geäußert, dass Sie uns die Einzelheiten Ihres Falles erläutern. Besonders Whitehall möchte wissen, welche Beweise Sie neben den Zeugenaussagen haben, die unwiderlegbar belegen, dass James Altwood Geheimnisse an den Feind verraten hat.«

Humphries richtete seinen Blick auf Jack, entschlossen, Clarice zu ignorieren. Wieder war Jack dankbar dafür, dass sie die Aufmerksamkeit aufgrund ihrer starken Persönlichkeit auf sich zog; es geschah nur selten, dass die Leute, die er befragte, in ihm den nachgiebigeren Part sahen. Humphries unterzog ihn einer eindringlichen Musterung.

»Soweit ich verstehe, sind Sie ein langjähriger Bekannter von Reverend Altwood.«

Jack neigte den Kopf. Ehe er auf die implizite Unterstellung antworten konnte, schaltete sich Clarice ein.

»Wenn Whitehall, obwohl Warnefleets Bekanntschaft mit James kein Geheimnis ist, es für sicher hält, die Interessen der Regierung seinen Händen anzuvertrauen, dann denke ich eher nicht, dass seine Loyalität von wem auch immer infrage gestellt werden kann.« Ihr Tonfall machte klar, dass dieser Punkt damit abgeschlossen war.

Humphries’ Lippen wurden schmal. Ohne sie anzusehen, neigte er den Kopf in ihre Richtung. Zu Jack sagte er:

»Die Geschichte, die die Zeugen erzählen, ist schlüssig. Sie ergänzen sich, sodass sie ein überzeugendes Bild von Altwoods Treffen mit dem Kurier ergeben.«

Jack überlegte, wie viel er preisgeben sollte; aus Fairness fühlte er sich verpflichtet zu erwidern:

»Ich habe bereits Hinweise erhalten, dass eine Reihe Ihrer Zeugen unzuverlässig sind. Es gibt andere, wesentlich glaubwürdigere, die bereit sind, zu beschwören, dass James Altwood niemals einen Fuß in diese Schenken gesetzt hat. Letztendlich scheint es wahrscheinlich, dass wir unanfechtbare Beweise dafür finden werden, dass James Altwood an den besagten Tagen und zu den genannten Zeiten an einem anderen Ort war.«

Humphries’ Lippen verzogen sich; seine Miene sagte klar und deutlich, dass er diese Einschätzung nicht teilte.

Unbeeindruckt fuhr Jack fort: »Davon einmal abgesehen, müssen die Anschuldigungen unabhängig von einem Beweis für die Treffen hieb- und stichfest sein  – die Treffen wären bestenfalls Indizien  –, und zudem müssen Sie beweisen, dass tatsächlich Geheimnisse weitergegeben wurden. Meine Frage an Sie, im Namen von Whitehall, lautet somit: Welche Beweise haben Sie?« Jack blickte auf das Bündel Papiere, das Olsen auf den Tisch gelegt hatte. »Bis jetzt haben Sie es versäumt, Beweise vorzulegen, und sich darauf beschränkt, uns zu versichern, dass sie existieren.«

Humphries gefiel es nicht, so unter Druck gesetzt zu werden. Sein spitzes Kinn hob sich; die Hände, die er vor sich auf dem Schreibtisch gelegt hatte, verschränkte er fester.

»Dass tatsächlich Geheimnisse verraten wurden, stammt von der einzigen verlässlichen Quelle, die es dafür geben kann: der Person, an die Altwood die Geheimnisse weitergegeben hat.«

»Und wer ist diese Person?«

Humphries presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. »Ich bin nicht bereit, vor der Anhörung die Identität dieser Person preiszugeben. Wie auch immer, da Whitehall weitere Einzelheiten fordert, sollen Sie erfahren, dass unter anderem Informationen über die Stellung und Stärke unserer Truppen vor der Belagerung von Badajoz weitergegeben wurden, das Gleiche gilt für die verheerende Niederlage bei Corunna sowie, vor noch nicht so langer Zeit, für die Truppenentsendung nach Belgien ein paar Wochen vor Waterloo.«

Jack behielt eine ausdruckslose Miene bei und blickte Clarice kurz warnend an, damit sie nichts sagte. Obwohl zwei der genannten Schlachten letztendlich gewonnen worden waren, hatten alle drei Gefechte zu schweren Verlusten geführt. Als Militärforscher wusste Humphries darüber besser Bescheid als manch anderer.

