Kapitel 11
Nel schloss gerade ihren Wagen auf, als Jake hinter sie trat. »Ich fahre mit dir und helfe dir beim Backen.«
Nel drehte sich um. »Nein, nicht nötig. Ich komme schon klar.«
»Aber ich will mitkommen. Es ist meine Schuld, dass der Kuchen ruiniert ist. Ich helfe dir. Das ist das Mindeste, was ich tun kann.«
»Ich brauche deine Hilfe nicht! Ich habe den letzten auch allein hinbekommen. Außerdem bliebe dein Wagen hier stehen, wenn du mich begleiten würdest.«
»Ich könnte hinter dir herfahren.«
»Es wäre mir lieber, wenn du das nicht tätest.«
»Dann fahre ich mit dir.«
»Nein!«, kreischte Nel, als er um den Wagen herumging. Gleichzeitig schoss ihr die Frage durch den Kopf, ob sie die Beifahrertür abgeschlossen hatte.
Hatte sie nicht. Jake saß im Wagen, bevor sie selbst einsteigen konnte. »Könntest du bitte aus meinem Wagen aussteigen?«
»Könnte ich, aber ich werde es nicht tun. Ich habe deinen Kuchen verdorben: Ich möchte dir helfen, einen neuen zu backen.«
Nel setzte sich auf den Fahrersitz. Sie hatte oft darüber nachgedacht, wie Frauen es anstellten, wenn sie davon sprachen, sie hätten einen Mann »rausgeworfen«. Schließlich war er viel größer als sie, und wie sehr sie sich auch ins Zeug gelegt hätte, sie hätte ihn nicht von der Stelle bewegen können, wenn er nicht hätte bewegt werden wollen. Sie könnte natürlich um Hilfe rufen, wollte aber keine Aufmerksamkeit auf die Situation lenken.
»Nun, das ist sehr nett von dir, aber ich habe dir verziehen, dass du den ersten verdorben hast, und jetzt wäre ich dir sehr verbunden, wenn du bitte aus meinem Wagen steigen würdest.«
»Nun, das ist sehr nett von dir, aber ich werde nicht aussteigen, also kannst du genauso gut einfach nach Hause fahren.«
Da in diesem Augenblick Chris und der Mann, der die Schließung des Hospizes vorgeschlagen hatte, näher kamen – offensichtlich in der Absicht, mit Jake zu reden –, ließ Nel den Motor an. Sie wollte weder den beiden noch Jake die Gelegenheit geben, weitere Gemeinheiten auszuhecken. »Na schön, wenn du darauf bestehst, mich nach Hause zu begleiten, kann ich nichts dagegen tun.«
»Nein.«
»Aber es wird dir nicht gefallen. Es ist ein sehr unordentliches Haus, voller Hunde und Katzen, die ihre Haare auf deiner gesamten Kleidung hinterlassen werden.«
»Das ist genau die Art Haus, die mir am liebsten ist.«
»Ha!«
Sie bog auf den Parkplatz des Supermarkts ein. »Ich muss noch ein paar Zutaten kaufen. Warte hier.«
»Ich schiebe den Einkaufswagen.«
»Nein! Wir könnten jemandem begegnen, den ich kenne! Stell dir nur vor, wie peinlich das wäre! Die Leute würden denken, wir seien ein Paar! Nur dass sie es nicht denken werden, denn all meine Freunde wissen, dass ich mit Simon zusammen bin.«
»Oh, der.«
»An Simon ist nichts auszusetzen!« Nel war so daran gewöhnt, ihn Vivian und Fleur gegenüber in Schutz zu nehmen, dass sie es schon automatisch tat.
»Davon bin ich überzeugt. Du wirst dir einfach etwas anderes ausdenken müssen, als was du mich beschreiben willst, falls wir jemandem begegnen sollten, den du kennst. Ich hätte nichts gegen ›eine kleine Affäre‹ einzuwenden.«
Nel biss sich auf die Unterlippe. Ihr Sinn für Humor drohte einmal mehr, ihren Unmut Jake gegenüber zu ruinieren. »Oh ja. Ich kann mir direkt vorstellen, wie ich das sage.«
Jake lächelte leicht, anscheinend vollkommen sorglos, was ihren Ruf betraf. Er zog einen Einkaufswagen heraus. »Ist der groß genug?«
Nel riss ihm den Wagen weg und spürte abermals Ärger in sich aufsteigen. »Ich mache einen Schaufelraddampfer, keinen Queen Elizabeth II.«
»Was auf dasselbe hinausläuft, wenn es sich um einen Kuchen handelt. Also, was brauchst du?«
»Es ist genau wie früher, wenn ich mit den Jungen einkaufen gegangen bin!«, sagte sie kurz darauf, als der Einkaufswagen voller Dinge war, von denen sie gar nicht sicher war, ob sie sie brauchte. »Sie haben sich einfach alles Mögliche gegriffen und gesagt: ›Können wir das haben?‹ Nur dass die Dinge, die sie sich aussuchten, größtenteils wenigstens ziemlich preiswert waren.« Sie warf einen missbilligenden Blick auf ein Glas mit köstlich aussehenden Oliven, die auf einem Kuchen bestimmt nichts zu suchen hatten. »Oh, hallo!«, begrüßte sie eine Bekannte.
