Kapitel 3

Weiße Wände. Der starke Geruch von Desinfektionsmitteln.

Derselbe Geruch hatte in der Luft gehangen, als Bess nach Danzar im Krankenhaus aufgewacht war.

Nein.

Sie geriet in Panik und riß die Augen auf.

»Keine Angst.« Ein Mann lächelte auf sie herab. In den Vierzigern, dunkle Haut, indianische Gesichtszüge, Hakennase, die Schläfen angegraut. Sie hatte ihn nie zuvor gesehen.

Sie versuchte, sich aufzusetzen, sackte aber wieder zusammen, weil ihr schwindlig wurde.

»Sie dürfen sich nicht zu schnell bewegen«, sagte der Mann beruhigend. »Sie sind sehr krank gewesen. Wir wissen noch nicht, ob das Fieber schon weg ist.«

»Fieber?«

War er ein Arzt? Er trug eine graue Armeeuniform.

Auszeichnungen schmückten seine Brust. »Wer sind sie?«

Er deutete eine Verbeugung an. »Colonel Rafael Esteban. Ich habe den Auftrag, mich um die bedauerliche Situation in Tenajo zu kümmern.«

Tenajo.

Mein Gott, Tenajo.

Er betrachtete die Geschehnisse als bedauerlich? Welche Untertreibung. »Wo bin ich?«

»San Andreas. Eine sehr kleine medizinische Einrichtung der Armee.«

»Wie lange bin ich schon hier?«

»Zwei Tage. Sie wurden direkt hierhergebracht, nachdem einer meiner Männer Sie in Tenajo gefunden hat.«

»Einer Ihrer Männer?« Jetzt erinnerte sie sich wieder. Kalte blaue Augen, hohe Wangenknochen und ein Gesicht, das hart, häßlich und brutal war. »Er hat mich niedergeschlagen.«

»Kaldak wurde schon disziplinarisch bestraft. Sie rannten auf ihn zu, und er hatte Angst, sie könnten ihn anstecken.«

Er hatte keine Angst gehabt. Und sie war von ihm weggelaufen, nicht auf ihn zu. »Ich war nicht krank. Er hat mich bewußtlos geschlagen.«

»Richtig, nachdem Sie wieder aufgewacht waren, merkte er, daß Sie krank waren. Sie haben geschrien und waren außer sich.

Er mußte Ihnen eine Spritze geben und brachte Sie hierher.

Erinnern Sie sich nicht mehr?«

»Natürlich erinnere ich mich nicht. Doch wenn er Ihnen gesagt hat, ich sei krank gewesen, dann hat er gelogen.«

Er schüttelte den Kopf.

»Ich sage Ihnen doch, er hat mich angegriffen. Und womit hätte ich ihn denn anstecken sollen? Was ist in Tenajo geschehen?«

»Cholera. Ein besonders aggressiver Typus.«

»Sind Sie sicher? Emily meinte, die Symptome seien –«

Panische Angst überfiel sie. »Emily. Wo ist meine Schwester?

Ist sie auch krank?«

»Ja. Ihr geht’s zwar nicht ganz so gut wie Ihnen, aber sie wird bald auf dem Weg der Besserung sein.«

»Ich möchte sie sehen.«

»Das ist nicht möglich«, sagte er leise. »Sie sind zu krank.«

»Ich bin nicht krank. Mir geht’s gut.« Es war eine Lüge. Sie fühlte sich benommen und träge. »Und ich möchte meine Schwester sehen.«

»Morgen oder übermorgen.« Er zögerte. »In der Zwischenzeit möchte ich Sie um einen Gefallen bitten. Sie können sich vorstellen, welche Panik entstehen würde, wenn Nachrichten herauskämen über das, was in Tenajo passiert ist, bevor unsere Ermittlungen abgeschlossen sind.«

»Wollen Sie damit sagen, daß Sie es verheimlichen wollen?«

fragte sie entsetzt.

Er machte ein erschrockenes Gesicht. »Natürlich nicht. Wir brauchen nur ein bißchen Zeit. Wir haben Wasserproben entnommen und sie zum Zentrum für Seuchenbekämpfung gesandt. Sobald wir die Ergebnisse haben, können wir die geeigneten Maßnahmen ergreifen.«

Wahrscheinlich war das sinnvoll. Schadensbegrenzung war üblich in Regierungs- und Militärkreisen. Estebans Bitte war daher eigentlich nichts Ungewöhnliches. Vielleicht war sie ja wirklich krank gewesen und war bloß paranoid.

