KAPITEL 11
Cezar, der immer noch vor den
geöffneten Fahrstuhltüren stand, ignorierte den Wind, der um ihn
peitschte, und bereitete sich auf Annas Herantreten vor.
»Anna? Anna, kannst du mich hören?«
Er erhielt keine Antwort. Der Blick aus ihren
getrübten Augen war völlig leer. Dann hob sie auf einmal die Hand
und zeigte in seine Richtung.
»Anna!« Ihr Name wurde seinen Lippen entrissen, als
die Wucht einer Druckwelle ihn traf und er vom Aufzug fortgerissen
und gegen eine Wand geschleudert wurde.
Glas zerbrach, und Schreie durchschnitten die Luft,
als er sich wieder auf die Beine kämpfte, gleichgültig gegenüber
den tiefen Schnittwunden, die nun seine Haut überzogen. Cezar
wischte ungeduldig das Blut ab, das ihm über die Stirn strömte und
in seine Augen tropfte, und beobachtete, wie Anna in den Lift
trat.
»Nein!« Obwohl er mit hoher Geschwindigkeit
vorwärtsschoss, kam er zu spät.
Ruhig schlossen sich die Fahrstuhltüren,
unterbrachen den heftigen Wind und hinterließen nichts weiter als
eine Spur der Verwüstung und eine unheimliche Stille.
Hinter ihm erklangen Schreie, aber Cezar hörte sie
kaum. Nichts spielte für ihn jetzt eine Rolle, außer zu
Anna zu gelangen. Er erreichte die Aufzugtüren, nahm die Knöpfe
aber gar nicht wahr, sondern schlug einfach mit seiner Faust durch
das Metall. Nachdem er seine Finger in das entstandene Loch
gesteckt hatte, nahm er all seine Kraft zusammen und zog die Türen
auseinander. Ein durchdringendes Kreischen war zu hören, als sich
die Türen widerstrebend öffneten und den leeren Fahrstuhlschacht
preisgaben. Ohne zu zögern, sprang Cezar auf den nach unten
fahrenden Lift. Er landete sanft auf den Füßen und griff
augenblicklich nach unten, um die Luke zu öffnen.
Anna stand teilnahmslos in der Kabine und blickte
nicht einmal auf. Der Windstoß hielt Cezar einen Moment lang
zurück, als der Aufzug ruckartig anhielt und sie den Lift verließ.
Verdammt, er musste sie aufhalten, bevor sie die Straße erreichte!
Wenn er es nicht schaffte, würde Viper es tun.
Cezar sprang durch die geöffnete Luke nach unten
und schoss aus dem Aufzug. Er eilte in die Tiefgarage und fauchte
leise, als er sah, wie Anna durch die Schatten wanderte. Ihre Macht
schleuderte die teuren Wagen aus ihrem Weg, als seien sie nichts
weiter als Spielzeugautos.
Dios. Nun verstand er die Annahme der
Kommission, dass diese Frau zum Orakel geboren war. Selbst für das
ungeschulte Auge war ihre Macht ein eindrucksvoller Anblick. Doch
Cezar ging er im Augenblick vor allem auf die Nerven. Er war es
gewohnt, dass er seinen Willen durchsetzte. Nun musste er nicht nur
eine Methode finden, eine Frau aufzuhalten, die ihn mit einem
bloßen Gedanken zerquetschen konnte, er durfte sie dabei auch noch
unter keinen Umständen verletzen. Na, großartig.
Vorsichtig folgte Cezar Anna auf ihrem Pfad der
Zerstörung und widerstand mühsam dem Drang, sie mit körperlicher
Gewalt aufzuhalten. Stattdessen schloss er die Augen und
konzentrierte sich auf seine übernatürlichen Fertigkeiten. Anna war
zu willensstark, als dass er sie in seinen Bann hätte ziehen
können, doch wenn er ihren Geist erreichen könnte, dann könnte er
vielleicht auch den Zauber brechen, der sie in seiner Gewalt
hatte.