»Die drei letzten Treffen, die Sie angegeben haben  – was wurde da verraten?« Sie hatten angeblich in den ersten Monaten 1815 stattgefunden.

Humphries zögerte, dann antwortete er:

»Bei diesen Zusammenkünften mit dem Kurier hat Altwood Details über die Demobilisierung, die Stärke der verbleibenden Truppen sowie unsere Fähigkeit zur erneuten Mobilmachung und die dazugehörigen Anweisungen preisgegeben. Solche Informationen müssen von entscheidender Bedeutung für Napoleons Pläne für seine Rückkehr gewesen sein.«

Jack neigte zustimmend den Kopf.

»Haben Sie persönlich Beweise gesehen  – Listen in Altwoods Handschrift, Karten oder Ähnliches, die er dem Kurier ausgehändigt hat?«

Humphries schürzte die Lippen.

»Ich habe sie nicht persönlich gesehen, aber man hat mir versichert, dass sie existieren. Der Kurier hat Kopien.«

»Kopien«, sagte Jack ruhig. »Nicht die Originale?«

»Die Originale musste er seinen Kontaktleuten auf der anderen Seite überlassen.«

Clarice konnte sich nicht länger beherrschen.

»Was für ein günstiger Umstand.«

Humphries runzelte die Stirn, würdigte sie aber keines Blickes.

Jack versuchte noch einmal, den Namen des Kuriers in Erfahrung zu bringen, aber Humphries blieb standhaft. Jack ließ es dabei bewenden. Das Treffen war beendet, und Humphries ging. Nachdem er Olsen versichert hatte, dass das, was er über Gegenbeweise gesagt hatte, zutraf, und ihn gebeten hatte, das Humphries noch einmal eindringlich mitzuteilen, begab sich Jack mit Clarice an seiner Seite in die Eingangshalle des Bischofssitzes. Gemeinsam traten sie ins Freie.

Als sie über die Auffahrt schlenderten, blickte Jack zurück zu dem hoch aufragenden Gebäude.

»Er glaubt allen Ernstes, dass er das Rechte tut, dass er dazu berufen ist, das Schwert der Gerechtigkeit zu führen.«

Clarice schnaubte leise.

»Er darf aber nicht vergessen, dass Justitia auch eine Waage in der Hand hält  – und warum sie das tut.« Nach einem Augenblick fügte sie hinzu: »Und sie ist eine Frau.«

Jack lächelte, aber während er neben Clarice herschritt, verblasste es wieder.

»Wer auch immer das hier arrangiert hat  – Dalziels letzter Verräter  –, hat dafür gesorgt, dass Humphries sich in die Sache verbissen hat. Verleitet durch seine Eifersucht auf James und durch das, was anfangs wie stichhaltige Beweise aussah, hat er sich weit aus dem Fenster gelehnt. Jetzt jedoch, obwohl wir die Beweise entkräften, ist er nicht bereit, einen Rückzieher zu machen, wenigstens nicht vor der Anhörung vor dem Bischof.«

Clarice schaute ihn an.

»Werden wir bis dahin Beweise gefunden haben?« Olsen hatte ihnen mitgeteilt, dass der Bischof, der die heikle Angelegenheit möglichst rasch beigelegt sehen wollte, die Anhörung in fünf Tagen anberaumt hatte.

Jack schnitt eine Grimasse.

»Es wird nicht leicht werden, aber es ist auch nicht unmöglich.« Sie erreichten das Tor, und er blieb stehen. »Deswegen muss ich übrigens gleich nachher in den Club zurückkehren. Wir müssen unsere Vorgehensweise und die Angriffstaktik abstimmen.«

Clarice verbarg ihr Lächeln wegen seiner Formulierung und dem geistesabwesenden Ausdruck in seinen Augen. Dann schaute er sie wieder an. Ihr Herz flatterte kurz, fand dann aber wieder zu seinem gewohnten verlässlichen Schlag zurück. Sie verzog das Gesicht und sah ihn an.