Jake, der ein kleines Stück hinter ihr ging und dort hätte bleiben und so tun sollen, als gehörten sie nicht zusammen, trat neben sie.
»Das ist Jake«, sagte Nel.
»Ich komme vom Hospiz«, sagte Jake. »Ich werde Nel helfen, einen Kuchen zu backen.«
Die Bekannte, deren Name Nel vorübergehend entfallen war, beäugte Jake voller Erstaunen, und Nel dämmerte, dass ihre Sorge, die Leute könnten sie für ein Paar halten, vollkommen unbegründet gewesen war. Niemand würde jemals glauben, dass sie auf diese Weise zusammen waren, dafür war Jake einfach zu attraktiv. Nel verspürte den jähen Drang, dieser Frau zu erzählen, dass Jake und sie – obwohl sie im Augenblick wie ein Wrack aussehen mochte, da nicht nur die Hälfte ihres Augen-Make-ups fehlte, sondern auch noch eine Menge Schlamm an den merkwürdigsten Stellen klebte – miteinander geschlafen hatten. Sie presste die Lippen zusammen, um sich daran zu hindern.
»Du hast mich gar nicht vorgestellt«, bemerkte Jake, als sie weitergegangen waren.
»Ich habe ihren Namen vergessen. Tut mir Leid. Und du hättest einfach bleiben können, wo du warst, und dir etwas anderes ansehen.«
»Du schämst dich doch nicht für mich, oder, Nel?«
»Nun, du warst auch nicht allzu begeistert darüber, mich mit deinen Kollegen in das Restaurant mitzunehmen!«
»Das war vollkommen vernünftig. Sie zerreißen sich ohnehin schon furchtbar das Maul über mich.«
»Oh, du kannst also austeilen, aber einstecken kannst du nicht!«
»Weißt du was? Du bist sehr hübsch, selbst wenn du zickig bist.«
Sie sah ihn mit schmalen Augen an. »Du weißt doch, dass man in diesem Supermarkt scharfe Messer und große Scheren kaufen kann, oder?«
»Du wirst von Minute zu Minute aufregender. Und jetzt lass uns ein paar Schokolinsen kaufen. Ich habe seit Jahren keine mehr gegessen. Oh, und Schlagsahne. Die liebe ich einfach!«
An der Kasse hatte es einen kurzen, heftigen Streit gegeben, als Jake darauf bestand, zu bezahlen. Als Nel schließlich ihre Niederlage eingestehen musste, sagte sie: »Wenn ich gewusst hätte, dass du bezahlen würdest, hätte ich noch eine Flasche Baileys in den Einkaufswagen gelegt.«
»Oh, du magst Baileys? Ich kann nochmal zurücklaufen und welchen holen.«
Nel lief rot an. Es war eine nette Geste, eine, die sie bei Simon nie erlebt hätte. Wenn sie in der gleichen Situation festgestellt hätte, dass sie etwas wirklich Wichtiges vergessen hatte und noch einmal zurückgehen musste, hätte Simon mit der Zunge geschnalzt und sie seufzend gefragt, wozu sie eigentlich eine Einkaufsliste machte, wenn sie sie dann nicht zu Rate zog.
Sie legte eine Hand auf Jakes Ärmel. »Oh nein, das war nur ein Witz!«
»Sicher?«
»Ja! Baileys ist mir ein bisschen zu süß, obwohl Fleur ihn gern trinkt.«
»In Ordnung. Komm, lass mich den Einkaufswagen schieben. Er lenkt sich nicht besonders gut.«
Während sie sich über den Parkplatz zum Wagen schlängelten, fragte Nel sich, warum sie sich ärgerte, wenn Simon solche Dinge sagte, sich aber geborgen fühlte, wenn Jake das Gleiche sagte.
Als sie zu Hause den Schlüssel ins Schlüsselloch schob, wurde Nel bewusst, dass dort das reinste Chaos herrschte. Sie war am Morgen noch vor der Sitzung in aller Eile aufgebrochen, um jemanden zu besuchen, der Interesse bekundet hatte, in Zukunft auf dem Bauernmarkt zu verkaufen. Es würde ihr erster offizieller Markt sein, und Nel wusste, dass ein wenig Überredungskunst von ihrer Seite notwendig war, es sich aber lohnte, all die unumgänglichen Hürden zu nehmen. Sie brauchte jedoch eine gewisse Anzahl an Stammverkäufern, sonst würde die Gemeinde ihren Antrag nicht in Erwägung ziehen. Falls sie den Markt als regelmäßige Einnahmequelle sichern konnte, war er jetzt noch wichtiger für das Hospiz als früher.
Sie öffnete den Mund, um Jake all das zu erklären, und schloss ihn wieder. Jake würde sich wahrscheinlich nicht dafür interessieren, und warum sollte sie sich für den Zustand ihres Hauses entschuldigen? Was ging es ihn an, wenn sie zu viel um die Ohren hatte, um die Hausarbeit zu erledigen? Ihr Heim war ihre Burg, und er konnte es so nehmen, wie es war, oder wieder verschwinden.