Esteban hatte gesagt, sie hätten Wasserproben genommen. Sie hatte aber gesehen, wie etwas in den Brunnen hinein geschüttet worden war. Und wenn die mexikanische Regierung einen Umweltfrevel begangen hatte und nun versuchte, ihn zu vertuschen? »Und was erwarten Sie von mir?«

Er lächelte. »Nicht sehr viel. Lediglich, daß Sie sich für ein paar Tage in Geduld üben und schweigen. Ist das zuviel verlangt?«

»Vielleicht. Ich möchte meine Schwester sehen.«

»In einigen Tagen.«

»Ich möchte sie jetzt sehen.«

»Seien Sie doch vernünftig. Sie sind beide noch nicht gesund genug.«

Bess verspürte eine leichte Übelkeit, dennoch versuchte sie, einen kühlen Kopf zu bewahren. Daß sie Emily nicht sehen durfte, konnte zweierlei bedeuten. Entweder waren Emily und Josie entkommen, oder Emily wurde gefangengehalten.

»Ich möchte mit jemandem von der amerikanischen Botschaft sprechen.«

Er lachte mißbilligend auf. »Sie scheinen sich Ihrer Situation nicht bewußt zu sein. Sie sind sehr krank und nicht in der Verfassung, Besuch zu empfangen.«

»Ich bin nicht krank, und ich möchte jemanden von der amerikanischen Botschaft sprechen.«

»Alles zu seiner Zeit. Sie müssen wirklich Geduld haben.«

Er ging zur Tür und öffnete sie. »Es ist Zeit für Ihre Spritze«, sagte er über die Schulter.

»Spritze?«

»Sie brauchen Ruhe. Schlaf ist heilsam.«

Bess erstarrte, als ein Soldat im weißen Kittel mit einem Spritzenbesteck den Raum betrat. »Ich brauche keinen Schlaf.

Ich bin eben erst aufgewacht.«

»Aber Schlaf macht weise«, erwiderte Esteban.

»Ich brauche keinen –«

Sie zuckte zusammen, als die Nadel in ihren rechten Arm eindrang.

Die nächsten vierundzwanzig Stunden verloren sich im Nebel.

Sie erwachte, schlief ein. Sie erwachte wieder. Ab und zu kam Esteban, um nach ihr zu sehen. Dann war sie wieder allein.

Emily, wo war Emily bloß? Sie mußte sie finden …

Wieder die Nadel.

Und Dunkelheit.

Esteban stand über sie gebeugt. Er war nicht allein.

Dieses harte Gesicht, diese blauen Augen, die gefühllos auf sie hinabstarrten – sie kamen ihr bekannt vor. Kaldak. Der Mann aus Tenajo. Der, der sie niedergeschlagen hatte. Esteban hatte behauptet, er sei disziplinarisch bestraft worden, aber das war gelogen. Dieser Mann würde so etwas nicht mit sich machen lassen.

»Sie können es nicht länger hinauszögern«, sagte Kaldak.

»Sie ist eine Augenzeugin.«

»Seien Sie nicht so übereifrig. Wir haben noch Zeit. Habin behagt es nicht, eine amerikanische Staatsbürgerin aus dem Weg zu räumen. Ich kann warten.« Esteban lächelte auf Bess hinunter. »Aha, wieder wach? Wie fühlen Sie sich?«

Ihre Zunge war geschwollen, aber sie schaffte es zu sprechen.

»Sie Bastard.«

Sein Lächeln verschwand. »Das bin ich tatsächlich, aber es ist nicht nett von Ihnen, darüber Bemerkungen zu machen.

Vielleicht haben Sie recht, Kaldak. Vielleicht nehme ich zuviel Rücksicht auf Habin.«

»Emily … Muß Emily sehen.«

»Nicht möglich. Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß sie noch krank ist. Sie ist allerdings erheblich höflicher und kooperativer als Sie.«

»Lügner. Sie ist – nicht – hier. Sie – ist – geflohen.«

»Glauben Sie, was Sie wollen. Kommen Sie, Kaldak.«

Dann waren die Männer wieder weg. Dunkelheit hüllte sie ein.

Sie mußte dagegen ankämpfen. Sie mußte nachdenken.

Was Esteban und Kaldak gesagt hatten, bedeutete irgend etwas.

Eine amerikanische Staatsbürgerin aus dem Weg zu räumen.

