KAPITEL 6
Annas Herz schlug irgendwo in der Nähe ihrer Mandeln, als sie spürte, wie Cezars Fangzähne leicht über ihren Mundwinkel schabten. Das hier war einfach Wahnsinn. Nein, aufzuwachen und einen hinreißenden, atemberaubenden, anbetungswürdigen Vampir in seinem Bett vorzufinden, das war Wahnsinn. Und vor Verlangen danach zu zittern, den unbeschreiblichen Genuss seines Kusses zu spüren, war der völlige Wahnsinn.
Leider war es ihrem Körper herzlich egal, wie gesund ihre Reaktion auf Cezars geschickte Berührung war. Dieser verräterische Körper wusste nur, dass er endlos lange Zeit darauf gewartet hatte, dass diese kühlen Finger ihre bebenden Kurven erkundeten, und die erfüllende Befriedigung zu spüren, wenn Vampirzähne in sein Fleisch glitten.
Die dunkle, süße Sehnsucht wurde intensiver, als Cezars Kopf sich weiter senkte und die Spitze von Annas harter Brustwarze unter ihrem Nachthemd fand. Ein Stöhnen blieb ihr im Hals stecken, als scharfkantiges Entzücken ihren Körper erbeben ließ. Cezars Zunge neckte diese empfindliche Körperstelle, leckte und liebkoste, bis ihr Rücken sich in einer einzigen stummen Aufforderung wölbte.
Verdammt, sie hatte sich doch selbst versprochen, dass dies hier nicht passieren würde! Auf gar keinen Fall würde sie diesen Mann denken lassen, dass sie eine sexbesessene Schlampe sei, die jedes Mal ihre Beine spreizte, wenn er in ihrem Leben auftauchte. Aber dieses Versprechen war leicht zu geben gewesen, als Cezar bloß eine schmerzliche Erinnerung gewesen war. Sie redete sich selbst ein, dass es ihre Enthaltsamkeit war, die sie so empfänglich für den himmlischen Vampir machte. Schließlich hatte sie zwei Jahrhunderte damit verbracht, diversen Männern zu widerstehen (von denen ein paar geradezu zum Anbeißen gewesen waren), die sich gewünscht hatten, sie in ihr Bett zu locken. Sie war jetzt älter, weiser und in der Lage, ihre Begierden zu beherrschen. Von wegen.
Sie ging in Flammen auf, als Cezars Finger über die Rückseite ihrer Oberschenkel glitten. Entschlossen zog er ihr Nachthemd nach oben. Noch schlimmer war allerdings, dass die sanften Worte, die er murmelte, während seine Lippen nach ihrem anderen Nippel suchten, ihr das Gehirn vernebelten und sie vergessen ließen, warum genau sie eigentlich Nein sagen sollte. Wahrscheinlich zieht er mich mit einem Zauber in seinen Bann, dachte sie verschwommen. Das musste der Grund dafür sein, dass sich ihre Finger in seine Arme gruben, bis Blut hervortrat, und dass sie so heiß und feucht war, dass sie das Gefühl hatte, sie könne schon bei der leisesten Berührung kommen. Ansonsten konnte es nur bedeuten … Der erschreckende Gedanke wurde durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen.
»Cezar.« Eine männliche Stimme drang an ihr Ohr. Ihr Bettnachbar hob seinen Kopf.
»Si?«, schnauzte er.
»Es tut mir leid, wenn ich störe, aber wir haben Schwierigkeiten.« Styx’ gebieterische Stimme drang mit bemerkenswerter Leichtigkeit durch die massive Tür.
Es folgte eine weitere Reihe von Flüchen, während Cezar Anna widerstrebend losließ und das Bett verließ. »Ich komme sofort zurück«, erklärte er, als er auf die Tür zusteuerte.
Doch Anna folgte ihm auf dem Fuß, ihren Bademantel im Arm. Während sie ihre Hände in die Ärmel gleiten ließ, versicherte sie sich stumm, dass die Schauder, die ihren Körper schüttelten, nicht mehr als Erleichterung bedeuteten. Nur fühlten sie sich nicht wirklich nach Erleichterung an …
»Einen Moment, Cezar.« Sie zwang sich, die Hand auszustrecken und auf seinen Arm zu legen. »Wenn die Angelegenheit mich betrifft, will ich auch dabei sein!«
Er blieb stehen und drehte sich um, um sie mit ungeduldigem Blick anzusehen. Nein. Nicht ungeduldig. Frustriert.
Anna zweifelte nicht daran, dass sie, wenn sie nach unten sähe, feststellen würde, dass er immer noch hart war und sehnsüchtig darauf wartete, in ihr zu sein. Mit einiger Mühe unterdrückte sie das Bedürfnis, ihre Theorie bestätigt zu sehen, und konzentrierte sich stattdessen darauf, seinem Blick standzuhalten.
»Querida …«, begann er.