»Entschuldige die Unordnung«, sagte sie und begriff zu spät, dass ihr die Worte automatisch über die Lippen gekommen waren.
Aber Jake hatte seine Einkaufstüten auf den Boden gestellt und sprach mit den Hunden, die alle jaulend an ihm hochsprangen, als würde sich sonst niemals jemand mit ihnen beschäftigen. Er hörte ihre Entschuldigung nicht, und offensichtlich kümmerte ihn das Durcheinander nicht im Mindesten, da er sich nicht mit schockiertem Schweigen in der Küche umsah, wie Simon es getan hatte, als er das erste Mal unangemeldet aufgetaucht war.
Während Jake den Hunden gestattete, den Zuckerguss von seinen Hosen zu lecken, stellte Nel die Tüten auf den Tisch und bemerkte, dass eins der Tiere im Wohnzimmer erbrochen hatte.
Sie holte ein Kehrblech und ihre Gummihandschuhe. So etwas kam ziemlich oft vor, daher hatte sie Routine damit.
»Setz schon mal den Teekessel auf, ja?«, rief sie, während sie auf allen vieren den Teppich bearbeitete, um Jake in der Küche festzuhalten, die zwar unordentlich, aber wenigstens halbwegs hygienisch war. »Ich bin gleich da.«
»Wenn ich aufs Land ziehe, schaffe ich mir Hunde an. Das ist eins der Dinge, die mir an der Arbeit in London nicht gefallen.«
Sie konnte hören, wie er den Teekessel füllte. Sie wollte nur schnell ein paar Sachen unter die Kissen stopfen, solange sie noch die Gelegenheit dazu hatte. »Was sind die anderen Dinge?«
»Oh, das allgemeine Tempo des Lebens. Die Grundstückspreise. Im Augenblick wohne ich zur Miete, aber ich finde, das ist rausgeworfenes Geld.«
Sie ging wieder in die Küche. »Würdest du denn gern auf dem Land leben? Was ist mit den kulturellen Ereignissen? Theater, Kino, Kunstausstellungen?«
»Mit dem Zug braucht man nur anderthalb Stunden bis nach London. All das würde mir also nicht entgehen.«
»Ja, wahrscheinlich. Also schön. Lass uns den Ofen einschalten.«
»Aber du hast doch so einen schönen altmodischen Herd! Willst du den Kuchen nicht da drin backen?«
Nel schüttelte den Kopf. »Wenn du alles hinterfragen willst, was ich tue, kannst du wieder nach Hause fahren. Jetzt wasch dir bitte die Hände.«
Er warf ihr einen Blick zu, der ihr klar machte, dass es wahrscheinlich keine gute Idee war, ihn herumzukommandieren. Damit provozierte sie ein Funkeln in seinen Augen, das genau die Art von Vergeltung versprach, der Nel entsagt hatte. »Wie magst du deinen Tee?«, fügte sie hastig hinzu.
Während sie darauf warteten, dass die Kuchen gar wurden, kam Fleur nach Hause. Sie stürzte in die Küche und begann zu plappern, kaum dass sie durch die Tür war, ohne zu bemerken, dass ihre Mutter Besuch hatte.
»Oh«, sagte sie und unterbrach sich mitten in einer Tirade über die Unmenge an Nachforschungen, die anzustellen man von ihnen erwartete, »wo es doch bloß Kunst ist, um Himmels willen!« Sie stockte plötzlich, als sie zuerst sah, dass ihre Mutter nicht allein war, und dann, um wen es sich bei ihrem Besucher handelte. »Ähm – du backst noch einen Kuchen, Mum? Ich dachte, das hättest du gestern getan.«
»Ich habe ...«
»Es hat ein Missgeschick gegeben. Alles meine Schuld«, sagte Jake, der am Tisch saß und aus ausgerolltem Lakritz allerlei Buchstaben zuschnitt. »Deshalb helfe ich deiner Mutter, einen neuen zu backen.«
Nel war dankbar für Fleurs plötzliches Erscheinen; sie glaubte, dass Jake gerade drauf und dran gewesen war, die Sprache auf den bewussten Samstagabend zu lenken. Es gab eine Unmenge von Gründen, warum sie nicht darüber reden wollte. Vor allem wollte sie ihm keine Gelegenheit geben, sich für ihr Verständnis dafür zu bedanken, dass das Ganze ein One-Night-Stand gewesen war und sich nicht wiederholen würde. Sie kannte die Wahrheit, aber sie wollte sie nicht mit Jake erörtern.
»Fleur, das ist Jake Demerand. Jake, meine Tochter, Fleur.«
Jake stand auf und griff nach Fleurs Hand. »Hi.«
»Hi.« Fleur ließ sich nicht leicht zum Schweigen bringen, aber der Anblick eines Mannes, den sie selbst als »zum Anbeißen« beschrieben hatte, in ihrer Küche und noch dazu mit ihrer Mutter, hatte genau diese Wirkung – zumindest für ein paar Sekunden.