»Ich muss ein paar grässliche Nachmittagstees besuchen. Deine Tanten haben mir das Versprechen abgenommen. Es wird schrecklich werden, ist aber vermutlich notwendig. Wir müssen klarmachen, dass ich zurück bin, sodass es jeder versteht, Moira eingeschlossen. Sie wird zu zwei der Teegesellschaften erwartet.«

Jack grinste, nahm ihre Hand und hob sie an seine Lippen. Küsste sie.

»Ich setzte auf dich im Kampf gegen Moira.«

Sie lachte. Eine Droschke rollte auf sie zu; Jack hielt sie an, half ihr beim Einsteigen und trug dem Fahrer auf, sie zum Benedict’s zu bringen. Clarice lehnte sich in die Polster zurück und sah zu, wie die Pfosten der Lambeth Bridge am Fenster vorbeizogen. Wenn sie an den vor ihr liegenden Nachmittag dachte, voll gesellschaftlichen Trubels, wünschte sie sich, sie könnte stattdessen bei Jack bleiben.

Sie war lieber mit ihm zusammen als mit sonst jemandem aus der guten Gesellschaft.

 

In den folgenden drei Tagen arbeiteten Jack, Deverell, Christian und Tristan mit ganzer Kraft daran, Humphries’ Anschuldigungen gegen James zu untergraben.

Zuerst sammelten sie Aussagen, jeweils in Anwesenheit von Jack und einem anderen beeidet, von drei der namentlich genannten Zeugen aus jeder der drei Schenken. Es war immer der Mann hinter dem Tresen und zwei Stammkunden, die praktisch durchgehend als anwesend zählten. Jeder davon schwor, dass niemals ein Kirchenmann ihre Kneipe betreten habe.

Nachdem das erledigt war, richteten die vier Clubmitglieder ihre Überredungskünste auf die weniger ehrenwerte Truppe, die sich im Austausch für ein paar Münzen bereit erklärt hatte, zu schwören, dass James Altwood sich an genau diesen Treffen in den besagten Schenken aufgehalten habe. Als sie mit den beeideten Erklärungen der anderen, besonders denen der Schankknechte hinter dem Tresen, und der Versicherung konfrontiert wurden, es sei nicht nötig, vor Gericht zu erscheinen, wenn sie jetzt und hier die Wahrheit sagten, zogen alle ihre frühere Aussage zurück und unterzeichneten entsprechende Erklärungen.

Jack und seine drei Mitstreiter feierten gerade in der Bibliothek des Clubs ihren Erfolg, als Alton eintraf. Von Gasthorpe heraufgeführt, blickte er sich interessiert um und berichtete dann, dass er und seine Brüder mindestens jeweils ein gesellschaftliches Ereignis ermittelt hatten, das James an den jeweiligen Abenden der vermeintlichen Treffen mit dem Kurier besucht hatte. Nicht nur das, sie hatten auch Damen gefunden, die Tagebücher führten und daher bezeugen konnten, dass er an allen drei Abenden anwesend gewesen war.

»Berücksichtigt man die Zeitpunkte«, Alton hielt Jack seine Liste hin, »ist es wahrlich schwer zu begreifen, wie James es bewerkstelligt haben soll, mit diesen Leuten zu speisen und sich gleichzeitig in irgendeiner Spelunke in Southwark aufzuhalten.«

Alton wurde eingeladen, mitzufeiern.

Zehn Minuten später gab Gasthorpe Jack ein Zeichen; ein Bote aus Whitehall war eingetroffen. Jack ging nach unten, nahm das Päckchen entgegen und überprüfte kurz, was die Papiere enthielten, die sich darin befanden, bevor er grinsend in die Bibliothek zurückkehrte.

Er schloss die Tür und winkte mit den Papieren.

»Nicht nur der letzte Nagel zum Sarg, sondern auch noch der Hammer dazu. Wir stehen unmittelbar davor, den Vorwürfen ihre Grundlage zu entziehen.«

»Was ist das?«, fragte Alton. Die anderen blickten ihn ebenfalls fragend an.