Er versuchte nicht über die Trümmer zu stolpern,
die hinter Anna zurückblieben, und verschloss seinen Geist für
alles bis auf die Frau vor ihm. Die Tatsache, dass sich ihr Blut in
seinem Körper befand, machte diese Angelegenheit weitaus einfacher,
weil dadurch ein Band geschaffen worden war, das weitaus tiefer
ging als eine rein sexuelle Verbindung. Als sie sich jedoch der
Ausfahrt näherten, die in den Straßendschungel von Chicago führte,
stellte Cezar fest, dass seine Gedanken gegen eine Stahlwand
prallten. Jemand hielt sich bereits in ihr auf. Ein Jemand, der
nach Granatäpfeln roch und entschlossen war, ihn nicht
hereinzulassen!
Ein Anflug von Panik beschlich sein Herz. Er konnte
bereits spüren, wie die drohend nahende Morgendämmerung auf ihm
lastete. Falls Anna es schaffte, auf die Straße zu gelangen, wäre
er nicht mehr lange in der Lage, ihr zu folgen. Vorausgesetzt, dass
Viper noch nicht mit seinen Wachtposten draußen wartete. Er musste
es unbedingt schaffen, in ihren Geist einzudringen. Und zwar
jetzt gleich!
Cezar biss die Zähne zusammen und nahm seinen
ganzen Willen zusammen. Es gab keine Möglichkeit, dieses irgendwie
auf elegante Weise zu bewerkstelligen. Er würde sich seinen Weg mit
Gewalt bahnen und einfach hoffen müssen, dass Anna nicht verletzt
wurde. Er konzentrierte sich erneut und entschied sich für einen
einzigen schnellen, brutalen Stoß.
Schmerz übermannte ihn, als er gegen die starke
Barriere in Annas Geist prallte. Er ging beinahe in die Knie, als
er darum kämpfte, nicht wieder hinausgedrängt zu werden. Für einen
Moment lagen die Sinne des Eindringlings bloß und enthüllten Gier,
Dünkel und die hässlichen Machtgelüste der Frau. Noch wichtiger war
jedoch, dass endlich ihre Identität offenbart wurde: Morgana le
Fay.
Und dann stolperte Anna ebenfalls, fiel auf die
Knie und umklammerte ihren Kopf mit den Händen.
Als Cezar zu ihr gelangte, streckte er die Hand
aus, um ihr Gesicht zu berühren. Der intime Kontakt stärkte seine
Kräfte und gestattete es ihm schließlich, die Macht zu
durchbrechen, die Anna gefangen hielt. Er zerschmetterte sie mit so
viel Wucht, dass er selbst rücklings zu Boden fiel und Anna vor
Schmerzen aufschrie.
»Anna?« Kopfschüttelnd, um die anhaltend starken
Qualen loszuwerden, kroch Cezar auf sie zu, da er seinen Beinen
nicht zutraute, ihn zu tragen, und nahm die zitternde Anna in seine
Arme.
Einen kurzen Moment lang erstarrte sie vor Angst.
Dann wurden ihre Augen wieder klar, und sie atmete tief ein.
»Cezar?«
»Ich bin hier.« Sanft strich er ihr das Haar aus
dem Gesicht.
Ihre haselnussbraunen Augen versuchten sich auf
sein Gesicht zu konzentrieren. Dann weiteten sie sich vor Entsetzen
über seine zahlreichen Schnittwunden, die noch nicht verheilt
waren. »O Gott!«
»Pst.« Er legte ihr einen Finger auf die Lippen.
»Alles in Ordnung.«
»Ich habe dich verletzt!«
Er genoss das Gefühl, sie in den Armen zu halten,
und
sein Körper erzitterte vor Erleichterung. Für einen Augenblick
hatte er wahrhaftig befürchtet, Morganas Kontrolle über diese Frau
nicht durchbrechen zu können. »Das wird wieder heilen.«
Sie hob schwach die Hand, um mit den Fingern die
Wunde an seiner Stirn berühren zu können. »Es tut mir so leid, aber
ich konnte es nicht stoppen! Es war, als ob ich besessen wäre oder
so. Ein Teil von mir hat gemerkt, was passierte, aber ich konnte
mich einfach nicht zurückhalten. Ich musste einfach …« Sie brach ab
und schüttelte den Kopf.