»Eine Tasse Tee, Liebling?«, fragte Nel. »Jake, möchtest du auch noch eine?«
»In meinem Bauch gluckert es schon. Wie wär’s, wenn ich jetzt den Wein aufmachen würde?«
Ein Glas Wein klang wunderbar. Nel sah auf die Küchenuhr. Es war nach sechs. »Besser nicht. Ich muss dich zu deinem Wagen zurückfahren. Genau genommen könnte ich es gleich jetzt tun. Fleur wird mir bei dem Kuchen helfen.«
»Wenn du glaubst, dass du den ganzen Spaß allein haben darfst, nachdem ich die Buchstaben ausgeschnitten habe, dann steht dir eine Überraschung bevor. Ich werde mir später ein Taxi nach Hause nehmen.«
»Hm, Wein, gute Idee«, sagte Fleur. »Ich hole nur schnell den Korkenzieher aus meinem Zimmer.«
Simon hätte Nel einen »Ich-weiß-dass-du-dein-Bestes-tust-aber-es-muss-sehr-schwierig-für-dich-sein-Teenager-ohne-Vater-großzuziehen«-Blick zugeworfen. Jake machte sich lediglich auf die Suche nach Weingläsern. Es war schon seltsam, überlegte Nel, während sie in einem anderen Schrank eifrig nach Bombay-Mix und Chips forschte, wie einfach es mit Jake sein würde. Er war ein hochkarätiger Londoner Rechtsanwalt, und sie hatte mit ihm geschlafen, nicht nur das, er repräsentierte buchstäblich den Feind, soweit es die Wiesen am Fluss betraf. Und trotzdem war es irgendwie vollkommen in Ordnung, ihn in ihrer Küche zu haben, wo er mit den Hunden plauderte und in ihren Schränken herumstöberte.
»Warum bist du erst so spät nach Hause gekommen?«, fragte Nel, als Fleur wieder auftauchte.
»Oh, ich war in der Stadt. Ich habe mir eine schwarze Hose gekauft.«
»Wie viel Paar wären das jetzt?«
»Elf«, antwortete Fleur prompt. »Ich konnte neulich abends nicht einschlafen, und da habe ich gezählt. Eine ganze Menge davon behalte ich nur, um darin herumzulümmeln.«
»Wann werden die Kuchen so weit abgekühlt sein, dass wir sie glasieren können?«, wollte Jake wissen.
»Das dauert noch eine Ewigkeit«, sagte Fleur. »Aber wir können sie nach draußen bringen, wenn Sie wollen. Da kühlen sie schneller ab. Es ist eiskalt.«
»In Ordnung. Ich nehme den großen, und du sagst mir, wo ich ihn hinstellen kann.«
»Stellt die Kuchen aber nirgendwohin, wo die Füchse drankommen können!«, rief Nel, als Jake und Fleur durch die Gartentür verschwanden.
Während sie allein war, blickte sie hektisch in den Kühlschrank. Sie würde ihnen allen etwas zu essen machen müssen, aber was? Glücklicherweise hatte der Bauer, den sie besucht hatte, ihr einen ganzen Korb mit angeknacksten Eiern geschenkt, und trotz des Kuchens waren noch reichlich davon übrig geblieben.
»Seid ihr mit einem spanischen Omelett zum Abendessen einverstanden?«, fragte Nel, als Jake und Fleur zurückkamen. Sie hatten für die Kuchen einen Platz gefunden, den sie von der Küche aus beobachten konnten.
»Oh, Klasse, meine Leibspeise! Danke, Mum!«, rief Fleur und drückte ihre Mutter kurz an sich, was nicht nur eine Geste der Zuneigung war, sondern auch etwas Verschwörerisches hatte. »Du machst das genau richtig, Mädchen!«, war die Botschaft, die ihre Tochter ihr mit dieser Umarmung übermittelte, bevor sie ins Wohnzimmer ging und den Fernseher einschaltete. Nel hatte sich ihrer Tochter gegenüber noch nie in dieser Position befunden, und sie war nicht sicher, ob sie erheitert oder verlegen sein sollte.
»Ich esse auch gern spanische Omeletts«, bemerkte Jake. »Heißt das, dass ich dich ebenfalls umarmen darf?«
Wieder errötete Nel und hoffte, dass er es nicht bemerkte. »Nein. Du kannst die Kartoffeln schälen. Möchtest du ein normales Messer oder ein Schälmesser?«
»Ein Schälmesser. Meinst du wirklich, du könntest so tun, als hätte es den Samstagabend nicht gegeben?«
»Die Welt teilt sich in Menschen, die Kartoffeln mit Messern schälen, und solche, die Schälmesser bevorzugen. Ich gehöre zur letzten Sorte.«
»Hör auf, irgendetwas zu faseln, und beantworte meine Frage.«
Nel, die mit ihrem Tuch Krümel zusammengewischt hatte, hielt inne. »Nein. Und ich tue nicht so, als hätte es den Abend nicht gegeben. Ich werde nur nie wieder davon reden.«
»Aber warum nicht? Es war fabelhaft. Zumindest war es das für mich, und irgendwie hatte ich den Eindruck, dass es dir auch gefallen hat.«
»Hat es! Aber können wir bitte übereinkommen, nicht darüber zu reden?« Sie zeigte in Richtung Wohnzimmer.