Sie hatten vor, sie zu töten.

Kaldak hatte es sofort tun wollen, aber Habin hatte Einwände

– Wer war Habin? Es spielte keine Rolle. Nur Esteban und Kaldak waren eine Bedrohung.

Wovon war sie Augenzeugin? Von einer Vertuschung?

Das spielte genausowenig eine Rolle. Am Leben zu bleiben spielte eine Rolle. Und Emily am Leben zu halten.

Esteban wollte nicht, daß sie Emily sah, sie mußte also entwischt sein. Gott im Himmel, hoffentlich war sie wirklich entwischt.

Aber wahrscheinlich würde er bereits nach ihr suchen lassen.

Sie mußte zu Emily und sie warnen, sie beschützen …

Doch sie war so schwach, sie konnte nicht mal einen Finger rühren.

Aber sie war nicht krank. Esteban hatte gelogen. Ihr Kinn schmerzte, wo Kaldak sie getroffen hatte, und sie hatte ein Heftpflaster auf dem Arm über den Einstichen. Sie wäre so stark wie immer, wenn sie nur die Beruhigungsmittel abschütteln könnte.

Gegen die Beruhigungsmittel ankämpfen.

Nachdenken. Planen.

Es war schon fast Sonnenuntergang, als Esteban wieder in ihr Zimmer trat. Schnell schloß sie die Augen.

»Es tut mir leid, daß Sie aufwachen müssen, Bess. Sie haben doch nichts dagegen, daß ich Sie Bess nenne? Ich fühle mich Ihnen sehr verbunden.«

Sie hielt die Augen geschlossen.

Er schüttelte sie.

Sie öffnete langsam die Lider.

Er lächelte. »So ist es besser. Diese Drogen sind so lästig, nicht wahr? Ich kann mir vorstellen, daß Sie sich scheußlich fühlen. Sie erinnern sich, wer ich bin?«

»Sie Bastard«, flüsterte sie.

»Ich werde diese Beleidigung überhören, da unsere gemeinsame Zeit sehr bald vorbei sein wird, und wir wollen doch nicht in einer Mißstimmung auseinandergehen. Ich benötige noch einige Informationen. Wir mußten äußerst vorsichtig dabei sein, unsere üblichen Quellen anzuzapfen, und Kaldak hat praktisch nichts Brauchbares über Sie herausfinden können. Ich habe versucht, meinem Partner Habin klarzumachen, daß diese mühsamen Methoden unnötig sind, aber er hält es für unsicher, blind draufloszuhandeln.«

Er berührte sanft ihre Wange. »Es widerstrebt mir zutiefst, Habin unglücklich zu machen.«

Sie kämpfte gegen den Impuls, in seine Hand zu beißen. Eine kurze Drehung ihres Kopfes würde sie in die richtige Position bringen. Nein, das wäre sinnlos. Das war nicht, was sie geplant hatte.

»Sie haben doch nichts dagegen, daß ich Ihnen ein paar Fragen stelle?« erkundigte sich Esteban. »Dann werde ich Sie wieder schlafen lassen.«

Sie antwortete nicht.

Er runzelte die Stirn. »Bess?«

»Wenn Sie mich … meine Schwester sehen lassen.«

Seine Stirn glättete sich wieder. »Ach, das ist alles? Nachdem Sie mir gesagt haben, was ich wissen muß.«

Verdammter Mist. »Sie … versprechen es?«

»Natürlich«, sagte er. »Also, Sie sind hierhergekommen, um einen Reisebericht zu schreiben.«

Sie nickte.

»Wer ist Ihr Auftraggeber?«

Er war fast direkt über ihr. Das ließ ihr keine Chance; er würde sie leicht überwältigen. Mach ein paar Schritte zurück, betete sie. »John Pindry.«

»Kannten Sie ihn schon vorher?«

»Ich habe vor ein paar Jahren für ihn einen Artikel über San Francisco geschrieben.« Sie achtete darauf, undeutlich zu sprechen. »Jetzt möchte ich meine –«

»Noch nicht. Erzählen Sie mir von Ihrer Familie.«

»Emily.«

»Ihre Eltern?«

»Tot.«

»Wann?«

»Schon vor Jahren.« Sie täuschte ein Gähnen vor. »Ich muß wieder schlafen …«

»Bald. Sie sind ein braves Mädchen.« Er bewegte sich vom Bett weg und schlenderte zum Fenster.

Gut so.