»Ich meine es ernst!«, brachte sie hervor. »Die Tage, in denen ich gezwungen war, auf den Knien um Essen und Obdach zu betteln, sind vorbei. Heute kann ich mich um mich selbst kümmern. Und das gebe ich nicht auf!«
Etwas blitzte in seinen dunklen Augen auf. War es vielleicht Enttäuschung? Schmerz? Verletzter Stolz?
»Du lehnst meine Hilfe ab?«, fragte er leise.
Anna ignorierte den seltsamen Anflug von Reue. Sie konnte ihn doch damit nicht verletzt haben? Diesen arroganten und besserwisserischen Vampir, der absolut immun gegen alles schien, was auch nur entfernt einer menschlichen Emotion ähnelte? Von der Begierde mal abgesehen … Verdammt, er hatte sie verführt und dann fast zwei Jahrhunderte lang im Stich gelassen!
Dennoch stellte sie fest, dass ihre Stimme trotz aller guten Vorsätze weicher wurde. »Natürlich nicht, ich bin doch nicht blöd. Ich weiß ja nicht mal, womit ich es zu tun habe.« Sie zuckte unbeholfen mit den Schultern und zog den Gürtel des Bademantels enger. »Aber deine Hilfe zu akzeptieren unterscheidet sich erheblich davon, herumkommandiert und ausgeschlossen zu werden. Entweder sind wir Partner, oder ich gehe!«
Ein angespanntes Schweigen legte sich über das Zimmer. Ganz offensichtlich kämpfte Cezars überhebliches Bedürfnis, das Sagen zu haben, erbittert gegen das Wissen an, dass ihre Worte keine bloße Neckerei waren. Sie schien voll und ganz die Absicht zu haben zu gehen, wenn er nicht einwilligte.
Anna, die eine verärgerte Reaktion erwartete, war überrascht, als schließlich auf seinen Lippen eine gefährliche Belustigung zu spielen begann.
»Partner, ja?«, murmelte er und hob die Hand, um durch ihre zerzausten Haarsträhnen zu streichen.
Annas Augen verengten sich zweifelnd. Das kam ihr nun wirklich viel zu einfach vor. »Es ist mein Ernst, Cezar! Ich will lieber tot sein, als mich wieder wie eine Bittstellerin zu fühlen.«
Sein Blick glitt ganz bewusst nach unten zu dem großzügigen Dekolleté, das der Bademantel frei ließ. »Weißt du, ein wenig Betteln würde mich nicht stören …«
Anna legte ihm die Hand auf den Mund. Seine leise Stimme war eine fast fühlbare Liebkosung, die über ihre empfindliche Haut strich und den Gedanken mit sich brachte, ihn aufs Bett zu werfen und auf ihn zu krabbeln. Sie waren beide fast nackt. Es wären nur ein paar Handgriffe nötig, und dann … Du musst dich konzentrieren, Anna. Konzentration!
»Gilt die Abmachung?«, fragte sie mit heiserer Stimme und biss die Zähne zusammen, als sie den wissenden Ausdruck auf seinem Gesicht sah. Er konnte wohl das Verlangen spüren, das immer noch in ihrem Körper pulsierte, aber eigenartigerweise machte er sich das nicht zunutze.
Stattdessen zuckte er leicht mit den Schultern. »Ich werde es versuchen.« Als sie die Lippen öffnete, hob er abrupt die Hand. »Hör zu, Anna. Ich lebe bereits seit langer Zeit.«
»Wie lange?«, wollte Anna wissen. Sie war einfach nicht imstande, die Frage zu unterdrücken. Sie hatte eine Menge Zeit gehabt, um über diesen Mann nachzudenken, um nicht zu sagen, nachzugrübeln. Ihre Neugierde ging weit über beiläufiges Interesse hinaus.
»Mehr als fünfhundert Jahre.«
Sie forschte in der bronzefarbenen, atemberaubenden Schönheit seines Gesichtes. »Warst du ein Konquistador, ein Eroberer?«
»Als ich nach der Umwandlung erwachte, trug ich die Uniform eines Konquistadoren.«
»Du kannst dich nicht erinnern?«
»Wir besitzen keine Erinnerung an das Leben, das wir führten, bevor wir Vampire wurden.« Ein schiefes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Das ist eigentlich etwas Gutes.«
Sein Geständnis verblüffte sie. Wie merkwürdig musste es sein, wenn das eigene Leben einfach ausgelöscht wurde! Sie mussten doch neugierig sein, wer und was sie vorher gewesen waren. »Warum ist das etwas Gutes?«
Cezar deutete mit dem Kinn in Richtung Tür. »Weil mein Herrscher ein Azteke ist.«
»Aha.« Widerstrebend musste sie lächeln. »Ja, ich nehme an, das könnte Ärger bedeuten.«
Er nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger, und in seinem Blick schimmerte seine ruhelose Energie. Im Gegensatz zu der Darstellung von Vampiren in Hollywood waren die echten Exemplare keine wandelnden Leichname. Ihre Haut fühlte sich vielleicht kühl an, und ihre Herzen mochten möglicherweise nicht schlagen, aber sie verfügten über eine ungebändigte Macht, die sie wie ein Kraftfeld umgab. Es war sogar so, dass sich Cezars Nähe anfühlte, als stünde sie neben einem elektrischen Feld.