»Was musstest du?«, drängte er sanft.
Sie legte die Stirn in Falten, als sie sich
bemühte, sich zu erinnern. »Ich musste irgendwohin. Diese Stimme
hat immer wieder nach mir gerufen, und ich musste ihr
folgen.«
»Morgana«, sagte er düster.
»Bist du sicher?«
»Ich erhaschte einen flüchtigen Blick auf sie, als
sie in deinen Geist eindrang.«
Annas schlanker Körper spannte sich in seinen Armen
an. »Ich war von ihr besessen?«
»In gewisser Weise.«
Die Luft um Anna begann sich zu erhitzen. Ob aus
Wut oder Angst, war kaum zu ergründen. »Verdammt soll sie
sein!«
Er streifte mit den Lippen über ihre Locken. »Du
bist in Sicherheit, Anna.«
»Ja, aber für wie lange?«, wollte sie mit
zitternder Stimme wissen. »Wenn sie die Kontrolle über meinen
Verstand übernehmen kann, dann kann sie auch nichts davon abhalten,
mich dazu zu zwingen, zu ihr zu kommen, wann immer sie das
will.«
Cezar weigerte sich, diesen Gedanken auch nur in
Erwägung zu ziehen. Er hatte die feste Absicht, Morgana ein Ende zu
bereiten, bevor sie erneut zuschlagen konnte. »Ich bin hier, um sie
aufzuhalten.«
Tiefe Reue flammte in Annas Augen auf. »Aber zu
welchem Preis? Ich hätte dich töten können.«
Cezar nickte nur. Ihre Worte entsprachen der
Wahrheit. Diese Frau besaß genügend Macht, um alles zu vernichten,
was ihr im Weg stand. Trotzdem jagte ihm dieses Wissen keine Angst
ein. Es war vielmehr eine Erleichterung. Falls ihm etwas zustoßen
sollte - Anna würde sehr bald in der Lage sein, sich selbst zu
schützen.
»Wie bereits mancher zu seinem Leidwesen erfahren
musste, lasse ich mich nicht so leicht ins Grab bringen«,
entgegnete er mit einem schiefen Lächeln. »Darüber hinaus kannst du
lernen, Schutzschilde aufzubauen, sodass die Elfenkönigin nicht
mehr imstande sein wird, in deinen Geist einzudringen.«
Anna gab einen erstickten Laut von sich. »Kann ich
das in den nächsten fünf Minuten lernen?«
»Es wird für eine Weile keine Angriffe mehr
geben.«
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«
Geistesabwesend zeichnete Cezar mit dem Finger die
Konturen ihrer Lippen nach. »Ich bin mir nicht sicher, aber ich
weiß, dass Morganas Macht über dich gebrochen wurde, als ich mir
meinen Weg in deinen Geist bahnte, und zwar nicht gerade auf
angenehme Weise. Ich konnte ihre Schreie hören, bevor die
Verbindung durchtrennt wurde.«
Annas Augen verdunkelten sich. »Bestens. Ich hoffe,
sie hat höllische Kopfschmerzen!«
Cezar lachte leise und hob abrupt den Kopf, als er
spürte, wie sich ihnen mehrere Vampire näherten. »Nicht,Viper,
es ist vorbei!«, knurrte er und schlang die Arme so fest um Anna,
dass sie einen Protestschrei ausstieß.
Viper glitt aus den Schatten und betrachtete die
beiden mit offenkundiger Besorgnis. »Ist sie verletzt?«
Anna setzte sich auf, als gefalle es ihr nicht, vor
Cezars Brüdern als allzu verwundbar zu erscheinen. »Abgesehen von
den rasenden Kopfschmerzen und dem seltsamen Granatapfelgeschmack
im Mund geht es mir wohl gut«, antwortete sie, ohne Cezar die
Gelegenheit zu geben, Vipers Frage zu beantworten.
Viper richtete den Blick auf Cezar. »Und was ist
mit dir?«
»Alles in Ordnung.« Cezar erhob sich und half Anna
beim Aufstehen. Er stützte sie mit einem Arm um ihre Taille, als er
spürte, dass sie ganz plötzlich erschauderte.