Jack ließ sich in seinen Stuhl zurückfallen.

»Als wir ihn befragt haben, ist es uns gelungen, Humphries die Informationen zu entlocken, die James laut Aussage des Kuriers an den drei Tagen angeblich weitergegeben hat. Viel davon hätte James gewusst  – Truppenstärken und Aufstellungen sind genau die Dinge, die er erforscht. Allerdings war darunter eine Teilinformation, von der ich mir nie vorstellen konnte, dass James sie besessen hat  – ja, sich die Mühe gemacht hätte, sie in Erfahrung zu bringen  –, nämlich die Details der Demobilisierung. Als Militärstratege interessiert er sich für Schlachten und die Vorbereitungen dafür. Was danach geschieht, interessiert ihn nicht. Warum hätte er die Einzelheiten der Reduzierung der Heeresstärke herausfinden sollen?«

Christian grinste ebenfalls.

»Ich nehme an, diese Papiere dort beweisen, dass er das nicht getan hat.«

»In der Tat.« Jack lächelte erfreut. »Ich habe unserem Freund in Whitehall eine Liste der Militärpersonen geschickt, mit denen James zwischen der Einnahme von Toulouse und Waterloo gesprochen hat. Dies ist das Ergebnis. Aussagen von James’ Gesprächspartnern, die besagen, dass sie zu keiner Zeit das Thema Demobilisierung angesprochen haben sowie Erklärungen aus dem Kriegsministerium und den Hauptquartieren der Armee, die die Demobilisierung durchgeführt haben, dass sie zu keiner Zeit in irgendeiner Form in Kontakt mit James Altwood standen.«

Deverell lächelte und hob sein Glas.

»Wenn er zur Tat schreitet, das ist unbestritten, dann ist unser Freund überaus effektiv.«

Ihre Feier ging noch eine gute halbe Stunde weiter, dann fiel ihnen wieder ein, dass es schließlich mitten in der Saison war und sie am Abend Gesellschaften zu besuchen hatten, wie ungern sie auch hingingen. Alton brach auf, verabschiedete sich von Jack mit der Bemerkung, man werde sich später wiedersehen. Als er die Tür hinter ihm schloss, grinste Jack. Alton war nicht auf den Kopf gefallen; er hatte genug von ihren Anspielungen verstanden, um sich ein genaueres Bild von Jack zu machen. Die brüderliche Sorge, die sich auf Jack gerichtet hatte, hatte sich weitestgehend in Luft aufgelöst. Eine weitere Hürde war aus dem Weg geräumt.

Leise von sich hin lächelnd, zufrieden mit seinem Tag, ging er nach oben, um sich umzukleiden. Er freute sich auf den vor ihm liegenden Abend, auf Clarice’ interessierte Fragen, und er war gespannt, wie sie auf die Erfolge reagieren würde, die sie zu verbuchen hatten.

 

»Meine Liebe, Ihre Rückkehr ist das Gespräch schlechthin!« Die alte Lady Swanley strahlte Clarice an. »Ich bin restlos entzückt, dass Emily Sie und Lord Warnefleet überreden konnte, heute Abend zu kommen.«

Clarice lächelte und nahm selbstsicher und gelassen auf dem Sofa neben Lady Swanley Platz. Als Freundin ihrer Mutter aus Kindertagen war ihr Lady Swanley wohlgesonnen. Es war angenehm, sich wieder in solcher Gesellschaft zu bewegen, sich in der Gegenwart von Leuten zu entspannen, vor denen sie nicht auf der Hut sein musste, die sie nicht anzuleiten brauchte.

Am Tisch Ihrer Ladyschaft hatten sie mit einer auserwählten Gruppe anderer Gäste das Dinner eingenommen, jetzt jedoch hatten die Damen die Herren ihrem Portwein überlassen. Damen aller Altersstufen waren vertreten, angefangen von der altehrwürdigen Lady Swanley bis hin zu ihrer siebzehnjährigen Enkelin. Man verteilte sich auf die Sofas und Stühle in angenehm kleinen Grüppchen und ging seiner Lieblingsbeschäftigung nach, nämlich sich über das heutige Geschehen auszutauschen.