»Ich meine, dass ich dazu neige, zuerst zu handeln und erst später nachzudenken«, erklärte er ein wenig verlegen. »Glaub mir, ich habe gelernt, diese Eigenschaft zu bedauern, aber das hat nichts daran geändert, wer ich bin. Ich kann nicht versprechen, dass du …«
»Dass ich dir nicht auf die Nerven gehen werde?«, beendete sie neckisch seinen Satz.
Er kniff sie ins Kinn. »So was in der Art.«
Es klopfte wieder an der Tür. »Cezar!«
Cezar ignorierte die ausgeprägte ärgerliche Schärfe in der Stimme seines Anassos und trat so nahe an Anna heran, dass er ihr mit seinem fast nackten Körper den Atem nahm. »Eine Minute!«, rief er rau, und seine Augen glühten, als er Anna in das blasse Gesicht starrte. Ohne Vorwarnung beugte er sich zu ihr und eroberte ihre Lippen mit einem harten, fordernden Kuss.
Anna stöhnte lustvoll auf, aber bevor sie auch nur beginnen konnte, den Kuss zu erwidern, hob er den Kopf wieder und blickte sie mit einer Intensität an, die sie ganz schwindelig machte. »Du wirst niemals wieder eine arme Verwandte sein, Anna Randal«, flüsterte er. »Du wurdest geboren, um die Welt zu regieren.«
Sie zuckte bei seinen befremdlichen Worten leicht zusammen. Vielleicht war es allerdings auch nur eine verspätete Reaktion auf seinen sengenden Kuss. »Was hast du gesagt?«
Er lächelte geheimnisvoll, machte sich aber nicht die Mühe, ihre Frage zu beantworten.
Natürlich nicht. Sie konnte so viel drohen und fordern, wie sie wollte, eine Beziehung mit ihm würde immer so laufen, wie es ihm in den Kram passte!
Cezar drehte sich um, öffnete die Tür und brachte den hoch aufragenden Vampir zum Vorschein, der mit grimmiger Ungeduld im Flur wartete. »Mylord, du hast Neuigkeiten?«
Anna wäre fast vor dem in Leder gekleideten Riesen zurückgewichen, der sich nun in ihre Richtung drehte, um sie prüfend anzusehen. Du lieber Himmel. Er sah so aus, als wäre er durchaus imstande, sie auf der Stelle zu opfern.
»Was ist mit dem Weibsbild?«
Annas zitternde Knie wurden augenblicklich wieder fest.Weibsbild? Der überdimensionale Vampir hatte Glück, dass sie ihre Kräfte noch nicht vollständig beherrschte! Es sähe bestimmt komisch aus, wenn er an der Zimmerdecke kleben würde oder wie ein Fußball durch den Flur flog.
Cezar, der anscheinend die Verärgerung spürte, die in ihr aufflammte, griff nach ihrer Hand und drückte leicht ihre Finger. »Sie besteht darauf, ebenfalls zu erfahren, welche Nachricht du bringst.«
Eine fein gemeißelte Augenbraue kletterte in die Höhe, aber statt der Auseinandersetzung, die Anna nun erwartet hätte, warf der Dämon ihr nur ein Lächeln zu. Ein Lächeln, das vielleicht beruhigender gewesen wäre, wenn es nicht ein Paar tödliche Vampirzähne entblößt hätte, das sicher ohne Schwierigkeit einen Ziegelstein durchbeißen konnte.
»Nun gut.« Seine Aufmerksamkeit richtete sich nun wieder Cezar zu. »Die Elfe ist tot.«
»Sybil?«, keuchte Anna schockiert.
Styx nickte kurz, und sein langer Zopf, in den türkisfarbene Perlen eingeflochten waren, baumelte auf seinem Rücken hin und her. »Ja.«
»Großer Gott.«
Cezars Gesicht dagegen glich einer starren Maske aus Granit, die Anna Gänsehaut verursachte. »Wie konnte das geschehen?«, fragte er mit ausdrucksloser Stimme, und sein Körper war angespannt vor Zorn. »Du sagtest, ihre Zelle sei bewacht!«
Ein entsprechender Zorn zeigte sich für einen kurzen Moment in Styx’ Augen. Er schien die Art von Mann zu sein, der es keineswegs gefiel, wenn die Dinge anders liefen als geplant. »Das war sie auch, und ich habe keine Ahnung, wie sie starb. Ihr Körper weist keinerlei sichtbareVerletzungen auf, und Gunter schwört, dass niemand die Zelle betrat oder verließ. Sie ist einfach tot.« Styx berührte das Medaillon, das ihm um den Hals hing. »Ich habe nach Levet verlangt, damit er den Körper untersucht, sobald die Nacht vollkommen hereingebrochen ist.«
»Levet?« Cezar warf dem anderen Vampir einen genervten Blick zu. »Dios, weshalb?«
»Er kann Magie spüren, die wir nicht wahrzunehmen vermögen«, erklärte Styx.