»Kein Ehemann? Keine weiteren Verwandten?«

Er versuchte herauszufinden, ob ihre nächste Verwandtschaft ein Problem für ihn werden konnte. »Nein.«

»Armes Kind, Sie müssen sehr einsam sein. Eine Putzfrau?«

»Nein. Ich bin nie lange genug in den USA, um überhaupt Geld auszugeben.« Sie mußte vorsichtig sein. Das klang jetzt ein bißchen zu stimmig.

»Sie reisen ausgiebig?«

Er hatte ihr immer noch den Rücken zugewandt. Dieser arrogante Hurensohn glaubte wohl, sie sei zu schwach, um eine Gefahr für ihn darzustellen.

»Das ist mein Beruf.«

»Und was ist –«

Die eiserne Bettpfanne traf ihn am Hinterkopf. Er sackte in die Knie.

»Bastard.« Sie sprang ihm auf den Rücken und schlug wieder zu. Er fiel zu Boden, und sie stand mit gespreizten Beinen über ihm. Noch einmal schlug sie ihn. Sein Kopf blutete. Sie hoffte, daß sie ihm den Schädel zertrümmert hatte. »Wer sind deine nächsten Verwandten, du dreckiger –«

Arme legten sich von hinten um ihren Brustkorb. Sie wurde von Estebans Rücken heruntergerissen.

Kaldak.

Sie schlug wild um sich.

»Legen Sie sich nicht mit mir an.«

Sie würde den Teufel tun, sich nicht mit ihm anzulegen. Sie trat nach hinten aus gegen sein Schienbein.

»Hören Sie auf.«

»Lassen Sie mich los.«

Esteban bewegte sich. Sie hatte ihn doch nicht getötet.

Panisch kämpfte sie gegen Kaldaks Griff an. Er stieß einen Fluch aus, nahm eine Hand von ihrem Körper weg und legte sie ihr an den Hals, gleich unter dem linken Ohr.

Dunkelheit.

Als sie ein paar Minuten später zu sich kam, stellte sie fest, daß sie an ein Bett gefesselt war.

Ihr Herz klopfte so heftig, daß sie kaum atmen konnte. Sie riß sich nach oben. Zwecklos. Sie war festgebunden.

Kaldak half Esteban auf die Füße. Blut lief an Estebans Schläfe herab. Schwankend blieb er stehen. Ungläubig betrachtete er die Bettpfanne auf dem Fußboden.

»Kommen Sie«, sagte Kaldak. »Ich werde Sie verbinden.«

Esteban starrte Bess an. »Die Schlampe hat mich mit der gottverdammten Bettpfanne geschlagen.«

Angst drehte ihr den Magen um. Sie hatte nie zuvor einen solchen Haß in einem Gesicht gesehen.

»Sie können Sie später bestrafen«, sagte Kaldak. »Sie bluten.«

»Ich bringe sie um.«

»Nicht jetzt. Sie haben schon zuviel Aufsehen erregt.« Er geleitete Esteban zur Tür. »Ich habe sie festgebunden. Sie wird nirgendwo hingehen. Wir werden uns später um sie kümmern.«

Später.

Esteban würde sie umbringen. Das war Bess klar. Sie hatte ihn gedemütigt, und dafür mußte sie sterben.

Esteban riß sich von Kaldak los und torkelte durch das Zimmer zu ihr hin.

»Puta. Schlampe.« Er hob die Hand und schlug sie. »Hast du geglaubt, du könntest mich umbringen? Du hast keine Ahnung von –«

»Ich weiß, daß Sie ein Schwächling und ein Feigling sind, der auf hilflose Frauen einschlägt.« Der Kopf dröhnte ihr noch von dem Schlag, aber die Worte sprudelten aus ihr heraus. Warum auch nicht? Sie hatte nichts zu verlieren. »Ich weiß, daß Sie ein Dummkopf sind. Emily ist zu intelligent für Sie. Sie wird entkommen und allen zeigen, was für ein Arschloch Sie –«

Er schlug sie noch einmal, diesmal härter.

Sie starrte zu ihm hinauf.

Er beugte sich so nah über sie, daß sie seinen Atem in ihrem Gesicht spürte und sehen konnte, wie der Urin aus der Bettpfanne an seiner Wange herunterlief. »Du denkst ja ziemlich viel an deine Schwester, stimmt’s?«

»Ich weiß, daß sie cleverer ist, als Sie jemals –«

»Hast du wirklich geglaubt, daß sie aus Tenajo geflohen ist?«

Angst schnürte ihr die Kehle zu.