Entspannt antwortete Clarice auf die Fragen zu ihrer Person und die kursierenden Bemerkungen über sie, erzählte von ihrem Leben auf dem Lande und den Romanzen ihrer Brüder. Eher vorsichtig äußerte sie sich zu ihrer Rückkehr in die Gesellschaft und die Veränderungen, die sich daraus vermutlich ergaben, besonders was Moiras Stellung anging.

»Denn niemand wird daran zweifeln, meine Liebe, dass sie gegen Ihren Erfolg eingenommen sein und ihr Bestes geben wird, Ihnen Knüppel zwischen die Beine zu werfen.« Lady Swanley nickte ernst. »Sie war immer ein oberflächliches, anspruchsvolles Frauenzimmer. Sie dachte, Ihren Vater zu heiraten, würde ihr den Status bringen, den sie sich wünschte, und so wäre es auch gekommen, wenn sie sich entsprechend benommen hätte.«

»Wenn sie auch nur einen Funken Verstand besäße, meinen Sie.« Henrietta Standish schnaubte abfällig. Sie fing Clarice’ Blick auf. »Moiras Vorstellung von dem angemessenen Verhalten einer Marquise beschränkt sich darauf, schrill nach allen Ehren zu verlangen.« Henrietta verzog den Mund. »Es ist ihr nie in den Sinn gekommen, dass man sich Respekt verdienen muss, dann wird einem Achtung entgegengebracht. Und nicht, indem man mit dem Fuß aufstampft und darauf besteht.«

Jeden Abend, wenn sie sich mit der Unterstützung von Jacks Tanten und Lady Osbaldestone in der Gesellschaft bewegte, Schritt für Schritt ihre alte Stellung zurückeroberte, erfuhr Clarice immer mehr von Moiras Fehlgriffen, ihren Schandtaten und erkannte, wie dicht ihre Stiefmutter davor stand, zur persona non grata erklärt zu werden. Es gab Momente, in denen sie fast Mitleid mit ihr hatte oder sich Sorgen um sie machte. Aber dann fiel ihr wieder ein, welches Damoklesschwert Moira drohend über den Köpfen von Alton und Sarah hielt, was sie Roger und seiner Alice angetan hatte, und Clarice schob solch nachsichtige Gefühle als unbegründet beiseite.

Jeden Abend ließ sie sich mit Jack an ihrer Seite in den Ballsälen und Empfangssalons blicken. Dass sie wieder da war und ihre Stellung festigte, fesselte das Interesse der guten Gesellschaft mehr, als sie es sich erhofft hatten. Die meisten Mitglieder brannten darauf, zu erfahren, warum sie zurückgekehrt war, und beobachteten sie genau.

Die Romanzen ihrer Brüder erregten zwar auch Interesse, aber sie wurden  – bislang wenigstens  – noch nicht so genau unter die Lupe genommen. Nur wenige hatten bislang begriffen, wie ernst ihre Liebesverhältnisse waren. Sobald dies ihnen jedoch klar geworden war, würden die meisten annehmen, die bevorstehenden Hochzeiten ihrer Brüder seien der Grund für ihre Rückkehr.

Im Vergleich war das Gerede über James verklungen, das sie erfolgreich als zu gefährlich, um es zu verbreiten, hingestellt hatten.

Später waren die Herren in Lady Swanleys Salon zurückgekommen, und sie und Jack hatten ihre Runde absolviert, bevor sie zum nächsten Ball weiterzogen, den Helen Abermarle gab, eine von Clarice’ Cousinen.

Clarice lehnte sich in die Polster der Kutsche zurück.

»Ich finde es ziemlich seltsam, dass der Zweig der Familie, mit dem ich in den vergangenen Jahren so wenig Kontakt hatte, mich so bereitwillig willkommen heißt.« Sie schaute auf die Häuserfassaden, an denen sie vorbeifuhren. »Ich hatte nicht damit gerechnet, so herzlich aufgenommen zu werden.«

Sie hatte laut nachgedacht, eine Angewohntheit, in die sie leicht verfiel, wenn nur Jack anwesend war. Es überraschte sie fast ein wenig, als sich seine Hand fester um ihre schloss.