»Ich bin davon überzeugt, dass sie über die Tatsachen des Lebens im Bilde ist.«
»Ja! Aber nicht über die Tatsachen meines Lebens!«
Er lachte. Sie wünschte, er würde das nicht tun. Seine Augen waren dann von winzigen Fältchen umringt, und seine Wimpern wirkten noch stärker gebogen als sonst.
»Im Ernst«, fuhr sie fort. »Wir können jetzt nicht darüber reden. Jetzt nicht und auch sonst niemals!«
»Das ist doch lächerlich. Wir müssen darüber reden. Wir hatten ungeschützten Sex.«
Nel versetzte der Tür einen Tritt. »Bitte! Sag nicht solche Sachen vor meiner Tochter! Es ist so schon schwer genug, dafür zu sorgen, dass sie sich anständig benimmt, ohne dass sie erfährt, dass ihre Mutter eine Schlampe ist!«
»Du bist keine Schlampe!«
»Und du wirst nicht darüber reden, was zwischen uns vorgefallen ist, solange meine Tochter sich im Haus aufhält!«
»In Ordnung. Dann geh mit mir etwas trinken.«
»Nein!«
»Du bist kindisch! Entweder reden wir jetzt darüber, oder du gehst mit mir aus, und wir reden woanders.« Bis zu diesem Punkt hatte er sich angesichts ihrer Halsstarrigkeit bemerkenswert gutmütig gezeigt, aber jetzt schwang in seiner Stimme ein unüberhörbar scharfer Unterton mit.
»Wir können keine ...« Als sie merkte, dass sie sich in Rage redete, senkte sie die Stimme. »... keine Beziehung haben. Es hat keinen Sinn, über Samstagabend zu sprechen.«
Jake durchquerte den Raum und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. »Versprich mir, mit mir auszugehen, oder ich werde Fleur alles erzählen.«
»Das ist Erpressung! Du kannst nicht erwarten, dass ich darauf eingehe!« Sie war zwar nervös, aber sie glaubte nicht wirklich, dass Jake Fleur alles sagen würde.
»Fleur!«, rief Jake. Nel wurde plötzlich eiskalt. »Sag deiner Mutter, dass du nicht das Geringste dagegen hättest, wenn sie mit mir essen geht.«
Fleur drehte sich um und versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken. »Natürlich habe ich nichts dagegen, Mum. Du bist alt genug, um in diesen Dingen selbst zu entscheiden. Komm nur nicht zu spät zurück und sorg dafür, dass du vorher deine Hausaufgaben machst.«
Nel gab einen Laut von sich wie ein Tennisspieler, der gerade einen ausgesprochen harten Ball zurückgeschlagen hat. Das Geräusch wurde ihrem Ärger nicht ganz gerecht, aber es half. Außerdem sagte es Jake und Fleur unmissverständlich, was sie von ihnen hielt.
»Also, hol deinen Terminkalender, und wir machen ein Datum aus«, sagte Jake.
»Und was soll ich Simon erzählen?«, fragte sie, obwohl sie keine Antwort erwartete.
»Dass du dich mit dem Anwalt der Hunstantons triffst«, erwiderte Jake.
Fleur erhob sich aus dem Sessel vor dem Fernseher und kam in die Küche. »Erzähl ihm, ihr würdet taktische Fragen erörtern.«
»Was? Ich bitte den Anwalt der Gegenseite, mir bei der Rettung der Uferwiesen zu helfen? Ich glaube nicht.«
»Warum musst du ihm überhaupt etwas erzählen?«, bemerkte Fleur und mopste ein Stück Bratkartoffel aus der Pfanne. »Ihr seid doch nicht verlobt oder so etwas, nicht wahr? Du kannst ausgehen, mit wem du willst!«
Jake hob eine Augenbraue und lächelte schwach. Diese Kombination war zu viel. Nel öffnete den Mund, um zu erklären, dass sie nicht mit Jake ausgehen werde, aber sie sagte nichts, sondern stand nur mit offenem Mund da.
»Ich halte es wirklich für wichtig, dass du über alles, was passiert, im Bilde bist«, sagte Jake.
»Ganz meine Meinung«, pflichtete Fleur ihm bei.
»Na schön«, blaffte Nel und versuchte, nicht auf die beiden funkelnden Augenpaare zu reagieren, die sie betrachteten. »Aber es sollte auch etwas passieren – etwas Gutes!«
»Oh, ich denke, dafür kann ich mich verbürgen.«
Nel lief dunkelrot an und versuchte, Jake einen finsteren Blick zuzuwerfen, ohne dass Fleur es bemerkte.