Anna bemühte sich, dem Gespräch zu folgen. Sie fühlte sich wie ein zitterndes Häufchen Elend. Sybil war tot. Zugegeben, es war mehr als nur ein paar Mal vorgekommen, dass sie der nervtötenden Kuh nur allzu gerne den Hals umgedreht hätte. Und das Wissen, dass sie nie mehr über ihre Schulter blicken und die Frau entdecken würde, die irgendwo im Schatten lauerte, verschaffte ihr ein Gefühl der Erleichterung, aber … tot? Und das, während sie sich im Schutz dieses Hauses aufgehalten hatte, in dem Anna wie ein Baby geschlafen hatte? Schaudernd verschränkte Anna die Arme vor der Brust und versuchte mutig auszusehen. Mist noch mal. Und sie hatte gerade auch noch verlangt, als Partnerin in diese unheilvolle Geschichte mit einbezogen zu werden!
»Wer ist Levet?«, zwang sie sich zu fragen. Trotz ihrer Bemühung, tough zu wirken, lag offenbar ein Ausdruck in ihrer Stimme, der Cezar darauf aufmerksam machte, dass sie kurz vor einem Zusammenbruch stand. Sein besorgter Blick glitt über ihr bleiches Gesicht. Dann zog er sie an sich und legte einen Arm um ihre Schultern. »Er ist ein Gargyle«, sagte er schließlich.
»Ach so!« Sie gab ein Schnauben von sich. »Natürlich! Was auch sonst?«
Cezar rieb mit dem Daumen über ihren angespannten Hals. Seine Berührung sorgte auf magische Weise dafür, dass die Panik sofort nachließ, die gedroht hatte, in ihr hochzukriechen.
»Sei unbesorgt«, beschwichtigte er sie. »Er ist nur ein kleiner Kerl, und das Einzige, was an ihm Furcht erregend ist, ist sein verdrehter Sinn für Humor.«
Styx betrachtete Cezars Bewegungen aufs Genauste. Fast so, als sei er erstaunt über den offensichtlichen Beschützerinstinkt seines Untertans.
Ach, nun tu doch nicht so erstaunt, dachte Anna. Sie wusste schließlich aus erster Hand, dass Conde Cezar die Angewohnheit hatte, seine Frauen jede Nacht zu wechseln. War sie nicht selbst eine dieser Frauen gewesen?
Mit einem sonderbaren Lächeln neigte der riesige Vampir den Kopf. »Ich werde euch verlassen, um mich vorzubereiten.«
»Eine gute Idee«, murmelte Cezar, schlug seinem Anasso die Tür vor der Nase zu und drückte Anna gegen die Wand, bevor sie wusste, wie ihr geschah. »Sollen wir vielleicht zuerst duschen?«
Duschen? Nackte Haut … warmes Wasser … cremige Seife … heißer, feuchter … Das Bild von ihnen beiden, wie sie ineinander verschlungen vom Wasser umströmt wurden, war so lebendig, dass Anna gezwungen war, erst einmal tief Luft zu holen. »Nein, danke«, hauchte sie. Sie fühlte sich doch schon jetzt heiß und feucht, wenn er sich nur gegen sie lehnte und den Kopf nach unten beugte, sodass er sein Gesicht in ihrem Haar vergraben konnte.
»Weshalb?« Er zwickte sie ins Ohrläppchen. »Du kannst mir den Rücken schrubben und ich dir deinen. Wir sind Partner, erinnerst du dich?«
Sie verdrehte die Augen vor Lust, als seine Hände an ihren Seiten entlang nach oben glitten und dann frech ihre schweren, vollen Brüste umfassten. Klar. Jetzt waren sie Partner.Wenn er Körperkontakt wollte! Oh nein, sie würde … sie würde das im Keim … Seine Daumen neckten die Spitzen ihrer Brustwarzen, und Anna stöhnte auf. Was um Himmels willen sollte sie tun? Sicher nicht zu seinen Füßen zu einer Pfütze zusammenschmelzen, wie sie das gerade tat, oder?
Die Daumen streiften wieder auf unwiderstehliche Art über ihre Nippel, und Anna wusste, dass sie kurz davor war, in dieser mächtigen Leidenschaft zu ertrinken. »Die einzige Dusche, die du bekommen wirst, ist eine kalte, und zwar in deinem eigenen Zimmer«, stieß sie hervor.
Er lachte, und seine Fangzähne schabten über ihren Hals. »Wie großzügig.«
»Cezar, hör auf!«
»Weshalb?« Seine Zunge ersetzte nun seine Vampirzähne bei seinem Feldzug, sie in Flammen aufgehen zu lassen. »Ich kann dein Verlangen doch riechen.«
»Du wirst gleich meine Faust zu schmecken bekommen, wenn du nicht aufhörst!«
Er lachte. »Du bist zu gewalttätig, querida. Zuerst Handschellen und nun Drohungen. In früherer Zeit war das Liebesspiel mit dir weitaus zärtlicher.«
Liebesspiel? Von wegen. Es war Sex gewesen. Roher, animalischer Sex. Etwas, dem sie vor zweihundert Jahren abgeschworen hatte. Mit einem verzweifelten Ruck stieß sie ihn weg und versuchte sich zu sammeln. Eine Minute verging und dann noch einmal fünf. Annas keuchender Atem war das einzige Geräusch im Raum, bis sie sich schließlich imstande fühlte, Cezars dunklem Blick zu begegnen.