»Um Gottes willen«, keuchte sie und ließ den Blick
über das Chaos von Autos schweifen, von denen mehrere einen
Totalschaden hatten. »War ich das?«
»Si.«
Ihre Haut wurde kreidebleich. »Das tut mir leid.
Das wollte ich nicht!«
Viper tat ihre Entschuldigung mit einer
Handbewegung ab. Auf seinem Gesicht war ein Anflug von Respekt zu
erkennen, als er sie prüfend anblickte. Vampire wussten Macht stets
zu schätzen. Und nur allzu schnell fielen ihnen Methoden ein, um
diese Mächte zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen. »Das spielt keine
Rolle. Die Eigentümer werden eine finanzielle Entschädigung
erhalten. Ich werde umgehend mit ihnen sprechen.«
Viper verschwand, indem er sich in Schatten hüllte,
und ließ Cezar allein mit der zitternden Anna.
Im Gegensatz zu den Vampiren schien sie das
glorreiche
Wunder ihrer Fähigkeiten nicht zu erkennen. Tatsächlich wirkte sie
erschrockener über das, was sie getan hatte, als über den Einfluss,
den Morgana auf sie ausgeübt hatte. Einige Minuten studierte sie
schweigend die beeindruckende Zerstörung und atmete dabei flach ein
und aus.
»Das ist ja furchtbar«, flüsterte sie schließlich.
»Ich hätte jemanden umbringen können. Ich hätte alle
umbringen können.«
»Anna …«
»Ich will diese Kräfte nicht!«, unterbrach sie ihn
mit blitzenden Augen. »Sie sind gefährlich.«
»Macht ist stets gefährlich.« Cezar ignorierte die
Anspannung in ihrem Körper. Er küsste sie auf die Stirn. »Und
deshalb müssen wir herausfinden, wie sie sich am besten
kontrollieren lässt.«
»Kannst du nicht einfach dafür sorgen, dass sie
wieder verschwindet?«
Cezar nahm ihre Körperwärme in sich auf und
gestattete es sich selbst, in dem Gefühl, sie in den Armen zu
halten, zu schwelgen. »Deine Kräfte sind ein Teil von dir. Sie
strömen durch dein Blut«, meinte er sanft. »Außerdem würde ich sie
dir nicht nehmen, selbst wenn ich es könnte. Es ist durchaus
möglich, dass diese Kräfte dir eines Tages das Leben retten.«
»Oder dir deins nehmen.«
»Ich sagte es dir bereits, ich bin nicht leicht zu
töten.« Ohne ihr Zeit zum Diskutieren zu lassen, hob Cezar Anna
hoch und drückte sie an seine Brust. »Der Morgen dämmert. Ich muss
in unsere Gemächer zurückkehren.«
Wie durch ein Wunder wehrte sie sich nicht gegen
seinen Griff. Sie schmiegte sich sogar noch enger an seine Brust,
so, als suche sie unbewusst nach dem Trost, den er ihr
so gerne zukommen ließ. »Bist du sicher, dass Viper mich bleiben
lässt?«, murmelte sie.
Cezar lächelte nur, während er auf die nahe Treppe
zusteuerte. Er litt noch immer Schmerzen von seiner letzten
Fahrstuhlfahrt. »Vipers Clubs wurden schon von tobenden
Höllenhunden zerstört, von zornigen Kobolden verhext und bei einem
unvergesslichen Ereignis durch einen von Levets fehlgeleiteten
Zaubern in Brand gesteckt«, erzählte er ihr. »Dieser Zwischenfall
gehört nicht einmal zu den spektakulärsten einhundert.«
Sie musste grinsen. »Ich danke dir.«
»Aber da gibt es noch etwas.«
»Und was?«
Mühelos erklomm er die Treppe. Anna fühlte sich in
seinen Armen federleicht - ein sonderbares Gefühl, wenn man
bedachte, dass sie gerade erst ein Dutzend Autos zermalmt
hatte.
»Ich glaube nicht, dass ich mir darüber Gedanken
machen muss, dass irgendeiner meiner Brüder dich belästigen wird,
während wir hier wohnen.«
»Warum?«
Er lächelte Anna an, die ihn verwirrt ansah. »Du
hast ihnen eine höllische Angst eingejagt.«
Anna war sich sicher gewesen, dass sie kein Auge
würde zumachen können.