Er zog kurz die Augenbrauen hoch und bestätigte ihr damit, dass er wirklich das meinte, was sie geglaubt hatte, dass er meinte. »Also schön, wo ist jetzt dieser Terminkalender?« Jake griff nach dem Familienkalender, der größtenteils mit Zahnarzt und Tierarztbesuchen – für die Kinder und Hunde (die Tiere hatten ihre eigene Spalte) – und Sitzungen für Nel angefüllt war. Er brauchte nicht lange, um eine Lücke zu finden. »Wie es aussieht, hast du Freitag nächster Woche nichts vor? Ich arbeite in London, aber ich könnte um sieben hier sein. Wir treffen uns dann um acht? Wäre dir das recht?«
Nel zuckte die Achseln. »Schön. Meine Gefühle in dieser Angelegenheit sind offensichtlich nicht wichtig.«
»Mum!« Fleur war schockiert. »Das war ein bisschen grob.«
»Tut mir Leid. Ich mache mir eben ein bisschen Sorgen. Weißt du, dass das Hospiz ein neues Dach braucht und dass es Tausende kosten wird?«, sagte sie zu Fleur.
»Wie schrecklich. Soll ich einen Salat machen?«
»Das wäre lieb. Die Kartoffeln und Zwiebeln sind fertig, ich muss nur noch nach etwas Fleischmäßigem suchen, das ich in die Pfanne geben kann.«
Als sie sich zum Essen setzten, hatten sie bereits eine weitere Flasche Wein geöffnet, die Fleur von irgendwoher zu Tage gefördert hatte. Nel legte die Hand über ihr Glas. »Ich muss noch den Kuchen glasieren. Da brauche ich meinen Verstand.«
»Aber du hast doch uns, Mum. Wir helfen dir. Es wird Spaß machen. Meinst du, ich könnte ihn für meine Mappe fotografieren? Kuchen ist Kunst, oder?«
»Oh, ganz bestimmt. Hohe Kunst sogar«, sagte Nel, die sich gerade jetzt wirklich nicht für Kunst interessierte. Sie war müde und machte sich Sorgen.
»Trink noch ein Glas Wein«, sagte Jake. »Eisen ist gut für Frauen.«
Nel warf ihm einen finsteren Blick zu. Es mochte wahr sein, aber es gefiel ihr nicht, dass er so viel über Frauen wusste. Es gab ihm zu großen Einblick in ihren eigenen Charakter, außerdem ließ es auf eine bewegte Vergangenheit schließen. Eine bewegte Vergangenheit machte ihn nicht weniger attraktiv, aber sie selbst wusste dadurch noch weniger, wie sie mit ihm umgehen sollte. »Nimm noch Salat. Das ist gut für Männer.«
Jake lachte wieder. Wenn er das doch nur nicht tun würde, dachte Nel.
Nach dem Essen sagte Jake zu Nel: »Du setzt dich jetzt hin. Wir kochen Kaffee und räumen auf, nicht wahr, Fleur? Dann nehmen wir uns den Kuchen vor.«
»Ja, ab mit dir, Mum«, stimmte Fleur ihm zu. »Möchtest du gewöhnlichen Tee oder Pfefferminz?«
»Pfefferminz«, antwortete sie. »Ich spüre, dass ich eine Magenverstimmung bekommen werde.«
»Es widerstrebt mir zutiefst, das zu sagen«, bemerkte Nel zwei Stunden später, »aber ich bin mir nicht sicher, ob dieser Kuchen nicht besser ist als der erste.«
»Ich werde ihn definitiv fotografieren«, erklärte Fleur. »Ich muss meine Kunstmappe dringend aufmotzen. Ich könnte als Abschlussarbeit sogar einen Kuchen backen.«
»Ich bin sehr stolz darauf, dabei mitgeholfen zu haben«, sagte Jake. »Ich habe noch nie im Leben einen so fantastischen Schaufelraddampfer gesehen. Er ist wunderschön.«
»Ihr wart beide großartig«, sagte Nel. »Ohne euch hätte ich das nicht halb so gut hingekriegt.«
Jake fing ihren Blick auf und hielt ihn fest. »Ich freue mich beinahe, dass der erste zerstört worden ist.«
Da sie Gefahr gelaufen war, selbst etwas Ähnliches zu denken, widersprach Nel ihm prompt. »Nun, es ist immer schön, wenn man die Chance bekommt, etwas besser zu machen.« Sie gähnte, plötzlich überwältigt von Erschöpfung.
»Du bist müde. Soll ich gehen?«
Nel hatte sich blendend unterhalten. Es hatte Spaß gemacht, mit Jake und Fleur zusammen zu backen, die großartig miteinander auskamen, aber es war nicht das wirkliche Leben. Es mochte Jake einen Abend lang Spaß machen, mit Zuckerguss herumzuspielen und Schokolinsen zu essen, aber er würde ihres Alltags rasch müde werden, – eines Alltags, in dem allzu oft nur Cornflakes im Haus waren, aber nicht die Milch dazu, wie es eben ihre Art war. Sein Stil waren Londoner Restaurants, Junggesellenwohnungen und maßgeschneiderte Anzüge, nicht mit Haaren bedeckte Sofas und Hunde, die auf den Teppich kotzten. Irgendwann würde das Einerlei ihres Lebens ihm auf die Nerven gehen, und irgendwann würde er ihr das Herz brechen. Es war hart, aber es war die Wahrheit, und die Realität war manchmal eine bittere Pille, die gründlich gekaut sein wollte und nicht einfach heruntergeschluckt und dann vergessen.