»Geh jetzt, Cezar!«
In seinen Augen funkelte es, als er auf sie zuging, und seine Finger umfassten ihre Wange. »Irgendwann, querida.« Er beugte den Kopf, um ihr einen Kuss zu rauben, in dem die rohe Verzweiflung zu spüren war. »Irgendwann, und zwar sehr bald.«
 
Anna fühlte sich besser nach der langen, eiskalten Dusche, die ihr half, die sexuelle Spannung abzubauen, und Cezars Sandelholzduft abwusch.
Sie fühlte sich sogar noch besser, als sie in ihr Schlafzimmer von der Größe eines Olympiastadions zurückkehrte und ihren Koffer auf dem Bett vorfand. Sie wusste nicht, wie dieses Wunder passiert war, und es war ihr eigentlich auch egal. Es war einfach eine Erleichterung, ihre eigenen verblichenen Jeans und eine blassgelbe Bluse mit kurzen Ärmeln anzuziehen.
Sie streifte ein Paar Sandalen über und nahm sich gerade noch die Zeit, ihr feuchtes Haar mit einem Haargummi zusammenzubinden. Dann verließ sie den Raum.
Als sie durch den holzverkleideten Korridor ging und die geschwungene Marmortreppe erreichte, dachte sie kurz darüber nach, dass ihre lässige Kleidung ganz und gar nicht zu dem riesigen Herrenhaus passte. Obwohl sie während der vergangenen beiden Jahrhunderte bescheiden gelebt hatte, hatte sie in ihren frühen Jahren genug Zeit unter den Londoner Aristokraten verbracht, um zu erkennen, dass die Marmorstatuen direkt aus einem griechischen Tempel stammen mussten und die Ölgemälde, die an der Eichentäfelung hingen, echte Meisterwerke waren.
Auf der untersten Stufe blieb sie stehen, zuckte unbeeindruckt mit den Achseln und machte sich auf die Suche nach ihrer Gastgeberin. Sie war darüber hinaus zu versuchen, sich irgendwo einzuleben, wohin sie schlichtweg nicht gehörte. Oder krampfhaft zu versuchen, anderen zu gefallen. Außerdem war Darcy genauso lässig angezogen gewesen wie sie. Es war die Art von Lässigkeit, die mitten aus dem Herzen kam, nicht von irgendwelcher Kleidung. Vielleicht waren Werwölfe einfach etwas entspannter als Vampire?
Anna hörte Geräusche aus dem hinteren Bereich des Hauses. Sie schaffte es, das Labyrinth aus Gängen hinter sich zu bringen, um schließlich eine einladende Küche zu betreten, in der es Haushaltsgeräte aus rostfreiem Stahl und Töpfe mit frischen Kräutern gab, die hübsch angerichtet auf den Fenstersimsen standen. Und ein merkwürdiges Wesen, das kaum einen Meter groß war und über eine graue Haut sowie seltsame Beulen überall auf seinem knubbeligen Körper verfügte. Noch eigenartiger war, dass das Wesen einen langen Schwanz und ein Paar Flügel besaß, die überraschend schön anzusehen waren.
Anna blieb auf den schwarzweißen Keramikfliesen stehen und holte erschrocken Luft. Vielleicht war es doch nicht so eine gute Idee gewesen, in einem Haus herumzuwandern, in dem es von Dämonen nur so wimmelte. Ihr Blick glitt zu Darcy, die an einem Tisch aus Kirschbaumholz saß. »Entschuldigung, störe ich?«
»Quatsch, nein.« Die andere Frau stand von ihrem Stuhl auf, um den Raum zu durchqueren. Auch heute Morgen hatte sie wieder Jeans und ein abgetragenes Sweatshirt an, in dem ihr zierlicher Körper fast unterging. Sie trug ihr blondes Haar in einer nachlässigen Stachelfrisur, und ihr Gesicht war frei von Make-up, und trotzdem strahlte sie vor Schönheit. Es war kein Wunder, dass der große, Furcht einflößende Styx dahinschmolz, wann auch immer er in ihre Richtung sah.
Anna wollte sich gerade entspannen, als das Wesen in Darcys Kielwasser durch die Küche huschte. In der einen klauenbewehrten Hand hielt es ein Stück Pappe hoch, auf das jemand ein großes E gezeichnet hatte.