»Anthony hat mir erzählt, dass besonders die jüngeren Familienmitglieder dich nicht als Schandfleck der Familie betrachten.«

Als sie sich umdrehte, um ihn anzusehen, lächelte Jack über ihre Verwunderung. »Du hast doch nicht allen Ernstes geglaubt, wir platzen hier herein, ohne dass ich vorher herausfinde, was uns erwartet?«

So gesehen… sie neigte den Kopf, sie musste einräumen, dass das, wenn man ihn besser kannte, in der Tat nicht seine Art war. Trotzdem …

Er hatte Anthony gefragt, noch bevor sie aufgebrochen waren.

Er hatte sich über sie und das, was ihr bevorstand, Gedanken gemacht und sich sogar da schon überlegt, wie er sie schützen konnte.

Sie schaute nach vorn und ließ ihre Hand in seiner, spürte die Kraft seiner Finger und fühlte … sie war sich nicht sicher, was, nur dass es neu war und irgendwie kostbar.

Sie hatte keine Zeit, darüber nachzugrübeln, nicht jetzt. Die Kutsche kam mit einem Ruck vor den Eingangsstufen eines eleganten Stadthauses zum Stehen. Sie stiegen unter einer Markise aus und gingen über den schmalen roten Teppich. Als sie den Ballsaal betraten, eilte Helen ihnen entgegen und begrüßte sie.

»Ich bin ja so froh, dass du kommen konntest, dass du wieder unter uns bist  – ich meine, in der Gesellschaft.« Helen lächelte begeistert und umarmte sie, dann wandte sie sich zu Jack um. Clarice stellte ihn vor, und er wurde ebenfalls willkommen geheißen.

Dann plauderte Helen einfach drauflos. Sie war immer noch die redselige, wohlmeinende und immer gut gelaunte Dame, an die Clarice sich von früher erinnerte. Es war leicht, wieder den Anschluss zu finden, als gäbe es in ihrer Beziehung nur eine Lücke von sieben Wochen und nicht sieben Jahren zu überbrücken.

Helen winkte ihre Tochter zu sich und stellte das junge Mädchen vor, das gerade seine erste Saison begonnen hatte. Clarice gab dem Mädchen die Hand und lächelte ihr beruhigend zu, war aber leicht entsetzt, als die Tochter ihrer Cousine daraufhin in einen tiefen, sehr korrekt ausgeführten Knicks sank. Sie warf Helen einen raschen Blick zu und sah, dass sie voll mütterlichem Stolz lächelte. Clarice erholte sich rasch und zollte dem jungen Mädchen überaus formell und würdevoll ihre Anerkennung, gab ihr als einflussreichste Frau der Familie den gesellschaftlichen Segen.

Und das hatten sich Helen und ihre Tochter erhofft; sie lächelten beide strahlend. Clarice nickte ihnen freundlich zu, nahm Jacks Arm und ging mit ihm in den Saal.

Als sie Jack anblickte, sah sie das amüsierte Glitzern in seinen Augen, aber sie bezweifelte, dass er, da er nun einmal ein Mann war, das Zwischenspiel richtig interpretiert hatte. Helen hatte ihr zugeflüstert, dass Moira da sei. Clarice hoffte nur, dass ihre Stiefmutter nicht Zeuge der Szene gewesen war. Wenn doch, dann wäre sie fuchsteufelswild.

Clarice hatte sich damit abgefunden, dass sie, um James und ihren Brüdern angemessen zu helfen, ihre Stellung in der ton zurückerobern musste. Anfänglich hatte sie nicht gleich begriffen, dass sie damit Moiras hart erkämpfte, mittlerweile gefährdete Stellung weiter ins Wanken brachte.

Wegen ihres Verhaltens und ihrer Einstellung konnte Moira nie den Respekt erwarten, der Clarice entgegengebracht wurde und der weiter zu wachsen schien. Nach Helens Verhalten zu urteilen hatte sie praktisch wieder ihre alte Stellung erlangt, nicht nur in den Augen der guten Gesellschaft, sondern auch innerhalb der Familie, mit allen Ehren, die der Tochter des Marquis von Melton zustanden.