Es passierte einer Frau schließlich nicht jeden
Tag, dass eine gemeingefährliche Elfe die Kontrolle über ihren
Verstand übernahm und sie dazu zwang, sich ihren Weg an einem
entschlossenen Vampir vorbei und durch mehrere Nobelkarossen zu
bahnen. Aber trotz ihrer ereignisreichen Nacht (oder vielleicht
auch gerade deswegen) war sie
kaum in der Lage, ihre Augen offen zu halten, als Cezar sie in die
elegante Wohnung trug und sie sanft aufs Bett legte.
Die Angst und die Verwirrung, die durch ihr armes,
misshandeltes Gehirn pochten, waren der verlockenden Dunkelheit
nicht gewachsen. Ihre Probleme würden auch noch da sein, wenn sie
aufwachte, oder etwa nicht? Es würde eine Wohltat sein, ein paar
Stunden der Besinnungslosigkeit zu genießen …
Anna ließ es zu, dass sie langsam abdriftete, und
fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Dieser blieb fast zehn
Stunden lang ungestört, da Körper und Geist sich bemühten, sich von
den Strapazen zu erholen, die es bedeutet hatte, so viel Macht zu
nutzen. Schließlich waren es die Finger, die sie an ihrem Hals
fühlte, die sie aus ihrem komaartigen Zustand holten.
Als Anna mit einem Gefühl der Verwirrung erwachte,
war ihr erster Gedanke, dass sie unter dem schweren
elfenbeinfarbenen Deckbett völlig nackt war. Sie schlief sonst nie
nackt. Der nächste Gedanke war, dass diese Finger, die sie geweckt
hatten, immer noch ihren Nacken kitzelten. Schlanke, kühle Finger,
die sie unter Hunderten erkannt hätte.
Mühevoll öffnete sie die Augen und entdeckte Cezar,
der sich gerade über sie beugte. Seine Brust war wundervollerweise
nackt, und sein dunkles Haar umrahmte sein schmales Gesicht wie ein
Vorhang aus schwarzer Seide. Wow. Genau so sollte eine Frau geweckt
werden: Mit einem wahnsinnig attraktiven und herrlich nackten
Vampir, der mit aufregendem Lächeln und verruchtem Blick über ihr
aufragte.
Seine Hände glitten über ihre Brust, und sie folgte
seinen Augen und bemerkte, dass er seinen Siegelring an einer
goldenen Kette befestigt und ihr um den Hals gehängt hatte. Dieser
Ring war offensichtlich mehr als nur ein Schmuckstück. Er schien
für Cezar eine große Bedeutung zu haben, und noch wichtiger war,
dass er ein Ausmaß von Vertrauen symbolisierte, von dem sie sich
nicht ganz sicher war, ob sie es verdiente.
»Wie fühlst du dich?«, fragte Cezar. Seine Stimme
klang tief und rau, als ob er gerade eben erst aufgewacht
wäre.
Annas träges Blut fing an, durch ihren Körper zu
schießen, als Cezars geschickte Finger über die Wölbung ihres
Busens glitten. Seine Berührung war leicht, aber so gekonnt, dass
ihr ganzer Körper sofort vor Erregung prickelte.
»Die Frage ist wohl eher, wie ich mich
anfühle, so, wie deine Finger auf Wanderschaft gehen«,
entgegnete sie, wobei ihre Stimme schon heiser vor Verlangen
war.
Seine Vampirzähne verlängerten sich, als er seinen
Kopf nach unten beugte und sein Gesicht an ihrem Hals barg. »Du
fühlst dich atemberaubend an. Schlank, und doch verfügst du über
Kurven an all den richtigen Stellen.« Er presste sich eng an ihren
Körper und zeigte damit, dass nicht nur sein Blutdurst erregt
worden war. Seine große, harte Erektion streifte ihre Hüfte, als er
an der empfindlichen Haut ihres Halses knabberte und seine Finger
die Spitzen ihrer Brüste fanden. Er lachte über ihr leises,
lustvolles Aufkeuchen.