»Was machst du denn?«, fragte die Kreatur. Sie hatte erstaunlicherweise einen starken französischen Akzent und fuchtelte mit der Pappe in der Luft herum.»Wir haben das Spiel noch nicht beendet. Du musst mir sagen, wie viele der Vokale du zu kaufen wünschst.«
Darcy streckte die Hand aus, um dem Wesen den Kopf zu tätscheln. Direkt zwischen seinen unterentwickelten Hörnern. »Wir machen das Spiel später zu Ende.«
»Später?« Das Wesen stieß eine Flut von französischen Flüchen aus. »Mein Vorsprechen könnte jeden Tag stattfinden! Es gibt kein Später!«
»Oh doch«, beschwichtigte Darcy es mit bemerkenswerter Geduld. Ganz so, als ob sie es mit einem bockigen Kind zu tun hätte. »Ich habe dir doch gesagt, Levet, es ist der Glücksradmoderator, der in den Ruhestand gegangen ist, und, wie ich hinzufügen möchte, schon ersetzt wurde, nicht seine Assistentin.«
Anna konnte es nicht glauben. Das war Levet? Das war der Gargyle, der angeblich Magie spüren konnte? Cezar hatte gesagt, dass er ein kleiner Kerl sei, aber … Meine Güte. Sie würde sich von jetzt an keine Horrorfilme mehr anschauen können. Vampire, Werwölfe, Elfen, Gargylen - sie alle wurden vollkommen falsch in diesen Filmen dargestellt, das wusste sie jetzt.
»Aber diese Assistentin ist doch auch ein Mensch, nicht wahr? Sie könnte jeden Augenblick tot umfallen!«, protestierte Levet. Dann baute er sich unerwartet nah vor Anna auf und zeigte mit einer Klaue auf ihr Gesicht. »Sie da! Sie sind ein Mensch. Haben Sie keine Angst, eines Tages tot umzufallen?«
»Also, ich …« Anna räusperte sich. Sie hatte keine Ahnung, was sie sagen sollte, insbesondere, als der Gargyle sich vorbeugte und unverfroren an ihrem Bein zu schnüffeln begann.
»Nein, kein Mensch«, meinte er und hob die grauen Augen, um sie mit einem Ausdruck zu betrachten, der, wie Anna hoffte, Neugierde und nicht etwa Hunger darstellte.
»Du liebe Zeit«, rief Darcy jetzt und warf Anna einen reumütigen Blick zu. »Ich habe euch noch gar nicht vorgestellt. Anna, das ist Levet. Levet, Anna Randal.«
Anna blieb sprachlos, als die Kreatur sie umkreiste, an ihren Jeans roch und ihr gelegentlich eine Stummelklaue in die Haut bohrte.
»Was sind Sie denn für eine Spezies?«, wollte er wissen, als er vor ihr anhielt, die Hände in die Hüften gestemmt, wobei sein langer Schwanz frustriert zuckte.
»Äh, Darcy?«, flüsterte Anna, die irgendwo gefangen war zwischen Unglauben und dem überraschenden Drang zu lachen.
»Levet, bitte hör auf, an meinem Gast herumzuschnüffeln!«, befahl Darcy. »Das ist nicht gerade höflich.«
Der Gargyle schnaubte ungehalten. »Du hast gesagt, meine Weichteile in der Öffentlichkeit zu kratzen sei nicht höflich! Nun darf ich nicht einmal an Gästen riechen?« Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Anna. »Sie riechen wie eine Elfe, aber …«
»Eine Elfe?« Anna machte erschrocken einen Schritt zurück. Sie wüsste es ja wohl, wenn sie eine Elfe wäre. Oder?
»Wer waren Ihre Eltern?«, verlangte Levet zu wissen.
»Ich weiß es nicht. Ich bin in einem Waisenhaus aufgewachsen, bis meine Tante mich zu sich genommen hat.«
»Also hätte ein Elternteil tatsächlich ein Elf oder eine Elfe gewesen sein können!«
»Ich … nehme es an.«
Levet klopfte mit dem Fuß auf den Boden. Er war eindeutig nicht zufrieden mit ihrem widerwilligen Geständnis. »Da gibt es noch etwas anderes.Aber ich kann den Zeh nicht darauflegen.«
»Den Finger, Levet«, korrigierte Darcy ihn etwas erschöpft.
Der Gargyle ignorierte die Werwölfin. Er machte noch einen Schritt auf Anna zu, fest entschlossen, das Geheimnis ihrer Herkunft herauszufinden.
»Noch einen Schritt näher, Gargyle, und ich nagele dich an die Wand«, warnte eine kalte Männerstimme von der Tür aus.
Anna musste sich gar nicht erst umdrehen. Ihre Haut prickelte schon wieder, und ihr Herz schlug plötzlich heftig. Es konnte niemand anders sein als Cezar.
Der Gargyle streckte ihm unbeirrt die Zunge heraus und schnaubte erstaunlicherweise sogar verächtlich. »Ach ja? Ich habe gehört, dass du in letzter Zeit nicht gerade oft zum Nageln kommst …« Seine Worte hatten seine Lippen kaum verlassen, als Cezar ihn bereits erreicht hatte und ihm die Spitze eines Dolches gegen die Kehle drückte. »Hilfe!«
»Hast du noch andere charmante Enthüllungen zu erzählen, Gargyle?«, knurrte Cezar.