»Nun, es hat Spaß gemacht, und du hast mir bei dem Kuchen wirklich sehr geholfen. Aber morgen ist die Feier für das Hospiz, und ich muss noch Unmengen von Dingen dafür erledigen.«
»Ich habe dir viel Arbeit gemacht, hm?«
Fleur war verschwunden, wahrscheinlich ins Bad, und sie waren allein. »Du hast es nicht mit Absicht getan.«
Er wollte sie an sich ziehen, aber sie hielt ihn um Armeslänge von sich weg, sodass er nur eins ihrer Handgelenke zu fassen bekam. Das genügte jedoch, um ihr Herz rasen zu lassen und ihr den Atem zu rauben. Er sah aus, als wolle er sie womöglich küssen. Aus Angst vor dem, was geschehen würde, wenn er es tat, riss sie sich los. »Kommst du morgen zu der Feier?«
»Ich kann nicht«, sagte er. »Ich muss den ganzen Tag lang in London sein. Ich werde den Frühzug nehmen.«
»Dann solltest du jetzt gehen. Ich rufe dir ein Taxi.«
»Ist schon gut, ich kann von hier aus zu Fuß in die Stadt gehen. Um die Schokodrops zu verbrennen. Nel ...«
»Ich will wirklich nicht darüber reden.«
»Ich wollte nur eine Uhrzeit für Freitag ausmachen.«
»Ich denke nicht, dass wir uns am Freitag treffen sollten.«
»Ich denke, dass wir uns unbedingt am Freitag treffen sollten.«
Sie war zu müde, um sowohl mit Jake als auch mit sich selbst zu streiten. Sie seufzte und gab beiden Gegnern nach. »Gut, in Ordnung.«
»Ich hole dich um acht Uhr hier ab. Grüß Fleur von mir.«
Dann küsste er sie auf die Wange und verließ den Raum.
Nel schloss die Augen und bewegte sich nicht, als könne sie den Augenblick auf diese Weise festhalten. Dann lief sie die Treppe hinauf und rief Fleur durch die Badezimmertür zu: »Lässt du das Wasser für mich drin? Ich bin immer noch voller Schlamm und Zucker.«
»In Ordnung. Oh, und Mum?«
»Was denn?«
»Hast du ein Geheimnis vor mir?«
»Wie meinst du das?«
»Ich spreche von Jake. Er ist der Mann, den du ins Chill mitgenommen hast, nicht wahr? Du hast mir nie erzählt, dass du ihn kennen gelernt hast.«
»Ich werde mich nicht durch die Badezimmertür mit dir unterhalten.«
Nel marschierte in ihr Arbeitszimmer und schaltete ihren Computer ein. Ein paar Runden Freecell, während sie auf ihr Bad wartete, würden sie vielleicht beruhigen. Während der Computer hochfuhr, konzentrierte sie sich mit aller Macht darauf, nicht an Jake zu denken. Außerhalb seines Büros war er so nett, so witzig, so unglaublich sexy. Wenn sie es sich genau überlegte, war er auch ziemlich sexy gewesen, als sie ihm in seinem Büro begegnet war. Er verströmte Sex aus allen Poren. Es schien fast unmöglich zu sein, nicht an ihn zu denken.
Als ihr Computer endlich betriebsbereit war, musste sie noch einige Einstellungen verändern, bevor sie das Spiel starten konnte. Während sie nun auf eine Taste nach der anderen drückte, wurde ihr klar, dass sie das Spiel auf Autopilot laufen ließ und in Wirklichkeit an Jake dachte. Sie riss ihre Gedanken von seinen Augen mit den Lachfältchen los, von der Art, wie seine Handgelenke aus seinen Hemdmanschetten hervorlugten, von dem Gefühl seiner Hände auf ihren Armen. Seit Samstag, auch das wurde ihr jetzt bewusst, dachte sie pausenlos an ihn, wenn sie nicht gerade voll und ganz von etwas anderem mit Beschlag belegt wurde.