»Wir haben sie geschnappt, kurz nachdem Kaldak dich hergebracht hat. Sie liegt auch hier in San Andreas.«

»Sie lügen. Sie ist abgehauen.«

»Nein.« Sein Blick konzentrierte sich ganz auf ihr Gesicht, und er weidete sich an ihrer Furcht und Unsicherheit. »Sie ist hier.«

Es konnte nicht wahr sein. »Beweisen Sie es. Lassen Sie mich sie sehen.«

Er schüttelte den Kopf.

»Dann lügen Sie wirklich.«

»Es würde dich nur bedrücken, sie zu sehen. Es ist so ein ungemütlicher Ort.«

»Wo ist sie?«

»Vier Stockwerke tiefer. Im Keller.« Seine Lippen kräuselten sich zu einem boshaften Grinsen. »Sie liegt in einer Schublade in unserer Leichenhalle. Genau wie du auch bald. Deine Schwester ist tot.«

Er verließ das Zimmer.

Sie wurde vom Schmerz überwältigt.

Emily tot.

Ob das stimmte? Dieser Sadist genoß es, ihr weh zu tun, und sie war sich sicher, daß er schon bei anderen Dingen gelogen hatte. Warum sollte sie glauben, was er über Emily sagte?

Aber es konnte die Wahrheit sein. Emily konnte tot sein.

Sie liegt in einer Schublade in der Leichenhalle.

Das schreckliche Bild verursachte ihr einen Schmerz wie ein Messer in ihren Eingeweiden.

Es war nicht die Wahrheit. Er hatte ihr einfach nur weh tun wollen.

Emily konnte noch leben.

Als sie die Fäuste ballte, bohrten sich ihre Fingernägel schmerzhaft in die Handflächen.

Vier Stockwerke tiefer. Im Keller. Sie liegt in einer Schublade in unserer Leichenhalle.

»Stimmt das?« fragte Kaldak, als er Esteban die Kopfwunden auswusch. »Ist die Corelli hier?«

Esteban ignorierte die Frage. »Ich will, daß diese Schlampe Grady stirbt. Ich bin fertig mit ihr. Zum Teufel mit Habin.«

»Wie Sie wollen.«

»Jetzt gleich.«

Kaldak nickte. »Aber nicht hier. Es darf nicht direkt mit Ihnen in Verbindung gebracht werden. Einige der Beschäftigten im Krankenhaus sind nicht Ihre Leute, und der Krankenpfleger hat uns aus ihrem Zimmer kommen sehen.«

Estebans Kopf dröhnte vor Schmerz und Wut … und Demütigung. Er fühlte sich so hilflos wie als kleiner Junge, bevor er entdeckt hatte, wie einfach man sein Leben ändern konnte.

»Ich möchte, daß sie langsam stirbt, und ich möchte es mitansehen. Ich will es selbst tun.«

»Dann sollten wir besser noch warten. Es sei denn, Sie können es einrichten, San Andreas zu verlassen.«

»Das dauert mindestens noch einen Tag. Ich hatte erwartet, viel schneller losschlagen zu können, aber die Tests laufen noch.

Zu viele Leute sind zu unterschiedlichen Zeiten gestorben. Da scheint irgend etwas noch nicht zu stimmen.«

Kaldak warf die Kleidung ins Waschbecken. »Dann lassen Sie uns das mit der Grady jetzt sofort erledigen, damit Sie sich dann mit den wichtigeren Dingen beschäftigen können.

Wahrscheinlich spielt es keine Rolle, ob irgend jemand Verdacht schöpft. Ich wollte nur vorsichtig sein.«

Es spielte doch eine Rolle, erkannte Esteban frustriert. Er konnte es sich nicht leisten, daß ihm Ermittlungen in die Quere kamen.

Sein Zögern verschwand bei Kaldaks nächsten Worten.

»Wenn Sie wollen, daß ich mich darum kümmere, sagen Sie mir einfach, wie Sie es erledigt haben wollen. Ich kenne viele Methoden. Es muß nicht schnell gehen.«

Er wollte es auch, dachte Esteban. »Schaffen Sie sie weg von hier. Lassen Sie sie verschwinden.«

Kaldak nickte.

»Aber ich möchte jede Einzelheit wissen, und ich will, daß sie möglichst lange leidet.«

»Oh, das wird sie.« Kaldak lächelte. »Ich verspreche es Ihnen.«