»Äh, nein!« Die Flügel flatterten in einem hektischen Tempo. »Gar keine.«
»Eine gute Entscheidung.« Geschmeidig richtete Cezar sich auf, und der Dolch war so rasch wieder verstaut, dass Anna der Bewegung nicht mit dem Blick folgen konnte.
Nicht, dass ihre Aufmerksamkeit auf den Dolch gerichtet gewesen wäre. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, sich an die Notwendigkeit des Atmens zu erinnern, während ihr Blick über Cezars lockeres weißes Hemd glitt, das halb aufgeknöpft war und so einen großzügigen Teil seiner glatten Brust enthüllte, sowie über die schwarzen Jeans, die sich mit erlesener Perfektion an seinen Hintern schmiegten. Sein dunkles Deckhaar war feucht und mit einem Lederband nach hinten gebunden, der Rest fiel ihm offen über die breiten Schultern. Der elegante, kultivierte Gentleman hatte sich im Nu in ein düsteres, schlankes Raubtier verwandeln können. In einen Jäger - sprungbereit zum Angriff.
Styx kam in die Küche geschlendert und blickte sich aufmerksam um. Ohne Mühe erfasste er die Situation im Raum. »Verdammt, habe ich etwas verpasst?«, fragte er und bewegte sich instinktiv auf Darcy zu, um sie zu beschützen.
Die schmale Blondine warf ihm ein Lächeln zu. »Cezar wollte gerade Schaschlik aus Levet machen.«
Die Lippen des Anassos zuckten. »Vielleicht solltest du wenigstens warten, bis er die Zelle untersucht hat«, sagte er zu Cezar. »Es wäre doch schade, ihn gerade dann über dem Feuer zu rösten, wenn er uns einmal ein wenig von Nutzen sein könnte.«
»Hahaha, wahnsinnig komisch!«, erwiderte Levet eingeschnappt und watschelte zur Tür. »Wo ist diese Zelle nun? Ich habe Besseres zu tun, als herumzulaufen und Columbus zu spielen.«
Anna warf Darcy einen Blick zu. »Columbus?«
Darcy lachte. »Ich glaube, er meint Inspektor Columbo.«
»Ach so.«
Styx und Darcy schlossen sich dem kleinen Gargylen an. Anna folgte ihnen und war nicht überrascht, als Cezar plötzlich an ihrer Seite auftauchte und ihre Hand mit festem Griff umfasste. Er gehörte wohl nicht zu der Sorte Mann, die gerne die Nachhut bildete.
»Hat er dich belästigt?«, wollte er mit leiser Stimme wissen.
Sie hob den Kopf, um seinem forschenden Blick zu begegnen. »Wer?«
»Der Gargyle.«
»Überhaupt nicht.« Anna unterdrückte ein Lächeln. Sie brauchte keine besonderen Kräfte, um zu erkennen, dass Levet Cezar ungeheuer aufregte. »Ich glaube, er ist …«
»… ein widerlicher Quälgeist, aus dem bereits vor Jahrmillionen ein Paar Schuhe und eine dazu passende Handtasche hätten gemacht werden sollen?«
»Ich kann dich hören!«, rief Levet von vorn.
»Ach wirklich?«, murmelte Cezar.
»Ich finde ihn eigentlich ganz niedlich«, meinte Anna.
»Niedlich?« Cezar sah sie an, als fürchte er, sie habe einen Schlag gegen den Kopf bekommen. Vielleicht sogar mehrere. »Diese … traurige Gestalt von einem Dämon?«
»Ich bin Franzose, Cezar«, erklärte Levet selbstgefällig. »Alle Frauen finden mich niedlich. Es ist sowohl Segen als auch Fluch.«
»Ich geb dir gleich ›Fluch‹.«
Anna kicherte, als sie vom Hauptgang abbogen und Styx die Führung übernahm. Er blieb vor etwas stehen, das ein einfaches Paneel zu sein schien, und strich mit seiner großen Hand über das Holz. Eine verborgene Tür sprang auf, und mit einem Blick in Cezars Richtung führte er sie die dunkle, schmale Treppe hinunter.
Eisige Kälte hüllte Anna ein, als sie immer weiter nach unten stiegen. Die unheimliche Stille sorgte dafür, dass sie Cezars Hand umklammerte, obwohl eine Stimme in ihrem Hinterkopf sie warnte, dass er wahrscheinlich das Gefährlichste war, das in den Schatten lauerte.
Es ging immer weiter nach unten. Ab und zu hielt die Gruppe an, wenn neue Türen aufgeschlossen werden mussten, bevor sie weitergehen konnten. Erst als sich Anna sicher war, dass sie sich wohl in den tiefsten Eingeweiden der Erde befinden mussten, war die Treppe zu Ende, und sie traten in etwas hinein, das die Kreuzung mehrerer Tunnel zu sein schien. Fackeln in den Lehmwänden gaben ein flackerndes Licht von sich und gleichzeitig einen Hinweis auf die ungeheure Größe der unterirdischen Höhlen.