Wenige Sekunden später erschien Fleur, eingehüllt in weiße Handtücher. »Du kannst jetzt baden. Das Wasser ist schön heiß.«
»Danke. Ich spiele nur noch diese Runde zu Ende ...«
»Und du verbirgst definitiv etwas vor mir. Wie hast du Jake kennen gelernt?«
»Ich bin ihm in der Anwaltskanzlei begegnet, als ich den Leuten sagen wollte, dass die Wiesen dem Hospiz gehören. Es ist so ein Jammer, dass das nicht stimmt. Jetzt werden die Hunstantons darauf bauen.«
»Wir hatten über Jake gesprochen.«
»Du hast von ihm gesprochen, ich habe versucht, es nicht zu tun.«
»Zuerst gehst du mit ihm tanzen ...«
»Das war reiner Zufall! Ich hatte die feste Absicht, allein in die Disko zu gehen.«
»Dann komme ich nach Hause und finde euch beide bei einem Tête-à-Tête in der Küche vor.«
»Das war kein Tête-à-Tête. Er hat darauf bestanden, mich von der Sitzung nach Hause zu begleiten, wo ich ihn gar nicht erwartet hatte ...«
»Deine Grammatik, Mum ...«
»Genau genommen ist er einfach in meinen Wagen gestiegen und hat sich geweigert, wieder auszusteigen. Ich konnte nicht viel dagegen tun.«
»Für mich klingt das wie ein Haufen Ausreden.«
»So klingt die Wahrheit häufig.«
»Genau das habe ich dir immer wieder zu erklären versucht.«
»Sag mir, wer von uns beiden ist die Erwachsene hier?«
»Ich«, erwiderte Fleur. »Du weigerst dich, vollkommen vernünftige Fragen in Bezug auf deinen Freund zu beantworten.«
»Er ist nicht mein Freund, das ist Simon!«
»Ich an deiner Stelle würde diesen grässlichen Simon in die Wüste schicken und mir Jake schnappen.«
»Simon ist nicht grässlich!«, protestierte Nel. »Er ist sehr nett! Er macht meine Regenrinnen sauber.«
»Jake hat dir bei dem Kuchen geholfen.«
»Du hast mir bei dem Kuchen geholfen. Die Regenrinnen wolltest du nicht sauber machen.«
»Du weißt nicht, wie Jake zu den Regenrinnen steht. Außerdem kannst du nicht nur mit Leuten ausgehen, die gute Handwerker sind.«
»Das ist der wichtigste Grund für mich, überhaupt mit jemandem auszugehen«, erklärte Nel. »Nachdem ich es jahrelang selbst getan habe, bin ich auf der Suche nach jemandem, der Regale aufhängen kann.«
»Ich bin davon überzeugt, Jake könnte es auch, wenn er es versuchte.«
»Wie dem auch sei, das alles ist völlig irrelevant. Jake interessiert sich nicht im Mindesten für mich, er hatte nur ein schlechtes Gewissen, weil er meinen Kuchen ruiniert hatte.«
»Warum hat er dich dann gebeten, mit ihm auszugehen?«
»Aus Höflichkeit. Er ist sehr höflich.« Nel glaubte selbst nicht an ihre Worte, hoffte aber, dass Fleur es tun würde.
»Und sich in dein Auto zu setzen und sich zu weigern, wieder auszusteigen, klingt auch nicht gerade nach Desinteresse oder bloßer Höflichkeit.«
Fleur verstand sich sehr gut auf Ironie, ging es Nel durch den Kopf, wenn man bedachte, dass sie selbst sich stets bemüht hatte, Ironie im Umgang mit ihren Kindern zu vermeiden. Sie seufzte.
»Und er hat dich unter dem Mistelzweig geküsst«, beharrte Fleur, die Nels Schwäche spürte.
»Ich wünschte, du würdest nicht immer wieder davon anfangen. Das ist jetzt Wochen her, außerdem ist es nur ein Weihnachtsbrauch.«
»Also, was ist passiert, nachdem ihr die Disko verlassen hattet? Hat er dich mit in seine Wohnung genommen?«
Der Rollentausch ging über einen Scherz zum Thema Rollentausch hinaus. Dies entwickelte sich zu einem ernsthaften Verhör. »Ich habe die Nacht mit ihm verbracht, ja. Aber ich bin am Morgen mit einem Frühzug nach Hause gefahren.«
»Ich weiß, dass du mit dem Zug nach Hause gekommen sein musst, was ich wissen will, ist, was in seiner Wohnung passiert ist.«
Nel beschloss, Fleur denselben Satz zu servieren, den auch Simon zu hören bekommen hatte. »Oh, Fleur, wir hatten wilden, leidenschaftlichen Sex auf seiner Gästecouch – was glaubst du denn, was passiert ist?«
»Schon gut, ich hab ja nur gefragt. Jetzt weißt du wenigstens, wie es ist, wenn man ins Kreuzverhör genommen wird.«
»In Ordnung, ich werde dir nie wieder Fragen stellen, und jetzt trockne dich ab, bevor du mir erfrierst. Ich gehe jetzt in dein Bad.«
Fleurs Bad mochte zwar voller toxischer Chemikalien und kleiner, als Sandelholz getarnter Stöckchen sein, aber es war dennoch ein angemessener Ort, um einen langen Tag zu beenden. Jetzt sollte sie sich wirklich auf die Feier morgen konzentrieren. Und auf Simon, der ihr Freund war.
Sie zog sich aus und stieg in die Wanne. Während sie sich bis zu den Schultern ins Wasser sinken ließ, wurde ihr bewusst, dass sie weder an das eine noch an das andere dachte, sie war in Gedanken immer noch bei Jake. Er hatte sich zu einem leibhaftigen Konzentrationsproblem entwickelt, das sie von anderen Dingen ablenkte.