Annas Augen schlossen sich zitternd, und ihr Atem
ging schnell. Cezars Zunge neckte den rasenden Puls an ihrer Kehle,
und sein Bein glitt mit unverkennbarer Absicht zwischen ihre
Schenkel. Schon bald würde sie nicht mehr imstande sein, einen
klaren Gedanken zu fassen. Zumindest keinen rationalen.
»Cezar?«
»Hmmm?« Cezar zwickte sie leicht in die Haut,
während er mit einer Hand über ihren bebenden Bauch glitt.
»Sollten wir uns nicht einen Plan für Morgana
machen?«
Er verteilte leidenschaftliche Küsse auf ihrem
Schlüsselbein. »Wir können in diesem Augenblick nichts gegen
Morgana unternehmen, außer sie zu vergessen.«
Annas Hüften hoben sich vom Bett, als Cezars Finger
zwischen ihre Beine glitten und die willige Nässe spürten, die ihn
erwartete.
»Und ich nehme an, du weißt, wie das am besten
geht?«, keuchte sie.
»Ich verfüge über gewisse Methoden«, murmelte er,
bevor sich sein Mund um einen steifen Nippel schloss. Annas Hände
hoben sich, um sich an seinen Schultern festzuklammern. Eine
Explosion der Lust erschütterte ihren Körper. Sie hatte in all den
Jahren Hunderte, ja sogar Tausende von Männern kennengelernt, und
trotzdem hatte es niemand von ihnen je geschafft, ihr Interesse zu
wecken. Und ganz bestimmt war es niemandem gelungen, sie dazu zu
bringen, sich nach seiner Berührung zu sehnen.
Sie stöhnte leise auf und sog die Luft tief in ihre
Lungen, als seine Finger tief in sie hineinglitten. Leicht schabte
Cezar mit seinen Fangzähnen über die empfindliche Haut ihrer Brust.
»Dios. Ich begehrte noch nie eine Frau so sehr, wie ich dich
begehre.«
»Noch nie?« Sie zwang sich, die Augen zu öffnen,
und begegnete dem Blick aus seinen glühenden schwarzen Augen. Trotz
der Hitze, die durch ihren Körper strömte, war sie noch nicht so
hin und weg, dass sie jeden Unsinn glaubte, den er verzapfte.
Schließlich gehörte sie wohl kaum zu den erfahrenen Liebhaberinnen,
mit denen er sich sonst amüsierte. »Das glaub ich nie im
Leben.«
Sein Gesicht nahm einen unerwartet harten Ausdruck
an. »Es ist aber die Wahrheit, Anna! Seit ich dich zum ersten Mal
berührte …« Es folgte eine angespannte Stille, bevor er abrupt den
Kopf schüttelte. »Seither gab es keine andere Frau mehr.«
Anna zuckte leicht zusammen und hob die Hände, um
sein Gesicht zu umfassen. »Was sagst du da?«
In seinen Augen blitzte eine schwer zu fassende
Gefühlsregung auf. »Seit zwei Jahrhunderten hatte ich mit keiner
Frau mehr Sex. Bis zur vergangenen Nacht.«
Dieser Sexgott wollte die ganze Zeit im Zölibat
gelebt haben? Aber sicher doch … »Soll das ein Scherz sein?«,
fragte sie.
»Kein Mann, ob Dämon oder nicht, würde hinsichtlich
einer solchen Angelegenheit scherzen.«
»Aber … warum?«
Seine langen Wimpern senkten sich, um seine Augen
zu verbergen. »Ich wünschte, ich könnte den Orakeln die Schuld
geben, doch ich befürchte, die Antwort ist nicht annähernd so
einfach.«
Anna sah ihn irritiert an, doch Cezar winkte ab. Er
stieß mit dem Kopf herab und gab ihr einen wilden, unerbittlichen
Kuss.