»Das ist ja unglaublich …«, keuchte Anna und riss die Augen auf, als Styx eine der Fackeln aus der Wand nahm und seinen Weg durch den finsteren Tunnel auf der linken Seite fortsetzte. »Und ich dachte schon, der Teil über dem Erdboden wäre groß.«
Geistesabwesend strich Cezar mit dem Daumen über ihre Fingerknöchel, während sie sich durch die flackernden Schatten bewegten. »Ein Vampir sorgt stets dafür, dass er in seinem Versteck einige Fluchtmöglichkeiten hat«, flüsterte er nahe an ihrem Ohr.
Anna atmete tief seinen Sandelholzduft ein. Sie fühlte sich durch seine Anwesenheit auf seltsame Weise getröstet. So sehr dieser Vampir ihr manchmal auch auf die Nerven ging, sie wusste, dass sie ohne ihn an ihrer Seite gerade ein einziges Nervenbündel wäre. »Einige?« Sie schüttelte den Kopf, als sie durch den Schacht gingen, in dem gelegentlich eine Stahltür in die Wand eingelassen war. »Die gesamte Bevölkerung von Chicago könnte sich im Nu nach Mexiko retten.«
Cezar ließ ein schiefes Lächeln aufblitzen, aber bevor er antworten konnte, blieb Styx vor einer der Stahltüren stehen, die von einem großen, blondhaarigen … nun ja, Goten, war der erste Gedanke, der Anna in den Sinn kam, bewacht wurde - der uralte Germanenstamm, der so unerschrocken gegen das Römische Reich gekämpft hatte. Groß und muskulös, mit dunkelblondem Haar, das über seinen fast nackten Körper herunterwallte, sah der Vampir aus, als sei er aus reinem Granit gemeißelt. Und er ist ohne jeden Zweifel ein Vampir, dachte sie insgeheim. Obwohl er noch mehrere Meter entfernt war, konnte sie das elektrische Summen spüren, das in der Luft lag. Natürlich war auch die Tatsache, dass er über alle Maßen attraktiv war, Hinweis genug.
Styx sprach in einer fremden Sprache mit dem Vampir. Dann öffnete er mit einem leichten Nicken die Tür zur Zelle. »Hier ist es.« Er deutete auf den Gargylen. »Levet, komm.«
Der Gargyle warf gottergeben seine Stummelarme in die Luft, aber er war nicht so dumm, dass er sich dem Befehl nicht gefügt hätte. Er schlurfte an den drohend vor ihm aufragenden Vampiren vorbei und zuckte verärgert mit dem Schwanz. »Du weißt schon, dass ich kein Hund bin?«, brummte er und verstellte seine Stimme so, dass sie bemerkenswert nach der von Styx klang. »Komm, Levet! Sitz, Levet! Gib Pfötchen, Levet!«
Ohne Vorwarnung streckte Cezar die Hand aus, um den winzigen Dämon an den Hörnern zu packen. Er hob den Gargylen hoch, bis er sich auf Augenhöhe befand, und sogar Anna zitterte angesichts des Ausdrucks auf dem finsteren, wunderschönen Gesicht. »Jetzt ist nicht die richtige Zeit für deinen eigenartigen Sinn für Humor, Gargyle! Du wirst deinen Mund halten und deine Aufgabe erledigen, oder du wirst mir persönlich Rede und Antwort stehen! Ist das klar?«
Levet quiekte leise. »Äh … natürlich. Klar wie Kloßbrühe …«
Seine Worte verklangen, als Cezar ihn wieder auf die Füße stellte und er imstande war, mit eingekniffenem Schwanz in die Zelle zu huschen.
Styx und Darcy betraten die Kammer hinter dem Dämon, aber als Anna Anstalten machte, ihnen zu folgen, spürte sie eine beruhigende Hand auf der Schulter. »Anna, es besteht keine Notwendigkeit, dass du hineingehst.«
Anna schluckte ihre scharfe Erwiderung herunter. So gern sie auch Cezar für alle Verrücktheiten in ihrem Leben die Schuld gegeben hätte, musste sie doch zugeben, dass das nicht ganz fair gewesen wäre. Was auch immer in der Vergangenheit zwischen ihnen passiert war - es war unverkennbar, dass er in den letzten vierundzwanzig Stunden alles in seiner Macht Stehende getan hatte, um sie zu beschützen. Ob das echter Sorge oder nur dem Bedürfnis entsprang, zurück in ihr Bett zu kriechen, blieb allerdings nach wie vor die Frage …
»Ich habe den Tod schon früher gesehen, Cezar«, erwiderte sie leise. »Und ich muss … ich muss sehen, ob ich Levet irgendwie helfen kann. Ich muss einfach irgendwas tun! Ich kann nicht einfach darauf warten, dass diese Frau mir das Herz rausreißt.«
Er sah an ihr vorbei ins Leere. »Das war doch nur ein Traum …«
Sie legte ihm einen Finger auf die Lippen. »Cezar, Partner lügen sich nicht gegenseitig an.«