Sie holte tief Luft und wechselte mit Jack einen Blick.

»Ich hätte nicht gedacht, dass es so leicht sein, so schnell gehen könnte.«

Er lächelte, und seine Finger schlossen sich kurz fester um ihre Hand auf seinem Ärmel. Dann führte er sie durch die Menge zu Lady Davenport, die mit zwei älteren Damen auf einem Sofa saß und sie zu sich winkte.

Clarice erkannte das Paar wieder. Als sie und Jack nun vor ihnen standen, hatte sie sich im Geiste schon für einen Kampf gewappnet, doch als sie, nachdem sie Lady Davenport begrüßt hatte, vor ihren Tanten väterlicherseits knickste, die ihren Vater damals unterstützt hatten, ließ sie sich ihre Gefühle nicht anmerken.

Constance, Gräfin von Camleigh, musterte sie von oben bis unten, wobei ihre kühlen grauen Augen einen undurchdringlichen, hochmütigen Ausdruck hatten. Schließlich sah sie Clarice ins Gesicht.

»Ich kann nicht feststellen, dass du gewachsen bist, aber du warst ja schon immer ein langes Elend  – aber …« Mit Anstrengung streckte sie ihr beide Hände hin. »Willkommen zurück, meine Liebe.«

Erstaunt nahm Clarice die knorrigen Hände in ihre, ließ sich verwundert nach vorn ziehen, um ihre Ehrfurcht gebietende Tante zu küssen, von der sie bis dahin angenommen hatte, dass sie ihr Verhalten in höchstem Maße missbilligte.

Constance wusste das. Als Clarice sich wieder aufrichtete, verzog sie den Mund. »Damals dachte ich, Marcus habe recht, aber später, besonders nach dem, was mit dieser armen Seele geschehen ist, die Emsworth geheiratet hat, und je mehr ich von Moira zu sehen bekam, desto klarer wurde mir, dass du es vielleicht doch besser wusstest.«

»Allerdings.« Flatterhafter als ihre dominante Schwester, aber ebenso hochmütig nickte Catherine, Lady Bentwood, bedeutungsschwanger.

»Und Emsworths zweiter Frau ergeht es noch schlechter, sagt man. Es wäre wirklich schockierend, wenn er dich geheiratet hätte.«

Clarice war dankbar, dass darauf von ihr keine Erwiderung erwartet wurde. Sie und Jack blieben noch zehn Minuten; ihre beiden Tanten waren überaus interessiert, ihn kennenzulernen und so viel wie möglich über James in Erfahrung zu bringen. Als Jack sie mit den Informationen versorgt hatte, die sie bereit waren, preiszugeben, schaltete Clarice sich ein und entschuldigte sie beide.

Constance rümpfte die Nase, ließ sie aber gehen.

Clarice musste sich im Ballsaal nicht umsehen, um zu wissen, dass alle nun begriffen hatten, dass sie wieder in Ehren in der Familie aufgenommen worden war und ihren früheren Status besaß.

Sie schaute auf und sah, wie Jack darum rang, sich ein Grinsen zu verkneifen.

»Was ist?«

Er sah ihr in die Augen, und kurz war sein zynisches Grinsen zu sehen.

»Warum habe ich nur das starke Gefühl, dass, wenn Emsworth dich geheiratet hätte, er es gewesen wäre, der die Treppe hinuntergestürzt wäre?«

Sie antwortete mit einem Lächeln, das ebenso breit war. Als sie wieder nach vorn blickte, sah sie geradewegs in Moiras wütend blitzende Augen.

Zum Glück war ihre Stiefmutter ein Stück weit entfernt. Sie stand mit geballten Fäusten und bebend vor Wut an der gegenüberliegenden Seite. Ihre Tochter Mildred neben ihr durchbohrte Clarice ebenfalls mit ihrem Blick.

Clarice nickte ihnen kühl zu. Dann wandte sie sich ab, und Jack zog sie in die Menge.