Anna stöhnte, als sie seine Zunge spürte und er
seinen Finger zwischen ihren Beinen in einem gleichmäßigen Rhythmus
bewegte. Ihr Körper schmolz unter dem hungrigen Ansturm dahin, aber
in ihrem Kopf drehte sich immer noch alles durch sein erstaunliches
Geständnis. Sie wandte schließlich den Kopf von seinen plündernden
Lippen und schnappte nach Luft - was nur dazu führte, dass ihre
Sinne von Cezars würzigem, exotischem Duft erfüllt wurden.
»Cezar?«
Er ignorierte sie und liebkoste stattdessen ihre
Wange, ihre Ohrmuschel und ihre Kehle.
Anna erschauerte vor Ekstase. »Cezar, versuchst du
mich abzulenken?«
Er reizte ihre Brustwarze mit seiner Zungenspitze,
und sein Daumen fand die winzige Lustperle zwischen ihren Beinen.
»Habe ich denn Erfolg damit?«
»Oh«, stöhnte sie und spreizte die Beine, während
sich ihre Fersen in die Matratze gruben. Meine Güte, er war mehr
als erfolgreich … Und nur wenige Liebkosungen von einem
vollkommenen, triumphalen Sieg entfernt.
Cezar leckte ihren Nippel ein letztes Mal. Dann
hinterließ er eine ganze Reihe von aufregenden Küssen auf ihrem
Bauch, während er sich nach unten arbeitete. Er hielt inne, um
ihren Nabel mit der Zunge anzustupsen. »Und wie sieht es damit
aus?«, fragte er heiser.
Anna warf ihren Kopf auf dem Kissen hin und her,
nicht länger imstande, sich zu erinnern, was so wichtig gewesen
war. In diesem Moment war ihre Lust alles, was zählte.
Seine Lippen glitten immer weiter nach unten,
bissen sanft in ihre Hüfte und hinterließen dann eine sengende Spur
an der Innenseite ihres Oberschenkels.
Annas Blick wurde glasig, und ihr gesamter Körper
erzitterte vor Erwartung. »Cezar!«
Langsam hob er den Kopf, um sie anzusehen, und
seine Augen glänzten wie poliertes Ebenholz. »Zweifle nie daran,
wie sehr ich dich will, Anna Randal. Du bist ein Teil von
mir.«
Noch während ihm die sanften Worte über die Lippen
drangen, bissen seine Fangzähne zu und glitten ruhig durch ihre
Haut in die Ader, die durch die Innenseite ihres Oberschenkels
führte.
Anna keuchte auf, und ihre Hände verfingen sich im
Bettlaken, als sie spürte, wie er zu trinken begann. Eine donnernde
Woge der Lust überschwemmte sie und hielt ihren Körper in einem
Höhepunkt gefangen, der ihren Lippen einen Schrei entriss.
Es passierte so schnell, dass Anna immer noch der
Kopf schwirrte, als sie spürte, wie Cezar sich über ihr bewegte.
Mit einem Stoß drang er tief in sie ein. Instinktiv hob Anna die
Hände, um seine Schultern zu umklammern, und öffnete die Lippen, um
seinem verzehrenden Kuss zu begegnen. Die winzigen Wellen
erschütterten ihren Körper noch, als er seine Hüften in einem
langsamen, gleichmäßigen Rhythmus bewegte, wobei seine glatte Brust
an Annas empfindlichen Brüsten rieb. Es war einfach unglaublich,
aber sie merkte, wie ihr Hunger sich erneut regte, während sie den
Rücken durchdrückte, um sich seinen berauschenden Stößen
entgegenzustemmen.
Aber andererseits, so überraschend war es
nun auch wieder nicht. Sie hatte zwei Jahrhunderte gewartet, um
endlich wieder Leidenschaft zu erleben.Welche Frau wäre da nicht
gierig, wenn sie diesen herrlichen Vampir endlich wieder in ihrem
Bett hätte? Anna ließ es zu, dass ihre Gedanken abschweiften, und
gab sich einfach ihren Empfindungen hin, dem Gefühl, wie er sich in
ihr bewegte, dem Duft seiner Haut, dem nachhaltigen Geschmack
seiner Lippen auf ihren. Sie stöhnte vor Wonne, den Blick fest auf
das Gesicht des schönen Kriegers, der über ihr schwebte,
geheftet.
Es war das Warten wert gewesen.